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Marktmacher d a s M a g a z i n mi t w e i t b li c k starten: Worüber Marktexperten per Video direkt aus dem Handelssaal berichten. orientieren: Wer zu den Gewinnern der neuen industriellen Revolution zählt. handeln: Wie sich ein Investment in Mittelstandsanleihen gekonnt diversifizieren lässt. ankommen: Was Margot Käßmann über Reiche sagt. Welche Papiere Michael Opoczynski handelt. w w w . b o e r s e - s t u t tga r t . d e A P R I L 2019 DAS DRUCKEN IN 3D 2013 verändert die Industrieproduktion und bereichert die Produktwelt: Die neue Technologie macht die Fertigung flexibler und kostengünstiger. Das kann auch für Anleger vielversprechend sein. editorial wird 2013 wirklich ein Bullenjahr, oder überwiegen am Ende doch die negativen Auswirkungen der Euro-Krise? In jedem Fall ist es für Privatanleger sinnvoll, sich intensiv zu informieren, den Schritt an den Finanzmarkt zu wagen und das umfangreiche Spektrum an börsengehandelten Wertpapieren zu nutzen. Denn nur so lässt sich vermeiden, dass niedrige Zinsen und inflationäre Tendenzen das Vermögen mittelfristig schmälern. Besonders im Fokus stehen dabei momentan Aktien – nicht nur, weil sie als Sachwerte Inflationsschutz bieten. Im Frühjahr haben die Leitindizes Höchststände erreicht, und die Dividendensaison läuft. Es gibt also vielfältige Gründe, sich mit Aktien zu beschäftigen und Papiere zu finden, die zum eigenen Risikoempfinden und Anlageziel passen – etwa langfristig für die Altersvorsorge oder für Ertragschancen aus Dividenden. Dabei kann sich auch ein Blick über den Tellerrand lohnen, zum Beispiel in die USA, Mutterland des Shareholder-Value-Gedankens. Ebenfalls aus Nordamerika stammt ein innovativer Technologietrend, den wir im Schwerpunkt dieser „Marktmacher“-Ausgabe beleuchten: Der 3D-Druck hat das Potenzial, die Fertigung von Konsum- wie Investitionsgütern grundlegend zu verändern. Denn per Drucker lassen sich künftig individuelle Produkte kostengünstig und flexibel herstellen – eine interessante Perspektive für Unternehmen, Verbraucher und auch Investoren. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre! Christoph Lammersdorf Vorsitzender der Geschäftsführung der Börse Stuttgart 2 marktmacher 01/2013 starten 4–5 ZAHLEN & FAKTEN Jetzt bis 22 Uhr ordern – Wie viel in Währungen gehandelt wird – Schnelle Infos aus dem Handelssaal – Attraktive Standorte für Immobilieninvestoren – Rohstoffe interessieren Privatanleger – Umfrageexperte Manfred Hübner zur Stimmung an den Aktienmärkten. orientieren 6–13 ZUKUNFTstrend 2019 – Industrielle Revolution in 3D Drucken in der dritten Dimension bringt Massenproduktion und Individualisierung zusammen. Die Fertigungsmöglichkeiten sorgen in ganzen Volkswirtschaften für einen Wachstumsschub. 14–15 INTERVIEW Bestsellerautor und Journalist Chris Anderson Weshalb für den Visionär des 3D-Drucks vor allem die Kreativität eines Unternehmens zählt. 16–17 INVESTMENTHINTERGRUND Mögliche Ansätze für Privatanleger Bestimmte Unternehmen, Branchen und Länder profitieren, wenn sich die neuartige Fertigung per Drucker durchsetzt. handeln 18–20 Börsenstrategien Gut durchdacht ordern Bewährte Vorgehensweisen mit klaren Vorgaben helfen, das Spektrum möglicher Aktieninvestments gezielt einzugrenzen. 21 mittelstandsanleihen Breit gestreut Mit einem neuen Investmentfonds erhalten Anleger erstmals einen diversifizierten Zugang zu börsennotierten Mittelstandsanleihen. 22–23 chartanalyse Tool für den Trend Welche Möglichkeiten das kostenfreie Profiwerkzeug der Börse Stuttgart für die technische Analyse eröffnet. Foto Cover: Platzhalter Foto Cover: links: Börse Jens-Ulrich Stuttgart Koch/DAPD/ddp images, Christoffer Askman/Cultura/gettyimages (Montage) Foto:li: Foto Platzhalter Börse Stuttgart; Foto re.: 3D Systems Liebe Leserin, Lieber Leser, inhalt 6–13 ZUKUNFTstrend 24–25 brasilien Der Cup als Chance Interessante Perspektive: Vor der Fußball-WM nimmt Brasiliens Wirtschaft wieder Fahrt auf. 26–28 dividendenTITEL Ausschüttung mit Ansage Das Zinsniveau liegt derzeit unterhalb der Inflationsrate. Das lenkt den Blick auf dividendenstarke Aktien, die regelmäßige Erträge bieten. ankommen 30–31 REGULIERUNG Privatanleger zahlen doppelt Warum der EU-Entwurf zur Finanztransaktionssteuer Fragen nach einer fairen Verteilung der Belastungen aufwirft. 32 pro & contra „Hauptversammlungen müssen den Dialog stärker fördern“ Die Aktionärsschützerin Jella BennerHeinacher und Klaus-Peter Müller von der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex diskutieren. 33 ESSAY Einen Augenblick, Frau Käßmann Weshalb der verantwortliche Umgang mit Finanzmitteln wichtig für die Gesellschaft ist. Eine neue Dimension des Druckens verändert die Welt 34 INTERVIEW „Über Geld spricht man nicht. Oder doch, Herr Opoczynski?“ Wie risikoaffin der Fernsehjournalist ist und welche Anlageformen er privat favorisiert. 35 NACHGEFRAGT Leserfrage & Impressum Bei der Leserfrage nehmen alle eingesandten Antworten an der Verlosung teil. Zu gewinnen gibt es ein iPad 4. Nicht nur Lampenschirme und Spielzeug für Konsumenten, auch Bauteile für Flugzeuge und Maschinen entstehen mithilfe spezieller 3D-Drucker. Der Technologie sind kaum Grenzen gesetzt – sie sorgt für Flexibilität und geringere Kosten in der Produktion. marktmacher 01/2013 3 starten Beliebte Beimischung Rohstoffe haben sich als Anlageklasse auch bei privaten Investoren etabliert. Das zeigte nicht zuletzt die Umfrage in der letzten Ausgabe von „Marktmacher“: Für knapp drei Viertel der Leser spielen Rohstoffe eine wichtige Rolle. Ein häufig genannter Grund ist dabei die Diversifizierung des Depots. Aufgrund seiner Wertbeständigkeit und als Inflationsschutz stößt Gold nach wie vor auf besonders großes Interesse. Doch weil sich die wirtschaftliche Lage bessert und auch die Weltkonjunktur offenbar wieder Fahrt aufnimmt, rücken weitere Edelmetalle wie Platin, Silber und Kupfer in den Fokus. Sie finden auch in der Industrie Verwendung – von möglichen Steigerungen bei Nachfrage und Preisen können auch Anleger profitieren. Leserfrage: Spielen Rohstoffe als Anlageklasse für Sie eine wichtige Rolle? 74 % 26 % Ja Nein 4.000.000.000.000 Euro Der Währungsmarkt ist gigantisch: Rund um die Uhr und weltweit handeln Marktteilnehmer pro Tag Währungen im Volumen von rund vier Billionen Euro. Der Großteil des Geschäfts läuft direkt zwischen Finanzinstituten. Aber auch Privatanleger können an der Entwicklung bestimmter Währungen teilhaben – positiv wie negativ. So ist an der Börse Stuttgart eine Vielzahl von Anleihen in Fremdwährung gelistet, bei denen die Wechselkurse zum Euro den Anlageerfolg beeinflussen. Zuletzt wurden in Stuttgart beispielsweise Anleihen in den Handel eingeführt, die in indischen Rupien notieren. @ www.boerse-stuttgart.de/ news-aus-dem-handel 4 marktmacher 01/2013 VIER DEUTSCHE STÄDTE IN DEN TOP TEN Deutsche Großstädte sind sehr attraktiv für europäische Immobilien investoren. Das belegt eine Studie des Dienstleisters CBRE. Erstmals befinden sich gleich vier heimische Metropolen in den Top Ten Europas: München (2), Berlin (3), Hamburg (7) und Frankfurt (8). An der Spitze des Rankings liegt London. Im Rahmen des „Real Estate Investor Intentions Survey“ haben professionelle Anleger benannt, welche Standorte ihrer Meinung nach sehr lohnend sind. Bezogen auf ganze Länder bescheinigen 35 Prozent der Befragten, Deutschland sei 2013 der begehrteste Immobilienmarkt. Dabei sind vor allem Büros, Logistikbauten und Einkaufszentren gefragt. Foto: Börse Stuttgart MARKTNAH UND AUS ERSTER HAND „News aus dem Handel“– der Name des audiovisuellen Angebots ist Programm. Hier berichten Marktexperten per Video direkt aus dem Handelssaal der Börse Stuttgart, des größten europäischen Börsenplatzes für verbriefte Derivate. In maximal 90 Sekunden werden Trends im Handelssegment Euwax und aktuell häufig gehandelte Produkte vorgestellt. So erhalten Trader marktnahe Informationen ungefiltert aus erster Hand – ein Novum in der deutschen Börsenbericht erstattung. Alle Videos sind auf der Internetseite der Börse Stuttgart sowie über Youtube und Facebook verfügbar. Das Angebot soll noch auf andere Anlageklassen ausgeweitet werden. starten Rund 89,2 Milliarden Euro Umsatz weist das Orderbuch der Börse Stuttgart für 2012 aus. Das ist dreimal mehr als das Volumen im E-Commerce in Deutschland im selben Jahr. Verbriefte Derivate, Anleihen, Aktien, Fonds und Genussscheine – in diesen Anlageklassen kam an der Börse Stuttgart 2012 ein Handelsvolumen von 89,2 Milliarden Euro zusammen. Zum Vergleich: Im Onlinehandel mit Waren und Services wurden 2012 deutschlandweit nur 29,5 Milliarden Euro umgesetzt. Fotos: li. Ersinkisacik/E+/gettyimages, re. Sentix GmbH Bis 22 uhr handeln Die Börse Stuttgart setzt die Ausweitung der Handelszeiten fort. Seit März 2013 können Anleger alle Aktien, Genussscheine sowie Investmentfondsanteile und ETPs bis 22 Uhr handeln. „Privatanleger haben jetzt zwei Stunden mehr Zeit, um auf Entwicklungen der US-Märkte zu reagieren“, sagt Ralph Danielski, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Börse Stuttgart. Und wie erste Erfahrungen zeigen, stößt das Angebot auf positive Resonanz. Flankiert wird die Handelszeitverlängerung durch eine Ausweitung der Servicezeiten: Die aktive Limit-Überwachung und die kostenfreie Kundenhotline stehen Privatanlegern nun auch bis 22 Uhr zur Verfügung. @ Die Handelszeiten auf einen Blick www.boerse-stuttgart.de/handelszeitverlaengerung Drei Fragen an … Manfred Hübner, Geschäftsführer der Sentix GmbH, die auf internetbasierte Kapitalmarktumfragen spezialisiert ist. 1. Emotionen beeinflussen die Finanzmärkte. Was bringen Analysen der Anlegerstimmung? Für den einzelnen Anleger können Emotionen problematisch sein: Ausgeprägter Optimismus nach Kursanstiegen verleitet zu sorglosem Handeln, große Angst nach Kursverlusten verhindert, günstige Preise zum Einstieg zu nutzen. Sie bergen zudem die Gefahr, von der eigenen Befindlichkeit auf die des Marktes zu schließen. Deshalb ist es wichtig, jenseits des subjektiven Empfindens die tatsächliche Stimmung am Markt zu kennen – also den Querschnitt aller Anleger. 2. Wie ist die Lage im Frühjahr? Die Stimmung für Aktien ist gut. Auf unserer Skala von minus 100 bis plus 100 liegt sie aktuell bei plus 40. Ab diesem Wert sprechen wir von Optimismus. In den vergangenen beiden Jahren haben wir in unseren wöchentlichen Internetumfragen unter 4.000 Anlegern nur zweimal ein höheres Niveau ermittelt. 3. 