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ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAG E S F R AG E N ZEITSCHRIFT FÜR ENERGIEWIRTSCHAFT · RECHT · TECHNIK UND UMWELT ONLINE · 2015 ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAG E S F R AG E N STRATEGIE ZUKUNFT ERFOLG WIE ZUKUNFTSORIENTIERT SIND DEUTSCHE EVU? FIT FÜR DIE NÄCHSTE PHASE DER ENERGIEWENDE NEUE GESCHÄFTSMODELLE FÜR NEUE ENERGIE ET -JA HR ES SP EC IA L Neue Energien für Deutschland Wir transportieren die neuen Energien TenneT sorgt für die sichere Übertragung von Strom. Wir bringen den Ausbau des Stromnetzes voran und schließen bereits jetzt den Großteil der OffshoreWindenergie an. Wir stellen uns der großen Aufgabe TenneT schließt über 7.000 Megawatt Windenergie aus der Nordsee an das Stromnetz an. An Land arbeiten wir bereits an mehr als 2.000 Kilometern neuer Leitungen. In den nächsten zehn Jahren bauen wir unser Netz weiter aus, der Gesetzgeber gibt uns den Weg vor. Als größter Investor der Energiewende ist es unser Ziel, die Versorgungssicherheit auch im neuen Energiezeitalter zu gewährleisten. Wir freuen uns, die Energiewende voranzubringen. Erfahren Sie, was wir für Deutschland tun: www.tennet-netzausbau.de EDITORIAL CHANCEN IN ERFOLGE VERWANDELN Liebe Leserin, lieber Leser, eines dürfte heute im Bereich EVU-Vertrieb klar sein. So wie bisher geht es nicht weiter. Mit dem Energieverkauf und ein paar Beratungsleistungen wird man in der Zukunft nicht weit kommen. Das alte Geschäftsmodell steht schon länger auf dem Prüfstand. Es gilt, die dezentrale Energieproduktionswelt mit vielen neuen Akteuren und daraus resultierendem Systemintegrationsbedarf in dem Sinne zu bearbeiten, dass sowohl der Kunde bei seiner Eigenproduktion und in der Vermarktung von Überschüssen unterstützt, als auch Wertvolles für die Balance des Stromsystems geleistet wird. Aber nicht nur das, ebenso kommt es darauf an, gemeinsam mit dem Kunden Sektorgrenzen zwischen Strom, Wärme und Verkehr (Wärmepumpen, Mikro-KWK und Elektromobilität) zu überschreiten und auch dabei etwas für die Systembalance zu tun. Wenn daraus Geschäftsfälle entwickelt werden können, ist die Bewirtschaftung der Energiewende gelungen. Im vorliegenden online-Special haben wir eine kleine Auswahl von in diesem Jahr in der „et“ erschienenen Artikeln zusammengestellt, die paradigmatische Bausteine dafür liefern. Es startet mit mit der Vorstellung eines zentralen Instruments des Strategischen Managements (Corporate Foresight) und schließt mit Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Geschäftsmodelle einer öffentlichen Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge. Dazwischen wird in verschiedenen Beiträgen gezeigt, wie über die Digitalisierung erfolgversprechende Geschäftsprozesse entwickelt werden können. Hierfür gibt es jedoch keine Blaupause. Jedes Unternehmen wird sein individuelles Modell kreieren und ans Laufen bringen müssen. Dabei wird es nicht alles selbst machen, sondern passende Partner suchen. Bei alldem sind Stringenz und Schnelligkeit Trumpf. Eine interessante Lektüre wünscht Ihnen Franz Lamprecht Chefredakteur „et“ INHALTSVERZEICHNIS STRATEGIE & MANAGEMENT Bernd Eggers und Christian Buske Corporate Foresight: Wie zukunftsforientiert sind deutsche EVU? 2 Christian Growitsch et al. Die Energiewirtschaft im Wandel – Herausforderungen und Strategien der Energieversorgungsunternehmen 8 Cem Misirlioglu Organisatorische Innovationen: Anpassungsnotwendigkeit der EVU an den liberalisierten Markt 12 BEWIRTSCHAFTUNG DER ENERGIEWENDE Thomas Weishaupt Neue Geschäftsmodelle für neue Energie 18 Stephan Franz Fit für die nächste Phase der Energiewende: Durch Speicher und Digitalisierung erfolgreiche Geschäftsmodelle finden 22 Roberto Greening Neue Generation virtueller Kraftwerke ebnet Stadtwerken den Weg 25 Michael Haag und Andrej Cacilo Geschäftsmodelle öffentlicher Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge 28 Impressum ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 32 1 STRATEGIE & MANAGEMENT Corporate Foresight: Wie zukunftsorientiert sind deutsche EVU? Bernd Eggers und Christian Buske Branchenübergreifend streben Unternehmen danach, ihre zukünftige Entwicklung und Tätigkeitsschwerpunkte strategisch zu planen. Entsprechend hat sich in den letzten Jahren das Strategische Management als Konzept etabliert, welchem insbesondere in dynamischen Marktumfeldern eine außerordentliche Bedeutung zugesprochen wird. Corporate Foresight (CF) als ein zentrales Instrument des Strategischen Managements dient der Vorbereitung von Entscheidungsträgern auf eine ungewisse Zukunft und kann entsprechend als die Intensität, mit der Unternehmen sich mit der Zukunft auseinandersetzen, verstanden werden. Eine aktuelle Studie liefert erste Erkenntnisse zum Einsatz von CF in Energieversorgungsunternehmen (EVU). Zur Bewältigung von Diskontinuitäten in einem turbulenten Marktumfeld haben Unternehmen verschiedene Handlungsoptionen: Entweder können sie nach dem Eintreten einer Umweltveränderung dieser mit einem effektiven Ad-Hoc-Management begegnen oder frühzeitig versuchen präventiv und antizipativ Chancen und Gefahren zu erkennen und entsprechend hierauf zu reagieren. Der zweite Ansatz wird in der Management-Literatur als erfolgsversprechender angesehen [1]. Vor dem Hintergrund der Energiewende erscheint das Strategische Management geradezu ideal auf die Energiebranche zugeschnitten zu sein, da mit diesem Konzept das Unternehmensziel, eine zukunftsweisende Unternehmensstrategie zu erarbeiten und umzusetzen, verfolgt wird. Ein Schwerpunkt ist hierbei die vorausschauende Umfeld- und Unternehmensanalyse. An dieser Stelle verschmelzen die Konzepte des Strategischen Managements mit dem des CF [2], das an die Idee der „Weak Signals“ von Ansoff sowie der Strategischen Frühaufklärung anschließt. Insbesondere birgt CF das Potenzial, die vielfältigen Marktwechselwirkungen der Energiebranche zu analysieren, um darauf aufbauend einen Beitrag zur strategischen Zukunftsausrichtung von EVU zu leisten [3]. Aktuelle Studien zeigen, dass die meisten EVU in Anbetracht dieser Unsicherheiten und Herausforderungen bisher kaum klare Zukunftsstrategien gefunden haben und sich dies zu einer bedrohlichen oder sogar existenzgefährdenden Situation entwickeln kann [4]. Repräsentative Befragung Im Rahmen einer Studie der SteinbeisHochschule Berlin zur CF-Reife von deut2 schen EVU konnten 100 EVU für eine telefonische Befragung gewonnen werden. Bei der nachgelagerten Fallstudie wurden 18 EVU genauer analysiert. Telefonisch befragt wurden klassische deutsche Stadtwerke. Die Großen Vier (E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall Europe) wurden aufgrund ihrer vielfältigen Besonderheiten nicht berücksichtigt. Von den 100 teilnehmenden EVU beschäftigen 53 EVU weniger als 100, 34 EVU zwischen 101 und 500 und 12 EVU mehr als 500 Mitarbeiter. Die teilnehmenden EVU spiegeln somit eine repräsentative Auswahl der Grundgesamtheit der Energiebranche wider [5]. Interviewpartner bei beiden Studien waren überwiegend leitende Mitarbeiter oder Mitglieder der Geschäftsführung bzw. des Vorstands. Bei der telefonischen Datenerhebung wurde Kontakt zu Ansprechpartnern aufgenommen, die angaben, sich intensiv mit der Zukunft ihres EVU auseinanderzusetzen. 57 % der Teilnehmer waren organisatorisch dem Vertrieb bzw. Marketing und jeweils 11 % der Innovations-/Zukunftseinheit oder der Strategieeinheit zugeordnet. Die restlichen 5 % gaben unterschiedliche Zuordnungsbereiche wie Controlling, IT oder Öffentlichkeitsarbeit an. Bei der vertiefenden Fallstudie wurden 18 Ansprechpartner persönlich interviewt und weitere Dokumente (Geschäftsberichte, Unternehmensinformationen) ausgewertet. Aufbauorganisation von Corporate Foresight 65 % der EVU beschäftigen sich regelmäßig mit der Zukunftsausrichtung ihres Unternehmens, 51 EVU haben diese Tätigkeit da- bei fest an spezielle Mitarbeiter übertragen. Davon führen 37 EVU CF in Projektgruppen durch; die Projektrealisierung findet dabei zumeist in Einzelprojekten oder zeitlich begrenzten Projektgruppen statt. In weiteren 24 EVU bestehen feste Einheiten, welche zumeist in Teams oder Abteilungen, sowie vereinzelt in Stabstellen, organisiert sind. Die Anzahl der sich mit der Zukunftsorientierung beschäftigenden Mitarbeiter ist in hohem Maße von der Unternehmensgröße abhängig. Bei EVU mit mehr als 1 000 Mitarbeitern befassen sich teilweise mehr als 20 Mitarbeiter schwerpunktmäßig mit der Zukunftsorientierung, die meisten kleinen Unternehmen hingegen beschäftigen keine eigenen CF-Mitarbeiter. Im Schnitt befassen sich drei bis fünf Mitarbeiter mit der Gestaltung der Zukunft. Einige EVU nutzen zudem die Dienstleistungen und das Know-how von Stadtwerkekooperationen. Die ergebnisorientierte Beschäftigung mit der Zukunft findet bei mehr als der Hälfte der EVU erst seit weniger als 10 Jahren statt. Entsprechend kann eine Bedeutungszunahme von CF seit der Liberalisierung bestätigt werden. Gründe, sich mit der Zukunft auseinanderzusetzen, wurden in beiden Studien auf den im Zuge der Liberalisierung des Energiemarktes stattfindenden Wandel und den daraus resultierenden Wettbewerbsdruck sowie die angespannte wirtschaftliche Lage zurückgeführt. Dies legt nahe, dass der externe Kontext einen Einfluss auf die CF-Reife aufweist. Zudem wurde auch das Top-Management als Auslöser, zumeist nach einem Führungswechsel, genannt. 13 EVU gaben an, sich auch ohne konkreten Auslöser aktiv mit der Zukunft auseinanderzusetzen. ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 STRATEGIE & MANAGEMENT gender Fragestellung und Antwortmöglichkeiten erhoben wurde: ■ „Wie schätzen Sie die weitere Verwendung der Ergebnisse aus den Projektgruppen/CF-Einheiten ein?“ ■ Level 1: „keine Verknüpfung mit Folgeprozessen“; ■ Level 2: „Unregelmäßige Berücksichtigung bei unterschiedlichen Projektplanungen“; ■ Level 3: „Regelmäßige Berücksichtigung bei unterschiedlichen Projektplanungen“; ■ Level 4: „Direkte Anbindung an die Unternehmensentwicklung über definierte Prozesse“. Abb. 1 Dimensionen und Indikatoren des CF-Reifegradmodells Messung des Reifegrades der Zukunftsorientierung Um Aussagen über den CF-Reifegrad von EVU treffen zu können, wurde in einem ersten Arbeitsschritt ein Modell für die Messung des CF-Reifegrads von EVU adaptiert und auf dessen Validität und Reliabilität überprüft [6]. Die Beurteilung des CF-Reifegrades von EVU basiert auf fünf Dimensionen mit insgesamt 18 Indikatoren, wie Abb. 1 zeigt. Nach dem Eliminieren von zwei Indikatoren erweist sich das Modell nach statistischer Analyse mittels einer konfirmatorischen Faktorenanalyse als reli- abel und valide. Entsprechend ist das modifizierte CF-Reifegradmodell zur Beurteilung der Zukunftsreife von EVU geeignet, dessen Plausibilität auch die Fallstudienteilnehmer bestätigten. Zur Operationalisierung wurden alle Indikatoren auf einer vierstufigen Skala qualitativ beschrieben. Level eins ist dabei mit „schwach“ oder „rudimentär“, Level zwei mit „fortgeschritten“, Level drei mit „guter Reife“ und Level vier mit „Best-Practice“ gleichzusetzen. Zur Erläuterung soll hier beispielhaft der Indikator „Integration in andere Prozesse“ dienen, der anhand fol- Durch das CF-Reifegradmodell ist die Bestimmung eines individuellen CF-Reifegrades möglich. Auch kann ein Benchmarking zu anderen EVU realisiert werden. Auf Basis der qualitativ beschriebenen Level-Ausprägungen können die EVU direkt Optimierungshinweise für ihre CF-Reife ableiten. Lücke zwischen Notwendigkeit und praktischer Umsetzung Während die Beschäftigung mit zukunftsrelevanten Themen als sehr relevant eingeschätzt wird (83 Nennungen), spiegelt sich diese Beurteilung nur bedingt im durchschnittlichen CF-Reifegrad wieder. In der THE POWER OF ELECTRIFYING IDEAS. Power-to-Heat die effiziente Lösung: CSN® Hochleistungs-Erhitzer bis zu 10 MW bei Spannungen von 400 bis 1100 V auch als Komplettsystem mit Transformatoren und Schaltanlagen Schniewindt GmbH & Co. KG 58809 Neuenrade Anzeige_CSN-Hochleistungs-Erhitzer_185x66_190214.indd 1 ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 Tel.: +49 2392 692 - 0 www.schniewindt.de 21.02.14 09:33 3 STRATEGIE & MANAGEMENT Tab.: Durchschnittlicher Reifegrad je Dimension von EVU Dimension Mittelwert Standardabweichung Prozesse und Struktur 2,13 0,95 Informationsnutzung 2,25 0,50 Akteure und Netzwerke 2,65 0,81 Methodenspektrum 2,35 0,71 Kultur 2,75 0,70 Gesamt (n:100) 2,42 0,70 Tabelle ist der empirische Reifegrad pro Dimension aufgeführt. Die CF-Reife von deutschen EVU zeigt sich auf einem moderat ausgeprägten Niveau. „Prozesse und Strukturen“ sind am schwächsten ausgeprägt; unter anderem ist dies darauf zurückzuführen, dass viele zumeist kleinere EVU aufgrund fehlender Ressourcen nur eingeschränkte Möglichkeiten haben, sich strukturiert mit der Zukunft zu befassen. Auch konnte allgemein eine schwache formale Kommunikation von Zukunftserkenntnissen (Mittelwert 1,67, Standardabweichung 0,78) identifiziert werden. Obwohl die EVU zunehmend die Notwendigkeit einer breiten Umfeldanalyse (Indikator Analysetiefe: Mittelwert 3,01, Standardabweichung 0,56) erkennen und auch das erweiterte Geschäftsumfeld vermehrt scannen bzw. monitoren, ist die „Informationsnutzung“ ebenfalls schwach ausgeprägt. Eine Ursache hierfür liegt in der geringen Anzahl der Informationsquellen, die bei der Analysephase von CF ihre Anwendung finden. Durchschnittlich gaben die Befragungsteilnehmer lediglich 3,9 Informationsquellen an. Auch ist der Zeithorizont, mit dem die EVU die Zukunft planen, sehr stark von der kurz(90 Nennungen, Zeithorizont 1-3 Jahre) bis mittelfristigen (39 Nennungen, Zeithorizont 3-5 Jahre) operativen Wirtschaftsplanung geprägt. Die Dimension „Kultur“ weist mit einem Wert von 2,75 die höchste Ausprägung auf. Insbesondere kleinere EVU können hierdurch einige Defizite in den strukturellen Dimensionen kompensieren. Bei der nachgelagerten Diskussion im Rahmen der Fallstudie konnten zwar sieben von 18 Befragten diese Ergebnisse durchaus nachvollziehen, bemerkenswert ist jedoch, dass sechs Interviewpartner die CF-Reife als zu positiv bewertet eingestuft haben. Weitere fünf argumentierten, dass die Ener4 giebranche insgesamt wenig zukunftsorientiert aufgestellt sei und nach einer Perspektive suche. Insofern bestätigt auch diese Studie erneut die schon seit vielen Jahren beschriebene Lücke zwischen wissenschaftlich begründeter Notwendigkeit von CF und praktischer Umsetzung [7]. Gestaltungshinweise zur Erhöhung der CF-Reife Im Rahmen der multiplen Fallstudie wurden Maßnahmen zur Reduzierung der geschilderten