Lehrjahre der Gefühle
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Lehrjahre der Gefühle
16 KULTUR | LA VIE CULTURELLE Neu im Kino ■ Defiance Kriegsdrama (USA 2009). Regie: Edward Zwick. Mit Daniel Craig, Liev Schreiber, Jamie Bell, Alexa Davalos, Allan Corduner. Drehbuch: Clayton Frohman, Edward Zwick, nach einer Vorlage von Nechama Tec. Kamera: Eduardo Serra. Musik: James Newton Howard. 137 Minuten. Weißrussland, 1941: Zu Tausenden werden Juden von den Nazis ermordet. Darunter auch die Eltern und weitere Familienangehörige der drei Bielski-Brüder. Um ihre nackte Haut zu retten, fliehen sie in die undurchdringlichen Wälder der Umgebung. Als sich die Kunde ihres Partisanenkampfes gegen die deutschen Besatzer verbreitet, stoßen immer mehr verzweifelte jüdische Landsleute zu ihnen. Doch die Rivalität zwischen den Brüdern eskaliert zum dramatischen Kräftemessen. Die Bielski-Brüder, die die größte bewaffnete Rettungsoperation von Juden für Juden im Zweiten Weltkrieg organisierten, sind weitgehend unbekannt geblieben. Auf Grundlage des historischen Sachbuchs „Bewaffneter Widerstand“ von Nechama Tec hat Regisseur Edward Zwick („Blood Diamond“) ihre unglaubliche Geschichte verfilmt. Bond-Darsteller Daniel Craig, Liev Schreiber und Jamie Bell spielen die drei jüdischen Partisanen als charismatische Helden, die im Angesicht des Todes kraftvoll und mutig ums Überleben kämpfen. ■ Effi Briest Drama (D 2008). Regie: Hermine Huntgeburth. Mit Julia Jentsch, Sebastian Koch, Mišel Matievi, Juliane Köhler, Thomas Thieme, Rüdiger Vogler, Barbara Auer, Margarita Broich, Mirko Lang, Sunnyi Melles. Drehbuch: Volker Einrauch, nach dem gleichnamigen Roman von Theodor Fontane. Kamera: Martin Langer. 118 Minuten. Auf Wunsch ihrer Eltern heiratet die temperamentvolle, siebzehnjährige Effi Briest den fast 20 Jahre älteren Baron von Innstetten – einen früheren Verehrer ihrer Mutter. Mit dieser aus Vernunft geschlossenen Ehe beginnt für Effi ein eintöniges Leben fernab der Heimat: Innstetten widmet sich voll und ganz seiner politischen Karriere und das verschlafene Ostsee-Küstenstädtchen Kessin bietet wenig Abwechslung. Bis Major Crampas auftaucht, ein Regimentskamerad Innstettens und charmanter Frauenheld. Effi beginnt eine leidenschaftliche Affäre mit ihm und erfährt endlich, was Liebe bedeutet. Doch der Preis ist hoch … Theodor Fontanes „Effi Briest", der große Liebes- und Ehebruchsroman der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts und „Pflichtlektüre“ mehrerer Generationen von Gymnasiasten, ist eine beliebte Vorlage für Filmmelodramen. Erstmals machte sich nun eine Regisseurin daran, die Geschichte der Effi neu und aus heutiger Sicht zu lesen: Hermine Huntgeburth inszenierte bereits Liebesgeschichten wie „Im Kreise der Lieben“ oder „Die weiße Massai“ mit großer Sensibilität und einer sehr persönlichen Handschrift. In „Effi Briest“ verbindet sie den Reiz des historischen Stoffes mit dem Bewusstsein für das heutige Verhältnis zwischen den Geschlechtern und zeigt die junge Effi in einer emanzipatorischen Entwicklung. ■ Humains Aventure (L/CH/F 2009). Réalisation: JacquesOlivier Molon, Pierre-Olivier Thévenin. Avec Sara Forestier, Lorànt Deutsch, Dominique Pinon, Philippe Nahon, Elise Otzenberger, Christian Kmiotek, Marc Olinger, Marie-Paule Von Roesgen. Scénario: Silvan Boris Schmid, Dominique Néraud, Fréérique Henri, avec la collaboration de Jean-Armand Bougrelle et Alberto Sciamma. Image: Aleksander Kaufmann. Musique: Gast Waltzing. 87 minutes. Trois scientifiques partent dans le Lötschental dans les Alpes suisses enquêter sur une découverte qui pourrait remettre en question toute la filiation de l'espèce humaine. Une famille de touristes, venus voir le carnaval du Lötschental et ses fameux «tchagattas», se retrouve par hasard avec eux. D'étranges ombres guettent le groupe dans la forêt, et le voyage tournera vite au cauchemar … Pour les réalisateurs et scénaristes l'idée était de proposer un film d'aventure, avec une accélération progressive de l'angoisse et des éléments dramatiques, l'enfermement et sa dimension kafkaïenne, tout en s'inscrivant dans l'histoire d'une région et un paysage alpin resté à l'état quasi brut. L'action se situe dans la vallée du Lötschental, connue pour son carnaval qui voit le village envahi par les «tchagattas», une coutume ancestrale selon laquelle une fois l'an les Lötschards subissent une étrange métamorphose. Cette tradition constitue le point de départ d'une histoire qui s'appuie sur les failles de la science concernant les origines de l'homme et la disparition présumée des néanderthaliens. «Humains» a été coproduit par Iris Productions et tourné en grande partie au Luxembourg, la «Petite Suisse luxembourgeoise» se substituant aux Alpes suisses. Plusieurs rôles secondaires et petits rôles sont interprétés par des acteurs