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Transcrição

SpaCE INvaDERS loSt vIKINgS DEFENDER oF thE CRoWN made
AL
T
made in
japan
196 Seiten DAS MAGAZIN FÜR KLASSISCHE SPIELE
1/2014
Dezember
Januar/Februar 2014
1/2014
196 Seiten Klassische spiele für Home-Computer, Konsolen & PCs
Deutschland @ 12,90
@ 14,20
Österreich
Schweiz
sfr 25,80
Luxemburg @ 14,85
Teil 1:
Winnie Forster
über die Jahre
1973–1983
DIE BREAKOUTHISTORIE
Die Geschichte hinter einem
der ersten Automaten-Megahits
Spieleveteranen
über Spieleklassiker
Alte Spiele
auf neuen
Konsolen
■
S o geht‘s: Klassiker
komfortabel genieSSen
■
W
ii U, 3DS, Xbox 360, PS3: Wer hat
das beste Retro-Angebot?
■
B randaktuell:
Wir vergleichen
Xbox One und
Playstation 4
mit klassischen
Geräten
Anatol Locker, Heinrich Lenhardt,
Mick Schnelle, Winnie Forster u. a.
über Archon, Golden Eye 007,
Speedball 2, System Shock 2,
Thrust, Seven Cities of Gold …
Naughty Dog
Wie ein kleines Start-up zum
Schöpfer von Uncharted und
The Last of Us werden konnte
SPACE
LOST VIKINGS INVADERS
Wie Blizzards erstes größeres Spiel
den Grundstein für ihren Aufstieg legte
Ihr seht Reihen nach unten ruckelnder
Alien-Sprites? Wir sehen pure Action!
DEFENDER
OF THE
CROWN
Eine Rückschau auf
Cinemaware und ihr
episches Erstlingswerk
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arcade | atari | commodore | MSX | NEO GEO | nintendo | schneider | sega | sinclair | SONY
P
layStation 4 und Xbox One wurden soeben veröffentlicht, für 399 respektive 499 Euro könnt ihr euch die
allerneueste (und nach konservativer Zählung: achte)
Konsolengeneration ins Haus holen. Man mag sich für
diese Konsolen interessieren, weil man aktuelle Spiele schätzt
oder schlicht auf dem Laufenden bleiben möchte. Doch ich finde
die neuen Konsolen auch rein aus dem Retro-Blickwinkel heraus
sehr spannend.
Anatol
Locker
Heinrich
Lenhardt
Jörg
Langer
Mick
Schnelle
Vergleicht man Xbox One mit NES, so kommt man auf
ziemlich genau die eintausendfache Geschwindigkeit der CPU,
und per Milchmädchen-Rechnung (acht Rechenkerne …) sogar
auf die achttausendfache – die sich stark unterscheidenden Grafikfähigkeiten außen vor gelassen. Nur: Machen die neuen Spiele
auch achttausendmal so viel Spaß? Doppelt so viel? Genau so
viel? Weniger? Ich habe gerade erst wieder Super Mario World
auf dem SNES gespielt, und ich muss sagen: Ein perfektes Spiel­
erlebnis benötigt keine 2,073 Millionen Pixel!
Alte Spiele auf neuen Konsolen: Für unsere Titelstory hat
sich mein GamersGlobal-Kollege Christoph Vent zwei Wochen
lang mit Xbox 360, Wii U, 3DS und PS3 eingeschlossen. Wir
wollten nämlich für euch herausfinden, welche der aktuellen Konsolen das beste Angebot für Retro-Freunde bereithält. Schließlich
mag nicht jeder eine Uralt-Maschine aus dem Keller holen und
umständlich an heutige Fernseher anschließen, nur um mal zwei
Stunden mit einem Klassiker einzulegen. Die Erkenntnis: Es gibt
starke Unterschiede und eine klare Empfehlung.
Made in Japan: Die japanische Videospiele-In­
dus­trie ist ein weiteres großes Thema in diesem
­Retro Gamer. Winnie Forster stellt euch im ersten Teil seiner neuen Serie die Entstehung des
dortigen Spielemarkts vor. Zudem findet ihr
in diesem Heft große Reports zu drei Jahrzehnten NES, dem Sega Master System
sowie zu den 25 besten SNES-, 30 besten
Capcom- und 25 besten Mega-DriveSpielen. Die volle Japan-Ladung also.
Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen!
Winnie
Forster
Jörg Langer
Projektleitung Retro Gamer
» Unsere Aufnahme aus Tokio (vom
September 2013) deutet es an: Retro-Fans
kommen in Japan auf ihre Kosten, sei es
durch ein riesiges Space-Invaders-Sprite
mitten in Akihabara, sei es durch den
Besuch eines der vielen Dutzend SecondHand-Läden mit klassischen Konsolen.
Inhalt 1/2014
Dezember, Januar, Februar
Für Liebhaber von klassischen Spielen
Historie
Interviews
006Archon (Winnie Forster)
052Thrust (Heinrich Lenhardt)
086Spindizzy (Antol Locker)
154 Seven Cities of Gold (Mick Schnelle)
190 X – Beyond the Frontier (Mick Schnelle)
054Breakout
036 Ein Moment mit Gary Winnick
112Lightguns
Making Of
138 Thief – der Meisterdieb
Retro-Hardware
RETRO-REVIVAL
030 Flight of the Amazon Queen
Zwei Australier und ein Adventure-Hit
048 Defender of the Crown
Epischer Genremix von Cinemaware
062 Lost Vikings
Das Spiel, das Blizzard bekannt machte
136Deactivators
Das Bombenspiel war seiner Zeit voraus
164 Super Castlevania IV
Entstehung plus „Director’s Comments“
186Counter-Strike
Der Online-Hit aus Sicht seines Erfinders
Firmen-Archive
024 Sierra On-Line, Teil 2
Anatol Locker beschreibt den tiefen Fall
088 Naughty Dog
Vom kleinen Start-up zum Topstudio
096Mastertronic
Billig-Perlen von Kikstart bis Spellbound
Klassiker-Checks
014 Speedball 2
Brutal Deluxe mit Heinrich Lenhardt
034 Golden Eye 007
Winnie Forster über den N64-Klassiker
120 System Shock 2
Anatol Locker lernte neu das Fürchten
176 Transport Tycoon
Mick Schnelle mag Chris Sawyers Hit
4 | RETRO GAMER 1/2014
Zu Ataris Hit trug Steve Jobs bei
068 Space Invaders
Über die Invasion der Münzräuber
Die besten Lichtpistolen nebst Spielen
Wie Garrett Wirklichkeit wurde
Plus: Preview zu Thief (2014)
Der Maniac Mansion-Designer spricht
über LucasArts und neue Projekte
104 Auf dem Sofa mit Tom Kalinske
Der ehemalige Sega-US-Chef über
Fehler und seinen Hass auf Nintendo
038 Sega Master System
156 Die Dino-Crisis-Serie
178Kanonenfutter
076 Atari Jaguar
Wie Cannon Fodder 3 die Serie begrub
Schwerpunkte
102 Machina Obscura: Sinclair QL
Mehr als ein „Resident Evil mit Dinos“!
008 Made in Japan, Teil 1
Winnie Forsters neue Serie stellt
euch Firmen, Spiele und Konsolen vor
016 Die achte Generation
PS4 und Xbox One im Überblick und
im Vergleich mit 12 alten Konsolen
018 Alte Spiele auf neuen Konsolen
Wir prüfen die Retro-Tauglichkeit von
Wii, Wii U, Xbox 360, 3DS & PS3
122 30 Jahre Capcom
Die besten 30 Spiele aus der Historie
des japanischen Herstellers
128 NES – drei Jahrzehnte
Eine Hommage an die vielleicht
wichtigste Konsole der Geschichte
148 Die 25 besten Mega-Drive-Spiele
Die aus unserer Sicht besten Spiele für
Segas großen SNES-Konkurrenten
170 Die 25 besten SNES-Spiele
Die größten Hits für Nintendos
erfolgsverwöhnte 16-Bit-Maschine
Unser großer Plattform-Check erklärt den
wichtigsten 8-Bit-Konkurrenten des NES
Plattform-Check: Wieso der Jaguar seiner
Zeit voraus war – und scheitern musste
Winnie Forster stellt euch einen Sinclair
vor, der keine Massen begeisterte
Aussenseiter
082 Kaum bekannte Jaguar-Spiele
Hyper Force, Hover Strike, Protector u. a.
094 3D-Spiele für diverse Konsolen
Guardian, Conqueror, Elektra Glide u. a.
146 Die Unkonvertierten
Gunforce 2, 005, Prop Cycle, Mr. Goemon
162 Außenseiter des Plattform-Genres
Apprentice, Jungle Eddi, Tempo u. a.
RUBRIKEN
003Editorial
192Retro-Feed
Leserbriefe und Termine
194Vorschau & Impressum
RETRO-HARDWARE
ALTE KONSOLEN-SCHÄTZE IN NEUEM GLANZ
38
76
006
052
082
138
148
164
170
112
128
014
030
034
048
086
120
176
Archon
» retro-revival
Das Schach der Götter
» Publisher: Electronic Arts
» Erschienen: 1984
» Hardware: Atari 800 (Original), C64, Apple 2, DOS, Amiga,
NES, Spectrum, Schneider CPC, Mac
Von Winnie Forster
Vom Kumpel, der eine Klasse tiefer zur Schule geht, Zahnspange trägt und auf die falsche Computermarke schwört, im
Bildschirm-Duell Prügel zu beziehen (nicht einmal, sondern
immer wieder!) hinterlässt Wunden. Wunden, die auch Jahrzehnte später nicht verheilt sind.
Am Spielautomat herrschte in der 8-Bit-Jugend Chancengleichheit, jeder konnte üben (solange das Taschengeld reichte).
Auf den Heimcomputern sah’s anders aus: Es gab Spiele, die nur
Apple-Besitzer checkten, und andere, bei denen VCS-Junkies jeden
Highscore knackten. Electronic Arts’ Archon war ein Duellspiel für
C64 und Atari XL, bei dem man als Z80-User nicht viel mitzureden,
sondern nur demütigende Niederlagen einzustecken hatte. Für den
Spectrum erschien Archon nämlich erst, als es schon zu spät war,
noch dazu in einer grauenvollen Ariolasoft-Variante, die nicht zum
Training gegen die Zahnspange taugte.
Vergessen wir billige Euro-Versionen: Mit Joystick-Steuerung
(und nicht Tastatur-Eingabe à la Speccy), auf Floppy und in der luxuriösen Klapp-Packung der frühen EA-Jahre ist das amerikanische Archon
ein Prachtstück in Schwarz, Weiß und Silber, mit Escher-ähnlicher
Drachengrafik auf dem Cover. Das Frühwerk des Skylanders-Erfinders
Paul Reiche und seiner Freefall-Kollegen setzte mit einer heroischen
SID-Hymne an und schickte dann – zu jeweils individuellen Trampelund Flatter-Geräuschen – zweimal 18 Fantasy-Kreaturen aufs Feld.
Letzteres sieht aus wie ein Schachbrett; nur ein paar Quadrate sind nicht schwarz oder weiß, sondern ändern zyklisch ihre Farbe
Die beiden Truppen repräsentieren die Mächte des Lichts und der
Finsternis: Schwert- und Knüppelkämpfer sind die Bauern, dahinter
stehen mythische Wesen wie Golem und Drache als die starken
Spielfiguren im Fantasy-Schach. Ein Shapeshifter, der die Gestalt
und Kräfte seines Gegners klaut, kämpft auf der dunklen Seite,
Dschinn und Walküren streiten für die Guten. Die Herrscher über
schwarze und weiße Armee, langhaarige Hexe und Spitzhut-Magier,
scrollen durch ihre Heil- und Angriffs-Zaubersprüche.