2012 herrschte Krise, im Frühjahr sehen wir Rekordindexstände. Was ist geschehen? Seit Mario Draghi die Bereitschaft der Europäischen Zentralbank bekräftigt hat, Anleihen der Krisenländer im Zusammenhang mit Reformauflagen zu kaufen, bildet sich die Unsicherheit an den Märkten zurück. Die Politik der EZB hat die Gefahr eines Auseinanderbrechens der Euro-Zone reduziert. marktmacher 01/2013 5 orientieren orientieren Analyse: Wie 3D-Druck auf Dauer die Welt verändert S. 8 –13 Interview: Wer zu den Profiteuren zählt S. 14 –15 Strategie: Welche Schlüsse Privatanleger ziehen können S. 16–17 6 marktmacher 01/2013 Gedruckte Objekte (von links oben nach rechts unten): Lampen, Architekturmodell, Steuerknüppel, Schmuckring, Oberschenkelprothese, Helikoptermodelle, Modell einer Kreissäge, Schaltsystem mit Zahnrädern 2019 die neue industrielle revolution Fortschrittliches Drucken in der dritten Dimension verändert die Fertigung wie auch die Produktwelt und wird zum Wachstumstreiber ganzer Volkswirtschaften. von nando sommerfeldt und Holger Zschäpitz* M illionen US-Bürger sind bereits im Bilde: Sie inter essieren sich für „additive Fertigung“. Was hierzulande eher Wissenschaftlern, Ingenieuren oder Technikfans ein Begriff ist, fasziniert in Übersee fast eine ganze Nation: Drucker begnügen sich nicht länger nur mit Papier, sondern spucken auch ganze Gegenstände aus – etwa Schrauben, Tassen oder Flugzeugteile. Geräte, nicht größer als ein Kühlschrank, scheinen komplette Fabriken ersetzen zu können. Die Rede ist nicht von einer neuen Science-Fiction-Serie. Die TV-Zuschauer in den USA verfolgen stattdessen die allabendliche „Tonight Show“. Talk-Legende Jay Leno führt hier regelmäßig die neuesten Werke seines 3D-Druckers vor. Denn Leno ist nicht nur einer der bekanntesten Entertainer des Landes, er ist auch leidenschaftlicher Sammler von Oldtimern. Er bastelt und schraubt ständig an seinen Autos herum. Genervt von der ewigen Suche nach passenden Ersatzteilen, hat er den 3D-Druck für sich entdeckt. Nun kommen die Kurbelwellen Fotos (von links oben nach rechts unten): MakerBot®, Electro Optical Systems (2x), Shapeways, Stratasys, Electro Optical Systems, MakerBot® (2x) marktmacher 01/2013 7 orientieren NEUER SCHUB oder Stoßdämpfer aus seinem Drucker. Leno ist der größte Fan der neuen Technologie und lässt die halbe Nation regelmäßig daran teilhaben. Amerika wird damit bereits im Frühstadium Zeuge einer industriellen Revolution. Der bekannte Ökonom Robert Gordon hat davor gewarnt, dass die westliche Welt in ein Zeitalter der Stagnation zurückfallen könnte. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war Wachstum allein der Bevölkerungszunahme geschuldet. Erst durch drei große industrielle Revolutionen – die Erfindung der Dampfmaschine und der Siegeszug der Eisenbahn, die Elektrifizierung der Welt sowie die Einführung von Computer und Internet – verbesserte sich die Wirtschaftsleistung pro Kopf deutlich. Seit 2004 verlangsamt sich die Dynamik merklich. Der 3D-Druck, so Experten, könnte neue Wachstums impulse geben und die Welt vor einer drohenden Stagnation bewahren. Am 12. Februar 2013 hat auch ein anderer Amerikaner die 3D-Druck-Technologie als neuen Megatrend geadelt. US-Präsident Barack Obama griff das Thema in seiner Rede zur Lage der Nation auf. „Unsere einstigen Industrieruinen sind jetzt die Labors, in denen mit dem 3D-Druck eine Revolution losgetreten wird. Sie hat das Potenzial zu verändern, wie wir produzieren“, verkündete er. Spricht Obama noch von großen Visionen, ist die Revolution im Kleinen schon in vollem Gange – in der sogenannten „Maker-Bewegung“. Dahinter verbergen sich Kreative aller Berufe: Architekten, Designer oder Ingenieure können ihre Ideen dank 3D-Druck relativ einfach in Produkte zum Anfassen umsetzen. Das Fertigungsprinzip ähnelt dem eines Tintenstrahldruckers: Beim 3D-Gerät trifft zwar keine Tinte auf Papier, dafür fließen aber Sand, Mineralstaub und Bindemittel auf die Druckfläche. Ist eine Schicht gelegt, hebt sich der Druckkopf und füllt die nächste Lage – bis das eingescannte Objekt dreidimensional fertiggestellt ist (s. Infografik auf Seite 12). Mussten die Entwickler bislang teure Fertigungskapazitäten anmieten, um die ersten Stücke eines Produkts aufwendig herzustellen, kann nun schnell und kostengünstig ein Prototyp gedruckt werden. Das finanzielle Risiko ist damit verschwindend gering. „So wie heute dank PC und Internet niemand mehr eine Druckerei benötigt, um seine Ideen zu veröffentlichen, so ermöglicht uns die 3DDruck-Technologie mit einem Klick den Zugang zur eigenen Fabrikhalle“, schwärmt Chris Anderson, Technologie-Pionier und Autor des Bestsellers „The Long Tail“, in dem er das wirtschaftliche Potenzial von Nischenprodukten im Internetzeitalter beleuchtet. Was Anderson die Demokratisierung des Produktionsprozesses nennt, ist im Grunde nichts anderes als ein gewaltiges Innovationsprogramm (s. Interview auf Seite 14). Denn praktisch jeder kann jederzeit und überall seine Ideen in eine konkrete Form bringen. „Wir wissen, dass in fast allen Industriezweigen 70 bis 8 marktmacher 01/2013 Die Autoren sind Redakteure der „WELT“ und „WELT am SONNTAG“. * 80 Prozent aller Innovationen nicht von Herstellern kommen, sondern letztlich von einem unzufriedenen Kunden“, erklärt Frank Piller, Professor an der RWTH Aachen und Mitarbeiter des Massachusetts Institute of Technology (MIT). Anstatt das unzureichende Angebot einfach hinzunehmen, könnten die Verbraucher selbst die Produktwelt aufmischen. Zumal die Drucker künftig nicht größer als eine Mikrowelle sein werden und so in jeder Wohnung eine Fabrik entstehen kann. Schon heute greift ein Handyhersteller den Trend auf: Kunden können anhand von Vorlagen im Internet ihre individuelle Handyhülle gestalten und anschließend selbst ausdrucken. „Individualisierung und Massenproduktion finden erstmals zusammen. Das ist ein ganz neues gesellschaftliches Phänomen“, sagt Piller. Mit dem 3DDruck verliert die herkömmliche Fertigung ihre Starre. Ohne große Umbauten und logistischen Aufwand kann die Produktions linie verändert werden. Individuelle Kundenwünsche lassen sich somit unmittelbar und günstiger als jemals zuvor umsetzen. Eine effiziente und gleichzeitig flexible Fertigung – der 3D-Druck vereint das Beste aus zwei Welten. Claudio Dalle Donne ist in beiden Welten zu Hause – als Chefentwickler von EADS Innovation Works. Seine Forschungs ergebnisse sollen die Produktion des Luft- und Raumfahrtkonzerns effizienter und gleichzeitig die Flugzeuge oder Satelliten besser machen. „Additive Manufacturing, orientieren Am Rechner werden digitale Daten zu dreidimensionalen Objekten. Fotos: o. Wang Fang/Xinhua Press/Corbis, u. privat wie wir den 3D-Druck nennen, ist derzeit das heißeste Thema in der Produktionstechnik“, sagt Dalle Donne. „Die Technologie existiert zwar bereits seit rund 15 Jahren. Doch erst jetzt beginnt sie, richtig abzuheben.“ Er muss es wissen. Die Luftfahrtindustrie ist das Paradebeispiel für den Nutzen der Technologie: Flugzeugbauer produzieren traditionsgemäß an vielen Standorten und sind in besonderer Weise abhängig von Zulieferern und deren Materialien. Komplexe Lieferketten und steigende Rohstoffkosten stehen den immer anspruchsvolleren Kunden gegenüber. Airlines fordern wegen der ständig steigenden Kerosinpreise Dr. Frank Piller, Professor an der RWTH Aachen und Mitarbeiter des Massachusetts Institute of Technology »INDIVIDUALISIERUNG UND MASSENPRODUKTION FINDEN ZUSAMMEN. DAS IST EIN NEUES GESELLSCHAFTLICHES PHÄNOMEN.« sparsamere Maschinen, vor allem aber eine pünktliche Auslieferung. Dass die Flugzeugbauer dabei oft an ihre Grenzen stoßen, offenbaren die jahrelangen Verzögerungen bei jüngsten Prestigeprojekten. In Zukunft könnte die 3DDruck-Technologie dieses Dilemma der Luftfahrtindustrie lösen. Durch das neue Produktionsverfahren lassen sich Bauteile überall auf der Welt vor Ort „ausdrucken“, was die Komplexität der Lieferkette erheblich reduziert. Außerdem können Ingenieure rund um die Uhr in Labors weltweit an innovativen Konstruktionslösungen tüfteln und ihre digital verfügbaren marktmacher 01/2013 9 orientieren Ohnehin reduziert das Drucken die Verschwendung von Rohstoffen. Dalle Donne führt als Beispiel eine etwa zehn Zentimeter große Titan-Verstrebung an, die in jedem Flugzeug verbaut wird. Bislang gab es bei der Herstellung durch Fräsen aus einem Metallblock bis zu 90 Prozent Abfall. Beim 3D-Druck hingegen wird das Titan-Teil quasi aus dem Nichts mithilfe von Pulver erschaffen – Schicht für Schicht. Verschnitt gibt es bei dieser additiven Fertigung kaum. „Mit der 3D-Technologie können wir die Natur nachahmen und für jedes Teil nur so viel Material verwenden, wie wirklich nötig ist“, macht Chefentwickler Dalle Donne klar. Vorbild sind die hohlen Knochen von Vögeln, die leicht sind und dennoch vollständig ihren Zweck erfüllen. So kann auch die besagte Titan-Strebe bei gleicher Stabilität mit einem Hohlraum gedruckt werden, was nicht nur Rohstoffkosten spart, sondern auch viel Gewicht. Die „gedruckten“ Flugzeuge könnten also in Zukunft um Tonnen leichter sein. Da jedes Flugzeug im Schnitt 30 Jahre in Betrieb ist, bringt jedes Kilogramm weniger der Airline eine Ersparnis von rund 6.000 Liter Kerosin pro Flieger. allerdings gibt es Noch einen entscheidenden Makel. Die 3D-Drucker arbeiten nicht schnell genug, um täglich große Stückzahlen zu fertigen. Für die Luftfahrtindustrie ist der Faktor Zeit noch handhabbar. Für die Autoindustrie, die Schlüsselbranche der industriellen Fertigung, müssen die Drucker deutlich schneller werden. „Wenn die Automobilkonzerne für ihre Massenfertigung additive Verfahren einsetzen, ist der Durchbruch für die 3D-Drucker geschafft“, erklärt Dalle Donne. Bis 2019 setzen die Experten analog zu anderen Technologien auch beim 3D-Druck auf das sogenannte Moore’sche Gesetz. Intel-Gründer Gordon Musik oder Filme unterliegen als künstlerische Werke gemäß § 2 Abs. 1 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) einem besonderen Schutz. Dagegen kann man bei 3D-Druckstücken meist nicht von künstlerischen Werken sprechen. Denn beispielsweise einer Micky-MausFigur aus dem 3D-Drucker fehlt es zu einem urheberrechtlichen Schutz bereits an der sogenannten Schöpfungshöhe. In diesem Fall würde nämlich in freier Benutzung eines bereits vorhandenen Werks (§ 24 Abs. 1 UrhG) ein eigenständiges neues Stück geschaffen. Dieses ist von dem Ursprungswerk lediglich inspiriert, was juristisch keine Urheberrechtsverletzung darstellt. Claudio Dalle Donne, Chefentwickler von EADS Innovation Works »ADDITIVE MANUFACTURING, WIE WIR DEN 3D-DRUCK NENNEN, IST DERZEIT DAS HEISSESTE THEMA IN DER PRODUKTIONSTECHNIK.