nzz_games_20080429

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B6
Neuö Zürcör Zäitung
MOBIL DIGITAL
Dienstag, 29. April 2008 Nr. 99
MOBIL IN KÜRZE
Notebooks als Schnäppchen
HSDPA für den Massenmarkt. Sony Ericsson hat
Mobilnetzbetreiber subventionieren PC
letzte Woche mit dem Modell G502 ein neues Mobiltelefon vorgestellt. Das von der Herstellerin als
Web-Handy bezeichnete Gerät ist im klassischen
Design gebaut und dank HSDPA für schnelle Internetverbindungen ausgelegt. Das ab Ende des zweiten Quartals erhältliche Smartphone wird 300 Franken kosten. Damit will Sony Ericsson einer breiten
Käuferschicht den Highspeed-Zugang zum mobilen
Internet ermöglichen. Das G502 ist für die WebmailNutzung vorkonfiguriert, bietet einen RSS-Leser
und kann für das Surfen im Querformat genutzt werden. Als Software ist Google Maps for Mobile vorinstalliert, als optionales Zubehör gibt es die GPSErweiterung HGE1-100, welche das Handy zum
Navigationsgerät macht. Es ist anzunehmen, dass das
bisher günstigste Handy mit HSDPA-Funktionalität
von einzelnen Mobilnetzbetreibern zum Nulltarif
angeboten wird. Für den Durchbruch der mobilen
Internetnutzung dürften jedoch tiefere Datentarife
ausschlaggebender sein als Billig-Handys.
set.
PC-Verkäufe wachsen wieder zweistellig. Trotz
einer nachlassenden US-Wirtschaft ist der weltweite
PC-Absatz im ersten Quartal des Jahres wieder
zweistellig gewachsen, wie die Marktforschungsfirmen IDC und Gartner mitteilten. IDC ermittelte
dabei ein Wachstum von 14,6 Prozent, Gartner eines
von 12,3 Prozent. Der Anteil des US-Markts am gesamten Weltmarkt ging von 25 auf 23 Prozent im
Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurück. Die USA
seien «ein kleineres Stück vom globalen Puzzle» geworden, sagte IDC-Vizepräsident Bob O'Donnell.
Bei den Computerherstellern führt weltweit weiter
Hewlett-Packard mit laut IDC 19,1 Prozent vor Dell
mit 15,7 Prozent. Dahinter liegt Acer aus Taiwan an
dritter Stelle mit 9,9 Prozent. Die Lenovo Group aus
China ist Vierter mit 6,9 Prozent, Toshiba aus Japan
mit fast vier Prozent Fünfter. Apple kam weltweit
zwar nicht unter die ersten fünf, in den USA landete
das Unternehmen aber mit einem Wachstum von
25,1 Prozent laut IDC (32,5 Prozent bei Gartner) auf
Platz vier. Der Marktanteil wird mit 6 beziehungsweise 6,6 Prozent angegeben.
(ap)
Notfallspeicher für Mobiltelefone. Philips hat eine
Reihe von mobilen Ladeadaptern und Energiespeichern vorgestellt, die portable Geräte laden können,
wenn keine Steckdose zur Verfügung steht. Darunter
befindet sich auch ein Notfall-Ladegerät für Handys.
Das Modell Power2go SCE2110, das aussieht wie ein
Zigarettenanzünder fürs Auto, enthält eine Batterie
des Typs AA, die ein Mobiltelefon für eine Gesprächszeit von rund 20 Minuten laden kann. Zum
Lieferumfang des kompakten, nur 34 g schweren
Ladespeichers gehört ein Set von Steckern für den
Anschluss der allermeisten Mobiltelefon-Modelle
der führenden Hersteller. Das Produkt ist im Fachhandel für 29 Franken 90 erhältlich.
set.
PD
Das Fernseh-Handy von Nokia N77.
Heimkino für unterwegs
Swisscom bringt DVB-H-Fernsehen aufs Handy
S. B. Ein gutes Testlabor für neue Gadgets ist das
Kaffeehaus einige Schritte von der Redaktion
entfernt. Über Mittag sitzen hier die Leute dicht
gedrängt, jetzt geht es darum, ein neues Gerät
beiläufig in Betrieb zu nehmen und dabei unauffällig die Umgebung zu studieren. Reagieren die
Tischnachbarn, gibt es fragende Blicke, spontane
Anfragen? Das Nokia N77 mit dem Programm
von SF Info provoziert Aufmerksamkeit, rundum
wollen alle das Gerätchen in die Hand nehmen, es
genauer anschauen. Die meisten äusserten sich
erstaunt, dass das TV-Programm trotz dem kleinen Bildschirm gut zu sehen ist.