luxembourgeois dont Marc Olinger, Christian Kmiotek et MariePaule Von Roesgen. La musique est signée Gast Waltzing. Luxemburger Wort Freitag, den 24. April 2009 „The Boat that Rocked“ von Richard Curtis Lehrjahre der Gefühle Richard and Friends in den Roaring 60ies VON ELKE EICH Für BBC-Produktionen wie fürs Kino flossen bereits jede Menge Geschichten aus Richard Curtis’ Comedy-Feder. Die bei uns bekanntesten und erfolgreichsten sind „Mr. Bean“, “Four Weddings and a Funeral“, „Nottinghill“, beide Bridget-Jones–Teile, der Episodenfilm „Love actually“. Seine erste Regiearbeit, und „The Girl in the Café“, ein humanitäres Lehrstück rund um einen G8-Gipfel in Island. Curtis ist ein Meister punktgenau sitzender Pointen und legt mit Handlungssträngen und tragfähigen Plots gerne prägnante Spuren für seine Protagonisten mit ihren ausgefeilten Charakteren und kuriosen Schwächen, um ihnen in einem eigens für sie geschaffenen Mikrokosmos dann dynamischen Auslauf zu geben. Für „The boat that rocked“, seine zweite Regiearbeit, schaffe Curtis einen männlich dominierten Mikrokosmos auf dem Schiff des (fiktiven) Piraten-Radiosenders „Rock Radio“, der von der englischen Küste aus provokantes Programm ins Empire sendet. Wir schreiben das Jahr 1966 und die Briten sind begeistert – wie damals in der Realität - von der Alternative zu konservativen Sendungen der „alten Tante“ BBC, die ihnen nur läppische zwei Stunden flotter Musik pro Woche gönnt. Auch der englischsprachige Privatsender von Radio Luxemburg brachte nicht das Gewünschte, und ohnehin war er nur schlecht zu empfangen. Sie lechzen danach, rund um die Uhr der Lust zu frönen, die musikalisch nur wilder Rock, belebender Pop und sinnlicher Soul auslösen können. Unkontrollierte und anderweitig boykottierte Musikkost, eingebettet in „anzügliche“ Kommentare und Aufrufe der DJs, zu denen sich Scharen von Groupies samstags aufs Schiff machen. Musik und Sender, von Eltern und Staat bekämpft, mit Transistorradios von Kindern heimlich unter dem Kopfkissen gehört oder von Erwachsenen in fast schon konspirativen Meetings mit Freunden konsumiert. – In den besten Zeiten dieser Epoche hörten alleine in England hörten bis zu 24 Millionen Menschen Sender wie „Radio Caroline“ und „Radio London“. Bis Werbeverbote und schließlich rigide Gesetze 1967 der Radiorebellion auf See den Garaus machten. Praller Filmspass Curtis, Jahrgang 1956, Musik-Freak und selbst voller nostalgischer Erinnerungen an diese Zeit, erfüllte sich mit diesem Film einen großen Traum. Einige Weggefährten nahm er gleich mit ins Boot und gewann auch noch einen Oscar-Preisträger dazu. Philip Seymour Hoffman (Capote, Doubt) konnte dem rebellischen Charakter des „Count of Cool“ nicht widerstehen, und legte ohne Vorbereitung nach einer Stunde am Set eine atemberaubende Performance als DJ hin, die alle sprachlos machte. Bill Nighy (Still crazy) spielte bereits in „The Girl in the Café“ die Hauptrolle und brillierte mit sei- nem grandios gespielten Revival eines gealterten Rockstars in „Love actually“. Die Rolle des aristokratisch-exzentrischen Besitzers des Piratensenders Quentin hat Curtis seinem Star auf den Leib geschrieben. Rhys Ifans, in „Nottinghill“ als Hugh Grants Mitbewohner Spike noch ein liebenswerter Looser in ausgeleierten Unterhosen, bekam nun die Chance, sich als lasziv-verführerischer DJ Gavin in Rivalität zum phantastisch präsenten Seymour Hoffman alias „The Count“ zu behaupten. Herrlich überdreht und zugespitzt ruft auch der Rest der Schiffs-Crew die damalige Zeit in einem bunten Kaleidoskop wieder ins Leben. Allen voran Comedian Nick Frost als DJ Dave, Chris O’Dowd als naiv-gutmütiger DJ Simon, Ralph Brown als exzessiv kiffender Hippie-Moderator Bob, Tom Wisdom als schweigsamer Nacht-DJ und Frauen-Crasher Mark und Katherine Parkinson als lesbische Köchin Felicity. Sie alle sind auch bedeutungsvoll für Carl, gespielt von Tom Sturridge („Being Julia“). Er ist die zentrale Figur des Films, Quentins Patensohn Carl, der auf dem Schiff geschickt wird, um die Lektionen des Lebens zu lernen. Talulah Riley („Pride and Prejudice“) spielt die ihn entjungfernd Marian. – Auch Emma Thompson kommt zur Stippvisite, als dem lustvollen Leben sehr zugeneigte Mutter Carls. Und Ex-Ehemann Kenneth Branagh darf an Land als diabolisch-verklemmter Regierungsminister gegen das Treiben der Piraten agieren. Ein praller Filmspass, der mit einer Palette von über 50 sehr unterschiedlichen Songs aus den 60ern für nostalgische Stimmung sorgt. Komödie (Großbritannien 2009). Regie und Drehbuch: Richard Curtis. Mit Philip Seymour Hoffman, Bill Nighy, Rhys Ifans, Kenneth Branagh, Tom Sturridge. Kamera: Danny Cohen. 115 Minuten. Regisseur Curtis , Jahrgang 1956, Musik-Freak und selbst voller nostalgischer Erinnerungen an diese Zeit, erfüllte sich mit diesem Film einen großen Traum. (FOTO: ALEX BAILEY)