HST-Stadt 24.01.2003

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HST-Stadt 24.01.2003
HEILBRONN UND SEINE REGION
FREITAG
24. Januar 2003
SPAREN
Stimme-Leser erfolgreich
Kommentar
Bei „Blende“
ganz vorne
platziert
Das Spiel beginnt
Seine Beharrlichkeit hat sich für
Herbert Will bezahlt gemacht.
Der 68-jährige Apotheker im Ruhestand aus Öhringen hat beim
Zeitungsleser-Fotowettbewerb
„Blende 2002“ den sechsten
Platz erreicht. Sein Foto von drei
Bäumen und einer Parkbank im
Winter gehört zu den besten
deutschen Amateuraufnahmen.
Mehrere Tage lang hat Herbert
Will den Platz besucht, bis Licht
und Schnee optimal für ein Sieger-Foto waren, gebannt auf Fuji
Reala Film (100 ASA) mit einer
Rollei 6003 6 mal 6 Mittelformat-Kamera. Gewonnen er eine
Bildbearbeitungs-Software
Adobe Photoshop, 100 Blatt Fotopapier für den heimischen
Drucker sowie zehn Agfa-Filme
im Wert von rund 1200 Euro.
Insgesamt waren rund 62 000
Fotos zur 28. Auflage des
„Blende“-Wettbewerbs
eingereicht worden. Den 31. Platz belegte Kurt Seitz (Bondorf). Der
64-jährige Pensionär hatte einen
am Abgrund stehenden Baum in
Arizona (USA) auf Film gebannt.
Er erhält eine Canon Ixus III APSKamera. Als dritter Stimme-Leser
platzierte sich Helmut Anger aus
Hardthausen auf dem 114. Platz.
Er gewinnt Fotomaterial im Wert
von 80 Euro.
Bei den Jugendlichen gewann
Isabelle Sinn (Nordheim) eine
Olympus mju-Kamera, Jonathan
Schule (Neckarsulm) zehn Farbnegativfilme. (gug)
Diese monochrom
wirkende Baumgruppe brachte Herbert Will beim 28.
„Blende“-Fotowettbewerb den sechsten Platz ein. Das
Bild hatte der Öhringer mit einer Mittelformat-Kamera auf
Film gebannt. Mehrmals war der Fotograf nach Büchelberg (zwischen Öhringen und Schwäbisch Hall) gefahren,
bis die Verhältnisse
optimal für sein
Foto waren.
(Foto: Herbert Will)
Nach einem nächtlichen Raub in der Heilbronner Fußgängerzone stehen seit gestern drei junge Männer vor dem Landgericht
Der Elektroschocker ist der Schwarze Peter
Von Franziska Feinäugle
Die Gerichtsverhandlung erinnert an Schwarzer Peter. Wie eine
unbeliebte Spielkarte schieben
sich zwei der drei Angeklagten gegenseitig den Elektroschocker zu,
der nach der Tat bei ihnen gefunden worden ist. Ihnen wird vorgeworfen, nachts in der Heilbronner
City einen Betrunkenen überfallen und ausgeraubt zu haben.
Es geschieht in der Nacht zum
7. August 2002. Nach ausgiebigem
Zechen auf dem Unterländer Volksfest machen sich der 21-Jährige, der
25-Jährige und der 28-Jährige nach
eigenen Aussagen zu Fuß auf den
Weg in die Innenstadt, um anderswo weiterzutrinken. Bis in der Fleinerstraße etwas passiert, was jetzt
vor der Jugendkammer des Heilbronner Landgerichts als schwerer
Raub angeklagt ist – und was nach
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den Worten der Angeklagten mit einem versehentlichen Zusammenstoßen begonnen haben soll.
„Das kann man sich schlecht vorstellen, dass man nachts um eins auf
der Fleinerstraße versehentlich jemanden anrempelt“, lässt der Vorsitzende Richter seine Zweifel an
den Aussagen anklingen. „Ich gehe
hier seit 30 Jahren durch die Stadt
und bin noch nie mit jemandem zusammengestoßen.“
Ob nun im wörtlichen oder im
übertragenen Sinn, jedenfalls stößt
der 25-Jährige mit einem alkoholisierten 32-jährigen Passanten zusammen, wird – so sagt er – von ihm
beschimpft, rastet aus und schlägt
ihn zusammen. Als das 1,90 Meter
große Opfer am Boden liegt, „habe
ich seine ausgebeulte Gesäßtasche
gesehen, ihm den Geldbeutel daraus entfernt und in meine gesteckt“, sagt der 21-Jährige. Er rennt
weg, wird vom Opfer verfolgt, eingeholt und an eine Wand gedrückt.
Da kommen die beiden anderen zu
Hilfe, und der 32-Jährige wird ein
zweites Mal niedergeschlagen. Seinen Personalausweis wirft ihm der
21-Jährige noch zu, dann verschwinden die drei Männer Richtung Bahnhof, wo sie von der Polizei festgenommen werden.
