Leseprobe - Analogue Audio Association
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Leseprobe - Analogue Audio Association
analog aktuell 01 07 Forum für analoge Musikwiedergabe AAA – analog forum Düsseldorf Markt – Edle Importe aus Japan Workshop – Bandmaschinen einmessen www.AAAnalog.de – Ausgabe 1/2007 – 2 7,- Wiederentdeckt – die Renaissance der Holztonarme 2 ANALOG AKTUELL 1/2007 Inhalt AAA Technik Editorial Der neue AAA-Vorstand Was das Ohr begehrt analog forum Düsseldorf Revision im Klangparadies – Mitglieder und ihre Anlagen AAA-Firmenliste Wiederentdeckt – die Renaissance der Holztonarme Traummaschine – Revox A700 Deutsch-amerikanische Freundschaft Thorens TD150 und Rabco 3 4 6 37 50 12 16 19 Markt Gute Adresse – Günstiger Hardware-Import aus Japan Workshop Keine Angst vor Bandmaschinen – Service leicht gemacht Alles relativ – Der Pegel in der Tonbandtechnik 31 Historie Großraumlimousine – C.W.F. Borgwards Musiktruhe 41 Bücher Überfällig – Das neue Thorens Buch von G. Weichler 43 Musik Plattenrezensionen 44 Impressum 55 22 25 6 ANALOG AKTUELL 1/2007 A A A D Ü S S E L D O R F Was das Ohr begehrt Großer Andrang beim Analog Forum in Düsseldorf Düsseldorf ist bekanntlich immer eine Reise wert. Neben zahlreichen Sehenswürdigkeiten bietet sich in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt die Gelegenheit eines exklusiven Einkaufsbummels über die weltberühmte Königsallee, kurz Kö genannt. Nicht minder aufregend kann es sein, in einem der zahlreichen Gastronomie-Betriebe ein Kölsch zu bestellen. Den mit den rheinischen Gepflogenheiten weniger Vertrauten sei gesagt: Es gibt in Düsseldorf kaum einen größeren faux pas, denn hier trinkt man im Gegensatz zur nahen Konkurrenzmetropole in angemessenem Bierernst „lokal“-patriotisch Alt. ANALOG AKTUELL 1/2007 A A A Stöberm, suchen, finden: Besucher an den Verkaufsständen Begeistert: Zuhörer bei den Veranstaltungen Kein faux pas ist das Event, um das seit einigen Jahren Düsseldorf reicher ist: Das analog forum. Der bewährte Platz ist das Novotel Süd, dorthin lud die Analogue Audio Association ein – wie immer, bei freiem Eintritt. Insgesamt 34 Aussteller mit 89 Marken wollten zeigen, was die Analog-Technik zu bieten hat. Zwar ist das Novotel nicht ganz so exklusiv gelegen wie die Kö, doch erfreut sich das analog forum Düsseldorf stets eines sehr großen Besucherandrangs. So folgten am 21. und 22. Oktober über 1.400 Besucher der Einladung und ließen sich von einer großartigen Veranstaltung begeistern. stellte er jedoch fest, dass er sogar Töne bis zu 48 kHz wahrnehmen konnte, womit sich die bereits bekannten Ansätze bestätigten, nach denen die Schallübertragung beim Menschen nicht ausschließlich über sein Trommelfell sondern auch über die Schädelknochen stattfindet. In acht verschiedenen Vorführräumen gab es die Möglichkeit, Stereoanlagen unterschiedlichster Preisklassen zu hören. Darüber hinaus bot sich dem Analogliebhaber die Gelegenheit, an fünf verschiedenen Workshops teilzunehmen, die an den beiden Tage teils wiederholend stattfanden. So wurden in Zusammenarbeit mit Heinrich Schläfer von der Firma Quinton, Dirk Sommer von der Zeitschrift image hifi und dem Mastering-Fachmann Willem Makkee die Unterschiede zwischen Amateur- und Profitonbandaufnahmen verdeutlicht. Darüber hinaus erfolgte die Vorstellung neuer Tonband-Produktionen, die dem Tonbandfreund zukünftig als Masterbandkopien über die Analogue Audio Association angeboten werden können. Dieter Fricke – seines Zeichens Kopf von Ecouton Audiolabor, MT HiFi-Handels-GmbH – gab sehr interessante Einblicke in das strukturierte Musikhören. Dabei thematisierte er unter anderem die Herangehensweise an ein konzentriertes Hören durch ein bewusstes Erfahren der Stille im Hörraum sowie die Möglichkeit, sein Gehör analog dem Muskelapparat des Körpers zu trainieren. Weiterhin wurde auf die Problematik der eingeschränkten Hörfähigkeit im Alter eingegangen. Einem Hörtest zufolge sei Herr Fricke mit seinen 70 Jahren noch in der Lage, bis rund zwölf kHz zu hören. In weiteren Testreihen Schließlich nahm Herr Fricke noch Stellung zum Thema Hörraum. Er ging auf die Problematik ein, dass ein Großteil der Hörräume – sei es durch optische Vorgaben eines modernen Wohninterieurs oder durch pure Unwissenheit – weit unter ihren Möglichkeiten betrieben würden. An diesem Punkt setzte die Demonstration von Thomas Fast (Fast Audio) zum Thema Raumakustik an, die unter anderem den Einfluss von Raumabsorbern auf sehr anschauliche Weise verdeutlichte. Anhand bekannter Tacet- und Quinton-Aufnahmen