Defizite diskutiert, welche in die nachfolgenden Gestaltungshinweise eingeflossen sind. Struktur des CF-Prozesses Die durchgeführte Prozessanalyse im Rahmen der Fallstudie zeigt auf, dass lediglich bei einem EVU ein strukturierter CF-Prozess realisiert wird. Dieser Best-Practice-Prozess beinhaltet das Scannen sowohl des nahen, als auch des entfernten Geschäftsumfelds: Als relevant identifizierte Zukunftsthemen werden anhand definierter Kriterien ausgewählt und im weiteren Verlauf intensiv analysiert. In sehr unterschiedlicher Intensität und anhand verschiedenster Organisationsformen setzten sich aber auch nahezu alle weiteren EVU mit der Zukunft auseinander. Für eine praktikable Umsetzung von CF sollten auf oberster Führungsebene turnusmäßig Meetings zur strategischen Zukunftsausrichtung stattfinden. Hierin sollten wiederum explizit Zukunftsthemen, die von den eigenen Führungskräften einzubringen sind, diskutiert werden. Bei der Bearbeitung von konkretisierten Themenfeldern bieten sich, nach Einschätzung der Fallstudienteilnehmer, Arbeitsgruppen mit heterogener Zusammensetzung an, welche relevante Meilensteine mit einem Lenkungskreis abstimmen. Externe Berater können sowohl bei der Themenfin- dung als auch bei der Umsetzung unterstützen. Insgesamt sehen Branchenexperten die Umsetzung der identifizierten Themen in besonderem Maße als erfolgskritisch an. Insbesondere größere EVU laufen dabei Gefahr, an einem „Bereichsdenken“ zu scheitern. Formale Kommunikation In der telefonischen Breitenbefragung offenbarte sich eine unbefriedigende formale Kommunikation von Zukunftserkenntnissen innerhalb des Unternehmens. Konkret ist bei diesem Indikator das häufige Fehlen einer Rückkopplungsmöglichkeit zu bemängeln. Gleichzeitig wurde die herausragende Bedeutung der formalen Kommunikation über Strategie- und Zukunftsthemen bei den Fallstudieninterviews betont. Eine persönliche Einbeziehung der Mitarbeiter in kleinen Teamrunden oder speziellen Workshops ist dabei größeren (Betriebs-)Versammlungen vorzuziehen, da bei letzteren Rückmeldungen nur eingeschränkt möglich sind. Turnusmäßige Newsletter, regelmäßig aktualisierte Intranet-Beiträge oder auch Plakataktionen können zudem den Informationsfluss gewährleisten oder die persönliche Kommunikation unterstützen. Informationsquellen Durchschnittlich wenden EVU 3,9 unterschiedliche Informationsquellen bei der Bearbeitung von Zukunftsthemen an, was von den Fallstudienteilnehmern als eine sehr geringe Anzahl eingestuft wurde. EVU sollten bestrebt sein, die Anzahl der zur Verfügung stehenden Informationsquellen zu erweitern. Exklusive Informationsquellen, wie persönliche Netzwerke oder der Kontakt zu Kunden (auch über einen kanalisierten Informationsfluss der Vertriebsmitarbeiter), kommt dabei eine besondere strategische Bedeutung zu. Der Blick in andere Branchen und eine gute Informationsautomatisierung/-filterung (Newsletter, Arbeitskreise, Google-Alerts) werden ebenfalls als hilfreich eingeschätzt. Zeithorizont EVU wenden überwiegend einen kurz- bis mittelfristigen Planungshorizont an, der sich stark an dem Rahmen der Wirtschafts- ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 STRATEGIE & MANAGEMENT planung orientiert. CF als Konzept ist auf einen langfristigen Zeithorizont ausgelegt und empfiehlt eine Integration weiterer Zeithorizonte, was nur vereinzelt von EVU umgesetzt wird. In der Diskussion mit den Fallstudienteilnehmern wurde deutlich, dass diese mehrheitlich einen zweistufigen Planungshorizont fordern. Wünschenswert ist eine Langfriststrategie/-vision (z. B. auf Basis von Szenarien), die in einer kurz- bis mittelfristigen operativen Wirtschaftsplanung operationalisiert wird. Dilemma zwischen Planung und disruptiver Energiepolitik In der telefonischen Befragung wurde auch der Einfluss externer und interner Kontextfaktoren erhoben. Die unbeständige Energiepolitik und -gesetzgebung sowie die daraus resultierende unternehmerische Unsicherheit werden in hohem Maße als unbefriedigend empfunden. Während das langfristige Ziel der europäischen Energiepolitik durchaus als beständig eingeschätzt wird, gefährden gesetzlich geänderte Parameter (bspw. EEG-Fördersätze) die Wirtschaftlichkeit diverser Investitionsprojekte. Aus der Diskussion mit den Fallstudienteilnehmern zum Umgang mit diesem Di- lemma kann folgender Gestaltungshinweis abgeleitet werden: Ein intensives Monitoren (oder Gestalten) der Energiepolitik und der relevanten Gesetzesentwürfe auf EUund Bundesebene ist (z. B. über Verbände oder Kanzleien) anzustreben. Das eigene Unternehmen soll darauf vorbereitet sein, schnell und flexibel auf Veränderungen zu reagieren. Dies kann durch vorgedachte Handlungsalternativen oder Szenarien unterstützt werden. Innovationsorientierung im Management Die CF-Reife wird aber nicht nur vom externen Kontext, sondern in hohem Maße auch von unternehmensspezifischen Faktoren beeinflusst. Neben der Unternehmensgröße konnten vor allem die Innovationsorientierung und die Unterstützung des Top Managements als relevante Einflussgrößen identifiziert werden. So erfahren EVU einen „CF-Schub“, wenn die oberste Führungsebene bei gelebter Vorbildfunktion und persönlichem, zeitlichen Invest dafür Sorge trägt, eine offene (fehlertolerierende) und innovationsfördernde Unternehmenskultur zu etablieren. Im Arbeitsalltag sind dabei Freiräume und ein Know-howTransfer einzuräumen und eine systematische Bearbeitung von Ideen zu fördern. Sicherung des Unternehmensfortbestands In der wissenschaftlichen Literatur wird ein vielfältiger Nutzen von CF beschrieben. Häufig wird CF eine strategische Unterstützungsfunktion zugesprochen, z. B. beim Aufbau von Orientierungswissen oder dem Vorbereiten von strategischen Entscheidungen [8]. In beiden empirischen Studien leiteten die Teilnehmer aus der Beschäftigung mit der Zukunft überraschend intensive Vorteile für ihr Unternehmen ab. So nannten die Fallstudienteilnehmer am häufigsten die Sicherung des Unternehmensfortbestandes, den Erhalt von Arbeitsplätzen oder die Entdeckung neuer Geschäftsfelder zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen als Nutzen durch CF. Aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive wird intensiv diskutiert, welchen Zusammenhang zwischen „dynamic capabilities“, denen auch CF zuzuordnen ist, und dem Unternehmenserfolg besteht [9]. In der regressionsstatistischen Auswertung der Befragungsergebnisse konnte kein direkter Zusammenhang zwischen dem CF-Reifegrad und dem wahrgenommenen Impact aus der Zukunftsorientierung nachgewiesen werden. Die Erkenntnisse dieser Studie stützen somit trotz des sehr hohen wahrgenommenen Nutzens von CF die Sichtweisen eines indirekten bzw. nicht zwingenden Zusammenhangs [10]. Druck_AZ_210x79mm_AZ_E.ON_210x79mm 19.11.15 12:13 Seite 1 Smart Meter Rollout und Gateway Administration: Eine Frage des richtigen Partners. Wir entlasten Sie gern. Kompetent, effizient, individuell. www.eon-metering.com ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 5 STRATEGIE & MANAGEMENT [4] Baier, J.; Klodwig, L.; Klose, F.: Energiewirtschaft 2.0. Perspektiven für regionale Energieversorger. München, 2011; Miolo, A.; Stucker, J.; Müller, R.; Grundler, J.; Anner, T.: Elektrizitätswerke-Studie 2012. Düsseldorf, 2012; Paul, U.: Transformationsprozess in der Energiewirtschaft. In: Insights, 10.2.2011, S. 19-27. [5] Buske, C. und Kreutzer, K.: Energiemarktreport 2014. Heidelberg und München 2014. [6] Rohrbeck, R.: Corporate Foresight. Towards a maturity model for the future orientation of a firm. Heidelberg und London 2011; [7] Krystek, U.: Strategische Früherkennung. In: Controlling & Management (Sonderheft 2), 2007, S. 50-58; Eggers, B. und Eickhoff, M.: Instrumente des strategischen Controlling. Wiesbaden 1996. Abb. 2 Auszug Zukunftsthemenfelder von EVU (n: 18), Mehrfachnennung möglich [8] Calof, J.; Miller, R.; Jackson, M.: Towards impactful foresight: viewpoints from foresight consultants and academics. In: foresight 14 (1), 2012, S. 82-97; Öner, A. Für die Fallstudienteilnehmer war dieses Ergebnis zunächst überraschend. Als potenzieller Erklärungsansatz, warum der Zusammenhang nicht nachgewiesen werden konnte, wurde ein abnehmender Grenznutzen bei steigender CF-Reife genannt (acht Nennungen). Hat sich ein Unternehmen bisher kaum mit der Zukunft befasst, so kann mit wenig Aufwand ein sehr großer Nutzen abgeleitet werden. Bei einer intensiveren Beschäftigung mit der Zukunft reduziert sich jedoch der zusätzliche Erkenntnisgewinn. Weitere sechs EVU führten retrospektiv an, dass sich strategische Zukunftsthemen aufgrund von Gesetzesänderungen als unwirtschaftlich erwiesen hätten und aufgrund dieser Unsicherheiten entsprechendes Frustrationspotenzial bei der Zukunftsplanung vorhanden sei. Relevante Zukunftsfelder Relevanz dieses Geschäftsfeldes, zudem sind grundlegende Veränderungen wie eine Verstärkung der Onlinemaßnahmen oder die Erweiterung der Wertschöpfung, z. B. im Rahmen von Energiedienstleistungen (EDL), erforderlich. Die Veränderungen der Energieerzeugung mit einer daraus resultierenden fluktuierenden Energieeinspeisung werden insbesondere für den Netzbetrieb als wichtig erachtet. und Beser, S.: Assessment of corporate foresight project results: case of a multinational company in Turkey. In: foresight 13 (2), 2011, S. 49-63. [9] Gruber, M. und Venter, C.: „Die Kunst, die Zukunft zu erfinden“ – Theoretische Erkenntnisse und empirische Befunde zum Einsatz des Corporate Foresight in deutschen Großunternehmen. In: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung 58, 2006, S. 958-984; Barreto, I.: Dynamic Capabilities: A Review of Past Research and an Agenda for the Future. In: Journal of Management 36 (1), 2010, S. 256-280. Netzintelligenz, Smart Grid und Smart Meter sind somit ebenfalls Themenkomplexe, denen eine Bedeutung für die Zukunft zugesprochen wird. Weitere wichtige Themenfelder stellen Speichertechnologien und die Zusammenarbeit in Kooperationen oder Partnerschaften dar. Anmerkungen [10] Ambrosini, V. und Bowman, C.: What are dynamic capabilities and are they a useful construct in strategic management? In: International Journal of Management Reviews 11 (1), 2009, S. 29-49. Prof. Dr. rer. pol. B. Eggers, Lehrstuhl für Integrierte Unternehmensführung und Vertriebsmanagement, C. Buske, Doktorand, Steinbeis-Hochschule, Berlin [email protected] [1] Bea, F. und Haas, J.: Strategisches Management. In der abschließenden Forschungsfrage wurden zentrale Zukunftsthemen und die zukünftig strategisch relevanten Geschäftsfelder von EVU untersucht. Abb. 2 zeigt, dass der dezentralen Energieerzeugung, zumeist in Verbindung mit erneuerbaren Energien, die größte zukünftige Bedeutung zugesprochen wird. Konstanz, 2013; Hamel, G. und Prahalad, C.: Wettlauf um die Zukunft. Wie Sie mit bahnbrechenden Strategien die Kontrolle über Ihre Branche gewinnen und die Märkte von morgen schaffen. Wien 1997; Nick, A.: Wirksamkeit strategischer Frühaufklärung. Eine empirische Untersuchung. Wiesbaden 2008. [2] Müller, A.: Strategic Foresight - Prozesse strategischer Trend- und Zukunftsforschung in Unternehmen. St. Gallen, 2008; Schwarz, J.: Assessing the future of Auch der Energievertrieb beschäftigt EVU in besonderem Maße. Trotz eines erwarteten Mengen- und Margenrückgangs ist insbesondere der direkte Zugang zum Endkunden auch weiterhin von strategischer Bedeutung. Die Hälfte der Befragungsteilnehmer erwartet jedoch eine Abnahme der 6 futures studies in management. In: Futures 40 (3), 2008, S. 237-246; Götz, K. und Wessner, A.: Strategic foresight. Zukunftsorientierung im strategischen Management. Frankfurt u. a. 2010. [3] Bozem, K.: Liberalisierung der Energiewirtschaft. Unternehmensstrategien im Umbruch. Herrsching 2007. ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 Agilität sichert den Erfolg 'LH&KDQFHQGHVVLFKZDQGHOQGHQ(QHUJLHV\VWHPVJH]LHOWQXW]HQ )UGLH6LFKHUXQJHLQHU]XYHUOlVVLJHQHIIL]LHQWHQXQG QDFKKDOWLJHQ6WURPYHUVRUJXQJZLUGHVLPPHUZLFKWLJHU DXIQHXHWHFKQLVFKH$QIRUGHUXQJHQXQG0DUNWWUHQGV IUK]HLWLJ]XUHDJLHUHQ'HU6FKOVVHO]XP(UIROJZLUG GDEHL$JLOLWlWVHLQGLH)lKLJNHLWGDQNXPIDVVHQGHU$XWR PDWLVLHUXQJXQG'LJLWDOLVLHUXQJ*HVFKlIWVSUR]HVVHXQG 5HVVRXUFHQIOH[LEHOGXUFKJlQJLJXQGUHDNWLRQVVFKQHOO ]XKDQGKDEHQ 6LHPHQVELHWHW3URGXNWH/|VXQJHQXQG'LHQVWOHLVWXQJHQ DXVHLQHU+DQGGLHGLHVH$JLOLWlWP|JOLFKPDFKHQ6R ZLUGGHU:DQGHOGHV(QHUJLHV\VWHPVIU1HW]EHWUHLEHU XQG(QHUJLHYHUVRUJHU]XUHFKWHQ&KDQFHGLHYRQGHU /HLWVWHOOHEHUGDV1HW]ELV]XP9HUEUDXFKHUQHXH0|J OLFKNHLWHQIUQDFKKDOWLJHQ(UIROJHU|IIQHW VLHPHQVFRPDJLOLW\LQHQHUJ\ STRATEGIE & MANAGEMENT Die Energiewirtschaft im Wandel – Herausforderungen und Strategien der Energieversorgungsunternehmen Christian Growitsch, Lisa Just, Helena Schweter, Thomas Triebs und Heike Wetzel Die Veränderungen der rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Energiewirtschaft erfordern eine kontinuierliche Anpassung der Strategien der Marktakteure. Eine Befragung der ewi Energy Research & Scenarios gGmbH, des ifo Instituts sowie des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. unter den deutschen Energieversorgungsunternehmen hat gezeigt, dass Unternehmen die aktuelle und zukünftige Ertragslage größtenteils positiv beurteilen, den Auswirkungen gesetzlicher Rahmenbedingungen dagegen mit großer Sorge entgegensehen. Dazu werden Strategieanpassungen in Form von Kooperationen sowie der Aufnahme neuer Geschäftsfelder als notwendig erachtet. Die Energiewirtschaft befindet sich in einem Transformationsprozess hin zu einem zum Großteil auf erneuerbaren Energien basierenden Gesamtsystem. Der politisch forcierte Ausbau erneuerbarer Energien sowie der schrittweise Ausstieg aus der Kernenergie bis 2022 stellen Energieversorgungsunternehmen (EVU) vor neue Herausforderungen. Dies gilt vor allem für diejenigen EVU, die konventionelle Erzeugungsanlagen betreiben, da sich diese durch den Preisverfall an der Strombörse kaum mehr rentabel betreiben lassen [1]. Diese Entwicklung hin zu einer dezentralen und erneuerbaren Erzeugungslandschaft erfordert ein Umdenken der Energieversorger. Die Erschließung neuer Geschäftsfelder kann dabei die Kundenbindung stärken und Potenzial für nachhaltiges Wachstum bieten [2]. Eine Strategieanpassung seitens der EVU scheint vor diesem Hintergrund unvermeidlich, um auf dem Markt bestehen zu können. Untersuchungsgegenstand Um Herausforderungen der EVU sowie Strategien zum Umgang mit den sich ändernden Rahmenbedingungen auf dem Energiemarkt zu analysieren, hat die ewi Energy Research & Scenarios gGmbH (ewi ER&S) gemeinsam mit dem ifo Institut sowie dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) im Frühjahr 2015 eine Befragung der deutschen EVU durchgeführt [3]. Ziel war es, herauszufinden, inwiefern EVU Kooperations-, Spezialisierungs- und Diversifizierungsstrategien verfolgen und Aktivitäten in neuen Geschäftsfeldern aufnehmen. An der Befragung haben sich 353 EVU beteiligt, was einer Rücklaufquote von ca. 20 % entspricht. 