« 10 marktmacher 01/2013 Moore hatte einst die Gesetzmäßigkeit erkannt, dass sich die Leistungsfähigkeit der Chips alle 18 Monate verdoppelt. Nun könnte dies auch für die 3D-Technologie gelten – umso mehr, als die additive Fertigung besonders umweltfreundlich ist, weil Transportwege vermieden und Rohstoffe gespart werden. Allein wegen dieser Eigenschaften dürften Konzerne und Staaten die neue Technologie künftig konsequent vorantreiben. Entsprechend optimistisch fallen die Wachstumsprognosen aus: Der US-Analyst Terry Woh lers, dessen jährlicher Report als Branchen-Bibel gilt, erwartet Steigerungsraten von knapp 20 Prozent pro Jahr. Bis 2019 wird sich nach seiner Rechnung allein das Volumen des DruckerMarktes auf 6,5 Milliarden USDollar verdreifachen. Die amerikanische Denkfabrik Atlantic Council wagt einen noch weiteren Ausblick. Danach dürfte die Technologie der additiven Fertigung Produktionsströme mit Billionen-Dollar-Volumen bewegen. Davon profitieren neben Druckerproduzenten beispielsweise innovative Maschinenbauer, Hersteller von Kommunikationstechnik und Softwareanbieter – sowie deren Kunden in der Fertigungsindustrie. Der Aufstieg der 3D-DruckTechnik wird auch folgenreich für ganze Volkswirtschaften sein. Wenn Kosten sinken und eine neue Flexibilität in der Fabrikhalle Einzug hält, kann es zu einem historischen Wachstumsschub kommen. Foto: EADS URHEBERSCHUTZ Forschungsresultate auch in physischer Form mit ihren Kollegen teilen. orientieren zahlen & Fakten extrem günstige produktion Herstellungskosten einer Badeente in Euro Kosten pro Einheit Methode 1: 7.734 Euro für die Form, 15,50 Euro für Material pro Ente. 773,00 Links zum Thema: 77,30 15,50 Methode 2: 15,50 Euro pro 3D-Druck für Zeit und Material. 7,70 1 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 Einheit Quelle: Chris Anderson 90 Minuten So schnell entsteht heute beim US-amerikanischen Schuhproduzenten Timberland mit Hilfe von 3DDruckern ein neuer Prototyp. Die Kosten: 35 US-Dollar. Noch 2002 haben Modellbauer dafür eine Woche benötigt und 1.200 US-Dollar in Rechnung gestellt. Fotos: o. 3DSystems, u. Stratasys @ 3D-Druck hilft: Ein vier Jahre altes Mädchen kann jetzt – trotz eines Geburtsfehlers – ihre Arme nutzen. Forscher eines Krankenhauses in Philadelphia/USA haben eine Art Außenskelett geschaffen. Es unterstützt das Kind, dessen Muskeln unterentwickelt sind: Das Mädchen spricht von ihren „Zauberarmen“. Eine Studie des Atlantic Council zum 3D-Druck: http://bit.ly/oPBerz Details zum Wohlers Report 2012, dem Magazin für 3D-Druck: http://bit.ly/16GCs6B Forschern, Ökonomen und Staatsmännern in den westlichen Ländern schwebt vor, die Produktion von Gütern wieder nach Hause zu holen. Wurden in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr Herstellungskapazitäten in Niedriglohnländer verlegt, könnte sich dieser Trend mit dem Durchbruch des 3D-Druck-Verfahrens wieder umkehren. Denn die Technologie ermöglicht eine effiziente Fertigung, die auf individuelle Kundenwünsche eingeht. Die klassische Massenproduktion, etwa in China, die heute vor allem mit geringen Arbeitskosten punktet, würde dadurch weniger attraktiv. Hinzu kommt: Wenn Unternehmen fertige Produkte oder einzelne Bauteile nicht mehr von Zuliefe rern in aller Welt beziehen, sondern selbst ausdrucken, krempelt das globale Lieferketten radikal um. Aufwendungen für Transport und Logistik sowie die unvermeidlichen Wartezeiten wären dann Geschichte. Gewinnt die Technologie weiter an Dynamik, muss sich auch Talkmaster Jay Leno etwas Neues einfallen lassen – etwa mithilfe der Firma Voxeljet. Das Unternehmen aus Augsburg hat den legendären Aston Martin DB5 für den jüngsten James-Bond-Film detailgetreu nachgedruckt, damit der wertvolle Originalwagen bei Stunts keinen Schaden nimmt. Die Kopie entstand zwar nur im Maßstab 1 : 3. Doch Millionen Kinozuschauer haben den Unterschied nicht bemerkt. Einen Aston Martin DB5 hat Leno noch nicht in seiner Sammlung. Es wird also höchste Zeit, den Druckauftrag zu erteilen. marktmacher 01/2013 11 orientieren 12 marktmacher 01/2013 Infografik: Niko Wilkesmann marktmacher 01/2013 13 orientieren »jEDER KANN ZUM FABRIKANTEN WERDEN« Für Bestsellerautor, Journalist und Unternehmer Chris Anderson zählt bei der Produktion von Gütern im Zeitalter des 3D-Drucks weniger die Größe eines Unternehmens als seine Kreativität. Herr Anderson, Barack Obama hat unlängst über den 3D-Druck philosophiert, der eine industrielle Revolution hervorbringen könnte. Ist damit die neue Technologie in der Mitte der Gesellschaft angekommen? Das ist vielleicht etwas zu weit gegriffen. Um von einem Massenphänomen zu sprechen, müsste es Millionen solcher Drucker geben. Tatsächlich sind es derzeit aber vielleicht mehrere Zehntausend. Dennoch sorgt die neue Technologie wegen der damit verbundenen denkbaren Umwälzungen für Aufsehen – vom Silicon Valley bis nach Washington. 14 marktmacher 01/2013 Worin besteht das Revolutionäre des 3D-Drucks? Das ist in etwa so, als ob Sie den PC und das Internet gleichzeitig einführen würden. Denn jeder kann in Zukunft mit einem einfachen Rechner seine eigenen Produkte herstellen. Was ist so außergewöhnlich daran, sich einen 3D-Drucker auf den Schreibtisch zu stellen und seine eigene Badeente auszudrucken? Es ist nicht die Ente an sich. Es ist die Tatsache, dass jeder ein „Maker“ werden kann, der sich mit anderen orientieren verbindet, um Ideen und Innovationen auszutauschen und die Produkte dann im Internet anzubieten. So wie durch das Internet heute praktisch jeder sein eigener Verleger sein kann, werden wir durch den 3D-Druck alle zu Fabrikanten. Foto: Peter Dasilva/The New York Times/NYT/Redux/laif Wenn jeder alles herstellen kann, wie sollen Firmen dann Geld verdienen? In der Tat handelt es sich um einen sehr wettbewerbsintensiven Markt. Aber Wettbewerb ist gut. Er bringt die Technologie voran – macht sie effizienter. Es geht auch nicht so sehr um hohe Gewinnmargen; hohe Stückzahlen bringen das Geld. Hier muss ein Unternehmen immer einen Tick schneller sein, die bessere Qualität liefern oder einen wohlklingenden Namen mitbringen. Es ist aber nicht so, dass wenige das ganze Geschäft machen werden, vielmehr könnten ganz viele Firmen und auch einzelne „Maker“ profitieren. Bei der Nutzung des 3D-Drucks zählt nicht Größe, sondern Kreativität. Es handelt sich um eine Art Demokratisierung der Produktion. Wer macht das Geschäft bei der von Ihnen beschriebenen industriellen Revolution? Unmittelbar lassen sich vor allem drei Gruppen von Profiteuren ausmachen. Das sind zum einen die Anbieter von 3D-Software. Denn jedes Produkt muss erst einmal am Computer entworfen und danach in eine für die Drucker lesbare Software übersetzt werden. Hier wird sich langfristig eine einheitliche Programmiersprache durchsetzen, die alle Endgeräte verstehen. Zum anderen verdienen natürlich auch die Hardware-Hersteller, welche die 3D-Drucker produzieren. Und nicht zuletzt existieren Plattformen im Internet, auf denen die Ideen und Designs ausgetauscht werden können. Wie wird geistiges Eigentum geschützt? Die 3D-Bewegung wirft noch mehr juristi sche Fragen auf, als das bei digitalen Werken der Fall ist. Wenn Sie einen Text, zur person Chris Anderson hat den Posten des Chefredak teurs beim renommierten Tech-Magazin „Wired“ aufgegeben, um sich auf seine Firma zu konzentrieren. Sie bietet Verbrauchern eine Plattform, über die sie persönliche Aufklärungsdrohnen bauen lassen können. In Bestsellern wie „The Long Tail“ und „Makers“ beschreibt der 51-jährige USAmerikaner die Güterproduktion der Zukunft. Er gilt als Visionär des 3D-Drucks, spricht von einer „neuen industriellen Revolution“. Musik oder Filme erstellen, haben Sie automatisch ein Copyright. Das ist bei physischen Gütern anders. Hier haben die Firmen vielleicht ihren Markennamen geschützt, das Produkt aber nicht. Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Micky-MausFigur auf dem Schreibtisch stehen. Dann reichen drei kostenlose Programme auf Ihrem Smartphone, um diese Maus zu kopieren und sie vielleicht mit einem eigenen Namen zu versehen. Aber haben Sie mit der bearbeiteten Micky Maus die Rechte eines Unternehmens verletzt? Nicht wirklich – zumindest existiert noch keine entsprechende rechtliche Basis. Ich hoffe, dass in Zukunft ein völlig neuer Markt entstehen wird, der offene Lösungen und Ideen unterstützt. Werden Konzerne diesen Durchbruch nicht vereiteln? Nein, warum denn? Ein offenes System muss nicht schlecht sein – es kann vielmehr großen Erfolg haben. Denken Sie an das offene Betriebssystem Linux. Rund um diese kostenlose Software haben sich profitable Geschäftsmodelle etabliert. Und trotzdem gibt es auch noch geschlossene, kostenpflichtige Betriebssysteme. Durch den harten Wettbewerb bringen sich beide Modelle gegenseitig voran, zum Nutzen aller. Das zeigt sich etwa auch bei der Software für Mobiltelefone. Es gibt eine Open-Source-Plattform, von der viele Gruppen profitieren und ziemlich viel Geld damit verdienen. Die Konkurrenz bietet ein geschlossenes System – und verdient ebenfalls prächtig. Der Wettbewerb ist zum Vorteil beider. Dieses Prinzip könnte sich beim 3D-Druck auf andere Branchen ausweiten. Beispiel Konsumgüter: Wenn jeder vorhandene Designs weiterentwickeln kann, führt das zu einer ungeahnten Produktvielfalt. Gleichzeitig lassen sich auch kleinere Stückzahlen rentabel produzieren. Interview: Holger Zschäpitz, Nando sommerfeldt Redakteure der „WELT“ und „WELT am SONNTAG“ marktmacher 01/2013 15 orientieren 1 TECHNOLOGIEFÜHRER DES 3D-DRUCKS Da es sich noch um eine junge und volatile Branche handelt, eignen sich die Aktien reiner 3D-Druck-Unternehmen lediglich für sehr risiko freudige Anleger. So haben sich die Papiere der Programmierer von entsprechender Software oder der Druckerproduzenten in den vergangenen zwei bis drei Jahren sehr gut entwickelt – und ihren Wert oft mehr als verdoppelt. Die Aktien sind also keine mögliche ansätze für Privatanleger Bei wirtschaftlichen Umwälzungen lohnt es sich, mögliche Gewinner in den Blick zu nehmen. Bei der Fertigung mit 3D-Druck geht es um Unternehmen, Branchen und Länder – mit spezifischen Chancen und Risiken. 