präsentierten die beiden AAA-Vorstandsmitglieder Norbert Bürger und Tom Schmitz einen klanglichen Vergleich zwischen den digitalen Medien CD und SACD einerseits sowie den analogen Tonträgern LP und Tonband andererseits. Als Quellgeräte dienten dabei auf der digitalen Seite der Shanling SACD/CDSpieler SCD-T200C und auf der analogen Seite ein Roksan Xerxes 20 mit montiertem Roksan Shiraz sowie Tonbandmaschinen von Telefunken und Nagra. Wiedergegeben wurde die Musik über die Regielautsprecher RL 933K der Firma musikelectronic geithain GmbH, wobei sich sehr schnell und eindrucksvoll herausstellte, dass die analoge Musikwiedergabe gegenüber ihrem digitalen Pendant durchaus ihre Vorzüge aufweist. Abgerundet wurde die Workshop-Reihe durch eine rund zweistündige, von Reimund Gidde moderierte Podiumsdiskussion, an der neben Holger Barske (LP), Matthias Böde (Stereo) und Dirk Sommer (image hifi) auch Branko Glisovic als 7 12 ANALOG AKTUELL 1/2007 T E C H N I K Wiederentdeckt Die Renaissance der Holztonarme Noch vor wenigen Jahren stoppte der suchende Blick des High-Enders irritiert, wenn sich ein Holztonarm unter die Materialschlacht der Acryl- und Stahllaufwerke mischte. Genau diese Spezialität unter den Spitzentonarmen ist es, die aktuell frischen Wind in die Analogszene bringt. Holz, dieses so anachronistisch anmutende Material, ist die Wiederentdeckung so manch renommierter Edelschmiede. Dass diese Arme einen ganz besonderen Charme besitzen steht wohl außer Frage. Nur, die ästhetische Faszination allein ist sicher nicht der Grund für dieses Revival. Es sind seine spezifischen Materialeigenschaften, die Holz über seinen optischen Reiz hinaus für den Tonarmbau so attraktiv machen. Grazile Erscheinung im Holz-Aluminium-Karbon Verbund: Tacco von Scheu Analog ANALOG AKTUELL 1/2007 T FE OC RH UN M I K Käftiger Prügel: Grado Lab Series 1 Deutlich schlanker: Grado Lab Series 2 Joseph Grado, das Synonym des Holztonarmes schlechthin, machte vor allem mit seinem Debut, dem Tonarm der Laboratory Series, auf sich aufmerksam. Dieser beeindruckende Prügel aus Gun stock walnut wood traf genau das amerikanische Lebensgefühl der Fünfziger. Allein durch seine schiere Wucht verkörperte er den Cadillac unter den amerikanischen Hifi-Tonarmen. Er besaß Spitzenlagerung und dynamische Auflagekrafteinstellung per Schraube auf Stahlfederzunge. Das war um 1956 und Grado lieferte auch gleich seine passenden Systeme mit geringer Nadelnachgiebigkeit dazu. Der Trend zu leichteren Armen ließ dann nur kurze Zeit später das Nachfolgemodell der Lab Series als deutlich schlankere Erscheinung entstehen, ebenfalls aus Walnussholz. Wieder dynamisch ausbalanciert, diesmal aber mit zusätzlichem Gewicht per Auslegearm für die Justage der Lateralbalance. Mit diesem High-End Produkt der Sechziger wurden Grados Holzarme endgültig salonfähig. ADC versuchte zeitgleich mit dem Pritchard Arm ein Alternativprodukt zu platzieren, bekam aber nicht annähernd diese Bedeutung. Für einen weiteren Vertreter des amerikanischen Holztonarmbaus steht sicher der Name Gray Research, einer der großen USRundfunkausstatter, dessen Erfolg sich unter anderem auf über 6000 ausgelieferten Micro Trak Tonarmen begründete. Mit dem Micro Trak 303 als 9 Zoll und dem 306 als 12 Zoll Variante, lieferte Gray ab circa 1970 den Standardtonarm amerikanischer Radiostationen, vorzugsweise auf Russco, Gates oder QRK Studiolaufwerken anzutreffen. Mit Erscheinen dieser sehr leichten Teakholzarme wurde Gray den Anforderungen professioneller Anwender in den siebziger Jahren gerecht. Günstige Anschaffung, einfache Justage und vor allem unverwüstlich im 24 Stunden on the air Betrieb. Die geringe effektive Masse entsprach dem Trend nach Systemen hoher Nadelnachgiebigkeit. Mit Saphirlager, Fluid-Antiskating, sowie Top Klangeigenschaften galten die Micro Traks bei den Radio DJ’s schnell als Wölfe im Schafspelz. Die Spitze und vorläufigen Endpunkt des Holztonarmbaus markiert ab 1977 die kleine japanische Firma Grace mit ihrem genialen Wurf, dem G-714. Selbstverständlich ohne Antiskating, in Anlehnung an die Studiotechnik, plus wechselbarem Systemeinschub. Ausge- Der Name Grado steht ebenfalls für Spitzenabtaster, natürlich mit Systemkorpus aus Edelhölzern. Der Niedergang des Vinyls in den Achtzigern traf leider auch John Grado, den Neffen und Nachfolger Joseph Grados. Konsequent auf Holz setzend, gelang ihm ein grandioses Comeback der Grado-Philosophie. Dank seiner legendären Systeme und Kopfhörer mit Edelholzgehäusen, spielt Grado heute wieder in der ersten Liga. Rohlinge: Cocobolo (li.) und Palisander 13 16 T E C H N I K ANALOG AKTUELL 1/2007 Die Traummaschine Revox A700 – Studiotechnik für das Wohnzimmerregal Drehen wir für einen kurzen Moment die Zeit zurück in das Jahr 1979: ein sechzehnjähriger Junge steht in einem Düsseldorfer HiFi-Geschäft und starrt bewunderungsvoll eine Tonbandmaschine an. Seine Schulklasse macht heute einen Tagesausflug, und in der frei verfügbaren Zeit möchte er seinen Traum wenigstens einmal ansehen, denn in den Geschäften seiner Heimatstadt ist ein so hochwertiges Gerät nicht ausgestellt. Revox A700 lautet die Bezeichnung, und die lässt sein Herz höher schlagen. ANALOG AKTUELL 1/2007 T FE OC RH UN M I K Deutsch-Amerikanische Freundschaft small steps for great sound Wer kennt ihn nicht, den Thorens TD 150? Das erste Subchassis-Laufwerk von Thorens und somit Urvater all der Plattenspieler, mit denen Thorens bis in die Neunziger Jahre des letzten Jahrtausends Erfolge feierte und die noch heute, gehegt und gepflegt von ihren stolzen Besitzern, Garanten für großartige Musikdarbietungen sind. Standardmäßig war der TD 150 seinerzeit mit dem hauseigenen Tonarm TP 13 ausgerüstet, auf dem TD 150 Mk. II war der TP 13A montiert, beides – natürlich – Drehtonarme. Und diese Kombination klang mit den damals üblichen Shure-Systemen ganz hervorragend. Aber wussten Sie, dass aus dem Ursprungsland der Shure-Systeme auch ein ganz besonderer Tonarm kam, der gänzlich andere Wege beschritt, bei uns beinahe unverschämt teuer und vielleicht auch deshalb extrem selten anzutreffen war? Und der trotz seiner im Vergleich zum Laufwerk geradezu imposanten Größe und komplizierten Technik eine absolut traumhafte Verbindung mit diesem kleinen und einfachen Thorens einging? Es handelte sich um den Tangentialtonarm Rabco SL-8E. Mit einer Länge von 355 Millimetern stand der Rabco, wenn man ihn auf das Armbrett des TD 150 montiert hatte, vorne und hinten je 15 Millimeter über, und wegen des gegenüber dem TP13 überaus stattlichen Gewichts musste man auch das Subchassis gehörig nachstellen. Dies war aber letztendlich alles kein Problem, die Kombination erwies sich sogar als derart gelungen, dass man den Arm seinerzeit - Anfang der Siebziger - in den USA nicht nur alleine für 149,50 Dollar, sondern - von der Firma Rabco in Maryland fi x und fertig montiert - auf einem TD 150 (Zuzahlpreis 85 Dollar) und ausgestattet mit dem Spitzensystem von Shure, dem V15 Type II (Zuzahlpreis 67,50 Dollar), ordern konnte. Bei uns kostete der kleine Thorens mit Standardarm Anfang der Siebziger übrigens knapp 400 Mark – für den Rabco alleine musste man 895 Mark hinblättern. Nun, solch ein Rabco lief mir vor einigen Monaten über den Weg, genauer gesagt rief mein Freund Rodney Fiedler an, der In natürlicher Umgebung - Der TD 150 mit Rabco auf einem Accuphase-Verstärker von 1972 in Frankfurt am Main ein Hifi-Studio betreibt: Inside Music, Frankfurt-Sachsenhausen. Rodney weiß von meiner Affinität zu solchen Klassikern und fragte mich, ob ich nicht Interesse an so einem Teil hätte. Natürlich hatte ich, und den ersten Funktionstest absolvierte der SL-8E kurz darauf auf einem meiner TD 124. Mir war aber klar, dass der Arm eigentlich auf einen TD 125 oder noch besser TD 150 gehört, denn dies waren eben die klassischen Kombinationen. Und da kurze Zeit später ein sehr 19 22 ANALOG AKTUELL 1/2007 M A R K T Gute Adresse Wie man rare Exoten günstig aus Japan beschaffen kann Thorens TD 166 Mk. II, Dual 701, SME 3009 Improved, Shure V 15 Typ III, Ortofon T-20 – das sind bekannte Namen, gängige Geräte, in Deutschland auf dem Gebrauchtmarkt leicht zu finden. Speziell bei Ebay.de werden diese Klassiker recht häufig angeboten. Aber haben Sie schon mal einen Denon DP-80, DA401 oder AU-340 hier gesehen? Oder einen Yamaha GT-750, Sony TTS-8000, SAEC WE-407/23, Victor TT81, Denon DL 103 Gold Limited? Und wenn, wie viel wird dafür aufgerufen? Nun, wenn Sie sich für solche Exoten interessieren, dann bleibt Ihnen eigentlich nur der regelmäßige Scan von Ebay.com, denn diese Laufwerke - Tonarme - Systeme - Übertrager sind hier bei uns extrem selten und meist auch extrem teuer. Sie waren entweder schon zu ihrer Zeit nahezu unerschwinglich, und damit nur in geringer Stückzahl verkauft, oder wurden sogar in vielen Fällen nie in Europa auf den Markt gebracht. Wenn Sie dann ein solches Schätzchen tatsächlich entdecken und den Zuschlag erhalten, wird es richtig interessant: Entspricht der Artikel der Beschreibung - manche Ebayer haben recht eigenwillige Vorstellungen, was „near mint condition“ bedeutet? Sind