8 Kooperationen stellen eine wesentliche Strategie der Energieversorger dar, um den politischen und technischen Herausforderungen der Energiewende zu begegnen moodboard | Fotolia Bei dem Großteil (80 %) der befragten Unternehmen handelt es sich um klassische Querverbundunternehmen, die in den Sparten Strom, Gas, Wasser und Wärme tätig sind [4]. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen hat weniger als 100 Mitarbeiter, während lediglich 8 % der Unternehmen mehr als 1 000 Mitarbeiter beschäftigen. Über 40 % der Unternehmen befinden sich zu 100 % im Besitz der kommunalen Hand, während 20 % der Unternehmen rein private Anteilseigner haben. Es zeigt sich, dass kleine Unternehmen (bis 250 Mio. € Umsatz) überwiegend von der öffentlichen Hand gehalten werden. Bei sehr großen Unternehmen mit einem Umsatz größer 500 Mio. € ist dagegen zu erkennen, dass rein private Unternehmen die Mehr- heit bilden (Abb. 1). Insgesamt ergibt sich somit eine Stichprobe, die sich zum Großteil aus kleinen, kommunalen und in mehreren Wertschöpfungsstufen tätigen Unternehmen zusammensetzt. Aktuelle Lageeinschätzung Veränderungen des Marktumfelds können die Ertragslage von Unternehmen positiv wie negativ beeinflussen. Sowohl für das aktuelle (2014) als auch das zukünftige (2015) Geschäftsjahr hat der Großteil der befragten EVU positive Einschätzungen und Erwartungen über die Ertragslage. Lediglich 18 % der Unternehmen beurteilen ihre aktuelle Ertragslage als schlecht, nur 3 % als sehr schlecht (Abb. 2). ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 STRATEGIE & MANAGEMENT Auch wenn sowohl die aktuelle wie auch die zukünftige Ertragslage von dem Großteil der Unternehmen als positiv beurteilt wird, werden die Auswirkungen aktueller gesetzlicher Rahmenbedingungen mit großer Sorge betrachtet: 54 % der EVU schätzen die Auswirkungen als schlecht und 18 % sogar als sehr schlecht ein. Unsicherheiten sowie erhöhte Risiken für bestehende Tätigkeiten, Strategien und Geschäftsfelder der Unternehmen können hierfür wesentliche Gründe darstellen. Korrespondierend dazu erachten insbesondere die EVU, die ihre Ertragslage als negativ beurteilen, eine Strategieanpassung für notwendig. So halten 56 % der EVU eine starke Anpassung, 17 % sogar eine sehr starke Strategieanpassung für erforderlich. Lediglich 1 % der Unternehmen sieht hierzu keine Notwendigkeit. Insbesondere der politisch forcierte Ausbau erneuerbarer Energien hat das Marktumfeld der EVU in den vergangenen Jahren beeinflusst. Während knapp die Hälfte der Unternehmen keine Auswirkung der steigenden Kapazität erneuerbarer Energien auf ihre Ertragslage erwartet, sehen 37 % der Unternehmen einen (sehr) negativen, 16 % dagegen einen sehr positiven Einfluss auf ihre Ertragslage. Die EVU, die eine negative Auswirkung steigender Kapazitäten erneuerbarer Energien befürchten, halten entsprechend den Bedarf einer Strategieanpassung für erforderlich. Jedoch erachten Unternehmen, die die Auswirkungen erneuerbarer Energien als positiv oder neutral beurteilen, Anpassungen der Strategie ebenso für notwendig. So wollen 89 % der Unternehmen ihre Strategie infolge gestiegener Kapazitäten erneuerbarer Energien anpassen. Nur 11 % der EVU geben an, dass keine oder kaum Anpassungen notwendig seien (Abb. 3). Abb. 2 Abb. 1 Anteil der Unternehmen nach Anteilseigner und Umsatz Strategien der Energieversorgungsunternehmen Mögliche Strategien der EVU, mit den veränderten Rahmenbedingungen umzugehen, reichen von Kooperationen über Spezialisierungs- und Diversifizierungsstrategien bis hin zu der Aufnahme neuer Geschäftsfelder. Um in komplexen Bereichen Know-how optimal zu nutzen, Synergien zu erzielen oder Risiken zu diversifizieren, kann eine Kooperation mit anderen Unternehmen sinnvoll sein, da diese die Eigenständigkeit und, insbesondere im Fall kommunaler Energieversorger, den regionalpolitischen Einfluss wahren [5]. Die institutionelle Ausgestaltung einer Kooperation kann dabei von einer relativ informellen kurzfristigen Zusammenarbeit bis hin zu einem Joint Venture reichen. 76 % der Unternehmen gaben an, im Geschäftsjahr 2014 mit anderen Unternehmen kooperiert zu haben. Dabei ist festzustellen, Einschätzungen der Ertragslage im Geschäftsjahr 2014 (links) und Erwartung der Ertragslage für das Geschäftsjahr 2015 (rechts) ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 Abb. 3 dass Unternehmen, die teilweise oder vollständig in der Hand öffentlicher Anteilseigner sind, häufiger kooperieren als Unternehmen mit rein privaten Anteilseignern. Die Befragung zeigt zudem, dass Kooperationen mit anderen Unternehmen vor allem im Strom- und Gasbereich stattfinden. Insbesondere wird dabei im Bereich der Stromund Gasnetze (44 und 36 %) und damit dem regulierten Teil der Wertschöpfungskette kooperiert. Wenig kooperiert wird hingegen im gesamten Wärme/Kälte- und Wassersektor sowie bei der Speicherung von Gas (Abb. 4). Horizontale Kooperationen im Netzbereich, d. h. Kooperationen auf der gleichen Wertschöpfungsstufe, könnten u. a. mit der hohen regulatorischen Komplexität begründet werden. Durch eine Kooperation im Regulierungsmanagement können möglicherweise die durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) definierten Standards zu Berichtspflichten und deren Umsetzung effizienter erfüllt werden [6]. Ebenso können bspw. Einsparpotenziale Einschätzungen der Auswirkungen der steigenden Kapazität erneuerbarer Energien (links) und Notwendigkeit einer Strategieanpassung (rechts) 9 STRATEGIE & MANAGEMENT Abb. 4 Kooperationen der EVU im Geschäftsjahr 2014 beim gemeinsamen Betrieb des IT-Systems oder des 24/7 Bereitschaftsdienstes erzielt werden [7]. Insgesamt können durch Kooperationen Kostensenkungs- und damit einhergehende Effizienzpotenziale schneller und effizienter erschlossen werden [8]. Neben Kooperationen stellen die Erschließung neuer Wertschöpfungsstufen (Diversi- Abb. 5 Neu erschlossene Wertschöpfungsstufen der EVU im Geschäftsjahr 2014 fikation) sowie der Rückzug aus Wertschöpfungsstufen (Spezialisierung) zwei weitere mögliche Strategien für EVU dar. Knapp 30 % der EVU haben im Jahr 2014 neue Wertschöpfungsstufen erschlossen und damit eine Diversifizierungsstrategie verfolgt. Dabei lag bei dem Großteil der Unternehmen der Fokus auf der Diversifikation im Strombereich, in dem insbesondere in den Bereichen Erzeugung und Vertrieb neue Tätigkeiten aufgenommen wurden. Weiterhin nahm ein Viertel der Unternehmen neue Tätigkeiten im Bereich Wärme/ Kälte auf (Abb. 5). Dagegen sind Spezialisierungsstrategien seltener und nur ein kleiner Teil der Unternehmen hat sich im Jahr 2014 aus Wertschöpfungsstufen zurückgezogen, wobei nicht erkennbar ist, dass dabei bestimmte Wertschöpfungsstufen besonders betroffen waren. Neben den traditionellen Wertschöpfungsstufen kann die Aufnahme neuer Geschäftsfelder eine wichtige Kundenbindungs- und Wachstumsstrategie für EVU darstellen [9]. Bereits im Geschäftsjahr 2014 waren 55 % der Unternehmen im Bereich der dezentralen Erzeugung tätig, über 40 % in den Bereichen Energiedienstleistungen und Netzbewirtschaftung. Vor allem in den Bereichen virtuelle Kraftwerke, Breitband sowie Mobilitätskonzepten werden Aktivitäten in neuen Geschäftsfeldern zumeist in Form von Kooperationen mit anderen EVU aufgenommen (Abb. 6). Kooperationen sind das Mittel der Wahl Abb. 6 10 Aktivität der EVU in neuen Geschäftsfeldern Die Befragung hat gezeigt, dass die Ertragslage im Geschäftsjahr 2014 als durchaus positiv bewertet wurde. Trotz der positiven Einschätzung der aktuellen und zukünftigen Ertragslage stellen aktuell bestehende gesetzliche Rahmenbedingungen sowie der ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 STRATEGIE & MANAGEMENT steigende Anteil erneuerbarer Energien jedoch mehrheitlich eine Herausforderung dar, welche oftmals die Notwendigkeit einer Strategieanpassung impliziert. Die EVU gaben an, dass Kooperationen hierfür eine wesentliche Strategie darstellen: drei Viertel der Unternehmen haben im Geschäftsjahr 2014 mit anderen Unternehmen kooperiert. Insbesondere im Bereich der Stromnetze scheinen Kooperationen Potenziale zu bieten, Synergien zu heben und die Effizienz zu steigern. Die Befragung zeigt zudem, dass EVU Diversifizierungsstrategien gegenüber Spezialisierungsstrategien bevorzugen. Neben der Erschließung traditioneller Wertschöpfungsstufen hat die Befragung verdeutlicht, dass die Aufnahme neuer Geschäftsfelder eine wichtige Strategieoption der EVU darstellt. Dort sind EVU insbesondere in den Bereichen dezentrale Erzeugung und Energiedienstleistungen tätig. Anmerkungen [6] LBD: Asses Management und Asset Services; http:// www.lbd.de/cms/5.0-effizienz/asset-management- [1] Fürsch, M.; Malischek, R.; Lindenberger, D.: Der und-asset-service.php, abgerufen am 13.7.2015. Merit-Order-Effekt der erneuerbaren Energien – Ana- [7] Apelt, J.: „Individuelle Kooperationen – mehr Effi- lyse der kurzen und langen Frist. EWI Working Paper, zienz“, THEMEN:Magazin 3/15; Leipzig 2015, S.12-13. No. 12/14; Köln 2012. [8] Sander, C.: „Kooperationen in der Energiewirtschaft [2] Krawinkel, H.: „Wandel der Energiewirtschaft eröff- Chancen für Stadt- und Gemeindewerke“, Perspek- net neue Chancen“, THEMEN:Magazin 3/15; Leipzig tivePraxis 3/2009, S 6 f. 2015, S.22. [9] Siehe Krawinkel, Fn. [2]. [3] Die Befragung wurde im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts „Die Energiewende im Spannungsfeld zwischen Regionalisierung und Zentralisierung (ENERGIO)“ durchgeführt. [4] Im Folgenden wird für die Unternehmen, welche an der Befragung teilgenommen haben, der Terminus „befragte Unternehmen“ verwendet. [5] Carsten, S.: „Kooperationen in der Energiewirtschaft – Eine empirische Analyse kommunaler Energieversorgungsunternehmen“, Münstersche Schriften zur Kooperation, Band 95, Hrsg.: Univ.-Prof. Dr. Theresia Theurl; Münster 2011. Abo-Bestellung PD Dr. C. Growitsch, Universität Hamburg; L. Just und H. Schweter, Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen, ewi Energy Research & Scenarios gGmbH, Köln; T. Triebs, Ph.D., Wissenschaftlicher Mitarbeiter, ifo Institut, München; Prof. Dr. H. Wetzel, Fachgebiet Volkswirtschaftslehre mit Schwerpunkt dezentrale Energiewirtschaft, Universität Kassel [email protected] [email protected] energieverlag Ich möchte die Energiewirtschaftlichen Tagesfragen abonnieren Per Fax oder per Post an: 0 20 54/95 32-60 etv Energieverlag GmbH Postfach 18 53 54, D-45203 Essen zum Jahresabonnement von 209,-- € (zuzügl. Porto) zum Studentenpreis von 104,-- € (bei Vorlage der Immatrikulationsbescheinigung, zuzügl. Porto) Digital zum Jahresabonnement von 209,-- € Die Bestellung richten Sie bitte an Frau Holz: [email protected] Digital+Print zum Jahresabonnement von 249,-- € Kombi-Abo (zuzügl. Porto) Das Abonnement verlängert sich automatisch, wenn es nicht 6 Wochen vor Ablauf gekündigt wird. PLZ / Ort Vorname / Name Telefon Firma / Abteilung E-Mail Straße Datum / Unterschrift ET_Abo_1/2_2016_schachbrett.indd 1 ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 11 28.10.15 13:11 STRATEGIE & MANAGEMENT Organisatorische Innovationen: Anpassungsnotwendigkeit der EVU an den liberalisierten Markt Cem Misirlioglu Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft hat die Geschäftsmodelle vieler Versorger nachhaltig auf die Probe gestellt, wenn nicht sogar erschüttert. Vorliegend werden Veränderungen, Weiter- und/oder Neuentwicklungen von Unternehmenseinheiten und Strukturen innerhalb von Energieversorgungsunternehmen (EVU) im Zeitraum von 1998 bis 2013 untersucht und damit organisatorische Innovationen im Anpassungsprozess an die neuen Marktbedingungen zu Zeiten der Liberalisierung aufgezeigt. Die Daten für die Analyse wurden empirisch durch eine Befragung von Unternehmen erhoben und stellen eine Bestandsaufnahme der bisher in den Betrieben umgesetzten Maßnahmen dar. Der deutsche Energiemarkt befindet sich seit der Liberalisierung und Deregulierung in einem veränderten Marktumfeld, in welchem sich die Energieversorger auf die neue Situation durch geeignete Maßnahmen einstellen müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben oder möglicherweise erst zu werden. Hierbei stellt sich die Frage nach dem Bedarf für Veränderungen innerhalb der Unternehmen, um den neuen Marktanforderungen gerecht zu werden und durch Restrukturierungsmaßnahmen sowie die Anpassung der Organisationsform oder durch den Zukauf von Ressourcen die Voraussetzungen für die effektive und effiziente Marktbearbeitung zu schaffen. Die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen hängt auch und maßgeblich von ihrer Anpassungsfähigkeit an Marktveränderungen ab. Hierbei wird Innovationen eine wesentliche Bedeutung beigemessen, um die nachhaltige Fortführung von Unternehmen sicherzustellen [1]. Was sind Innovationen? Zentrale Eigenschaften von Innovationen sind die Anpassung und Veränderung von Produkten, Verfahren, Werbeaussagen, Vertragsformen, Vertriebswegen oder der Corporate Identity. Aufgrund des hohen Grades an Diversifikation und Ausprägungsmöglichkeiten von Innovationen werden übergeordnete Innovationsbereiche definiert. Diese setzen sich aus Produkt- und Dienstleistungsinnovationen, Prozessinnovationen sowie aus organisatorischen Innovationen zusammen, die eine strukturelle Veränderung (Weiter- und/oder Neuentwicklung von Bereichen und Strukturen) der Unternehmen zur Folge haben [2] und den Analysegegenstand dieses Beitrags darstellen. 