3 PRODUKTIONSSTANDORTE IM WANDEL Die industrielle Revolution der Gegenwart hat globale Auswirkungen. Während der Westen im 19. Jahrhundert fast 100 Prozent der Produktion erbrachte, ist der Anteil heute auf 50 Prozent gefallen – Massenfertigung wurde aus Kostengründen in 16 marktmacher 01/2013 Hintergrund: Der Druckkopf wandert und baut in dünnen Lagen Schicht für Schicht selbst komplexe Objekte auf; li. u.: ausgelagerte Arbeit: Fabrikarbeiterin setzt Maschinenteile zusammen unentdeckten Perlen mehr, in ihren Kursen steckt bereits sehr viel Fantasie. Aktuelle Kennzahlen sind wenig aussagekräftig. Für die Investoren steht deshalb vor allem das künftige Wachstumspotenzial im Fokus. Wer sich in diesem Stadium als Aktionär engagiert, tritt gewissermaßen als Risiko- oder Wagniskapitalgeber auf. Einige Einzelaktien von 3D-Druck-Firmen dienen auch als Basiswert für derivative Hebelprodukte. Optionsscheine und Knock-out-Produkte erhöhen noch einmal die Ertragschancen, aber gleichzeitig auch die Risiken für den Anleger – bis hin zum Totalverlust des eingesetz- ten Kapitals. Etwas weniger riskant sind die Aktien von etablierten Technologiekonzernen, die sich im 3D-Druck zusätzliche Geschäftsfelder erschließen. Dazu zählen Hersteller konventioneller Drucker, aber auch führende Softwareanbieter – sie besetzen mit ihren 3D-Produkten bisher eine attraktive Nische bei professionellen Anwendern und könnten nun auch private Nutzer erreichen. Neben Einzelwerten von Technologiekonzernen werden an der Börse Stuttgart auch elf Exchange Traded Funds (ETFs) auf Technologieindizes gehandelt, die breiter gestreute Investments ermöglichen. Die Produktfinder der Börse Stuttgart: www.boerse-stuttgart.de/ produkt-finder 2 Sollte sich die 3D-Druck-Technologie in der Breite durchsetzen, werden einige Branchen besonders großen Nutzen daraus ziehen. Der 3D-Druck ermöglicht individuelle Massenfertigung – profitieren dürften vor allem Produktionsunternehmen, denen effiziente Individualisierung durch die additive Fertigung besondere Vorteile bringt. Das könnten Firmen der Konsumgüteroder der Automobilindustrie sein. Für den Investitionsgüterbereich spielen verkürzte Lieferketten mit der ent- sprechenden Zeit- und Kostenersparnis eine Rolle. Auch der Materialeinsatz dürfte gegenüber der herkömmlichen Produktion sinken. Diese Aspekte kommen bereits jetzt beim Einsatz des 3D-Drucks in der Medizintechnik und der Luftfahrtindustrie zum Tragen. An der Börse Stuttgart sind zehn ETFs mit Bezug zur Konsumgüterbranche gelistet. Die Umwälzungen im Investitionsgüterbereich lassen sich über zwölf Industrie-ETFs berücksichtigen. Bei Einzelaktien können Anleger beispielsweise jene Unternehmen betrachten, die heute einen Großteil ihrer Margen durch Logistikkosten verlieren und durch den 3D-Druck profitabler werden. Billiglohnländer ausgelagert. Der 3D-Druck dürfte das ändern: Firmen in westlichen Industrienationen könnten individuelle Produkte wieder vor Ort herstellen, Logistikkosten sparen und die Wirtschaft ankurbeln. Potenzielle Verlierer sind Länder, die als verlängerte Werkbänke auf den Export billig hergestellter Produkte angewiesen sind. Eine Verlagerung der Produktion würde ihr Wachstum schmälern. Mit aktiv gemanagten Fonds, ETFs oder Anlagezertifikaten können Anleger auf die Reindustrialisierung der USA oder Japans setzen – und in die Industrienation Deutschland investieren. Zur Auswahl stehen an der Börse Stuttgart rund 70 Investmentfonds mit Anlageschwerpunkt Deutschland, die ohne Ausgabeaufschlag gehandelt werden. 29 in Stuttgart gelistete ETFs bilden deutsche Aktienindizes ab – zum Teil auch gehebelt oder als Short-Variante. ANWENDER IN DER INDUSTRIE Fotos: Hintergrundbild: Veronika Lukasova/ZUMA Press/Corbis, li. u.: Eightfish/Iconica/gettyimages marktmacher 01/2013 17 handeln handeln GUT DURCHDACHT ORDERN E motionale Distanz zum Marktgeschehen, ein kühler Kopf und gut begründete Entscheidungen bilden die Basis für jeden Erfolg im Wertpapierhandel. Kurzum: Ein Anleger sollte wissen, was er tut. Sich bestimmte Börsenstrategien anzueignen und dann nach ihnen zu handeln ist ein Weg bei Aktieninvestments: Die Strategien dienen als Richtschnur für Kauf- und Verkaufsentscheidungen. Sie schützen vor impulsivem Handeln. Und sie regen dazu an, sich mit dem eigenen Verhalten auseinanderzusetzen, weil sie auf Anlage- und Risikotypen zugeschnitten sind. Fühlt sich der Anleger mit einer Strategie nicht wohl, kann er hinterfragen, woran das liegt – und erfährt so mehr über sich selbst. Damit sind Börsenstrategien auch ein probates Mittel, um psychologische Fallstricke bei der Aktienanlage zu erkennen. 18 marktmacher 01/2013 @ Die intelligenten Ordertypen der Börse Stuttgart: www.boerse-stuttgart.de/ ordertypen Den Klassiker unter den Börsenstrategien für Aktien hat US-In vestoren-Legende Warren Buffett populär gemacht: den Value-Ansatz. Wichtigstes Kriterium für Buffett ist ein transparentes Geschäftsmodell. Er will unmittelbar verstehen, wie und womit ein Unternehmen sein Geld verdient. Kein Wunder also, dass sich sein Aktienportfolio vorwiegend aus Getränkeproduzenten, Versicherungen, Eisenbahnlinien und anderen Konzernen in eher bodenständigen Branchen zusammensetzt. Foto: Dominik Pabis/E+/gettyimages Das Spektrum möglicher Aktieninvestments lässt sich mithilfe ausgesuchter Börsenstrategien eingrenzen. Doch bei allen Leitlinien gilt: Die Titel müssen auch zu den Präferenzen des Anlegers passen. handeln Foto: UniCredit Group Doch diese Vorgaben genügen noch nicht für eine Strategie: Buffett sieht sich ausschließlich die Großen an – bekannte Marken mit einer starken Wettbewerbsposition. „Und, das wird gerne vergessen, mit einem langfristig nachhaltigen Wachstumspotenzial“, sagt Norbert Paul, Handelsexperte an der Börse Stuttgart. Heranzuziehen sind auch fundamentale Kennzahlen: ValueAktien haben in der Regel ein vergleichsweise geringes KursGewinn-Verhältnis (KGV) und zahlen meist eine ordentliche Dividende. Mit anderen Worten: Die Titel sind aus Sicht des Investors an der Börse günstig bewertet und daher interessant. Damit sind die Prüfkriterien für ein Investment und das Anlagespektrum beim Value-Ansatz klar umrissen. Die Strategie gilt insgesamt als konservativ, und gerade in turbulenten Börsenzeiten haben sich Value-Aktien immer wieder als Stabilitätsanker im Portfolio erwiesen. „Dafür stehen schnelle Kursgewinne, verglichen mit anderen Konzepten, weniger im Fokus, und die Strategie ist eher langfristig angelegt“, sagt Paul. Garantien gibt es allerdings auch beim Value-Ansatz nicht: Energieunternehmen zum Beispiel gelten eigentlich als klassische Value-Investments, doch in jüngster Zeit machte deutschen Betreibern von Atomkraftwerken die Energiewende zu schaffen. Und das spiegelte sich im Kursverlauf ihrer Aktien. „Eine der wichtigsten Fragen vor jeder Anlageentscheidung ist deshalb, wo das Potenzial für negative Überraschungen liegen könnte“, erklärt Aktienanalyst Stefan Röhle vom Frankfurter Analysehaus Independent Research. NUR FÜR PROFIS Eine gute Börsenstrategie zeichnet sich durch klare Kriterien aus. Bei manchen Ansätzen aber ist es schwer, Kauf- oder Verkaufssignale zu definieren – für Privatanleger sind sie deshalb mit größter Vorsicht zu genießen. Beispiel Turn around: Ob ein Unternehmen in der Krise wieder auf die Erfolgsspur kommt und vor allem wann die Börse beginnt, das zu honorieren, ist äußerst schwer zu beurteilen. Im Ergebnis greifen Anleger hier in der Regel in das fallende Messer oder verpassen den richtigen Zeitpunkt für den Einstieg. Christian Stocker, Aktienstratege bei der UniCredit Group in München Immer auf Überraschungen gefasst sein müssen Anleger, denen ein hohes Kurspotenzial besonders wichtig ist: Sie verfolgen eher eine Growth-Strategie. Die Unternehmen, deren Aktien dafür infrage kommen, sind meist junge Gesellschaften. Ihr Umsatz steigt überdurchschnittlich, und sie sind häufig in typischen Wachstumsbranchen zu finden, etwa Biotechnologie oder Internet industrie. Dividenden schütten sie in der Regel nicht aus, der gesamte Gewinn wird in das weitere Wachstum investiert. Das Schlagwort Risikostreuung bekommt hier für Anleger eine besondere Bedeutung: Ein Biotechunternehmen beispielsweise, dessen jüngstes Medikament und größter Hoffnungsträger die Vertriebszulassung in Europa oder den USA nicht erhält, kann so schnell von der Bildfläche verschwinden, wie es aufgetaucht ist. Wer solche Risiken vermeiden, aber dennoch eine gewisse Wachstumsfantasie in seinen Investments berücksichtigen will, könnte sich mit einer etwas anderen Definition von „Growth“ anfreunden, wie sie Christian Stocker vertritt, Aktienstratege bei der UniCredit in München: „Growth-Aktien können auch von etablierten Unternehmen stammen, die es geschafft haben, in den Schwellenländern Fuß zu fassen, und dort ein hohes Wachstumspotenzial haben.“ Ob „Growth“ oder „Value“: Es stellt sich auch die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für den Ein- und Ausstieg. Hier kann es sinnvoll sein, einige recht simple Regeln zu beherzigen – ein Stop-Loss zu nutzen ist die einfachste unter ihnen. Das bedeutet, ein maximales Verlustniveau zu definieren, zum Beispiel zehn Prozent, und zu verkaufen, wenn diese Marke unterschritten wird. Wer dieses Vorgehen noch verfeinern möchte, kann einen der intelligenten Ordertypen der Börse Stuttgart nutzen: Mit der Trailing-Stop-Order wird die Verkaufsschwelle bei steigenden Kursen automatisch nachgezogen. In der Vergangenheit sind Anleger auch durchaus gut damit gefahren, das Stop-Loss zu einer eigenständigen Strategie zu erheben und ihr dann mechanisch zu folgen. Die Vorgaben lauten, am Jahresbeginn zu investieren und die Stop-Loss-Marke festzulegen. Der Anleger verkauft in der Folge nur dann, wenn der festgelegte Wert »GROWTH-UNTERNEHMEN SIND FÜR MICH AUCH KONZERNE, DIE IN SCHWELLENLÄNDERN HOHES WACHSTUMSPOTENZIAL HABEN.« marktmacher 01/2013 19 handeln „Sell in Summer“ funktioniert langfristig Durchschnittliche DAX-Performance auf Monatsbasis seit 1959 (in %) DAX-Verlauf 2012 8.000 2,0 1,40 1,0 0,89 0,18 0,0 0,52 0,79 0,64 –0,33 0,01 1,15 1,30 7.500 –0,20 7.000 6.500 –1,0 –2,0 –2,10 Jan. Feb. Mär. Apr. Mai Jun. Jul. Aug. Sep. Okt. Nov. Dez. 6.000 Die Betrachtung seit 1959 zeigt: Der Juli macht auf lange Sicht die Verluste im Mai wett, der September entpuppt sich als der Minusmonat schlechthin. Dass aber Statistik wenig als Kurzfristindikator taugt, belegt der Kursverlauf des DAX im Jahr 2012: Abwärts ging es bereits von März an, und die Rallye zwischen Mai und September hätte man verpasst, wäre man der Regel entsprechend erst im Oktober wieder eingestiegen. Quellen: Finanzen.net, Deutsche Börse unterschritten wird. Ist das der Fall, wartet er bis Jahresende und startet eine neue Runde. Das ist nicht sehr unterhaltsam, kann aber erfolgreich sein. Ebenso einfach ist der Grundsatz „Sell in Summer“. Die Idee dahinter: August und September sind statistisch die schwächsten Monate an der Aktienbörse. Warum also nicht rechtzeitig alles verkaufen, Urlaub machen und im Herbst erneut einsteigen, wenn alles überstanden ist? „In den Sommermonaten fehlen der Börse häufig die Impulse“, erklärt Handelsexperte Paul, „es gibt weniger Unternehmensnachrichten, viele Familien sind in den Ferien, und es wird eher Geld abgezogen als investiert.“ Statistisch ist das belegt, aber wer diesem Rat folgt, muss mitunter damit rechnen, eine ausgeprägte Rallye zu verpassen. Darauf verweist auch der Frankfurter Analyst Röhle und gibt zu bedenken, „dass die Vergangenheit niemals verlässlich Prognosen für die Zukunft erlaubt“. Wem „Sell in Summer“ ein zu grobes Maß ist, der sieht sich die 200-Tage-Linien seiner Aktien an – eine Methode, an der sich viele Investoren orientieren. Bei der 200-Tage-Linie wird für jeden Tag der Mittelwert der Schlusskurse der vergangenen 200 Handelstage berechnet, anschließend werden die einzelnen Durchschnittskurse miteinander verbunden. Anhand der Linie beobachtet der Anleger also den gleitenden Durchschnitt der vergangenen 200 Tage und wartet auf eine Trendwende. Beginnt die Linie zu fallen und notiert der Kurs aktuell darunter, wird verkauft. Setzt der Durchschnitt hingegen 20 marktmacher 01/2013 ZUERST TESTEN Wer ohne Risiko testen möchte, welche Strategie zu ihm passt, kann sich auf der Internetseite der Börse Stuttgart anmelden und dort verschiedene Musterportfolios mit den jeweils ausgewählten Werten zusammenstellen. Dann heißt es abwarten: Verläuft der Test für eine Strategie im Sinne des Anlegers, lässt sich das schon ausprobierte Vorgehen mit echtem Kapital in die Tat umsetzen. zu einem Höhenflug an und der aktuelle Kurs liegt darüber, dann wird gekauft. „Das funktioniert recht gut“, meint der Münchner Aktienexperte Stocker, „allerdings erfordert diese Regel viel Flexibilität vom Anleger – er muss mindes tens wöchentlich die 200-TageLinien seiner Titel prüfen.