alle Tonarmgewichte dabei? Der mp3 hörende Erbe eines Dynavector DV-505 kennt sich da mit Sicherheit nicht aus. Und nimmt der Verkäufer in Minneapolis auch den Teller vom Laufwerk und zieht die Sicherungsschrauben an, bevor er den Plattenspieler in den hoffentlich ausreichend gepolsterten Karton verpackt und dem US Postal Service anvertraut? Und was ist, wenn nicht? Das malen wir uns besser nicht aus. Ich habe vor einigen Jahren für mich die Lösung gefunden – ich kaufe bei einem Secondhand-Versandhandel in Japan. Hifido (www.hifido.co.jp) wurde 1996 gegründet und betreibt neben dem Internet-Versandhandel Ladengeschäfte in Tokyo, Osaka und Nagoya, den drei bevölkerungsreichsten Städten Japans. Die Kommunikation erfolgt per Email in Englisch, zur finanziellen Abwicklung ist eine internationale Kreditkarte nötig. Da die Neuheiten auf der Hifido-Webseite täglich gegen 19 bis 21 Uhr Ortszeit eingepflegt werden, bedeutet das für uns in Europa, dass wir so gegen 12 bis 14 Uhr vor unserem Bildschirm präsent sein sollten, denn alles läuft nach dem Prinzip first come, first serve: Wer zuerst auf den virtuellen ORDERKnopf drückt, hat das Rennen gemacht. Wobei ORDER noch nicht Gekauft heißt, dazu aber später noch etwas mehr. Am besten setzen Sie sich jetzt mit diesem Artikel an Ihren Rechner und rufen die englischsprachige Webseite von Hifido einmal auf: www.hifido.co.jp/indexe.html Auf der Webseite finden Sie sich nach kurzer Eingewöhnung leicht zurecht, Sie können die neuen Angebote seitenweise bunt gemischt anschauen. Es gibt dort alles, von der Studio-Bandmaschine auf Rollwagen über gewaltige US-Endstufen bis hin zur Klassik-LP und einem gematchten Paar KT88. Oder lassen Sie sich nur bestimmte Gerätegattungen anzeigen, wobei natürlich Record Players, Tonearms, Cartridges, Shells und Step-Up Transformers die interessantesten Kategorien sein dürften. Klickt man ANALOG AKTUELL 1/2007 W OF RO KR SU HMO P Keine Angst vor Bandmaschinen Servicearbeiten sind leicht erlernbar Jeder Betreiber eines Plattenspielers weiß, dass seinen geliebten analogen Platten eine Tonbandaufzeichnung zugrunde liegt. Fast jeder Liebhaber analoger Musikwiedergabe hat schon einmal ein Tonbandgerät oder einen Cassettenrecorder besessen. Einige werden die Geräte ausgemustert haben, weil sie nicht mehr so klingen, wie sie es früher taten. Mancher erwägt vielleicht, sich ein solches Gerät wieder anzuschaffen. Viele schrecken aber davor zurück, weil sie sich die Fähigkeit nicht zutrauen, aus diesen Geräten die Klangeigenschaften wieder herauszuholen, die ihnen der Hersteller mit auf den Weg gab. Werkstätten, die diese kleine Kunst noch beherrschen, werden immer seltener, und sie lassen sich ihr vermeintliches Herrschaftswissen gern gut bezahlen. Zugegeben, die Tonbandmaschine stellt die komplexeste Kombination aus Mechanik und Elektronik dar, die im Audio-Bereich vorhanden ist. Deswegen aber keine Angst. Dieser kleine Beitrag soll am Beispiel einer Studer B67 MkII zeigen, wie man die klangbestimmenden und klangerhaltenden Service-Arbeiten selbst vornehmen kann. 25 26 W O R K S H O P ANALOG AKTUELL 1/2007 Große Hilfe: Sevice-Anleitung des Herstellers Kein Hexenwerk: Audio-Generator, zwei Voltmeter und B67 in servicefreundlicher Grundstellung Dazu braucht man folgende Minimal-Ausrüstung: - Entmagnetisierdrossel (10 - 40 Euro) - Bezugsbänder (für jede Geschwindigkeit und jede Entzerrungsart eines, Stückpreis (gebraucht) rund 70 Euro) - eine CD mit Sinustönen zwischen 20 Hz und 20 kHz - ein gutes Voltmeter (gebraucht als Zweikanal-Voltmeter in Profiqualität ab 50 Euro zu bekommen) - nichtmagnetische Schraubenzieher - neues Bandmaterial der bevorzugten Sorte - die Service-Anleitung für die Bandmaschine stückchen nötig sein, um den gewünschten Erfolg zu erzielen. Niemals mit scharfen Gegenständen arbeiten! Auch die Capstanwelle und die Andruckrolle werden gereinigt, wobei kein Alkohol in den Motor gelangen darf. Wer es gern komfortabler und genauer haben möchte, der mobilisiere - statt der CD einen Tongenerator - ein Oszilloskop (zweikanalig, gebraucht in guter Qualität für 100 Euro aufwärts erhältlich) - oder eine Tongenerator/Oszilloskop-Simulation für den PC wie etwa „Audiotester“ in Verbindung mit einer guten Soundkarte - eine Tongenerator/Voltmeter/Klirrfaktormessgerät-Kombination wie den „Audio Analyzer“ von Nakamichi Voraussetzung für jedes befriedigende Klangergebnis ist guter Kontakt zwischen Band und Tonköpfen. Daher besteht der erste Schritt in der Einstellung des Bandzuges, der hierfür ausschlaggebend ist. Diese