Das TV-Signal erreicht das Handy nicht via
Mobiltelefonnetz, sondern im Broadcast-Verfahren über DVB-H ausgestrahlt von einer Antenne
auf dem Üetliberg. Neben dieser Art der Verbreitung gibt es schon seit längerem die Möglichkeit,
TV-Programme über UMTS/Edge-MobiltelefonVerbindungen zu empfangen. Die Bandbreite ist
dabei aber begrenzt, die Qualität schlechter. Der
DVB-H-Standard hat international viele Befürworter, er wird auch von der EU-Kommission
offiziell unterstützt. In 16 europäischen Ländern
wird die Markteinführung von DVB-H vorbereitet, in Italien ist dieser Dienst bereits verfügbar.
Ab Pfingsten wird es DVB-H auch in der
Schweiz geben. Swisscom-Kunden können dann
unterwegs 20 TV-Sender auf dem Handy anschauen, unter anderem SF 1, SF 2, SF Info, Pro
Sieben, Sat 1, Vox, RTL, MTV, Viva, Eurosport,
TSR und TSI. Dafür sind monatlich 16 Franken
zu bezahlen. Der Empfang kann auch nur tage-
Nachspiel
Barsch, Karpfen und Fliegen
Casual Gaming – ein Schlagwort der Stunde. Seit
Nintendo mit der Konsole Wii ihren Überraschungscoup gelandet hat, hat jedes Studio mindestens einen Titel im Repertoire, der die Massen
der Gelegenheitsspieler begeistern soll. Mit der
bewegungssensitiven Fernsteuerung hat Nintendo Wesentliches zur Erleichterung des Spielzugangs und damit zur Erweiterung der «Demografie» beigetragen. Doch zum schnellen Spass
gehören auch simple Szenarien, die kaum einer
Erklärung bedürfen – so wie einst alles mit
«Space Invaders» und «Pac Man» angefangen hat.
Keine elaborierten Intros oder gar Videosequenzen, die die Geschichte vorwärtstreiben. Ungetrübte Unterhaltung für eine halbe Stunde.
Ein Meilenstein von anno dazumal taucht
heute erneut auf der Wii auf: «Sega Bass Fishing»,
Barschfischen am Bildschirm. Die Version für
Segas letzte Hardware, die Dreamcast, wurde
1999 mit einer eigens fürs Game konzipierten
Angelrute geliefert. Das absurde Konzept vermochte gar meinen Schwiegervater zum Selberhandanlegen zu verleiten. Das ist insofern erwähnenswert, als der einstige Küchenchef mit Computern überhaupt nichts anfangen konnte, aber
die Muckefuck-Angelrute nahm der Herr doch
einmal zur Hand. Eine ruhige Hand verlangt aber
nicht nur das gepflegte Suchen nach fetten
Fischen in Flussmündungen, dessen exzentrischer
Charme erst richtig mit der speziellen Wii-AngelFernsteuerung zum Tragen kommt. Auch in dem
nicht so martialischen «Ninja Reflex» gilt es, KoiKarpfen mit schnellem Griff aus dem Wasser zu
grapschen. Eine wörtliche Interpretation des Fliegenfischens wird auch geboten: Ganz im Stil von
«Karate Kid» müssen herumschwirrende Insekten mit Essstäbchen aus der Luft geschnappt und
in eine Schale verstaut werden. Wenn HardcoreGamer schnöden, dass solche Wii-Spiele zu wenig
Tiefe hätten, haben sie wohl recht, aber deren
Zweck nicht begriffen. Hier geht es ums schnelle
Spielen, ohne grandioses Blabla und vor allem
ohne endlose Zeitinvestition – etwas, wovon auch
Fischer nur träumen können, aber vielleicht habe
ich da etwas nicht richtig verstanden.
Marc Bodmer
ELLEN MATHYS
weise freigeschaltet werden, er kostet dann 2
Franken. – Wird Handy-TV auf der Basis von
DVB-H viele Zuschauer finden? Bei Sunrise wie
auch bei Orange glaubt man nicht an einen
raschen Erfolg dieser Rundfunktechnik. «Ein
Marktbedürfnis für den mobilen TV-Broadcast ist
noch nicht ausgewiesen», heisst es bei Sunrise;
Orange «erachtet den Schweizer Markt zum heutigen Zeitpunkt noch nicht als reif». Ein vom EUParlament angeforderter Bericht, der Studien
verschiedener Marktforschungsfirmen auswertet,
schätzt, dass 20 bis 40 Prozent aller Handy-Benutzer bereit sein werden, für Handy-TV zu bezahlen. Dieser Bericht weist aber auch darauf hin,
dass die Einschätzungen der Marktforschungsfirmen sehr weit auseinanderliegen. «Möchten Sie
auf einem briefmarkengrossen Bildschirm TVProgramme anschauen?» Diese Frage wird man
mit grosser Wahrscheinlichkeit mit «Nein» beantworten, solange man nicht mit eigenen Augen gesehen hat, wie gut die Bildqualität sein kann.
