Fibel und/ oder Anlauttabelle. Gibt es noch einen Methodenstreit in
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Fibel und/ oder Anlauttabelle. Gibt es noch einen Methodenstreit in
Fibel und/ oder Anlauttabelle. Gibt es noch einen Methodenstreit in der Grundschule? Schriftliche Hausarbeit im Rahmen der Ersten Staatsprüfung, dem Landesprüfungsamt für Erste Staatsprüfungen für Lehrämter an Schulen vorgelegt von: Maike Störmer Köln, 22.August 2008 Themenstellerin: Dr. Kirsten Schindler Institut für Deutsche Sprache und Literatur II Inhaltsverzeichnis______________________________________________________________ Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung………………………………………………………… S. 4 2 Methoden des Schriftspracherwerbs - historische Entwicklung……………………………………………………… S. 9 2.1 Die Fibel………………………………………………….. S. 9 2.1.1 Historische Leselehrverfahren – Von den Anfängen der Fibel bis ins frühe 20. Jahrhundert….………………………………. S. 9 2.1.1.1 Die Buchstabiermethode……………. S. 10 2.1.1.2 Anlautmethoden……………………... S. 11 2.1.1.3 Synthetische Verfahren: Ein Resümee……………………......... S. 13 2.1.1.4 Die Ganzheitsmethode………………. S. 14 2.1.2 Methodenstreit: synthetische Verfahren – Analytische Verfahren……………………………S. 17 2.1.2.1 Der Methodenstreit……….................. S. 17 2.1.2.2 Methodenintegrierende Verfahren… S. 19 2.1.3 Kurzüberblick über die Entwicklung der Schreiblehrgänge………………….……………... S. 22 2.2 Fibelunabhängige Ansätze zum Schriftspracherwerb … S. 23 2.2.1 Der Spracherfahrungsansatz……………………. S. 26 2.2.2 Lesen durch Schreiben ……………...................... S. 30 3 Aktuelle Situation in Wissenschaft und Didaktik – Methodenstreit oder Methodenintegration?............................... S. 36 3.1 Die Situation in der wissenschaftlichen Schriftspracherwerbsdiskussion………………………….. S. 36 3.2 Die Situation in der empirischen Forschung…………….. S. 40 Inhaltsverzeichnis______________________________________________________________ 3.3 Methodenrepräsentation in aktuellen Fibellehrgängen……………………………………………. S. 45 3.3.1 Fibellehrgang Bausteine………….................. S. 46 3.3.2 Fibellehrgang Duden…………....................... S. 49 3.4 Zwischenergebnis………………………………………….. S. 53 4 Empirische Untersuchung: LehrerInnenfragebogen Schriftspracherwerb……………... S. 54 4.1 Die Fragebogenmethode……………………………….... S. 54 4.2 Die Stichprobe…………………………………………… S. 56 4.3 Die Fragen………………………………………............... S. 56 4.4 Auswertung und Diskussion der Ergebnisse…………... S. 59 4.4.1 Hypothese 1…………………………........... S. 59 4.4.2 Hypothese 2……………………………....... S. 65 4.4.3 Hypothese 3…………………………........... S. 69 5 Fazit und Ausblick…………………………………………….. S. 72 6 Literaturverzeichnis………………………………………........S. 75 7 Abbildungsnachweis………………………………………....... S. 86 8 Anhang: LehrerInnenfragebogen: Schriftspracherwerb........ S. 87 1 Einleitung__________________________________________________________________ 1 Einleitung Abb. 1: Schreibprobe 1, Luca FÜA DI ZANFEE, PAS ÜNLICH [Für die Zahnfee1, persönlich] Abb. 2: Schreibprobe 2, Luca LIEDE ZANFE, MEIN ZAN [Liebe Zahnfee, mein Zahn EST FASCHWODA. ist verschwunden. KREK ECH TROZDE MA kriege ich trotzdem me- IN GESCHEK? DEINE LUCA in Geschenk? Deine Luca]2 1 Die Zahnfee „bringt“ den Kindern ein kleines Geschenk für jeden ausgefallenen Milchzahn. 4 1 Einleitung__________________________________________________________________ Lucas Brief an die „Zahnfee“ ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie wichtig die Schriftsprache schon im Vorschulalter sein kann,3 denn mit der „Zahnfee“ kann man nicht sprechen, nicht telefonieren, man kann sie als schriftunkundiges Kind demnach nicht ohne den Umweg über die Eltern persönlich erreichen. Deshalb bedient sich Luca dem Medium der Schrift, um möglichst unmittelbar mit ihr kommunizieren zu können. Manch einer von uns schrifterfahrenen Erwachsenen erinnert sich sicherlich an ähnliche Anlässe, die dem eigenen Schreiben- oder Lesenkönnen eine wichtige Bedeutung gaben. Vielleicht war es der erste eigenständig geschriebene Wunschzettel an den Weihnachtsmann, eine selbstgeschriebene Postkarte an die Oma oder aber auch das Lieblingsbuch, welches man endlich alleine Lesenkönnen wollte. In solchen Situationen zeigt sich Schriftanfängern häufig zum ersten Mal der besondere Schatz der Schriftsprache. Sie markieren zugleich das Erkennen der doppelten Funktion von Schrift. Denn Schrift fungiert auf der einen Seite, wie in Lucas Beispiel deutlich gezeigt, als eine verstärkte Möglichkeit sich eigenständig auszudrücken, auf der anderen Seite dient sie jedoch auch als ein zusätzlicher Informationszugang.4 Um abschätzen zu können, was es für SchulanfängerInnen5 bedeutet Lesen und Schreiben zu lernen, sollte man sich als schriftkundiger Erwachsener vor Augen halten, welche abstrakten und komplexen sprachanalytischen Leistungen zur Erfassung der Schriftsprache nötig sind Kinder haben zumeist einen ganz anderen Zugang zu Sprache. Sie beziehen Wörter auf ihre Bedeutung und deren Handlungszusammenhang. „Geburtstag heißt Geburtstag, weil man da Geschenke bekommt“; Kuh ist für sie ein längeres Wort als z. B. Regenwurm, „weil sie größer ist“. Auf die Frage: „Hör genau 2 Luca: 5,7 (noch nicht eingeschult), sie findet ihren ausgefallenen Milchzahn nicht mehr und fragt die „Zahnfee“ in einem persönlichen Brief, ob sie trotzdem ein Geschenk erhalten wird. 3 Zusätzlich zeigt es uns wie wichtig Motivationen und persönliche Nähe zum Geschriebenen beim Schriftspracherwerb sind, vgl. Kapitel 2.2. 4 Vgl. zur doppelten Funktion der Schrift Göpel 2003, S. 15., Stöcki 1998, S. 23f. 5 Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit verwendet die Verfasserin im Folgenden statt der maskulinen Schreibweise von z. B. „Schüler” die feminine, pluralistische Form „SchülerInnen”. 5 1 Einleitung__________________________________________________________________ hin. Womit fängt Auto an?“, gibt es auch Kinderantworten wie: „mit einer Stoßstange“.6 Lesen- und Schreibenlernen wird von vielen SchulanfängerInnen und deren Eltern als die zentrale Aufgabe von Grundschule verstanden. Besonders wichtig erscheinen hierbei die Methoden, die beim Schriftspracherwerb eingesetzt werden, um diesen so gut und schnell wie möglich zu erlangen.7 Wie wichtig schriftsprachliche Kompetenzen in unserer heutigen Leistungsgesellschaft geworden sind, haben auch die Ergebnisse der PISAStudien gezeigt. Führt man sich diese vor Augen, so zeigt sich, dass 15jährige Jugendliche in Deutschland erhebliche Defizite in der Lesekompetenz aufweisen.8 Auch in diesem Kontext rückt heute die Beschäftigung mit den verschiedenen Methoden des Schriftspracherwerbs wieder in den Vordergrund, denn Schriftspracherwerb bedeutet mehr als die bloße Beherrschung der Techniken des Lesens und Schreibens. „Schriftspracherwerb bedeutet Denkentwicklung, die auf den Erwerb umfassender Handlungskompetenzen zielt.“9 Die Geschichte der Didaktik des Schriftspracherwerbs ist gekennzeichnet durch die Suche nach der effektivsten Methode die Schriftsprache zu erlernen oder wie Valentin Ickelsammer es schon im 16. Jahrhundert formulierte „die rechte weis auffs kürtzist lesen zu lernen“.10 Gerade im letzten Jahrhundert ist sie geprägt durch zwei inhaltlich unterschiedliche und zeitlich aufeinanderfolgende Methodenstreits. 6 Vgl. Valtin 2000, S. 17; Brügelmann/ Brinkmann 1998, Kapitel 2 mit weiteren Beispielen. „Der naive Umgang von Kindern mit Schrift beschränkt sich nicht auf einzelne Buchstaben und Wörter. Sie entwickeln Theorien über das Verständnis von Schrift und Sprache.“, ebd., S. 23. 7 Vgl. Von der Groeben 2001, S. 7, zu diesem Themenkomplex siehe auch Röber-Siekmeyer 1997, S. 25. 8 Vgl. Artel/Baumert/Klieme u. a. 2002, besonders, S. 77ff.; Artelt/ Stanat/ Schneider u. a. 2004, S. 139ff; Garbe 2005, S. 9ff. Lesekompetenz ist hierbei nach dem angelsächsischen Konzept „reading literacy“ zu verstehen, welches im engeren Sinne die Fähigkeit lesen und schreiben zu können bezeichnet und im weiteren Sinne, alles darüber hinaus, was den Menschen zur verständigen Teilhabe an der Schriftkultur befähigt, vgl. z. B. Von der Groeben 2001, S. 6; Spinner 2006, S. 7f. 9 Schründer-Lenzen 2007, S. 14. 10 Bis in die Neuzeit hinein stand das Lesenlernen im Vordergrund beim Schriftspracherwerb, vgl. dazu auch Kapitel 2.1. 6 1 Einleitung__________________________________________________________________ Zunächst stritt man in den 1960 und 70er Jahren um das vermeintlich richtige Verfahren beim Lesenlernen auf der Grundlage von Fibellehrgängen. Hier standen sich synthetische und analytische Methoden gegenüber. Seit den 1980er Jahren steht die grundschulpädagogische Diskussion in Fragen des Schriftspracherwerbs nun aber vielmehr zwischen zwei unterschiedlichen methodischen Varianten den Anfangsunterricht zu gestalten. Auf der einen Seite finden sich fibelorientierte Lehrgangskonzepte, auf der anderen Seite „offene“ entwicklungsorientierte Lernwegskonzepte.11 Diese beiden Pole sollen im Rahmen der vorliegenden Examensarbeit auf ihre Relevanz im aktuellen Unterrichtsgeschehen untersucht werden. Es soll dabei im Besonderen die Frage im Mittelpunkt stehen, Grundschullandschaft der Streit um die ob in der heutigen „beste Methode“ zum Schriftspracherwerb immer noch ausgefochten wird, oder ob er vielleicht bereits zugunsten einer Methode oder eines Zusammenschlusses verschiedener Ansätze beigelegt und überwunden werden konnte. Dabei werden zunächst in Kapitel zwei die historische Entwicklung der Fibellehrgänge einerseits und der fibelunabhängigen Konzepte andererseits vorgestellt. Im Anschluss werde ich in Kapitel drei und vier die aktuelle Situation in Wissenschaft und Schulpraxis untersuchen, indem ich zunächst den gegenwärtigen Stand der Schriftspracherwerbsdidaktik skizziere, daran anschließend ausgewählte aktuelle Unterrichtswerke auf ihre Methoden zum Schriftspracherwerb hin analysiere und in Kapitel vier mit Hilfe einer empirischen Erhebung mittels eines Fragebogens die momentane Situation im Schriftspracherwerbsunterricht darstelle. Der Fragebogen wurde von insgesamt 20 LehrerInnen bearbeitet, die alle im Anfangsunterricht des Primarbereiches tätig sind. Unter den befragten Lehrpersonen sind sowohl RegelschullehrerInnen als auch FörderschullehrerInnen.12 Der Konzeption des Fragebogens liegen drei Haupthypothesen zugrunde, die überprüft werden sollen. Die erste Hypothese lautet, dass es heute in der Grundschule beim Schriftspracherwerb keinen Methodenstreit mehr gibt, sich 11 Diese beiden Varianten finden sich im Titel der vorliegenden Arbeit unter den Schlagwörtern „Fibel“ für das fibelorientierte Lehrgangskonzept und „Anlauttabelle“ für das offene, entwicklungsorientierte Lernwegskonzept wieder. Beide Verfahren werden in den nachfolgenden Kapiteln näher erläutert. 12 Der Fragebogen befindet sich im Anhang. 7 1 Einleitung__________________________________________________________________ vielmehr beide vorgestellten Ansätze ergänzen und häufig auch in Kombination eingesetzt werden. Die zweite Hypothese geht davon aus, dass LehrerInnen mit höherem Alter und längerer Tätigkeit im aktiven Schuldienst häufiger mit „älteren“, lehrgangsorientierten Methoden und weniger mit offen, lernwegsorientierten Konzepten, als ihre jüngeren KollegInnen. Die dritte zu überprüfende Hypothese lautet, dass es Unterschiede bei der Methodenwahl zwischen RegelschullehrerInnen Angenommen wird eine Fibellehrgänge und der und Präferenz FörderschullehrerInnen der RegelschullehrerInnen FörderschullehrerInnen für gibt. für fibelunabhängige Konzepte. Aufgrund der Fülle an Veröffentlichungen, die das Thema Methoden des Schriftspracherwerbs streifen, kann im Rahmen der vorliegenden Arbeit kein vollständiger Überblick der gesamten wissenschaftlichen Diskussion zum Schriftspracherwerb gegeben werden. Die wichtigsten Vertreter, die für die vorliegenden Fragestellungen relevant sind, finden jedoch besondere Beachtung bei der Bearbeitung. Hier sind insbesondere zu nennen: Horst Barnitzky, Marion Bergk, Hans Brügelmann, Mechthild Dehn, Wolfgang Menzel, Wilfried Metze, Jürgen Reichen, Christa Röber-Siekmeyer, Gerheid Scheerer-Neumann, Agi Schründer-Lenzen, Gudrun Spitta, Wilhelm Topsch und Renate Valtin.13 13 Die genauen Literaturangaben befinden sich im Literaturverzeichnis. Um die gesamte Diskussion zum „doppelten“ Methodenstreit umfassend wiedergeben zu können, sind zusätzlich weitere Autoren in die Forschungsdiskussion mit einzubeziehen, vgl. die Literaturangaben der entsprechenden Kapitel. 8 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung 2.1 Die Fibel Eine Fibel ist „ein Leselernbuch oder Leselehrbuch im Anfangsunterricht mit kindgerechter umfangreicher Bebilderung“.29 Das Wort Fibel stammt in seinem Ursprung wahrscheinlich von „Bibel“.30 Für diese These spricht, dass die ältesten Fibeln aus dem 15. Jahrhundert neben ABC-Silben vor allem Bibelstellen enthalten.31 Mittlerweile kann die Fibel auf eine fünfhundertjährige Geschichte zurückblicken, denn auch heute noch werden zum Lesenlernen ähnliche Bücher verwendet, häufig sind die Wörter hier jedoch nicht mehr nach den Anfangsbuchstaben, sondern nach Anlauten differenziert und enthalten zusätzlich Einträge für Diphthonge und andere Buchstabenverbindungen.32 2.1.1 Historische Leselehrverfahren - Von den Anfängen der Fibel bis ins frühe 20. Jahrhundert Die Didaktik des Schriftspracherwerbs konzentriert sich bis in die Neuzeit hinein zumeist auf den Aspekt des Lesenlernens. Gerade in den niederen Schulen gilt das Lesenkönnen der Bibel als wichtigstes Lernziel. Dem Schreiben kommt bis dahin eine eher nachrangige Funktion zu. Dies ändert sich erst durch die sogenannte „kommunikative Wende“ im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts, in der die Textproduktion und die gestalterische Wirkung von Schrift an Einfluss gewinnt.33 Die wissenschaftliche Didaktikgeschichte des Schriftspracherwerbs legt den Beginn des Erstleseunterrichts nach modernen Maßstäben in das 15. Jahrhundert. Vorher habe es zwar auch schon Unterricht im Lesenlernen gegeben, jedoch setzt erst nach der Erfindung des Buchdrucks Mitte des 15. Jahrhunderts und der Übersetzung des Neuen Testaments durch Martin Luther (1522) ein breites Interesse für Volksbildung ein. Über Leselernmethoden, die 29 Grömminger 2002, S. 7, vgl. auch die Definition und Abgrenzung gegenüber anderen Buchgattungen bei, Teistler 2003, S. 11f. 30 Vgl. Gabele 2002, S. 9ff. der nach ethmylogischen Untersuchungen vermutet, dass das Wort „soviel wie kleine Bibel“ bedeutet. 31 Eine Fibel ist damit auch immer ein Spiegel der Sozialisationsweise ihrer Zeit, vgl. hierzu Menzel 1995, S. 13. 32 Zur Geschichte der Fibel vgl. Grömminger 2002 mit einer ausführlichen Bibliographie von Gisela Teisler, S. 405-411. 33 Vgl. z. B. Peschel 2004, S. 24; Topsch 2005, S. 47. Zur „kommunikativen Wende“, vgl. z. B. Bartnitzky 1998, S .31; Schorch 1992, S. 5f. 9 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ vor der Erfindung und Verbreitung der Buchdruckerkunst, eingesetzt wurden, ist nur sehr wenig bekannt.34 Ludwig Göbelbecker vermutet, dass es sich um ein „Lesenlernen nach Gesamtbildern“ gehandelt habe.35 Christa Schenk geht davon aus, dass schon in der Antike und später auch in den mittelalterlichen Kloster- und Stiftsschulen Buchstabiermethoden eingesetzt wurden.36 Im Folgenden sollen die wichtigsten historischen Leselehrmethoden, die in den Fibeln ihrer Zeit eingesetzt werden, vorgestellt werden. 2.1.1.1 Die Buchstabiermethode Die Buchstabiermethode, wie sie uns aus dem 15. Jahrhundert überliefert ist, gewinnt mit der Einführung beweglicher Lettern bei der Erfindung der Buchdruckerkunst immer stärker an Bedeutung beim Erstleselernprozess. Analog zum Vorgang des Zusammenfügens eines Druckstocks sieht man im Lesen eine diesem technischen Vorgang parallele Vorgehensweise, da beim Lesen einzelne Buchstaben zu Wörtern zusammengefügt werden.37 Zunächst lernen die SchülerInnen jedoch die Buchstaben des Alphabets mit ihren Buchstabennamen durch Vor- und Nachsprechen auswendig. Danach erfolgen Übungen zum Silbenlesen auf der Grundlage einer Fibel oder einer Silbentafel. Das Zusammenlesen der Buchstaben geschieht dabei durch Buchstabenaddition, wobei erst die einzelnen Buchstabennamen gesprochen werden und danach die aus diesen zusammengesetzte Silben (aus „a“ und „bee“ ergibt sich demnach „ab“). Nicht nur Silben, auch ganze Wörter werden auf diese Art und Weise erschlossen, durch ein syllabierendes Vorsprechen.38 Zumeist sind die hierbei eingesetzten Fibeln nach einer festen Systematik gegliedert. Sie folgen der alphabetischen Reihenfolge von „A“ bis „Z“.39 Die Buchstabiermethode wird über viele Jahrhunderte, trotz vielfältiger Kritik an ihr, als verbindlicher Weg des Lesenlernens eingesetzt. Erst 1872 verbietet man sie in Preußen per Erlass.40 Wie ungeeignet diese Methode beim 34 Vgl. z. B. Topsch 2005 , S. 49. Göbelbecker 1933, S. 29. 36 Schenk 2004, S. 76, vgl. auch Füller 1997, S. 11ff. 37 Vgl. insbesondere Muth 1961, S. 6, Bartnitzky 1998, S. 15. 38 Vgl. Topsch 2005, S. 50; Gümbel 1993, S. 186-190. 39 Vgl. Menzel 2002, S. 55; ders. 1995, S. 16. 40 Vgl. sehr ausführlich hierzu Füller 1997, S. 15ff., aber auch Menzel 1995, S. 19; Schenk 2004, S. 77f. In Bayern wird schon 1803 verbindlich die Lautiermethode durch Heinrich Stephani mit methodischen Anweisungen eingeführt, vgl. ebd. Horst Bartnitzky vermutet, dass die Buchstabiermethode sich so lange halten konnte, weil sie zum einen für die didaktisch nicht ausgebildeten Lehrer durch ihre einfache Vermittlung ein gängiges Verfahren dargestellt habe und zum anderen den Charakter des Schulalltags 35 10 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ Lesenlernen gerade für Kinder ist, die das Stadium des Buchstabierens schon vor Eintritt in die Schule überwunden haben und zum Silben- und Wortlesen übergegangen sind, zeigt eindrücklich ein Zitat aus den Lebenserinnerungen Helene Langes, die ihre Schulzeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts absolvierte: „Es genügte nicht etwa, dass man die gedruckten Silben lesen konnte, man musste erst buchstabieren und dann zusammenziehen. Als ich schüchtern bemerkte, ich hätte immer Wörter gelesen, wurde ich gefragt, was denn be-u-ze-ha bedeute, worauf ich nach scharfem Nachdenken erwiderte: buzeha. Die Verfänglichkeit der Frage, was denn de-u-em-em heiße, verstand ich nicht; erst das Gelächter der anderen und die Erklärung einer Mitschülerin brachten die unverständlichen Laute mit einer Eigenschaft in Verbindung deren Zusammenhang mit meiner kleinen Person 41 allerdings richtig zu sein schien.“ 2.1.1.2 Lautiermethoden Schon im 16. Jahrhundert regt sich Kritik gegen die Buchstabiermethode. Als Gegenentwurf gilt die so genannte Lautiermethode. Bei dieser steht das Erlernen der Laute am Anfang des Leseprozesses. Das Lesen der Wortschriftbilder wird durch „Zusammenschleifen“ der Laute zu Silben und der Silben zu Wörtern erreicht. Es sollen demnach nicht mehr die Buchstabennamen, sondern die den Buchstabenzeichnen zugeordneten Laute, laut ausgesprochen und „lautierend“ zusammengezogen werden.42 Valentin Ickelsamer stellt in seinem Werk „Die rechte weis auffs kürtzist lesen zu lernen“ die neue Methode inhaltlich vor.43 Die Lautiermethode geht vom genauen Abhören der gesprochenen Wörter aus, wobei Laute und Buchstaben nicht aus dem ABC vorgegeben, sondern aus gesprochenen Wörtern und Rede gewonnen werden sollen. Wer ein Wort richtig abhören und es selbst aufschreiben könne, der sei auch in der Lage es zu lesen.44 In seiner Zeit kann sich Ickelsamer mit dieser Methode jedoch nicht durchsetzen. In der Geschichte des Schriftspracherwerbs ist sie hingegen von großer Bedeutung, der aufgezeigten Jahrhunderte mit autoraktischem Lehren und assoziierendem Lernen ziemlich genau widerspiegelte, vgl. Bartnitzky 1998, S. 16. 