Einstellung ist bei der B67 besonders elegant gelöst: man braucht nur seine Augen, einen Schraubenzieher und eine Einstellschablone. Nach Aufspannen einer 18 Zentimeter-Rolle beliebigen Bandmaterials wird diese halb abgewickelt und dann so an den zuständigen Potentiometern justiert, bis die beiden Umlenkrollen die vom Hersteller vorgegebene Positionen beim Abspielen einnehmen. Einfacher geht’s nicht. Nachdem nun der erforderliche Bandkontakt hergestellt ist, wenden wir uns den Tonköpfen selbst zu. Diese werden mit Isopropanol und Wattestiften von den Rückständen des Bandabriebs befreit. Das muss sehr sorgfältig geschehen, und bei arg verschmutzten Tonköpfen kann dazu auch längeres Einweichen oder der Einsatz kleiner Holzstifte mit aufgeklebten Leder- Alsdann erfolgt der Einsatz der Entmagnetisierdrossel an Köpfen und metallenen Laufwerksteilen, und damit sind die Vorarbeiten abgeschlossen. Die jetzt beschriebene Vorgehensweise (die auch in Werkstätten angewandt wird) besteht im Prinzip darin, zunächst die Wiedergabeeinrichtungen der Maschine so zu normalisieren, dass sie hernach gleichsam als Maßstab für die aufnahmeseitigen Einstellungen benutzt werden können. Dazu benötigt man das oben erwähnte vorbespielte Bezugsband. Für den grundsätzlichen Arbeitsablauf spielt es übrigens keine Rolle, ob es sich bei dem einzumessenden Gerät um eine Bandmaschine oder um einen Cassettenrecorder handelt, wobei letzterer natürlich eine Bezugs- beziehungsweise Messcassette für den bevorzugten Bandtyp benötigt. Das Bezugsband wird nun mit der mittleren Geschwindigkeit, hier 19 cm/sec, abgespielt. Es beginnt mit einem Pegeltonteil von 1 kHz (manchmal auch 315 Hz oder 700 Hz). Die Potentiometer für den Wiedergabepegel werden nun so eingestellt, dass sich am Geräteausgang eine Spannung von 0,775 V ergibt (bei Amateur-Maschinen können das andere Werte sein z.B. 0,55 V). Damit ist ein Abgleich vorgenommen, der es uns erlaubt, alsdann die Stellung des Wiedergabe-Tonkopfspalts zum Band zu prüfen und einzustellen, den sogenannten Azimuth. Der Tonkopf muss immer genau senkrecht zum Band stehen. Steht der Tonkopf hingegen auch nur ganz leicht schräg, dann wird das am Tonkopf vorbeigeführte Signal eines Kanals früher abgetastet als das des anderen Kanals, und das führt zu einer Phasenverschiebung, die sich insbesondere als Höhenverlust deutlich bemerkbar macht. Für die Überprüfung wird vom Bezugsband ein im Pegel abgesenkter Testton von 10 kHz abgespielt. Der Ausgang der ANALOG AKTUELL 1/2007 W OF RO KR SU HMO P Alles relativ Der Pegel in der analogen Tonstudiotechnik Strom und Wasser: Sehr oft wird der fließende Strom in der Nachrichtentechnik mit der Wasserwirtschaft verglichen. Der Strom fließt wie das Wasser, er hat eine Quelle (Mikrofon, Mischpult oder Tongenerator) und auch eine Senke (Tonbandgerät, Messgerät für Pegel). Der Wasserstand in den Flüssen und auch der des Meeresspiegels wird mit dem Ausdruck „Pegel“ angegeben. Der Rhein bei Köln hat zum Beispiel einen durchschnittlichen Pegel von 3,20 Meter. Das Flussbett hat an dieser Stelle aber eine Tiefe von rund fünf Metern. Das heißt, bei Pegel „0“ wäre das Flussbett keineswegs trocken! Hier haben wir es mit einer willkürlichen Festlegung zu tun, die, wenn sie unterschritten wird, auch negative Werte annehmen kann. 31 32 ANALOG AKTUELL 1/2007 W O R K S H O P Pegeldefinitionen Genauso verbirgt sich hinter dem Pegel in der Studiotechnik ebenfalls ein Dilemma: Es gibt zu viele Einheiten mit entsprechenden Indizes, (dBu, dBV, dBm, dBq, dB0rs….) mit denen man diese Pegel misst! Wären es nur Meter oder Fuß, dann wäre es vergleichsweise leicht, mit den Pegelangaben und der Pegelrechnung. Da das leider nicht so ist, hier eine kleine Pegelkunde mit Anwendungsbeispielen: Die Einheit des Pegels in der Studiotechnik ist das Dezibel (dB) So tritt bei fast allen technischen Beschreibungen von elektronischen Geräten, die etwas mit Ton zu tun haben, bei der Angabe der Leistung, Verstärkung oder Dämpfung der Begriff Dezibel auf. Diese Bezeichnung erinnert an den amerikanischen Physiker Alexander Graham Bell. Nach ihm wurde die Einheit Bel genannt. Da die sich daraus ergebenden Werte recht unhandlich waren – man musste bei kleineren Pegelabweichungen immer mehrere Kommastellen angeben – einigte man sich in der Praxis auf den zehnten Teil dieses Bel. Es kam zum Dezibel dB. Und diese Angabe ist auch noch logarithmisch. Das klingt verwirrend, aber wir werden sehen, dass dadurch vieles vereinfacht wird. Schalldruck und Pegel Die geläufigste Pegelangabe bezieht sich auf