Den Elektroschocker, der bei der
Tat laut Anklage eine Rolle gespielt
haben könnte und der in der Tasche
des 25-Jährigen gefunden wurde,
will keiner besessen haben. „Weil
mit dem Geldbeutel seine Taschen
so ausgebeult waren, wollte er, dass
ich den Elektroschocker nehme“,
sagt der 25-Jährige über den 21-Jährigen. „Ich habe den Elektroschocker das erste Mal gesehen, als die
Polizei uns die Taschen geleert hat“,
sagt der 21-Jährige. Ein Urteil wird
am Montag erwartet.
Wirkung auf den Organismus
Elektroschocker:
waffenscheinfrei
Ein Elektroschocker ist ein batteriebetriebenes Gerät, das – laut
Packungsaufschrift zu Verteidigungszwecken – im Heilbronner
Fachhandel für rund 100 Euro zu
haben ist. Einen Waffenschein
benötigt man nicht, muss aber
mindestens 18 Jahre alt sein.
Auf Knopfdruck baut sich zwischen zwei frei liegenden Elektroden am vorderen Ende des
Schockers Strom auf, der als Pratzeln hör- und als Blitze sichtbar
ist. Es wird eine hohe Spannung
erzeugt (bis zu 200 000 Volt),
aber wenig Strom (Milli-Am-
pere). Bei Körperkontakt, auch
durch die Kleidung, entlädt sich
der Strom in den Körper. „Hochspannung“, heißt es auf der Packung, „verursacht schon bei
flüchtiger Berührung Schock
und unerträgliche Schmerzen.“
Ziel ist, einen Angreifer durch
vorübergehende
Muskellähmung handlungsunfähig zu machen. Es kann dem Betroffenen
die Beine wegreißen. Laut Hersteller bleiben keine bleibenden
Schäden zurück.
Die Polizei hält von Elektroschockern als Verteidigungsmittel „grundsätzlich nichts“, sagt
Selbstverteidigungstrainer Rainer Köller. Das Gerät erfordere
große Konzentration und verschaffe ein „trügerisches Sicherheitsgefühl“. (ff)
Das Heilbronner Rathaus darf
sich auf einen heißen Frühling
einstellen. Sparen ist angesagt.
Und wenn’s ans Eingemachte
geht, werden selbst müde Bürger wach, Initiativen schießen
wie Pilze aus dem Boden, Interessengruppe wittern Morgenluft. Oberbürgermeister Helmut
Himmelsbach ahnt wohl, was
auf ihn zukommt. Wer immer
ihn auf konkrete Sparmaßnahmen anspricht, bekommt zur
Antwort: Vorschläge gibt es viele, aber erst wenn die Meinungsbildung abgeschlossen ist,
werde ich Ende Februar entscheiden, was in den Gemeinderat kommt – und damit
zwangsläufig öffentlich wird.
Weniger scheu zeigt sich inzwischen Finanzdezernentin
Margret Mergen. Erstmals ließ
sie gestern durchsickern, was
Sparen für sie heißen könnte:
Braucht Heilbronn bei 3,5 Millionen Euro Miesen allein im
Bäderbereich zwei Freibäder?
Überhaupt: Brauchen Stadtteile
solche Einrichtungen? Und:
„Ich sehe nicht ein, warum
HEC-Fans ihr Auto kostenlos im
Parkhaus abstellen dürfen.“ Die
Finanzchefin sagte das nicht etwa am Stammtisch, sondern
ganz offiziell auf einer Pressekonferenz. Das Spiel kann also
beginnen. Mal sehen welche
Position die Stadträte dabei einnehmen. Noch vor dem offiziellen Anpfiff, darf sich der Bürger
ausmalen, was auf ihn zukommt. – Und vorsichtshalber
schon mal darauf reagieren.
Kilian Krauth
In Neuenstadter Supermarkt
Räuber fesselt
drei Frauen
Tatort eines Raubüberfalls wurde
am Mittwochabend ein Neuenstadter Supermarkt. Als die Filialleiterin
gegen 20 Uhr die Kundentür geschlossen hatte und mit einer Mitarbeiterin im Büro die Tageseinnahmen abrechnen wollte, stand
plötzlich ein Mann im Raum. Der
Unbekannte, der sich vermutlich
unbemerkt hatte einschließen lassen, hielt in jeder Hand eine Pistole
und bedrohte die Frauen. Einer Reinemachefrau und der Mitarbeiterin
der Filialleiterin wurden die Hände
auf den Rücken gefesselt, die
Frauen mussten sich auf den Boden
legen. Die Filialleiterin wurde gezwungen, das Papiergeld aus der
Tageskasse in eine Plastiktüte zu legen, das Münzgeld in eine Stofftüte. Dann fesselte der Täter auch
sie und flüchtete in einem dunkelroten Auto mit Künzelsauer Kennzeichen. Hinweise an die Kripo, Telefon 07131/ 104-2077. (red)
Kreis und Stadt: Warum es im Heilbronner Landratsamt zwei Kfz-Zulassungsstellen gibt
Betriebsratschef Heil tritt zurück
HN, eine Zwei-Klassen-Gesellschaft
Streit um die
Kontec-Zukunft
Von Helmut Buchholz
Dass es für die Stadt und den
Landkreis Heilbronn je eine KfzZulassungsstelle gibt, ist schwer
zu verstehen. Doch gegen eine Zusammenlegung spricht nicht nur
der kaum zu ändernde Zuschnitt
der Zulassungsbezirke. Die Landkreisbewohner müssten auch mit
höheren Versicherungsprämien
rechnen, weil die Städter mehr
Autounfälle bauen.