41 Schwartz 1964, S. 38. Dieses Zitat zeigt deutlich, dass Methode des Lesenlernens und individueller Weg des Lesenlernens verschieden sein können. Nach dem System des Lehrers kommt die Schülerin nicht weiter, denn sie ist längst schon viel weiter, als es der vorgeschriebene Weg vorsieht. 42 Vgl. z. B. Schenk 2004, S. 78; Bartnitzky 1998, S. 15f. Zu den Grundprinzipien der deutschen gesprochenen und geschriebenen Sprache und deren Unterschieden vgl., z. B. Thome 2000a, S. 12ff. 43 Vgl. Topsch 2005, S. 50f. Valentin Ickelsammers „Die rechte weis auffs kürtzist lesen zu lernen“ erster Duck vermutlich 1527, 3. Druck 1534. Deutliche Ausführungen der Methode finden sich in: „Eine Teütsche Grammatica. Daraß einer von jm selbs mag lesen lernen“, 1. Druck unklar, 2. oder 3. Druck 1537. 44 Vgl. Ickelsamer um 1534, Teststelle wiedergegeben in: Topsch 2005, S. 51, vgl. auch Bartnitzky 1998, S. 16. 11 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ denn ihr konsequenter Bezug auf die gesprochene Sprache findet sich in allen aktuellen Ansätzen mehr oder weniger stark wieder.45 Die Lautiermethode entwickelt im Laufe der Jahrhunderte verschiedene Varianten, so zum Beispiel die Anlautmethode, ebenfalls ein Ansatz aus dem 16. Jahrhundert, vorgestellt von dem Lesedidaktiker Peter Jordan. Während Ickelsamer die vollständige Analyse des gesprochenen Wortes favorisiert,46 führt Jordan die Lautgewinnung durch die besondere Konzentration auf den Anlaut ein. Die Aufmerksamkeit des Schülers wird dabei auf einige wenige Wörter gelenkt, die zwei Bedingungen erfüllen müssen: zum einen den zu erlernenden Laut als Anlaut aufweisen und zum anderen gut abbildbar zu sein, zum Beispiel in einer Fibel. Gerade das zweite Kriterium wird in der Folge besonders wichtig.47 Aus der Anlautmethode entwickelt sich im gegenwärtigen Schriftspracherwerbsunterricht die Anlauttabelle.48 Eine weitere Variante der Anlautmethode ist die Naturlautmethode, auch Interjektions- oder Sinnlautmethode genannt. Diese Methode geht auf Johann Amos Comenius zurück, der seinem wohl bekanntestem Werk, dem „Orbis sensualium pictus“ (1658), ein „lebendiges Alphabet“ voranstelle, um den Kindern der Einstieg in die Schriftsprache zu erleichtern. Die Leseanfänger sollen zunächst die Abbildung eines Tieres betrachten, dann dessen Stimme nachahmen und auf diese Weise schließlich die entsprechenden Laute artikulieren lernen. Neben dem Tierbild steht ein Buchstabenzeichen, das dem Kind deutlich macht, welcher Buchstabe dem entsprechenden Laut zugeordnet werden soll.49 Diese Methode operiert damit, dem für das Kind sinnlosen Einzellaut eine Bedeutung zu geben. Neben dem Nachahmen von Tierlauten arbeitet sie auch mit Interjektionen oder anderen Sinnzusammenhängen.50 45 Vgl. Kapitel 2.2 und 3. Es gibt jedoch auch bei Ickelsamer einige Beispiele für die Anlautmethode, z. B. Feuer für <f>, Gänse für <g>, vgl. Schenk 2004, S. 80. 47 Vgl. Topsch 2005, S. 51f., zur Anlautmethode vgl. auch Schenk 2004, S. 80 und Bartnitzky 1998, S. 17. 48 Vgl. Kapitel 2.2. 49 Vgl. Topsch 2005, S. 52f.; Bartnitzky 1998, S. 16f.; Schenk 2004, S, 79. 50 Z. B. werde die Laute und Silben aus kleinen Geschichten gewonnen, das Kind ruft „i“, weil es sich schmutzig gemacht hat, der Fuhrmann ruft seinen Rössern „e“ zu usw., vgl. Schenk 2004, S. 79. 46 12 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ Zwei weitere Methoden müssen in diesem Zusammenhang ebenfalls Erwähnung finden. Dies ist zum einen die artikulatorische oder begriffliche Methode Berthold Ottos von 1905, bei der die Beobachtung der Sprechwerkzeuge und die artikulatorische Beschreibung der Laute im Mittelpunkt steht, zum Beispiel durch Aufzeigen der Funktionen von Atemweg, Zunge, Lippen. Zum anderen ist es die phonomimische Methode des Taubstummenlehrers Grosslein von 1866, der diesen artikulatorischen Ansatz durch den Einsatz unterstützender Lautgebärden ausbaut.51 Neben den bereits genannten Leselehrmethoden entwickeln sich im Laufe der Jahrhunderte „unzählige“ weitere Varianten.52 Horst Bartnitsky spricht von einer regelrechten „methodischen Erfindungskunst zur Lautgewinnung“,53 die größtenteils aus der Kritik an der Buchstabiermethode hervorgeht. 2.1.1.3 Synthetische Verfahren: Ein Resümee Alle bisher vorgestellten Leselehrmethoden sind synthetische Verfahren, das heißt, sie gehen von Einzellauten oder Einzelbuchstaben aus, die zunächst in ausreichender Zahl eingeführt werden müssen. Aus diesen werden im Anschluss Silben und Wörter erarbeitet. Dabei gibt es drei aufeinander folgende Verfahrenschritte. Im ersten Schritt, dem der Lautgewinnung, werden mit Hilfe von Anlauten, Empfindungslauten, Naturlauten oder unmittelbarer Lautvorgabe Einzellaute gewonnen und gefestigt.54 Als weitere Schritte folgen zunächst die Lautverschmelzung und abschließend das zusammenfassende Lesen. Gerade die Stufe der Lautverschmelzung bereitet in Fibellehrgängen oft besondere Schwierigkeiten, da sie schwierig methodisch umzusetzen ist. Sie erfolgt zum Beispiel durch eine Aufforderung zum schnellen Zusammenlesen der hintereinandergeschalteten Laute oder aber durch eine schrittweise Verringerung der Lücken zwischen den einzelnen Lauten oder Silben. Manchmal werden auch Finger-, Hand- oder Körpergebärden 51 Vgl. Gümbel 1993, S. 193. Ebd., S. 185. Zu den Methoden gehören z. B. die Lautbildungsmethode, die Lautverschmelzungsmethode, die lautanalytische Methode, die Vokalisationsmethode, die eurythimsche Gebärde, vgl. auch Bartnitzky 1998, S. 16ff.; Schenk 2004, S. 81. 53 Bartnitzky 1998, S. 16. 54 „Ich weiß es heute immer noch: Das E war ein Esel, N- die Nase, M – der Mond, R – die Rose“, zitiert nach Topsch 2005, S. 53. 52 13 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ eingesetzt.55 Hinzu kommt, dass die Lesetechnik auf Kosten des Sinnverständnisses überbetont wird und somit die Gefahr besteht, das Lesen auf die Technik des Lautverschmelzens zu reduzieren. Das größte Problem der synthetischen Methoden ist jedoch der relativ lange Weg von Einzellauten zu Wörtern und Sätzen, die Sinn ergeben.56 2.1.1.4 Die Ganzheitsmethode Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gibt es mit der Einführung der so genannten Ganzheitsmethode als Erstleselehrverfahren eine ganz neue Richtung innerhalb der Schriftspracherwerbsdidaktik. Wolfgang Menzel nennt sie einen „Paradigmenwechsel in der Erstlesemethode“.57 Beeinflusst durch die Reformpädagogik58 wird nun ein Verfahren eingesetzt, welches seine Wurzeln im 18. und 19. Jahrhundert hat.59 Der erste und extremste Verfechter dieser Methode ist der Taubstummenlehrer Carl Malisch, der 1909 die „Fibel für den ersten Schreibleseunterricht am Sprachganzen“ herausbringt. Malischs Verfahren wird zunächst nicht ernst genommen, macht jedoch, nachdem er Erfolge gerade auch bei schwächeren Kindern nachweisen kann, in abgewandelter Form in den 1920er und 30er Jahren in verschiedenen Teilen Deutschlands Schule.60 Das ganzheitliche Verfahren geht im Unterschied zu den synthetischen Verfahren vom „Sprachganzen“ beim Lesenlernen und nicht von isolierten Elementen, wie Einzellauten oder –Buchstaben, aus. Es liegt hierbei die Annahme zugrunde, dass Kinder ganzheitlich und inhaltsbezogen wahrnehmen und lernen. In der ersten Phase, der des „naivganzheitlichen Lesens“, wird mit den Kindern ein „Grundwortschatz“ erarbeitet und damit regelrecht auswendig gelernt. In der darauffolgenden Phase, der Durchgliederung, werden die Buchstabenzeichen und ihre lautlichen 55 Vgl. ebd., S. 54ff. Zur negativen und positiven Kritik mit ausführlichen Angaben, vgl. Stöcki 1998, S. 58f.; Schenk 2004, S. 83. 57 Vgl. Menzel 1995, S. 19. 58 Hier vor allem Georg Kerschensteiner, der diese Methode in den USA kennenlernte und Brückel damit vertraut machte, vgl. Schenk 2004, S. 87. 59 Friedrich Gedecke führt 1779 die Normaltextmethode ein. Bei dieser wird beim Lesenlernen von einem zusammenhängenden Text ausgegangen. Die SchülerInnen bekommen ihn zunächst vorgelesen und „erlesen“ ihn im direkten Anschluss selbstständig, vgl. Schenk 2004, S. 84f. Die Normalsatzmethode arbeitet ähnlich, vgl. Gümbel 1993, S. 200. In der Normalwortmethode von 1843 werden die einzelnen Laute aus einem „Grundwortschatz“, in dem nur „lautgetreue“ Wörter sein sollen, gewonnen, vgl. Menzel 2002, S. 59; Schründer-Lenzen 2007, S. 135. 60 Vgl. Gümbel 1993, S. 200; Schenk 2004, S. 85f.; Stöcki 1998, S. 61f. 56 14 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ Entsprechungen erlernt. Ziel dieser Phase ist es Einsicht in die LautBuchstaben-Beziehungen zu erlangen. In der abschließenden Phase des selbstständigen Erlesens sollen diese Kenntnisse nun praktisch umgesetzt werden. Die ganzheitlich eingeprägten Wörter dienen also in der zweiten Phase zur Analyse der Grapheme und Phoneme.61 Es werden Übungsformen eingesetzt, die zum Teil auch heute in Gebrauch sind,62 so beispielsweise das Lesen durch Wortabbau und Wortaufbau (Hase – Has – H – Hu – Hun – Hund, vgl. Abb. 3), die Ergänzung von Wortanfängen zu sinnvollen Wörtern (W – Wanne, Wind, Wolf; Wa – Wanne, Wald, Wasser, Wal – Wald) oder das „Verzaubern“ von Worten durch den sinnvollen Austausch von Lauten (Sand, Wand, Land).63 Man nimmt also einen Lernweg vor, der vom Abstrakten zum Konkreten voranschreitet. Abb. 3: „Meine Fibel“, Schreiber/ Velthaus 1966 61 Vgl. Topsch 2005, S. 56. Vgl. Kapitel 3.3.2 Duden Fibel. 63 Zu den Beispielen vgl. Schenk 2004, S. 86, Bartmitzky 1998, S. 35. 62 15 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ Einer der wichtigsten Vertreter der analytischen Methode ist Hans Brückel mit der „Ganzwortmethode“ in seiner bayrischen Fibel „Mein Buch zum Anschauen, Zeichen, Schreiben. Lesen Zählen“ von 1922 (vgl. Abb. 4).64 Interessant ist hier, dass Lese- und Schreiblehrgang sehr eng miteinander verbunden sind.65 Abb. 4: „ Mein erstes Buch“, Brückel 1954 (6. Auflage) Weitere wichtige Verfechter der Methode sind die Brüder Kern, die 1930 die theoretische Grundlage ihrer Methode in dem Buch „Lesen und Lesenlernen“ darlegen und diese zum Beispiel in der Fibel „Wir lernen lesen“ anwenden (vgl. Abb. 5). Sie führen die Schreibschrift als Grundlage für das Lesen- und Schreibenlernen ein.66 Eine ebenfalls wichtige Rolle spielt Wittmann, der 1929 in Kiel mit „Theorie und Praxis eines ganzheitlichen, analytisch-synthetischen Unterrichts“ seine „Ganzsatzmethode“ vorstellt.67 64 Ab 1923 „Mein erstes Buch“. Vgl. auch Schenk 2004, S. 87; Menzel 1995, S. 19. 66 Vgl. Schenk 2004, S. 87; Gümbel 1993, S. 202-205. Zum Streit um das Schreibenlernen mit Schreiboder Druckschriften, vgl. Valtin 2000b, S. 111ff. 67 Vgl. Schenk 2004, S. 86f.; Gümbel 1993, S. 205; Menzel 1995, S. 20. 65 16 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ Abb.5: „Wir lernen lesen“, Kern o. J. In der Zeit zwischen den 50er und den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts kann sich die ganzheitliche Methode als Hauptmethode beim Schriftspracherwerb durchsetzten.68 2.1.2 Methodenstreit: synthetische Verfahren – analytische Verfahren 2.1.2.1 Der Methodenstreit Mit der Einführung der Ganzheitsmethode steht nun der zuvor üblichen synthetischen Methode ein vollkommen divergentes Verfahren gegenüber. Ein erbittert geführter Methodenstreit um die vermeintlich beste Methode beim Schriftspracherwerb zwischen Analytikern und Synthetikern bricht aus. Er erreicht seinen Höhepunkt Ende der 1960er Jahre und wird schließlich Anfang der 1970er ohne überzeugende Argumentation für eine Position überwunden. Horst Bartnitzky nennt ihn einem „Streit ohne Sieger“.69 Beide Wege werden zuvor in Unterrichtswerken realisiert. Zum Teil gibt es Verlage, die neben einem analytischen Leselehrgang auch ein synthetisches Fibelwerk anbieten (z. B. Meine liebe Fibel, Bochum: Kamp 1970 (analytisch) und Lustige Leseschule, Bochum: Kamp 1970 (synthetisch)).70 Die Hauptargumente der Verfechter der ganzheitlichen Methode sind, dass Schrift, folge man ihrer 68 Vgl. Menzel 2002, S. 61. Bartnitzky 1998, S. 24. 70 Vgl. Menzel 1995, S. 20f.;ders. 2002, S. 62. 69 17 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ Methode, für die SchülerInnen von Anfang an Bedeutungsträger und Lesen von Anfang an Sinnerfassung sei. Außerdem werde die Lautzeichenschrift zunächst als Begriffsschrift gelernt, was der Strategie eines geübten Lesers entspreche. Zusätzlich lasse sie sinnvermutendes und überschauendes Lesen schon frühzeitig zu und fördere eine selbstständige Lernhaltung. Die Gegner der Methode führen hingegen an, dass die Lautschrift nur als Begriffsschrift gelehrt werde und den SchülerInnen dadurch eine ökonomische Lesetechnik zu lange vorenthalten bliebe. Außerdem bestehe gerade bei leistungsschwächeren Kindern die Gefahr der Gedächtnisüberforderung und damit des ratenden Lesens, da die Buchstaben zunächst nicht gelehrt werden. Ein selbstständiges Lesen sei anfangs unmöglich, die Kinder blieben zunächst von dem Vorlesen der Lehrperson abhängig. Hinzu komme, dass die Texte oft inhaltsarm blieben, gerade zu Beginn nur wenige Wörter zur Verfügung stünden und neue Sätze deshalb oft nur durch Wortumstellungen gebildet werden könnten.71 Die Überwindung des Methodenstreits kann letztendlich nur gelingen, indem man Befunde empirischer Untersuchungen zu Grunde legt. Man erhofft sich durch die Untersuchungen zunächst einen konkreten Effektivitätsbeweis der einen oder anderen Methode. Die wichtigsten in diesem Zusammenhang zu nennenden Studien sind die von Schmalohr (1961), Müller (1964) und Ferdinand (1970). Es zeige sich in diesen jedoch, dass zwar unmittelbar nach dem Abschluss des Lehrgangs, am Ende des ersten Schuljahrs, die synthetisch unterrichteten Kinder überlegen sind, die ganzheitlich unterrichteten aber schnell aufholen. So sind nach zwei Jahren Schulbesuch keine signifikanten Effektivitätsunterschiede der beiden Methoden mehr zu spüren.72 Die jahrelangen Untersuchungen zur Methodeneffizienz und deren Ergebnisse tragen schließlich dazu bei, den Methodenstreit Anfang der 1970er Jahre beizulegen und einen erneuten Paradigmenwechsel einzuläuten. Beide Wege werden nun als sich ergänzende und notwendig aufeinander zu beziehende 71 Zum Methodenstreit und den Argumenten der verschiedenen Positionen vgl. z. B., Schenk, S. 90ff.; Gümbel, S. 209ff.; Bartnitzky, S. 23f.; Stöcki 1998, S. 65ff. 72 Eine genaue Analyse der angeführten Studien gibt Gümbel 1993, S. 211 und auch Stöcki 1998, S. 66ff. Heutigen wissenschaftlichen Standards würden die Untersuchungen nicht entsprechen, zu dieser Problematik vgl. Schründer-Lenzen 2007, S. 136f. Menzel hält Ferdinands Studie für am aussagekräftigsten und wissenschaftlich am besten abgesichert, vgl. Menzel 1995, S. 20f. und ders. 2002, S. 62. 18 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ angesehen und ein neues Verfahren, das als „methodenintegrativ“ oder „analytisch-synthetisch“ bezeichnet wird findet seitdem Eingang in nahezu alle Leselehrgänge. 73 2.1.2.2 Methodenintegrierende Verfahren Kennzeichnend für das analytisch-synthetische Verfahren ist, dass sowohl die Analyse als auch die Synthese schon in der ersten Lehrgangseinheit erfolgen. Man geht von ganzen sprachlichen Einheiten aus, von Wörtern oder zum Teil auch kleinen Sätzen, analysiert die Laute und Buchstaben und verbindet diese schließlich in der Synthese wieder. Das heißt, dass die Buchstaben aus der Lautanalyse eines Wortes, zum Beispiel aus einem Kunstwort wie „Fu“, einer Silbenfolge „la la la“ oder aber auch einem Eigennamen „Uli“ oder „Umi“ stammen. Jedes neueingeführte Wort wird hierbei entweder vollständig oder in Teilen durchgliedert und daraus gehen die die jeweils neuen Buchstaben hervor. So wird zum Beispiel aus „Umi“ in der nächsten Unterrichtseinheit „Omi“ mit der Einführung des <o>. Die Anfangswörter sind dabei gezielt im Hinblick auf Lauttreue und Analyseeignung ausgewählt. Mit eingestreuten Bildwörtern kann der Wortbestand zu Beginn des Leselehrgangs zu Sätzen und kleinen Geschichten erweitert werden.74 Innerhalb der analytisch-synthetischen Verfahren werden von der wissenschaftlichen Didaktik noch zusätzliche Unterteilungen vorgenommen. So unterscheidet Christa Schenk zwischen einem absolut analytischdidaktischen Verfahren, einem analytisch-synthetischen Verfahren mit ganzheitlicher Ergänzung und einem methodenintegrierenden Leseverfahren.75 Im erstgenannten werden nur Wörter angeboten, die zur Buchstabengewinnung vollständig durchgliedert werden, so dass sie daran anschließend auch wieder vollständig synthetisiert werden können (Fibelbeispiele: „Der ABC-Fuchs“, „Fara und Fu“, „Tobi-Fibel“). Das Verfahren mit ganzheitlicher Ergänzung analysiert aus den vorgegebenen 73 Weitere Bezeichnungen sind „methodenangenähert“, „methodenübergreifend“, „methodenkombinierend“, „methodenoffen“, „methodenverbindend“, vgl. dazu, Schenk 2004, S. 92; Menzel 1995, S. 22. 74 Vgl. z. B. Schenk 2004, S. 93ff. mit Beispielen von Fibelseiten, vgl. auch Buck 2002, S. 368f. 75 Vgl. ebd. Buck nimmt eine andere Einteilung vor. E zieht das analytisch-synthetische Verfahren mit ganzheitlicher Ergänzung und das methodenintegrierende Verfahren zu einem Ansatz zusammen, zu der integrierten Methode. 19 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ Wörtern nur einzelne Buchstaben und verwendet auch solche Wörter, die zunächst nicht zur Buchstabengewinnung herangezogen werden können. Damit werden Wortauswahl und Wortmaterial insgesamt von Anfang an größer und die Texte umfassender und inhaltlich reichhaltiger (Fibelbeispiele: „Kleeblatt Fibel“, Leselehrverfahren „Lesen sieht lesen lesen“). Methodenintegration Das methodenintegrierende noch umfassender, der Leselehrgang möchte nicht nur die Technik der Lesefertigkeit vermitteln, sondern auch die Sprachkompetenz der SchülerInnen erweitern. Deshalb dürften sowohl das Sprachangebot in den Texten als auch die begleitenden Übungsformen, weder die Entwicklung eines natürlichen Sprechstils noch den sprachlichen Gedankenreichtum einengen.76 Aus diesem Grund werden von Anfang an nicht nur Wörter verwendet, die möglichst „lautgetreu“ sind, sich also gut zur Analyse von Einzellauten eignen, sondern auch solche, die für variationsreiche Texte benötigt werden (z. B. ich, wir, ein, groß, klein, und, ist, spielt u. ä.). Außerdem werden von Anfang an verschiedene Textgattungen, Textanordnungen, Schriftgrößen und auch Schriftarten verwendet, um die Schriftsprache umfassend und an den aktiven kindlichen Sprachschatz angeschlossen darzustellen.77 Abb. 6: „ Lesen heute“, Pregel 1971 76 Vgl. Pregel 1971, S. 64, der mit dem Lehrgang „Lesen heute“ als der Begründer der Methode gilt. (Abb. 6), außerdem Gümbel 1993, S. 216; Blumenstock 1997, S. 91ff. 77 Vgl. Schenk 2004, S. 96ff.; Buck 2002, S. 369ff.; Topsch 2005, S. 60ff. 20 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ Die Vorteile der analytisch-synthetischen Verfahrens sehen die Schriftspracherwerbsdidaktiker zum einen darin, dass die beiden Hauptziele, die Befähigung zur Sinnentnahme und die Einführung in die Technik des Lautschriftenlesens, schon zu Beginn des Leselehrgangs zum tragen kommen.78 Gerade der absolut analytisch-synthetischen Ansatz besteche darüber hinaus durch die methodische Klarheit, da die Laute aus Wörtern gewonnen und wieder zu solchen zusammengesetzt würden, außerdem durch die Überschaubarkeit der Methode für alle Beteiligten (Lehrer, Schüler, Eltern) und durch die besondere Eignung für Kinder, die sich dem Lesenlernen nur langsam nähern können. Die Nachteile gerade dieses Ansatzes lägen hingegen zum einen in der extremen Kleinschrittigkeit des Verfahrens, was sich besonders bei heterogenen Lerngruppen negativ auswirke, da immer nur eine Phase nach der anderen von der gesamten Klasse durchlaufen werden könne, und zum anderen in der relativen Textarmut der zugrundeliegenden Fibeltexte.79 Das methodenintegrierende Verfahren biete hingegen vielfältigere und damit auch motivierendere Textangebote und ermögliche den Kindern verschiedenste Anschlüsse zur Weiterentwicklung ihrer Sprachfähigkeit. Wegen des höheren Anspruches, könne sie jedoch sowohl SchülerInnen und Eltern als auch das Lehrpersonal schnell überfordern.80 Die Überwindung des Methodenstreits zwischen Analytikern und Synthetikern im letzen Drittel des 20. Jahrhunderts und die daraus resultierenden Kombination der beiden Ansätze müssen als Vorraussetzung gesehen werden, damit sich die Schriftspracherwerbsdidaktik zwei Jahrzehnte später mit ganz neuen methodischen didaktische Überlegungen zur Gestaltung des Erstleseund Schreibunterrichts beschäftigen kann. Insgesamt bleibt er jedoch eine sehr begrenzte Kontroverse. Denn es steht zu keiner Zeit weder das zentrale Unterrichtsmedium, die Fibel, noch die Organisationsform, der lehrerzentrierte Frontalunterricht und auch nicht das Verständnis kindlicher Lernprozesse (man nahm an, dass diese rezeptiv-additiv funktionieren) jemals zur 78 Vgl. Schenk 2004, S. 100f. Vgl. ebd.; Buck 2002, S. 368f. 80 Vgl. hierzu ebd. 79 21 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ Disposition. Zunächst beherrschen methodisch weiterhin Frontalunterricht und Fibellehrgänge den Ablauf Schriftspracherwerbsunterrichts. So und die sind alle Systematik bisher des vorgestellten Leselehrverfahren immer Bestandteil einer Fibel; eine Arbeit ohne diese kommt im Anfangsunterricht nicht vor.81 2.1.3 Kurzüberblick über die Entwicklung der Schreiblehrgänge Bisher war wenig vom Schreibenlernen die Rede; dies spiegelt treffend die Rolle dieses Teils des Schriftspracherwerbsunterrichts im bisher vorgestellten Zeitraum wider. Jahrhunderte lang spielt das Schreibenlernen nur eine nachgeordnete Rolle, wobei das didaktische Interesse hierbei vor allem dem schreibtechnischen Vorgang gilt. In einer Fibel wird ihm erstmals ab 1820 mit der Schreib-Lese-Methode einen besonderen Stellenwert eingeräumt. Das Motto dieser Methode ist „Lesen durch Schreiben“, jedoch in einem anderen Verständnis, als dies heute für das Konzept Jürgen Reichens gilt.82 Albert Haesters, einer der Autoren der weit verbreiteten Fibeln dieser Art, beschreibt in seinem Vorwort das methodische Vorgehen. Es ist, wie in seiner Zeit üblich, von einem imitativen Lernkonzept geprägt, die SchülerInnen werden aber anders, als in allen bisher vorgestellten Modellen, dazu angehalten, die in Vorübungen aus vorgegeben Sätzen isolierten Laut-Buchstaben- Kombinationen, auch selber zu verschriftlichen. Der Lehrer schreibt den Kindern vor, diese sollen daraufhin nachschreiben; so können sie nicht nur visuelle und auditive Eindrücke sammeln, sondern auch selber schreibend tätig werden. „Was er [der Schüler] lernen soll, muss er vorher schreiben; was er schreibt, muss er lesen – und verstehen.