“ Eine eigenständige Aktienauswahl, wie sie Value- und GrowthAnsatz dem Investor abverlangen, übernimmt bei rein regelgebundenen Strategien der Markt selbst. „Top-Flop“ ist eine dieser Strategien, und auch sie ist im Kern ganz einfach: Der Anleger setzt im ersten Halbjahr auf die fünf oder zehn Verlierer des abgelaufenen Vorjahres, denn sie haben Aufholpotenzial. Dann schichtet er im Juni auf die bisherigen Gewinner des laufenden Jahres um, denn sie haben ein positives Momentum. Auch dieses Vorgehen hat in der Vergangenheit schon zu guten Ergebnissen geführt. „Wer eine solche regelbasierte Strategie verfolgt, muss sie allerdings sehr strikt anwenden und darf sich nicht von der aktuellen Nachrichtenlage verunsichern lassen“, sagt UniCredit-Analyst Stocker. Aber die eine groSSe Wahrheit gibt es leider nicht: Letztlich kommt es immer darauf an, dass sich der Investor mit seiner Strategie wohlfühlt. „Eine Flop-Strategie passt nicht zu mir, wenn ich mit solchen Werten im Depot nicht mehr ruhig schlafen kann“, sagt Handelsexperte Norbert Paul. „Dann sollte ich besser eine TopTop-Strategie mit Umschichtungen in die jeweiligen Gewinner des Halbjahres fahren – oder es gleich mit einem ganz anderen Ansatz versuchen.“ CARSTEN MICHAEL handeln BREIT GESTREUT Erstmals können Anleger per Investmentfonds ein aktiv verwaltetes Portfolio aus börsennotierten Mittelstandsanleihen erwerben. So erhalten sie einen diversifizierten Marktzugang. I n Zeiten niedriger Zinsen sind neue Ideen für Investments gefragt. Eine Möglichkeit sind börsengehandelte Anleihen mittelständischer Unternehmen. Diese festverzinslichen Papiere bieten höhere Renditechancen als etwa ein Sparbuch oder Bundesanleihen – allerdings auch bei höheren Risiken. Mittlerweile sind rund 70 Mittelstandsanleihen mit einem Volumen von über 3,5 Milliarden Euro in speziellen Handelssegmenten an deutschen Börsen gelistet – 25 davon in Stuttgart, wo vor zweieinhalb Jahren der Startschuss für das Segment Bondm fiel. Seit Anfang April gibt es an der Börse Stuttgart einen neuen Zugang zu Mittelstandsanleihen: Erstmals ist dort ein Investmentfonds gelistet, der ausschließlich an deutschen Börsen gehandelte Mittelstandsanleihen in seinem Portfolio hat. „Anleger können mit dem Fonds über ein einziges Investment breit gestreut und gezielt auf die Anlageklasse Mittelstandsanleihen setzen“, sagt Christopher Schütz, Leiter der Primary Market Group der Börse Stuttgart. Fondsgesellschaft ist die BayernInvest Kapitalanlagegesellschaft. Foto: Börse Stuttgart Der neue Investmentfonds richtet sich insbesondere an erfahrene Anleger, die statt »ANLEGER KÖNNEN NUN PER FONDS BREIT GeSTREUT IN MITTELSTANDSANLEIHEN INVESTIEREN.« Christopher Schütz, Leiter der Primary Market Group der Börse Stuttgart bondM Kennzahlen des Fonds •Name: BayernInvest Deutsche Mittelstands anleihen UCITS ETF Das Handelssegment für Anleihen mittelständischer Unternehmen an der Börse Stuttgart besteht seit Mai 2010. Die Emittenten der Anleihen verpflichten sich zu fortlaufender Transparenz und Publizität über die Regelungen des normalen Freiverkehrs hinaus. Anleger können direkt an der Zeichnung der Anleihen partizipieren. Zudem sorgt die Börse Stuttgart mit ihren Handelsexperten für einen liquiden Sekundärmarkt. •WKN: A1T6LL •Ausgabeaufschlag: maximal 2 % (einmalig, entfällt bei Orderaufgabe über die Börse Stuttgart) •Portfoliowährung: Euro •Ertragsverwendung: Ausschüttung • Verwaltungsgebühr: maximal 1,50 % p. a. •Fondsgesellschaft: BayernInvest Kapital anlagegesellschaft mbH, München auf Einzeltitel auf Diversifizierung und professionelle Fondsmanager bauen. Diese stellen das Fondsportfolio zusammen und berücksichtigen dabei eine Reihe festgelegter Kriterien. Beispielsweise muss die Emission ein adäquates Mindestvolumen aufweisen. Zudem muss ein extern beauftragtes Mindestrating vorliegen. Auch Obergrenzen für das Gewicht einzelner Emittenten, Branchen und Ratingklassen im Gesamtportfolio sind festgelegt, um eine breite Streuung sicherzustellen. Mit Blick auf die Werte im Portfolio sagt Dr. Oliver Schlick, Geschäftsführer und Chief Investment Officer bei der BayernInvest: „Unser Fonds investiert nur in Papiere, die in einem speziellen Handelssegment für Mittelstands anleihen an einer deutschen Börse gelistet sind. Dies stellt sicher, dass die Anleihe emittenten den erhöhten Transparenz- und Publizitätspflichten nachkommen, die für diese Segmente vorgeschrieben sind.“ Zudem hat das Fondsmanagement die Möglichkeit, die Investments kontinuierlich an die aktuelle Marktsituation anzupassen, etwa bei Ratingveränderungen oder Neuemissionen. GIAN HESSAMI marktmacher 01/2013 21 handeln Tool für den Trend Für professionelle Chartanalyse haben Privatanleger jetzt das passende Werkzeug: Die Börse Stuttgart stellt kostenfrei vielfältige Funktionen bereit. A ls Begründer der technischen Analyse von Wertpapieren hätte der US-Amerikaner Charles Dow vor 130 Jahren seine Freude an diesem virtuellen Werkzeugkasten gehabt: Das kostenfreie Online-Chart-Tool der Börse Stuttgart eröffnet Privatanlegern jetzt vielfältige Möglichkeiten. Aus Sicht von Richard Ditt rich, Leiter der Kundenbetreuung der Börse Stuttgart, entspricht der Funktionsumfang dem von Profi-Tools – allerdings sind diese meist kostenpflichtig: „Um unser Werkzeug zu nutzen, müssen sich Anleger lediglich auf der Internetseite der Börse Stuttgart anmelden.“ Danach steht ihnen die ganze Welt der technischen Analyse offen: Alle in Stuttgart handelbaren Wertpapiertypen sowie Rohstoffe und Währungen lassen sich untersuchen, bis zu vier Benchmark-Vergleiche in einem Chart hinzuschalten. Intraday-Daten auf Minutenbasis sind rückwirkend für bis zu zehn Tage, Daten auf Tagesbasis sogar für die letzten zehn Jahre verfügbar. „Hat ein Anleger auf der Website der Börse Stutt gart ein Musterportfolio oder eine Watchlist angelegt, so sind alle enthaltenen Wertpapiere automatisch auch im Chart-Tool aufrufbar“, sagt Dittrich. Das ermögliche eine effiziente Analyse. Benutzerfreundlichkeit zählT: Anwender können Lieblingsfunktionen und Charteinstellungen in ihrem Profil speichern. Mit der Maus lässt sich ein bestimmter Abschnitt im Chart für eine eingehendere Betrachtung aufziehen. Wer möchte, kann seine Analyse auch mit zusätzlichen Texten anreichern. Zwei Klicks im Menü-Feld „Zeichenelemente“, und die Anwendung erkennt Formationen wie Flaggen, 22 marktmacher 01/2013 1 Chartanalyse Welche Bedeutung hat technische Analyse in der Praxis? Dieser Frage gingen David Smith, Chris tophe Faugère und Ying Wang von der State University of New York nach. Sie konsultierten eine Datenbank, die rund 10.000 von Profis verwaltete Vermögen erfasst. Das Ergebnis: Seit 1993 haben Fonds, die auch auf technische Analyse achten, besser abgeschnitten als solche, die dieses Verfahren ignorieren. @ Das Chart-Tool der Börse Stuttgart: www.boerse-stuttgart.de/ chart-analyse 3 Dreiecke oder Kanäle sowie Candlestick-Formationen. Dank der verwendeten PushTechnologie aktualisieren sich die Preise in Echtzeit, auch bei Währungen und Rohstoffen. Ebenso lassen sich News zum betrachteten Wert ein- oder ausblenden. Zudem können Charts ausgedruckt oder per Mail versandt werden – etwa an Fans von Charles Dow. JAN MÜNSTER handeln Ausgesuchte Funktionen auf einen Blick MENÜ-LEISTE Das Chart-Tool erschließt sich schnell durch Ausprobieren. Dazu tragen Anwender zum Beispiel links oben im Feld „Quick Search“ den Namen eines Unternehmens oder eine WKN ein, wählen daneben den Wertpapiertyp „Aktie“ und klicken auf „OK“. Im neuen Fenster wählen sie den Börsenplatz und klicken wieder auf „OK“. Für den angezeigten Verlauf bestimmen Anwender jetzt noch Zeitraum und Charttyp – dann kann die Analyse beginnen. 1 OHLC-INFO Bei allen Charts erscheint für jedes Zeitintervall ein Info-Kasten, wenn der Anwender mit dem Cursor dem Kursverlauf folgt. Der Kasten zeigt entweder das Datum mit dem jeweiligen Close-Kurs oder zusätzlich die Open-, High- und Low-Kurse. So kennt der Anwender sofort den Eröffnungs-, Höchst-, Tiefst- und Schlusskurs sowie die Handelsspanne. Eine weitere Information erhält er, wenn er eine farbige Darstellung wählt: Grün steht für steigende, Rot für fallende Kurse. 2 4 2 THREE WHITE SOLDIERS Anwender können sich automatisch positive oder negative CandlestickFormationen anzeigen lassen. Unter „Patterns“ ist zum Beispiel die stark positive Formation „Three White Soldiers“, kurz TWS, auswählbar. Dabei folgen drei weiße, gleich aussehende Kerzen aufeinander. Diese Formation signalisiert, dass ein Abwärtstrend beendet ist. Die Bullen gewinnen gegenüber den Bären an Boden – und siegen schließlich. Chart: Börse Stuttgart 4 GLEITENDER DURCHSCHNITT Unter „Indikatoren“ kann der Anwender aus einer Fülle von Alternativen auswählen. Erklärungen liefert jeweils ein Klick auf das Kästchen rechts neben dem Indikator. Die Linie im Screenshot zeigt als Beispiel den durchschnittlichen Kurs über die letzten 50 Tage. Durch die Glättung der Kursbewegung sind Trends leichter ablesbar. Das Kreuzen des Kurses mit dem gleitenden Durchschnitt von unten nach oben kann als Kaufsignal bewertet werden – und umgekehrt. 3 5 ECHTZEIT-PUSH Das Analyse-Tool zeigt die Kurse eines Wertpapiers sekundengenau an. Sie fließen automatisch in den animierten Chart ein. Die letzte Kerze wird also stets aktuell gehalten. Abzulesen sind die Kurse und ihre Veränderung – absolut wie auch relativ – ebenso in der Leiste über dem Schaubild. Für aktive Privatanleger ist der Echtzeit-Push ein großer Vorteil gegenüber der ansonsten notwendigen Aktualisierung durch den Anwender selbst. 5 marktmacher 01/2013 23 handeln der cup als Chance Im Vorfeld der Fußball-WM kommt die brasilianische Wirtschaft wieder in Schwung. Anleger haben vielfältige Möglichkeiten, an dieser Dynamik teilzuhaben. Die Aussichten kennt Oliver Döhne, Repräsentant von Germany Trade & Invest, der Gesellschaft für Außenwirtschaft der Bundesregierung, in São Paulo: „2013 könnte die brasilianische Wirtschaft wieder um vier Prozent wachsen.“ Auch für die Folgejahre seien die Aussichten gut, so Döhne: „Brasilien wird zur fünftgrößten Volkswirtschaft der Welt aufsteigen.“ Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet dies sogar schon 2014. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt, liegen nur noch die USA, China, Japan und Deutschland vor Brasilien. „Schon aufgrund der Größe seines Binnenmarkts mit 198 Millionen Einwohnern, seines Rohstoffreichtums, seiner Stabilität und seiner politischen Bedeutung wird Brasilien stark wachsen“, prognostiziert der Experte. Bereits seit Herbst 2012 geht es wieder aufwärts mit der Konjunktur. Vor allem die Industrie fasst laut Döhne zusehends Vertrauen und verstärkt ihre Investitionen. Für 24 marktmacher 01/2013 Brasiliens Werte An der Börse Stuttgart können Anleger Wertpapiere mit Brasilienbezug auswählen: Das Spektrum reicht von Zertifikaten und Hebelprodukten auf brasilianische Aktien über ETFs auf die Aktienindizes Bovespa und MSCI Brasil bis hin zu Fremdwährungsanleihen in der brasilianischen Währung Real. @ Die Produktfinder der Börse Stuttgart: www.boerse-stuttgart.de/ produkt-finder Bereiche, in die besonders viel staatliches Geld fließt, erwartet die brasilianische Entwicklungsbank BNDES ein Wachstum von 20 bis 25 Prozent. Das betrifft beispielsweise die Öl- und Gasförderung, die Energieerzeugung und die urbane Infrastruktur. Allein für die WM steckt Brasilien 30 Milliarden Dollar in Flughäfen, Stadien, Hotels, Nahverkehr und Stadtentwicklung. Das ist auch notwendig: Die überlastete Infrastruktur ist derzeit die größte Wachstumsbremse des Landes. Für ein gutes Investitionsund Konsumklima sorgt dagegen die Notenbank. Sie hat die Inflation erfolgreich bekämpft und konnte den Leitzins sukzessiv senken. Vor allem frisst die Inflation die Löhne nicht mehr auf. Dies hat maßgeblich zum Entstehen einer wohlhabenden Mittelschicht beigetragen. „Die neue Mittelklasse vereint fast 100 Millionen Menschen und erfüllt sich lange gehegte Konsumwünsche“, so Döhne. Auch wenn gleichzeitig Foto: John W. Banagan/Photographer‘s Choice/gettyimages I m Sommer 2014 dreht sich in Brasilien bei der Fußballweltmeisterschaft alles um das runde Leder. Die dortige Nationalmannschaft Seleção rechnet sich gute Chancen aus, das Finale am 13. Juli 2014 im legendären Estádio do Maracanã in Rio de Janeiro zu erreichen. Ob die Kicker am Ende tatsächlich triumphieren werden, bleibt abzuwarten. Aber ganz gewiss lenkt die Fußball-WM den Blick nicht nur auf einen sportlichen, sondern auch auf einen ökonomischen Riesen. Nach einer kleinen Wachstumsdelle im letzten Jahr nimmt Brasiliens Wirtschaft wieder Fahrt auf. Vorfreude auf die WM: Graffiti in Rio de Janeiro. handeln den brasilianischen Aktienindex Bovespa darunter. Der Leitindex der Börse in São Paulo repräsentiert 70 Prozent der Marktkapitalisierung des Landes und enthält 66 Aktien. Am stärksten vertreten sind die Sektoren Rohstoffe, Energie und Banken. Ein unkompliziertes und gleichzeitig breit gestreutes Investment ermöglichen ETFs: Sie bilden den Bovespa ab, aber auch den MSCI Brasil, der etwas breiter aufgestellt ist und 81 Aktien umfasst. Am stärksten gewichtet ist hier die Finanzbranche, gefolgt vom Rohstoff- und Energiesektor. nach wie vor Teile der Bevölkerung in Armut leben: Insgesamt präsentiert sich Brasilien als stabiles und wirtschaftlich starkes Land. Auch Investments in brasilianische Aktien lassen sich an der Börse Stuttgart tätigen – allerdings mit einem Umweg über New York. Denn ein Direktkauf ist für Privatanleger in Deutschland nicht möglich. Deshalb erwerben die Anleger sogenannte American Deposit Receipts, kurz ADRs. Diese Papiere verkörpern eine bestimmte Zahl hinterlegter Aktien eines Nicht-US-Unternehmens, die dadurch weltweit handelbar werden. Dazu Roland Hirschmüller, der den Handel mit Auslandsaktien an der Börse Stuttgart leitet: „ADRs werden an der New Yorker Börse in US-Dollar gehandelt und ausgehend von diesem Referenzmarkt an der Börse Stuttgart in Euro. Damit ist der Markt für ADRs hochliquide.“ Aus diesem Ablauf folgt auch: Anleger sollten den Wechselkurs des Euro zum Dollar beachten. Zu den umsatzstärksten Brasilien-ADRs an der Börse Stuttgart gehören laut Hirschmüller „die großen Rohstoffwerte, die auch eine hohe Marktkapitalisierung aufweisen“. JAN MÜNSTER Oliver Döhne, Repräsentant von Germany Trade & Invest in São Paulo Wer als Anleger auf Brasilien setzen möchte, kann in Aktien, börsengehandelte Indexfonds (ETFs) und verbriefte Derivate investieren. Rund 750 strukturierte Produkte mit Brasilien-Bezug werden an der Börse Stuttgart gehandelt. Neben Anlagezertifikaten und Hebelprodukten auf Einzelaktien sind auch Papiere auf »BRASILIEN STEIGT SCHON BALD ZUR FÜNFTGRÖSSTEN VOLKSWIRTSCHAFT DER WELT AUF.« Foto: Torsten George/Germany Trade & Invest Entwicklung des Aktienindex Bovespa Veränderung des Bruttoinlandprodukts1 8,0 7,5 70.000 6,0 60.000 4,0 2 2,7 50.000 2,0 1,5 2 40.000 30.000 2009 2010 Quelle: BM&F Bovespa S.A. 2011 2012 2013 4,0 0,0 –0,3 –2,0 2009 2010 2011 2012 2013 1 Reale Veränderungsrate in Prozent. 2 Prognose. Quelle: Germany Trade & Invest Brasiliens Wirtschaft nimmt Fahrt auf. Seit Ende des dritten Quartals 2012 legen Investitionen und Konsum wieder zu. Große Infrastrukturprojekte sorgen für Wachstum im Land. Weil sich auch die Aussichten für die Weltwirtschaft aufhellen, könnte Brasilien vor einem anhaltenden Aufschwung stehen. Denn es verfügt über zahlreiche Rohstoffe, die Boom-Länder wie China dringend benötigen. marktmacher 01/2013 25 handeln AUSSCHÜTTUNg mit Ansage Die Zinsen liegen derzeit meist unterhalb der Inflationsrate. Da bietet sich der Blick auf dividendenstarke Aktien an – Anleger sollten allerdings mehr beachten als nur die Höhe der Dividendenrendite. E in bemerkenswerter Tag war das, Anfang Februar: Erstmals seit anderthalb Jahren überstieg die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen mit 1,72 Prozent die aktuelle Inflationsrate. Allerdings fiel das Polster mit gerade einmal 0,2 Prozentpunkten recht dünn aus. Aufgrund der anhaltend niedrigen Zinsen sind Anleger auf der Suche nach Alternativen – und nehmen dabei verstärkt Aktien in den Blick, die verlässlich hohe Dividenden versprechen. Das beobachtet auch Joachim Brandmaier, Herausgeber des „Stuttgarter Aktienbriefs“: „Das Interesse von Anlegern an Dividenden ist in den vergangenen zehn Jahren stetig gestiegen.“ Wurde die Ausschüttung früher eher als Zubrot zur Kursentwicklung gesehen, spielt sie heute als regelmäßiger Ertrag eine viel wichtigere Rolle. Der wesentliche Grund: Die Dividendenwerte haben die großen Kursrückschläge in dieser Zeit besser verkraftet als die übrigen Aktien. Das bestätigt auch Brandmaier: 26 marktmacher 01/2013 Stück für Stück: Dividenden sind als regelmäßige Erträge interessant. »IN VERGANGENEN MARKTTURBULENZEN SIND DIE KURSVERLUsTE BEI DIVIDENDENSTARKEN AKTIEN GERINGER AUSGEFALLEN.« Joachim Brandmaier, Herausgeber des „Stuttgarter Aktienbriefs“ Fotos: o. T-Pool/Stock4B/gettyimages, li. Börse Aktuell Verlag Die Dividende ist tatsächlich weit mehr als eine Beigabe. Im DAX, der als Performance-Index die Ausschüttungen berücksichtigt, sind aktuell rund 3.600 Punkte auf Dividenden zurückzuführen. Das zeigt der Vergleich mit dem DAX als Kursindex ohne Einbeziehung von Dividenden: Die Performance-Variante zählte am 15. März genau 8.043 Punkte, die Kurs-Variante hingegen lediglich 4.380. In die gleiche Richtung weist eine Rechnung der Fondsgesellschaft Fidelity: Wer vor 20 Jahren 1.000 Euro in den S&P500-Aktienindex investiert hat, erhielt Ende März 2012 ohne Dividenden 3.420 Euro zurück, inklusive wieder angelegter Dividenden jedoch 5.100 Euro. Doch auch im indexinternen Vergleich machen dividendenstarke Werte langfristig eine passable Figur: So ist der DAX von Anfang 2001 bis Ende 2012 um rund 21 Prozent gestiegen, der DivDAX hingegen, die Auswahl der 15 dividendenstärksten Titel im deutschen Leitindex, legte um 67 Prozent zu. handeln „Gerade in den vergangenen Marktturbulenzen, etwa 2008, hat sich gezeigt, dass bei dividendenstarken Aktien die Schwankungen und Kursverluste geringer ausfielen als im Gesamtmarkt.“ Ähnliches hat die Fondsgesellschaft Allianz Global Investors (AGI) mit Blick auf die vergangenen 60 Jahre nachgewiesen: In Zeiten negativer Börsenentwicklungen konnten Dividendenwerte in den USA den Gesamtmarkt hinter sich lassen. Für AGI ist das keineswegs statistischer Zufall, denn Unternehmen mit hohen Dividendenrenditen kommen häufig aus defensiveren Branchen wie Energie, Telekommunikation oder Nahrungsmittelindus trie. Allerdings ist die relative Solidität der Dividendentitel nicht umsonst zu haben: In positiven Marktphasen hinkt ihre Kursentwicklung dem Gesamtmarkt häufig hinterher. Dies zeigt ein Blick auf den DivDAX: Seit Anfang 2009 wird er vom DAX klar geschlagen. Bei der Auswahl von Dividen denaktien ist die Höhe der Dividendenrendite das erste Kriterium – die Kennzahl setzt als Momentaufnahme die jüngste gezahlte oder die geplante Dividende ins Verhältnis zum aktuellen Kurs der Aktie. Doch allein auf diesen Wert sollten sich Anleger nicht verlassen – gerade professionelle Investoren hinterfragen ihn kritisch und sehen ihn im Zusammenhang mit anderen Kriterien. So auch Roger Peeters, Vorstand beim Analysehaus Close Brothers Seydler: Er erwartet von Dividendentiteln „eine solide Rendite auf ausreichendem Niveau“. Solide ist dabei entscheidend, denn zu hoch darf der Wert nicht sein: „Zweistellige Dividendenrenditen Neuer REKORD In diesem Frühjahr schütten die DAX-30-Konzerne nach Berechnungen der Commerzbank 28,4 Milliarden Euro an ihre Aktionäre aus – mehr als im Rekordjahr 2007. Die Summe umfasst 85 Prozent der von deutschen börsennotierten Unternehmen gezahlten Dividenden. deuten bei einem Unternehmen eher auf Probleme hin denn auf Verlässlichkeit.“ Allein sage die Kennzahl wenig aus: „Sie ergibt sich immer aus einem dynamischen Prozess. Steigt der Kurs, sinkt die Dividendenrendite.“ Umgekehrt kann sich eine hohe Dividendenrendite auch aus Kursverlusten ergeben. „Dann sollte man als Anleger besonders genau hinsehen“, sagt Peter Seibold, Leiter des Handels mit DAX-Aktien an der Börse Stutt gart. Zur Beurteilung der Aktie bietet sich beispielsweise der Vergleich mit anderen Titeln aus derselben Branche an: Eine relativ hohe Dividendenrendite kann auf eine schlechtere Kursentwicklung als beim Wettbewerber hindeuten. „Dann kommt es auf die persönliche Risiko neigung an“, erklärt Seibold. Eher defensive Anleger wählen den Branchenwert mit der vergleichsweise hohen Dividendenrendite, eher offensive Anleger hingegen bevorzugen die Aktie mit dem guten Kursmomentum. Kommt eine Aktie mit höherer Dividendenrendite in die engere Wahl, dann lohnt ein Blick auf die Qualität des Unternehmens, das hinter der Aktie steckt. Das bestätigt Joachim Brandmaier: „Man sollte nicht ausschließlich auf die Dividende schauen, sondern auch auf das Geschäftsmodell und eventuelle Risiken.