Wie bei Schach wird abwechselnd gezogen, wobei einige
Figuren nur mühselig kriechen, andere pro Runde viele Felder weit
segeln. Feinde werden in Archon nicht einfach geschlagen, sondern
zum Duell in eine Action-Arena geladen: Auf Knopfdruck speit
der Basilisk einen Blitz, der Troll schleudert seinen Felsblock. Der
Phoenix kann sich in einen Flammenball verwandeln, ist für ein, zwei
Sekunden unverwundbar und brandgefährlich. Die vielen Parameter
für Laufgeschwindigkeit, Widerstandskraft, Angriffsrate und Co.
verwandelt Archon in flotte Action und niedliche Sprite-Animation.
Der Golem schreitet und schlägt träge – aber wenn er trifft, ist gleich
die Hälfte des Energiebalkens weg!
Womit wir wieder in der Computer-Bude von 1984 wären:
Obwohl die Feldhelligkeit direkt die Hitpoints der Figuren beeinflusst
(ein weißer Bauer auf weißem Feld kann selbst dem schwarzen
Drachen gefährlich werden), entscheidet am Ende die Geschicklichkeit, wer bei Archon das Feld behauptet und wer wertvollen Streitern
hinterherjammern muss. Ich rede aus der eigenen schmachvollen
Erinnerung: Viel zu häufig gelang es dem zahnspangentragenden
C64-Dreikäsehoch und Joystick-Routinier mit seinem kränklichen
Bauern, den Salven meines stolzen Einhorns auszuweichen, das edle
Tier einzuholen und – patsch, patsch! – zu erlegen.
»S
obald eine
Figur die andere schlägt,
kommt es zum
Actionkampf.
6 | RETRO GAMER 1/2014
eniger
»W
Pixel, gleiche
Suchtgefahr: das
Original-Archon
auf Atari 800.
RETRO GAMER 1/2014 | 7
T
eil
1:
Die
An
n
fä
ge
Die erste Dekade: 1973 – 1983
Im Land der aufgehenden Sonne wird das Video- und Computerspiel zwar nicht geboren, aber begeistert aufgenommen, kopiert und verbessert. Seit Ende der 1970er
Jahre prägen japanische Ideen und Spielkonzepte unser Hobby: In einer dreiteiligen
Serie besucht Retro Gamer das Land, in dem das elektronische Spiel zur Meisterschaft und Kunst verfeinert und zum Millionen-Geschäft ausgebaut wird.
Von Winnie Forster
E
» Für Nintendo
ertüftelt der junge
Technik-Tausendsassa Gunpei Yokoi
Ende der 60er Jahre
mechanisches Spielzeug wie die ulkige
Ultra-Hand.
» Japanische
Hersteller kopieren
Ataris Ur-Telespiel
Pong sofort und in
Massen, der erste Klon
ist Taitos Elepong.
8 | RETRO GAMER 1/2014
ine Inselgruppe weit hinter
Russland und China, durch viele
Hundert Seemeilen vom Kontinent
getrennt: Kein Wunder, dass Japan dem
Westen länger verschlossen bleibt als
andere asiatische Länder und bis weit
in die Neuzeit fast ohne kulturellen
Austausch mit dem Abendland ist. Erst
nachdem die amerikanische Marine
Ende des 19. Jahrhunderts die Öffnung
japanischer Häfen erzwingt, setzt eine
rasante Aufholjagd und Modernisierung
ein: Binnen weniger Jahre etabliert sich
Japan als Weltmacht, die in Asien mit
Russland und im Pazifik mit den USA in
Konkurrenz tritt.
Von der vernichtenden Niederlage
im Zweiten Weltkrieg erholt sich Japan ähnlich schnell wie Deutschland. In der zweiten
Hälfte des 20. Jahrhunderts lieben die
Japaner Micky Maus, Superman und CocaCola, Hollywood und Rock ’n’ Roll, ohne
dafür ihre traditionelle Kultur zu verwerfen.
Musik, TV, Manga: Das Beste aus dem
Westen wird übernommen und geht im
jahrtausendealten Nährboden japanischer
Kunst, Denk- und Lebensweise auf.
Zwischen Tradition
und Moderne
Japanische Firmen bauen amerikanische
und europäische Technik und Güter eifrig
nach, kopieren und verbessern. Hat sich
ein Unternehmen oder Produkt auf dem
Heimmarkt durchgesetzt, etwa Sony 1955
mit dem Transistorradio, folgt der Schritt in
den Westen. Ab den 60er Jahren werden
japanische Produkte führend, nicht zuletzt
im Bereich der Unterhaltungselektronik.
Sharp, Hitachi, Toshiba und JVC werden
in den frühen 70ern auch in Deutschland
bekannte Markennamen.
Die japanische Videospiel-Industrie
wurzelt noch in der Vor-Computer-Ära: Ab
Ende des zweiten Weltkriegs importieren
japanische Unternehmen und west-östliche
Joint Ventures elektromechanische Unterhaltungsautomaten und Flipper aus Chicago
nach Japan – und beginnen dann schnell
mit der Fertigung ähnlicher Geräte.
Ab Ende der 50er kommen Schießspiele nach US-Vorbild in Mode, in den 60er
Jahren typische Kran-Automaten („fische
per Greifarm nach Gewinnen“). Neben diesen global erfolgreichen Automaten floriert
in Japan mit den klimpernden Pachinko-Maschinen eine nationale Glücksspiel-Szene:
Von oben nach unten rasseln kleine Kugeln
durch einen vertikalen Hindernisparcours,
was unten rauskommt, dient als neuer
Einsatz oder eben Gewinn.
Ende der 60er ist das amerikanische
Bowling in Japan kurzzeitig eine große
Mode. Als der Kegel-Boom abflaut und
viele frisch gegründete Spielstätten verwaisen, sieht der Spielzeughersteller Nintendo
eine Chance für den Einstieg in den Markt
der öffentlichern Unterhaltung. Ab 1973
bestückt Nintendo ausrangierte Kegel-Gaststätten mit Laser-Clay-Leinwänden
» Ab 1977 produziert
Nintendo TV-Konsolen
mit fest eingebauten
Block- und BallspielVarianten.
» Noch ohne
Computer-Technik:
Anfang der 70er
Jahre kommen
mechanische
Spielautomaten
wie Segas Dodgem
Crazy in Mode.
Sapporo
Die Hauptstadt der
Nordinsel Hokkaido
ist ein früher Hotspot
der IT-Szene Japans,
die dortige Filiale der
Einzelhandels-Kette
Computerland wird
1980 zum Softwareund Spieleverlag
db Soft. Weltweit
berühmter wird eine
Firma, die die Brüder
Yuji und Hiroshi Kudo
1962 als Fotogeschäft gründen, nach
einer US-Dampflok
benennen und mit dem
Auftauchen der ersten
Heimcomputer zum
Software-Produzenten
umwandeln: Hudson.
Japanische Videospiele-Industrie um 1980
Fukuoka
Die Hauptstadt der
Südinsel Kyūshū bringt
zwei der produktiv­
sten und wichtigsten
Computerspiel-Hersteller der japanischen
80er Jahre hervor: den
Strategie-Experten
System Soft sowie
die Firma Riverhill,
die sich mit Grafikadventures einen Namen
macht (und deren Kreative 20 Jahre später
Level 5 gründen).
Osaka
Die Hafenstadt und
Handelsmetropole im
Süden der Hauptinsel
ist das Zentrum der
frühen Arcade-Branche: Hier residieren
Konami, der Moon
Cresta- und Crazy
Climber-Erfinder Nichibutsu sowie die Firma IPM, die sich 1979
in Irem umbenennt.
1978 wird in Osaka
Shin-Nihon Kikaku
(SNK) gegründet.
Kyoto
1889 (und damit 20
Jahre, nachdem die
Stadt ihren Status als
Sitz des kaiserlichen
Hofes verliert) gründet
der Kunsthandwerker
Fuajiro Yamauchi hier
die Spielkarten-Firma
Nintendo und sein
Enkel – knapp 100
Jahre später – die
erfolgreichste Videospielfabrik der Welt.
Noch heute ist das
Hauptquartier in Kyoto.
Konan (Aichi)
Die 100.000-Einwohner-Stadt wird erst
1954 durch Zusammenschluss kleinerer
Gemeinden gegründet
und beherbergt einen
der ältesten Spielautomaten-Hersteller
Japans und frühen
Nintendo-Lizenznehmer: Sunsoft.
Sasebo
In der 250.000-Einwohner-Stadt der Präfektur Nagasaki, am
äußersten westlichen
Zipfel der japanischen
Inselgruppe residiert
zwischen 1982 und
2001 Tecnosoft, ein erfolgreicher Entwickler
von Actionspielen für
Heimcomputer, später
auch Sega-Konsolen.
Tokio
Yokohama
Nagoya
Kumamoto
Die ehemalige
Samurai-Hochburg ist
heute das westlichste
Zentrum japanischer
IT-Fertigung. Die dortige Software-Schmiede
Carry Lab hält jedoch
nur bis Ende der 80er
Jahre durch.
Yokkaichi
In der alten Hafenund Marktstadt wird
1981 der SoftwareHersteller Micro
Cabin gegründet,
der mit Spielen und
Anwendungen für alle
Computersysteme bis
ins 21. Jahrhundert
erfolgreich ist.
In der viertgrößten
Stadt Japans hat
der PachinkoRiese Sankyo seinen
Hauptsitz, der ab den
70er Jahren auch
Videospiele produziert.
1982 wird in Nagoya
der Computerverlag
Technology & Entertainment gegründet,
der als T&E Soft
erfolgreiche Augusta
Golf-Simulationen und
Rag-Bestseller wie
Hydlide entwickelt und
vermarktet.
Vor der heute zweitgrößten Stadt Japans
erzwang der USOffizier Perry 1859 die
Öffnung des Landes
für den Westen. Als
traditionsreiche Handelsmetropole und mit
Tokio fast verschmolzen, ist Yokohama
der geeignete Sitz für
Koei, eine Firma, die
sich auf die Entwicklung und Vermarktung
von Geschichts- und
Wirtschaftssimulationen spezialisiert;
ihre Inhaber Keiko und
Yoichi Erikawa werden
zum reichsten Ehepaar
Japans.
Die größte Stadt
Japans ist von Anfang
an das Zentrum der
Spiele: Mit Sega, Taito,
Data East, Tehkan
(Tecmo) und Jaleco
haben fünf der ältesten
und erfolgreichsten
Arcade-Hersteller
hier ihren Hauptsitz.
Zu Beginn des ITZeitalters werden der
Ascii-Verlag und mit
Nihon Falcom und
Pony Canyon zwei
führende Computerspiel-Produzenten
in Tokio gegründet,
ebenso 1980 der heutige Nintendo-Partner
Hal Lab, damals noch
ein CommodoreEntwickler.
RETRO GAMER 1/2014 | 9
»K
aum ein japanisches 8-Bit-Computerspiel kommt in den Westen. Eines ist die
Galaxian-Umsetzung Star Battle, die Satoru Iwata (der heutige Nintendo-Chef)
1981 für Commodore programmiert.