12 Strukturinnovationen oder organisatorische Innovationen können dabei in ihrer Ausprägung von einer kleinen Veränderung der Organisation durch die Integration weiterer Einheiten und Funktionen/Positionen in ein bestehendes Umfeld, bis hin zur kompletten Restrukturierung des Unternehmens, welche eine Veränderung der Aufbau- und Ablauforganisation nach sich zieht, reichen. Neben internen Veränderungsbedürfnissen können auch externe Maßnahmen ergriffen werden. Kooperationen mit weiteren Unternehmen (Joint Venture) und/oder die Zusammenarbeit in größeren Verbünden sowie Unternehmenszukäufe (Mergers & Acquisitions) können Veränderungen herbeiführen, die eine Modifikation der Unternehmensstrukturen erfordern und demnach organisatorische Innovationen darstellen [3]. Bedeutung organisatorischer Innovationen Organisatorische Innovationen können die Voraussetzung für technologische Innovationen bilden, also eine Quelle für neue Lösungen und Methoden darstellen, welche ihrerseits wiederum zu Wettbewerbsvorteilen führen. Sie stellen damit einen wesentlichen Faktor zur Wissensförderung und -bildung in Organisationen dar [4]. Unternehmen in der Energiewirtschaft stehen vor verschiedenen Anforderungen, die u. a. organisatorische Innovationen bedingen. Auf der einen Seite sind die neuen Marktund Kundenanforderungen durch die Liberalisierung gegeben, welche durch die Analyse und Definition von Maßnahmen in den entsprechenden, gegebenenfalls neuen Unternehmenseinheiten bewertet werden müssen. Auf der anderen Seite stehen die politischen und umweltbedingten Anforderungen an neue Technologien, die die Energiewirtschaft der Zukunft weiter beeinflussen werden. Die Entwicklung und Investition in erneuerbare Energien, Smart Metering- und Smart GridTechnologien sowie Energieeffizienztechnologien wirken sich auf die Unternehmen aus und bedingen zugleich neue Anforderungen an die Organisationsstruktur. Analyse organisatorischer Innovationen in der Energiewirtschaft Die Grundgesamtheit der zu analysierenden Energieversorger setzt sich aus 1 096 Unternehmen [5] zusammen, die über einen Fragebogen im Zeitraum vom 23.5.2013 bis zum 8.6.2013 befragt wurden. Die Rücklaufquote vollständig ausgefüllter und damit auswertbarer Fragebögen lag bei 11,8 % und stellt damit eine signifikante Größe dar. Abb. 1 zeigt die Anzahl und den Zeitpunkt der Restrukturierungen der befragten Unternehmen seit der Liberalisierung 1998 und spiegelt so den Bedarf über den Betrachtungszeitraum wider. Der Verlauf zeigt mit Unterbrechung deutlich die Zunahme der Restrukturierungen seit der Liberalisierung und Deregulierung im Markt. Der steigende Konkurrenzdruck aufgrund neuer Marktteilnehmer sowie durch technische, wirtschaftliche und politische Änderungen zwang viele Unternehmen zu Organisationsänderungen [6]. Die niedrige Anzahl an Restrukturierungen zwischen 2004 und 2006 ist auf den Konsolidierungsprozess der Energiewirtschaft sowie auf eine Fokussierung auf die Akquise und Betreuung von Industriekunden zurückzuführen: Die Energieversorger stellten ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 Know-how braucht Erfahrung Intelligente Lösungen zur Stromerzeugung www.eu.mhps.com Mitsubishi Hitachi Power Systems Europe liefert moderne und wirtschaftliche Produkte. Wir bauen und erneuern Kraftwerke. Wir kümmern uns um vorausschauenden Service. Unsere grünen Technologien, etwa zur Energiespeicherung oder im Bereich Biomasse, sind weitere Beispiele für Innovation und Zuverlässigkeit. Intelligente Lösungen zur Stromerzeugung benötigen neben Know-how auch Erfahrung. Natürlich beides bei uns verfügbar. Seit über hundert Jahren. STRATEGIE & MANAGEMENT Abb. 1 Zeitpunkt relevanter Restrukturierungen der befragten Unternehmen Quelle: Eigene Darstellung in diesen Jahren die Optimierung ihrer Kostenstrukturen in den Vordergrund, da steigender Wettbewerb zu sinkenden Margen durch aggressive Preispolitik neuer Marktteilnehmer führte. Die vollständige Liberalisierung des Gasmarktes 2006 unterstützte diesen Effekt, so dass Anpassungen in den Organisationsstrukturen deutlich seltener umgesetzt wurden [7]. In dieser Phase traten viele neue Marktteilnehmer in den Wettbewerb in (größtenteils) Ballungszentren ein und setzten die Grundversorgungsunternehmen durch Kampagnen und starke Akquiseaktivitäten über alle Vertriebskanäle unter Druck. Als Beispiel hierfür sind Yello, E wie Einfach oder Nuon Deutschland GmbH (heute lekker Energie GmbH) aufzuführen, die mit ihrer Metropolenstrategie zunächst in den Ballungszentren neue Kunden akquirierten und damit besonderen Druck auf die örtlichen Unternehmen ausübten. Weitere Herausforderungen für Energieversorger waren die Einführung festgelegter Netznutzungsentgelte durch die Strom- und Gasnetzentgeltverordnung sowie die Trennung des Netzbetriebs vom Strom- und Gasvertrieb im Verlauf der Anpassungen des deutschen Energierechts im Jahre 2005 [8]. Die Vielzahl an Herausforderungen führte zu grundlegenden Änderungen der Unternehmens- und Vertriebsstrategien sowie zum Bedarf, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln [9], um Margenverluste durch sinkende Kundenzahlen sowie Preissenkungen zu kompensieren oder Kostenstrukturen zu optimieren. Ein verstärkt genutztes Mittel zur Senkung der Kostenstrukturen fand sich 14 Abb. 2 Von der Restrukturierung betroffene Unternehmenseinheiten Quelle: Eigene Darstellung im Outsourcing von Geschäftsprozessen wieder, welches die Konzentration auf eigene Kernkompetenzen gewährleisten und eigene Ressourcen effizienter und effektiver nutzbar machen sollte [10]. Herausforderung Energiewende Die im Jahr 2010 durch die Bundesregierung beschlossene „Energiewende“, welche das Auslaufen der Stromproduktion aus Kernenergie in Deutschland vorsieht, erzeugte weiteren Druck auf die EVU und belastete bspw. die vier großen Versorger (E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall) mit ca. 20 Mrd. €. Diese Entscheidung verstärkte somit den Kosten- und Margendruck im Markt und bewirkte damit die Umsetzung von Restrukturierungsmaßnahmen zur Optimierung von Prozessen und Unternehmensstrukturen [11]. Eine Ausrichtung an Kundengruppen (Industrie-, Gewerbe- und Privatkunden) zur effizienteren Kundenbetreuung und Akquise war häufig eine priorisiert umgesetzte Maßnahme in diesem Zeitraum und stellte damit eine grundlegende Änderung der Kundenbetrachtung aus Energieversorgersicht dar. entscheidenden Hebel für die Unternehmenssteuerung mit sich bringt. Vor der Liberalisierung war dieser Wert konstant und konnte langfristig geplant sowie energiewirtschaftlich beschafft werden. Die Anzahl an Kunden und die abgesetzte Menge sind wesentliche Kriterien für die Kostenstrukturen der Unternehmen, da eine steigende Anzahl an Kunden zu Skaleneffekten in den genutzten Systemen (bspw. SAP IS-U) und in der Betreuung der Kunden führt, und eine höhere Auslastung der bestehenden Ressourcen sinkende, spezifischen Kosten pro Kunde oder Zählpunkt bedeutet. Auch in der Beschaffung lassen sich Kosteneinsparungspotenziale durch steigende Absatzmengen realisieren, da Portfolioeffekte erreicht werden können, die wiederum zu sinkenden spezifischen Kosten je Kunde und Zählpunkt führen. Demnach ist die Kundenorientierung ein zentraler Einflussfaktor auf die Effizienz der Unternehmen. Abb. 2 zeigt die im Betrachtungszeitraum restrukturierten Unternehmenseinheiten und verdeutlicht die Tendenz im Markt in Richtung Kundenorientierung. Innovation Kundenorientierung Innovationsbereiche Vertrieb, Kunden- und Produktmanagement Die Erfassung und Bearbeitung von Marktanforderungen entlang des Kundenlebenszyklus’ ist ein adäquates Mittel zur Gewährleistung schneller und effizienter Reaktionsgeschwindigkeiten. Hiernach rückt der Kunde in den Mittelpunkt der energiewirtschaftlichen Planung und Akquise, da diese Variable (Kundenanzahl und die damit einhergehende Energieabsatzmenge) den Die am häufigsten restrukturierten bzw. neugegründeten Unternehmenseinheiten sind der Vertrieb (40,2 %), das Kunden(30,7 %) und das Produktmanagement (27,6 %). Die drei Unternehmenseinheiten bilden in der Wertschöpfungskette aufeinanderfolgende Prozessschritte ab. Während im Produktmanagement alle Produkte und Dienstleistungen entsprechend der Markt- ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 STRATEGIE & MANAGEMENT bearbeitungsstrategie nach Kundenanforderungen konzipiert und implementiert werden, wird im Vertrieb über die verschiedenen Vertriebskanäle der Kunde mit diesen kanalspezifischen Produkten gewonnen und an das Kundenmanagement zur Betreuung, Bindung und Entwicklung übergeben. Demnach ist es nicht überraschend, dass gerade diese drei Einheiten die meisten Restrukturierungen in der Analyse ausmachen, da Prozessschritte ganzheitlich und nachhaltig betrachtet werden müssen und es nicht sinnvoll wäre, nur einen Bestandteil der Wertschöpfung auf die neuen Marktanforderungen anzupassen. Die immer weiter steigende Wettbewerbsintensität im Markt, die auch regelmäßig durch den Monitoringbericht der Bundesnetzagentur analysiert wird, bestätigt diese Feststellung und die immer wichtiger werdende Kundenorientierung der Unternehmen sowie die wachsende Bedeutung der drei benannten Einheiten. So hat sich die Bereitschaft des Kunden, den Energieversorger zu wechseln, seit 2007 deutlich gesteigert. Gründe liegen in der Liberalisierung des Gasmarktes im Jahr 2006 sowie in der steigenden Wettbewerbsintensität durch neue Marktteilnehmer und damit einhergehend einer intensiveren Kundenansprache über unterschiedliche aktive und passive Vertriebskanäle sowie Imagekampagnen. Im Jahr 2011 haben bspw. 16,8 % aller Privatkunden ihren Stromlieferanten gewechselt und 43,4 % einen neuen Liefervertrag außerhalb der Grundversorgung bei ihrem Altlieferanten abgeschlossen. Die restlichen 39,8 % haben keinerlei Wechsel vorgenommen. Abb. 3 Diese Entwicklung bestätigt den Analysegegenstand und verdeutlicht die wesentliche Stellung und Neuausprägung der in Abb. 2 benannten Unternehmenseinheiten. Gerade der Vertrieb ist hier als entscheidender Faktor zu nennen, da hier die Bestrebungen zur Neukundenakquise stattfinden und vorher diese Einheit nicht in der heutigen Form benötigt wurde. Alle anderen Einheiten waren zumeist schon vorher in den Unternehmen vorhanden und etabliert, allerdings musste sich aufgrund der steigenden Wettbewerbsintensität deren Ausprägung oftmals verändern. Analyse der Organisationsformen und -strukturen Die Entwicklung von Organisationsstrukturen und die damit einhergehende Implementierung von neuen Unternehmenseinheiten sind abhängig von der entsprechenden Organisationsform der Unternehmen. Diese beeinflusst maßgeblich die Weiterentwicklung von organisatorischen Innovationen durch die Umstrukturierung von Aufbauund Ablauforganisationen. Das primäre Ziel ist die Maximierung der Prozesseffizienz durch Steuerung der Organisationseinheiten, denen die Hierarchiestruktur zugrunde liegt [12]. Aus diesem Grund wurde über den Fragebogen auch die Organisationsform der Energieunternehmen erhoben. Abb. 3 zeigt die verschiedenen Organisationsformen und ihre Häufigkeit bei den deutschen EVU. Die häufigsten Organisationsstrukturen sind ein- und mehrdimensionale, wobei eindimensionale als feld-, handlungs- oder zielorien- Organisationsstrukturen der Energieunternehmen Quelle: Eigene Darstellung ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 Abb. 4 tierte Strukturen auftreten. Matrixorganisationen sind die am häufigsten auftretende Form von mehrdimensionalen Organisationsstrukturen [13]. Entscheidende Einflussfaktoren für die Ausprägung der jeweiligen Organisationsformen ist die strategische Ausrichtung der Unternehmen, die maßgeblich vom politisch-gesellschaftlichen Umfeld (bspw. kommunaler Einfluss), der Größe des Unternehmens sowie der Kundenstruktur und deren Betreuungs- wie auch Produktspezifikationen beeinflusst wird [14]. Funktionsorientierte Strukturen weit verbreitet Die Analysen zeigen, dass funktionsorientierte Organisationsstrukturen mit 41 % aller in der Befragung erfassten Unternehmen am häufigsten Anwendung finden. Diese Organisationsform eignet sich vor allem für kleinere Unternehmen mit einer homogenen Kundenstruktur sowie wenigen Produkten und Dienstleistungen [15], so dass es sich hierbei häufig um kleinere und mittlere Stadtwerke handelt. Mit 21 % tritt die marktorientierte Organisationsstruktur am zweithäufigsten auf. Hier werden Unternehmen hauptsächlich nach Kernmärkten gegliedert [16], so dass es möglich ist, eine differenzierte Preis- und Produktstrategie sowie eine vertriebskanalspezifische Steuerung der Kundenansprache auf verschiedenen Märkten zu etablieren [17]. Neben der Veränderung von Organisationsstrukturen zeigen auch die Delegationen Anpassungen im Markt, die eine Zentralisation oder Dezentralisation von Teilaufgaben bedeuten. Abb. 4 stellt die Veränderungen Zentralisation und Dezentralisation von Energieversorgern seit der Liberalisierung Quelle: Eigene Darstellung 15 STRATEGIE & MANAGEMENT nach der Liberalisierung des Energiemarktes dar. Die Darstellung schließt dabei die neuen Marktteilnehmer aus, da diese meist mit bereits angepassten Organisationsstrukturen und Delegationsformen in den Markt eingetreten sind und somit noch nicht den Bedarf zur Veränderung entwickelt haben. Tendenz zur Dezentralisierung Mit 53,6 % ist eine überwiegende Tendenz in Richtung Dezentralisierung über alle Unternehmensgruppen gegeben, die eine steigende, überregionale Ausrichtung der Unternehmen verdeutlicht. Die Verlagerung der Steuerung nach Wertschöpfungsstufen (Erzeugung, Beschaffung, Handel, Vertrieb und Netz) hat eine Dezentralisation zur Folge, die den neuen Marktgegebenheiten Rechnung tragen soll. Gerade kleinere und mittlere Stadtwerke, welche überwiegend regionale Kundengruppen versorgen, stehen einem immer stärker zunehmenden Wettbewerb gegenüber und müssen sich durch eine Neuausrichtung und dezentrale Steuerung in neuen Märkten etablieren, um Kundenverluste (Ertragsverlust) im eigenen Markt zu kompensieren. Des Weiteren soll auch eine hohe Reaktionsfähigkeit und Flexibilität, bspw. durch Änderungen von politisch-regulatorischen Marktbedingungen, gewährleistet werden, um somit schnellere Entscheidungswege realisieren zu können [18]. Weiterhin bestehen ebenfalls Bestrebungen für Akquisetätigkeiten, die eine Dezentralisierung nach sich ziehen, eine effizientere und effektivere Marktbearbeitung zu gewährleisten. Die Gründung von bundesweiten Vertriebsbüros mit Akquiseaufträgen in den jeweiligen Regionen ist im Markt nicht unüblich. Auch die Gründung oder der Zukauf von Tochtergesellschaften mit klaren Vertriebsaufgaben bedingen zum Teil eine Dezentralisierung. Organisatorische Innovationen bleiben entscheidend Der nach der Liberalisierung stetig zunehmende Wettbewerb des Energiemarktes erfordert eine Anpassung und Neuausrichtung der im Markt tätigen Unternehmen. Organisatorische Innovationen durch Re16 strukturierungen und Anpassungen der Aufbau- und Ablauforganisation bieten die Möglichkeit, sich auf diese Veränderungen einzustellen. Wie gezeigt werden konnte, führten regulatorische Veränderungen zwischen 2001 und 2003 zu einem Anstieg der unternehmensinternen Restrukturierungsmaßnahmen. Hauptsächlich wurden aber ab 2007 die meisten Restrukturierungen verzeichnet. Diese erfolgten größtenteils in den kundenorientierten Unternehmenseinheiten wie dem Vertrieb sowie dem Produkt-, Kunden- und Innovationsmanagement. Die Erhebungen dieser Analyse beziehen sich ausschließlich auf die Neugestaltung oder Neugründung der genannten Einheiten. Commission: Innovation Papers No 46, Karlsruhe, August 2006, abrufbar unter: www.liaison.uoc.gr/documents/sxetikh_bibliografia/Knowledge%20Economy/ Patterns%20of%20organisational%20change%20in%20 European%20Industry.pdf, zuletzt geprüft am 1.6.2015. [5] Statistisches Bundesamt (DESTATIS): Genesis-Online Datenbank, abrufbar unter: www-genesis.destatis. de/genesis/online/logon, zuletzt geprüft am 1.6.2015. [6] Oehler, H.: Liberalisierung der Energiemärkte, In: Zahoransky, R. (Hrsg.): Energietechnik: Systeme zur Energieumwandlung. Kompaktwissen für Studium und Beruf, 6. Aufl., Wiesbaden 2013, S. 446-466. [7] Bontrup, H.