Agilent VEE in der Forschung
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Agilent VEE in der Forschung
Agilent VEE in der Forschung 5. Der Dielektrische Hysteresekurvenschreiber HK-RI 01 zur Messung der Grosssignal-Eigenschaften von Dielektrika Beschrieben wird eine neu entwickelte Messanordnung zur Untersuchung der GrosssignalEigenschaften von Dielektrika. Die sinus- oder dreieckförmige Testspannung hat eine Amplitude bis 2 kV, der Frequenzbereich reicht von 1 mHz bis 500 Hz. Zur Ladungsmessung dient ein modifizierter Miller-Integrator mit hochspannungsfestem Eingang. Die Messung sowie die Erfassung und Verarbeitung der Messdaten erfolgen programmgesteuert. Ergebnisse von Testmessungen an Ferroelektrika demonstrieren die Leistungsfähigkeit des Verfahrens. Einleitung Zur Charakterisierung der Eigenschaften eines Nichtleiters verwendet man die relative Dielektrizitätskonstante (DK), die sich aus dem Verhältnis der Ladung eines mit dem Material gefüllten Kondensators zur Ladung eines leeren Kondensators bei gleicher Spannung und Geometrie ergibt [1]. Die dielektrischen Eigenschaften linearer, isotroper Dielektrika sind durch die Angabe der komplexen DK ε = ε'− jε" hinreichend definiert; allenfalls sind Hinweise auf die Frequenz- bzw. Temperaturabhängigkeit erforderlich. Für derartige Untersuchungen kann auf ein breites Angebot kommerzieller Messtechnik zurückgegriffen werden. Im Gegensatz dazu reicht bei nichtlinearen Dielektrika die Angabe einer einfachen Konstanten wie der DK nicht mehr aus, da der Zusammenhang zwischen gespeicherter Ladung und anliegender Spannung bzw. zwischen der dielektrischen Verschiebung und der elektrischen Feldstärke nichtlinear, bei Ferroelektrika sogar mehrdeutig ist. Andererseits ergeben sich gerade für derartige Werkstoffe vielseitige Anwendungsmöglichkeiten, und für ihren zielgerichteten Einsatz ist eine genaue Charakterisierung ihrer Eigenschaften unerlässlich. Obwohl geeignete Messverfahren bereits seit langem aus der Literatur bekannt sind [2, 3, 4], sind kommerzielle Geräte für derartige Untersuchungen auf dem europäischen Markt bis heute kaum verfügbar. Daher sollte eine Messanordnung entwickelt werden, die es unter weitgehender Verwendung kommerzieller Baugruppen gestattet, die Spannungsabhängigkeit der Ladung einer dielektrischen Probe über einen möglichst großen Spannungsbereich zu messen und die Messdaten mit dem PC zu erfassen und auszuwerten. Folgende technischen Parameter wurden angestrebt: Messsignal: - sinusförmig (Burst, 1 ... 10 Perioden), - Frequenz 10 mHz ... 100 Hz, - Amplitude 10 ... 1000 V, - maximaler Probenstrom ≥ 1 mA, Ladungsmessbereich: 0,1 ... 100 μC. Zur Programmierung des Messablaufs und zur Erfassung und Verarbeitung der Messdaten sollte die Entwicklungsumgebung Agilent VEE verwendet werden, da dazu bereits umfangreiche Erfahrungen vorliegen. Nach Voruntersuchungen, die sowohl die Messgenauigkeit als auch den Schutz des Eingangs bei einem dielektrischen Durchschlag der Probe betrafen, wurde zur Ladungsmessung ein Miller-Integrator vorgesehen, bei dem zur Messbereichswahl der Integrationskondensator umgeschaltet werden kann. Aus den Messdaten kann eine rechnerische Kompensation der linearen Probenleitfähigkeit vorgenommen werden. Dadurch kann im Messkreis auf ein