“83 Diese Methode bleibt jedoch nur eine kurze Episode in der Geschichte der Schriftspracherwerbsdidaktik; schnell trennen sich lesen und schreiben wieder. Auch noch im 20. Jahrhundert, bei den Ganzheitsdidaktikern, verlaufen die Wege des Lesen- und Schreibenlernens monatelang getrennt. Der Schreibkurs, der dem Ganzheitsgedanken folgend, nur verbundene Schriften zulässt, beginnt hier mit dem sogenannten „Schreibturnen“, in dem zunächst 81 Vgl. Schründer-Lenzen, 2007, S. 144; Röber-Siekmeyer 1997, S. 26. Vgl. dazu Kapitel 2.2.2. 83 Haesters 1861, zitiert nach: Bartnitzky 1998, S. 27, vgl. dazu insgesamt auch, Peschel 2004, S. 24. 82 22 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ Vorformen der Buchstaben rhythmisiert und unter leichtem mitsummen erschwungen werden. Im Anschluss erschwingen die SchülerInnen ganze Wörter. Erst nach deren akustischer Analyse, in der Regel nach etwa einem halben Jahr, üben sie die ersten Buchstaben ein.84 Eine andere Tradition, die sich schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt, ist die des Schreibdruckens. 1916 legt Fritz Kuhlmann das Konzept einer Schreiberziehung vor, welches vom Nachschreiben der Druckbuchstaben zur eigengeprägten verbundenen Schrift führen soll.85 Erst Mitte der 1980er Jahre mit der verstärkten Kritik an Fibellehrgängen setzt sich schließlich die Tendenz durch, Lesen- und Schreibenlernen verstärkt zu verbinden. 2.2 Fibelunabhängige Ansätze zum Schriftspracherwerb Anfang der 1980er Jahre erfährt die Schriftsprachdidaktik hinsichtlich der Frage, wie Kinder genau die Schriftsprache erlernen und wie ein darauf abgestimmter Unterricht organisiert sein muss, gravierende Veränderungen. Im Rückblick spricht die Forschung von einem „didaktischen Paradigmenwechsel“ oder auch einer „didaktischen Revolution“.86 Zwei entscheidende Voraussetzungen für diesen Wandel sind: erstens die Individualisierung des Lernens, (jedes Kind sollte mit seinen individuellen Leistungen und Möglichkeiten wahrgenommen und gefördert werden), und zweitens ein anderer Umgang mit Fehlern. Horst Bartnitzky führt in diesem Zusammenhang die „Überwindung des Fehlervermeidungsprinzips“ an.87 Unterstütz vor allem durch die Theorien Piagets werden nun Lernprozesse allgemein und damit auch das Lesen- und Schreibenlernen als eine selbstgesteuerte Denkentwicklungen angesehen. Lernen sei demnach in der Hauptsache nicht durch einen additiven Zuwachs an Kenntnissen und Fertigkeiten gekennzeichnet, sondern das Kind sammle, ordne, systematisiere und korrigiere seine ihm bedeutsamen Erfahrungen und die daraus gezogenen 84 Zu den verschiedenen Schreiblehrgängen der Ganzheitler vgl. Schorch 1992, S. 48ff. Vgl. Bartnitzky 1998, S. 28f. 86 Brügelmann/ Brinkmann 1998, S. 92, zu diesem Themenkomplex vgl. auch. z. B. Röber-Siekmeyer 1997, S. 31f.; Barnitzky 1998, S. 31; Bartnitzky 2000, S. 50. 87 Bartnitzky 1998, S. 31. Langezeit nimmt man an, dass sich Kinder „Wortbilder“ dauerhaft einprägen, die zugrundeliegenden Regel erkennen, auf die Schreibweisen anderer Wörter übertragen und jedes falsch geschrieben Wort damit diesen Effekt stören würde, vgl. ebd., S. 29f. und auch Bartnitzky 2000, S. 50. 85 23 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ Schlussfolgerungen selbstständig, verallgemeinere sie anschließend und binde sie in bereits bestehende Denkmuster und –strukturen ein.88 Ein Fehler könne in diesem Zusammenhang nicht als wirklicher „Fehler“ betrachtet werden, sondern müsse vielmehr als „fruchtbarer, großenteils notwendiger Schritt beim Erkenntnisgewinn“ gelten.89 Die unterschiedlichen Fehler können also in die derzeitig bestehenden Denk- und Handlungsstrukturen des Kindes Einblick geben. Sie sollten nicht mehr als Abweichungen von der Norm betrachtet werden, sondern vielmehr als „entwicklungsspezifische Notwendigkeit“ und Möglichkeit, den Entwicklungsstand des Kindes näher zu bestimmen.90 Mechthild Dehn bezeichnet sie als „diagnostische Fenster“, anhand deren die Lehrperson erkennen könne, was das Kind schon könne, was es noch lernen müsse und was im Speziellen es als nächsten Schritt lernen sollte.91 Die Didaktiker dieser neuen Auffassung von Schriftspracherwerb (Brügelmann, Bergk, Dehn, Scheerer-Neumann, Spitta u. a.) gehen darüber hinaus davon aus, dass falsche Schreibweisen unbedenklich seien, so lange dem Kind die Abweichung von der Norm bewusst würde. Bei ausreichendem „Verschriften“ und häufiger Konfrontation mit Gedrucktem entwickle sich allmählich eine orthografisch korrekte Schriftspracherwerb Spracherwerb Schreibweise.92 eine darstelle analoge und ebenso Man nimmt Entwicklung wie dieser zum an, dass der frühkindlichen einem natürlichen Entwicklungsprozess folge.93 Die wohl entscheidende Voraussetzungen für diese neuen Erkenntnisse ist das kognitionspsychologische und didaktische Interesse daran, wie Kinder jenseits der üblichen Fibellehrgänge die Buchstabenschrift eigenaktiv für sich erschließen und das Zusammenspiel von Lauten und Buchstaben selbstständig erarbeiten können. In Untersuchungen zur Schreibentwicklungen von Kindern aus dem englischen und deutschsprachigen Raum werden typische verallgemeinerbare Entwicklungsstrukturen entdeckt, die die Grundlage von 88 Vgl. Schenk 2004, S. 120ff. Vgl. Kirschhock/ Martschinke 1997, S. 11. 90 vgl. Dehn/ Hüttis-Graff 2000, S. 23. Der Begriff „entwicklungsspezifische Notwendigkeit“ ist dem Spracherwerb entlehnt. 91 Vgl. Dehn 1994, S. 17ff.; Röber-Siekmeyer 1997, S. 30 92 Vgl. Schenk 2004, S. 122; Bartnitzky 1998, S. 31f. 93 Vgl. ebd.; Bartnitzky 2000, S. 50; Schründer-Lenzen 2007, S. 40. 89 24 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ Stufen- und Entwicklungsmodellen zum Schriftspracherwerb bilden.94 Diese gehen davon aus, dass Schriftanfänger bei der Ausbildung ihrer Schriftsprache bestimmte typische Stadien der Annäherung an die normierte orthografische Schreibweise der Wörter durchlaufen müssen. Bei allen mittlerweile entwickelten Modellen ist die Abfolge der verschiedenen Stufen oder Entwicklungsschritte ähnlich: auf eine logographische folgt eine alphabetische und auf diese eine orthographische Phase.95 Eine detaillierte und konkretere Einteilung dieser Entwicklungsschritte ist: von einer willkürlichen zu einer lautorientierten Schrift, vom Lautskelett zur Umschrift der eigenen Mundart, von dieser zu einer vollständigen Lautschrift und Übernahme von grafischen Rechtschreibmustern, die jedoch noch häufig nicht an den orthografisch korrekten Stellen eingesetzt werden, und schließlich von übergeneralisierten Schreibmustern zu ihrer kodifizierten Verwendung und damit der spezifischen Rechtschreibung des einzelnen Wortes. Wie lange die Kinder dabei auf den jeweiligen Stufen verweilen und wie genau die Übergänge sich vollziehen, ist in der Forschung jedoch umstritten.96 Ein Hauptkriterium für guten Unterricht nach diesen didaktischen Vorstellungen ist demnach seine Möglichkeit, individualisiertes Lernen zu initiieren. Einige Didaktiker fordern: „starre Vorplanungen durch situative Lernsituationen, wissenschaftlich analysierten standardisierten Wortschatz durch individuelle Sprache und vorgefertigte Lehrgänge bzw. Fibeln durch Eigenfibeln oder 97 beweglich organisierte Lernangebote zu ersetzen.“ Aus diesem Grund entwickeln sich nun neben den zum Teil straff gelenkten und systematisch arbeitenden Fibellehrgängen freiere und offenere Lernformen. Die Hauptkritik an der Fibel ist dabei, dass sie die Kinder auf einer rezeptiven Ebene 94 Vgl. z. B. Bartnizky 2000, S. 50ff.; Blumenstock 1997, S. 94ff. Diese Einteilung der Stufen folgt Uta Frith, die 1985 eines der ersten Modelle vorschlägt. Diese Grundstruktur haben alle weiteren Modelle gemeinsam, sie gehen auf Grund einer höheren Detailanalyse aber von weiteren Teilstufen aus, vgl. z. B. Günther 1986, S. 33 (präliteral-symbolisch, logographemisch, alphabetisch, orthographisch, integrativ-automatisiert) oder Valtin 2000, S. 18ff. (Kritzelschrift, Phase des Malens und willkürlicher Buchstabenfolge, vorphonetisches Niveau, halbphonetisches Niveau, phonetische bzw. alphabetische Strategie, phonetische Umschrift und erste Verwendung orthografischer Muster, orthografische Verschriftung), aber auch: Brinkmann/ Bügelmann 1995, S. 44ff., Spitta 1994, S. 73f. 96 Auch der Begriff der Stufe ist gerade in der jüngeren Forschung häufig zugunsten eines Phasenbegriffes aufgegeben worden, vgl. z. B. Schenk 2004, S. 122; Schründer-Lenzen 2007, S. 30ff. 97 Blumenstock 1997, S. 86. Zu erwähnen bleibt, dass in den 1970er Jahren als didaktische Neuerung ein Grundwortschatz von 500 bis 1500 der vermeintlich am häufigsten gebrauchten Wörter festgelegt wird. Die entsprechenden Wortlisten sind in den 80er Jahren von fast allen Kultusministerien den Erlassen und Richtlinien beigefügt, vgl. Röber-Siekmeyer 1997, S. 28, speziell zum Grundwortschatz und der Kritik daran vgl. auch. Bartnitzky 2000a, S. 53ff.; ders. 2000b, S. 57f. mit weiterführenden Literaturangaben. 95 25 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ zurücklasse, sie ihre Lernprozesse nicht selbst steuern können und gerade im Bereich des Schreibenlernens die Handlung zu kurz komme. Die Befürworter der lernwegsorientierten „Lehrgangstrott“, der Konzepte zugunsten sprechen einer vom individuellen „Fibeltrott“ oder Kindorientierung aufgegeben werden solle.98 2.2.1 Der Spracherfahrungsansatz Der Spracherfahrungsansatz stellt eine Verbindung verschiedener methodischer Ansätze nach den im vorhergegangenen Kapitel beschriebenen Prinzipen in einem offen gestaltetem Unterrichtskonzept dar. Er wird maßgeblich von Hans Brügelmann und dem Projekt „Kinder auf dem Weg zur Schrift“ initiiert und möchte die theoretischen Entwicklungen der beteiligten Didaktiker in die Unterrichtspraxis transportieren.99 Der Spracherfahrungsansatz arbeitet mit einem Konzept, das den Kindern individuelle Zugänge zur Schriftsprache ermöglichen und Anknüpfungspunkte an die jeweiligen Lernvoraussetzungen eines jeden einzelnen Kindes, nach dessen „Spracherfahrung“, bieten möchte. Deshalb verzichtet er auf starre Methodenvorgaben, sondern stellt vielmehr eine Vielzahl von Lernmaterialien (Anlauttabellen, Wortlisten, Lesehefte bzw. Kinderbücher, Eigenfibeln) und Lernanlässen als Anregungen zu Auswahl.100 Dabei sollen reale Anlässe, die schriftliche Kommunikation erforderlich machen, im Vordergrund stehen. Außerdem ist weder ein Grundwortschatz noch die Reihenfolge der zu erlernenden Buchstaben und Laute oder ein bestimmtes Lerntempo vorgegeben. Jedes Kind kann darüber hinaus selbst entscheiden, ob es sich zuerst dem Lesen oder dem Schreiben widmen möchte. Es erarbeitet sich die benötigten Buchstaben dabei eigenaktiv. Der Spracherfahrungsansatz basiert insgesamt auf der Annahme, dass Kinder sich den Weg in die Schriftsprache selbstständig erarbeiten können und wollen und dass sie, wie in den traditionellen Fibellehrgängen zunächst gedacht, nicht nur lesen, sondern auch 98 Zu den einzelnen Argumenten der Befürworter und Gegner der Fibel, vgl. die Aufstellung mit Personennennung bei Schwander 1989, S. 188ff.; Röber-Siekmeyer 1997, S. 30; Stöcki 1998, S. 95f., den Begriff „Fibeltrott“ prägen besonders Bergk/ Meiers 1985. 99 Amerikanische Vorläufer: LEA (Language-Experience Approach) „1. What I think about, I can talk about. 2. What I say, I can write (or someone can write form me). 3. What I can write, I can read (and others can read, too). 4. I can read what I have written, and I can also read what other people have written for me to read.” Speck-Hamdan Vorlesung vom 6.06.07 unter: www.speck_hamdan_06_06_07_Aktuelle%Methoden_01.pdf (26.06.08); vgl. auch Peschel 2004, S. 37. 100 Vgl. zu den Anregungen besonders Balhorn u. a. 1987; Brinkmann 1996; Brinkmann/ Brügelmann 1993; Brügelmann/ Brinkmann 1998, S. 108ff.; Dehn 1994; Spitta 1994. 26 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ schreiben wollen.101 Ein wichtiger Grundsatz ist darüber hinaus, dass die Lehrperson zunächst die private Schreibweise der Kinder beim „Verschriften“ akzeptiert. Es geht nicht darum, von Anfang an normgetreu zu schreiben; Abweichungen von der Normschreibung werden vielmehr als Diagnoseinstrumente des Lehrers genutzt. Insgesamt wird beim Spracherfahrungsansatz die Arbeit mit einem Fibellehrgang nicht ausgeschlossen, sie erhält jedoch einen völlig neuen Stellenwert und wird als Orientierungshilfe für die Lehrperson eingesetzte, zum Beispiel damit wichtige Aspekte des Schriftspracherwerbs nicht vergessen werden.102 Der Spracherfahrungsansatz bietet jedoch auch, trotz seiner offenen Gestaltung des Unterrichts, eine eigne Form der Unterrichtsplanung. Brügelmann betont, dass auch, wer keinen linearen Lehrgang beim Schriftspracherwerb wolle, ohne ein inhaltliches und methodisches Gerüst in seinem Unterricht nicht auskomme.103 Als Orientierung bietet er eine „Didaktische Landkarte zum Lesen- und Schreibenlernen“ mit acht Lernfeldern, denen konkrete Aktivitäten zugeordnet werden, an (vgl. Abb. 7).104 101 Vgl. Buck 2002, S. 371; Schenk 2004, S. 127f.; zum Eigenantrieb des Lernenden vgl. besonders, Spitta 1994, S. 71f. 102 Vgl. Brügelmann/ Brinkmann 1998, S. 179ff. In dem Kapitel „Ein Lehrgangsöffner für Ihre Fibel“, beschreiben sie Möglichkeiten wie die Fibel dementsprechend eingesetzt werden kann; vgl. auch Schenk 2004, S. 127. 103 Vgl. Brügelmann/ Brinkmann 1998, S. 104. 104 Vgl. Brügelmann 1983, S. 13ff.; zu den Aktivitäten Brügelmann/ Brinkmann 1998, S. 108ff. 27 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ Abb.7: „ Didaktische Landkarte“, Brügelmann/ Brinkmann 1998, S. 107 Die acht Lernfelder sollen hierbei die wesentlichen Aspekte der Schrift bzw. Schriftsprache beschreiben. Sie sind jedoch nicht hierarchisch geordnet, sondern als gleichwertig zu verstehen und führen damit nicht vom Einfachen zum Schweren. Die Idee des linearen Lehrgangs soll mit ihnen aufgegeben und durch die Vorstellung eines Spiralbildes, das heißt einer Wiederholung verschiedener Aspekte durch dieselben Lernfelder, aber auf unterschiedlichen Niveaustufen, ersetzt werden.105 Den Grundgedanken der flexiblen Organisation entwickeln Brügelmann und Brinkmann in der „Ideen-Kiste Schriftspracherwerb“ weiter. Sie soll unter Zuhilfenahme eines „4-Säulen- 105 Vgl. Brügelmann/ Brinkmann 1998, S. 104ff.; zur Didaktischen Landkarte vgl. auch, Peschel 2004, S. 37; Füssenich/ Löffler 2005, S. 71. 28 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ Modells“ eine Systematisierung und Ergänzung des offenen Unterrichts darstellen (vgl. Abb. 8).106 Abb. 8: „Vier-Säulen-Modell“, Brügelmann/ Brinkmann 1998, S. 27. Wie bewertet nun die wissenschaftliche Schriftspracherwerbsdidaktik dieses neue Unterrichtskonzept? Die Vorteile des Spracherfahrungsansatzes sieht sie erstens in der Stärkung des selbstentdeckenden Lernens und der damit einhergehenden positiven motivationalen Gesichtspunkte. Gerade für leistungsstärkere Kinder eigne sich die Methode damit sehr gut. Sie bewertet zweitens die Individualisierung der Lernprozesse und drittens den Aspekt, dass die Methode durch das von ihr erzeugte phonologische Schreiben auf das Grundprinzip unserer Schriftsprache zurückführt, als vorteilhaft.107 Die Nachteile des Ansatzes machen die Didaktiker und die wissenschaftliche Forschung vor allem in der Problematik der Anlauttabellen aus.108 Ein weiteres Argument der Kritiker ist die schwache Systematik und zum Teil 106 Vgl. Brinkmann/ Brügelmann 1993; eine Weiterentwicklung findet sich in der folgenden Auflage, vgl. Brinkmann/ Brügelmann 1999, S. 27.; vgl. zu diesem Themenkomplex auch, Füssenich/ Löffler 2005, S. 68f. 107 Zur Basis unseres Schrift- und Lautungssystemes, vgl. Schründer-Lenzen 2007, S. 49ff.; zu den Argumenten der positiven Kritik vgl. zusammenfassend, z. B. Buck 2002, S. 372. 108 Vgl. dazu ausführlich, Kapitel 2.2.2, hier wird das Konzept Lesen durch Schreiben näher beschrieben, welches im Wesentlichen auf der Arbeit mit der Anlauttabelle fußt. 29 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ fehlende Übersichtlichkeit der Methode; dies könne schnell zur Überforderung der Lehrkraft führen, denn es sei nötig, für jedes Kind eine eigene, sich oft ändernde Lernkartei, zu führen. Ein hohes Maß an Eigenarbeit auf LehrerInnenseite ist damit Voraussetzung, um dieses offene Lernkonzept umsetzten zu können. Es kommt hinzu, dass es den Eltern bei diesem Konzept schwerer fällt, den Lernstand ihres Kindes richtig einzuordnen und ihm somit gegebenenfalls die richtige Hilfestellung leisten zu können.109 Insgesamt muss man festhalten, dass der Spracherfahrungsansatz die Diskussion um den Schriftspracherwerb ab den 1980er Jahren deutlich befruchtet und vorantreibt. Im Vordergrund steht eindeutig ein Perspektivenwechsel vom Schriftspracherwerb durch Instruktion hin zum Schriftspracherwerb durch Sprachgebrauch. Damit wird der Lehrkraft die Entscheidung überlassen, ob die die SchülerInnen mit oder ohne einen Lehrgang an die Schriftsprache heranführen will. 2.2.2 Lesen durch Schreiben Im Zuge der Diskussion über den Spracherfahrungsansatz etabliert sich als Sonderform das Verfahren „Lesen durch Schreiben“110, das auf den Schweizer Pädagogen Jürgen Reichen zurückgeht. Er hat sein Konzept nach sechs verschiedenen anthropologischen Prämissen entwickelt, die davon ausgehen, dass Kinder sich in ihrer grundsätzlichen Lernfähigkeit, die in besonderem Zusammenhang mit unterschiedlichen biologischen Vorraussetzungen und spezifischen Umweltbedingungen stehen, unterscheiden.111 Insgesamt handelt es sich bei Lesen durch Schreiben um ein Lernkonzept, welches die Kinder vom Schreiben zum Lesen führen möchte. Dies geschieht unter Zuhilfenahme vielfältiger, speziell didaktisch aufbereiteter Unterrichtsmaterialien, die selbstgesteuerte Lernprozesse ermöglichen sollen. Auch bei dieser Methode können die SchülerInnen aus den angebotenen Materialien frei wählen und im „Werkstattunterricht“ individuell, selbstständig und fächerübergreifend arbeiten. Die SchulanfängerInnen lernen demnach zunächst ausschließlich Schreiben. Als „automatisches Begleitprodukt“ 109 Vgl. Buck, S. 373ff. Blumenstock bezeichnet es als den „vorläufigen Höhepunkt in den didaktischen Bewegung“ im Kontext von Schriftspracherwerb und offenen Unterrichtsformen, vgl. Blumenstock 1997, S. 98. 