Viele Testpersonen im Kaffeehaus waren nach
einem Augenschein bereit, ihre vorgefasste Meinung zu ändern. Bald dreht sich die Diskussion
nicht mehr darum, ob sich diese Technik durchsetzen wird, sondern darum, welche gesellschaftlichen Auswirkungen das hat, wenn TV-Bildschirme in Bars und Cafés, in Bussen und Trams
allgegenwärtig sind. Das werde den Dialog zwischen Menschen behindern, befürchtet einer; im
Gegenteil, entgegnet ein Optimist, das TV-Programm werde Gesprächsstoff liefern und das Anknüpfen von Kontakten erleichtern.
set. Im April vor 30 Jahren schlug die Geburtsstunde der Mobiltelefonie in der Schweiz. Die damalige PTT bot das Gerät als Nationales Autotelefon, kurz Natel, an. Die Bezeichnung ist heute
noch Synonym für Handy. Ein früherer Chef der
Handy-Sparte von Swisscom wies einmal darauf
hin, dass die PTT das erste Netz «grosszügig» auf
rund 50 000 Nutzer auslegte, obschon sie eine solche Kundenzahl als unrealistisch beurteilte. Heute hat Swisscom 5 Millionen Handy-Kunden, die
täglich 10 Millionen Anrufe tätigen. Zusammen
mit den Kunden der Konkurrenz gibt es hierzulande über 8 Millionen Handy-Verträge, mehr als
Einwohner. Die technische Entwicklung und der
Preiszerfall haben diesem Erfolg den Weg geebnet. Als Motorola 1990 ein Handy mit einem
«revolutionären» Preis ankündigte, meinte der
Geschäftsführer, tiefer gehe es nimmer, die
Schmerzgrenze zur Rentabilität sei nun erreicht.
Das Mobiltelefon kostete 4800 Franken. Heute
werden viel leistungsfähigere Geräte durch die
Subventionspolitik der Mobilnetzbetreiber dem
Kunden sehr günstig bis kostenlos angeboten.
Neuerdings werden über dieses Geschäftsmodell auch Computer verkauft: Orange und
Sunrise subventionieren jetzt auch Notebooks. Im
Prospekt von Fust findet man zwischen Bügelbrettern und Radioweckern fünf Notebooks zu
erstaunlichen Preisen: Ein Toshiba-Modell mit
17-Display, Intel-Prozessor, 2 GByte RAM und
Windows Vista kostet 799 Franken. Für 519 Franken gibt es ein Acer-Notebook mit 15,4-Bildschirm. Die Preise gelten beim Abschluss eines
Daten-Abonnements bei Sunrise. Ohne Quersubvention sind die Angebote 200 Franken teurer.
Am Rande sei notiert, dass Toshiba vor noch
nicht allzu langer Zeit meinte, mit Notebooks
unter 2000 Franken sei kein Geld mehr zu verdienen. Und es geht noch günstiger. Sunrise wirbt für
ein 15,4-Modell von Fujitsu-Siemens, das mit
USB-Modem und SIM-Karte 499 Franken kostet.
Zum selben Preis gibt es bei Digitec ein LenovoNotebook (15,4) mit Orange-Vertrag. Für gar
nur 399 Franken verkauft Orange den Eee PC von
Asus, ein Sub-Notebook mit Linux, das nur ein
7-Display und 4 GByte Speicherplatz bietet.
Angesichts dieser Entwicklung fragte das Magazin «IT-Reseller» einen Sunrise-Mediensprecher, ob bald mit Gratis-Notebooks zu rechnen
sei. Dieser schliesst einen solchen Schritt nicht
aus, wenn ein passendes Angebot eines PC-Herstellers vorliege. Die Mischrechnung dürfte aufgehen, denn die Tarife für Datenkommunikation
sind noch nicht so erodiert wie jene für Gespräche, und das Kundenpotenzial ist anders als bei
der Telefonie noch gross. Sollte es eines Tages einmal mehr Notebooks als Einwohner geben, werden Netzbetreiber vielleicht Gadgets wie Navigationsgeräte oder Kameras subventionieren, und
die Kunden werden dankbar zugreifen. Dass sie
die vermeintlichen Schnäppchen und Geschenke
über die monatlichen Gebühren quasi abstottern,
ist ihnen offenbar nicht bewusst oder schnuppe.