aufwändiges, schwer zu handhabendes Kompensationsnetzwerk verzichtet werden. Geeignete steuerbare, bipolare Hochspannungsverstärker werden von der Firma Optilas GmbH angeboten. Für die vorgestellte Instrumentierung wurde die Hochspannungsquelle TREK Model 677B eingesetzt. Besondere Anforderungen waren an die Messkarte zu stellen. Es muss ein Treiber für die Entwicklungsumgebung Agilent VEE verfügbar sein, und sie soll sowohl das Steuersignal für die Hochspannungsquelle erzeugen als auch zeitgleich die Pro1 ben- und die Integratorspannung bei hohem Datendurchsatz messen. Eingesetzt wurde schließlich die Multi-I/O-Karte DT 3010 der Firma Data Translation. Wirkprinzip: Das Messsystem (s. Abb. 5.1.) besteht aus einem PC mit der Datenerfassungskarte DT 3010 und einer Version von Agilent VEE Pro, einem Hochspannungsverstärker der Firma TREK und der Mess- und Steuereinheit, die den Millerintegrator und diverse Steuerschaltungen enthält, in Verbindung mit einer hochspannungsfesten Probenhalterung zur Messung bei RaumHK-RI 01 Mess- und Steuereinheit Probe PC Messkarte DT 3010 HV-Verstärker Agilent VEE Pro TREK Model 677B Abb. 5.1.1: Dielektrischer Hysteresekurvenschreiber HK-RI 01 – Blockdiagramm temperatur. Über die Datenerfassungskarte wird das Steuersignal zur Erzeugung der Messspannung Umess generiert. Ein gesteuerter Spannungsteiler sorgt für eine optimale digitale Auflösung. Gleichzeitig steuert der PC die Erfassung der Messdaten und übernimmt deren Auswertung und Speicherung. Das Programm wurde mit Agilent VEE Pro entwickelt und steht dem Anwender als Runtime-Version zur Verfügung. Die Probe ist mit einer Elektrode an den Ausgang der Hochspannungsquelle, mit der anderen Abb. 5.1.2: Dielektrischer Hysteresekurvenschreiber HK-RI 01 an den Eingang eines Millerintegrators angeschlossen. Eine schnelle Schutzschaltung verhindert die Zerstörung der Messelektronik bei Probendurchschlag. Der Integrator liefert eine der Probenladung proportionale Spannung Uint. Mit den Probenparametern Fläche Ax und Dicke dx und dem Wert des Integrationskondensators Cint werden die gemessenen Spannungen UP und Uint umgerechnet und in der Form D = f(E) (D = QP/Ax dielektrische Verschiebung, E = UP/dx elektrische Feldstärke) grafisch ausgegeben. Aus der Fläche dieser Funktion wird die Verlustleistungsdichte berechnet und numerisch ausgegeben. 2 Das Unterprogramm „Differenzielle DK“ ermittelt die differenzielle Dielektrizitätskonstante der Probe (durch numerische Differenziation) und stellt sie als Funktion der Feldstärke grafisch dar (dieses Unterprogramm ist nur anwendbar, wenn das Messsignal dreieckförmig ist). Das Unterprogramm „Kompensation“ gestattet die rechnerische Kompensation der Probenleitfähigkeit, gibt die korrigierte Funktion D = f(E) grafisch aus und liefert als numerisches Ergebnis die effektive Kapazität und den mittleren Probenleitwert. Parametereingabe und Ablauf der Messung werden durch die Software bzw. während der Datenerfassung durch die Hardware überwacht. Fehleingaben werden abgewiesen, Fehlfunktionen (z.B. Probendurchschlag, Übersteuerung des Millerintegrators oder Öffnen der Probenhalterung), werden durch einen Signalton und eine Leuchtdiode angezeigt und führen zur Abschaltung der Hochspannung. Die Konfiguration der Messkarte DT 3010 