» Taitos Gunfight ist 1975
das erste Videospiel mit
animierten Heldenfiguren.
» Epochs Cassettevision von
1981 und andere japanische Modul-Konsolen mit
4- und 8-Bit-CPU kommen
nie nach Deutschland.
» Im spartanisch eingerichteten Wohnzimmer
versammelt sich 1979 die TV-Spot-Familie um Nintendos jüngste Erfindung: die TV-Block-Konsole.
Als (der im Oktober 2013 verstorbene) Hiroshi
Yamauchi 1949 die Firma seines Opas übernimmt, ist
Nintendo auf die Herstellung kunstvoller „Hanafuda“Spielkarten spezialisiert. Der 22-jährige Yamauchi
verdrängt die Verwandtschaft aus der Firma, geht
mit ihr an die Börse und schließt 1959 das erste
Lizenzabkommen mit einer westlichen Firma, Disney.
Als der Hanafuda-Bereich ausgereizt ist, versucht
sich Yamauchi auf anderen Feldern, eröffnet ein Love
Hotel und eine Taxi-Kette, bevor er Nintendo ab 1969 zur
reinen Spielzeugfirma umbaut. Die erste Entwicklungsabteilung für mechanische, bald elektronische Spiele
beschäftigt mit Gunpei Yokoi einen genialen Techniktüftler. Auf Yokois Greif-Werkzeug Ultra Hand, das sich
– gleichwohl völlig sinn- und nutzlos – über eine Million Mal
verkauft, folgt ein elektronischer Liebestester und die Teufelstonne, Nintendos Beitrag zur weltweiten ZauberwürfelMode. Früh setzt Nintendo auf moderne Sensoren, Halbleiter
und LCDs, bestückt ausrangierte Kegelbahnen mit einem
Leinwand-Tontauben-Schießen, gibt 1977 ein Pong-Telespiel in die
Massenfertigung und produziert mit Computer Othello und Block
Fever ihre ersten TV-Spielautomaten. Im gleichen Jahr wird der
25-jährige Grafikdesigner Shigeru Miyamoto eingestellt, heute eine
der ganz großen Entwickler-Ikonen. Mit drei R&D-Abteilungen erobert
Nintendo die Videospiel-Welt – siehe auch den nächsten Retro Gamer.
10 | RETRO GAMER 1/2014
hip-Riese NEC
»C
eröffnet die HeimcomputerÄra 1979 mit der Vorstellung des
PC-8001. Die Nachfolger erhalten Farbgrafik, Mehrkanalton und mehr Speicher.
und stellt 1974 einen Münzautomaten
vor, bei dem der Spieler mit dem PlastikColt auf 16-mm-Film-Cowboys ballert.
Die Folgen von Pong
Zu dieser Zeit bricht in den USA dank
Pong das Atari-Fieber aus. Sowohl
Seiteneinsteiger Nintendo als auch die
traditionellen Automatenbauer erkennen das Potenzial hinter der BushnellErfindung und beginnen sofort mit der
Entwicklung und Fertigung ähnlicher
Telespiele. Bereits 1973, ein Jahr nach
Pong, hat Taito ein halbes Dutzend
Videospiel-Automaten im Programm,
und auch Sega liefert zwei PongtronVarianten. 1973 importiert die Nakamura
Manufacturing Company Astro Race,
Gotcha und andere US-Automaten, ein
Jahr später übernimmt Namco bereits
das ganze Japan-Geschäft von Atari. Bis
in die 80er werden sich die US-Hersteller
Atari, Ball-Midway, Williams und Gottlieb
mit den genannten Japan-Firmen sowie
den vielen Arcade-Start-ups, die ab 1978
aus dem Boden schießen, eine kreative
und technische Schlacht liefern. Es ist
ein Rückzugsgefecht: Wie wir wissen,
geht das Duell um die Spielhallen letztlich zugunsten der Japaner aus.
Auf den Arcade-Goldrausch folgt
der Boom der Telespiele. Hier sind es
Spielzeugfirmen, nicht Automatenbauer,
die den neuen Markt erschließen und
beherrschen: 1975 bringt Epoch Telebi
Tennis für 20.000 Yen (nach heutigem
Wechselkurs entspricht das etwa 150
Euro) in den Handel, 1976 der Mitbewerber Ga-Daisho das verbesserte Telespo
für 25.000 Yen. Zwei bis vier Dreh- oder
Schieberegler, fest verdrahte Tennis- und
Rennspielvarianten: Wie im Westen sind
auch in Japan bald ein Dutzend ähnlicher Geräte erhältlich, bevor die Preise
purzeln. Nintendo betritt mit dem Color
TV Game 6 (10.000 Yen) sowie einem
Gerät mit 15 Spielvarianten (15.000 Yen)
1978 den Telespielmarkt, Spielzeugriese
Bandai baut gleich eine ganze Serie auf,
vom Einsteiger-Modell TV Jack 1000 für
10.000 Yen über 1500 und 2500 bis zum
Luxusgerät TV Jack 3000 für – damals
unerhörte – 40.000 Yen. Tomy presst
seine TVFun-Konsolen in sechs verschiedenen Preisklassen in den Handel und
bringt – ebenso wie Mitbewerber Takara
– Spiele mit Lichtpistole statt Paddle
als Controller. 1978 erscheinen Tomys
TVFun901 mit Motocross-Bike-Steuerung
sowie das Lenkrad-bestückte Racing 112.
Aufmarsch der
Spielkassetten
Wie im Westen flaut diese erste TelespielWelle ganz schnell ab, als mit dem Atari
VCS Ende der 70er Jahre die ersten „programmierbaren“ TV-Konsolen erscheinen. Auch diesen neuen Sektor reißen
japanische Firmen in ihrem Heimatmarkt
den amerikanischen Erfindern Atari und
Fairchild (deren Konsolen in Fernost viel
zu teuer sind) sofort aus der Hand. Das
erste japanische Telespiel mit austauschbaren Spielmodulen erscheint 1977, ein
Jahr später Bandais TV Jack 5000, dazu
jeweils ein halbes Dutzend Module.
Diese zweite Telespiel-Welle überlebt nicht aus eigener Kraft, sondern aufgrund starker Arcade-Impulse. Bis 1982
kommen alle Videospiel-Innovationen
aus der Spielhalle. Nach US-Konzepten
wie Pong, Tank und Breakout ist es 1978
erstmals ein japanischer Automat, der
alle Münz-Rekorde schlägt und sofort für
Heim-Hardware kopiert wird: Eigentlich
will Toshihiro Nishikado eine Mischung
aus Breakout und Panzerschlacht schaffen, aber die damalige Hardware bringt
nicht genügend Leistung, um realistische
Vehikel zu bewegen und zu drehen.
So programmiert der Taito-Ingenieur
symmetrische Monster, die von oben
zeilenweise auf das fahrbare Geschütz
des Spielers zuruckeln. Space Invaders
MADE IN JAPAN–- Die Anfange
und die bunte Erweiterung Galaxian, die
Namco ein Jahr später in die Spielhallen
bringt, verhelfen auf ROM-Modul im
Westen dem Atari VCS zum Comeback
und stärken auch die japanischen Konsolenbranche.
Es ist die Zeit des ersten Krieg
der Sterne-Kinofilms. Zig Telespiele mit
„Star“ und „Astro“, „Battle“ oder „Combat“ im Titel machen das Wohnzimmer
zum Weltraum-Cockpit. Zwei Jahre nach
Space Invaders erhält das Videospiel
seinen nächsten, bis dahin mächtigsten
Schub: durch Pac-Man von Namco. Der
gelbe Titelheld und die bösen Geister, die
ihn durch Labyrinth verfolgen, bringen
in nur acht Farben einen Hauch von
Zeichentrick auf den Bildschirm. Fressen
und gefressen werden: Ein simples,
fesselndes Prinzip in Kombination mit
sympathischer Grafik und lustigen
PakuPaku-Soundeffekten ergibt eine
Formel, der andere Hersteller folgen. Das
Anime-Fai­ble und das Talent japanischer
Grafiker, auf kleinstem Raum Form und
Ausdruck zu schaffen, zeigt sich in einer
Welle bunter Action- und Geschicklichkeits-Automaten. Und generell in Videospielen, die viel mehr Witz, Charakter und
Persönlichkeit besitzen als die stoischen
Ballerspiele von Atari und Williams.
Natur trifft auf Technik, so könnte
man das Konzept früher japanischer
Arcade-Titel nennen. In Lady Bug irrt und
wetzt ein Käfer durch Drehtüren und in
Frogger hüpft ein Frosch über die dicht
befahrene Straße. Auch Donkey Kong,
die dritte große Spieldesign-Sensation
aus Japan, entsteht 1981, weil Nintendos
Shigeru Miyamoto Kriegs-, Weltraumund Panzerspiele langweilig findet. Sein
Jump-and-run erzählt eine Liebesgeschichte in vier Kapiteln, mit menschlichen und tierischen Protagonisten.
Fürs Helden-Sprite hat Miyamoto
nur 16 x 16 Pixel und drei Farben, schafft
es aber trotzdem, Mario mit Hosenlatz,
Schnauzbart und Kappe auszustatten.
Obermotz Donkey Kong erhält 32 x 32
Pixel – drohend und fässerwerfend ist er
locker der beeindruckendste VideospielGegner des Jahres. Ab jetzt überbieten
sich Taito, Namco, Sega und Nintendo mit
fröhlichen Cartoon-Gestalten und ulkigen
Spielsituationen, mit Pinguinen in Pengo,
Affenbabys in Congo Bongo, heldenhaften Ferkeln in Pooyan, Riesen-Obst und
Mini-Drachen in Mr. Do und Dig Dug.
Zwischen Japan und den USA, auf Hawaii, wird 1940 der Automatenhersteller Standard Games gegründet, der sich Anfang der 50er Jahre nach
Tokio verlegt und in Service Games umbenennt. Die Firma vermarktet
Münz- und Musikautomaten für die amerikanischen Fernost-Truppen.
Die elektromechanische U-Boot-Simulation Periscope ist 1966 das erste
Sega-Spiel. Bis ins 21. Jahrhundert bleibt Sega eine zwischen West
und Ost zerrissene Firma, erst in den 80er Jahren erringen Japaner die
Mehrheit des Konzerns von US-Investoren.
Zu dieser Zeit ist die Firma längst ein Videospiel-Major: Auf Pongtron
(1973) folgen bis Ende 1980 gut 60 weitere Baller-, Fahr- und
Sport-Automaten, zum Teil mit Lenkrädern und Lichtpistolen.
1981 übernimmt Sega den kalifornischen Mitbewerber
» Game-BoyGremlin. Die ersten Sega-Spiele, die im Westen
Vorläufer: Anfang
durch ihre Heimumsetzungen bekannt werden,
der 80er kommen battesind Carnival, Turbo, Konamis Frogger und die
riebetriebene Telespiele
niedliche Eisblock-Schubserei Pengo. 1982
in Mode, erst mit Vakuumetablieren die grafisch überragenden
Fluoreszenz-Anzeige, dann
Ballerspiele Zaxxon und Buck Rogers
LCD, etwa zu Manga und
den Namen Sega weltweit. Ein paar
TV-Helden (Bild: Lupin).
Monate später steigt Sega bei den
Heimkonsolen ein und tritt damit
in eine langjährige, scharfe
» „Graben“ ist Anfang der
Konkurrenz zu Nintendo.
Drachen im Weltraum
80er ein höchst beliebtes
Genre (Bild: Dig Dug).