Ausweitung der Spielzone
Ganzkörpereinsatz: «Wii Fit» von Nintendo ist mehr ein Fitnessgerät denn ein Videospiel
upp. Mit der Heimkonsole Wii sorgte Nintendo
für einen demografischen Umbruch im Markt
der elektronischen Spiele. Während Microsoft
und Sony mit ihren High-End-Maschinen (Xbox
360 und Playstation 3) sowie mit grossem Kapital
um die Gunst der «eingesessenen» HardcoreGamer buhlten, zielt Nintendo in eine andere
Richtung. Man gewährte den «digitalen Einwanderern», also den Nicht-Gamern, ein Obdach,
mit dem ökonomischen Hintergedanken, den
Markt zu erweitern und die Grossmütter und
Grossväter aller Länder zur neuen Spielermacht
zu vereinigen. Das Mittel dazu: eine bewegungssensitive Fernbedienung, die auch VideospielNeulingen intuitives Interagieren ermöglicht.
Damit holt man etwa bei «Wii Sports» mit grosszügigen Bewegungen zu Vor- und Rückhandschlägen aus, als stände man auf dem Tenniscourt. Findige Bewegungsmuffel haben aber bald
entdeckt, dass das Ganze aus dem Handgelenk
im Sitzen ebenso gut funktioniert.
Bei «Wii Fit» – das mit unkonventionellem Inhalt ebenfalls die breite Masse und nicht eine
eingeschworene Subkultur von Gamern ansprechen will – führt nun nichts mehr am Ganzkörpereinsatz vorbei. Das Programm für Nintendos
Heimkonsole ist nämlich mehr ein Fitnessgerät
denn ein Videospiel. Der weisse Quader, den
man vor dem TV placiert, sieht aus wie ein leicht
platt getretener Step aus dem Aerobic-Kurs.
Doch dieses Ding, genannt Balanceboard, ist
hinterlistig: Ist man erst einmal draufgestanden,
hat es bald das Gewicht gespeichert. Gibt man
zusätzlich auch die Grösse ein, berechnet es den
Body-Mass-Index. Ebenso erfragt es das Alter.
Nach ein paar kurzen Gleichgewichtsübungen ermittelt das Gerät das «Fitness-Alter» – glücklich
schätzt sich der, dessen «Fitness-Alter» unter
dem tatsächlichen liegt.
Danach kann das individuelle Training, bestehend aus traditionellen Gymnastik-, Aerobicund Yoga-Übungen, aufgenommen werden. Nach
Art der bekannten Fitnessvideos demonstriert
eine Vorturnerin Übungen wie Rumpfbeugen,
Rudern oder Rhythmusboxen, die es möglichst
Das Balanceboard errechnet durch die Gewichtsverlagerungen die Präzision der Übungen.
graziös nachzuahmen gilt. «Wii Fit» nutzt darüber
hinaus die interaktiven Möglichkeiten des Computerspiels und die technischen Mittel eines aussergewöhnlichen Eingabegerätes. Das Balanceboard, auf dem man steht, reagiert dank präzisen
Sensoren auf feinste Gewichtsverlagerungen. Die
Daten werden zur Konsole übermittelt, welche
die Bewegungen des Akteurs errechnet und auf
dem Bildschirm darstellt. Bei ungleichseitiger Betätigung wird ein schlechteres Zeugnis ausgestellt; so soll eine falsche Körperhaltung korrigiert werden. Natürlich schafft es auch «Wii Fit»
nicht, dass die Pfunde wie von selber purzeln.
Doch der spielerische Wettkampf – je präziser die
PD
Übungen ausgeführt werden, desto mehr Punkte
gibt es – erweist sich als motivierend, und die Statistiken stacheln zum täglichen Training an.
Weniger schweisstreibend, dafür umso unterhaltsamer sind die Balancespiele wie etwa Snowboarden, bei dem lediglich mittels Gewichtsverlagerung durch einen Slalomparcours gekurvt
wird. Hier zeigt sich das Potenzial des Balanceboards für das Computerspiel. In Japan, wo sich
«Wii Fit» seit Dezember 2007 über 1,5 Millionen
Mal verkauft hat, ist bereits das von Namco entwickelte Spiel «Family Ski» erhältlich, das sich das
Balanceboard von «Wii Fit» zunutze macht.
Wii Fit, Nintendo, rund 149 Franken (exkl. Wii-Konsole).