den Schalldruck. Physikalisch genau ist diese Angabe defi niert mit der Druckangabe „Newton pro Quadratmeter“, und 1 N/m² ist gleich einem Pascal (Pa). In diesem Zusammenhang benutzt man gern die Angabe Phon. Es ist ein technischer Ausdruck aus der Akustik – eine genaue Herleitung an dieser Stelle würde den Rahmen jetzt sprengen. Achtung: Bisher sprach ich von Schalldruck – jetzt mache ich aus diesem Schalldruck den Schalldruckpegel. Und schon haben wir die erste Beziehung in der Studiotechnik: 1 Pa = 94 Phon Unser Hörbereich – also der Bereich von absoluter Stille bis zur Schmerzgrenze – erstreckt sich etwa von Schalldrücken von 0,00002 Pa bis 200 Pa. Das ist etwa das Verhältnis von 1: 1 Million. Da man diese großen Zahlen etwas handlicher machen wollte, führte man die Logarithmierung ein. So kommt es zu folgenden sehr wichtigen Beziehungen: Verdoppelung des Pegels bedeutet eine Zunahme um 6 dB, Verzehnfachung des Pegels bedeutet eine Zunahme um 20 dB. Ein Zehntel eines Pegels bedeutet die Verminderung um 20 dB. 2 Pa = 100 Phon (94 phon + 6 dB) 0, 1 Pa = 74 Phon usw. (ein Zehntel Pa, 94 phon – 20 dB) Verknüpfung von Spannung, Pegel und magnetischer Feldstärke Ein Mikrofon, welches mit dem Schalldruck von 1 Pa betönt wird, macht aus dieser akustischen Größe (94 phon) eine elektrische. Diese läßt sich nun als Spannung in Volt ausdrücken oder eben in dB. Um nun ein Mikrofonsignal auf Band aufzeichnen zu können, muss aus dieser Spannung – nach Verstärkung - Magnetismus gemacht werden, der aus dem Kopfspalt in das vor ihm vorbeilaufende Band gebracht wird. Die Bezeichnung für diese Magnetisierung ist das Nano-Weber oder nWb als Abkürzung. Wird ein solches magnetisiertes Band wieder abgespielt, erhalten wir aus diesen nWb wieder eine elektrische Spannung, die wir in der Studiotechnik natürlich wieder in dB umrechnen. Für die Zusammenhänge zwischen dB und nWb siehe beigefügte Tabelle. Feldstärke Pegel in dBu Relation zum Studiostandard 1028 nWb +12 dBu Maximalpegel für einen Klirrfaktor von 3% bei 1000 Hz (EMTEC Studio-Master 900) 514 nWb +6 dBu Studionormpegel für Vollaussteuerung und Anzeige 0 dB in der Regie 320 nWb +2 dBu Älterer Stereopegel für 2 mm Spurbreite auf 1/4“-Band 250 nWb +6 dBu Ton-Pegel bei vielen Cassetten-Recordern Definition des Pegels dBu Für die Pegelrechnung in den Tonstudios in Deutschland und vielen anderen Ländern Europas kommen Größen aus der Fernmeldetechnik im Deutschland der frühen 20er Jahre zum Zuge die uns eine etwas schräg anmutende Beziehung zwischen Volt und dB – und damit eine zweite Beziehung in der Studiotechnik bescherte: 775 Millivolt (mV) - oder 0,775 Volt machte man dort zu 0 dB Gerechnet wird wieder, wie gehabt: Verdoppelung bedeutet eine Zunahme um 6 dB Verzehnfachung bedeutet eine Zunahme um 20 dB ein Zehntel die Abnahme um 20 dB und so fort Beispiel: 6 dB = 1,55 Volt (2x 0,775 Volt) -20 dB = 77,5 mV (775mV/10) ANALOG AKTUELL 1/2007 A A A Revision im Klangparadies AAA-Mitglieder stellen ihre Anlagen vor Dass ich seit 18 Jahren in einem Versicherungsunternehmen als Innenrevisor meine Brötchen verdiene, ist sicherlich nichts Außergewöhnliches, aber vielleicht doch erwähnenswert. Revisoren neigen dazu, ihre berufsbedingte Gründlichkeit oftmals auch ins Private zu übertragen. Das gilt bei mir sowohl für den Hörals auch Trinkgenuss. Über ersteres Thema möchte ich hier berichten 35 36 ANALOG AKTUELL 1/2007 A A A Seit zehn Jahren im Einsatz: Burmester 877 MKII In der Ausgabe 03/04 unseres Vereinsmagazins analog aktuell ist auf Seite 13 ein Foto meiner ersten Wohnung – damals 37 Quadratmeter im Erdgeschoss – mit unterschiedlichster Tontechnik und einem Gummihuhn zu sehen. Das Foto entstand vor über 25 Jahren. Das Gummihuhn hing an der Decke und war noch nicht als klangliche Tuningmaßnahme gedacht. Falls Gummihühner auf der kommenden High End als der letzte Schrei beim Anlagentuning für reichlich Geld angeboten werden - ich erhebe keinerlei Patentansprüche! Als besagtes Gummihuhn-Foto entstand, war ich noch kein Innenrevisor. Innenrevisoren hängen im allgemeinen keine Gummihühner an die Decke – schon gar nicht als Bassfallen oder Absorber. Zumindest belegt dieses Foto – mit reichlich highfideler Technik garniert – dass ich schon in den frühen Achtzigern, als ich vom Bonner Umland nach Köln zog, dem Hifi-Bazillus verfallen war. Aus dem 1978 noch recht kleinen Hobby wurde im Laufe der Zeit eine Leidenschaft. Neben knapp 3.000 Tonträgern und nahezu gleicher Zahl Hifi- und Musikliteratur habe ich mir im Laufe der Jahre ein Tonstudio eingerichtet. Des