-J.; Marquardt, R. M.: Kritisches Handbuch der deutschen Elektrizitätswirtschaft: Branchenentwicklung, Unternehmensstrategien, Arbeitsbeziehungen. Berlin 2010, S. 70. [8] Feng, X.; Popescu, M. (Hrsg.): Infrastrukturprobleme bei Bevölkerungsrückgang. Berlin 2011, S. 185f. Die Veränderungen im deutschen Energiemarkt werden aller Voraussicht nach noch andauern, da auch in Zukunft damit zu rechnen ist, dass weitere Versorger in den Markt eintreten, Energieversorger ihr Versorgungsgebiet sowie ihr Produktportfolio erweitern und auch die regulatorischen Anpassungen im Markt neue Anforderungen mit sich bringen werden. Die Kundenorientierung rückt hierbei immer stärker in den Fokus der Aktivitäten einer Kundenlebenszyklusbetrachtung, um ein optimales Verhältnis zwischen Kosten- und Margenstrukturen zu schaffen und die Organisationsform darauf auszurichten. Organisatorische Innovationen werden also voraussichtlich weiterhin die entscheidenden Treiber in den Unternehmen darstellen, mit denen sich diese im kompetitiven Energiemarkt nachhaltig behaupten können, um entweder als einzelnes Unternehmen oder in einer Verbundkooperation weiterzubestehen. [9] Lohnert, K.: Beschleunigung der Transformation vom Energieversorger zum Energiedienstleister. In: Doleski, O. (Hrsg.): Smart Meter Rollout – Praxisleitfaden zur Ausbringung intelligenter Zähler. Wiesbaden 2013, S. 75-103. [10] Hecker, W.: Projektmanagement im Energiesektor, In: Flegel, T. (Hrsg.): Projektmanagement im Energiebereich. Wiesbaden 2013, S. 87-97. [11] Funke, P.; Neinhaus, H.: Kundenservice – Weniger Kosten, mehr Loyalität. In: „et“, 62 Jg. (2012), Heft 1/2, S. 24-26. [12] Laske, S.; Meister-Scheytt, C.; Küpers, W.: Organisation und Führung. Münster 2006, S. 13ff. [13] Frese, E.: Grundlagen der Organisation: Konzept – Prinzipien – Strukturen. 7. Aufl., Wiesbaden 1998, S. 327ff. [14] Katharina Ganser: Schwerpunktthema: „Wie sieht der Energievertrieb 2020 aus?“ In: process consulting: aspect 2/11, S. 3-5, abrufbar unter: www.processconsulting.de/sally/data/mediapool/aspect_2011_02. pdf2012, zuletzt geprüft am 1.6.2015. [15] Mroß, M.: Organisationslehre für Sozialmanagement und Sozialverwaltung. Bremen 2012, S. 106. Anmerkungen [16] Frese, E.; Graumann, M.; Theuvsen, L.: Grundlagen der Organisation: Entscheidungsorientiertes Kon- [1] Disselkamp, M.: Innovationsmanagement – Instru- zept der Organisationsgestaltung. 10. Aufl., Wiesbaden mente und Methoden zur Umsetzung im Unternehmen. 2012, S. 191f. 2. Aufl., Wiesbaden 2012, S. 31. [17] Osterloh, M.: BWL 3 – Organisationslehre. Univer- [2] Günther, F.: Anreize und Hemmnisse von Unterneh- sität Zürich 2007, S. 26f. men bei der Gestaltung von Nachhaltigkeit. In: sofia- [18] Rahmel, S.; Völl, W.; Rönz, M.: Unternehmenssteu- Diskussionsbeiträge 11-9, Darmstadt 2011, S. 4ff. erung in der Energiewirtschaft in Zeiten eines tiefer- [3] Möhrle, M. G.; Specht, D.: Innovation. In: Wirt- greifenden Wandels. In: Controller Magazin, 2012, schaftslexikon Gabler, abrufbar unter: http://wirt- S. 2-6. schaftslexikon.gabler.de/Archiv/54588/innovation-v8. html, zuletzt geprüft am 1.6.2015. [4] Fraunhofer ISI: Patterns of Organisational Change in Europen Industry (PORCH): Ways to strengthen the empirical basis of research and policy. In: European C. Misirlioglu, Doktorand, Fachgebiet Innovationsökonomie, Lehrstuhl Prof. Dr. rer. pol. K. Blind, Technische Universität Berlin [email protected] ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 Thüga MeteringService setzt beim Rollout intelligenter Messsysteme auf Stufenmodell Die lange erwarteten Grundlagen zur Einführung sind geschaffen – der Gesetzesentwurf liegt vor Thüga MeteringService hat im intensiven internen Austausch das Stufenmodell iMSys entwickelt, mit dem der Rollout intelligenter Messsysteme in drei Stufen umgesetzt werden kann. Im Jahr 2015 wurden weitreichende energiepolitische Beschlüsse für den Rollout intelligenter Messsysteme gefasst: Bereits im Februar veröffentlichte das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ein „7 Eckpunkte-Papier“ zum Thema. Vor wenigen Wochen hat dann das Bundeskabinett die Entwürfe für das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende, für das Strommarktgesetz und die Kapazitätsreserveverordnung beschlossen. Das TMS-Stufenmodell iMSys Bereits Anfang 2015 hat TMS ein Stufenmodell für den Rollout der intelligenten Messsysteme entwickelt, das das künftige Vorgehen optimal strukturiert: TMS bietet dabei zunächst im Rahmen eines Pilotprojekts den Einbau erster Geräte an. Durch die Installation dieser Testgeräte lassen sich Erfahrungen mit der GatewayAdministration sammeln. Mit dem Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende wurde eine schon lange erwartete gesetzliche Grundlage für den Rollout intelligenter Messsysteme („Smart Meter“) veröffentlicht, welche umfassende Konsequenzen für die Energieversorger hat. Deshalb ist es jetzt wichtig, einen Partner an der Seite zu haben, der für den Rollout optimal gerüstet ist – einen Partner wie Thüga Metering-Service (TMS) aus Naila. In der anschließenden Übergangsphase werden weitere Anwendungsfälle, wie z.B. variable Tarife, Schnittstellen zu Verbrauchsabrechnungssystemen sowie die Marktkommunikation getestet, um den Übergang von der alten zur neuen „System-Welt“ zu überprüfen. Schließlich erfolgt der Übergang in den Regelbetrieb. Die TMS-Roadmap ist dabei so angelegt, dass Energieversorger den gesetzlichen Anforderungen des BMWi vollumfänglich nachkommen können. Kontakt und Infos: Thüga MeteringService GmbH Zum Kugelfang 2 95119 Naila Tel.: + 49 (0) 9282 / 9193-0 Fax: + 49 (0) 9282 / 9193-220 [email protected] www.meteringservice.de Ebenfalls ein Vorteil: Das TMS-Stufenmodell ist ein modular aufgebautes Konzept, das den notwendigen Freiraum bietet, nur die Services zu nutzen, die tatsächlich benötigt werden. Fragen zum Thema beantwortet auf Seiten der TMS gerne: Herr Harald Kießling / Vertrieb Telefon +49 (0)9282 / 9193-343 [email protected] Bitte beachten Sie: Zur E-World 2016 präsentiert sich TMS auf dem bisherigen Standplatz der Thüga AG in Halle 2, Standnummer 2-528 BEWIRTSCHAFTUNG DER ENERGIEWENDE Neue Geschäftsmodelle für neue Energie Thomas Weisshaupt Die Energiewende und die zunehmende Digitalisierung von Geschäftsmodellen stellen die Energiewirtschaft und ihre etablierten Industriepartner vor immense Herausforderungen. Für die Bundesregierung sind intelligente Messsysteme (Smart Meter) ein wesentlicher Baustein hin zu höherer Systemeffizienz in einem umgebauten Strommarkt. Um in Deutschland flächendeckend die Vorteile eines intelligenten Stromnetzes (Smart Grid) zu nutzen, ist die Akzeptanz der Bürger für das intelligente Stromsystem wichtig. Diese Bürger- oder Kundennähe können die Akteure nur gewährleisten, wenn sie auf Basis eines zukunftsgerichteten Marktdesigns komplett neue Geschäftsmodelle entwickeln. Die traditionellen Versorgungsunternehmen stehen im Spannungsfeld zwischen regulierter Marktmacht und marktlicher Regulierung: Dieses reicht von der Netzsteuerung über die Interoperabilität eingesetzter Technologien sowie Datensicherheit und Datenschutz bis hin zur Akzeptanz des Bürgers für regulierungsgetriebene Maßnahmen. Zum anderen wird deutlich, wie neue Geschäftsmodelle in einem intelligenten Stromnetz aussehen können und welche Chancen für Akteure bestehen, die jetzt zum Wohle ihrer Kunden handeln. Ausrüstung der größeren Verbrauchsstellen und Einspeiser mit intelligenten Messsystemen wird diese Transparenz teilweise erzwungen [2]. Netzsteuerung als Grundvoraussetzung für das Smart Grid Es gibt eine Reihe an technischen und regulatorischen Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen, um ein intelligentes Stromnetz zu implementieren. Für den Vorrang erneuerbarer Energien vor anderen Quellen sind größere Speicherkapazitäten sowie mehr Flexibiliät auf lokaler Ebene und auf der Nachfrageseite nötig: Idealerweise lässt sich dies durch eine Kombination aus Warmwasser und Wärme in Form sog. Energiesenken realisieren [3]. Ein Beispiel: Wenn viel Strom im Netz ist, könnte der Boiler beim Verbraucher besonders viel Wasser aufwärmen und vorrätig halten. Heutzutage arbeiten Boiler komplett unabhängig von solchen Rahmenbedingungen, da es keinen Informationsaustausch über die Menge an Strom im Netz zwischen Boiler und Energieerzeuger gibt. Deshalb reicht die reine Datenerhebung allein nicht aus. Erst durch eine Steuerung von Erzeugungsanlagen, größeren Verbrauchern und Speichern, die nicht im Eigentum der Netzbetreiber sind, wird der Aufschluss neuer Geschäftspotenziale ermöglicht. Das Hauptziel der Energiewende ist, den Anteil erneuerbarer Energien an Erzeugung und Verbrauch zu steigern. Daher haben diese immer Vorrang vor anderen Quellen bei der Energieverteilung. Eine aktive Steuerung des Netzes sowie gegebenenfalls relevanter Energieverbraucher ist mit der damit einhergehenden Dezentralisierung der Erzeugung eher früher als später erforderlich. Der Zeitpunkt der Einspeisung erneuerbarer Energien und der Energieverbrauch müssen lokal abgestimmt werden. Es ist notwendig, dass sich die Netzsteuerung daran orientiert, wie viel Energie im Netz ist. Laut des Eckpunktepapiers der Bundesregierung sind alle Verbraucher mit einem Stromverbrauch von mehr als 6 000 kWh jährlich verpflichtet, sich mit intelligenten Messsystemen auszurüsten, um Transparenz über die Netzsituation zu erhalten [1]. Bspw. hat die Sonnenfinsternis Anfang März einmal mehr gezeigt, dass eine flexible Steuerung von Erzeugung und Verbrauch heute noch nicht möglich, aber dringend nötig ist. Durch die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) mandatierte 18 Heute ist das Smart Grid in Deutschland aufgrund fehlender verlässlicher Anlagenvernetzung noch eine Vision. Sie kann erst Realität werden, wenn vertrauenswürdige Informationen vorliegen, die zur Netzsteuerung genutzt werden können und in der Regulierung auch als Wert an sich anerkannt werden. Die Kontrolle durch die Netzbetreiber kann theoretisch erzwungen werden, indem der Gesetzgeber den Einsatz der entsprechenden Technologien vorschreibt. Dies hat jedoch den Nachteil, dass wenig innova- tions- sondern im Wesentlichen subventionsgetriebene Investitionsanreize gesetzt werden. Ein anderer Weg wäre ein Marktdesign, das aus dem Markt heraus Anreize für die Bereitstellung der Anlagen zur Steuerung schafft. Letzteres ist sicherlich der Königsweg, dessen Pfade aber erst noch Stück für Stück in das Dickicht bestehender Regulierungen geschlagen werden müssen. Integration aller Technologien notwendig Die Integration wesentlicher Technologien, wie Speicher, Solaranlagen und Wärmepumpen, erfolgt auch netzunabhängig unter dem Stichwort Energieautarkie. Diese auf Gebäudeebene eingerichteten energietechnischen Komponenten können z. B. im Rahmen virtueller Kraftwerke oder Demand-Side-Aggregation intelligent zusammengeschaltet werden, um gemeinsam mit dem Netz ein dezentrales effizientes Gesamtsystem von Ausgleichsmechanismen zu bilden. Mögliche Probleme sind dabei auf der einen Seite in der Interoperabilität der Anlagen und Lösungen auf Gebäudeebene zu suchen und auf der anderen Seite im (unzureichenden) Vertrauen der Akteure auf einen fairen und vertrauenswürdigen Marktzugang. Die beschlossene Rücknahme direkter Subvention für erneuerbare Energien steigert die Notwendigkeit, Echtzeitdaten über die Erzeugung und den tatsächlichen Verbrauch zu nutzen [4]. Mieterstrommodelle ließen sich auf dieser Basis wesentlich effizienter umsetzen [5]. Heute schätzen EVU die Einspeisemengen teilweise und lesen den Verbrauch einmal jährlich ab. Das auf analogen Prozessen basierende Abrechnungssystem in der Energiewirtschaft ist daher teuer und veraltet. ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 BEWIRTSCHAFTUNG DER ENERGIEWENDE Abrechnungsprozesse und Datenaustauschformate dürfen keine Markteintrittsbarriere bilden, bzw. keine Innovationsbremse bleiben. Das BMWi und die Bundesnetzagentur haben diesbezüglich erste Schritte unternommen, um eine effiziente Nutzung der intelligenten Messysteme als Basis für Datenaustausch- und Abrechnungsprozesse zwischen einzelnen Marktrollen zu ermöglichen [6]. Ausgangspunkt dieser Überlegungen sind die Vorgaben zu Sicherheit und Datenschutz aus dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Sicherheit und Datenschutz als Grundvoraussetzung für das Smart Grid Das Energienetz bleibt eine kritische Infrastruktur, die als natürliches Monopol über Gesetze reguliert wird. Die Versorgungssicherheit und der Schutz der Bürger sind dabei wesentliche Pfeiler der Gesetzgebung, die auch Regelungen zu intelligenten Messsystemen und Smart Grids umfasst. Auch durch die Politik muss den Bürgern nachvollziehbar erläutert werden, warum per Gesetz intelligente Messsysteme vorgeschrieben werden und sie Daten an Netzbetreiber übermitteln sollen. Diese datenschutzbezogene Seite der öffentlichen Diskussion schlägt immer wieder hohe Wellen. Verbraucherschützer warnen bspw. vor angeblichen Gefahren und dem Missbrauch der Technologie [7]. Wohl auch aus diesem Grund lässt der Gesetzgeber dem betroffenen Bürger grundsätzlich die Wahl, ob ein Marktakteur oder der regulierte Netzanbieter Betrieb und Administration des intelligenten Messsystems übernimmt. Da es um den persönlichen Lebensbereich des Verbrauchers geht, ist die Einhaltung der Datenschutzvorschriften kritisch für den Erfolg von neuen Geschäftsmodellen. Wählt der Bürger seinen Dienstleister selbst, so hat das zwei Vorteile: Erstens ist der Bürger nicht gezwungen, die Dienste des Netzbetreibers in Anspruch zu nehmen und zweitens kann der marktliche Dienstleister weitere interessante Mehrwertdienste über das Smart Metering Gateway anbieten. In diesem Rahmen profitieren Nutzer wie auch der Betreiber des Gateways von den vorhandenen Mechanismen und Technolgien zur Absicherung von Datenschutz und Zugriffsmöglichkeiten. Im Rahmen der erwünschten systemweiten Nutzung von Systemen für das Gebäudeenergiemanagement ist es zudem eine Grundvoraussetzung, dass das Steuerungssystem im Haus abgesichert ist und Unbefugte sich darauf keinen Zugriff verschaffen können. Das Smart Meter Gateway wird somit von einer Kommunikationslösung im Rahmen eines intelligenten Messsystems zu einem zentralen Service Gateway für Gebäude, das einen rund um die Uhr sehr zuverlässig abgesicherten Zugangspunkt zum Gebäudeenergiemanagement bietet [8]. Über eine Schnittstelle zum Gebäudenetzwerk (HAN) ist eine zuverlässige Anlagensteuerung vorgesehen. Auch für den Netzbetreiber muss die neue Welt der vernetzten Geräte vertrauenswürdig sein, so dass er sich auf die Daten verlassen kann, die aus dem Gebäude an ihn gesendet werden. Ist diese Voraussetzung erfüllt, kann er darauf basierend Entscheidungen zur Netzführung, Analysen zum notwendigen Netzausbau und weiterhin eine verlässliche Abrechnung erstellen. www.nzr.de ENERGIEDATEN MANAGEN MIT SYSTEM Messen. Analysieren. Reporten. Optimieren. Das intelligente Energiemanagementsystem. Mehr unter www.countvision.de CountVision elligen Messen Analysieren Reporten Optimieren Die Bundesregierung schafft mit den aktuellen Bemühungen Raum für einen neuen Markt: Energiemanagementdienstleister werden in die Lage versetzt, Smart Metering plus zusätzliche Applikationen anzubieten. ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 t Kennzahlen auf Ihr Messkonzept angepasst Sammeln ZFA DATENBANK Übertragen Anreize schaffen über neue Dienstleistungen Investitionssicherheit ist ebenso wichtig für den sog. Prosumer, der vom Stromverbraucher zum Stromerzeuger und -manager wird: Wenn er sich eine Batterie kauft, um seinen Solarstrom zu speichern, sollte sichergestellt werden, dass er diese Batterie als Netzressource zur Verfügung stellen kann, er dafür bezahlt wird und der Netzbetreiber verpflichtet ist, diese Quelle zu nutzen. Allerdings gibt es bereits erste Angebote, die diese aktive Netzdienlichkeit nicht im Geschäftsmodell berücksichtigen [9]. DIN EN ISO 50001 manage gie m er Die Versorgungsunternehmen sind gehalten, diese Form der sog. Marktkommunikationsprozesse unter Einbeziehung einer digitalen Komponente stark zu vereinfachen. LAN TCP/IP GPRS Messen TEMP DRUCKLUFT Nordwestdeutsche Zählerrevision Ing. Aug. Knemeyer GmbH & Co. KG Heideweg 33 | 49196 Bad Laer | Germany Telefon +49 (0)5424 2928-0 Fax +49 (0)5424 2928-77 E-Mail [email protected] NZR – Ihr Partner für Energiemessung 19 BEWIRTSCHAFTUNG DER ENERGIEWENDE eröffnet sich mit dem sicheren Gateway die Möglichkeit, Steuerung und Datenmanagement in die eigenen Hände zu nehmen und trotzdem eine nachvollziehbare Dienstleistung für Netzbetreiber zu bieten. Nicht nur Mindestanforderungen des Gesetzes erfüllen Abb. Einheitliche Mehrwertdienste-Plattform auf Basis intelligenter Messsysteme Aus diesem Grund sind die Geschäftsmodelle von Versorgern nun auch im lukrativen Bereich Messwesen überholt. Das Abrechnen von Kilowattstunden über standardisierte Lastprofile hat in einem intelligenten Stromnetz keinen Platz mehr. Das Marktdesign der Zukunft basiert nicht mehr auf der einseitigen Einspeisung von Energie in ein Netz, in dem der Verbrauch von einer regulierten Marktrolle abgerechnet wird. Vielmehr werden sich die Preise zeitabhängig an der Erzeugungssituation und der Flexibilität des Verbrauchers orientieren. Neue Geschäftsmodelle für flexiblen Stromverbrauch Welche Hindernisse verhindern vor diesem Hintergrund, ein neues Marktdesign zu schaffen? Ein Hauptgrund ist, dass die Geldströme im Energiesektor – insbesondere für den Bürger – intransparent und komplex sind. Für viele ist die Stromrechnung oder die Nebenkostenabrechnung ein Buch mit sieben Siegeln, das am Ende eine Summe ausweist, die es zu bezahlen gilt. Auf Basis von vertrauenswürdigen Daten, die im Smart Meter Gateway signiert werden, können die Marktakteure diese Geldströme transparenter gestalten. Aus dieser Transparenz ergeben sich neue Geschäftsmöglichkeiten: Künftig wird der Lieferant in der Lage sein, für den Verbraucher Anreize zu schaffen, seinen Energiekonsum entsprechend anzupassen. Die Abschaffung der Standardlastprofile gibt den 20 Lieferanten mehr Spielraum, den Kunden an niedrigen Stromhandelspreisen partizipieren zu lassen, ohne selbst zu verlieren. Sein Geschäftsmodell wird flexibler, da er zu bestimmten Zeiten weniger Energie liefern muss als zu anderen. Allerdings werden seine Kunden ihr Verbrauchsverhalten vermutlich nach der Uhr ausrichten. Deshalb sind die o. g. Managementsysteme und Speicher nötig, um den flexiblen Verbrauch (gegebenenfalls in Verbindung mit eigener Erzeugung und Speicherung) zu automatisieren. Ein weiteres Beispiel für ein Geschäftsmodell sind Aggregatoren, die in Form von virtuellen Kraftwerken oder Lastverschiebungen die Flexibilität von vielen kleinen Einheiten zusammenfassen und vermarkten. Wer eine Solaranlage betreibt, kann künftig über einen solchen Dienstleister seine Energie verkaufen. Für die Netzbetreiber wäre es allerdings zu kleinteilig, mit jedem einzelnen Haushalt einen Vertrag abzuschließen. Deshalb bündelt der Dienstleister die Energie hunderter kleiner Erzeuger in einem virtuellen Kraftwerk. Diese wird dann den EVU so zur Verfügung gestellt, dass sie damit ihr Geschäft betreiben können. Die Aggregatoren werden auch dafür sorgen, dass bspw. bestimmte Gebäude nicht ins Netz einspeisen, wenn dort bereits viel Energie vorhanden ist, sondern diese selbst verbrauchen. Um all das zu gewährleisten, In der Architektur des Smart Meter Gateways ist zwar bereits vorgesehen, dass solche Dienstleistungen später hinzukommen, allerdings ist die Monetarisierung dieser Mehrwertdienste nicht Teil des regulatorischen Rahmens. Die Regulierungen schaffen weder Anreize für diese Dienste, noch definieren sie sie eindeutig, da die Angebote nicht Teil eines natürlichen Monopols sind. Hier gibt es ein Spannungsfeld zwischen den Minimalanforderungen für den Einbau von Smart Metern per Gesetz und den möglichen Entwicklungen von Mehrwertdiensten am Markt. Wenn nur die Mindestanforderungen erfüllt werden, müssen Energieversorger oder Dienstleister möglicherweise mehrere weitere Systeme in den Haushalten implementieren – das kostet dem Bürger erneut Zeit und Geld. Dies würde zu deutlich höheren Kosten führen, die nicht notwendig sind, da all diese Funktionen in einem Gerät beim Einbau des intelligenten Stromzählers angelegt werden können (siehe Abb.). Kundenorientierte Energieversorger ebnen sich mit dem Einbau eines serviceorientierteren intelligenten Messsystems den Weg zum Kunden und somit zu neuen Energiedienstleistungen. Solche Lösungen gibt es bereits von verschiedenen Anbietern. Notwendige Veränderungen in der IT von Energieversorgern Um mit den Veränderungen Schritt zu halten und konkurrenzfähig zu sein, müssen die Energieversorger ihre IT-Systeme anpassen und Dienste aus Kostengründen gegebenenfalls komplett in die Cloud verlagern, um flexibel und günstig kundenspezifische Applikationen bereitstellen und betreiben zu können. Außerdem ist eine Automatisierung der Abrechnung zeitabhängiger Tarife möglich, was derzeit noch eine große Herausforderung darstellt. Abrechnungssoftware, wie es sie heute gibt, ist dafür nicht gemacht. ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 BEWIRTSCHAFTUNG DER ENERGIEWENDE Mit der Migration auf intelligente Messysteme, die für bis zu 11 Mio. Anschlüsse bis 2021 verpflichtend wird, sollten EVU sukzessive die alten IT-Systeme durch neue, agilere ersetzen. Dies bedeutet eine Vereinfachung, weil viele Dienste in der Cloud eingekauft werden können. Hier bieten sich IT-seitig große Effizienzreserven und Möglichkeiten Kosten einzusparen, die dann auch nicht an den Verbraucher weitergegeben werden müssen. Die neuen Geschäftsmodelle bringen viele Vorteile für den Verbraucher mit sich. Einer davon ist Autonomie und Wahlfreiheit, da er entscheiden kann, ob er die Energie, die er erzeugt, selbst verbraucht oder verkauft – bis hin zu der Idee, dass er sie jemandem spezifisch anbietet. Künftig wird für klassische Energieversorger die aus Effizienz- und Kostengesichtspunkten betriebene Optimierung des Energieverbrauchs im Gebäude viel interessanter sein als bspw. eine reine Tarifoptimierung. So wird lokales Energiemanagement auf Gebäude- oder Nachbarschaftsebene möglich. Darüber hinaus kann der Kunde auch ökonomisch autarker werden, indem er so viel produziert und speichert, wie er selbst benötigt. Wenn die notwendigen Geräte einmal im Haus eingebaut sind, entstehen über die Anschaffungskosten hinaus nur noch geringe Wartungs- und Instandhaltungskosten. Die Energie an sich kostet nichts mehr. Umbau des Stromnetzes ermöglicht neue Dienstleistungen [3] DKE: Energiesenken. Abrufbar unter: https://teamwork.dke.de/specials/7/Wiki-Seiten/Energiesenken. aspx, zuletzt geprüft am 5.5.15. Smart Metering ist nur eine Applikation die mittels intelligenter Messysteme implementiert wird. Das BMWi stößt bezüglich der Smart Metering-Thematik jetzt das Ausrollen des Gateways an. Die durch die aufzubauende, digitale Infrastruktur möglichen neuen Geschäftsmodelle gehen aber weit darüber hinaus. Der Umbau des Stromnetzes hin zu einem Smart Grid ist damit zwar noch lange nicht erreicht, aber eine Voraussetzung ist mit dem Rollout sicherer Gateways, die auch Mehrwertdienste ermöglichen, geschafft. [4] BMWi: Erneuerbare Energien auf einen Blick. Abrufbar unter: www.bmwi.de/DE/Themen/Energie/Erneuerbare-Energien/erneuerbare-energien-auf-einenblick.html, zuletzt geprüft am 30.4.15. [5] Rentzing, S.: Neue Energie vom Vermieter. In: Ökotest 05/15, S. 154 ff. Abrufbar unter: rentzing.com/app/ download/5800835394/Solarstrom+vom+Vermieter.pdf, zuletzt geprüft am 5.5.15. [6] Bundesnetzagentur: Smart Metering. Abrufbar unter: www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Unternehmen_Institutionen/NetzentwicklungundSmartGrid/SmartGrid_SmartMarket/Smart_ Metering/Smart_Metering_node.html, zuletzt geprüft Das Thema des Wandels des Smart Meterings hin zu Energiedienstleistungen wird alle Stakeholder in den nächsten Jahren noch intensiv beschäftigen. Sicher erscheint lediglich, dass der Einbau intelligenter Messsysteme nicht als Selbstzweck mandatiert wird. Vielmehr wird nur Geld fließen, wenn Bürger und Netzbetreiber einen klaren ökonomischen Vorteil zulasten der bisherigen oder geplanten Geldströme erlangen. Anmerkungen am 30.4.15. [7] Wilkens, A.: Smart Meter: Verbraucherschützer wettern gegen intelligente Stromzähler. In: Heise.de. Abrufbar unter: www.heise.de/newsticker/meldung/Smart-MeterVerbraucherschuetzer-wettern-gegen-intelligente-Stromzaehler-2611244.html, zuletzt geprüft am 27.4.15. [8] BSI: Smart Metering Systems. Abrufbar unter: www.bsi.bund.de/DE/Themen/SmartMeter/smartmeter_node.html, zuletzt geprüft am 27.4.15. [9] Huber, M.: In Deutschland wird es riesig! In: Sueddeutsche.de. Abrufbar unter: www.sueddeutsche.de/ wirtschaft/tesla-batterie-in-deutschland-wird-es-riesig-1.2460245, zuletzt abgerufen am 5.5.2015 [1] Bundesministerium für Wirtschaft und Energie [10] Deutsche Energie-Agentur: dena-Netzstudie II. Inte- (BMWi): Baustein für die Energiewende: Sieben Eck- gration erneuerbarer Energien in die deutsche Stromver- punkte für das Verordnungspaket Intelligente Netze. sorgung im Zeitraum 2015 – 2020 mit Ausblick 2025. Berlin Abrufbar www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/ 2010. Abrufbar unter: www.dena.de/fileadmin/user_up- PDF/E/eckpunkte-fuer-das-verordnungspaket-intelli- load/Publikationen/Erneuerbare/Dokumente/Endbe- gente-netze,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache= richt_dena-Netzstudie_II.PDF, zuletzt geprüft am 27.4.15. unter: de,rwb=true.pdf, zuletzt geprüft am 27.4.15. Ein weiterer Vorteil, der indirekt dem Bürger zugute kommt, sind reduzierte Netzausbaukosten. Derzeit speist der Verbraucher bspw. über seine Solaranlage Strom ins Netz ein und der Netzbetreiber rechnet mit bis zu 120 % der Nominalkapazität an Einspeisung, da er meist keine vertrauenswürdigen Daten über die tatsächliche Menge an eingespeister Energie bzw. über den Netzzustand am Einspeisepunkt hat. Damit plant der Netzbetreiber den Ausbau und geht aus Gründen der Versorgungssicherheit davon aus, dass alle Haushalte, die Energie produzieren, die volle Last ins Netz einspeisen. Wenn eine Steuerung der Anlagen möglich wäre, könnte man die von den EVU vorgesehenen Netzausbaukosten laut einer Studie der Deutschen Energie-Agentur um ein Drittel reduzieren [10]. Hier sind Milliardeneinsparungen in Form von Nicht-Ausgaben möglich. [2] BMWi: Smart Meter wesentlicher Baustein für Energiewende und Energieeffizienz. Abrufbar unter: www. bmwi.de/DE/Presse/pressemitteilungen,did=689540. html, zuletzt geprüft am 30.4.15. T. Weisshaupt, Global Account Manager, Smart Energy Segment, Gemalto, München [email protected] > PRINT > ONLINE > DIGITAL ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 21 BEWIRTSCHAFTUNG DER ENERGIEWENDE Fit für die nächste Phase der Energiewende: Durch Speicher und Digitalisierung erfolgreiche Geschäftsmodelle finden Stephan Franz Die Umstellung auf ein zunehmend dezentralisiertes Energiesystem hat grundlegende Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle in der Stromwirtschaft. Erneuerbare Erzeugungsanlagen werden weiter ausgebaut, neue Speichertechnologien und die digitale Verknüpfung und Steuerung ermöglichen eine zunehmende Integration von Erzeugung und Verbrauch. Es entsteht ein neuer Typ erfolgreicher Energieversorger: Pool-Manager, die sowohl die Finanzierung als auch die dezentrale Erzeugung, flexible Lasten und EE-Stromvermarktung miteinander verbinden. Die Aufteilung zwischen „alter“ (konventioneller) und „neuer“ (erneuerbarer) Energiewirtschaft verschwimmt zunehmend. Dezentrale erneuerbare Energiequellen hatten im Jahr 2014 einen Anteil von 25,8 % an der Bruttostromerzeugung in Deutschland, 2015 wird dieser Anteil signifikant steigen. Damit ist ein wichtiger Meilenstein der Energiewende erreicht. Die Einführung von Speichertechnologien und die neuen digitalen Steuerungsmöglichkeiten läuten nun eine neue Phase der Wende ein. Diese Umstellung hat grundlegende Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle in der Stromwirtschaft. Denn mit den neuen technologischen Lösungen entstehen auch neue Möglichkeiten, Geld mit der Erzeugung, Verteilung und Vermarktung von Strom zu verdienen. Nur wer sich in den kommenden Jahren auf diese neuen Marktbedingungen einstellt, wird weiter- Abb. 