111 Zu den genauen Ausführungen vgl. Reichen 1988a, S. 6; Reichen 1991, S. 14ff. 110 30 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ entwickle sich auf diesem Weg allmählich die Lesekompetenz.112 Reichen geht also davon aus, dass sich das Lesenlernen ganz nebenbei entwickelt, zum Beispiel durch das Lesen von bereits Geschriebenem. Er lehnt aus diesem Grund gezielte Erstleseübungen, bei denen die Wörter buchstabenweise auflautiert werden, vollkommen ab. Seiner Meinung nach behindere dies sogar das Lesenlernen, da ein solches Vorgehen nicht der Lesestrategie eines geübten Lesers entspreche.113 Trotzdem sollen den Kindern vielfältige Leseanreize vor allem in Form von Überschriften auf Arbeitsblättern, Bildergeschichten, Klassenzeitungen oder einer Leseecke in der Klasse angeboten werden.114 Auch Lesen durch Schreiben folgt nicht dem Fehlervermeidungsprinzip. Es wird zunächst ein lautgetreues Verschriften angestrebt; Abweichungen von der normgetreuen Orthographie werden auch hier als diagnostische Entwicklungsfenster betrachtet. Darüber hinaus versteht sich Lesen durch Schreiben als ein „begabungsüberschießendes Lernangebot“, dass heißt, dass Überforderungen bei einzelnen Kindern bewusst in Kauf genommen werden, da sie aus einer Fülle von Materialien frei wählen können und somit das Prinzip vom Einfachen zum Schwierigen bewusst außer Acht gelassen wird.115 Das zentrale Arbeitsmittel ist eine Anlauttabelle (Reichen nennt sie Buchstabentabelle), mit deren Hilfe der Schüler gesprochene Wörter schrittweise in eine schriftliche Form umsetzen kann, „… mit dieser Hilfe kann er prinzipiell alles schreiben, was er will. Es wird also von Anfang an mit dem gesamten Laut- und Buchstabenbestand gearbeitet, so dass der verwendbare Wortschatz keinerlei Einschränkungen unterliegt.“116 In einer Anlauttabelle werden möglichst alle typischen bedeutungsunterscheidenden Laute (Phoneme) einer Sprache schriftlich, also mit Hilfe der den Lauten zugeordneten Buchstabenzeichen (Grapheme) 112 Reichen meint mit „Schreiben“ zunächst das Zerlegen eigenen gesprochenen Wortmaterials in eine entsprechende Lautfolge und eine darauf basierende phonetische Verschriftung, vgl. Reichen 1994, S. 71; Peschel 2004, S. 42. 113 Vgl. Reichen 1998, S. 327ff.; vgl. auch Hanke 1998, S. 188. Zum Lesevorgang an sich, vgl. z. B. auch Schenk 2004, S. 16ff. 114 Speziell zum Material für die Leseecke vgl., Reichen 1988b, S. 14. 115 Vgl. Reichen 1982, S. 8. 116 Reichen 1988a, S. 8. 31 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ zusammen mit einem Anlaut-Bild aufgeführt. Neben jedem Laut ist ein Objekt abgebildet, dessen Name mit diesem Laut beginnt, zum Beispiel ein „ApfelBild" neben dem Schriftzeichen <a>. Die SchülerInnen sollen sich mit Hilfe einer Anlaut-Tabelle das Schriftbild eines Wortes Laut für Laut zusammensetzen können; sie sollen im Umgang mit der Anlauttabelle erfahren, wie gesprochene Sprache lauttreu verschriftet wird und in welchem Zusammenhang Laute und Buchstaben zueinander stehen.117 Die meisten Schwierigkeiten bereiten beim Verschriften des Gesprochenen das Abhören der einzelnen Wörter nach ihren Einzellauten, denn die Phoneme treten innerhalb des Wortes nicht als isolierte Elemente auf. Sie werden vielmehr durch das vorangehende und das nachfolgende Phonem „gefärbt“.118 Das entscheidende Lernziel und die Hauptaufgabe des Unterrichts mit der Anlauttabelle in den ersten Wochen sind deshalb, die SchülerInnen zu befähigen, ein Wort in seine Lautfolge zu zerlegen und es mit Hilfe der Anlauttabelle phonemisch aufzuschreiben. Die Ausbildung und Schärfung der phonologischen Bewusstheit muss daher eines der vorrangigen Aufgaben in dieser Arbeitsphase sein. Welche Vor- und Nachteile sieht die Schriftspracherwerbsforschung nun in diesem Verfahren, verglichen mit den Fibellehrgängen? Die Vorteile werden, ähnlich denen des Spracherfahrungsansatzes, zum Beispiel die Möglichkeit zu selbstständigem und individuellem Lernen, die Förderung und der Aufbau der phonologischen Bewusstheit119 und die erhöhten Motivation, gesprochene Sprache zu Verschriften, genannt. Auch die angeführten Nachteile entsprechen in weiten Teilen denen des Spracherfahrungsansatzes, wobei darüber hinaus die einseitige Förderung zunächst nur des Schreibens, die dem Spracherfahrungsansatz konträr ist, aufs Heftigste diskutiert wurde und zum Teil noch wird. Das stärkste Argument der Kritiker ist, dass die Beschränkung auf eine eindimensionale Ausrichtung phonographischen Schreibens auf das Lesen die gerade in der jüngeren Schriftspracherwerbsdidaktik nachgewiesene 117 Vgl. zu den Problemen der fehlenden Phonem-Graphem-Korrespondenz, z. B. Topsch 2005, S. 23ff. Zum Aspekt der Koartikulation vgl. Hanke 1998, S. 191. 119 Dies wird aber gleichzeitig auch als Problem gesehen,. Kinder, die noch kein differenziertes phonologisches Bewusstsein aufgebaut haben, werden nicht entsprechend gefördert, denn diese haben oft große Schwierigkeiten mit Anlauttabellen zu arbeiten. So auch empirische Untersuchungen, vgl. Walter 1995 mit weiterer Literatur. 118 32 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ Interaktion zwischen Lese- und Schreibprozessen in der Entwicklung völlig vernachlässige.120 Weitere Argumente der Kritiker des Konzeptes sind, dass methodischdidaktische Prinzipien wie die Vermittlung des Lehrstoffes in kleinen Schritten oder das Fortschreiten vom Einfachen zum Schwierigen von Reichen außer acht gelassen würden und damit zumindest leistungsschwächere Kinder überfordert sein könnten. Hinzu komme außerdem, dass die Einschränkung auf die eigenen Texte der Kinder neue Lernimpulse, die fremde Texte gegeben könnten, verhindere. Fibelbefürworter führen darüber hinaus aus an, dass dem Kind bei Lesen durch Schreiben „seine Fibel“ vorenthalten werde, welche die Freude am Buch und den Spaß am Lesen anbahnen könne.121 Zusätzlich gerät die Problematik des Einsatzes der Anlauttabelle, als des zentralen Arbeitsmittels des Anfangsunterrichts bei Lesen durch Schreiben, besonders in den Fokus der Kritik. Ein wesentlicher Nachteil des Anlautverfahrens ist der, dass es zwar ein wichtiger Zugriff auf geschriebene Sprache darstelle, für den Schriftspracherwerb aber letztlich nicht ausreichend sei, denn zum einen kommen einige Laute unserer Sprache gar nicht als Anlaut vor122 und zum anderen können einige Laute vom Hören her nicht eindeutig einem Buchstaben zugeordnet werden.123 Günther Thomé führt an, dass sich das Hauptproblem der meisten Anlauttabellen, zu viel auf einmal oder zu viele Aspekte der Orthografie in einer einzigen Tabelle abbilden zu wollen, besonders deutlich in zwei Bereichen zeige. Den ersten Bereich betitelt er als „grundlegende oder schwierige Schreibzeichen“. Als grundlegende Schreibzeichen benennt er diejenigen, die mit „deutlichem Abstand als häufigste Schreibungen für ein Phonem auftreten“. Damit meint er 120 Vgl. z. B. Hanke 1998, S. 190f.; Scheerer-Neumann 1995, S. 18f.; Schründer-Lemzen 2007, S. 42. Sie weist auf verschiedene empirische Untersuchungen hin, in denen gezeigt werden konnte, dass sich Lese- und Schreiblernprozess wechselseitig beeinflussen; vgl. aber auch Brügelmann/ Brinkmann 1998, S. 92ff. Diese betonen, dass Lesen durch Schreiben nur drei der acht Felder ihrer „didaktischen Landkarte“ abdecke. Sie grenzen sich darüber hinaus gerade von der einseitigen Betonung des Schreibens ab: „Unserer Kurzformel, welche die Nähe zu und die Abgrenzung von „Lesen durch Schreiben“ gleichermaßen betont: Lesen lernt man durch Lesen, Schreiben lernt man durch Schreiben.“, ebd., S. 94. 121 Zu den Argumenten, vgl. Schenk 2004, S. 130. 122 Z. B. die Laute für <ng> und der Ach-Laut für <ch>. 123 Schwierigkeiten machen z. B. der /f/ Laut und das <v>, das vokalisierte <r> oder die Auslautverhärtung der stimmhaften Explosiva, außerdem die Nichterfassung von morphologischen Regeln, vgl. hierzu sehr ausführlich, Buck 2002, S. 372f. 33 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ die anhand ihrer Häufigkeiten ermittelten Basisgrapheme, die den Orthographemen in der Tabelle vorgezogen werden müssten. Besonders deutlich zeige sich dieses Problem in dem so genannten „Igel-Syndrom“. Der Igel müsse nach Thomés Theorie, nach der nur die grundlegenden Schreibzeichen darzustellen sind, aus der Anlauttabelle verschwinden, denn für das lange /i:/ ist die Schreibung <ie> die weitaus häufigere (85% der Fälle).124 Der zweite problematische Bereich sei der der Groß- oder Kleinbuchstaben. Er plädiert für den ausschließlichen Einsatz von Großbuchstaben, denn beim Verschriften125 befinde man sich in einer vororthografischen Phase, in die der Bereich des Groß- und Kleinschreibens noch nicht hineinfalle.126 Speziell zum „Reichen-Bogen“ äußert Thomé über das „Igel- Syndrom“ hinaus noch weiterer Kritik. So zum Beispiel an den Beispielwörtern „Ente“ und „Ärmel“, die für unterschiedliche Basisgrapheme des gleichen Phonems eingesetzt werden, und an den Beispielwörtern „Ähre“ und „Uhr“, die ebenfalls keine Basisgrapheme abbilden.127 Abb. 9: „Reichenbogen“, Reichen 1982 Auf ein zusätzliches Problem der Anlauttabellen muss an dieser Stelle ebenfalls kurz hingewiesen werden. SchülerInnen nicht deutscher Muttersprache haben häufig große Schwierigkeiten mit einer solchen Tabelle. Ihre „innere Lautsprache“ orientiert sich in den meisten Fällen an der Semantik des Bildes, welches mit der Primärsprache belegt ist. So können sie zwar das Prinzip des Anlautes verstanden haben, durch die Orientierung an der 124 Er löst damit aber nicht das Problem, dass es im Deutschen kein <ie> als Anlaut gibt, vgl. Thomé 2000b, S. 118, dort auch weitere Literatur zu Thema. 125 Verschriften definiert er als „Laute des eigenen Sprechens in Buchstaben zu übersetzten“, vgl. ebd. 126 Vgl. ebd. 127 In „Ente“ und „Ärmel“ repräsentieren die zwei unterschiedlichen Basisgrapheme <e> und <ä>, ein Phonem. In „Ähre“ und „Uhr“ sind nicht die Basisgrapheme <ä> und <u> dargestellt, sondern die weitaus selteneren Grapheme <äh> und <uh>, vgl. Thomé 1995, S. 303-305., weitere Kritik an dieser Tabelle, die von Reichen in der Folge überarbeitet wurde, vgl. Topsch 2005, S. 69f. 34 2 Methoden des Schriftspracherwerbs – historische Entwicklung____________________ Primärsprache jedoch nicht erfolgreich mit ihm in der Zweitsprache operieren128 Ein weiters Problem sieht Hanke in der uneinheitlichen Terminologie Reichens. Zum einen in der Beschreibung seiner Methode: „Leselernwerk“, „Leselehrgang“ „lesedidaktisches Prinzip“ „Selbstgesteuertes Lernen durch Einsicht“,129 zum anderen bei der fehlenden begrifflichen Unterscheidung von „Werkstattunterricht“, „offenem Unterricht“, „Wochenplanarbeit“ und „Freinet-Methode“.130 Problematisch erscheint darüber hinaus, dass das Konzept insgesamt aus der Unterrichtspraxis heraus entwickelt wurde und damit eine fundierte lerntheoretische, linguistische und didaktische Überprüfung nur ansatzweise vorliegt.131 Trotz aller negativer Kritik belegen neuere empirische Untersuchungen jedoch, dass sich die Methode Lesen durch Schreiben in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts zunehmend im Unterrichtsalltag etabliert.132 Im Rückblick auf die Entwicklungen der Schriftspracherwerbsdidaktik kann man zusammenfassend festhalten, das die wichtigsten Veränderungen seit den 1980er Jahren trotz der vielfältigen Diskussionen um die Öffnung des Anfangsunterrichts beim Erlernen der Schriftsprache die stärkere Orientierung an der gesprochenen Sprache und die Verbindung des Lesen- und Schreibenlernens sind. 128 Diese Problematik ist durch empirische Untersuchungen belegt, vgl. z. B. Dyroff 1996, S. 66, Schründer-Lenzen 2007, S. 72. 129 Blumenstock spricht in diesem Zusammenhang von einer „Materialsammlung als Antilehrgang“, Blumenstock 1997, S. 98. 130 Vgl. Hanke 1998, S. 184f. 131 Hanke 1997, S. 236. 132 Vgl. Hanke 1998, S. 184. Im Regierungsbezirk Köln hat die Methode von 1988/98 bis 1994/95 einen Zuwachs um 10,62% zu verzeichnen. 35 3 Aktuelle Situation in Wissenschaft/Didaktik–Methodenstreit oder Methodenintegration? 3 Aktuelle Situation in Wissenschaft und Didaktik – Methodenstreit oder Methodenintegration? 3.1 Die Situation in der wissenschaftlichen Schriftspracherwerbsdiskussion Die wissenschaftliche Kontroverse in der Schriftspracherwerbsdidaktik zwischen Befürwortern von Fibellehrgängen und Anhängern von lehrgangsunabhängigen Ansätzen hat in den letzten Jahren an Schärfe verloren.237 Noch zu Beginn der 1990er Jahre gilt den Vertretern des Spracherfahrungsansatzes ein Fibellehrgang geradezu als Paradebeispiel des ablehnungswürdigen, lehrerzentrierten Unterrichts. Brügelmanns Ausspruch „Lehrgänge sind Krücken“238 prägt diese Position. Nach Auffassung der Anhänger des Spracherfahrungsansatzes sollte vielmehr die „Ingebrauchnahme von Schrift“ für eigene Bedürfnisse, Wünsche und Ziele den Ausgangspunkt des Schriftspracherwerbs bilden. Der selbstbestimmende Gebrauch von Schrift lasse sich dabei keinesfalls mit den vorgegebenen Abläufen eines Lehrgangs vereinbaren.239 Die Befürworter der Fibellehrgänge setzen dem entgegen, dass lernwegsorientierte Konzepte den SchülerInnen nicht genügend und allem sprachwissenschaftlich abgesicherte Hilfestellungen beim Schriftspracherwerb geben. Es komme im Gegenteil durch die Vermittlungsstrategien dieser Konzepte, zu Unsicherheiten und Verwirrungen auf SchülerInnenseite.240 Lernen durch Schriftsprachgebrauch und Lernen durch Instruktion bleiben in den 1990er Jahren damit die zwei gegensätzlichen und festgefahrenen Positionen innerhalb der Forschung. Gegen Ende der 1990er Jahre kommt es jedoch zunehmend zu einer Annäherung von Fibelgegnern und –befürwortern. Die Frage „mit oder ohne Fibel“ rückt jetzt immer stärker in den Hintergrund. Ausschlaggebend für diese Entwicklung sind vor allem die Ergebnisse verschiedener empirischer Untersuchungen. Die Befunde der SCHOLASTIK-Studie, die allgemeine Lehr-Lernprozesse untersucht und sich nicht explizit auf den 237 Zwischenzeitlich wird sie in teilweise heftigsten Auseinandersetzungen zwischen den Fibelgegnern und -befürwortern geführt (hier besonders: Brügelmann, Conrady, Blumstock, Metze), vgl. dazu auch Schründer-Lenzen 2007, S. 146f. 238 Brügelmann 1989, S. 9f. 239 Vgl. z. B. Schneider u. a. 1995, S. 26ff.; Spitta 1994, S. 11ff. 240 Vgl. Metze 1995, S. 35ff. 36 3 Aktuelle Situation in Wissenschaft/Didaktik–Methodenstreit oder Methodenintegration? Schriftspracherwerberwerbsprozess bezieht, zeigen, dass die Qualität des Unterrichts und damit die Leistungserfolge der SchülerInnen nicht durch bestimmte Unterrichtsmethoden, sondern vielmehr durch die Schaffung lernförderlicher Bedingungen beeinflusst wird. Zu diesen gehören zum Beispiel die Effektivität der Klassenführung,241 die Motivierungsqualitäten der Lehrperson, die Klarheit der Instruktion in der Schülerwahrnehmung und die fachliche Unterstützung der Lernenden. Es gehören aber auch die Strukturiertheit der Instruktionen und die Variabilität der Unterrichtsformen dazu.242 Von besonderer Relevanz für den Lernerfolg sind demnach nicht nur die verwendeten Unterrichtsmethoden, sondern auch konkrete Unterrichtsprozesse und die allgemeine Qualität des Unterrichts. Da diese sowohl von der Strukturiertheit der Instruktionen, wie sie Fibellehrgänge vorgeben, als auch von der Variabilität der Unterrichtsformen, die in besonderem Maße durch fibelunabhängige, lernwegsorientierte Konzepte gegeben werden, abhängig ist, erscheint eine Annäherung der beiden Konzepte unausweichlich.243 Dies zeigt sich in der Folge auf der einen Seite durch eine Öffnung der Fibellehrwerke. So basieren moderne Fibellehrgänge in der Regel auf einem Bausteinsystem von unterschiedlichen Materialien, die den Lehrer explizit zu Binnendifferenzierung und Individualisierung des Unterrichts auffordern. Damit muss die Definition der Fibel, wie sie Kurt Meiers 1987 zu Beginn der Diskussion gegeben hat, als ein Werk, welches nur aus einem Buch einschließlich Übungen bestehe, in der heutigen Schriftspracherwerbsforschung als überholt gelten.244 Auch die Anlauttabelle gehört mittlerweile zum Standartprogramm des Fibelmaterials.245 In den Rahmenrichtlinien des Faches Deutsch für die Grundschule wird die Anlauttabelle bei der Einführung in die Schriftlichkeit ausdrücklich 241 Hier ist ein erstaunlicher Befund: je größer die Klasse ist, desto effizienter ist die Klassenführung, desto strukturierter ist der Unterricht und desto aktiver unterstützt und kontrolliert der Lehrer einzelne Schüler, vgl. Helmke/ Weinert 1997, S. 247. 242 Zu den Ergebnisse dieser Studie, vgl. ebd., S. 245ff.; dort finden sich auch Angaben zur Problematik der Übertragung dieser auf andere Fächer (die Untersuchung hat im Mathematikunterricht stattgefunden). 243 Vgl. Schründer-Lenzen 2007, S. 147 mit weiteren Literaturangaben zum Thema. 244 Vgl. Meiers 1987, S. 14f. 245 Vgl. auch Kapitel 3.3. 37 3 Aktuelle Situation in Wissenschaft/Didaktik–Methodenstreit oder Methodenintegration? empfohlen.246 Ebenso enthalten neue Richtlinien für die Zulassung von Schulbüchern die Forderung, dass auch Fibeln einen Anteil am offenen Unterricht leisten müssen.247 Die Verlage kommen dem in der Regel dadurch nach, dass sie eine Anlauttabelle entweder auf die Umschlagsseite der Fibel oder aber in separat beiliegender Form abdrucken. Die Kombination von Fibel und Anlauttabelle scheint demnach sowohl in der Schriftspracherwerbsforschung als auch in der unterrichtlichen Praxis Wirklichkeit und Selbstverständlichkeit geworden zu sein. Günther Thomé führt speziell im Hinblick auf die Arbeit mit der Anlauttabelle an, dass diese nicht als alleiniges Leitmedium beim Schriftspracherwerbsprozess, wie es in der Reichenmethode Lesen durch Schreiben geschehe, eingesetzt werden solle und könne.248 Er betont aber gleichzeitig, dass er damit keinen Gegensatz zwischen Fibel und Sprachbuch auf der einen und Anlauttabellen auf der anderen Seite konstruieren möchte, im Gegenteil: „Auch mit Fibel ist eine Differenzierung und ggf. Individualisierung zu erreichen. Fibeln sind heutzutage umfangreiche Lehrsysteme mit Arbeitsheft, Kopiervorlagen, Schreiblehrgängen u .a. m. Eine Differenzierung ist auch dadurch möglich, dass mit einem Zusatzmaterial oder Lese-Lehrgang ergänzend gearbeitet wird. Das alles bietet zusammen mit dem Lehrerkommentar die Möglichkeit für zumindest phasenweise offenen Unterricht. Letzterer, der phasenweise offene Unterricht, ist ohnehin das Credo erfahrener Lehrkräfte.“249 Zur Annäherung der beiden Lager trägt aber nicht nur bei, dass sich die Fibelbefürworter in Richtung „Öffnung der Fibel“ bewegen, sondern auch, dass sich auf der anderen Seite die Anhänger der fibelunabhängigen Lernkonzepte immer mehr um eine Systematisierung und Strukturierung der Abläufe und des Materials für die offenen Unterrichtsformen bemühen. Vor dem Hintergrund dieser Strukturierungstendenzen sind zum Beispiel die 246 Vgl. Ministerium für Schule, Jugend und Kinder NRW 2003, S. 35. Vgl. dazu auch Thomé 2000b, S. 116. 