2004 verschmilzt Sega
Die japanischen Entwickler begründen
Anfang der 80er aber nicht nur den
mit einem Arcade- und
neuen Typus lustiger ZeichentrickPachinko-Riesen
Spiele in den Geschmacksrichtungen
zur Sega Sammy
Hüpfen, Buddeln und Schieben. Sie
Corporation.
schlagen westliche Hersteller auch in
deren Ur-Genres Shoot-em-up, Sport
und Racing: Nichibutsus Moon Cresta ist
1980 die erste Space Invaders-Variante
Heute ist sie ein Teil von
mit aufrüstbarem Raumschiff, Konamis
Square-Enix, gegründet
Scramble 1981 der Urahn aller horizontal
aber wird die traditionsscrollenden Ballerspiele. Ein grafische
reiche Firma 1953 von
Revolution ist Zaxxon von Sega, dessen
einem Russen als ImRaumschiff 1982 durch eine isometrisch
porteur von Getränke-,
gerenderte Weltraumfestung fliegt und
Imbiss- und Musikausich am Schluss mit einem Weltalltomaten. In Tokio fertigt
Drachen duelliert.
sie ab den 60ern Flipper
Ein Superhit gelingt Namcos
und Glücksspielgeräte.
Masanobu Endou 1983: Die vertikal
Taito ist das erste japanische Unternehmen, das
scrollende, hochauflösende Landschaft
dem Atari-Erfolg nacheifert: Bereits 1973 produziert
von Xevious samt geometrischer
es Pong-Nachahmungen und gibt dem neuen
Architektur und metallischen Gegnern
Unterhaltungszweig 1975 mit Western Gun erstmals
bezaubert Spieler und Entwickler auf der
eine Gestalt: Darin lenken zwei Spieler nicht Klötzganzen Welt. Für westliche Konsolenchen, sondern Pixel-Cowboys zwischen Kakteen
und Modul-Hersteller wie Atari, Coleco
und Felsen.
und Parker werden japanische Marken
1978 feiert Taito mit Space Invaders einen Welt­zu heiß begehrter Lizenzware. Beispiele
erfolg, der auf alle Computer und Konsolen
dafür sind Turbo (1981) und Pole Position
umgesetzt und weltweit kopiert wird. Über 100
» Taitos Space
(1982), mit denen Sega und Namco dem
Automaten entwickelt Taito bis Mitte der 80er Jahre,
Invaders ist der
erste japaniRennspiel-Genre eine neue Dimension
in der US-Niederlassung etwa das schnelle Grafiksche Welthit.
und Tiefe geben.
Puzzle Qix. Die meisten Erfolge sind japanisch, etwa
Da es nun
das Tarzan-Spiel Jungle Hunt, der Commandomassig frische
Vorläufer Front Line oder die Plattform-Randale
Spielkonzepte gibt,
Elevator Action. Kurz experimentiert Taito mit der
kommen 1982 und
Laser Disc: Das Anime-Abenteuer Time Gal floppt in
1983 eine Menge
der Spielhalle – erfährt aber eine Dekade später ein
technisch verbesserCD-ROM-Comeback.
ter Modul-Konsolen
Taito unterstützt alle Computer und Nintendoauf den Markt, viel
Konsolen mit Originalen und Arcade-Umsetzungen.
mehr als im Westen,
Einflussreich sind Ballerspiele wie Tiger Heli, Twin
und dazu Geräte,
Cobra und Darius, weltweit beliebt das freundliche
die Videospielspaß
Plattformspiel Bubble Bobble, das Breakout-Update
mit HeimcomputerArkanoid und die Operation-Militärspiele (mit MPTalenten verbinden:
Attrappen als Controller). In den 90ern schwindet
Nach Maxmachine
Taitos Bedeutung sowohl in der Spielhalle als auch
von Commodore
im Wohnzimmer, Konami, Capcom und Co. ziehen
Japan, Game Pancon
am einstigen Marktführer vorbei.
RETRO GAMER 1/2014 | 11
» Japanische Computer-Programmierer lösen sich
schnell von ihren Apple-2-Vorbildern: 1983 startet Enix
mit zwei Dutzend Heimcomputer-Originalen, darunter
Yuji Horiis Detektiv-Thriller Portopia.
Wie andere japanische Arcade-Majors wird die Nakamura Manufacturing
Company nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet. Namco produziert in
den 50er Jahren mechanische Reitpferde und ähnliche Kinderattraktionen
und betreibt in den 70ern ganze Spielhallen-Ketten. 1974 übernimmt
Namco die Japan-Filiale des Partners Atari, produziert den optoelektronischen Schießstand Shoot Away und 1975 den Videospielautomaten
Gee Bee. Der weltweite Durchbruch gelingt 1979 mit der bunten
Space Invaders-Verbesserung Galaxian, bevor Namco mit Pac-Man
zur bekanntesten Spielefirma überhaupt wird, um deren ArcadeInnovationen sich westliche Hersteller reißen: Die putzige Dig
Dug-Graberei, das Science-Fiction-Shoot-em-up Xevious und
die Rennspiele Rally X und Pole Position werden Anfang der
80er Jahre auf zig Konsolen und Computer umgesetzt.
1985 übernimmt Namco Time Warners Atari-GamesMehrheit und geht 1988 an die Börse. Zu dieser Zeit spülen
Automaten-Hits und deren Umsetzungen fürs NES viel
Geld in die Firmenkasse. Namco erschafft mit FamistaBaseball die erfolgreichste Sportserie Japans und
experimentiert früh mit Echtzeit-3D und Multiplayer:
1987 taucht das Netzwerk-Rennspiel Final Lap, 1988
die Polygon-Raserei Winning Run in den Spielhallen
auf. Von Nintendo als Lizenzpartner nicht bevorzugt,
unterstützt Namco Konkurrenten wie NECs PCEngine und Segas Mega Drive, bevor sie in Sony den
optimalen Partner findet und mit Ridge Racer 1994
den PlayStation-Erfolg startet.
» Den meist blockartigen
Videospielen gibt
Namco ein frisches
und fröhliches Gesicht:
Pac-Man, 1980.
12 | RETRO GAMER 1/2014
it isometrischem 3D
»M
fasziniert Zaxxon 1982
Spielhallen-Besucher.
(Takara), M5 (Sord), Puyo-Ta (Tomy) und
anderen kurzlebigen Computer-Konsolen-Hybriden erscheinen 1983 zwei Arcade-gestählte Konsolen, die eine weltweite Videospiel-Renaissance einläuten. Mit
Segas Master-System-Vorläufer SG-1000
und dem Famicom von Nintendo, aus
dem später der NES wird, beginnt das
zweite Made-in-Japan-Kapitel. Davor ist
aber noch ein Blick auf Software nötig,
die wir bislang ausgespart haben: frühe
Heimcomputer-Spiele.
Morgenröte der Computer
Nur ein, zwei Jahre, nachdem mit Apple
2 und CBM Pet die ersten amerikanischen PCs erscheinen, und noch vor Europa startet in Japan die HeimcomputerBranche. 1979 veröffentlicht der größte
asiatische Chip-Hersteller NEC den
PC-8001 als ersten Rechner einer Serie,
die 1981 die Gummitasten-Variante
PC-6001 und den professionell aufgemöbelten PC-88 erhält und den japanischen
IT-Markt in den 80ern beherrscht. Wie
im Westen kommt es zum jahrelangen
Ringen zwischen einem halben Dutzend
Systemen und Firmen. Noch 1979 bringt
Sharp den Büro- und Hobby-Rechner
MZ, ebenfalls Auftakt einer langen
Hardware-Evolution, der später Spielund Multimedia-Kisten wie die X1-Serie
entspringen. Anfang der 80er kommt
Elektronik-Multi Fuji mit dem FM7 als
dritter PC-Mitbewerber dazu, bevor
Kai Nishi mit US-Jungunternehmer
Bill Gates alle anderen IT-Firmen
zu einem gemeinsamen Standard
zusammenruft: MSX.
Nishi spielt schon davor eine
maßgebliche Rolle in den japanischen
Pionierzeit: 1977 gründet er den führenden Zeitschriften-Verlag Ascii, dazu
(ähnlich, aber ausdauernder als Markt &
Technik in Deutschland) ein flott expandierendes Software-Geschäft, und wird
zum japanischen Microsoft-Vertreter.
Nur ganz am Anfang hält westliche Hardware auf dem Fernost-Markt
mit; so wird der VC20 von Commodore
noch vor seinem Debüt im Westen als
VIC1001 in Japan vermarktet.
Tiefere Spuren hinterlässt der
Apple 2, der Ende der 70er in Japan
ebenso zur Lead-Plattform wird wie
in den USA. Junge Kreative und
IT-Bastler sind von seinen audiovisuellen Fähigkeiten begeistert – und von
frühen US-Spielen wie Mystery House,
Computer Napoleonics und Ultima. Viele
japanische Spieldesigner beginnen ihre
Karriere als Sierra- und SSI-Fans, einige
der ältesten Software-Häuser starten als
Apple-Händler.
Neben Action aus der Spielhalle
bleibt Apple-Software der wichtigste
Einfluss für japanische Programmierer,
auch nachdem heimische Plattformen
alle US-Rechner verdrängten. 1981
debütiert Koei mit dem historischen
Kriegsspiel Battle at Kawanakajima und
der Wirtschaftssimulation Investment
Game, im gleichen Jahr startet Hudson
die Software-Produktion mit Derby,
Othello und Reversi für NEC-, Sharp- und
Fuji-Rechner.
1982 trägt das Start-up Enix
erstmals einen plattformübergreifenden
„Hobby Program Contest“ aus und
vermarktet die Spiele der glücklichen
Gewinner landesweit. Der jährliche
Wettbewerb wird zum Sprungbrett für
junge Talente und füllt den Enix-Katalog
mit originellen Titeln. Die Erfinder der
früher Enix-Hits Door Door und Love
Match Tennis, Kouichi Nakamura und
Yuji Hori, werden zu Superstars der
8-Bit-Urzeit und wagen sich drei, vier
Jahre später mit Manga-Meister Akira
Toriyama an die Erschaffung der Dragon
Quest-Rollenspielwelt.
Spiele für Erwachsene
Von Anfang an beliebt sind in Fernost
erotische Spiele, wobei auch hier die Initialzündung aus den Staaten kommt. Für
Sierra nur eine winzige Fußnote in der
Firmengeschichte, wirkt Chuck Bentos
Apple-Schweinerei Softporn Adventure
(1981) auf die japanische Software-Industrie wie ein besonders starkes Aphro­
disiakum. Koei legt 1982 mit Night Life
das Fundament für eine ganze Industrie
der nackten Pixel. Auf das Adventure mit
ehehygienischem Education-Anspruch
folgen völlig unverblümte Sex-Spiele
von ansonsten seriösen Firmen wie
Nihon Falcom und Enix, die Lolita-Erotik
Die Konsolen- und Computer-Fotos entnahm Retro Gamer mit freundlicher
Genehmigung den Archiven von Consollection.de und Gameplan.de. Doug
Carlston wird zitiert nach „Software People“ (Simon & Schuster, 1984).
» Die Game & WatchSpiele lassen sich
aufklappen und
besitzen Buttons und
D-Pad wie moderne
Nintendo-Handhelds.
MADE IN JAPAN–- Die Anfange
» 1 983 lässt uns Danchizuma no Yunwaku auf
Pixelmädchen los.
