Onkologische Rehabilitation

Transcrição

Onkologische Rehabilitation
Onkologische Rehabilitation
Vortrag anlässlich einer Fortbildung für die
MitarbeiterInnen der Tumorberatungsstellen
und Kliniksozialdienste am 11. September 2009
in Bad Elster
Monika Bechmann, Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland
Teilbereichsleiterin Medizinische Rehabilitation 0361 482-5110
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Was hören Sie nun?
• Reha-Träger und gesetzliche Grundlagen
• Leistungsvoraussetzungen
• Zugangswege
• Leistungsziele und –bestandteile
• Rehabilitationskliniken
• Zahlen
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Gesetzliche Grundlagen der
Rentenversicherung
• Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
§§ 15 SGB VI i. V. m. 26 bis 31 SGB IX
• Sonstige Leistungen zur Teilhabe,
§ 31 SGB VI i. V. m. Gemeinsamen Richtlinien
der Träger der Rentenversicherungsträger
(Ca-Richtline)
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Krankenkassen
Bundesagentur für
Arbeit
Träger der
Sozialhilfe
Träger der
Jugendhilfe
Träger der
Kriegsopferversorgung
Rehabilitationsträger
Landwirtschaftliche
Alterskassen
Träger der
Unfallversicherung
Rentenversicherungsträger
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Wer ist zuständig?
- Faustregel -
Rentenversicherung: grundsätzlich Erwerbstätige (auch
Hausfrauen) – Ausnahmen: z. B. Kinderheilbehandlungen,
maligne Erkrankungen usw.
Krankenkasse: Nicht-Erwerbstätige (z. B. Altersrentner)
Unfallversicherung: bei Arbeits- und Wegeunfällen
bzw. Berufskrankheiten
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Zentrales Anliegen des SGB IX
schnelle effektive Leistungserbringung, möglichst wie
„aus einer Hand“
bei Beibehaltung des gegliederten Systems
durch Überwindung von Schnittstellen zwischen
unterschiedlichen
Leistungen
unterschiedlichen
Trägern
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Zusammenwirken der Träger
Gebot der effektiven Leistungserbringung und der
Kooperation der Sozialleistungsträger
(§§ 10 bis 13 SGB IX), d. h.
Leistungen sind
- zügig, nahtlos, einheitlich,
- wirksam,
- wirtschaftlich,
- nachhaltig zu erbringen
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Zusammenwirken
- Beispiel Ein im Erwerbsleben stehender Versicherter mit der
Diagnose Lungenkarzinom
1.
Akutbehandlung und Frühmobilisierung im
Krankenhaus -> Krankenkassen zuständig
2.
Anschlussrehabilitation -> RV-Träger zuständig
3.
berufliche Wiedereingliederung -> RV-Träger
zuständig, ggf. gemeinsam mit der Bundesagentur
für Arbeit und dem Integrationssamt
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Grundsätze
•
„Rehabilitation vor Rente/Pflege“ zur Vermeidung
vorzeitiger Rente/Pflege
§ 8 SGB IX –Vorrang von Leistungen zur Teilhabe
•
„ReHa“ – REchtzeitig Handeln
frühestmögliche Leistung erhöht Wiedereingliederungs-Chancen
•
Selbstbestimmung und aktive Mitarbeit des Betroffenen
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Onkologische Reha - Leistungsformen
•
„Anschlussheilbehandlung (AHB)
- Reha-Antritt bis maximal 14 Tage nach Akutbehandlung
•
Medizinische Rehabilitation und onkologische
Nachsorge (stationär/ambulant)
- Entscheidung maximal drei Wochen nach Antragseingang
•
Dauer: grundsätzlich drei Wochen, Verlängerung
möglich
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Leistungsvoraussetzungen
A
Versicherungsrechtliche Voraussetzungen
§ 3 Reha-Richtlinie
B
Persönliche (sozialmedizinische) Voraussetzungen,
§ 2 Reha-Richtlinie
C
keine Ausschlussgründe, § 4 Reha-Richtlinie
D
innerhalb des zulässigen Leistungszeitraums,
§ 1 Reha-Richtlinie
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A – Versicherungsrechtliche
Voraussetzungen
•
Versicherte – Leistung nach §§ 15 SGBVI