1 22 hin zu den Gewinnern der Energiewende zählen. Ausgangpunkt: Expertenbefragung In der aktuellen Phase des Übergangs ist die Debatte der Entwicklungen häufig durch Ungewissheit und Modewörter geprägt. Vor diesem Hintergrund stellt das Büro F, ein Beratungs- und Marktforschungsunternehmen mit Sitz in Berlin, anlässlich der Konferenz „16. Forum Solarpraxis – Wege in die neue Energiewelt“ im November 2015 eine Studie vor, die die technologischen Entwicklungen analysiert, die relevanten Akteure bestimmt und die erfolgsversprechenden Geschäftsmodelle der kommenden fünf Jahre darstellt. Ausgangspunkt der Studie ist eine Befragung, an der 42 Akteure der Energiewirtschaft Was sind die wichtigsten neuen technischen Lösungen der dezentralen Energieerzeugung? teilgenommen haben. Von den Befragungsteilnehmern arbeiten 26 % in Forschungsinstitutionen, 19 % in der Herstellung von Komponenten im Energiesektor, 15 % bei Energieversorgern und 14 % bei staatlichen Institutionen. Die restlichen 36 % setzen sich aus Teilnehmern von Beratungsunternehmen, Verbänden und Sonstigen zusammen. Die Experten wurden nach Trends in der Energiewirtschaft, den wichtigsten neuen technischen Lösungen und den interessantesten neuen Geschäftsmodellen befragt. Die Antworten wurden systematisch ausgewertet und mit profunden Marktanalysen gespiegelt und ergänzt. Die Ergebnisse der Befragung untermauern, dass das Zusammenbringen von Erzeugung und Verbrauch die zentrale Baustelle der Energiewende ist. Wer sich darauf einstellt, rüstet sich für den Energiemarkt der Zukunft. Die technischen Lösungen dafür stehen längst bereit. Aus Sicht der Experten werden sich in den kommenden fünf Jahren Speichertechnologien und die digitale Verknüpfung und Steuerung als neue technische Lösungen der dezentralen Energieversorgung durchsetzen. Zugespitzt: Speicher und Digitalisierung sind technologisch betrachtet der Missing Link zwischen Erzeugung und Verbrauch in dezentralen Energiesystemen (siehe Abb. 1). Diese neuen technischen Lösungen sind jedoch nur der Ausgangspunkt für die interessantesten neuen Geschäftsmodelle. Diese sind nach Ansicht der Befragungsteilnehmer: 1.) die Vermarktung von Strom (aus erneuerbaren Energiequellen), 2.) Angebote zur Flexibilisierung der Nachfra- ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 BEWIRTSCHAFTUNG DER ENERGIEWENDE ge (Lastmanagement) und 3.) Modelle zur Finanzierung von Erzeugungsanlagen und Speichern (Abb 2). Neue Geschäftsmodelle im Strommarkt Die Ergebnisse zeigen eine erfolgversprechende Ausrichtung, mit der sich Stadtwerke, Energieversorgungsunternehmen (EVU) oder Stromvermarkter in Zukunft im Wettbewerb positionieren können. Die neuen Geschäftsmodelle weisen zahlreiche Anknüpfungspunkte zu aktuellen Geschäftsmodellen von EVU auf, so bei der Vermarktung von Strom und der Flexibilisierung des Verbrauchs, aber auch beim Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten. Es deutet jedoch alles darauf hin, dass der Energieversorger der Zukunft Pool-Manager in einer zunehmend dezentralen und digital verknüpften Energiewelt sein wird (vgl. Abb. 3). Die Aufgabengebiete des PoolManagers bewegen sich zwischen Aggregation/Pooling und Vermarktung: ■ Aggregation: Der Pool-Manager aggregiert Erzeugungseinheiten verschiedener Technologien in virtuellen Kraftwerken (virtual power plants – VPP). Zunehmend werden auch dezentrale Batteriespeicher in die virtuellen Kraftwerke integriert werden, mögen es Homespeicher oder Großspeicher sein. Die Aggregation flexibler Lasten vor allem in Gewerbe und Industrie hilft weiterhin, innerhalb der virtuellen Kraftwerke für einen ausgeglichenen Bilanzkreis zu sorgen. Im Bereich der Finanzierung können in Kooperation mit entsprechenden Unternehmen attraktive Angebote für Investoren und Prosumer entstehen, so durch das Pooling von Kapital über Crowd Funding, oder, in der traditionellen Variante, über Genossenschaften. ■ Vermarktung: Der Pool-Manager verkauft den aggregierten Strom über Abnahmeverträge und über Börsen. Daneben kann er die gebündelten Kapazitäten dezentraler Einheiten an den Regelleistungsmärkten vermarkten. Erste Versuche dazu gibt es derzeit mit Batteriespeichern. Ein anderer Weg ist der Verkauf von Komponenten für Prosumer, z. B. in kompletten Paketen, die Finanzierung, Reststrombezug und die Vermarktung überschüssiger Erzeugung/Kapazitäten. In letzter Zeit häufiger aufgelegt Abb. 2 Welches sind interessante neue Geschäftsmodelle im Bereich der dezentralen Energieversorgung? werden Direktstromprodukte, so z. B. Regionalstromprodukte, Mieterstrommodelle, und in der digitalen Variante, die „Peer-toPeer“-Plattformen. Neue Profile für Energieversorger sprechende Web 2.0-Variante ist die Anlagenfinanzierung über Crowd-Funding und die Direktstromvermarktung über Peerto-Peer-Plattformen. In beiden Vermarktungsvarianten ist nach gegenwärtiger Gesetzeslage ein Bilanzkreisverantwortlicher zwischengeschaltet. Die Marktentwicklung bietet Chancen für „Alles-Könner“ oder jene, die einzelne Nischen strategisch besetzen. So gibt es schon heute Unternehmen, die ihre Anlagen über regionale Energiegenossenschaften finanzieren und die erzeugte Energie gleichzeitig in Mieterstrom- oder Regionalprodukten vermarkten. Die ent- Auf den neuen Märkten ist eine hohe Dynamik zu verzeichnen. Zu allen genannten neuen Geschäftsbereichen entwickeln Unternehmen am deutschen Markt bereits heute neue Geschäftsmodelle. Viele von ihnen haben sich in den vergangenen zehn Jahren gegründet. So ist in der EEG-Direktvermarktung mit Clean Energy Sourcing, Abb. 3 Neue Funktionen und Geschäftsmodelle für Energieversorger ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 23 BEWIRTSCHAFTUNG DER ENERGIEWENDE E2M, Next Kraftwerke und Grundgrün ein neuer Unternehmenstyp entstanden, der die Aggregation von erneuerbaren Erzeugungsquellen und deren Vermarktung von Anfang an als Kerngeschäft aufgebaut hat. Diese Unternehmen erweitern ihr Angebot zunehmend um die Einbindung flexibler Lasten und das Angebot von Stromprodukten für größere und kleinere Abnehmer. Auch die größeren Ökostromvermarkter gehen neue Wege. So z. B. Lichtblick über das Pooling von Prosumer-Anlagen und Naturstrom spätestens seit der Übernahme der Grünstromwerke über Regional- und Direktstrommodelle. Aus neuen technischen Lösungen erwachsen neue Chancen Aus den technischen Lösungen zur Integration erneuerbarer Energien in die Energiemärkte ergeben sich neue Chancen. In der aktuellen Marktstudie des Büro F wird diese Entwicklung systematisch analysiert und 24 dargestellt. Wer sich diesen Trends stellt und sich für die neuen Marktbedingungen rechtzeitig fit macht, kann in der nächsten Phase der Energiewende zu den Gewinnern zählen. Eine weitere Gelegenheit, sich mit den neuen Marktbedingungen vertraut zu machen, bietet das diesjährige Forum Solarpraxis in Berlin, auf dem auch das Büro F präsent sein wird. Auch dort wird eine Botschaft unüberhörbar sein: Die Aufteilung zwischen „alter“ (konventioneller) und „neuer“ (erneuerbarer) Energiewirtschaft verschwimmt zunehmend. S. Franz, Büro F – New Energy Markets, Berlin [email protected] 16. Forum Solarpraxis – Wege in die Neue Energiewelt Die Studie „Neue Geschäftsmodelle in dezentralen und digitalisierten Energiemärkten“ wird im November 2015 anlässlich der Konferenz „16. Forum Solarpraxis – Wege in die Neue Energiewelt“ veröffentlicht. Das Forum Solarpraxis gehört zu den führenden Fachkonferenzen der neuen Energiewelt. Es vernetzt Photovoltaik- und Komponentenhersteller, Stadtwerke, Energieversorger und -händler, Dienstleister, Berater und professionelle Prosumer. Im Mittelpunkt der interaktiven Konferenzformate und Vorträge stehen neue Märkte, Geschäftsmodelle und politische Rahmenbedingungen. Die diesjährige Konferenz findet am 26. und 27.11.2015 in Berlin statt. Es werden über 700 Teilnehmer erwartet. Mehr Informationen: www.neue-energiewelt.de ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 BEWIRTSCHAFTUNG DER ENERGIEWENDE Neue Generation virtueller Kraftwerke ebnet Stadtwerken den Weg Roberto Greening Die Energiewende gleicht einer Revolution der Massen: Tausende von Klein- und Kleinstanlagen – ob Photovoltaik, Windenergie, Biogas oder BHKW – speisen Energie in das Mittel- und Niederspannungsnetz ein oder halten Speicherleistung bereit. Umso bedeutender ist es für Stadtwerke, mit diesen rasant zunehmenden Erzeugungsanlagen zu arbeiten und sie mit Speichern und industriellen Verbrauchsanlagen intelligent zu verknüpfen. Mit technologisch fortgeschrittenen integrierten Virtual Power Plants (VPP) haben es Stadtwerke in der Hand, die Brücke zu vielen dezentralen Energieerzeugern und -verbrauchern zu bauen. Die Verknüpfung von Energiehandel, Energiespeicherkapazitäten und Demand-Response-Management innerhalb eines Systems bietet ihnen den Einstieg in die Direktvermarktung. Die Vision: Virtual Power Plants (VPP) der neuen Generation nutzen die Flexibilität der vielen dezentralen Anlagen und leisten durch einen sekundenschnell angepassten und darauf abgestimmten Verbrauch einen Beitrag, die Netze zu stabilisieren. Durch die Einbindung dieser Anlagen in ein integriertes System können Stadtwerke und Direktvermarkter ihren Energiehandel optimieren, um für sich selbst, ihre Industrie- und Gewerbekunden sowie für partizipierende Anlagenbetreiber neue Geschäftsfelder zu eröffnen. Noch stehen diese Modelle am Anfang ihrer Entwicklung. Traditionelle VPP, die ihre einzelnen Anlagen wie ein klassischer Leitstand direkt kontrollieren, sind noch nicht in der Lage, viele Anlagen in ein System zu integrieren und intelligent zu steuern. Voraussetzung dafür sind Technologien, die flexibel auf Systemanfragen eingehen und aggregierte Profile schaffen. Dazu gehören die Bündelung optimierter Lösungen für den Energiehandel, stabile Netze, DemandResponse-Management sowie Energiespeicherleistungen. Technologisch fortgeschrittene VPP als Ergänzung der Leitstände Die Dezentralität der Erzeugungsanlagen sowie Verbraucher, die zunehmend auch zu Erzeugern werden und Energie in die Netze einspeisen (bidirektionale Energieströme), zwingen die Stadtwerke, ihre Anlagen in moderne VPP zu integrieren. Im Gegensatz zum traditionellen VPP vereint das virtuelle Kraftwerk der neuen Generation die Fahrpläne aller Anlagen in einem ausgleichen- Mit modernen Virtuellen Kraftwerken können die Stadtwerke eine Brücke zu Tausenden von Erzeugern und Verbrauchern schlagen und sich auf diese Weise ein einzigartiges Profil geben Foto: emerge | Fotolia.com den System. Es bilanziert Bedürfnisse und betreibt ein Portfoliomanagement mit dem Ziel, eine Optimierung der Energiepotenziale aller Anlagen zu erreichen. Dazu ermittelt das VPP kontinuierlich die idealen Produktionsmengen und stellt diesen Speicherkapazitäten Eigenbedarf und Möglichkeiten des zusätzlichen Energieverbrauchs gegenüber. Es nutzt so die Kapazitäten, die Anlagenbetreiber und industrielle Betriebe über den Eigenbedarf hinaus zur Verfügung stellen können. Kurz gesagt: Das VPP empfiehlt, wann wie viel Energie mit welcher Anlage produziert, gespeichert oder verbraucht werden soll und welche Form ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 der Vermarktung den individuell gesetzten Zielen am besten entspricht. Flexibilitäten sind Grundlage virtueller Kraftwerke Durch in ein System integrierte Anlagen ergeben sich für Kraftwerksbetreiber viele Flexibilitätspotenziale (vgl. Abbildung). Dafür legt das VPP für jedes einzelne Asset Profile an. Für eine Ladestation für Elektrofahrzeuge muss bspw. ermittelt werden, welche Energiemenge wann im Fahrzeug sein muss: Gibt es Zeitfenster, in denen Einsparungen beim Aufladen möglich sind? Das VPP aggregiert diese Informationen 25 BEWIRTSCHAFTUNG DER ENERGIEWENDE und gewährt dem System nach Möglichkeit, die Flexibilität der Anlage zu nutzen. Bei Stromüberschuss kann das Fahrzeug schnell aufgeladen werden, bei entsprechend niedrigen Strommengen wird der Ladebetrieb verschoben. Wenn die Anlage die Flexibilität nicht zur Verfügung stellen kann, lehnt das System das „Angebot“ des VPP ab, der Ladebetrieb geht normal weiter und das virtuelle Kraftwerk speichert oder bezieht den Strom von woanders. Die Vielfalt unterschiedlicher Flexibilitätsprofile in einem VPP ist der Schlüssel, um Energiekapazitäten so zu regeln, wie es für den Anlagenbetreiber am profitabelsten ist. Gleichzeitig ermöglicht es vor allem Stadtwerken, die Netzstabilität zu steuern. Damit wird zudem die Basis für die künftigen Anforderungen des Smart Grids geschaffen. Einstieg in die Direktvermarktung Voraussetzung für ein netzstabilisierendes VPP sind Smart Meter. Nur mit ihnen lassen sich jederzeit die benötigten Informationen über die Kapazitäten im Niederspannungsnetz erhalten. Das so konfigurierte VPP ermittelt die bestmögliche Strategie für das Verteilnetz und gewährleistet optimale Lastverläufe. Es greift dabei über webbasierte Schnittstellen auf verschiedene externe Daten wie Wetterprognosen oder Statusanalysen des Verteilungsnetzes zurück. Bei der betriebswirtschaftlichen Optimierung ermittelt das VPP, wann welche Energiemengen erzeugt, verkauft oder gespeichert werden sollen, um höchstmögliche Gewinne am Energiemarkt zu erzielen. VPP ermöglichen Stadtwerken so den Einstieg in die Direktvermarktung. Ob mit Fokus auf der Netzstabilität oder auf der betriebswirtschaftlichen Seite: Beide VPP-Konfigurationen können entweder unabhängig voneinander oder gleichzeitig – mit Priorisierung auf einer der beiden Betrachtungsweisen – zum Einsatz gebracht werden. Ein VPP gibt eine Handlungsempfehlung gemäß definierter Regeln und Bedingungen. Das Ergebnis ist ein aktualisierter und aggregierter Sollfahrplan, 26 Abb. VPP können durch die Bereitstellung von Flexibilitäten eine Vielzahl von Herausforderungen moderner EVU bewältigen Quelle: DONG/EnerNOC der für jede einzelne Anlage aufgeschlüsselt wird. Getaktete Stromkapazitäten schaffen neue Erlöse Der Spagat zwischen Grundversorgung und Rendite stellt das Selbstverständnis der Stadtwerke mitunter auf die Probe. Doch mit modernen VPP können Stadtwerke mit Flexibilitäten Rendite erzielen und das Netz stabilisieren. Für viele Stadtwerke ist die Masse der kleineren Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen, die in ihrer Akkumulation maßgeblich für das Erreichen dieser Zeile sind und ein weitaus größeres Flexibilitätspotenzial besitzen, mittlerweile wesentlicher als die Großkraftwerke. Um mit einem VPP attraktive Kapazitäten zu schaffen, reichen oft schon 20 BHKW. Im Optimalfall sind die Anlagen getaktet, das heißt, sie produzieren oder verbrauchen