“ Der erfahrene Dividendeninvestor rät Anlegern sogar, langfristig nur in Unternehmen zu investieren, von denen sie auch ohne Dividende überzeugt wären. Denn immer wieder kommt es vor, dass Dividenden überraschend gekürzt oder ganz gestrichen werden – auch in der laufenden Saison hat es Top-Dividendenwerte laufen besser S&P 500 und S&P 500 Dividend Aristocrats über fünf Jahre Der Index S&P 500 Dividend Aristocrats umfasst alle Werte des S&P 500, die seit mindestens 25 Jahren in jedem Jahr ihre Dividende angehoben haben. In den vergangenen fünf Jahren hat er durchschnittlich 10,54 Prozent pro Jahr zugelegt – der S&P 500 hat es im selben Zeitraum auf nur 4,61 Prozent gebracht. Auch der DivDAX schlug den DAX von 2001 bis 2007 klar, erst von 2008 an ist er hinter den Leitindex zurückgefallen. Prozent 180 160 140 120 100 80 60 S&P 500 S&P 500 Dividend Aristocrats 40 20 2009 2010 2011 2012 2013 Quelle: S&P Dow Jones Indices marktmacher 01/2013 27 handeln Indexfonds statt Einzelaktie Orderbuchumsätze mit Dividenden-ETFs an der Börse Stuttgart Mio. € 16 14 12 10 8 6 4 2 0 Jan. Feb. Mär. Apr. Mai Jun. Jul. 2012 Aug. Sep. Okt. Nov. Dez. Jan. 2013 Im Januar 2013 ist der Orderbuchumsatz mit Dividenden-ETFs an der Börse Stuttgart den vierten Monat in Folge gestiegen und erreichte rund 16 Millionen Euro. Dabei gab es viermal mehr Käufe als Verkäufe. Das zeigt, dass private Anleger verstärkt in diese Papiere investieren, die sich auf spezielle Indizes aus besonders dividendenstarken Aktien beziehen. Quelle: Börse Stuttgart solche Fälle gegeben. „Wenn die Dividende ausfällt, ist zu hinterfragen, woran es liegt – und ob das Geschäftsmo dell des Unternehmens noch funktioniert“, sagt Seibold. Auch kommt es immer wieder vor, dass die ausgeschüttete Dividende die Gewinnsumme übersteigt oder gar aus einem Verlust heraus gezahlt wird. Doch eigentlich sollte die Dividende aus dem operativ erwirtschafteten Gewinn kommen. „Dann lässt sich ausschließen, dass hier auf Kosten der Substanz gewirtschaftet wird“, sagt Seibold. Insbesondere Dividende zahlende Verlustunternehmen sollten Anleger sich genauer ansehen. Eine hohe Ausschüttungsquote im Verhältnis zum Gewinn muss indes nicht negativ sein. Für die USA hat die Fondsgesellschaft AGI folgenden Zusammenhang ermittelt: je höher die Ausschüttungsquote, desto höher das Gewinnwachstum in den folgenden Jahren. Die AGI-Experten erklären das so: Die im Unternehmen verbleibenden Mittel werden auf ausgewählte, hochrentable Investitionen konzentriert. Kapitalflüsse in unprofitable Projekte unterbleiben angesichts der verknappten Mittel. Dies führt in den meisten Fällen zu einer höheren Rentabilität und höheren Gewinnen bei den Unternehmen. Garantieren kann die Dividendenzahlung niemand, doch es gibt einen recht verlässlichen Hinweis: die Kontinuität. „Regelmäßig gezahlte Dividenden erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass das Unternehmen diese Praxis auch künftig fortsetzen wird“, sagt Brandmaier. Als Beispiel nennt er eine kanadische Bank, die seit 1832 28 marktmacher 01/2013 Aktienfinder Dividendenstarke Aktien gibt es natürlich nicht nur im Deutschen Aktienindex DAX 30. Für ein gut gestreutes Depot sollten Privatanleger auch andere Segmente und Länder in Betracht ziehen. Der Aktienfinder der Börse Stuttgart hilft dabei, passende Titel zu finden und nach Kennzahlen wie der Dividendenrendite zu selektieren. Clever: die dynamische Weltkarte mit den Leitindizes. @ www.boerse-stuttgart.de/ aktienfinder ununterbrochen eine Dividende zahlt – selbst mitten in der Finanzkrise wurde lediglich die Erhöhung ausgesetzt. Noch besser als regelmäßige Zahlungen sind allerdings kontinuierliche Dividendenerhöhungen. Dieser Aspekt ist gerade bei der langfristigen Anlage wichtig, „denn bei steigenden Kursen steigt zwar die aktuelle Dividendenrendite nicht, wohl aber die Rendite gegenüber dem Einstandskurs“, betont Brandmaier. Dass stetig steigende Ausschüttungen sich auch positiv auf den Kursverlauf auswirken können, zeigt der S&P 500 Dividend Aristocrats aus US-Werten mit kontinuierlichen Dividendensteigerungen (s. Seite 27: „Top-Dividendenwerte laufen besser“). Und noch etwas macht der Index deutlich: Wer nach Dividendenaktien sucht, sollte sich nicht zu sehr auf heimische Titel konzentrieren. „Die Dividendenkultur mit kontinuierlichen und wenn möglich steigenden Ausschüttungen ist vor allem in den USA sehr ausgeprägt“, sagt Brandmaier. Das Prinzip des Shareholder Value wird dort bewusster umgesetzt als in Deutschland und Europa. Hier neigen viele Firmen dazu, in schlechten Zeiten die Dividende zu kürzen. Aber selbst regelmäßige Steigerungen sind keine Garantie. Analyst Peeters verweist auf eine Goldmine, „deren Vorkommen erschöpft sind – sie wird keine Dividende mehr zahlen“, unabhängig davon, wie regelmäßig sie zuvor ausgeschüttet hat. Für Börsen experte Seibold belegt das eines: „Um die weitergehende Analyse eines Unternehmens kommen Privatanleger vor dem Investment nicht herum.“ CARSTEN MICHAEL Wir bringen das Wissen zu Ihnen. Und zwar egal, wo sie sind. Die neuen RBS-Webinare vermitteln wertvolles Wissen rund ums Anlegen – ortsunabhängig, kostenlos und interaktiv. Sie müssen nicht zu einem bestimmten Veranstaltungsort reisen, sondern können bequem von zu Hause oder vom Büro aus und sogar unterwegs an unseren interaktiven Seminaren teilnehmen. Stellen Sie Ihre Fragen direkt im Chat mit unseren Experten, nehmen Sie an Umfragen teil oder schauen Sie einfach nur zu. Alles, was Sie dazu brauchen, sind ein Computer mit Internetzugang und eine Stunde Zeit. Jetzt anmelden! www.rbs.de/akademie Produktinformation Der allein verbindliche Prospekt ist bei der The Royal Bank of Scotland plc Niederlassung Frankfurt, Junghofstr. 22, 60311 Frankfurt am Main, kostenfrei erhältlich. Kein Vertrieb an US-Personen. © The Royal Bank of Scotland plc. Alle Rechte vorbehalten. ankommen ankommen Privatanleger zahlen doppelt Der EU-Entwurf zur Finanztransaktionssteuer wirft Fragen nach einer fairen Verteilung der Belastungen auf. Denn vor allem private Anleger und Realwirtschaft würden von der Steuer getroffen. F ür EU-Kommissar Algirdas Šemeta war es, wie er sagte, „ein großes Vergnügen“, den Entwurf der Europäischen Union zur Finanztransaktionssteuer Mitte Februar in Brüssel vorzustellen. Als Ziel gibt der Litauer vor, die Verantwortlichen der Finanzkrise für deren Bewältigung heranzuziehen. Er erwartet Einnahmen von bis zu 35 Milliarden Euro pro Jahr. Doch sein Entwurf ist bei Experten auf Widerstand gestoßen. Ein Grund: Die Steuer belastet nicht zuletzt Privatanleger – obwohl sie die Krise nicht verursacht haben. Am 1. Januar 2014 soll die neue Steuer in Kraft treten, wenn zuvor alle elf teilnehmenden EU-Länder, darunter Deutschland, den Entwurf parlamentarisch absegnen. Besteuert werden sollen Käufe und Verkäufe von Aktien und Anleihen mit 0,1 Prozent sowie von Derivaten mit 0,01 Prozent. Die Steuer greift nicht nur, wenn ein Finanzinstitut aus den teilnehmenden Ländern an der 30 marktmacher 01/2013 AltersVorsorge Die geplante Finanztransaktionssteuer führt bei der Altersvorsorge zu Renditeeinbußen von bis zu 5,5 Prozent. Dies fand der Münchner Kapitalmarktforscher Professor Chris toph Kaserer in einer empirischen Studie heraus. Schuld daran sind die erhöhten Transaktionskosten, die bei einer Ansparphase von 40 Jahren bei der Umschichtung der Portfolios entstehen. Belgien Frankreich Portugal Spanien Transaktion beteiligt ist. Der EU-Vorschlag sieht zudem eine Besteuerung von allen Geschäften mit Finanzprodukten vor, die in einem der teilnehmenden Staaten ausgegeben wurden. „Für eine verantwortungsvolle Umsetzung der Steuer besteht noch dringender Handlungsbedarf“, sagt Dr. Chris toph Boschan, Vorstand der Börse Stuttgart. „Das Ziel der Politik, die Verursacher der Finanzkrise an deren Kosten zu beteiligen, wird mit dem aktuellen Richtlinienentwurf der EU-Kommission nicht erreicht.“ Stattdessen zahlten Privatanleger doppelt: „Auf der einen Seite fällt für sie die Steuer beim Kauf und Verkauf von Wertpapieren an. Auf der anderen Seite wandert Liquidität von den Handelsplätzen im Geltungsbereich der Steuer ab. Das vergrößert die Spreads, und die Anleger werden hierdurch zusätzlich belastet.“ Hinzu kommt: Privatanleger entrichten Kapitalertragssteuer und bestreiten ihre Investitionen aus bereits versteuerten Arbeitseinkommen. Deshalb fordert Boschan, Privatanleger von der Finanztransaktionssteuer auszunehmen. Denkbar seien etwa erhöhte Freibeträge im Rahmen der Kapitalertrags- ankommen Estland Deutschland Slowakei Österreich Die Einführung der Finanztransaktionssteuer in allen 27 EU-Ländern ist nach monatelangem Streit gescheitert – vor allem an den Briten, die Nachteile für die Finanzmetropole London befürchten. Übrig geblieben sind elf Länder: Deutschland, Frankreich, Belgien, Estland, Griechenland, Spanien, Italien, Österreich, Portugal, Slowenien und die Slowakei. Sie machen zwei Drittel der Wirtschaftsleistung der EU aus. Es ist aber durchaus möglich, dass sich noch weitere Länder anschließen werden. Slowenien Italien Griechenland @ Foto: Börse Stuttgart Studie zur Auswirkung der Finanztransaktionssteuer auf die Optionsmärkte: http://bit.ly/ZPn1WL steuer oder die Anrechnung der Finanztransaktionssteuer auf die Kapitalertragssteuer. Auf der anderen Seite schlägt er vor, den unregulierten außerbörslichen Wertpapierhandel höher zu besteuern: „Das ist eine Frage der Gerechtigkeit, denn dort liegt ein Großteil der Verantwortung für die Finanzkrise.“ Welche Folgen die neue Steuer für die Wirtschaft haben kann, zeigt ein Blick nach Frankreich, wo bereits im August 2012 eine Finanztransaktionssteuer eingeführt wurde. Sie gilt nur für Aktien französischer Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von über einer Milliarde Euro. Eine jüngst veröffentlichte Studie der Börse Stutt gart und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) kommt zu einem klaren Ergebnis: Das Handelsvolumen der betreffenden Aktien ist seit der Steuereinführung um rund 25 Prozent gesunken. Dies verringert der Analyse zufolge die Liquidität an den Märkten, was wiederum die Eigenkapitalbeschaffung der Unternehmen erschwert und somit die Realwirtschaft belastet. Christian Koziol, Professor an der Eberhard Karls Universität Tübingen, erläutert den Zusammenhang zwischen der geplanten Steuer und der Realwirtschaft an einem anderen Beispiel: „Industrieunternehmen nutzen Optionskontrakte, um geschäftliche Risiken wie Währungsschwankungen zu verringern.“ Eine Verteuerung der Transaktionen könne dazu führen, dass sie künftig Risiken in geringerem Umfang oder gar nicht mehr absichern, so Koziol. Die Folge: Unternehmen müssten zusätzliche Risiken eingehen, die ohne die Finanztrans aktionssteuer nicht entstünden. Der Gesetzentwurf aus Brüssel sorgt auch in der Investmentbranche für Irritation. Der deutsche Fondsverband BVI, dessen Mitglieder als Investmentgesellschaften rund zwei Billionen Euro Anlegergelder verwalten, äußert Bedenken. „Es geht der Politik um eine neue staatliche Einnahmequelle und um die Gunst der Wähler, die glauben, die Banken zahlten die Steuer“, sagt Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des BVI. Tatsächlich aber würde es vor allem die Kunden der Banken treffen, somit Unternehmen und Privatanleger, an die eine Finanztransaktionssteuer weitergereicht wird. Es bleibt also zu hoffen, dass Algirdas Šemeta den Entwurf der EU-Kommission noch einmal nachbessert. GIAN HESSAMI »BEI DER GEPLANTEN FINANZTRANSaKTIONSSTEUER SOLLTE ES AUSNAHMEN FÜR PRIVATANLEGER GEBEN.