248 So auch Agi Schründer-Lenzen, die betont, dass gerade bei Kindern mit ungünstigeren Lernausgangslagen die Anlauttabelle nicht als alleiniges und zentrales Unterrichtsmittel eingesetzt werden dürfe, wie empirische Forschungsergebnisse zeigen, vgl. Schründer-Lenzen 2007, S. 72 und S. 133ff. 249 Thomé 2000b, S. 118. 247 38 3 Aktuelle Situation in Wissenschaft/Didaktik–Methodenstreit oder Methodenintegration? vielfältigen Vorschläge aus Brinkmanns und Brügelmanns „Ideenkiste“, durch die die acht Felder der „Didaktische Landkarte“ Struktur erfahren, zu verstehen. Im gleichen Zusammenhang stehen auch Vorschläge, neben Anlauttabellen und damit der Option sich alle Buchstaben nach individuellen und selbstständigen Reihenfolgen und Zeitpunkten erschließen zu können, immer auch einzelne Buchstaben als „Buchstaben der Woche“ herauszuheben.250 Diese Strukturierungstendenzen zeichnen sich auch in methodisch didaktischen Weiterentwicklungen des Reichenkonzeptes, wie zum Beispiel der Rechtschreibwerkstatt von Sommer-Stumpenhorst und den Konfetti-Materialien, bei denen Fibeln als unterstützende Werke ausgeschlossen werden, ab. Diese sind an einigen Stellen durch zum Teil sehr kleinschrittiges und systematisch aufgebautes Material geprägt. Gerade Sommer-Stumpenhorst bietet zu seiner Methode genaue didaktische Anweisungen, wie die Lehrperson zum Beispiel den ersten Schultag gestalten solle.251 Eine Kombination der beiden Ansätze erscheint der Forschung heute sinnvoll. So können die Vorteile beider Methoden genutzt und die jeweiligen Nachteile minimiert werden. Der Vorschlag der Fibelautoren geht in diesem Kontext zur Integration des Spracherfahrungsansatzes in einen Fibellehrgang. Damit blieben die traditionellen Vorteile der Fibel, ein methodisch abgesicherter Weg, die Entlastung der Lehrkraft bei der Unterrichtsvorbereitung, die Übersicht für Eltern, Kinder und Lehrkräfte über das Programm und die positive Prägung für den Umgang mit dem Medium Buch erhalten. Buck betont in diesem Zusammenhang, dass jedoch eine bloß additive Zugabe einzelner Elemente des Spracherfahrungsansatzes noch keine Integration ausmache. Das einfache Anfügen einer Anlauttabelle und eine knappe Einführung auf ein paar Fibelseiten werden Spracherfahrungsansatzes demnach nicht gerecht. 252 den Methoden des Er plädiert für den Einsatz verschiedener Methoden innerhalb des Fibellehrganges. Die von ihm mitentwickelte Bausteine Fibel bietet vor diesem Hintergrund den 250 Vgl. Brinkmann/ Brügelmann 1998, S. 103ff., vgl. auch Kapitel 2.2.1. Vgl. Sommer-Stumpenhorst/ Hötzel 2001, S. 9ff., vgl. auch das von ihm bereitgestellte Material auf www. Rechtschreib-werkstatt.de. Eine genaue Beschreibung der Konzepte der Konfetti-Materialien findet sich unter: www.diesterweg.de/grundschule/deutsch/konfetti_neu/ pdf/9323337_Konzeptionsbeschreibung_Basis.pdf (1.08.08) 252 Vgl. Buck 2002, S. 375. 251 39 3 Aktuelle Situation in Wissenschaft/Didaktik–Methodenstreit oder Methodenintegration? SchülerInnen eine Spracherfahrungsansatzes Methodenkombination und der aus Elementen analytisch-synthetischen sowie des der integrierten Leselehrmethode an. Sie will möglichst viele verschiedene Zugänge zur Schriftsprache ermöglichen.253 Geht es nach den Fibelautoren, sind nicht die Fibeln als solche zu kritisieren, sondern lediglich „mangelhaft ausgearbeitete und methodisch veraltete Fibeln“ und ein unsachgemäßer Einsatz der „halboffen“ arbeitenden Fibellehrwerke.254 Doch diese Entwicklung zur Methodenintegration innerhalb der Forschungsdiskussion hat auch Grenzen. Brügelmann formuliert 2006, dass man Kinder nicht „abrichten“ müsse, damit sie lesen und schreiben lernen, sondern dass sie sich die Schrift eigenständig „als Sprache aneignen können, um selbstständig ihre Gedanken und Erfahrungen anderen mitzuteilen“.255 Er hält nach wie vor an seiner negativen Bewertung des Lehrgangsunterrichts fest. Auf der Seite der Fibelbefürworter macht sich aktuell der Fibelautor Wilfried Metze (Tobi Fibel, LolliPop Fibel, Jo-Jo Fibel) in einem Vortrag vor dem Dyslexieverband in Zürich am 31. Mai 2008 für den Einsatz von Fibellehrgängen stark. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die Ergebnisse verschiedener empirischer Studien, die das schlechte Abschneiden von mit Lesen durch Schreiben unterrichteten SchülerInnen im Vergleich zu anderen Methoden gerade im Bereich der Rechtschreibleistungen belegen.256 3.2 Die Situation in der empirischen Forschung Die Frage, ob eher instruktive oder eher entwicklungsorientierte Verfahren des Schriftspracherwerbs eine höhere Lerneffektivität zeigen, wird in einer Reihe empirischer Vergleichsstudien untersucht, die sich speziell mit dieser Problematik auseinandersetzten. Allen diesen Untersuchungen sind dabei drei verschiedene grundsätzliche Probleme gemeinsam. So treten im Kontext der 253 Vgl. ebd., S. 373, S. 376, vgl. auch Kapitel 3.3.1. Vgl. u. a. Conrady/ Rademacher 1995, S. 35; Bergk 2002, S. 394f. 255 Brügelmann unter: www.grundschulverband.de/fileadmin/grundschhulverband/Download/aktuell/ Br_gelmann_D_rfen_Kinder...27.00.06_01.pdf. So z. B. aber auch schon 1998: „Kinder sind in der Eigenverantwortung für ihr Leben und damit auch für ihr Lernen ernst zu nehmen“, Brügelmann/ Brinkmann 1998, S. 61. 256 Vgl. Metze 2008; Eine radikale ablehnende Meinung äußert Metze zu Lesen durch Schreiben und den von ihm identifizierten Nachfolgern (Rechtschreibwerkstatt von Sommer-Stumpenhorst, Konfettimaterialien), vgl. dazu auch Metzes Hompage: www.wilfriedmetze.de, auf der er auch einen Briefwechsel mit Hans Brügelmann wiedergibt, der die festgefahrenen Positionen verdeutlicht, vgl. darüber hinaus Schründer-Lenzen 2007, S. 148. 254 40 3 Aktuelle Situation in Wissenschaft/Didaktik–Methodenstreit oder Methodenintegration? Unterrichtsforschungen zu offenen Lehr- und Lernformen immer Schwierigkeiten mit der Variabilität und mit methodischen Uneindeutigkeiten auf. Zum einen, da es insgesamt einen starken Trend dahin gibt, dass Lehrer von sich behaupten „offen“ zu unterrichten, weil dies als pädagogisch erwünscht gilt. Was sie im Einzelnen damit meinen, bleibt jedoch oft unklar und entspricht häufig nicht dem, was die Vertreter des Spracherfahrungsansatzes darunter verstehen.257 Schründer-Lenzen betont zusätzlich, dass man nicht davon ausgehen dürfe, dass sich die in der theoretischen Auseinandersetzung stattfindende Annäherung der Positionen auch in der Praxis in ähnlicher Weise vollziehe. Gegen Ende der 1980er Jahre gaben nach Ergebnissen der Herff-Studie von 1993 noch über 90% der Lehrer an eine Fibel zu benutzen, diese Zahl ist zwar seitdem kontinuierlich gesunken, bleibt aber nach wie vor bei mindesten 50%.258 Damit zeigt sich zugleich die zweite Schwierigkeit im Hinblick auf empirisch vergleichbare Ergebnisse. Es fehlt eine theoriegeleitete Rahmenkonzeption offener Unterrichtskonzepte.259 Das dritte Problem stellt die Divergenz der Testbedingungen dar. Standardisierte Leistungsmessungen verfolgen einerseits nicht die Ziele offener Lernverfahren und berücksichtigen andererseits nicht, dass durch diesen Typ der Leistungsmessung ein Instrument verwandt wird, welches die SchülerInnen der offenen Lernformen benachteiligt, da sie keinerlei Erfahrungen mit derartigen Leistungssituationen haben.260 Die Herff-Studie von 1993 ist eine Totalerhebung der im Regierungsbezirk Köln durchgeführten Leselehrmethoden im Schuljahr 1988/89. Sie zielt zusätzlich auf einen Vergleich der Leselehrerfolge der unterschiedlichen Methoden. Insbesondere geht es jedoch um die Feststellung einer quantitativen Veränderung des Einsatzes verschiedener Fibellehrgangsmethoden und damit nicht um den Vergleich Unterrichtsorganisationsformen. 1303 zwischen Klassen werden verschiedenen anhand einer 257 Vgl. Hanke 1997, S. 234f.; die Tendenz, dass eine „offene“ Unterrichtform bzw. eine Orientierung weg von einem starren Lehrgangsprinzip als die in der Öffentlichkeit erwünschte Form des Unterrichts wahrgenommen wird, lässt sich auch durch die Ergebnisse der Fragebogenerhebung dieser Examensarbeit belegen, vgl. Kapitel 4.4. 258 Vgl. Schründer-Lenzen 2007, S. 152; zur Herff-Studie, vgl. Herff 1993; Hanke 1998, S. 192ff., zur Hanke-Studie, Hanke 1997, S. 237ff., vgl. auch die Ergebnisse der Fragebogenerhebung dieser Arbeit, Kapitel 4.4. 259 Innerhalb der Wissenschaft gibt es keinen einheitlichen Konsens zur Definition des „Offenen Unterrichts“, vgl. Schründer-Lenzen, S. 149f. 260 Vgl. ebd.; Hanke 1998, S. 196. 41 3 Aktuelle Situation in Wissenschaft/Didaktik–Methodenstreit oder Methodenintegration? LehrerInnenbefragung untersucht. Die Auswertung zeigt, dass 1988/89 die analytisch-synthetische Methode beim Leselehrprozess am stärksten verbreitet ist (73,83%), während offene Lernkonzeptionen so gut wie gar nicht angewendet werden. Lesen durch Schreiben wird in 0,54% der Klassen eingesetzt, der Spracherfahrungsansatz kommt in anderer Form nicht vor. In keiner Klasse wird „ganz auf eine Steuerung des Leselernprozesses durch einen Lehrgang verzichtet und den Schülern konsequent die Freiheit zu individuellen Lernwegen eingeräumt“.261 Auf der Grundlage dieser Werte kommt Herff nach der Auswertung der Fragebögen bezüglich der Leseleistungen der SchülerInnen zu dem Ergebnis, dass sich bei den unterschiedlichen Methoden nur sehr geringe Differenzen beim Leselernerfolg ausmachen lassen.262 Die Hanke-Studie ist zweijährig angelegt und untersucht von 1994-96 Kölner Grundschulanfangsklassen. Es sollen die Rechtschreib- und Leselehrprozesse bei einem Einsatz verschiedener Methoden des Schriftspracherwerbs (fibelgebunden, offen, Mischform) erfasst, aber keine Effektivitätsanalyse durchgeführt werden. Hier erfolgt die Erhebung des Untersuchungsmaterials sowohl durch Fragebögen an die Lehrpersonen als auch durch speziell geschulte Beobachter. Im Ergebnis zeigt sich, dass die Lehrenden im Anfangsunterricht mittlerweile zu einer Mischform von offenen und geschlossenen Elementen tendieren. Und zwar ganz gleich, ob sie mit einer eher offenen oder einer geschlossenen Form des Unterrichts beginnen. Nach den Beobachtungen der Hanke-Studie gibt es keinen durchgehaltenen Unterrichtsstil: „Lehrende passen ihren Stil an und verändern ihn entsprechend den rückläufige klassenspezifischen Gegebenheiten, wobei Tendenz Materialien gibt“ hinsichtlich des Einsatzes es eine lehrgangsgebundener 263 In der Poerschke-Studie von 1999 werden fünfzehn Hamburger erste Grundschulklassen im Hinblick auf die individuelle Entwicklung der 261 Herff 1993, S. 215. Sie kritisiert den Spracherfahrungsansatz darüber hinaus scharf. Vgl. ebd. Gerade für deutsche SchülerInnen hat der Einsatz von Arbeitsmitteln, die über die üblichen Fibelmaterialien hinausgehen, keine Verbesserung des Lernerfolges zur Folge; bei nichtdeutschen SchülerInnen kann dieser sogar den Lernerfolg gefährden. 263 Zum genauen Verfahren und deren Zielen und Ergebnissen, vgl. Hanke 1997, S. 237ff.; vgl. auch Peschel 2004, S. 65. 262 42 3 Aktuelle Situation in Wissenschaft/Didaktik–Methodenstreit oder Methodenintegration? Lesefähigkeit im Verlauf der ersten Klasse zwischen eher frontal durchgeführtem Fibellehrgängen und offenen Unterrichtskonzepten nach der Reichen verglichen.264 Methode Beobachtungsstunden durch, um Poerschke die führt verschiedenen zunächst Klassen zwei drei Unterrichtstypen zuzuordnen.265 Die Fibelklassen bieten alle eine gute Qualität des Unterrichts (fünf Klassen), von den „Reichenklassen“ haben sechs nur mäßige und zwei sehr gute Unterrichtsqualität. Das Ergebnis zeigt, dass bei „offenen“ Unterrichtsformen die Wahrscheinlichkeit für sehr unterschiedliche Realisierungsformen in der Schulpraxis höher ist und damit auch die Wahrscheinlichkeit höher liegt, dass sich sehr unterschiedliche Qualitätsstandards feststellen lassen. Bei frontal unterrichteten Klassen gibt es weniger Unterschiede in der Qualität des Unterrichts. Poerschke sieht dies durch die klaren Zielvorgaben des Unterrichts begründet, die durch die Orientierung an den Schulbüchern unterstütz werden. Die Unterrichtsqualität sei damit besonders beim offenen Unterricht von der jeweils unterrichtenden Lehrkraft abhängig.266 Die Ergebnisse der Poerschke-Studie lassen darüber hinaus Aussagen zu der Frage zu, welche Methoden Leselehrerfolge bei leistungsstärkeren und welche bei leistungsschwächeren SchülerInnen verstärken können.267 Es zeigt sich, dass SchülerInnen mit schwächeren Lernvoraussetzungen insgesamt eher von einer strukturierten, direkten Instruktion profitieren. Leistungsstärkere Kinder hingegen werden besser von einem Unterrichtsmuster gefördert, das eine Selbstorganisation von Lernprozessen ermöglicht.268 Für SchülerInnen mit durchschnittlichen kognitiven Fähigkeiten, und diese stellen die größte Gruppe innerhalb dieser Untersuchung und im Schulalltag insgesamt, macht es keinen Unterschied für den Lernerfolg, ob sie im Zusammenhang mit Leselernerfolgen eher frontal oder eher offen unterrichtet werden. Diese Aussagen werden durch Ergebnisse aus der pädagogischen Psychologie und 264 Problematisch erscheint hier, dass Kinder nicht deutscher Muttersprache nicht berücksichtigt werden, obwohl sie 14,5% der Gesamtstichprobe ausmachen, vgl. Poerschke 1999, S. 50ff. 265 Typ I (Offener Unterricht mit mäßiger Unterrichtsqualität), Typ II (Frontalunterricht mit guter Unterrichtsqualität), Typ III (Offener Unterricht mit sehr guter Unterrichtsqualität); zwei Klassen fallen bei diesen Beobachtungen wegen ihres sehr schlechten Abschneidens ganz raus, vgl. ebd. 266 Vgl. ebd., S. 148f. 267 Die Entwicklung der Lesefähigkeit wird in Einzeltestverfahren anhand von Lesebogen und Lesestichproben vorgenommen. 268 Vgl. Poerschke 1999, S. 133ff.; vgl. Schründer-Lenzen 2007, S.155. 43 3 Aktuelle Situation in Wissenschaft/Didaktik–Methodenstreit oder Methodenintegration? der Berliner Studie BeLesen, die von 2002-2006 die Rechtschreibleistungen Ende der 3. Klasse untersuchte, unterstützt.269 Eine weitere Studien, die in diesem Zusammenhang genannt werden muss, ist die Studie BRDDR von Brügelmann, Lange, Spitta u. a., die 1990 kurz nach dem Fall der Mauer die Rechtschreibleistungen Hamburger Grundschulkinder mit denen aus der ehemaligen DDR und aus der Schweiz vergleicht. Sie zielt ebenfalls auf eine Effizienzaussage der unterschiedlichen Methoden, die in den drei Untersuchungsgebieten eingesetzt werden, ab. Dabei beinhaltet die Stichprobe für Deutschland „West“ sehr unterschiedliche und nicht im Einzelnen kommentierte Unterrichtsansätzen. Es kommen sowohl offene als auch geschlossene Formen vor, in der Mehrheit aber wohl Mischformen. Bei der Stichprobe aus dem östlichen Deutschland wird ein eher lehrgangsbezogenes Konzept angenommen. Die Schweizer Stichprobe wird hauptsächlich nach der Reichenmethode unterrichtet.270 Ein Ergebnis ist unter anderem, dass in der ersten Klasse die Stichprobe Lesen durch Schreiben sowohl im Schreiben eins Diktates als auch im freien Schreiben besser abschneidet, als die Stichprobe „West“. In der orthographischen Schreibung ist hingegen die Stichprobe „Ost“ den anderen beiden überlegen. Die Studie und ihre Ergebnisse sind jedoch insgesamt innerhalb der Forschung sehr umstritten, sowohl was die Repräsentativität der Stichprobe angeht als auch die Gütekriterien der Untersuchungsinstrumente.271 Ähnlich umstritten diskutiert wird der BLK-Modellversuch „Elementare Schriftkultur als Prävention von Lese-/ Rechtschreibschwierigkeiten und Analphabetismus bei Grundschulkindern“ von 1996. Bei diesem lässt sich im Ganzen jedoch ein 269 Vgl. ebd.; zur pädagogischen Psychologie und deren empirischen Untersuchungen, vgl. Weinert 1996, S. 30f. Zu BeLesen, bei der ausschließlich Klassen aus sozialen Brennpunkten mit einem hohen Anteil an Migrantenkindern untersucht werden und sich deutlich zeigt, dass ein besonders hoher Anteil an Differenzierung und Individualisierung für Migrantenkinder negativ, ein lehrgangsorientierter Schriftspracherwerb sich hingegen positiv auf die Rechtschreibleistung auswirkt, vgl. Merkens/ Schründer-Lenzen 2006, S. 15ff.; vgl. auch Metze 2008, S. 19. Ähnliche Ergebnisse liefern auch der Hessische Modellversuch von Schulte-Körner und Deimel aus dem Jahren 2002-2004, vgl. ebd., S. 18. 270 Vgl. Brügelmann u. a. 1994, S. 129ff. 271 So hat die Untersuchungsgruppe „Ost“ doppelt so viele Unterrichtstunden im Deutschunterricht absolviert, wie die anderen beiden Gruppen, vgl. z. B. Hanke 1998, S. 193ff. ; Peschel 2004, S.48ff.; Schründer-Lenzen 2007, S. 162. Die Ergebnisse sollen aus diesen Gründen hier nicht näher besprochen werden. Die Vertreter des Spracherfahrungsansatzes leiten aus ihnen in der Folge eine Akzeptanz des Reichenkonzeptes ab. 44 3 Aktuelle Situation in Wissenschaft/Didaktik–Methodenstreit oder Methodenintegration? hoher Zusammenhang zwischen der individuellen Unterrichtsqualität der Lehrperson und den Erfolgen in der Rechtschreibleistung feststellen.272 Die bisher vorliegenden Ergebnisse der empirischen Unterrichtsforschung machen eine Tendenz deutlich. Ein lernförderlicher Anfangsunterricht ist scheinbar besonders auf systematische Instruktion angewiesen. Je früher, strukturierter und intensiver auf den Gegenstand Schriftsprache bezogen dieses Instruktionsverhalten einsetzt, umso besser fallen die individuellen Lernergebnisse, insbesondere der leistungsschwachen SchülerInnen aus. Bei den leistungsstarken SchülerInnen hingegen ist systematische Instruktion nicht entscheidend für den Lernerfolg; sie zeigen gerade bei Unterrichtsformen, die eine hohe Selbststrukturierung fordern, die besten Lernergebnisse.273 Insgesamt ist jedoch die empirische Befundlage zu den Methoden des Schriftspracherwerbs „keineswegs zufriedenstellend“.274 So fehlen insbesondere Längsschnittstudien, die längerfristige Methodeneffekte sichtbar machen, und Studien, in denen eine Verknüpfung quantitativer und qualitativer Forschungsmethoden geleistet wird. 3.3 Methodenrepräsentation in aktuellen Fibellehrgänge Im Folgenden sollen einige aktuell in der Schule eingesetzte Unterrichtsmaterialien zum Schriftspracherwerb in kurzer Form vorgestellt werden. Die Auswahl der Werke basiert auf der Grundlage der Fragebogenerhebung dieser Examensarbeit. Alle vorgestellten Materialien werden zurzeit von einer oder mehreren Lehrpersonen im Schriftspracherwerbsunterricht eingesetzt.275 Ein Fibellehrgang wurde zu Beginn der Annäherungsphase der wissenschaftlichen Methodendiskussion 272 Deshalb wird dieser hier nur erwähnt, zu der besonderen Problematik, vgl. Hanke 1998, S. 195f. , Peschel 2004, S. 60ff.; Schründer-Lenzen 2007, S. 166. Weitere Studien in diesem Zusammenhang, die sich zumeist mit einzelnen Aspekten der Methodeneffizienz befassen, sind: die PLUS-Studie von May, Teile der LAU-Untersuchung von Lehmann, der Unterrichtsversuch des Kantons Bern, Teile der IGLUStudien, die Erlanger Untersuchung von Kirschhock, die Hamburger Fallstudie zu Lesen durch Schreiben von Peschel. Einen guten Überblick über die einzelnen Untersuchungen und deren Ergebnisse geben: Schründer-Lenzen 2007, Kapitel 7; Peschel 2004, Kapitel 3, Metze 2008, S. 6ff. , mit ausführlichen Grafiken der einzelnen Studien. 273 Vgl. Schründer-Lenzen 2007, S. 173f. 274 Vgl. ebd.; Hanke 1997, S. 242. 275 Es soll an dieser Stelle keine vollständige Analyse der unterschiedlichen Lehrwerke geleistet werden, sie sollen lediglich auf die Fragestellung: „Findet eine Methodenintegration der verschiedenen Ansätze statt – ja oder nein?“ untersucht und die entsprechenden Materialien kurz vorgestellt werden. 45 3 Aktuelle Situation in Wissenschaft/Didaktik–Methodenstreit oder Methodenintegration? veröffentlicht (Bausteine Fibel von 1999). Der andere Fibellehrgang ist erstmals im Jahr 2005 erschienen (Duden Fibel). 