» Ab 1980 beherrschen
einheimische Fabrikate den japanischen
Computer-Markt. Zu
den erfolgreichsten
8-Bit- und SpielPlattformen gehört
der FM-7 von Fuji.
» Geflashte Kinder im SF-Outfit:
So wird für die 8-Bit-Konsole
Bandai Arcadia geworben.
mit Sadomasochismus und Fetischismus mixen. Ein paar Jahre später
existieren bereits über 20 Studios und
Firmen, die ausschließlich Ab-18-Spiele
produzieren. Software-Trends kommen
und gehen, doch nackte Manga-Pixel
sind aus der japanischen Szene seit
damals nicht mehr wegzudenken.
Kaum japanische
PC-Pixel im Westen
Von der florierenden PC-Entwicklung
in Nippon bekommen westliche User
nichts mit. Im Gegensatz zu den Arcade-Hits gedeiht das japanische Computerspiel 15 Jahre lang versteckt vor
unserem Auge. Nur ganz kurz spielen
Amerikaner und Japaner auf den gleichen Rechnern; danach trennt sich die
fernöstliche von der westlichen Hardware-Szene. Was Atari 800, Sinclair und
C64 bei uns sind, sind PC-8001, MZ und
FM-7 in Japan – konkurrierende 8-BitSysteme, untereinander inkompatibel.
Auch weil japanische Software KanaAlphabete und Kanji-Schriftzeichen statt
römischer Lettern verwendet, kommen
Adventures, Strategie- und Rollenspiele
aus Fernost nicht zu uns in den Westen.
Noch 1985 schreibt der amerikanische Software-Unternehmer Doug
Carlston: „Das ist wahrscheinlich das
erste Mal, dass Sie etwas von Software aus Japan hören – es wird aber
nicht das letzte Mal sein!“ Seine Firma
Brøderbund ist damals der einzige
US-Publisher, der Kontakte
nach Japan pflegt. Mit Jun
Wadas A. E. und Tony Suzukis Star Blazer bringt er zwei
» Erotische Spiele entwickeln
sich zu einem MillionenMarkt mit einer eigenen
Fachpresse und speziellen
Outlets: Lolita Syndrom von
Enix, 1983.
Actiontitel zu uns, die durch bildschirmfüllende High-Res-Grafik auffallen.
Bekannt im Westen werden dank
starker Vermarktung durch Commodore
die Debüttitel eines Studios, das sich
nach dem despotischen Bordcomputer
des Kinofilms 2001 benennt: HAL programmiert in Tokio einige starke Start­
titel für den VC20. Star Battle, Road Race
und Jupiter Lander sind wohl die ersten
japanische Computerspiele, die sich –
um 1982 – in deutschen Läden blicken
lassen. Doch ebenso wie Atari zieht sich
Commodore schnell vom umkämpften
japanischen Markt zurück.
Ähnlich kurzlebig ist ein LizenzDeal, mit dem der englische Computerbauer Sinclair 1983 vier schlaue Software-Titel aus Japan für den Spectrum
konvertiert und vermarktet. Unter den
Originalen der damals völlig unbekannten
Firma Hudson findet sich das erste Bomberman (als Eric and the Floaters). Danach
senkt sich der Vorhang zwischen West
und Ost: Während der Austausch im Arcade- und Videospiel-Bereich stark bleibt,
kapseln sich westliche und japanische
Software-Industrie völlig voneinander ab;
Letzterer scheint der Heimatmarkt mit seinen 130 Millionen Menschen zu genügen.
Wie es weitergeht in der japanischen Spieleindustrie, verrät euch im
kommenden Retro Gamer 2/2014 Teil 2
unserer „Made in Japan“-Serie –
der nicht der letzte sein wird.
Konami wird 1969 als Jukebox-Werk und Reparaturdienst
gegründet, produziert ab 1973 Automaten nach AtariVorbild und 1978 den ersten mit Mikroprozessor. Als
Sega-Zulieferer entwickelt die Firma mit Frogger ihren
ersten internationalen Hit und ist ab 1980 einer der wichtigsten Software-Lieferanten für asiatische und westliche
Hardware. Die ältesten Konami-Spiele erscheinen für
Bandais Arcadia-Konsole (Hanimex in Deutschland), die
meisten und besten aber für nahezu alle Plattformen
der frühen 80er Jahre, darunter VCS, Intellivision, Philips
G7000, Colecovision und sogar technische Exoten wie
Vectrex und Entex Adventurevision.
Im Gegensatz zu Atari, Sega und Nintendo baut die Firma
keine eigene Konsole, sondern festigt ihre Sonderstellung
mit 8-Bit-Bestsellern wie den Horizontal-Scrollern Scramble
und Super Cobra. 1982 brillieren Yoshiki Okamotos RundumBallerei Time Pilot und das Ferkel-gegen-Wölfe-Märchen
Pooyan, für das Tokuro Fujiwara süße Pixel zeichnet. Konami
eröffnet eine US-Niederlassung, startet die weltweite Produktion
und Vermarktung von Computerspielen und geht 1984 an die
Börse. Seit diesem Jahr gibt es eine Europa-Niederlassung in
Frankfurt. In England wird Oceans Imagine-Label mit Hits wie
Hyper Olympic, Yie Ar Kung Fu oder Green Beret bestückt. Obwohl Konami Okamoto und Fujiwara an den jungen Mitbewerber
Capcom verliert, bleibt die Firma als Hersteller von Action- und
Sport-Automaten über die 80er Jahre hinweg führend.
RETRO GAMER 1/2014 | 13
K L A SSIK E R- CH ECK
» speedball 2: brutal deluxe
W
ar es nun das perfekte
Sportspiel für Actionfans
– oder der ideale Actiontitel für Sportfreunde?
Souverän setzte sich Speedball 2
zwischen die Genrestühle und macht
dort dank seiner zeitlosen Spielbarkeit heute noch eine famose Figur.
Schon 1988 experimentierten
die Bitmap Brothers mit einer futuristischen Sportart, die unkompliziert
und schnell genug war, um auch
Leibesertüchtigungs-Muffel anzulocken. Das erste Speedball hatte kleine,
schmale Arenen, die lediglich vertikal
scrollten. Das Herumgebolze eines an
den Wänden abprallenden Balls war
durchaus spaßig, fühlte sich aber eher
14 | RETRO GAMER 1/2014
wie Breakout als wie der Teamsport der
Zukunft an.
1990 meldete sich die SpeedballLiga zurück. Die Bitmaps hatten bei der
Brutal Deluxe unterbetitelten Fortsetzung
das Spielprinzip in allen Belangen konsequent verbessert und erweitert, ohne die
Grundidee zu verhunzen. Die Teams wurden auf jeweils neun Athleten vergrößert,
die erweiterten Spielfelder scrollten jetzt
in alle Richtungen. Im Kampf um den Ball
ist so ziemlich alles erlaubt; brutale Fouls
werden nicht bestraft, sondern belohnt:
Tackeln wir einen gegnerischen Spieler
so mürbe, dass er verletzt ausgewechselt
wird, gibt’s dafür genauso viele Punkte
wie fürs Erzielen eines Tores. Die Keeper
an beiden Enden des Spielfelds sind
ihrerseits rabiate Rowdies, die beim Grabschen nach dem Ball so rücksichtslos
Angreifer niedermähen, dass man sie für
den Toni-Schuhmacher-Gedächtnispreis
nominieren möchte.
Hinter der krachigen Fassade
stecken bemerkenswert viele Details
und Finessen. Auf dem Spielfeld liegen
Boosts und Kleingeld herum, in einem
Manager-Menü investieren wir die Barschaft in Training und Transfers, um unser
Team langfristig aufzubauen. Ein LigaModus mit einer guten Bandbreite an
Computergegnern sorgt für kompetente
Solo-Beschäftigung, aber nichts erreicht
die Intensität von Zwei-Spieler-Duellen.
Gegenüber Eurogamer.net fasste
es Mike Montgomery von Bitmap Brot-
hers einmal treffend zusammen: „Der
Einzelspieler-Modus mit Liga und Pokal
war gut, aber Speedball 2 war vor allem
ein Zwei-Spieler-Game. Du konntest dich
VonPub
Heinrich
Lenhardt
im
betrinken,
dann ein paar Pizzas
schnappen und mit deinen Kumpels
nach Hause gehen, um Speedball 2 bis
in die frühen Morgenstunden zu zocken.
Es war diese Art von Spiel.“
Von Heinrich Lenhardt
Straffe Steuerung
Tempo und Spielgefühl
» speedball 2: bru
tal deluxe
Ein Feuerknopf reicht
Rasante Rüpel
Starke Solo-Spielmodi
Die erste Regel von Speedball 2 lautet: Es gibt keine Regeln in Speedball 2! Ok, welche Aktion wie viele Punkte einbringt, ist irgendwie
definiert. Aber was sich die Spieler gegenseitig antun dürfen, das fällt
in die Kategorie „alles geht“. Ohne Sorge vor farbigen Kartonscheiben
wird gegrätscht, was der Joystick hergibt. Ballbesitz währt selten lange: Ein Gegenspieler ist nie weit, vor dem nächsten Tackling sollte man
die Kugel rasch wieder los werden – bevorzugt in Richtung des anderen
Tors, versteht sich. Alles geschieht mit einem scharfen Tempo, dem
jedoch die Balance zwischen Kontrollierbarkeit und Chaos gelingt.
Extras in der Arena
In modernen Sportspielen verknotet man sich bei mancher Tastenkombination regelrecht die Finger, doch Speedball 2 begnügt sich bei der
Steuerung mit einem einzigen Feuerknopf. Erstaunlich, was sich damit
alles anstellen lässt: Die Länge des Knopfdrucks bestimmt die Wurfweite
und Höhe, dem Ball lässt sich sogar etwas Effet verleihen. Die erforderte
Diagonalpräzision ist eine Domäne von Digital-Joysticks wie dem Competition Pro. Die Mega-Drive-Umsetzung spielt sich mit dem ControllerSteuerkreuz eine Spur schwammiger, von der üblen Touchscreen-Bedienung der iOS-Neuauflage Speedball Evolution mal ganz zu schweigen.
Gut gefüllte Spielwiese
Liga-Freuden für Aufsteiger
Liebe zum Detail
Speedball 2 will vor allem zu zweit gespielt werden. Muss es aber nicht:
Für einsame Stunden gibt es eine Fülle an unterhaltsamen Varianten.
Beim Liga-Modus beginnen wir in der unteren Spielklasse und qualifizieren uns erst durch Erreichen eines der beiden Spitzenplätze für die TopDivision. Raffiniert: Bei der Tabellenberechnung gibt’s für jeweils zehn
in einem Match erzielte Punkte einen Extra-Zähler. Es lohnt sich also,
möglichst torreich zu gewinnen, und selbst bei Niederlagen winken damit
Trostpünktchen. Im alternativen Manager-Modus können wir uns ganz
auf die Personalplanung konzentrieren und den Partien einfach zugucken.
Mannschaft
Die Vergrößerung von Spielfeld und Mannschaften war die vielleicht
wichtigste Verbesserung gegenüber dem Vorgänger. Pässe spielen
nun eine größere Rolle, die Schlägertruppe reift zum richtigen Team.
Gespielt wird immer in derselben Arena, doch zufällig verteilte Extras
und Geldmünzen sorgen für eine unberechenbare Komponente. Es
geht nicht nur ums Torewerfen – die Vielfalt des Spielfelds erlaubt verschiedene Taktiken. Auch das Bewerfen bestimmter Ziele bringt kleine
Punktmengen ein, die Aktivierung eines Score-Multiplikators kann der
Auftakt für eine Aufholjagd in der Schlussphase sein.