weiteren hat bei mir jedes Zimmer eine eigene Stereoanlage. Da verwundert es nicht, dass in meiner jetzigen Wohnung mit 106 qm im gleichen Haus zwei Etagen höher permanent irgendwo Musik in ansprechender Qualität läuft. Als Abhörraum dient mir derzeit als größter Wohnraum mein Wohnzimmer mit rund 20 Quadratmeter. Dort residieren zwei miteinander kombinierte Anlagen, mit denen es möglich ist, Musik gleichzeitig über vier Lautsprecher zu hören. Ich kaufe Lautsprecher, ohne sie vor dem Kauf gehört zu haben. Dass ich bislang mit dieser Vorgehensweise immer gut gefahren bin, mag für den einen oder anderen Leser verwunderlich sein. Aber ich beschäftige mich bereits seit über 30 Jahren mit der Musikaufzeichnung und -wiedergabe und Erfahrung ist durch nichts zu ersetzen. 1980 machte ich in einem Kölner Hifi-Geschäft im Rahmen eines Spendor- und Camtech-Workshops Bekanntschaft mit Helmut Püllmanns. Herr Püllmanns vertrieb zu diesem Zeitpunkt in Deutschland die Lautsprecher der englischen Boxenschmiede Spendor und Verstärker von Camtech. Auf diesem Workshop spielten die Aktivlautsprecher 75/1 von Spendor. Aktivist: Spendor BC 1/3 Schnapsidee: Nachbau der Spendor S 3/5 SE Teuer und gut: Systemkopfhörer Orpheus ANALOG AKTUELL 1/2007 H FI SO TR OU RMI E Großraumlimousine Bei Borgwards befand sich Volumen nicht bloß unter der Motorhaube Der Name Borgward steht für Automobile, die besonders in den fünfziger und sechziger Jahren für ihre Eleganz und Solidität gerühmt wurden. Danach war Schluss: Die Carl F.W. Borgward GmbH, deren Hauptgesellschafter Carl F.W. Borgward war, geriet 1961 in Konkurs und dümpelte dann noch eine Weile vor sich hin. Borgward, Jahrgang 1890, hat den Zusammenbruch seines Unternehmens nur um zwei Jahre überlebt. Auto- und Audioliebhaber: Genießer Carl F.W. Borgward 41 44 M U S I K ANALOG AKTUELL 1/2007 Benjamin Britten Wohlklang aus der Mälzerei Vor rund vierzig Jahren suchte der Komponist und Dirigent Benjamin Britten für das expandierende Aldeburgh Festival eine zusätzliche Konzertstätte. Er fand sie in Gestalt eines rund hundert Jahre alten Industriebaus, nämlich einer stillgelegten Mälzerei in Snape mit Namen „The Maltings“. Die hervorragenden akustischen Eigenschaften dieses Baus aus Ziegelstein und Holz - der Klappentext der SXL 6504 hebt einen Nachhall von zwei Sekunden wie im Concertgebouw in Amsterdam hervorließen das Gebäude alsbald als Aufnahmeort Verwendung finden. dreißig Minuten bringt. Dem haben die Schneidetechniker glücklicherweise Rechnung getragen, indem sie die zwei Sätze drei und vier auf die zweite Plattenseite legten. Das Ergebnis spricht für sich selbst. Der Hörer wird mit einem warmen, aber nicht wattierten, Klang von beträchtlicher Räumlichkeit belohnt. Dabei sind die Orchesterfarben sehr natürlich eingefangen, aber die besagte Wärme des Klangbildes geht nicht auf Kosten der Abbildung des Hochtonbereichs. Das Orchesterspiel ist von federnder Eleganz, ohne den Abgründen der Komposition irgendetwas an Ausdruck schuldig zu bleiben. Die hier vorgestellten drei Platten, die allesamt den Dirigenten, das Orchester und natürlich die Plattenfi rma gemeinsam haben, belegen, wie gut man den Klang der Maltings in Rillen zu konservieren vermochte. Die älteste der drei, nämlich SXL 6372, ist Werken Mozarts gewidmet. SXL 6405 enthält neben Eigenkompositionen Brittens außerdem Stücke von Delius, Elgar und Purcell, und SXL 6512 wartet mit dem Klavier- und dem Violinkonzert Brittens auf. Bei Stücken für reines Streichorchester vermutet man druckvolle Dynamik oder ein besonders „saftiges“ Klangbild eher nicht. Wie sehr man sich da irren kann, enthüllt der zweite Satz „Playful Pizzicato“ der Simple Symphony auf SXL 6504. Diese Platte ist von den Dreien die eigentliche Sensation. Der mit durchgängig gezupften Instrumenten gespielte Satz des BrittenJugendwerks erklingt mit geradezu anspringender Direktheit. Man glaubt in der fünften Reihe zu sitzen, so zum Greifen nahe sind die Instrumente dargestellt. Das Ganze geht mit einer unglaublichen Detailauflösung bis hin zu Griffgeräuschen und Das Hauptwerk der SXL 6372 (hier in der „London“-Ausgabe CS 6598), Mozarts vorletzte Symphonie, wird im Gegensatz zur heute verbreiteten Aufführungspraxis mit allen komponierten Wiederholungen gespielt, was die Aufführungsdauer auf über ANALOG AKTUELL 1/2007 K FMOURS UI M Prospective-Reihe von Philips Zurück in die Zukunft Langjährigen Plattensammlern und aufmerksamen Beobachtern der Szene dürfte nicht entgangen sein, dass längst nicht nur für möglichst frühe Originalpressungen