(bei Vorliegen der entsprechenden Beitragszeiten)
•
Rentenbezieher – Leistung nach § 31 SGB VI
•
Angehörige – Leistung nach § 31 SGB VI
(nichtversicherte Ehegatten, Lebenspartner,
nichtversicherte Kinder – ggf. bis zum 27. Lebensjahr)
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B – Sozialmedizinische
Voraussetzungen
1.
geklärte Diagnose, d. h. maligne Geschwulst- oder
Systemerkrankung
2.
abgeschlossene operative-/Strahlenbehandlung
(ausgenommen Chemotherapie)
3.
Rehabilitationsfähigkeit, d. h.
-> ausreichende Belastbarkeit
-> in der Regel alleinige Reisefähigkeit
4.
positive Prognose bzgl. Verbesserung/Wiederherstellung der
Funktionsfähigkeit genügt (§ 31 SGB VI)
d. h. Erhalt bzw. Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit nicht
erforderlich
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C – Ausschlussgründe
•
bei Arbeitsunfall/Berufskrankheit
•
Versorgungsberechtigte (z. B. Beamte, Berufssoldaten)
•
versicherungsfreie Bezieher einer Versorgung bis zum
Erreichen der Altersgrenze
•
(Untersuchungs-) Häftlinge
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D – Zulässiger Leistungszeitraum
•
innerhalb eines Jahres nach Abschluss der
„Primärbehandlung“;
weitere Leistung bis zwei Jahre nach Abschluss der
„Primärbehandlung“ möglich
insbesondere bei erheblichen Funktionsstörungen durch
Tumorerkrankung selbst oder aufgrund von
Komplikationen/Therapiefolgen
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Einleitung des Verfahrens
•
grundsätzlich auf Antrag, der im Voraus zu stellen ist
-> auch auf Anregung anderer Träger
(Krankenversicherung, Arbeitsagentur)
•
„von Amts wegen
-> nur mit Zustimmung des Versicherten
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Zugangswege
•
niedergelassener Arzt
•
Krankenhausarzt / Sozialdienst (AHB-Verfahren)
•
Auskunfts- und Beratungsstellen der
Rentenversicherungsträger
•
Gemeinsame Servicestellen
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Zugangsweg behandelnder Arzt
•
keine spezielle Qualifikation des Arztes erforderlich
•
kein aufwändiges Verordnungsverfahren
(2 Seiten Befundbericht)
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Umfang und Ort der Reha-Leistung
•
grundsätzlich: Ermessensentscheidung
des RV-Trägers über Leistungsumfang
(Art, Dauer, Beginn, Ausführung) und Ort
wirtschaftlich und
sparsam
•
Wunsch-/Wahlrecht des Versicherten
bezogen auf Ort und Zeit;
-> Anspruch auf berechtigtem Wunsch
-> Rücksichtnahme auf persönliche Lebenssituation
(Alter, Geschlecht, Familie, religiöse/weltanschauliche Bedürfnisse)
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Rehabilitation heißt:
wiederherstellen
nach schwerer Akuterkrankung oder chronischer
Erkrankung wird Leistungsfähigkeit wiederhergestellt und
Teilhabe ermöglich
wieder befähigen
verlorene Fähigkeiten werden (wieder) erlernt
(wieder) ausgleichen
bleibende Beeinträchtigungen werden kompensiert, ggf.
durch Entwickeln neuer Fähigkeiten.
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Ziele von Teilhabeleistungen allgemein
§ 4 Abs. 1 SGB IX
Behinderung
Einschränkungen
der Erwerbsfähigkeit
Pflegedürftigkeit
Teilhabe am
Arbeitsleben
abwenden, beseitigen, mindern,
Verschlimmerung verhüten,
Folgen mildern
vermeiden, überwinden,
mindern, Verschlimmerung
verhüten, Sozialleistungen
vermeiden
dauerhaft sichern
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Ziele einer onkologischen Reha
- das körperliche, seelische und soziale Befinden zu
bessern oder zu stabilisieren
- Funktionsstörungen zu beseitigen oder auszugleichen
- Unterstützung zur Bewältigung des Lebens in Familie,
Gesellschaft, Beruf auch mit der Krankheit
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Rehabilitation ist daher:

individuell

zielgerichtet

komplex (also: ganzheitlicher, bedürfnisbezogener Therapien)
interdisziplinär (mehrere Berufsgruppen sind beteiligt, die
sich abstimmten)

und beachtet somatische, psychische und soziale
Aspekte, Kontextfaktoren, Krankheitsrisiken und
persönliche Ressourcen
(bio-psycho-soziales Krankheitsmodell WHO)
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Wer gehört zum Reha-Team
• Ärzte der einschlägigen Fachrichtungen, ggf mit
Zusatzqualifikation (z. B. Sozialmedizin)
• Pflegekräfte
• Psychologen
• Physiotherapeuten
• Sport- und Ergotherapeuten
• Ernährungsberater
• Köche
• Sozialarbeiter
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Leistunsbestandteile Reha allgemein
§ 26 Abs. 2 SGB IX
- Behandlung durch Ärzte
- Arznei- und Verbandmittel
- Früherkennung, Frühförderung
- Psychotherapie
- Hilfsmittel (z. B. Körperersatzstücke...)
- medizinisch-physikalische Maßnahmen (z. B. Massagen)
- Heilmittel (Krankengymnastik, Bewegungs- und Sporttherapie)
- Belastungserprobung, Arbeitstherapie
- Gesundheitsschulungen
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Leistungsbestandteil Reha allgemein
§ 26 Abs. 3 SGB IX
Psychosoziale Leistungen:
- Hilfen zur Verarbeitung der Behinderung
- Aktivierung von Selbsthilfepotenzialen
- Information und Beratung von Angehörigen
- Kontaktvermittlung zu Selbsthilfegruppen
- Hilfen zur seelischen Stabilisierung usw.
- Training lebenspraktischer Fähigkeiten
- Anleitung, Motivation
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Spezielle Therapiebestandteile I
•
Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit
durch aktive Therapie:
Ausdauerprogramm einzeln oder in Gruppen unter
therapeutischer Anleitung (Spazieren gehen, Walken,
Gymnastik usw.) – aktive Mitwirkung des Rehabilitanden wichtig!
•
Passive Behandlungsmaßnahmen:
Lymphdrainagen, Strombehandlung, Massagen usw.
(insbesondere bei lokalen Beschwerden, z. B.
Lymphödem, sinnvoll)
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Spezielle Therapiebestandteile II
•
Ernährungstherapie
Strukturierung der Mahlzeiten, spezielle Nahrungsmittelwahl (z. B. bei Krebserkrankungen im Mund- und
Rachenbereich)
•
Stomatherapie
Erlernen des Umgangs mit dem Stoma (z. B. bei
künstlichem Darmausgang)
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Spezielle Therapiebestandteile III
•
Krankheitsverarbeitung
zur Verarbeitung des Schocks und Bewältigung der
Krankheitsfolgen: z. B. psychologische Therapie
einzeln oder in Gruppen, Info-Veranstaltungen über
das Thema „Ängste“
•
Wissensvermittlung
zur Erkrankung, den möglichen – korrigierbaren –
auslösenden Faktoren und Verhaltensmaßregeln für
die künftige Lebensgestaltung, Raucherentwöhnung
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Therapiebeispiele I
•
Lungenkrebs
Störung: Verringerung der Atemleistung (Lungenverlust)
Therapie: Atemgymnastik
•
Prostatakrebs
Störung: Harninkontinenz
Therapie: Beckenbodengymnastik
•
Leukämie/Lymphom
Störung: Sensibilitätsstörung der Feinmotorik
Therapie: Ergotherapie
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Therapiebeispiele II
•
Brustkrebs
Störung: Einschränkung der Beweglichkeit im
Schultergelenk; Lymphstauung im Arm
Therapie: Schulter- und Entstauungsgymnastik;
Lymphdrainage
•
Krebs des Stimmapparates
Störung: Verlust des Stimmapparates
Therapie: logopädische Behandlung (neu sprechen lernen
mit Hilfsgeräten oder Speiseröhrensprache)
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Sonstige Bestandteile
•
Chemotherapie/Zusatzuntersuchungen
Fortsetzung während der Rehabilitation möglich, aber wegen
körperlicher Belastung eher anderen Therapiezeitraum
wählen
•
Einbeziehung Angehöriger
soweit erforderlich, insbesondere bei Kindern
•
Freizeitangebote und Erholungsmöglichkeiten
•
Vorbereitung auf das weitere Arbeitsleben
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Ergänzende Leistungen
•
Übergangsgeld
(finanzielle Absicherung)
•
Reisekosten
•
Haushaltshilfe
•
Rehabilitationssport
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Zuzahlung
•
in der Regel ab 18. Lebensjahr; Befreiung möglich
Monatliches
Netteoeinkommen
tägliche Zuzahlung seit
01.01.2009
bis 1.008,99 €
bis 1.009,00 €
bis 1.020,00 €
bis 1.080,00 €
bis 1.140,00 €
bis 1.200,00 €
- keine –
8,00 €
8,50 €
9,00 €
9,50 €
10,00 €
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Was passiert nach Rückkehr in den
Alltag?
•
Umsetzung und Fortführung des Gelernten
Der Erfolg der Rehabilitation kann nur so gut sein wie die
Mitwirkung des Rehabilitanden; d. h. die Rehabilitation zeigt
den Weg, gehen muss er ihn selbst.
•
Stufenweise Wiedereingliederung; berufliche Rehabilitation
•
Selbsthilfegruppen
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Rehabilitationskliniken in Sachsen
•
Fachklinikum Brandis
(Tumoren im Kopf- und Halsbereich)
•
Paracelsus-Klinik Bad Elster
(alle onkologischen Erkrankungen außer Kopf und Hals)
•
Vogtlandklinik Bad Elster
(Gynäkologie, Urologie)
•
Bavaria Klinik Kreischa
(alle onkologischen Erkrankungen)
•
Christiaan Barnard Klinik Dahlen-Schmannewitz
(alle onkologischen Erkrankungen)
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Anträge nach Leistungsarten der
Deutschen Rentenversicherung
Mitteldeutschland 2008
Medizinische
Rehabilitation
92.454
100,0 %
davon onkologische
Rehabilitation
15.108
16,3 %
davon medizinische
Reha, § 15 SGB VI
4. 714
davon onkologische
Nachsorge, § 31 SGB
IV
10. 394
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Bewilligungszahlen der Deutschen
Rentenversicherung Mitteldeutschland
2008
Medizinische
Rehabilitation
69.408
100,0 %
davon onkologische
Rehabilitation
12.235
17,6 %
davon medizinische
Reha, § 15 SGB VI
4.003
davon onkologische
Nachsorge, § 31 SGB
IV
8.232
Bewilligungsquote onkologische Reha-Leistungen -> rund 81 %
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