Die Kundentheken im Heilbronner Landratsamt liegen zwar nur ein
paar Meter voneinander entfernt,
doch wer vom Landkreis in die Stadt
Heilbronn zieht und sein Auto ummelden will, wird genauso behandelt, wie wenn er von Flensburg
nach Oberammergau zöge. Obwohl
Landkreisbewohner wie Städter
„HN“-Kennzeichen bekommen.
Warum Heilbronn und der Kreis
kein einig Zulassungsland ist, ist
zwar schwer nachvollziehbar, hat
aber seine guten Gründe. Dagegen
steht zunächst einmal das Bundesrecht. Genauer: die StraßenverZwei Nummern, zwei Kfz-Zulassungsstellen, ein „HN“: Eine Fusion der Ämter kehrszulassungsordnung. In ihr
spart Geld, scheitert aber nicht nur an der Rechtslage. (Foto: Helge Kempf) sind alle 444 Zulassungsbezirke der
Republik voneinander abgegrenzt.
In ihr gibt es auch eine Grenze zwischen der Stadt und dem Landkreis
Heilbronn. Nun könnte die Käthchenstadt ja dem Landratsamt den
Auftrag zur Zulassung erteilen.
Dann gäbe es nur noch eine Theke.
Bisher logiert Heilbronn mit seinem Zulassungspersonal beim
Landratsamt nur zur Untermiete.
„Doch davon versprechen wir uns
nicht die großen Einsparpotenziale“, erklärt Konrad Keicher vom
Heilbronner bauen öfters
Unfälle und zahlen mehr
Heilbronner Personal- und Organisationsamt. Mehr noch: Die Kommune müsste den Auftrag mit einer
so genannten Rechtsverordnung legitimieren. Das wäre ein aufwändiger Verwaltungsakt.
Neben den rechtlichen Hürden
gäbe es auch noch ein zweites Hindernis aus dem Weg zu räumen: die
unterschiedlich hohen Versicherungsprämien. Stadt und Landkreis
haben jeweils eigene Regionalklassen in der Kfz-Haftpflicht. Der
Grund: Die Autofahrer, die in der
Stadt wohnen, bauen öfter Unfälle
mit höheren Schäden als im Landkreis.
Ein Beispiel: Ein Leingartener
muss für einen neuen Audi A 3 1,9
TDI pro Jahr 520 Euro HaftpflichtPrämie zahlen (HDI-Versicherung,
bei 100 Prozent). Würde er ein paar
Straßen weiter hinter dem Heilbronner Ortsschild wohnen, wär’s
50 Euro teurer.
Im Klartext heißt das: Heilbronner würden von einer gemeinsamen
Regionalklasse profitieren, Landkreis-Heilbronner verlieren. Prinzipiell stellen sich die Assekuranzen
nicht gegen eine Zusammenlegung
der Bezirke und Regionalklassen,
sagt Klaus Brandensteiner, Pressesprecher der deutschen Versicherer.
Denn: „Dass man sein Auto ummelden muss, wenn man eine Straße
weiter zieht, versteht kein Mensch.“
Bei ganz kleinen Kreisen mit geringer Verkehrsdichte sei die Fusion
der Bezirke schon übliche Praxis. In
Aachen habe man die Bezirke auch
zusammengelegt und eine Klasse
gebildet – nach harten politischen
Grabenkämpfen zwischen der Stadt
und dem Landkreis Aachen.
Darf der Betriebsrat mitbestimmen? Im Poker um die Zukunft der
Möckmühler Kontec-Werkzeugbau
GmbH gibt es heftig Streit zwischen
dem vorläufigen Insolvenzverwalter Karl-Heinz Branz und dem Gewerkschafter Ahmed Karademir.
Der Betriebsratsvorsitzende Werner
Heil hat deswegen bei der Betriebsversammlung gestern sogar sein
Amt niedergelegt.
Ein potenzieller Übernehmer hat
laut Branz nur Interesse, wenn er
40 der verbliebenen knapp 80 Leute
für eine Weiterführung selbst auswählen kann. Der IG-Metall-Sekretär Karademir deutet zwar an, dass
er an einer sozial- wie fachbezogenen Auswahl mitwirken würde, beharrt aber weiterhin auf die gesetzlich verbriefte Mitbestimmung.
Wegen dieser Haltung droht laut
Branz jetzt das endgültige Aus für
die im Zusammenhang mit der dubiosen Übernahme durch die Berliner Axo Group Pleite gegangenen
Werkzeugbaufirma (wie berichtetet). Bereits in der nächsten Woche
sollen die Mitarbeiter freigestellt
werden, falls es zu keiner Lösung
des Streits kommt. (mfd)