Tüftelnder Teamchef
Sinn für Humor
Hinter der furiosen Dauer-Grätscherei des Spielgeschehens steckt einiges
an statistischem Unterbau. Jede einzelne Spielfigur verfügt über acht
Attribute, von der Wurfwucht bis zur „Power“ (härtere Tacklings, um
gegnerische Spieler häufiger zu verletzen). Stars sind merklich schneller
als Rekruten. Zwischen den Partien werden die Werte des Personals mit
besserer Ausrüstung gesteigert. Oder wir sparen ein wenig und leisten uns
einen neuen Spieler auf dem Transfermarkt. Auf diese Weise verbessert
der Teamchef allmählich alle neun Positionen – und da es öfters zu Verletzungen kommt, sollte man auch die Ersatzbank nicht vernachlässigen.
„Ice Cream! Ice Cream!“, lautet der internationale Erkennungsruf von
Speedball-2-Sportlern. Die Stimme des unsichtbaren Eisverkäufers, der
manchmal seine Waren anpreist, ist nur eines von zahlreichen Schmunzeldetails. Einige Teamnamen sind hinreißend, neben unserer Mannschaft „Brutal Deluxe“ gibt es zum Beispiel auch „Violent Desire“ oder
die „Turbo Hammers“. Dazu passend gucken die Visagen der SpielerPorträts so grimmig und gefährlich, dass höchste Selbstparodie-Regionen erreicht werden. Knuffig auch die Roboter-Sanitäter, die geschwind
aufs Spielfeld flitzen, um einen Halbtoten abzutransportieren.
Momente
Fakten
»P
LATTFORM: AMIGA, ARCHIMEDES,
ATARI ST, C64, CD32, DOS-PC, GAME
BOY, GBA, NES, MASTER SYSTEM, MEGA
DRIVE, PLAYSTATION, XBOX 360
» Publisher: IMAGEWORKS, VIRGIN, ET AL.
» ENTWICKLER: BITMAP BROTHERS
» VERÖFFENTLICHT: 1990
» Genre: ACTION-SPORTSPIEL
Was die
Presse sagte …
Foto: kultboy.com
Denk w ürdige
Power Play 2/91: 73 %
»Das Spielfeld ist jetzt größer
und erlaubt bessere Kombinationen […] Das Trainieren und
Aufspüren von neuen Spielern
ist ein netter Zusatz. Wer eine
gute Mischung aus den Genres
Action und Sport sucht, wird
mit Speedball 2 hervorragend
bedient.« (Heinrich Lenhardt)
ASM 1/91: 11/12
»Das Scrolling ist flüssig, die
Animationen der Spieler sind
gut. […] Auch die Steuerung ist
exakt und einfach zu handhaben,
ganz so, wie man es vom Original her gewöhnt ist. Speedball 2
ist wirklich eine Klasse für sich!«
(Hans-Joachim Amann)
Was wir denken
Kaum ein anderes Spiel hat die
Mischung aus Action und Sport
so spaßig hinbekommen wie
Speedball 2. Der Zwei-SpielerModus bringt heute noch jede
Party in Schwung.
RETRO GAMER 1/2014 | 15
Vor wenigen Tagen sind mit der PlayStation 4
und der Xbox One zwei neue Konsolen erschienen, die technisch den ersten Vertreter der
achten Konsolengeneration, die Wii U, sehr alt
aussehen lassen. Wir nennen die wichtigsten
Facts zu beiden Neuheiten und vergleichen sie
mit zwölf anderen wichtigen Konsolen.
Die 8. Generation
Von Christoph Vent
A
cht Jahre sind ins Land gezogen, seitdem Microsoft ihre
letzte Konsole, die Xbox 360,
auf den Markt brachte. Auch
die PlayStation 3 von Mitbewerber Sony
hat nun schon sieben Jahre auf dem
Buckel. Vor wenigen Tagen veröffentlichten beide Hersteller ihre Next-Gen-Kon­
solen namens PS4 und Xbox One.
PlayStation 4
Die PlayStation 4 basiert auf einer AchtKern-CPU von AMD. Anders als bei der
Vorgängergeneration wurde dieses Mal
nicht am Arbeitsspeicher gespart – satte
8 GB GDDR5-RAM warten auf Programmcode und Grafiken. In Kombination mit
dem auf 800 MHz getakteten Grafikchip
auf Radeon-Basis wird in etwa die Leistung eines heutigen Mittelklasse-SpielePCs erreicht – allerdings kostet der ein
gutes Stück mehr als die 399 Euro, die für
die PS4 fällig sind (Xbox One: 499 Euro).
Als Speichermedium entschied sich Sony
erneut für ein Blu-ray-Laufwerk, deren
Discs bis zu 50 GB an Daten fassen –
wobei alle Spiele auch über den OnlineStore PSN geladen werden können. Damit
ihr bei solch hohen Datenmengen nicht
ständig Inhalte löschen müsst, wird die
PS4 mit einer 500-GB-Festplatte ausgeliefert, die ihr zudem jederzeit gegen ein
größeres Modell austauschen dürft.
Xbox One
Vom Innenleben her unterscheidet sich
der Xbox-360-Nachfolger nur in Details
von der Konkurrenz aus dem Hause Sony.
Auch der Konzern aus Redmond setzt
auf eine Achtkern-CPU, die zunächst mit
1,6 GHz geplant war, vor der Massenfer-
» Killzone Shadow Fall
» Ryse
■ Der PS4-Exklusivtitel setzt 30 Jahre nach den Geschehnissen
aus Teil 3 an. Erneut zieht ihr in Egoperspektive gegen die Helghast
in den Kampf. Mit der Eule (einem schwebendem Roboter) greift ihr
zudem auf ein Hightech-Gadget zurück, das euch nicht nur im Kampf
unterstützt, sondern im Notfall auch wiederbelebt.
■ Im Xbox-One-Exklusivtitel verteidigt ihr als Soldat Marius das
Römische Reich gegen Barbaren. Das Exklusivspiel von Crytek setzt
auf Nahkämpfe mit Schwertern und ein motivierendes Kombosystem.
Die Tiefe eines God of War erreicht es zwar nicht, dafür aber stimmen
Optik und Präsentation.
16 | RETRO GAMER 1/2014
tigung der Hardware aber noch auf 1,75
GHz erhöht wurde. Auch die Taktung der
GPU wurde im Nachhinein angepasst und
läuft in der finalen Version mit 853 MHz.
Beim RAM kommen wie bei Sony 8 GB
zum Einsatz, allerdings handelt es sich
hier um langsameren DDR3-Arbeitsspeicher. Beim Speichermedium hat man sich
von der DVD verabschiedet – die Spiele
befinden sich entweder auf Blu-ray-Discs
oder werden über das Internet auf die
interne 500-GB-Festplatte geladen.
Beim Blick auf die zugrunde
liegende Technik sind bei PS4 und Xbox
One kaum Unterschiede auszumachen.
Zudem greifen beide Plattformen bei
ihren Prozessoren auf x86-Architektur zurück, sodass Portierungen von PC-Spielen
nun leichter fallen sollten als noch in der
vorherigen Generation – gerade die CellArchitektur der PS3 stellte Drittentwickler
immer wieder vor Herausforderungen.
Dennoch scheint die PS4 – zumindest bei
einigen Launchtiteln – einen Leistungsvorteil zu haben. Call of Duty – Ghosts etwa
läuft auf der Sony-Konsole in 1080p, bei
Microsoft jedoch nur in 720p. Auch der
Xbox-One-Exklusivtitel Ryse läuft nicht in
der vollen Full-HD-Auflösung, sondern in
900p. Woran das liegt, ist derzeit schwer
einzuschätzen. Grund könnte aber der
langsamere Arbeitsspeicher der Xbox
One sein.
Nur wenige Exklusivtitel,
keine Klassiker
Wichtiger als alle Technik ist das Spieleangebot. Ein Großteil der ersten NextGen-Titel erscheint für beide Konsolen.
Hierzu gehört unter anderem das Line-up
PlayStation 4 und xbox one
3. Generation
4. Generation
5. Generation
6. Generation
Die neue Generation richtet sich zu ihrem
Launch insbesondere an Fans moderner
Grafik-Gewitter. Auch legen beide Hersteller
immer mehr Wert auf soziale Komponenten.
Sowohl auf PS4 als auch Xbox One könnt
ihr euer Spielgeschehen etwa aufzeichnen,
mit Kommentaren versehen und das fertige
Video anschließend für andere Nutzer bereitstellen. Bei Microsoft spielt zudem Entertainment eine noch wichtigere Rolle. So könnt
ihr eure TV-Settop-Box mit der MicrosoftKonsole verbinden und neben einem Spiel
das TV-Programm in einem kleinen Fenster
mitlaufen lassen. Oder aber ihr schaut über
die Konsole Fernsehen und seid jederzeit
über die integrierte Skype-App für Freunde
erreichbar. Wer mit dieser „neuen Welt“ weniger anfangen kann, verliert weitere Gründe,
die für PS4 oder Xbox One sprechen.
Retrospieler lehnen sich daher fürs
Erste ganz entspannt zurück und schauen
sich die Entwicklung der Spieleangebote
für beide Konsolen aus sicherer Entfernung
an. Dass früher oder später immer mehr
Klassiker oder auch Neuentwicklungen mit
klassischem Gameplay auf die Konsolen
finden werden, steht außer Frage. Allerdings
gibt es diesbezüglich zum jetzigen Zeitpunkt
keine offiziellen Ankündigungen. Wenn ihr
schon heute Hunderte Retro-Spiele auf einer
Konsole genießen wollt, haben wir einen Tipp
für euch: Blättert um …
Um euch 20 Jahre Konsolen-Entwicklung aufzuzeigen,
haben wir ab der „3. Generation“ jeweils zwei oder drei
bekannte Vertreter ausgewählt.
7. Generation
Retrofans bleiben entspannt
Konsolen-Vergleich
8. Generation
von EA, zu dem FIFA 14, Need for Speed
Rivals und Battlefield 4 zählen. Auch andere
Hersteller wie 2K mit NBA 2K14 sind auf beiden Plattformen vertreten. Den Unterschied
machen wie so oft die Exklusivspiele, die zum
Launch allerdings nicht durch Masse glänzen.
Auf der PS4 sind es der Egoshooter Kill­zone
– Shadow Fall und das Action-Adventure
Knack. Microsoft veröffentlicht im Gegenzug
Ryse – Son of Rome, Forza Motorsport 5 und
Zoo Tycoon. Auf dem Markt der DownloadSpiele gibt es für die Xbox One noch das Prügelspiel Killer Instinct, für die PS4 hingegen
das Arcade-Shoot-em-up Resogun.
Spieler, bei denen vor allem die
großen Blockbuster in den Laufwerken
rotieren, haben dank diverser MultiplattformSpiele wenig Sorgen und greifen bereits zum
Release auf ein ordentliches Spieleangebot
zu. Darüber hinaus ist in absehbarer Zeit mit
Nachschub zu rechnen, da fast alle bereits in
Entwicklung befindlichen Titel auch für die
Next Gen kommen werden.