3.3.1 Fibellehrgang Bausteine276 Der Lehrgang aus dem Jahr 1999 besteht aus einer Fibel mit zwei verschiedenen Anlauttabellen, einem Schreiblehrgang, einer Sammlung von Arbeitsblättern und einem Lehrerhandbuch. Die Fibel beinhaltet eine Ansprache an die Eltern, in der diese auf mögliche Probleme der zukünftigen SchülerInnen-Elterninteraktion zum Umgang mit dem Schriftspracherwerb im Allgemeinen und der Benutzung der Fibel im Besonderen hingewiesen werden (Unterschiede Buchstabennamen und Lauten, laugetreues Verschriften mit Hilfe der Anlauttabelle, fehlende PhonemGraphem-Korrespondenz). Sie ist in 12 Buchstaben- und ein JahreszeitenKapitel untergliedert, die jeweils inhaltlich in sich abgeschlossene Komplexe bilden. Die Einleitungsdoppelseiten der Buchstaben-Kapitel sind zur Bildbetrachtung und zum Vorlesen gedacht. Es gibt Texte, die alle Kinder selbstständig erlesen sollen und andere, mit besonderer Kennzeichnung, die als Zusatztexte für stärkere Leser gedacht sind. Die Fibel arbeitet mit einer Methodenkombination aus analytisch- synthetischen und methodenintegrierenden Leselehrverfahren und Elementen aus dem Spracherfahrungsansatz. Sie versucht damit jedem Kind einen individuellen Zugang zur Schriftsprache zu ermöglichen.277 276 Dieser Lehrgang wird von zwei Lehrerinnen der Fragebogenuntersuchung eingesetzt Eine von ihnen ist an einer Förderschule Sprache tätig, die andere in einer Regelgrundschule (Klasse zwei). Herausgegeben wurde der Fibellehrgang von Siegfried Buck, erarbeitet von Gisela Buck, Siegfried Buck, Gabriele Hinze, Siegfried Müller, Luitgard Schell, Helge Weinrebe. Erschienen ist er im Diesterwegverlag. 277 Vgl. auch die Ausführungen des Fibelautors Buck an anderer Stelle, Buck 2002, S. 376f. 46 3 Aktuelle Situation in Wissenschaft/Didaktik–Methodenstreit oder Methodenintegration? Abb. 10: Bausteine Fibel 1999, S. 14/15 Die in Abbildung 10 vorgestellte Doppelseite dient der Einführung des Buchstaben <s>. Bereits eingeführt sind zu diesem Lehrgangszeitpunkt die Buchstaben <e>, <l> und <a>, jeweils mit dem Klein- und Großbuchstaben. Hier trifft Ela mit ihrem Elefanten an einem See ihren Freund Lasse mit dem Esel Stella. Auf der linken Seite finden sich Texte nach der analytischsynthetischen Methode. Die Wörter können alle mit den bisher eingeführten Buchstaben analytisch-synthetisch gelesen werden. Auf der Mitte der rechten Seite finden sich Wörter, die mit Hilfe der Anlauttabelle erschlossen werden können, wobei diese nicht aufgeschlagen werden muss, da die entsprechenden Anlautbilder als Buchstabenersatz abgebildet sind. Die schon eingeführten Buchstaben erscheinen als Buchstabenzeichen, wobei im oberen Bereich der Seite zusätzlich die entsprechenden Anlautbilder mit Buchstabenzuordnungen platziert sind. In einem Kasten im unteren Drittel der rechten Seite befindet sich ein entsprechend markierter Text,278 der zusätzlich noch nicht erarbeitete Buchstaben erhält. Er kann nach der integrierenden Methode, in der auch ein ganzheitliches Worterschließen erlaubt ist, gelesen werden. 278 Diese Texte sind durch eine Elefantenfigur gekennzeichnet. 47 3 Aktuelle Situation in Wissenschaft/Didaktik–Methodenstreit oder Methodenintegration? Der Fibellehrgang bietet gleich zwei „Anlauttabellen“. Eine befindet sich vorne im Fibelumschlag (Abb. 11), eine hinten (Abb.12). Sie sind unterschiedlich gestaltet, die Anlautbilder an sich sind jedoch identisch. Die „Tabelle“ vorne stellt eine Szene innerhalb einer Manege dar, hier sind alle Anlautbilder und und zugehörigen Buchstaben in Luftballons „verpackt“, sie „fliegen“ in fast alphabetischer Reihenfolge durch die Manege.279 Abb. 11: Bausteine Fibel 1999, Umschlagseite (innen)vorne Die Anlauttabelle am Ende der Fibel ist die eigentlich für den Schriftspracherwerbsunterricht ausschlaggebende (Abb. 12). Sie ist als ein großes Zirkuszelt gestaltet. Zu einem Anlautbild wird jeweils der entsprechende Klein- und Großbuchstabe angeboten. Auch bei den Vokalen wird dabei nur je ein Anlautbild angegeben, um Übersichtlichkeit zu gewährleisten und eine Reduzierung auf den „Sprachlaut“ zu geben.280 Die Vokale bilden das Dach des Zeltes, die Konsonanten die Zeltwand. Zusätzlich finden sich die Grapheme <sch> und <ch> auf einer Tafel neben dem Zelt, das <ch> dabei als einziges nicht als Anlaut. Die Grapheme <st>, <sp>, <pf>, <ng> kommen jedoch nicht vor. Damit werden zwar alle Buchstaben des Alphabets angeboten, im Gegensatz zu der Reichentabelle (Abb. 9), auf weitere, vielleicht wichtige Grapheme wird jedoch auf Grund der Übersichtlichkeit verzichtet. 279 Hierbei handelt es sich nicht um eine klassische Anlauttabelle; sie wird in den Lehrermaterialien auch nicht als solche erwähnt. Trotzdem arbeitet diese Fibelseite mit den Elementen der Anlauttabelle und könnte von den SchülerInnen auch als eine solche wahrgenommen werden. Vgl. zur Problematik unterschiedlicher Anlauttabellen z. B. Topsch 2005, S. 69f.; Schründer-Lenzen 2007, S. 67ff. 280 Vgl. hierzu ausführlich, Buck 2002, S. 379f. 48 3 Aktuelle Situation in Wissenschaft/Didaktik–Methodenstreit oder Methodenintegration? Abb. 12: Bausteine Fibel 1999, Umschlagseite (innen) hinten Die Arbeit mit den Fibelseiten kann durch eine Anzahl an unterschiedlichen und individuell durch die Lehrkraft einsetzbaren Arbeitsblättern erweitert werden. So werden beispielsweise zu jedem Buchstabenzeichen sechs bis acht Seiten zur Auswahl gestellt. Dabei gibt es Schreib- und Nachspurübungen der einzelnen Buchstaben, Laut-Buchstaben-Zuordnungsübungen (zum Beispiel lautet der Arbeitsauftrag auf Seite 1: „Jedes Kind hat zwei Ballons, die mit dem selben Laut anfangen. Schnüre einzeichnen.“), es gibt Ausmalbilder, Lauteinkreisungsübungen, Sprachspiele und Anregungen für freie Schreibanlässe. Der zum Fibellehrgang gehörige „Schreiblehrgang“ wird ab Klasse zwei eingesetzt. Er soll in die Vereinfachte Ausgangsschrift einführen und bietet aber zusätzlich noch eine Tabelle mit einem Rechtschreibgrundwortschatz. 3.3.2 Fibellehrgang Duden281 Der Fibellehrgang des Dudenverlages besteht aus einer Fibel, einem Arbeitsheft mit Druckschriftlehrgang, welcher explizit auf die Fibelseiten ausgerichtet ist, einem Lehrerhandbuch und einem speziellen Arbeitsheft „Spitze in Deutsch“, das Diagnoseaufgaben zur Lernstandserhebung bereithält. 281 Dieser Fibellehrgang wird von einer Lehrerin in einer ersten Klasse in der Grundschule eingesetzt. Herausgeber sind Catrin Brinkmann, Birgit Carstens, Thomas Hanselmann, Elisabeth Hein, Anke Herold, Kerstin Luther, Inga Matthießen, Hans Peters, Simone Straub. Erschienen ist er im PATECDudenverlag in Berlin. 49 3 Aktuelle Situation in Wissenschaft/Didaktik–Methodenstreit oder Methodenintegration? Das Lehrerhandbuch bietet genaue Anweisungen und Hilfestellungen dazu, an welchen Stellen im Lehrgang man die Lernstanderhebungen durchführen und wie man sie auswerten kann.282 Die Fibel selbst ist in elf Kapitel, in denen die Buchstaben eingeführt werden und die jeweils in sich abgeschlossene Themen behandeln, eingeteilt. Den inhaltlichen Rahmen bilden dabei die Hauptfiguren Lexi, Lola und Toto. Zwei Lektüre Kapitel bieten weiterführende jahreszeitliche Texte zum Lesen. Zusätzlich gibt es am Ende des Werkes eine Wörterliste („Gelbe Seiten“). Auch diese Fibel beinhaltet eine Ansprache an die Eltern der SchulanfängerInnen, in der das „Fibelteam“ kurze Erklärungen zum Thema Schriftspracherwerb und der Möglichkeiten der Unterstützung durch die Eltern gibt. Der Fibellehrgang arbeitet ähnlich wie Lehrgang der Bausteine Fibel Methodenkombination synthetischen und Leselehrverfahren und aus dabei, einer analytisch- methodenintegrierenden Elementen Spracherfahrungsansatz. beabsichtigen mit Die die aus dem Fibelautoren Sicherheit eines Lehrgangs mit der Offenheit und Individualität lernwegsorientierter Konzepte zu verbinden.283 So bieten sie regelmäßig Möglichkeiten für freie Schreib- und Erzählanlässe mit Fibelseiten, die fast ganz ohne Text auskommen (Abb. 13). Abb. 13: Duden Fibel 2006, S .8 Anregungen für eine weitere Arbeit mit diesen Seiten finden sich im Arbeitsheft. In Kapitel eins „Hör mal!“ des Fibellehrgangs sollen die SchülerInnen zunächst mit dem Anlautprinzip und dem Arbeiten mit der Anlauttabelle vertraut gemacht werden. Es werden noch keine speziellen Buchstabenzeichen 282 Darüber hinaus bietet der Dudenverlag vielfältige weitere Materialien, die auch für den Schriftspracherwerbsunterricht genutzt werden können, z. B. Lesepässe, Hörtexte, Fibel-Lieder auf CD. 283 Vgl. Lehrerhandbuch Duden Fibel 2006, S. 12f. 50 3 Aktuelle Situation in Wissenschaft/Didaktik–Methodenstreit oder Methodenintegration? eingeführt. Das gesamte Kapitel (Seite vier bis zehn) ist mit dem Symbol einer kleinen Anlauttabelle am oberen äußeren Seitenrand versehen.284 Eine reale Schreibsituation wird nachempfunden. Lola möchte einen Brief an ihre Oma schreiben und benutzt dafür ihre Anlauttabelle (Abb. 14). Abb. 14: Duden Fibel 2006, S. 8/9 Den SchülerInnen wird auf diesem Weg die Anlautmethode anschaulich erklärt. Sie können sich selber in den Figuren wiederfinden und werden zum Nachahmen der Situation angeregt. Der fertige Brief an die Oma findet sich auf der nächsten Fibelseite (Abb.15). Er ist sowohl in Buchstabenzeichen als auch in Anlautbildern formuliert. So wird den SchülerInnen direkt zu Beginn der Fibel über die Anlautmethode und die Anlauttabelle in den Fibelumschlagseiten (Abb. 16) die Möglichkeit gegeben, sich unabhängig vom Lehrgang LautBuchstaben-Beziehungen eigenständig zu erschließen. Dies wird an vielen Stellen des Abb. 15: Duden Fibel 2006, S. 10 Lehrgangs und zusätzlich durch Übungsmaterialien unterstützt. 284 Diese Symbolsystematik zieht sich durch den ganzen Fibellehrgang und findet sich auch in den anderen Arbeitsmaterialien wieder. 51 3 Aktuelle Situation in Wissenschaft/Didaktik–Methodenstreit oder Methodenintegration? Die Duden Fibel bietet dabei zwei unterschiedliche Anlauttabellen an. Diese sind vom Design her identisch. Die Tabelle im hinteren Umschlag (Abb. 16) ist lediglich umfangreicher. Sie gibt auch die weniger verwendeten Grapheme <c>, <qu>, <v>, <x>, <y>, <st>, <sp>, <äu>, <ie>, <ng> und <ß> an, die alle erst im zweiten Teil der Fibel eingeführt werden und für die lautgetreue Beginn nicht des Verschriftung zu Schriftspracherwerbs benötigt werden. Bei den Vokalen bietet sie im Unterschied zu der Anlauttabelle der Bausteine Fibel zwei verschiedene Anlautbilder, um möglichst alle Phoneme zu repräsentieren.285 Abb. 16: Duden Fibel 2006, Anlauttabelle: hinterer Einband Das Fibellehrwerk enthält darüber hinaus zu jedem Kapitel unter der Überschrift „Gewusst wie…“ eine Seite, in der Leseund Schreibstrategien aufgezeigt werden. In den können dazugehörigen diese vertieft Arbeitsheften und eingeübt werden. Abb. 17: Duden Fibel 2006, S. 14 285 Auf eine ausführliche Analyse der Anlauttabelle muss an dieser Stelle verzichtet werden, Analysekriterien finden sich z. B. bei Thomé 2005, S. 69f.; Schründer-Lenzen 2007, S. 67ff. 52 3 Aktuelle Situation in Wissenschaft/Didaktik–Methodenstreit oder Methodenintegration? 3.4 Zwischenergebnis Die beiden knapp vorgestellten Fibelwerke demonstrieren eindrücklich, dass es möglich ist, Fibel und Anlauttabelle (und damit Elemente aus klassischen Fibellehrgängen und aus lernwegsorientierten Konzepten) zusammen zu bringen. Hier findet Methodenintegration statt. Eine Fibel muss also nicht den Einsatz einer Anlauttabelle und darüber hinausgehender didaktischer Überlegungen des Spracherfahrungsansatzes ausschließen. Im Gegenteil, die Fibelautoren und auch die allgemeine Schriftspracherwerbsdidaktik haben sich mittlerweile weitestgehend auf eine Kombination der beiden Ansätze und ihrer Methoden für den Anfangsunterricht im Lesen- und Schreibenlernen geeinigt. Die Ergebnisse der empirischen Forschung zum Thema Methodeneffizienz beim Schriftspracherwerb zeigen, dass es gerade für leistungsschwächere Kinder, häufig solche aus eher bildungsfernen Familien und/ oder auch SchülerInnen mit Migrationshintergrund, sinnvoll sein kann, auch weiterhin Fibellehrgänge beim Schriftspracherwerb einzusetzen. Sie weisen aber auch darauf hin, dass es letztendlich nicht nur auf die eingesetzte Methode ankommt, sondern im Besonderen auf die speziellen Fähigkeiten der LehrerInnen, einen lernförderlichen Unterricht zu gestalten. 53 4 Empirische Untersuchung: LehrerInnenfragebogen zum Schriftspracherwerb________ 4 Empirische Untersuchung: LehrerInnenfragebogen zum Schriftspracherwerb Um die aktuelle Unterrichtssituation im schulischen Alltag des Schriftspracherwerbsunterrichts erfassen zu können, habe ich eine empirische Fragebogenuntersuchung unter LehrerInnen der Primarstufe durchgeführt. Hierbei stehen drei Hypothesen im Fokus der Untersuchung, die anhand der Ergebnisse der Fragebogenauswertung überprüft werden sollen. 1. Es gibt heute in der Grundschule im Schriftspracherwerbsunterricht keinen Methodenstreit mehr. Fibellehrgänge werden häufig durch fibelunabhängige Lernwege erweitert und umgekehrt. Die beiden Ansätze lassen sich nach Meinung des Lehrpersonals sinnvoll miteinander kombinieren. 2. LehrerInnen mit höherem Alter und längerer Tätigkeit im aktiven Schuldienst arbeiten häufiger mit „älteren“ lehrgangsorientierten Methoden und seltener mit offenen, lernwegsorientierten Konzepten, als ihre jüngeren KollegInnen. 3. Zwischen RegelschullehrerInnen und FörderschullehrerInnen gibt es Unterschiede bei der Methodenwahl. RegelschullehrerInnen setzten häufiger Fibellehrgänge ein, als FörderschullehrerInnen. 4. 1 Die Fragebogenmethode „Ein Fragebogen ist eine mehr oder weniger standardisierte Zusammenstellung von Fragen, die Personen zur Beantwortung vorgelegt werden mit dem Ziel, deren Antworten zur Überprüfung der Fragen zugrundeliegenden theoretischen Konzepte und Zusammenhänge zu verwenden. Somit stellt ein Fragebogen das zentrale Verbindungsstück zwischen Theorie und Analyse dar.“335 Der Fragebogen als empirisches Untersuchungsinstrument möchte demnach theoretische Konzepte und Hypothesen über Zusammenhänge von Variablen 335 Porst 1996, S. 738, des Weiteren vgl. auch Porst 2008 für den Rest des Abschnitts S.14ff. 54 4 Empirische Untersuchung: LehrerInnenfragebogen zum Schriftspracherwerb________ überprüfen und damit gleichzeitig die Verbindung zwischen Theorie und Praxis herstellen. Er stellt keine schlichte empirische Aneinanderreihung, sondern eine theoretisch begründete und systematisch präsentierte Auswahl von Fragen dar, mit denen empirische Daten zur Analyse gewonnen werden können. Die schriftliche Befragung mit Hilfe eines Fragebogens ist die klassische Methode der quantitativen Befragung.336 Hierbei bezieht der Befragte anhand einer Vorlage zu ausformulierten Fragen aus einem bestimmten Themengebiet schriftlich Stellung. Von einer schriftlichen Befragung spricht man dann, wenn eine Gruppe von gleichzeitig anwesenden Befragten, in Anwesenheit eines Interviewers oder einer anderen instruierten Person, den vorgelegten ausformulierten Fragebogen ausfüllt. Häufig werden solche schriftlichen Befragungen auch per Post vorgenommen und dann als postalische Befragungen bezeichnet. In der vorliegenden Untersuchung wurde der Fragebogen entweder per Post zugesandt, per E-Mail zugeschickt oder aber persönlich übergeben und auch auf diesen Wegen wieder zurückgesendet. Im Unterschied zur Forschungsmethode des Interviews stehen sich gerade bei der schriftlichen Fragebogenmethode Interviewer und Befragter nicht direkt gegenüber. Der Fragebogen wird anonym ausgefüllt und zurückgegeben. Der Fragende kann den Befragten dabei nicht bewusst oder unbewusst hinsichtlich der Antworten manipulieren. Der Befragte kann jedoch auch kein Rückfragen zum Verständnis stellen, was aber gerade bei vielleicht unbekannten Ausdrücken oder Definitionen zu Unsicherheiten bei den Befragten und damit zu Schwierigkeiten bei der Auswertung der Ergebnisse führen kann. Ein Vorteil dieser Methode ist hingegen, dass der Befragte nicht sofort auf eine Frage reagieren muss und so die Möglichkeit hat, diese gegebenenfalls mehrere Male durchzulesen und unter Umständen auch andere Personen zu Rate zu ziehen.337 336 Zu den Unterschieden zwischen quantitativen und qualitativen Forschungsmethoden und deren zunehmende Kombination, vgl. z. B. Mayer, S. 25ff. 337 Wellenreuther 2000, S. 310f. 55 4 Empirische Untersuchung: LehrerInnenfragebogen zum Schriftspracherwerb________ 4.2 Die Stichprobe Der Fragebogen zum Schriftspracherwerb wurde an insgesamt über 100 im Primarbereich arbeitende LehrerInnen338 entweder postalisch verschickt, per E-Mail zugesandt oder aber persönlich ausgehändigt. Die befragten Personen wurden zufällig ausgewählt, einzige Vorraussetzung war, dass sie im Schriftspracherwerbsunterricht tätig sein mussten. Die ausgefüllten Fragebogen konnten anonym, entweder per Post oder per E-Mail,339 zurückgesandt werden. Es wurden sowohl GrundschullehrerInnen als auch FörderschullehrerInnen in die Untersuchung mit einbezogen, da diese im Fach Deutsch an den Universitäten dieselbe Ausbildung durchlaufen und erst mit dem Referendariat die Differenzierungen der Schulformen beginnt. Ein Vergleich ist aus diesem Grund und wegen der unterschiedlichen unterrichtlichen Voraussetzungen (unterschiedliche Klassengrößen, unterschiedliche Schülerzusammen- setzungen usw.) interessant. Eine der zu untersuchenden Ausgangshypothesen lautet deshalb, dass es Unterschiede bei der Methodenwahl zwischen RegelschullehrerInnen Präferenz der und FörderschullehrerInnen RegelschullehrerInnen für hinsichtlich Fibellehrgänge und einer der FörderschullehrerInnen für fibelunabhängige Lernkonzepte gibt. 4.3 Die Fragen Der LehrerInnenfragebogen zum Schriftspracherwerb (siehe Anlage) besteht aus elf verschieden Fragen. Sechs der Fragen sind geschlossen, drei halboffen und zwei offen. Drei Fragen sind Entscheidungsfragen.340 Zunächst sollen die Befragten die elf Fragen zum Themenkomplex des Schriftspracherwerbs beantworten im Anschluss daran einen Abschnitt mit persönlichen Angaben bearbeiten. 338 Eine genaue Zahl, wie vielen LehrerInnen der Fragebogen zum Ausfüllen vorgelegen hat, kann ich leider nicht nennen. 100 Fragebögen wurden von mir persönlich verschickt und verteilt, diese enthielten jedoch zusätzlich die Aufforderung, den Bogen an andere interessierte KollegInnen weiterzureichen. 339 Damit die Anonymität der Absender auch bei E-Mailsendungen gewahrt blieb, wurden die E-Mails an einer speziellen Adresse gesammelt, von einer zweiten Person anonymisiert und erst danach an mich weitergeleitet. 340 Von diesen sind zwei geschlossen und eine halboffen, zu den Arten von Fragen vgl. z. B. Porst 2008, S. 51ff. 56 4 Empirische Untersuchung: LehrerInnenfragebogen zum Schriftspracherwerb________ Die Fragen lassen sich in vier Themenkomplexe einteilen: eingesetzte Schriftspracherwerbsmethoden, Informationen zu den unterrichteten Klassen, Meinungsbilder zur lernwegsorientierten Kombinationsmöglichkeiten Konzepten beim von Fibeln Schriftspracherwerb, und persönliche Angaben. Der Themenbereich ‚eingesetzte Methoden’ umfasst die meisten Fragen (1, 5, 6, 7, 9, 10). In Frage eins werden die Konzepte erfragt, welche die Probanden in Bezug auf den Schriftspracherwerb im Studium, im Referendariat und danach kennengelernt haben. Sie zielt darauf ab zu erfahren, welche Konzepte zum Schriftspracherwerb den Befragten bekannt sind. Darüber hinaus ist es interessant zu ermitteln, zu welchem Zeitpunkt in der Ausbildung und im Berufsleben die einzelnen Methoden erarbeitet wurden. In Frage fünf soll angegeben werden, welche Methoden die befragten LehrerInnen zurzeit im Schriftspracherwerbsunterricht anwenden. Sie ist halboffen gestellt und möchte zusätzlich den Zeitpunkt ermitteln, seit wann die genannten Methoden eingesetzt werden und welche Werke genau (Fibelnamen usw.) verwendet werden.341 Die sechste Frage, eine offene Frage, möchte die individuelle Motivation für den Einsatz der verwendeten Methoden ermitteln, Frage sieben, die möglichen Methodenwechsel und deren Richtung innerhalb der Laufbahnen der LehrerInnen. In der Frage neun geht es um freie Schreibanlässe und die Fragen, ab welcher Klassenstufe diese eingesetzt werden und welchen zeitlichen Rahmen im Unterricht sie dann einnehmen. Frage zehn bezieht sich analog auf das Stellen von Diktaten beim Schriftspracherwerbsprozess. Der zweite Themenkreis befasst sich mit Fragen zu den jeweils zurzeit unterrichteten Klassen. So soll zunächst die Klassenstufe angegeben werden (Frage zwei). Beabsichtigt ist hier festzustellen, an welcher Stelle im Schriftspracherwerbsprozess sich die SchülerInnen der betreffenden Lehrerinnen gerade befinden und wie aktuell das Thema Schreiben- und Lesenlernen im Anfangsunterricht für die Lehrkräfte augenblicklich also ist. Außerdem interessiert die Klassenstärke (Frage drei) und die 341 Die genannten Lehrmethoden finden sich zum großen Teil in Kapitel zwei und drei wieder, wo sie näher beschrieben und auf methodenintegrierende Elemente hin untersucht werden. 