« Dr. Christoph Boschan, Vorstand der Börse Stuttgart marktmacher 01/2013 31 ankommen Pro & Contra: HAUPTVERSAMMLUNGEN MÜSSEN DEN DIALOG STÄRKER FÖRDERN pro Mehr Expertenmeinungen bei Börse Stuttgart TV: www.boerse-stuttgart.tv 32 marktmacher 01/2013 zu den personen PRO Jella BennerHeinacher ist Vize-Hauptgeschäftsführerin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Die 53-jährige Rechtsanwältin ist Aufsichtsrätin und vertritt die Vereinsinteressen auf Hauptversammlungen. CONTRA Klaus-Peter Müller leitet bis Sommer 2013 die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex. Sie hat Regeln zur guten Unternehmensführung erarbeitet. Der 68-Jährige ist Vorsitzender des Aufsichtsrats der Commerzbank. Contra Allzu lange Monologe behindern den Dia log. Deshalb ist es auf Hauptversammlungen so wichtig, dass die Berichte der Vorsitzenden von Vorstand und Aufsichtsrat knapp gehalten sind. Eine halbe Stunde muss reichen. Zudem sollten die Redner, statt ausgiebig über die Vergangenheit zu sprechen, die ja der Geschäftsbericht abdeckt, mehr über das laufende Jahr reden – und zudem eine dezidierte Prognose abgeben. Wichtig wäre auch, die Fragen der Aktionäre nicht en bloc zu beantworten. Sonst dauert es mitunter fünf Stunden, bis eine Nachfrage geklärt ist. Am besten wäre eine direkte und qualifizierte Auskunft. Das dürfte angesichts des Expertenstabs hinter der Bühne und der technischen Möglichkeiten kein Problem sein: Der Angesprochene auf dem Podium kann die nötigen Informationen direkt auf seinen Bildschirm geliefert bekommen. Auch das Informationsrecht der Aktionäre gilt es zu stärken. Allzu häufig wird auf Hauptversammlungen kleinerer Aktiengesellschaften keine Angabe über den Kaufpreis einer Akquisition gemacht, weil Stillschweigen vereinbart worden sei. Das ist ungerechtfertigt. Letztlich ist ein verbesserter Dialog im Sinne aller. Allein schon, weil er dazu beiträgt, die Hauptversammlungsdauer zu verkürzen. In erster Linie ist die Hauptversammlung (HV) ein Entscheidungsorgan. So sieht es der Gesetzgeber und auch der Deutsche Corporate Governance Kodex. Die Aktionäre haben unter anderem über die Gewinnverwendung, die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat und die Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat zu entscheiden. Seit 2009 können sie auch über die Billigung des Systems der Vergütung der Vorstandsmitglieder beschließen. Wenn die HV vor allem Entscheidungen treffen soll, dann gilt es, die Basis dafür zu stärken. Wichtig ist hier Transparenz, die gerade in den letzten Jahren zugenommen hat, wie der Umfang der Geschäftsberichte zeigt. Für mehr Offenheit und eine bessere Entscheidungsgrundlage sorgen auch die Vorschläge der Kodexkommission, dass jedes Unternehmen spezifische Gehaltsobergrenzen festlegt und das Niveau der Altersversorgung definiert. Um die Vergleichbarkeit mit anderen Unternehmen zu verbessern, regt die Kommission an, die Informationen zur Vorstandsvergütung vorab einheitlich aufzubereiten. Das fördert eine sachorientierte Diskussion auf der Hauptversammlung. Dabei bieten die im Vergleich zu anderen Ländern ausgeprägten Auskunftsrechte für Aktionäre in Deutschland einen angemessenen Rahmen. Fotos: li. Felix Heyder/dpa/pa, re. Commerzbank AG @ ankommen einen augenblick, frau kässmann Der verantwortliche Umgang mit Finanzmitteln ist entscheidend für die Güte der Gesellschaft. Foto: Daniel Reinhardt/dpa/pa W er investiert, übernimmt selbstverständlich auch Verantwortung. Denn Geld arbeitet nicht einfach so. Jeder muss sich vielmehr fragen, warum sich Kapital vermehren sollte – mithin was die Bedingungen dafür sind. Das gilt nicht nur für Investoren, sondern für alle Beteiligten: Un ternehmer, Mitarbeitende, Konsumenten. Nehmen wir das viel diskutierte Beispiel Textildiscount: Ware wird dort billigst angeboten, ein T-Shirt für 2,50 Euro. Für welchen Lohn am Anfang der Kette wird solch ein Kleidungsstück dann eigentlich hergestellt? Hier verdient ein Unternehmen Respekt, wenn es die gesamte Produktionskette im Blick hat – und wo nötig eingreift. Und wer kauft, sollte auch „Politik mit dem Einkaufskorb“ betreiben. Das heißt für mich zu fragen, woher ein Produkt kommt, und nicht dem Rausch nach mehr zu verfallen. Glücklich macht der ohnehin nicht. Wenn Menschen viel Geld verdienen und in sozialen Projekten enga zur person Margot Käßmann ist „Botschafterin für das Refor mationsjubi läum 2017“ im Auftrag des Rats der Evangeli schen Kirche in Deutschland (EKD). Zuvor war sie Ratsvorsitzende der EKD und Landesbischöfin der Evangelischlutherischen Landeskirche Hannovers. Die promovierte Theologin hat zahlreiche Bücher publiziert. Sie ist verheiratet und Mutter von vier erwachsenen Töchtern. giert sind, überzeugt mich das. Denken wir an Bill Gates und Warren Buffett: Auf ihre Initiative hin haben sich inzwischen fast hundert US-amerikanische Milliardäre bereit erklärt, mindestens die Hälfte ihres Vermögens für wohltätige Zwecke zu spenden. Wenn eine gut situierte Person ihren Besitz nicht zum einzigen Lebensinhalt macht, sondern innere Freiheit behält, ist das richtig. Wer sich hingegen allein auf Reichtum ausrichtet, ist fehlgeleitet. Es geht darum, immer auch den Nächsten im Blick zu haben. Die entscheidende Frage lautet, wie ich mit meinen Talenten wuchern kann – zugunsten der Gemeinschaft. Es geht um einen verantwortungsvollen Umgang mit Geld – im Kleinen wie im Größeren. Die hannoversche Landeskirche etwa hat 30.000 Mitarbeitende und einen Haushalt von knapp einer halben Milliarde Euro. Das zeigt: Die Kirche ist nicht welt- oder finanzfremd. Eckpfeiler sind für mich dabei Transparenz, der Blick auf das Gemeinwohl und Partizipation. In der Kirche entscheiden Synoden oder Kirchenvorstände, da ist Partizipation gegeben. Den Haushalt jeder Kirchengemeinde kann jedes Gemeindemitglied einsehen, das ist Transparenz. Und das Gemeinwohl ist bei Entscheidungen immer im Fokus – scheint das infrage gestellt, wird offen diskutiert. Verantwortung lässt sich natürlich auch anders übernehmen, etwa im Rahmen einer Genossenschaft. Ihr Prinzip, das der evangelische Bürgermeister Friedrich Wilhelm Raiffeisen begründet hat, trägt Früchte. Jeder kann Anteile an Genossenschaften erwerben und mitentscheiden. Das ist aktive Beteiligung an der Wirtschaft. marktmacher 01/2013 33 Was ist Ihre persönlich bevorzugte Anlageform? Unternehmensanleihen sind meine Favoriten. Ich setze auf große Unternehmen, die ich zu kennen glaube. Generell kaufe ich nur Finanzprodukte, von denen ich hoffe, dass ich sie einschätzen kann. Was ist mit anderen Anlagen? Na ja, zum Beispiel nutze ich Reverse-Bonus-Zertifikate, um meine Aktien abzusichern. » über Geld spricht man nicht. oder doch, herr OPOCZYNSKI? « Wofür zahlen Sie heute auch gerne einmal etwas mehr? Also vor allem für gute Kleidung. Ich finde, das lohnt sich. Ein Beispiel: Ich trage Schuhe, die schon 14 Jahre alt sind, aber immer noch in Ordnung sind. Die waren seinerzeit teuer, auf lange Sicht hat sich die Anschaffung aber gelohnt. Als Moderator sprechen Sie viel über Geldanlagen. Wie risikoaffin sind Sie selbst? Wenn ich 1.000 Euro habe, gehe ich mit 900 Euro vorsichtig um. Mit dem verbleibenden Zehntel setze ich auf Risiko. 34 marktmacher 01/2013 Werden Sie auch privat in Geldfragen um Rat gebeten? Das passiert oft. Aber da bin ich sehr zurückhaltend. Wenn ich mich bei mir irre, dann trage ich die Folgen. Aber bei anderen? Da könnte ich Freunde verlieren – und das will ich nicht! zur person Michael Opoczynski leitet die ZDF-Hauptredaktion „Wirtschaft, Recht, Soziales und Umwelt“. Er gilt als Gesicht der Verbrauchersendung „WISO“ und ist Herausgeber mehrerer Ratgeber. Der 64-jährige Politologe ist verheiratet und hat einen Sohn. Nutzen Sie auch Berater? Überhaupt nicht. Ich werde immer mal wieder in meiner Bank angesprochen. Aber inzwischen berate ich mich selbst, damit fahre ich am besten. Haben Sie sich schon mal über ein Fehlinvestment geärgert? Oh ja. Ich habe Aktien eines Pharmaunternehmens gekauft, als dieses mit einem vielversprechenden Medikament auf den Markt kam. Mein Fehler war ein Klassiker: Ich habe die Anteile viel zu früh abgestoßen. Angsthase! interview: rudolf kahlen Foto: Rico Rossival/ZDF Herr Opoczynski, mit wie viel Jahren haben Sie Ihr erstes Geld verdient? Mit 19, nach der Schule. Da habe ich ein paar Wochen als Verkäufer bei Neckermann auf der Frankfurter Zeil gearbeitet. Von dem Geld habe ich bei einem Antiquitätenhändler einen alten Sekretär gekauft. Den habe ich heute noch! Angeblich ist er wertvoll. Das wäre also meine erste, na ja, erfolgreiche Investition gewesen. Wie viel Zeit haben Sie, Ihre Investments im Blick zu halten? Jeden Tag schaue ich mir online mein Depot an, meist reicht dafür ein Blick. Im Höchstfall sind es einmal zehn Minuten. ankommen Ihre Meinung zählt in unserer Umfrage für die kommende Ausgabe: Haben Sie 2013 angesichts der positiven Entwicklung bei Aktienindizes neues Vertrauen in die Finanzmärkte gefasst? Wir sind gespannt auf Ihre Antwort. Als Dankeschön verlost „Marktmacher“ unter allen Teilnehmern ein iPad 4. Bitte nutzen Sie die eingeklebte Postkarte oder senden Sie eine E-Mail mit Ihrer Antwort an marktmacher@ boerse-stuttgart.de. Auf beiden Wegen können Sie gleichzeitig auch das Magazin „Marktmacher“ abonnieren. Es handelt sich um ein Gewinnspiel der Boerse Stuttgart Holding GmbH. Angestellte der Boerse Stuttgart Holding GmbH sowie von deren verbundenen Unternehmen sind von der Teilnahme ausgeschlossen. Die Teilnahme am Gewinnspiel ist unabhängig von einem kostenlosen Abonnement. Teilnahmeschluss ist der 31.7.2013. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Eine Barauszahlung des Gewinns ist nicht möglich. Der Gewinner wird postalisch oder per E-Mail benachrichtigt. ie hier d Fehlt karte? ail Post h perrEd -Mie en einlfatchile nehm n a D Fnehn ie ateriltell?en: p s te winostk s e e G b o m a P Ab h per Ee-rMsea-il er ein Bitte freimachen, falls Marke zur Hand 3x od bo nehmen eincfahcer@ il Danntman sgpaierlt.te de llen: mark win beste tuttA o b am Ge se in r e oerse od er@b tmach mark tuttgart.de s jährlich s kostenlort informie MARKTMACHER – DAS MAGAZIN MIT WEITBLICK beleuchtet bestimmende Trends der nächsten Jahre. So bietet das Magazin der Börse Stuttgart Anlegern interessante Einblicke in Wirtschaft und Finanzmärkte. Boerse Stuttgart Holding GmbH Redaktion „Marktmacher“ Börsenstraße 4 70174 Stuttgart Abonnieren Sie „Marktmacher“ unter www.boerse-stuttgart.de/marktmacher impressum HERAUSGEBER: Boerse Stuttgart Holding GmbH, Börsenstraße 4, 70174 Stuttgart, Tel.: +49 711 222 985-715, Fax: +49 711 222 985-555, E-Mail: [email protected], Internet: www.boerse-stuttgart.de VERANTWORTLICH: Christoph Hermes (V. i. S. d. P.) 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