Für Retrospieler fällt die Spieleauswahl aber gerade zum Start ernüchternd
aus. Das Prügelspiel Killer Instinct auf Xbox
One, ein Reboot des gleichnamigen SNESPrüglers, sowie der Arcade-Shooter Resogun
auf PS4 schaffen nur bedingt Abhilfe. Die
AAA-Titel hingegen bedienen sich zu einem
großen Teil am Spielprinzip von modernen
Third-Person-Titeln sowie Egoshootern. Mit
Killzone – Shadow Fall, Forza 5, Battlefield
4 oder Call of Duty – Ghosts befinden sich
sogar mehrere Nachfolger zu Spieleserien der
Vorgängerkonsolen im Angebot.
NES/Famicom
Master System/Mark III
» J ahr: 1983
» Hersteller: Nintendo
» Prozessortakt: 1,77 MHz
» Arbeitsspeicher: 2 KB
» Speichermedium: Modul
» Verkaufte Konsolen: ca. 62 Mio.
» J ahr: 1986
» Hersteller: Sega
»P
rozessortakt: 3,57 MHz
» Arbeitsspeicher: 8 KB
»S
peichermedium: Modul
»V
erkaufte Konsolen:
ca. 12 Mio.
Mega Drive/Genesis
SNES/Super Famicom
» J ahr: 1988
» Hersteller: Sega
» Prozessortakt: 7,61 MHz
» Arbeitsspeicher: 72 KB
» Speichermedium: Modul
» Verkaufte Konsolen:
ca. 30 Millionen
» J ahr: 1990
» Hersteller: Nintendo
rozessortakt: 3,55 MHz (PAL)
»P
» Arbeitsspeicher: 128 KB
»S
peichermedium: Modul
»V
erkaufte Konsolen: ca. 49 Mio.
PlayStation
N64
» J ahr: 1994
» Hersteller: Sony
» Prozessortakt: 33,9 MHz
» Arbeitsspeicher: 2 MB
» Speichermedium: CD
» Verkaufte Konsolen:
ca. 104 Mio.
» J ahr: 1996
» Hersteller: Nintendo
rozessortakt: 93,75 MHz
»P
» Arbeitsspeicher: 4 MB
»S
peichermedium: Modul
erkaufte Konsolen:
»V
ca. 33 Mio.
Dreamcast
PlayStation 2
» J ahr: 1998
» Hersteller: Sega
» Prozessortakt: 200 MHz
» Arbeitsspeicher: 16 MB
» Speichermedium: CD-ROM
» Verkaufte Konsolen:
ca. 11 Mio.
» J ahr: 2000
» Hersteller: Sony
»P
rozessortakt: 294,9 MHz
» Arbeitsspeicher: 32 MB
»S
peichermedium: DVD
»V
erkaufte Konsolen:
ca. 154 Mio.
Xbox 360
PlayStation 3
» J ahr: 2005
» Hersteller: Microsoft
» Prozessortakt: 3,2 GHz (Drei Kerne)
» Arbeitsspeicher: 512 MB
» Speichermedium: DVD
» Verkaufte Konsolen: ca. 80 Mio.
(noch im Verkauf)
» J ahr: 2006
» Hersteller: Sony
»P
rozessortakt: 3,2 GHz
(Cell-Architektur)
» Arbeitsspeicher: 256 MB
peichermedium: Blu-ray
»S
»V
erkaufte Konsolen: ca. 80 Mio.
(noch im Verkauf)
Wii
Wii U
» J ahr: 2006
» Hersteller: Nintendo
» Prozessortakt: 729 MHz
» Arbeitsspeicher: 88 MB
» Speichermedium: Eigenes
Format ähnlich DVD
» Verkaufte Konsolen: ca. 100 Mio.
(Wii Mini noch im Verkauf)
» J ahr: 12012
» Hersteller: Nintendo
»P
rozessortakt: 1,24 GHz (Drei Kerne)
» Arbeitsspeicher: 2 GB
»S
peichermedium: Eigenes
Format ähnlich Blu-ray
erkaufte Konsolen:
»V
ca. 4 Mio. (noch im Verkauf)
PlayStation 4
Xbox One
» J ahr: 2013
» Hersteller: Sony
» Prozessortakt (unbestätigt):
1,6 oder 2 GHz (Acht Kerne)
» Arbeitsspeicher: 8 GB
» Speichermedium: Blu-ray
» J ahr: 2013
» Hersteller: Microsoft
»P
rozessortakt: 1,75 GHz
(Acht Kerne)
» Arbeitsspeicher: 8 GB
peichermedium: Blu-ray
»S
RETRO GAMER 1/2014 | 17
Retrogeräte im Keller
sind schön, und klar, man
könnte sie mal wieder
rausholen und aufbauen.
Wer aber ohne Aufwand
Klassiker spielen will,
ist am besten mit den
Download-Shops der
großen Konsolenhersteller bedient. Wir haben uns
Plattformen und Shops
angesehen, um die
Frage zu klären: Wo
bekommt ihr das größte
Retro-Angebot?
Von Christoph Vent
Alte Spiele auf
neuen Konsolen
I
m Lauf der Jahre hat sich
bei vielen Liebhabern von
Retrospielen eine Vielzahl
von Konsolen angesammelt.
Ob nun SNES, die erste PlayStation,
das Dreamcast oder gar ein Atari: Von
ihren Schätzchen mögen sich nur die
wenigsten trennen. Spätestens aber mit
dem Umzug aus der Studentenbude in
die erste gemeinsame Wohnung mit der
Freundin werden die ganzen Konsolen
zu einem Problem. Nicht genug damit,
dass es schon problematisch ist, mehr
als einen DVD-Player als Zusatzgerät zu
rechtfertigen, kommt auch irgendwann
das klassische Platzproblem auf. Wer
sein eigenes „Spielzimmer“ sein Eigen
nennt, darf sich glücklich schätzen,
ansonsten wandert die Hardware meist
gut verpackt auf Dachboden oder Keller.
Anderen wiederum steht der
Sinn nach Retro, doch müssten sie sich
erst eine Sammlung von Konsolen und
Spielen aufbauen. Die Beschaffung der
meisten Plattformen stellt dank Flohmärkten, diversen Fanforen oder nicht
zuletzt auch eBay kaum noch ein Problem
18 | RETRO GAMER 1/2014
dar, doch spielt häufig auch der preisliche Faktor eine Rolle. Während ein NES
inklusive zweitem Controller für ungefähr
60 Euro den Besitzer wechselt, schlägt ein
Turbografx schon mit etwa 100 Euro allein
für die Hardware zu Buche. Und auch für
die Software dürft ihr danach noch mal in
den Geldbeutel greifen: Gehen die meisten Spiele für SNES oder PlayStation 1 für
unter 10 Euro weg, gibt es auch auf diesen
weit verbreiteten Systemen Ausnahmen.
Die drei Donkey Kong Country-Spiele für
das SNES kosten beispielsweise immerhin
schon etwa 20 Euro das Stück, Zombies
ate my Neighbours sogar schon 30 Euro –
für das nackte Modul ohne Anleitung und
Verpackung.
Doch selbst wenn Platz und Geld
kein Problem darstellen, kann es immer
noch an der Technik scheitern: Moderne
LCD- oder Plasma-TVs verfügen hauptsächlich über hochauflösende Verbindungen.
Scart-Anschlüsse werden immer seltener,
wer auf einen S-Video-Anschluss angewiesen ist, schaut bei bestimmten Modellen
schon komplett in die Röhre und muss zu
Adaptern oder Umbauten greifen.
Wie nun aber ohne großen Aufwand Klassiker spielen, wenn einem die
Lust danach steht? Die beste Alternative
stellen die Downloadshops der aktuellen
Nintendo-, Microsoft- und Sony-Konsolen
dar. In den digitalen Spieleläden finden
sich Hunderte Klassiker, die nur darauf
warten, für einen zumeist geringen Obolus
heruntergeladen und gespielt zu werden. Puristen, die besonderen Wert auf
Originalhardware und -software legen,
werden mit dieser Lösung nicht glücklich,
alle anderen aber sollten ihr eine Chance
geben. Auf die Emulation via PC gehen wir
in diesem Bericht nicht ein.
» Prince of Persia
■ Die SNES-Fassung von Prince of Persia gibt es
nur auf der Wii. Die „Classic“-Version der anderen
Plattformen enthält neue Grafiken, ist insgesamt
aber sehr gut umgesetzt.
■ Entwickler: Broderbund / Gameloft ■ Jahr: 1989
■ Ursprungsplattform: Apple II
■ Umsetzung für: Wii, PS3, Xbox 360, iOS, Android
■ Preis: 8 Euro / 9,99 Euro / 9,49 Euro / 1,79 Euro / 0,89 Euro
report: alte spiele auf neuen konsolen
» [ Wii U] Eine derartige Fülle an NeoGeoClassics findet ihr
nur auf der Virtual
Console der Wii.
Wii: Die Macht der
Virtual Console
PLATTFORMEN: NES, SNES, N64, MASTER SYSTEM, MEGA DRIVE (GENESIS),
PC ENGINE (TURBOGRAFX), NEOGEO, AUTOMATEN-UMSETZUNGEN
K
urz nach dem Launch der
Nintendo Wii Ende 2006 folgte
der Virtual Console genannte
Online-Shop, der sich auf
die Klassiker der Videospielgeschichte
spezialisiert. In Fundus liegen Hunderte
Spiele unterschiedlichster Systeme, die
nur darauf warten, von euch wieder- oder
neu entdeckt zu werden. Im Detail handelt
es sich um 383 Titel, die sich auf NES,
SNES, N64, Master System, Mega Drive
und auch bei uns seltenere Konsolen wie
NeoGeo oder Turbografx aufteilen. Stark
vertreten sind natürlich die Nintendoeigenen Titel: Für das NES sind es 79
Spiele, für das Super Nintendo 61 und für
das N64 immerhin noch 21.
Erreichen könnt ihr die Virtual
Console über den Wii-Shop-Kanal im
Hauptmenü der Wii. Dort ist sie neben der
Kategorie WiiWare, die einige Neuentwicklungen bereithält, kaum zu übersehen. Sortieren lassen könnt ihr euch die
Spiele entweder nach Hersteller, Release
oder aber gleich nach ihrer ursprünglichen Plattform – Übersicht wird also trotz
der immensen Auswahl großgeschrieben.
Für die meisten Spiele reicht eine einfache
Wiimote-Fernbedienung aus, lediglich
bei SNES- und N64-Titeln ist der separat
erhältliche Classic-Controller Pflicht. Allerdings ist die Anschaffung eines solchen
Gamepads generell zu empfehlen: Es
liegt nicht nur besser in der Hand als
die quer gehaltene Wiimote, sondern ist
auch bei Genauigkeit und Ergonomie weit
überlegen.
Aus unserer Top 25 des SNES,
die ihr ebenfalls in dieser Retro-GamerAusgabe findet, sind 14 Titel verfügbar,
allein neun von ihnen stammen aus den
Top Ten. Voll auf ihre Kosten kommen,
wenig überraschend, Fans von Mario:
Vom NES sind das der Automatenklassiker
Mario Bros. sowie die drei Super Mario
Bros.-Titel für jeweils umgerechnet 5 Euro.
Aber auch die Lost Levels könnt ihr auf der
Wii käuflich erwerben. Hierbei handelt es
sich um das Spiel, das in Japan als Super
Mario Bros. 2 veröffentlicht wurde. Für
den westlichen Markt wurde es jedoch als
zu schwierig eingeschätzt, weshalb man
kurzerhand das Spiel Yume Kōjō: Doki Doki
Panic als Grundlage heranzog. Die Charaktere wurden durch Mario-Figuren ausgetauscht, ansonsten weicht es vom Stil
aber stark von seinem Vorgänger ab. Dass
der SNES-Hit Super Mario World in dieser
Aufzählung nicht fehlen darf, ist klar.