57 4 Empirische Untersuchung: LehrerInnenfragebogen zum Schriftspracherwerb________ Zusammensetzung der Schülerschaft (Frage vier), vor dem Hintergrund, dass unterschiedliche Klassenstärken möglicherweise unterschiedliche Lehrmethoden beim Schriftspracherwerb erfordern bzw. ein Zusammenhang besteht zwischen der sprachlichen Herkunft der Kinder und der gewählten Methode der Lehrerinnen. Im dritten Themenkomplex sollen die Probanden anhand einer numerischen Skala342 Meinungen zur Kombinationsmöglichkeit verschiedener Methoden abgeben. Es wird die Zustimmung abgefragt zur sinnvollen Kombination von Fibel und Anlauttabelle sowie der Kombination von Fibel und freien Schreibanlässen (Frage acht).343 Die Frage dient der Überprüfung, ob nach Meinung des Lehrpersonals heute eine Fibel bzw. eine Anlauttabelle344 grundsätzlich noch als alleinige Methode angewandt werden kann. Diesem Themenbereich gehört zusätzlich Frage elf, eine offene Frage, an. Mit dieser soll in einem Schlussstatement ermittelt werden, wie man nach Meinung der befragten LehrerInnen insgesamt am besten Lesen und Schreiben erlernt. Die Fragen nach den persönlichen Angaben befinden sich, um einen dramaturgisch angemessenen Ablauf zu erhalten, am Schluss des Fragebogens in einem dafür optisch besonders hervorgehobenem Feld.345 Hier sollen Angaben gemacht Fächerkombination; werden Zeitdauer zu: im Alter; aktiven Geschlecht; Schuldienst; Schulform; Anzahl der Anfangsklassen; Studienort, –zeit, und –Fächer; Schule und Zeitpunkt des Referendariats. 342 Zu den Vor- und Nachteilen von verbalisierten bzw. numerischen oder auch endpunktbenannten Skalen vgl. z. B. Porst 2008, S. 77f. 343 Drei der zwei Meinungsbilder sind hier in negativer Formulierung abgegeben, sie müssen dann entsprechend in umgekehrter Rangfolge ausgewertet werden. 344 Wobei hier unter Anlauttabelle darüber hinaus das Gesamtkonzept fibelunabhängiger Lernkonzepte angesprochen wird. 345 Zur Dramaturgie in der Fragebogenerstellung, vgl. z. B., Porst 2008, S. 142f. 58 4 Empirische Untersuchung: LehrerInnenfragebogen zum Schriftspracherwerb________ 4.4 Auswertung und Diskussion der Ergebnisse Der Fragebogen wurde von insgesamt 20 LehrerInnen ausgefüllt zurückgeschickt. Davon sind 19 Personen weiblich und eine männlich,346 was keine Auswertung und Interpretation nach einer geschlechtlichen Kategorisierung zulässt, aber im Wesentlichen die augenblickliche personelle Situation in den Grundschulen widerspiegelt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sind im Schuljahr 2006/2007 nur 13% der Lehrkräfte an Grundschulen im gesamten Bundesgebiet Männer. In Nordrhein Westfalen liegt die Rate der männlichen Grundschullehrer mit etwas über 10% sogar noch darunter.347 Vier der befragten Lehrerinnen unterrichten im Primarbereich von Förderschulen (aus den Bereichen: Lernen, Geistige und Emotionale Entwicklung, Sprache und Hören) und 16 an Regelgrundschulen.348 Zwei der Grundschullehrerinnen befinden sich zurzeit noch im Referendariat.349 4.4.1 Hypothese 1 Von den 20 befragten Personen setzen zehn Fibeln im Schriftspracherwerbsunterricht ein. Die genannten Fibellehrgänge sind: Bausteine (dreimal), Leseschule (zweimal), Löwenzahn und Pusteblume (zweimal), Duden (einmal).350 Alle 20 Lehrerinnen verwenden Anlauttabellen. Diejenigen, die einen Fibellehrgang einsetzen, arbeiten bis auf einen Fall alle mit den zugehörigen Anlauttabellen, ansonsten werden genannt: SommerStumpenhorst-Anlauttabelle (fünfmal), Konfetti-Anlauttabelle (dreimal), Tinto-Anlauttabelle (einmal).351 Von den Benutzerinnen der Fibellehrwerke setzen 60% zusätzlich zu diesen noch Elemente aus dem Spracherfahrungsansatz oder aus Lesen durch Schreiben ein. 346 Im Folgenden werde ich die befragten Lehrkräfte aus diesem Grund mit der weiblichen Form der Lehrkraft als „Lehrerinnen“ benennen und möchte damit den männlichen Lehrer einschließen. 347 In NRW waren von 43.984 Lehrkräften im Schuljahr 2006/2007 4.571 männlich, vgl. WDR Internetredaktion Oktober 2007. Mit einer Zunahme ist in den nächsten Jahren nicht zu rechen, denn auch die Studienzahlen männlicher Studierender im Fach Grundschul- und Primarpädagogik nehmen in den letzten Jahren kontinuierlich ab, vgl. dazu z. B. Rohrmann 2007, S. 6. 348 Unter den Grundschullehrerinnen ist eine ausgebildete Sonderpädagogin, die an einer Regelgrundschule unterrichtet, sie wird im Folgenden als Grundschullehrerin in der Analyse geführt. 349 Beide befinden sich im zweiten Jahr ihres Referendariats. 350 Zwei Lehrerinnen machen keine Angaben über den Namen des verwendeten Werkes. 351 Fünf Lehrerinnen nennen den Namen der verwendeten Anlauttabelle nicht. 59 4 Empirische Untersuchung: LehrerInnenfragebogen zum Schriftspracherwerb________ Zurzeit verwendete Methoden im Schriftspracherwerbsunterricht (Mehrfachnennungen möglich) 120% Prozente 100% 80% 60% 40% 20% 0% Reihe1 Fibel Anlauttabelle 50% 100% Spracherfahr- Lesen durch ungsansatz Schreiben 25% 25% Sonstiges SommerStumpenhorst 20% 25% Abb. 18: Zurzeit verwendete Schriftspracherwerbsmethoden Von den 50% der Stichprobe, Schriftspracherwerbsunterricht einsetzen, die keine verwenden Fibel im 50% die Rechtschreibwerkstatt von Norbert Sommer-Stumpenhorst, 20% geben an mit dem Spracherfahrungsansatz zu arbeiten und 30% setzen „sonstige“ Materialien ein (Konfetti-Materialien, individuell erstellte Freiarbeitsmaterialien usw.). Alle befragten Lehrerinnen verwenden darüber hinaus einen Großteil ihres Schriftsprachunterrichts bereits in den Anfangsklassen für freie Schreibanlässe. Im Durchschnitt machen diese 36,35% der Unterrichtszeit aus. Wenn eine Fibel eingesetzt wird, beträgt die Unterrichtszeit für freie Schreibanlässe dabei im Durchschnitt 33,5%, wird keine Fibel eingesetzt 39,2%.352 In der Gruppe der Lehrerinnen, die mit Fibeln arbeiten, lassen alle zehn regelmäßig Diktate beim Schriftspracherwerb schreiben, 70% davon ab der ersten Klasse (durchschnittlich 1,7 mal im Monat), 30% ab der zweiten Klasse (durchschnittlich zweimal im Monat). In der Gruppe der Lehrerinnen, die ohne Fibel arbeiten setzen 20% Diktate im Schriftspracherwerbsunterricht ein, diese dann ab der zweiten Klasse (durchschnittlich 1,5 mal im Monat). Die anderen 80% lassen entweder gar keine Diktate schreiben, oder spezielle Diagnosediktate.353 352 Insgesamt ist hierbei jedoch die Bewertung der Angabe der Unterrichtszeiten, die für freie Schreibanlässe angegeben werden, schwierig, denn die Antworten unterliegen der subjektiven Einschätzung der befragten Lehrpersonen. 353 Dies sind gerade die Lehrerinnen, die angeben mit der Rechtschreibwerkstatt von SommerStumpenhorst zu arbeiten. 60 4 Empirische Untersuchung: LehrerInnenfragebogen zum Schriftspracherwerb________ Auf die Frage, ob sich Fibel und Anlauttabelle sinnvoll in Kombination miteinander einsetzen lassen, und ob sich Fibellehrgänge darüber hinaus gut mit freien Schreibanlässen und Elementen der lernwegsorientierten Konzepte verbinden lassen, antwortet die Gesamtstichprobe mit einer relativ hohen Zustimmung. Der Wert der Lehrerinnen, die Fibel und Anlauttabelle einsetzten, ist dabei jedoch deutlich höher ausgeprägt. Bei den Lehrerinnen, die keine Fibellehrgänge einsetzen, gibt es dagegen nur eine sehr geringe positive Zustimmung. Wobei innerhalb dieser Gruppe unter den Lehrerinnen, die mit den Sommer-Stumpenhorst-Materialien arbeiten, eine sinnvolle Kombination der beiden Ansätze negativ und nicht positiv bewertet wird. Die anderen 50% dieser Gruppe, stimmen der Kombinierbarkeit zu, jedoch mit einem geringeren Wert als dies die Gesamtstichprobe tut. Lassen sich die beiden Ansätze (Fibel - Anlauttabelle) sinnvoll miteinander kombinieren? 6 Zustimmung 5 4 3 2 1 0 -1 Gesamt Fibellehrgang keine Fibel Keine Fibel/nicht SommerStumpenhorst -2 SommerStumpenhorst Abb. 19: Meinungsbild zur Kombinierbarkeit der Methoden Diese Ergebnisse zeigen deutlich, dass sich für die Lehrerinnen in der Primarstufe die Frage Schriftspracherwerbsunterricht „Fibel so und/ nicht oder mehr Anlauttabelle“ stellt. Alle im befragten Lehrerinnen, die eine Fibel verwenden arbeiten zusätzlich auch mit einer Anlauttabelle. Die meisten verwenden dabei die in den Fibellehrgängen integrierten Tabellen. Aus Sicht der wissenschaftlichen Forschung ist von einem Einsatz unterschiedlichen Anlautmaterials dringend abzuraten, da die möglicherweise unterschiedlichen Anlautbilder gerade bei 61 4 Empirische Untersuchung: LehrerInnenfragebogen zum Schriftspracherwerb________ leistungsschwächern SchülerInnen zu Unsicherheiten führen und für Verwirrungen sorgen könnten.354 Der Umgang mit einem Fibellehrgang ist darüber hinaus für 60% der Lehrerinnen, die ihn einsetzten, kein Hindernis, zusätzlich noch Elemente aus dem Spracherfahrungsansatz und aus Lesen durch Schreiben in ihren Schriftspracherwerbsunterricht zu integrieren.355 Man muss sogar davon ausgehen, dass mehr als diese 60% solche Elemente in ihren Unterricht einbauen, denn der Anteil der Unterrichtszeit für freie Schreibanlässe liegt bei den 40%, die angeben, neben dem Fibellehrgang keine weiteren Materialien einzusetzen, mit 28,1% höher, als dass er nur durch die Arbeit mit dem Fibellehrgangsmaterial zu erklären ist.356 Insgesamt liegt der Anteil der Unterrichtszeit in den ersten Klassen, der für freie Schreibanlässe genutzt wird, bei den Fibelnutzerinnen mit 33,5% nur 2,85% unter dem der Gesamtstichprobe und damit sehr hoch. Ein interessantes Ergebnis ist, dass sich die Antworten der Nutzerinnen von Fibellehrgängen bei der Frage nach dem Einsatz von Diktaten im Schriftspracherwerbsunterricht stark von denen unterscheiden, die keine Fibeln einsetzen. Alle Fibelnutzerinnen lassen Diktate schreiben. Der Anteil der Gruppe der Nichtnutzerinnen von Fibeln liegt nur bei 20%. Dies spiegelt deutlich die inhaltliche Konzeption der fibelunabhängigen Lernwegsansätze wieder, insbesondere die Aufgabe des Fehlervermeidungsprinzips und den Gedanken des eigenständigen Durchlaufens von Schriftspracherwerbsstufen bzw. –phasen durch die SchülerInnen. Lauttreue Verschriftung steht zunächst im Mittelpunkt des Schriftspracherwerbsprozesses; Diktate werden gerade bei der von Sommer-Stumpenhorst entwickelten Methode, die in unserer Stichprobe mit insgesamt 25% (bzw. 50% der ohne Fibellehrgang arbeitenden Lehrerinnen) besonders hoch liegt, nur zur Diagnose des individuellen Lernstandes der einzelnen SchülerInnen eingesetzt. 354 Vgl. z. B. Topsch 2005, S. 69f.; Schründer-Lenzen 2007, S. 67ff. Unter Lesen durch Schreiben können die Lehrkräfte hier nicht ausschließlich die Reichenmethode verstehen (so wie auf dem Fragebogen angegeben), denn diese schließt eine zusätzlich Arbeit mit einem Fibellehrgang kategorisch aus, vgl. Kapitel 2.2. 356 Ich beziehe mich hierbei auf die Analyse der beiden Fibellehrgänge Bausteine und Duden (vgl. Kapitel 3.4), eine systematische Untersuchung moderner Fibelwerke in diesem Kontext existiert bisher noch nicht. 355 62 4 Empirische Untersuchung: LehrerInnenfragebogen zum Schriftspracherwerb________ Die Antworten auf die Frage nach der Motivation zur Auswahl der angegebenen Schriftspracherwerbsmethoden bieten vielfältige Interpretationsansätze.357 Zum einen lässt sich deutlich erkennen, dass sowohl bei den Lehrkräften, die mit einer Fibel arbeiten als auch bei denen, die keine Fibel einsetzten, einstimmig Stichworte fallen wie „individuelle Lernwege“, „individuelle Förderung“, „Differenzierung im Unterricht“. Der Einsatz von Fibellehrgängen und individuelle Zugänge zum Schriftspracherwerb müssen sich also nach Meinung der Lehrerinnen nicht ausschließen. Dieses Ergebnis stützt die Aussagen der aktuellen wissenschaftlichen Schriftspracherwerbsdidaktik. Auf der einen Seite versuchen moderne Fibellehrgänge möglichst vielfältige Zugänge zur Schriftsprache und damit Raum für Individualisierung und Differenzierung zu bieten, so dass sie heute in der Forschung häufig als „halboffene“ Konzepte bezeichnet werden.358 Auf der anderen Seite schließen mittlerweile weder die ehemaligen Fibelgegner noch die Fibelbefürworter die Kombination von Fibellehrgängen mit Angeboten aus den lernwegsorientierten Konzepten aus. Hinzu kommt, dass gerade die vermeintlich „offenen“ Lernangebote heute häufig sehr starken Lehrgangscharakter haben. Dies trifft zum Beispiel auf die Rechtschreibwerkstatt Sommer-Stumpenhorsts zu, die in unserer Stichprobe besonders häufig als alleinige Methode im Schriftspracherwerbsunterricht vertreten ist.359 Vier der Lehrerinnen, die ihren SchülerInnen sowohl einen Fibellehrgang als auch zusätzlich individuelle Lernangebote aus dem Spracherfahrungsansatz zur Verfügung stellen, betonen, dass sie auf der einen Seite die Strukturierung des Unterrichts durch die Fibel schätzen, auf der anderen Seite aber auch die frühen Schreib- und Leseerfolge bei der Arbeit mit der Anlauttabelle und dem Spracherfahrungsansatz. „Frühe“ oder „schnelle“ Schreib- und Leserfolge und das „selbstständige Erarbeiten“ von Buchstaben und Lauten wird gerade von den zehn Lehrerinnen, die keine Fibel verwenden häufig (zu 62,5%) als ein Kriterium für die Auswahl ihrer Methode genannt. Die Lehrkräfte, die mit der Sommer-Stumpenhorst Methode arbeiten, weisen darüber hinaus auf die guten 357 Sie können jedoch an dieser Stelle nicht alle angegeben und diskutiert werden, da sie aus einer offenen Frage hervorgegangen sind. 358 Vgl. z. B. Bergk 2002, S. 396. 359 Vgl. Sommer-Stumpenhorst/ Hötzel 1991, S. 9f. 63 4 Empirische Untersuchung: LehrerInnenfragebogen zum Schriftspracherwerb________ Möglichkeiten der Diagnose des Leistungsstandes der einzelnen SchülerInnen und die Vermittlung von Methodenkompetenzen hin.360 Diese Ergebnisse werden bestätigt von den Antworten auf die Frage: „Lesen und Schreiben lernt man am besten …….?“. Fast die Hälfte aller Antworten (42,86%) ist „durch Lesen und Schreiben“ bzw. „indem man es selber tut“. Sie finden sich zu gleichen Teilen, sowohl bei den Nutzerinnen von Fibellehrgängen als auch bei den Lehrerinnen, die ohne eine Fibel arbeiten. Wobei eine Lehrerin, die mit der Sommer-Stumpenhorst-Methode arbeitet und eine Lehrerin, die einen Fibellehrgang und zusätzlich Lesen durch Schreiben nutzt, betonen, dass lernschwächere SchülerInnen zusätzlich zur freien Methodenwahl strukturierte Elemente benötigen, um nicht überfordert zu werden: „Es kommt aber auf das Kind an. Schwache Kinder brauchen ein Gerüst, an dem die sich orientieren können.“ Auch dieses Problem ist, wie in Kapitel drei beschrieben, sowohl von der empirischen Forschung zum Schriftspracherwerb als auch durch allgemeine Leistungseffizienzstudien aus der pädagogischen Psychologie bestätigt worden.361 Ein weiteres Ergebnis der Analyse der Gesamtstichprobe ist, dass alle befragten Lehrerinnen angeben, sowohl Fibeln als auch Anlauttabellen zu kennen. Die Konzepte des Spracherfahrungsansatzes und die Reichenmethode haben jedoch, nach eigenen Angaben, 40% bzw. 15% bisher nicht kennen gelernt. Wobei davon auszugehen ist, dass diese Prozentzahlen zu hoch ausfallen, denn einige der Lehrerinnen geben im weiteren Verlauf der Befragung an, zwischen den zuvor als nicht bekannt markierten Methoden gewechselt zu haben. Das Problem ist hier möglicherweise ein definitorisches. So kann es sein, dass die Lehrerinnen mit einzelnen Elementen der lernwegsorientierten Konzepte arbeiten ohne dass ihnen der Oberbegriff des Spracherfahrungsansatzes genau bekannt ist. Trotz dieser Analyseergebnisse kann Hypothese eins, dass sich der Methodenstreit zwischen Anhängern der Fibellehrgänge und solchen der 360 Ein wichtiger Bestandteil der Arbeit mit der Rechtschreibwerkstatt von Sommer-Stumpenhorst ist die frühe Einführung der SchülerInnen in Methoden, mit denen sie sich die Schriftsprache möglichst selbstständig erschließen können, vgl. Sommerst-Stumpenhorst/ Hötzel 2001, S. 31ff., S. 39f., S, 69ff., S. 87ff. 361 Vgl. Weinert 1996, S. 30f 64 4 Empirische Untersuchung: LehrerInnenfragebogen zum Schriftspracherwerb________ lernwegsorientierten Konzepte zum Schriftspracherwerb zu Gunsten einer Entscheidung für eine Methodenkombination bzw. –integration aufgelöst hat, nicht vollkommen bestätigt werden. Gerade unter den Lehrerinnen, die die Rechtschreibwerkstatt von Sommer-Stumpenhorst und damit ein lernwegorientiertes, individuell ausgerichtetes Konzept im Anfangsunterricht zum Schriftspracherwerb einsetzten, herrscht insgesamt die Tendenz vor, dass sich die beiden Ansätze nicht sinnvoll miteinander kombinieren lassen (Abb. 19). Damit muss auch die Frage nach „Fibel und/ oder Anlauttabelle“ für diese 25% der insgesamt befragten Lehrpersonen mit „oder“ und nicht mit „und“ beantwortet werden. Bei 50% der Stichprobe fällt die Antwort hingegen mit einem klaren „und“ aus, da diese aktuell sowohl eine Fibel als auch eine Anlauttabelle im Sprachunterricht einsetzen. So auch das Abschlussstatement einer Fibelnutzerin: „Lesen und Schreiben lern man am besten durch: Anlauttabelle, Fibel, freies Schreiben“ 4.4.2 Hypothese 2 Die 20 Lehrerinnen lassen sich in drei Kategorien bezüglich ihrer absolvierten Jahre im Schuldienst unterteilen. Die Unterteilung nach Berufsjahren erscheint bei der Überprüfung von Hypothese zwei hier sinnvoller als eine Einteilung nach Lebensalter. Die erste und zahlenmäßig größte Gruppe bildet dabei die der Lehrerinnen mit eineinhalb bis neun Jahren Berufserfahrung. Hierin befinden sich 12 Personen. bis 20 Jahren Berufserfahrung dar; in dieser befinden sind vier Personen. Gruppe drei besteht aus den Lehrerinnen, die über 20 Jahre im Schuldienst vorweisen können; hier sind ebenfalls vier Personen einzuordnen.362 Anzahl der Lehrerinnen Die zweite Gruppe stellt die Lehrpersonen mit zehn Jahre im Schuldienst 14 12 10 8 6 4 2 0 1 1/2 bis 9 10 bis 20 über 20 Jahre Abb. 20: Jahre im Schuldienst 362 Es wäre auch eine Unterteilung nach der Anzahl der Anfangsklassen möglich gewesen. In Gruppe eins wären die Lehrerinnen mit einer oder zwei Anfangsklassen einzuordnen (ebenfalls 12), in Gruppe zwei diejenigen mit drei Anfangsklassen (fünf an Stelle von vier) und in Gruppe drei die Lehrpersonen mit mehr als drei Anfangsklassen (drei anstelle von vier). Es würde sich demnach eine Verschiebung der Gruppen zwei und drei ergeben. Die Unterteilung nach Berufsjahren erscheint jedoch sinnvoller, da gerade die ersten Berufsjahre durch einen häufigen Schulwechsel und damit keinem komplettem Turnus von vier Jahren Klassenbegleitung geprägt sind. 65 4 Empirische Untersuchung: LehrerInnenfragebogen zum Schriftspracherwerb________ Diese drei Gruppen bilden die Grundlage für die Überprüfung von Hypothese zwei, dass länger im Lehrberuf tätige Lehrerinnen eher „ältere“ Methoden beim Schriftspracherwerb einsetzten, als ihre jüngeren KollegInnen (Abb. 20).363 In der Gruppe, hohes Berufsalter, findet sich nur eine Fibelnutzerin (Bausteine), alle anderen Lehrerinnen verwenden die Materialien SommerStumpenhorsts im Schriftspracherwerbsunterricht. In der Gruppe mit mittlerem Berufsalter benutzen zwei Lehrerinnen Fibellehrgänge (Leseschule, ohne Angabe) und zwei lernwegsorientierte Konzepte (Sommer- Stumpenhorst, Lesen durch Schreiben). Eine der Fibelnutzerinnen gibt an, zusätzlich das Konzept Lesen durch Schreiben einzusetzen. Bei den Lehrerinnen mit niedrigem Berufsalter arbeiten 58,3% mit einem Fibellehrgang (Duden, Bausteine, Leseschule, Löwenzahn und Pusteblume), von diesen jedoch 71,4% zusätzlich noch mit weiteren Methoden. 