der klassischen audiophilen Labels wie RCA, Mercury und Decca oder seltene Aufnahmen kultisch verehrter Geigerinnen und Pianistinnen teils sehr hohe Preise aufgerufen und bereitwillig gezahlt werden, sondern dass es auch im weiten Bereich der Neuen Musik und Avantgarde gewisse LPs und LP-Editionen gibt, die gesuchter und somit teurer sind als der Durchschnitt artverwandter Platten. Dies trifft auch auf die Reihe Prospective 21e siècle der französischen Philips zu, wobei allerdings in den letzten Jahren wohl auch dank der weltweiten Marktpräsenz, die das Internet nicht nur in Form von eBay bietet, ein Nachgeben des in den 90er Jahren noch oft sehr hohen Preisniveaus zu beobachten ist – wie auch bei einigen anderen Sammlerpretiosen. Die 1967 lancierte Prospective-Reihe war ja auch keineswegs als Hochpreisserie gedacht, sondern sollte vielmehr die bisweilen als elitär empfundenen Neuerungen und Erkenntnisse aktueller Komponisten einem breiteren und vorzugsweise jungen Publikum nahe bringen. Und da kann als Erkennungsmerkmal eine pfiffige Designidee für die Hüllengestaltung natürlich nicht schaden. Philips hatte eine solche in Form eines unverwechselbaren reflektierenden Covers, dessen individuelle monochromsilberfarbene geometrische oder pointillistische Muster sich je nach Lichteinfall subtil verändern. So blieb denn auch der Erfolg nicht aus, und die LPs müssen sich wohl gemessen am nicht ganz alltäglichen Repertoire recht gut verkauft haben. Ohnehin schaute man ja damals im Zeitalter der Mondfahrten noch interessierter und optimistischer in die Zukunft, wie auch die Stimmung in der Pop-Kultur spätestens seit Sgt. Pepper von Offenheit, Aufgeschlossenheit für Experimente jeglicher Art und Bereitschaft zu neuen Erfahrungen gekennzeichnet war. Was lag also näher, als einen Blick in die Zukunft, ins 21. Jahrhundert (21e siècle) zu wagen, und Musik zu präsentieren, von der man annahm, dass sie künftige Entwicklungen vorwegnahm? Insgesamt erschienen so bis in die 70er Jahre hinein über dreißig dieser metallisch schimmernden LPs, und da das 21. Jahrhundert bekanntlich inzwischen begonnen hat, freue ich mich, 18 Jahre nach meiner ersten Begegnung mit der Prospective-Reihe auf dem Pariser Flohmarkt an der Porte de Clignancourt (zu dieser Zeit noch recht häufig und günstig zu finden), einige Titel daraus in der analog aktuell vorstellen zu können. Schließlich stammen diese LPs nicht nur aus einer noch rein analogen Epoche, sondern sie klingen auch oft ganz hervorragend, wie übrigens auch einige andere alte Philips-LPs mit eher gängigem Repertoire. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Lesefreundlichkeit haben wir uns entschlossen, aus dieser Präsentation eine dreiteilige Serie zu machen. Im ersten Teil geht es um mit Schlaginstrumenten aller Art erzeugte Musik. Percussion-LPs sind ja bekanntlich in der High End-Szene so beliebt wie berüchtigt. Dem überwältigenden und häufig zu Anlagentestzwecken herangezogenen Klangspektakel, das insbesondere die audiophilen Vertreter dieser Gattung bieten, steht in vielen Fällen ein auf Dauer nur wenig überzeugender musikalischer Gehalt gegenüber. Letzteres ist bei den hier vorgestellten vier Platten defi nitiv nicht der Fall, weshalb es mich freuen würde, wenn der vorliegende Artikel ein wenig zur Rehabilitierung eines bei manchen verrufenen Genres beitragen könnte. Teil I: Percussion Schlaginstrumente gab es natürlich schon immer, aber in der europäischen Kunstmusik traten sie erst im 20. Jahrhundert aus ihrem Schattendasein der Begleit- und Füllfunktion. Warum sich gerade die junge Komponistengeneration nach dem 2. Weltkrieg so sehr mit dieser Instrumentengruppe beschäftigte und sogar zunehmend reine Percussion-Werke schrieb, liegt auf der Hand: sie ermöglicht eine diesseits der Elektronik unerreicht große Klangfarbenpalette mit den verschiedensten Hüllkurven in der Hand eines einzelnen Musikers sowie ein gewaltiges und gleichzeitig hochdifferenziertes Dynamikspektrum, sie kann sowohl Klänge als auch verschiedenste Geräusche hervorbringen und diese einerseits kontrastierend gegenüberstellen und andererseits mehr oder weniger kontinuierlich ineinander übergehen lassen, und sie erlaubt es, im Gegensatz etwa zu aku- 47 ANALOG AKTUELL 1/2007 A A A Unser Ehrenmitglied Impressum analog aktuell ist die Mitgliederzeitschrift der Analogue Audio Association e. V. (AAA). Die AAA ist ein eingetragener Verein zur Erhaltung und Förderung der analogen Musikwiedergabe. Analogue Audio Association e.V. 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