» The Legend of Zelda –
A Link to the Past
■ Links wohl bestes Abenteuer erlebt
ihr wie alle anderen seiner Ableger
exklusiv auf Nintendo-Konsolen – das
wird sich auch in Zukunft nicht ändern.
■ Entwickler: Nintendo EAD ■ Jahr: 1991
■ Ursprungsplattform: SNES
■ Umsetzung für: Wii, Wii U
■ Preis: 8 Euro
Die Virtual Console und das
NTSC-PAL-Problem
Während in Nordamerika und Japan auch bei Spielen auf den NTSC-Standard
mit 60 Hertz gesetzt wurde, lieferte das europäische Pendant PAL 50 Hertz.
Wurde bei der Umsetzung von Software nicht hieran gedacht, liefen Spiele
daher etwa 17 Prozent langsamer bei uns. Auch der Bildausschnitt wurde
dadurch leicht verändert. Eigentlich sollte dieses Problem spätestens seit
dem HD-Zeitalter der Vergangenheit angehören. Jedoch weisen auch einige
Umwandlungen von Virtual-Console-Titeln der Wii dieses Phänomen auf.
Insbesondere bei der Mega-Drive-Bibliothek müsst ihr mit einem langsameren
Spielablauf leben, die N64-Spiele wurden hingegen alle angepasst. Einfacher
machen es sich hingegen die Turbografx-Spiele, da sie ausschließlich in 60
Hertz vorliegen. Unspielbar wird dadurch keiner der Titel, allerdings wäre eine
konsequente Anpassung ein mehr als netter Bonus gewesen.
» [ Wii U] Auf der Wii U
gibt es zu vielen
Spielen eine kurze
Videovorschau.
» [ Wii U] Ein Plattformer, der in keiner
Spielesammlung
fehlen darf: Super
Mario World.
Etwas ärgerlich: Auf die beliebte
Spielesammlung Super Mario All-Stars,
die alle Titel zusammenfasst, müsst ihr
verzichten und stattdessen alle Spiele
einzeln kaufen. Ebenfalls eine kleine Enttäuschung: Yoshi’s Island für das SNES,
in dem nicht wenige Spieler sogar eine
Steigerung zu Super Mario World sehen,
hat es auch nicht auf die Virtual Console
geschafft. Dafür aber dürfen sie sich auf
dessen Nachfolger Yoshi’s Story freuen,
das bei uns ursprünglich im Mai 1998 für
das N64 veröffentlich wurde. Apropos
N64: Mit Super Mario 64 kommt ihr auf
der Virtual Console der Wii für 10 Euro in
den Genuss eines der besten 3D-Plattformer aller Zeiten.
Noch mehr Mario
»S
uper Castlevania IV ist
knackig schwer, aber
immer noch spaßig.
Doch damit nicht genug von Mario: Ob
nun Mario & Yoshi, das japanische Rätselspiel Super Mario’s Picross, Mario Tennis
oder Mario Party 2 – der italienische
Klempner gibt den Ton an. In Super Mario
Kart und Mario Kart 64 für jeweils 8 Euro
haut ihr euch die roten Panzer um die
Ohren, in Super Mario RPG erlebt ihr die
Anfänge der Paper Mario-Reihe. Letzteres
wurde nie offiziell in Europa veröffentlicht,
das änderte sich erst mit der VirtualConsole-Fassung im Jahr 2008. Neben
Mario erfreut sich bis heute ein weiterer
Nintendo-Recke enormer Beliebtheit:
Link, der Held aus The Legend of Zelda.
Nicht nur die ersten beiden Teile aus
der Famicom-Ära stehen zur Verfügung,
sondern auch der erste große Meilenstein der Serie: A Link to the Past für das
SNES. Letzteres gilt bis heute für viele
Serienfans als der beste Teil der Serie,
RETRO GAMER 1/2014 | 19
sein Nachfolger A Link between Worlds
erschien erst im November 2013 für den
3DS. In Ocarina of Time, dem ersten Zelda in 3D-Grafik, manipuliert ihr dank des
titelgebenden Instruments auch auf der
Wii das Wetter und reist durch die Zeit.
Habt ihr danach immer noch nicht genug
von Links Abenteuern, geht es gleich mit
Majora’s Mask weiter, dem Schwesterlein
von Ocarina of Time.
Mit Spielen wie Kid Icarus (NES),
Super Metroid (SNES) oder Super Smash
Bros. (N64) sind zudem viele weitere
Nintendo-Titel in der Virtual Console
vertreten. Doch auch Dritthersteller wie
Capcom und Konami spielen eine Rolle.
Erstere stellen etwa die ersten fünf Teile
der Mega Man-Reihe für das NES bereit.
Was damals in keiner SNES-Sammlung
fehlen durfte, war eine der vielen Ausgaben von Street Fighter II. Hier habt ihr
gleich die Wahl zwischen vier Versionen,
darunter auch Street Fighter 2 – Hyper
Fighting, das aufgrund seiner erhöhten
Spielgeschwindigkeit noch mehr Können
bei der Ausführung von Special Moves
» Sonic – The Hedgehog
■ Das Sega-Maskottchen gibt mittlerweile auf jeder
Konsole Gas.
■ Entwickler: Sonic Team ■ Jahr: 1991
■ Ursprungsplattform: Mega Drive
■ Umsetzung für: Wii, PS3, Xbox 360
■ Preis: 8 Euro / 4,49 Euro / 4,79 Euro
»D
ie Ouya findet mit ihren geringen Abmessungen unter jedem
Fernseher Platz.
» Das Nvidia Shield wirkt wie
ein Gamepad mit angebautem Bildschirm.
Nvidia Shield und Ouya:
Die Android-Konsolen
Sowohl das Shield als auch die Ouya basieren auf Android. Ersteres ist
im Grunde ein Handheld: Ein Teil besteht aus einem Gamepad in klassischer
Form, der zweite aus einem klappbaren Touchscreen. Durch die Verbindung
zum Google Play Store habt ihr Zugriff auf Hunderte Spiele wie GTA 3, die
sich nun dank Gamepad deutlich besser steuern als über einen Touchscreen.
Allerdings ist das Shield derzeit noch nicht offiziell in Deutschland verfügbar
und mit etwa 300 Dollar auch relativ teuer. Die Anschaffung lohnt sich daher
hauptsächlich für die, die auch von der Zusatzfunktion, dem Streaming von
PC-Inhalten, Gebrauch machen wollen.
Die im Vergleich mit 100 Dollar günstigere Ouya-Konsole ist seit Kurzem
auch in Deutschland erhältlich. Die zugehörigen Spiele werden über einen
eigenen Shop vertrieben, dessen Auswahl aktuell noch sehr klein ist. Interessant für Retrofans wird die Ouya allerdings hauptsächlich aufgrund diverser
Emulatoren.
20 | RETRO GAMER 1/2014
» [ Wii U] Die Spiele­
serie Kid Icarus nahm
ihren Anfang auf dem
Family Disk System
und NES.
verlangt. Konami steuert der Virtual
Console im Gegenzug eine weitere bis
heute beliebte Spieleserie bei, die auf dem
NES ihren Anfang nahm: Castlevania. Hier
findet ihr nicht nur die ersten drei Teile für
das Famicom sowie das in diesem Retro
Gamer groß vorgestellte Super Castlevania IV, sondern auch Rondo of Blood für
das Turbografx. Fans von Japano-Rollenspielen werden ebenfalls bestens unterhalten, dafür sorgen alleine schon einige
Square-Titel, etwa die ersten drei Teile von
Final Fantasy oder Secret of Mana.
Master System
und Mega Drive
Allein die bis zu diesem Punkt genannten
Titel sind für Hunderte Stunden Spielspaß
gut – dabei sind wir noch gar nicht auf
das Angebot für die anderen Konsolen
eingegangen. Da wären zum Beispiel das
Master System und das Mega Drive. Was
vor 20 Jahren noch undenkbar gewesen
wäre – die besten Sega-Kracher auf einer
Nintendo-Konsole zu spielen –, ist nun
kein Problem mehr. Sogar Marios größter
Konkurrent Sonic hat es mit seinen ersten
Videospielauftritten (sowohl in der 16Bit- als auch der 8-Bit-Variante) auf die
Virtual Console geschafft. Bevor aber der
Überschall-Igel zu Segas wichtigstem
Maskottchen wurde, hatte Alex Kidd diese
Rolle inne. Insgesamt vier Teile, darunter auch das in späteren Versionen des
Master System II integrierte Alex Kidd in
Miracle World, stehen für jeweils 5 Euro
zum Download bereit.
Aber auch abseits der Jump-andruns gibt es einiges unter den 15 angebotenen Spielen für Segas Heimkonsole zu
entdecken: Fans von Automatenklassikern
freuen sich über die Heimkonsolenumsetzungen von Enduro Racer oder Space
Harrier, Rollenspielfreunde werden viele
Stunden in den Erstling von Phantasy Star
versenken. Auf dem Mega Drive ist die
Auswahl deutlich größer, hier stehen mit
75 Titeln sogar mehr Spiele als für das
» [ Wii U] Einer der
Vorzüge der Virtual
Console auf der
Wii U: Speicherpunkte dürfen an jeder beliebigen Stelle
erstellt werden.
SNES zur Verfügung. Zwölf von ihnen findet ihr auch in den Top 25 des Mega Drive
laut Retro Gamer, die ebenfalls in dieser
Ausgabe vorgestellt werden. Die meisten
Titel für die Plattform stammen natürlich
von Sega selbst, so zum Beispiel das
8 Euro teure Ecco the Dolphin oder die
beiden Taktik-Rollenspiele Shining Force
1 und 2. Mit Columns ist auch Segas
Antwort auf Tetris vorhanden.
NeoGeo und Turbografx
Darüber hinaus findet ihr im Angebot der
Virtual Console noch zwei weitere Plattformen, die bei uns schon fast als Exoten
gelten. Das NeoGeo von SNK Playmore
ist vor allem für seine hochwertigen
Umsetzungen von Automatenspielen bekannt. Selbstverständlich sind unter den
54 Umsetzungen für die Arcade-Konsole
allerlei Toptitel vorhanden, allen voran die
actionreiche Metal Slug-Reihe sowie mehrere Ableger der Prügelspiel-Serie King of
Fighters. Hier müsst ihr mit 9 bis 10 Euro
je Spiel rechnen. Von dem in Japan als
PC Engine veröffentlichten Turbografx
wurden 58 Spiele für die Virtual Console
umgesetzt, darunter zwei BombermanVersionen für jeweils 6 Euro, das Shootem-up R-Type sowie Splatterhouse. In
der Kategorie „Arcade“
tummeln sich zudem
einige Automatenumsetzungen wie Zaxxon
oder Super Hang-On.
»B
anjoKazooie
■ Das Rare-Jump-and-run war einst exklusiv für
das N64 erhältlich. Aufgrund des Wechsels des
Kultstudios zu Microsoft gibt es das Spiel mittlerweile aber auch für die Xbox 360.
■ Entwickler: Rare ■ Jahr: 1998
■ Ursprungsplattform: N64
■ Umsetzung für: Xbox 360
■ Preis: 14,39 Euro