41,7% verwenden keine Fibel (Sommer-Stumpenhorst, Konfetti, Spracherfahrungsansatz, sonstiges). Prozente Mit welcher Methode/ welchen Methoden arbeiten Sie zurzeit im Schriftspracherwerbsunterricht? 80 70 60 50 40 30 20 10 0 niedriges Berufsalter mittleres Berufsalter hohes Berufsalter Fibel keine Fibel Abb. 21: Berufsalter und Methodennutzung im Schriftspracherwerbsunterricht 363 Die unterschiedlichen Gruppenstärken machen die Vergleichbarkeit der Gruppen problematisch. In einer größer angelegten Studie wird es daher für die Zukunft nötig sein, die Untersuchungsergebnisse anhand einer größeren Gesamtstichprobe, die nach zahlenmäßig gleichwertigen Teilgruppen untergliedert werden kann, zu überprüfen. 66 4 Empirische Untersuchung: LehrerInnenfragebogen zum Schriftspracherwerb________ Bei den Möglichkeiten für freie Schreibanlässe zeichnet sich eine ähnliche Tendenz ab. In der Gruppe hohes Berufsalter geben die Lehrerinnen an, im Durchschnitt 53,75% der Unterrichtszeit im Schriftspracherwerb für diese zu verwenden. Die Gruppe mittleres Berufsalter nutzt durchschnittlich 31,25% der Unterrichtszeit für freie Schreibanlässe und die Gruppe jüngeres Berufsalter im Durchschnitt 31,59%.364 Hypothese zwei lässt sich mit diesen Ergebnissen nicht bestätigen. Es scheint im Gegenteil der Fall zu sein, dass die Lehrerinnen mit höherem Berufsalter wesentlich häufiger fibelunabhängige Lernkonzepte einsetzen, als ihre jüngeren KollegInnen. Auffällig ist jedoch, dass in der Gruppe hohes Berufsalter 75% der Lehrerinnen mit den Materialien Sommer-Stumpenhorsts arbeiten. In der Gruppe mittleres Berufsalter sind es 25% und in der Gruppe jüngeres Berufsalter 8,3%. Dies spiegelt sich auch in den Antworten zur Frage der möglichen sinnvollen Kombinierbarkeit von Fibellehrgängen und lernwegsorientierten Konzepten wider. Die Lehrerinnen mit hohem und mittlerem Berufsalter geben hier eine geringe positive Zustimmung, die Lehrerinnen mit niedrigem Berufsalter eine hohe positive Zustimmung, die über dem Wert der Gesamtstichprobe liegt (Abb. 22, vgl. auch Abb. 19). Zustimmung Lassen sich die beiden Ansätze (Fibel - Anlauttabelle) sinnvoll miteinander kombinieren? 4,5 4 3,5 3 2,5 2 1,5 1 0,5 0 Gesamt junges Berufsalter mittleres Berufsalter hohes Berufsalter Abb.22: Meinungsbild zur Kombinierbarkeit der Methoden in Abhängigkeit vom Berufsalter 364 Wenn man die Förderschullehrerinnen nicht berücksichtigt, sind es 33,13%. Alle Förderschullehrerinnen befinden sich in dieser Gruppe, vgl. auch Kapitel 4.4.3. 67 4 Empirische Untersuchung: LehrerInnenfragebogen zum Schriftspracherwerb________ Ein Erklärungsansatz für diese Ergebnisse findet sich in den Antworten zur Motivation für den Einsatz der genannten Methode. Gerade bei den jüngeren Lehrerinnen besteht scheinbar eine gewisse Unsicherheit, wie sie ihren Unterricht strukturieren sollen. Ein Fibellehrgang kann in diesem Fall eine gute und sinnvolle Strukturierungshilfe sein. So erklärt eine Fibelnutzerin der Gruppe junges Berufsalter den Einsatz ihres Fibellehrgangs mit den folgenden Worten: „Wir haben das Lehrwerk auf unserer Stufe eingeführt. Ich habe mein 1. Schuljahr damit unterrichtet, weil ich als ,Neuling’ auf eine etwas enger gesteckte Methode zurückgreifen wollte – Lesen durch Schreiben bot mir zu wenig Haltepunkte…Bei Löwenzahn und Pusteblume wird sowohl der klassische Fibellehrgang als auch Arbeiten mit der Anlauttabelle ermöglicht.“365 Darüber hinaus scheint es gerade bei den jüngeren Lehrerinnen verstärkt der Fall zu sein, dass sie sich in ihrer Methodenwahl an älteren KollegInnen oder an den Vorgaben der Schule orientieren. 33% der Lehrerinnen diese Gruppe machen Angaben wie, „weil es an der Schule so gemacht wird“ oder „wurde mir in der Ausbildung so beigebracht und empfohlen“. Dabei macht es jedoch keinen Unterschied, ob diese mit einem Fibellehrgang arbeiten oder eine andere Methode verwenden. Interessant ist in diesem Kontext auch die Frage nach Methodenwechseln innerhalb der Berufslaufbahn. In der Gruppe junges Berufsalter hat es bisher kaum Methodenwechsel gegeben, lediglich eine Lehrerin hat schon einmal ihre Methode gewechselt (von einem Fibellehrgang zu der Rechtschreibwerkstatt Sommer-Stumpenhorsts).366 In der Gruppe mittleres Berufsalter haben 75% schon ein oder mehrmals die Methode gewechselt. Der am stärksten vertretene Wechsel (50%), war der, von der Fibel als alleinige Unterrichtsmethode zu einer Kombination von Fibel und Anlauttabelle. Bei der Gruppe hohes Berufsalter hat jede Lehrperson mindestens zweimal die Methode geändert. 100% wechselten von der Fibel zur Anlauttabelle, 50% von der Fibel zu Lesen durch Schreiben aber auch 50% von Lesen durch Schreiben 365 Bei zwei weiteren Lehrerinnen dieser Gruppe werden ähnliche Erklärungen für die Methodenwahl gemacht. 366 Hier kann es sein, dass der Methodenwechsel mit der Schule zu tun hat, denn sie gibt unter Frage sechs (Motivation für den Methodeneinsatz) an: „weil es an der Schule so gemacht wird“. 68 4 Empirische Untersuchung: LehrerInnenfragebogen zum Schriftspracherwerb________ zurück zur Fibel.367 Die Methodenwechsel finden gerade in dieser Gruppe nicht nur einseitig in eine Richtung statt. Letztendlich arbeiten jedoch, wie zuvor gezeigt, zurzeit nur 25% mit einem Fibellehrwerk. Es wäre in diesem Zusammenhang interessant zu erfahren, aus welchen Gründen und zu welchen Zeiten die Methodenwechsel der einzelnen Lehrerinnen stattgefunden haben.368 4.4.3 Hypothese 3 In der befragten Stichprobe sind vier Förderschullehrerinnen (Bereiche: Lernen, Geistige und Emotionale Entwicklung, Sprache und Hören). Von diesen setzten 50% einen Fibellehrgang (Bausteine) im Schriftspracherwerbsunterricht ein. Neben diesem verwenden sie jedoch vielfältige zusätzliche Materialien, so zum Beispiel Elemente aus dem Spracherfahrungsansatz, aus Lesen durch Schreiben und individuell auf die jeweiligen SchülerInnen ausgerichtete Materialien.369 In der Gruppe der Regelschullehrerinnen arbeiten ebenfalls 50% mit einem Fibellehrgang. Hier setzen aber nur 50% darüber hinaus noch Elemente aus lernwegsorientierten Ansätzen ein. Mit welcher Methode/ welchen Methoden arbeiten Sie zurzeit im Schriftspracherwerbsunterricht? 100% 80% 60% keine Fibel 40% Fibel 20% 0% Förderschullehrerinnen Grundschullehrerinnen Abb. 23: Verwendete Schriftspracherwerbsmethoden in Abhängigkeit von der Schulform 367 An dieser Stelle können aus Gründen der Übersichtlichkeit nur die am häufigsten genannten und damit nicht alle Methodenwechsel aufgezählt werden. In der Frage selbst waren Mehrfachnennungen zugelassen. 368 Eine solche Analyse ist im Rahmen einer Fragebogenerhebung nicht möglich. Hier würde sich die Interviewmethode anbieten. 369 Unter den Förderschullehrerinnen wurden am häufigsten innerhalb der Gesamtstichprobezur Frage fünf (zurzeit verwendete Methode) die zwei Felder zu sonstigen eingesetzten Methoden komplett ausgefüllt. 69 4 Empirische Untersuchung: LehrerInnenfragebogen zum Schriftspracherwerb________ Hypothese drei lässt sich demnach nicht ohne weiteres bestätigen. Förderschullehrerinnen verwenden genauso häufig Fibellehrgänge wie ihre KollegInnen aus den Regelgrundschulen. Sie setzten jedoch niemals nur die Methode Fibellehrgang im Schriftspracherwerbsunterricht ein, sondern bieten ihren SchülerInnen darüber hinaus vielfältige weitere Materialien an. Dies erklärt sich unter anderem durch die zum Teil sehr heterogenen Lerngruppen in den Förderschulen. So können die SchülerInnen dort individuell und mit größtmöglicher Differenzierung gefördert werden. Lassen sich die beiden Ansätze (Fibel Anlauttabelle) sinnvoll miteinander kombinieren 7 Zustimmung 6 5 4 3 2 1 0 Gesamt Förderschullehrerinnen Regelschullehrerinnen Abb.24: Meinungsbild zur Kombinierbarkeit der Methoden in Abhängigkeit von der Schulform Diese Ergebnisse spiegeln sich auch in den Meinungen zur Möglichkeit der Kombinierbarkeit der lehrgangs- und lernwegsorientierten Ansätze wider. Die Zustimmung zu einer solchen Kombination fällt bei den Förderschullehrerinnen wesentlich höher aus als bei der Gesamtstichprobe. Die Zustimmung der Regelschullehrer ist hingegen weniger hoch als die der gesamten Stichprobe. Es zeigt sich demnach insgesamt, dass Förderschullehrerinnen zwar nicht weniger häufig zu Fibellehrgängen als Unterrichtsmethoden im Schriftspracherwerb greifen als die Lehrerinnen an der Regelschule, dass die Fibellehrgänge dann jedoch als nur ein Methodenangebot unter vielen anderen angesehen werden. Abschließend muss jedoch erwähnt werden, dass die Gesamtstichprobe sich insgesamt als viel zu gering erweist, als das die hier vorgestellten Ergebnisse verallgemeinert werden könnten; dies widerspräche dem wissenschaftlichen 70 4 Empirische Untersuchung: LehrerInnenfragebogen zum Schriftspracherwerb________ Anspruch empirisch orientierter Forschung. Demnach kann die vorliegende Untersuchung nur eine Anregung sein, dieses Thema einer gründlichen Analyse zu unterziehen. In einem solchen Rahmen wären dann sowohl eine großangelegte quantitative Studie als auch gezielt ausgewählte Experteninterviews denkbar. 71 5 Fazit und Ausblick_______________________________________________________ 5 Fazit und Ausblick Die Diskussion darüber, wie viel oder wie wenig Unterricht im Sinne lehrgangsmäßiger Unterweisung für den Erwerb des Lesens und Schreibens eigentlich nötig ist und ob der Einsatz eines Fibellehrgangs oder eines Konzeptes mit offener und freier gestalteten Methoden in diesem Zusammenhang sinnvoller ist, hat sich nach heftigen Kontroversen unter den Schriftspracherwerbsdidaktikern in den 1980er und 1990er Jahren heute deutlich entschärft. Nach der Auswertung verschiedener empirischer Untersuchungen wird heute insgesamt nicht mehr die Methode als entscheidende Variable für den Lernerfolg gesehen, sondern die Lehrperson selbst. Ihre Handlungskompetenz im Hinblick auf die Initiierung und Organisation von Lernprozessen, ihre Fähigkeit, Schwierigkeiten zu erkennen, strukturell angemessen zu interpretieren, geeignete Hilfen für den nächsten Lernschritt anzubieten und den Lernerfolg fortlaufend zu beobachten und zu kontrollieren, muss als wichtiger eingestuft werden als die von ihr eingesetzte Methode. So kann man Agi Schründer-Lenzen nur zustimmen, wenn sie konstatiert: „Nicht die Entscheidung für eine bestimmte Theorieschule des Schriftspracherwerbs ist entscheidend, sondern die Fähigkeit, möglichst umfassende, fachdidaktische und pädagogisch-psychologische Kenntnisse, situativ angemessen und der je individuellen Lernausgangslage entsprechend, umzusetzen.“ 405 Zusätzlich sollte man nicht aus den Augen verlieren, dass gerade auch aus der Perspektive der pädagogischen Psychologie die Notwendigkeit des aktiven und konstruktiven Lernens nicht bestritten, aber deren geringere Effektivität im Gegensatz zu lehrergeleiteter, direkter Instruktion empirisch immer wieder unter Beweis gestellt wurde. Und dies im Besonderen bei den insgesamt leistungsschwächeren Kindern.205 Trotzdem lässt sich die Frage, ob es heute noch einen Methodenstreit in der Grundschule gibt, nicht ohne weiteres mit einem nein beantworten. Sowohl in der wissenschaftlichen Diskussion als auch im aktuellen Unterrichtsgeschehen 405 205 Schründer-Lenzen 2007, S. 43. Vgl. z. B. Weinert 1996, S. 30. 72 5 Fazit und Ausblick_______________________________________________________ gibt es weiterhin einzelne Stimmen, gerade auf der Seite der Anhänger lernwegsorientierter Konzepte, die sich gegen den Einsatz von Fibellehrgängen richten. Betrachtet man hingegen diese Fibelwerke, dann muss zumindest die Frage „Fibel und/oder Anlauttabelle?“ mit einer klaren Entscheidung für ein „und“ ausfallen. Moderne Fibellehrgänge beinhalten immer auch eine Anlauttabelle und lassen ein Arbeiten nach dem Anlautverfahren zu. Darüber hinaus verfolgen sie zumeist ein Konzept, welches den Lehrgangsgedanken mit dem der Öffnung des Unterrichts kombinieren möchte. So werden sie heute in der Forschung mittlerweile berechtigterweise als „halboffene“ Lehrwerke bezeichnet. Diese Tendenzen werden durch die Ergebnisse der Fragebogenanalyse bestätigt. Der Methodenstreit ist unter den befragten Grundschullehrerinnen nicht vollständig beigelegt. Eine in der Stichprobe mit 25% sehr stark vertretende Gruppe von Nutzerinnen der Rechtschreibwerkstatt SommerStumpenhorsts ist nicht davon überzeugt, dass sich lehrgangs- und lernwegsorientierte Ansätze zum Schriftspracherwerb sinnvoll miteinander kombinieren lassen. Die anderen 75% der Stichprobe hingegen stimmen einer solchen sinnvollen Kombinationsmöglichkeit zu. Besonders hohe Zustimmungswerte finden sich bei den Lehrerinnen, die Fibellehrgänge einsetzten. Von diesen praktizieren 60% diese Kombination bereits in ihrem Schriftspracherwerbsunterricht. Abschließend bleibt jedoch zu erwähnen, dass sich die im Rahmen dieser Examensarbeit entwickelte und durchgeführte Fragebogenerhebung mit ihrer kleinen Stichprobe von 20 Lehrerinnen als viel zu gering erweist, als dass die Ergebnisse sich verallgemeinern ließen. Die vorliegende Untersuchung kann demnach nur eine Anregung sein, sich mit dem Thema Methodenstreit im Schriftspracherwerbsunterricht weiter zu beschäftigen. Um empirisch abgesicherte und repräsentative wissenschaftliche Ergebnisse zu erhalten, wird es in der Zukunft nötig sein, den Fragenkomplex in einer größer angelegten Studie zu untersuchen und die in dieser Arbeit gewonnen Ergebnisse zu überprüfen. Dies kann zum Beispiel im Rahmen einer umfassenden quantitativen Analyse geschehen, die durch qualitative 73 5 Fazit und Ausblick_______________________________________________________ Untersuchungsverfahren wie beispielsweise Experteninterviews ergänzt werden sollte. Gerade Fragen nach der Motivation für den Einsatz bestimmter Unterrichtsmethoden oder den Wechsel derselben können nur im Rahmen von Interviews ausschöpfend und umfassend beantwortet und analysiert werden. 74 6 Literaturverzeichnis______________________________________________________ 6 Literaturverzeichnis Artel/Baumert/Klieme u. a. 2002 ARTELT, CORDULA/ BAUMERT, JÜRGEN/ KLIEME, ECKHARD U. A. (Hg.): PISA 2000 - Die Studie im Überblick. Grundlagen, Methoden und Ergebnisse, Opladen 2002. Artelt/ Stanat/ Schneider u. a. 2004 ARTELT, CORDULA/ STANAT, PETRA/ SCHNEIDER, WOLFGANG U. A. (Hg.): Die PISA-Studie zur Lesekompetenz: Überblick, und weiterführende Analysen, in: Schiefele, Ulrich/ Artelt, Cordula/ Schneider, Wolfgang/ Stanat, Petra (Hg.): Struktur, Entwicklung und Förderung von Lesenkompetenz. Vertiefende Analysen im Rahmen von PISA 2000, Wiesbaden 2004, S. 139-163. Balhorn, Heiko u. a. 1987 BALHORN, HEIKO U. 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Mehrfachnennungen sind möglich. im Studium im Referendariat nach dem Referendariat Fibel Anlauttabelle Spracherfahrungsansatz Lesen durch Schreiben (Reichen) Sonstiges: ________________________ Sonstiges: ________________________ 2. Welche Klassenstufe unterrichten Sie im Augenblick im Sprachunterricht? Klasse 1 Klasse 1/2 Klasse 2 Klasse 3 Klasse 3/4 Klasse 4 3. Wie viele Schüler sind in dieser Klasse? weniger als 15 Schüler 15-20 Schüler 20-25 Schüler 25-30 Schüler mehr als 30 Schüler Maike Störmer Universität zu Köln Examensarbeit zum 1. Staatsexamen 88 LehrerInnenfragebogen - Schriftspracherwerb 4. Wie setzt sich die Schülerschaft zusammen? Schüler deutscher Muttersprache 100% - 80% 80% - 60% 60% - 40% 40% - 20% 20% - 0% 5. Mit welcher Methode/ welchen Methoden arbeiten Sie zurzeit im Schriftspracherwerbsunterricht? Mehrfachnennungen sind möglich. Geben Sie bitte in der dritten Spalte den Zeitpunkt, seit dem Sie die genannte Methode verwenden und in der vierten Spalte den Namen des verwendeten Werkes an. diese Methode verwende ich Zeitpunkt seit dem ich diese Methode verwende Name der Fibel/Anlauttabelle usw. Fibel Anlauttabelle Spracherfahrungsansatz Lesen durch Schreiben (Reichen) Sonstiges: ________________________ Sonstiges: ________________________ 6. Warum setzen Sie die unter 5. genannte Methode/ Methodenkombination ein? __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________ Maike Störmer Universität zu Köln Examensarbeit zum 1. Staatsexamen 89 LehrerInnenfragebogen - Schriftspracherwerb 7. Haben Sie schon einmal ihre Methode geändert? Ja Nein Wenn ja, zwischen welchen Methoden fand der Wechsel statt? Mehrfachnennungen sind möglich. von der Fibel zur Anlauttabelle von der Fibel als alleinige Methode zu Fibel und Anlauttabelle von der Fibel zum Spracherfahrungsansatz vom Spracherfahrungsansatz zur Fibel von der Fibel zu Lesen durch Schreiben von Lesen durch Schreiben zur Fibel vom Spracherfahrungsansatz zu Lesen durch Schreiben von Lesen durch Schreiben zum Spracherfahrungsansatz von Sonstiges ______________________________________ zu Sonstiges ______________________________________ Maike Störmer Universität zu Köln Examensarbeit zum 1. Staatsexamen 90 LehrerInnenfragebogen - Schriftspracherwerb 8. Welche der folgenden Aussagen trifft Ihrer Meinung nach zu? Bitte bewerten Sie die Aussagen auf einer Skala von 1 = trifft voll und ganz zu bis 5 = trifft überhaupt nicht zu. 1 2 3 4 5 Fibel und Anlauttabelle lassen sich sinnvoll miteinander kombinieren. Die Anlauttabelle kann gut als alleinige Methode zum Schriftspracherwerb eingesetzt werden. Fibellehrgänge sollten mit freien Schreibanlässen kombiniert werden. Anlauttabelle und Fibel können nicht beide zusammen im Anfangsunterricht zum Schriftspracherwerb eingesetzt werden. Fibellehrgänge brauchen keine weiteren Methoden zur Unterstützung. 9. Bieten Sie Ihren Schülern beim Schriftspracherwerb auch freie Schreibanlässe an? Ja Nein Wenn ja, ab welcher Klassenstufe? Klasse 1 Klasse 1/2 Klasse 2 Klasse 3 Klasse 3/4 Klasse 4 Maike Störmer Universität zu Köln Examensarbeit zum 1. Staatsexamen 91 LehrerInnenfragebogen - Schriftspracherwerb Wie viel Prozent der Unterrichtszeit nehmen die freien Schreibanlässe beim Schriftspracherwerbsunterricht ein? unter 5% 5% - 20% 20% - 35% 35% - 50% 50% - 65% 65% - 80% über 80% 10. Stellen Sie Ihren Schülern Diktate beim Schriftspracherwerb? Ja Nein Wenn ja, ab welcher Klassenstufe? Klasse 1 Klasse 1/2 Klasse 2 Klasse 3 Klasse 3/4 Klasse 4 Wie oft im Monat lassen Sie dann Diktate schreiben? 1 mal 2 mal 3 mal 4 mal 5 mal mehr als 5 mal 11. Lesen und Schreiben lernt man am besten………………………………………………………….? _______________________________________________________________________________ ________________________________________________________________________________ Maike Störmer Universität zu Köln Examensarbeit zum 1. Staatsexamen 92 LehrerInnenfragebogen - Schriftspracherwerb Persönliche Angaben Alter: Geschlecht: w m Schulform: _________________________________________________________________________ Fächer: ___________________________________________________________________________ Wie lange sind Sie schon im Schuldienst? ________________________________________________ Wie viele Anfangsklassen haben sie schon begleitet? _______________________________________ Wann und an welcher Hochschule haben Sie studiert? __________________________________________________________________________________ Was haben Sie studiert? ______________________________________________________________ An welcher Schule und zu welcher Zeit haben Sie ihr Referendariat durchgeführt? ___________________________________________________________________________________ Vielen Dank!☺ Maike Störmer Universität zu Köln Examensarbeit zum 1. Staatsexamen 93 „Ich versichere, dass ich die schriftliche Hausarbeit – einschließlich beigefügter Zeichnung, Kartenskizzen und Darstellungen – selbstständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Alle Stellen der Arbeit, die dem Wortlaut oder dem Sinne nach anderen Werken entnommen sind, habe ich in jedem Fall unter Angabe der Quelle deutlich als Entlehnung kenntlich gemacht.“ 81