erfolgt per Software und hängt von den Parametern einer Messung ab. Die Karte wird deshalb sowohl nach dem Programmstart als auch nach erfolgreichem Abschluss einer Messung in einen definierten Anfangszustand gesetzt. Dieser Zustand kann auch mit dem Hilfsprogramm „Reset3010“ erzeugt werden. Die eigentliche Konfiguration der Messkarte erfolgt in Abhängigkeit von der aktuellen Parametereingabe zur Laufzeit. Abb. 5.2. zeigt ein Blockschaltbild des Dielektrischen Hysteresekurvenschreibers HK-RI01 DT 3010 41 42 43 Us IN Teiler/Komparator Uint IN K1 OUT Enable OUT Contr K1 IN Us OUT Contr Teiler IN GND Enable IN 44 1 DAU 0 [Us OUT] DAU 1 [Ukorr OUT] ADU 0 [Umon IN] 2 3 4 MILLER-INTEGRATOR Ukorr IN 5 6 Contr IN ADU 1 [U int IN] ADU 2 [Ucontr IN] 34 AGND S0 HV-Verstärker Model 677B Probenhalter 6 89 DIO A0 [HV Enable] S1 ... S 5 INT IN 6 HV OUT 90 ...95 DIO A1 ... A6 _ C 1... C 5 96 DIO A7 AMP IN 105, 111 DGND + MON OUT INT OUT 97 ... 102 DIO B0 ... 5 104 DIO B7 [TRG OUT] ENABLE 75 ext DA TRG 77 ext AD TRG GND -15 0 +15 0 +18 Stromversorgung Abb. 5.2: Hysteresekurvenschreiber HK-RI 01 - Blockschaltbild Damit erreicht unser Messplatz folgende technische Parameter: 1. Messsignal: • bipolares Burstsignal mit 1 ... 10 (bei f < 1 mHz maximal 2) Perioden • Kurvenform: Sinus oder Dreieck • wahlweise Start mit positiver oder negativer Halbwelle • Frequenz: 0,1 mHz ... 500 Hz • maximale Probenspannung: abhängig von der Hochspannungsquelle (bei TREK Model 677B: 2 kV) • maximaler Probenstrom: abhängig von der Hochspannungsquelle (bei TREK Model 677B: 5 mA) 2. Ladungsmessbereiche: 0.025, 0.1, 0.25, 1, 2.5, 10, 25, 100, 250, 1000 C 3 3. Messwerterfassung: • Auflösung: maximal 12 Bit • Anzahl der Datenpunkte: minimal 1000 pro Periode (bei f > 50 mHz) 4. Netzspannung: • 220 V, 50 Hz Das Programm verfügt über eine klare Benutzerführung mit allen zur Eingabe der Parameter und Steuerung des Messablaufs notwendigen Bedienelementen. Die Ergebnisse werden in speziellen Fenstern grafisch dargestellt und können wahlweise gespeichert oder ausgedruckt werden. Abb. 5.3 ff. zeigen die Ergebnisse von Testmessungen an verschiedenen Ferroelektrika und demonstrieren die Leistungsfähigkeit des Verfahrens. Die Keramik-Proben wurden von PI CERAMIC GmbH, 07589 Lederhose zur Verfügung gestellt. Die Arbeiten wurden mit Mitteln aus dem Verbundprojekt „Grundlagen der nichtthermischen Plasmachemie zur Abluftreinigung“, Teilvorhaben „Grundlegende Untersuchungen zur Aerosolbildung und zur Vermeidung sekundärer Emissionen“ gefördert (FKZ 13N7550/4, Projektträger: VDI-Technologiezentrum Physikalische Technologien Düsseldorf). [1] [2] [3] [4] Rost, A.: Messung dielektrischer Stoffeigenschaften. Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsges., Braunschweig 1978 Sawyer, C.B. and Tower, C.H.: Phys. Rev. 135, 269 (1930) Diamant, H., Drenck, K. and Pepinsky, R.: Rev. Sci. Instr. 28, 30 (1957) Borchhardt, G. und Rost, A.: Wiss. Z. Univ. Halle 26, 57 (1977) Abb. 5.3: TGS-Einkristall bei Raumtemperatur (vor der Messung thermisch depolarisiert) 4 Abb. 5.4: Keramik PIC 141, Hysteresekurve ohne (schwarz) und mit (rot) Kompensation der Leitfähigkeit (Messspannung 1,5 kV, Messfrequenz 0,1 Hz) Abb. 5.5: Keramik PIC 255: Hysterese, gemessen bei 1 kV, 1.5 kV und 2 kV, Messfrequenz 0,1 Hz 5