Strom sporadisch und nicht durchgehend. Das schafft erhöhte Flexibilitäten und Erlösmöglichkeiten. Stadtwerke müssen Anreize schaffen Stadtwerke hatten seit Beginn der Liberalisierung des Energiemarkts nur wenige Möglichkeiten, sich zu profilieren. Mit mo- dernen VPP können sie jetzt die Brücke zu Tausenden von Erzeugern und Verbrauchern schlagen, um bisher noch unerschlossene Ressourcen zu erschließen. Vor allem Kommunen, die viele BHKW in Schulen, Theatern, Krankenhäusern und weiteren kommunalen Einrichtungen betreiben, können hier profitieren. Durch die weiter zunehmende Diversifizierung und Dezentralisierung der Energieerzeugung werden intelligente VPP in Zukunft eine bestimmende Rolle im Energiemarkt einnehmen und den Weg in eine smarte Energiewelt ebnen. Die EEG-Novelle stützt diese These, da sie fernsteuerbare Anlagen begünstigt. Die BSI TR-03109 schafft die sichere Kommunikation zu den dezentralen Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen. Der Trend dürfte an Dynamik gewinnen, wenn die Investitionen in den Netzausbau weiter hinter den Erwartungen zurückbleiben. Denn VPP haben durch ihre regulierende Wirkung die Möglichkeit, auch weniger stark ausgebaute Netze zuverlässig zu stabilisieren. R. Greening, Product Manager Virtual Power Plant, Bosch Software Innovations GmbH, Berlin [email protected] ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 Energiewende – Der (etwas) andere Blick Die Energiewende braucht frischen Wind. Deutschlands Energiewirtschaft wandelt sich derzeit stark – hin zu mehr Dezentralität, intelligenter Vernetzung und neuer Kundenorientierung. Weil kein Stein auf dem anderen bleibt, muss sich auch der Blickwinkel ändern. In der bislang von Männern dominierten Branche ist dies die weibliche Perspektive auf den Transformationsprozess. In diesem Buch leuchten Branchenexpertinnen aus dem Netzwerk women&energy den komplexen Aktionsraum der Energiewende aus und blicken in die Energiezukunft. Der (etwas) andere Blick schweift von veränderten Rahmenbedingungen über Unternehmensstrategien und Finanzierungsfragen bis hin zum Personal und zur Unternehmenskultur – und eröffnet neue Perspektiven. Das gewährt nicht nur neue Einblicke, sondern setzt Impulse zum Gelingen des Wandels. Autorinnen: Julia Angerer, Nadja Ballauf, Carina Dorothea Carl, Christine Catasta, Christine Cröniger, Sabine U. Dietrich, Ulrike Döring, Nicole Elert, Susanne Fabry, Christiane Frank, Claudia Gellert, Nicole Hagemann-Marré, Olesya Hatop, Heike Heim, Simone Hessel, Grit Hömke, Marion Kapsa, Andrea Keen-Erpenstein, Heidrun Leinenbach, Stephanie Lemken, Ulrike Mathis, Anna Katharina Meyer, Anja Michalek, Dajana Neumann, Christiane Nill-Theobald, Petra Püchner, Alexandra Ressenig, Ellen Roemer, Barbara Schmidt, Sonja Schmutzer, Elke Spaeth, Susanne Stark, Marie-Theres Thiell, Nadja Thomas, Erna-Maria Trixl, Andrea Vogt, Felicitas von Kyaw, Elke Vorholt, Daniela Wallikewitz, Beatrix Widmer Buch-Bestellung Bitte liefern Sie energieverlag Exemplare ENERGIEWENDE – DER (ETWAS) ANDERE BLICK Sichtweisen von women&energy – Das energiegeladene Frauennetzwerk! Nicole Elert (Hg.) etv Energieverlag GmbH Postfach 18 53 54, D-45203 Essen Tel.: 0 20 54/95 32-10 Fax: 0 20 54/95 32-60 Die Bestellung richten Sie bitte an Frau Holz: [email protected] ISBN 978-3-942370-43-1 • 16×23 cm • 624 Seiten • je 56,- € (+ Porto) Bestellanschrift Vorname / Name PLZ / Ort Firma / Abteilung Telefon Straße E-Mail BEWIRTSCHAFTUNG DER ENERGIEWENDE Geschäftsmodelle öffentlicher Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge Michael Haag und Andrej Cacilo Die Bedeutung öffentlicher AC-Ladeinfrastruktur wurde in den Jahren der Marktvorbereitung der Elektromobilität zunächst erheblich überschätzt. Die Nationale Plattform Elektromobilität (NPE) prognostizierte noch im Jahr 2012 einen Ladeinfrastrukturbedarf für Deutschland in Höhe von bis zu 150 000 öffentlichen AC-Ladepunkten. Aus volkswirtschaftlich-politischer Sicht wurde hierzu ein Henne-Ei-Problem beschrieben, das besagt, dass Infrastrukturaufbau und Markthochlauf von Elektrofahrzeugen sich wechselseitig bedingen. Dabei wurde jedoch unterschätzt, dass ein erheblicher Teil der Kunden über private Lademöglichkeiten verfügt und damit nur einen sehr geringen Bedarf an öffentlicher Ladeinfrastruktur hat. Eine allgemeine Wirtschaftlichkeitsrechnung auf Basis einer Meta-Studie zeigt die Schieflage aus Kosten und Erlösen deutlich. Daraus ergibt sich die Frage, wie zukunftsfähige Geschäftsmodelle aussehen können. Zwar wurde von der NPE ermittelt [1], dass die Existenz öffentlicher Ladeinfrastruktur eine nennenswerte psychologische Bedeutung für potenzielle Kunden von Elektrofahrzeugen hat, der Bedarf an öffentlicher Ladeinfrastruktur [2] und damit die Nachfrage haben die Erwartungen jedoch bei weitem nicht erfüllt [3]. Im Ergebnisbericht zu den Modellregionen 2011 wurde bereits das Fazit gezogen, dass die Kosten für Aufbau und Wartung von Ladestationen im öffentlichen Bereich vor Projektstart unterschätzt sowie die zu erzielenden Erlöse überschätzt wurden [4]. Bis auf Ausnahme der wenigen europäischen Standorte mit elektrischem Carsharing, wie z. B. in Stuttgart oder Amsterdam, Abb. 1 28 sind die meisten öffentlichen AC-Ladepunkte [5] deutlich unterausgelastet, so dass der Ausbau in Deutschland in der Zwischenzeit stockt bzw. in einigen Städten sogar ein selektiver Abbau diskutiert wird. Andererseits finden nach wie vor groß angelegte öffentliche Ausschreibungen statt oder wurden angekündigt, um ganze Städte wie Berlin, München oder Hamburg flächendeckend mit öffentlicher Ladeinfrastruktur auszustatten. Dabei wird stets auch ein überwiegender Anteil an AC-Ladestationen eingeplant. In der jetzigen Aktualisierung des NPE-Fortschrittsberichts vom Dezember 2014 gehen die Experten von einem Ladeinfrastrukturbedarf von 70 000 öffentlichen AC-Ladepunkten für das Jahr 2020 aus. Total Cost of Ownership-Betrachtung pro Ladepunkt für das Jahr 2014 Wirtschaftlichkeitsberechnung für Ladeinfrastruktur In der Wirtschaftlichkeitsberechnung für den Betrieb von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge werden den Anschaffungs- und Betriebskosten die Erlöse eines durchschnittlich ausgelasteten Ladepunkts gegenübergestellt. Hierfür wird eine Reihe von Annahmen getroffen: ■ Die Anschaffungs- und Betriebskosten für Ladeinfrastruktur beruhen auf den Werten aktueller Angaben der NPE [6] und Fraunhofer ISI [7]; ■ es wird eine durchschnittliche Anzahl an Ladevorgängen an einem Ladepunkt einer Ladesäule angenommen. Als Referenzwert wird hierbei die durchschnittliche Anzahl der Ladevorgänge in Amsterdam gewählt (1,62 Ladevorgänge/Tag) [8]; ■ der durchschnittliche Ladestrom pro Ladevorgang wird mit 8,61 kWh angenommen [8]; ■ es wird ein kWh-basierter Stromtarif (netto 0,23 €/kWh) verwendet und eine virtuelle Marge von 0,1 €/kWh angenommen. Abb. 1 zeigt die Gesamtkosten und Erlöse für einen Ladepunkt im Jahr 2014. Die Abbildung verdeutlicht, dass der Betrieb einer öffentlichen AC-Ladeinfrastruktur aus wirtschaftlicher Sicht derzeit nicht tragend ist. Eine Untersuchung der Kosten zeigt weiter, dass insbesondere die Abschreibungen einen hohen Anteil an den Gesamtbetriebskosten haben. Den Umsätzen in Höhe von 1 622 € stehen Gesamtkosten in Höhe von 2 693 € gegenüber, wodurch ein Finanzierungsdelta in Höhe von 1 071 € im Jahr 2014 resultiert. ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 BEWIRTSCHAFTUNG DER ENERGIEWENDE Banalerweise führt ein steilerer Fahrzeughochlauf zu einer steigenden Nachfrage nach Ladestationsnutzung und Auslastung der öffentlichen Ladeinfrastruktur und damit zu einem deutlich verbesserten Ergebnis für die Betreiber öffentlicher Ladeinfrastrukturen. Wir verweisen dabei auf den aktuellen NPE Zwischenbericht 2014 mit den dort durch das Fraunhofer ISI bewerteten und durch die NPE empfohlenen Maßnahmen zur staatlichen Förderung, wie z. B. Sonder-AfA etc. Dennoch ergibt eine betriebswirtschaftliche Betrachtung, dass öffentlich zugängliche Ladepunkte „voraussichtlich bis 2020 […] nicht wirtschaftlich zu betreiben“ sein werden [6]. Trotz dieses Befunds wird das Thema Elektromobilität aufgrund der weltweit gesetzten Nachhaltigkeitsziele im urbanen Raum und der Tatsache, dass die politischen Triebfedern der Elektromobilität neben der Reduktion von Treibhausgasen insbesondere die Lösung städtischer Probleme wie Schadstoff- und Feinstaubbelastung sind [9], weiter forciert. Sollen diese städtischen Probleme jedoch gelöst werden, muss mittelfristig ebenfalls eine Antwort für die sog. „Laternenparker“ gefunden werden. In deutschen Großstädten über 500 000 Einwohner, verfügen 43,5 % der Fahrzeughalter nicht über einen privaten Stellplatz [10]. In den Niederlanden liegt diese Quote bei 74 %, so dass dort Lösungen für Laternenlader noch höher auf der Prioritätsliste stehen [11]. Kombiniert man die Notwendigkeit eines Markthochlaufs von Elektrofahrzeugen in Städten mit dem Befund, dass aktuelle Geschäftsmodelle keine Wirtschaftlichkeit erzielen (können), führt dies zur Frage, wie die Geschäftsmodelle verändert werden müssen. In einer Reihe von Projekten werden daher aktuell Geschäftsmodelle im Bereich der Ladeinfrastruktur untersucht [12]. Nachfolgend wird zunächst eine Methodik zur Analyse von LadeinfrastrukturGeschäftsmodellen beschrieben und das in Rotterdam umgesetzte Geschäftsmodell mit dem in Stuttgart umgesetzten Geschäftsmodell verglichen. Rotterdam verfügt über einen der am höchsten entwickelten städtischen EV-Märkte in Europa und ist, gemessen am Verhältnis von Ladestationen zu Elektrofahrzeugen, eine der Städte mit der höchsten Dichte an Ladestationen [13]. Abb. 2 Morphologischer Kasten für die technisch-operative Dimensionen von Ladeinfrastruktur-Geschäftsmodellen (blau = Stuttgart, orange = Rotterdam) Geschäftsmodell-Morphologie für eine öffentliche Ladeinfrastruktur Eine morphologische Analyse stellt ein Mittel dar, um Geschäftsmodelle systematisch zu beschreiben und zu analysieren. Das Prinzip des morphologischen Kastens besteht darin, potenzielle Ansätze zur Lösung mit verschiedenen Ausprägungen systemisch zu klassifizieren und strukturiert darzustellen [14]. Eine spezifische Kombination verschiedener Gestaltungsmöglichkeiten in einem morphologischen Kasten wird als Profilzug bezeichnet. Die Gesamtanzahl an potenziellen Lösungen kann mithilfe eines morphologischen Kastens und der Kombination möglicher Ausprägungsmerkmale, unter Nichtberücksichtigung von technisch oder ökonomisch nicht attraktiven Ausprägungen, reduziert werden. Im Folgenden wird auf die Ausprägungen der Geschäftsmodelle für öffentliche Ladeinfrastruktur in Stuttgart und Rotterdam eingegangen, welche in zwei morphologischen Kästen dargestellt werden. Nachfolgend werden die in Abb. 2 dargestellten Merkmalsausprägungen für den Betrieb öffentlicher Ladeinfrastruktur in den Städten Rotterdam und Stuttgart erläutert. In Rotterdam befinden sich konduktive Ladestationen vorwiegend am Straßenrand ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 und verfügen in der Regel über je zwei Ladepunkte mit einer maximalen Ladeleistung von 11 kW. Zur Kommunikation zwischen Ladesäule und Fahrzeugen wird Mode 3 verwendet. Die Zugänglichkeit für den Nutzer ist aufgrund der Interoperabilität der Ladestationen auf Basis von Roaming-Verträgen verschiedener Betreiber in Rotterdam und den gesamten Niederlanden gegeben. Der Stromzähler ist in der Ladesäule verbaut. Abgerechnet wird die geladene Energiemenge in kWh. Dabei wird von der Stadt ein Höchstpreis in Höhe von 23 ct/kWh festgesetzt. Zur Authentifizierung und Abrechnung ist eine dedizierte Karte nötig. Der Parkplatz ist nicht reservierbar. Bezüglich der Zugänglichkeit für Lieferanten setzt Rotterdam auf ein Ein-Lieferanten-Modell [15]. In Stuttgart werden konduktive Ladestationen am Straßenrand mit je zwei Ladepunkten und einer maximalen Ladeleistung von 22 kW eingesetzt. Zur Kommunikation zwischen Ladesäule und Fahrzeug wird Mode 3 verwendet. Ein Stromzähler ist in jede Ladestation integriert. Abgerechnet wird bei Nutzung der Stuttgarter Ladeinfrastruktur nach Zeit (h) und nicht nach geladener Energiemenge. Dies liegt u. a. am deutschen Eichrecht, das für eine Abrechnung nach kWh ein durchgängig geeichtes Messsystem entlang der Kette „Kunde – Ladestation – IT-Backend – Frontend – Kun29 BEWIRTSCHAFTUNG DER ENERGIEWENDE naus gemeinsam mit Kooperationspartnern nachhaltig tragfähige Geschäftsmodelle für Betrieb und Service sowie für den weiteren Hochlauf von Ladeinfrastruktur zu entwickeln, zu erproben und zu etablieren. Dagegen hat der reine Umsatz an elektrischer Energie eine nachrangige Bedeutung. Optimierungsoptionen der Geschäftsmodelle Die Ergebnisse der eingangs vorgestellten Wirtschaftlichkeitsbetrachtung verdeutlichen, dass im Bereich öffentlicher Ladung bedeutende Modifizierungen des Geschäftsmodells unumgänglich sind, damit der Betreiber wirtschaftlich arbeiten kann. Drei Punkte sind für die Optimierung des Geschäftsmodells von besonderer Bedeutung: Abb. 3 Morphologischer Kasten für Marktrollen in Ladeinfrastruktur-Geschäftsmodellen (blau = Stuttgart, orange = Rotterdam) 1. 2. de“ vorschreibt, wodurch ein wirtschaftlicher Betrieb zusätzlich schwierig zu erreichen ist. Zur Authentifizierung und Abrechnung ist eine spezielle RFID-Karte nötig. Die Zugänglichkeit für den Nutzer ist aufgrund der Interoperabilität der Ladestationen auf Basis von Roaming-Verträgen der EnBW mit verschiedenen Betreibern (Ladenetz, HUBJECT, Electricité de France, BMW, VW, verschiedene Stadtwerke etc.) grundsätzlich gegeben. Leider ist die Roaming-Vernetzung in Deutschland noch nicht so einheitlich und universell wie in den Niederlanden, so dass derzeit verschiedene Roaming-Plattformen parallel existieren. Obwohl die Parkplätze nur von Elektrofahrzeug-Kunden genutzt werden dürfen, ist es nicht möglich, dauerhafte Reservierungen vorzunehmen. Bezüglich der Zugänglichkeit für Lieferanten beruht das Stuttgarter Geschäftsmodell auf einem Einlieferantenmodell zur Stromversorgung der Ladestationen. Gegenüber dem Endkunden ist dies aufgrund der zeitbasierten Abrechnung entkoppelt. Hier gilt entweder der Tarif der EnBW-Elektronautenladekarte (postpaid/prepaid) oder der Roamingtarif des jeweiligen EMP, mit dem der Kunde in Vertragsbeziehung steht. Der morphologische Kasten in Abb. 3 zeigt die Marktrollen innerhalb der Geschäftsmo30 delle in Rotterdam und Stuttgart. Die Zuteilung der Rollen ist in Rotterdam sehr differenziert. Der Infrastrukturinhaber ist die Stadt selbst. Authentifizierungs-, Zählungs-, Bezahlungs- und Lade-Services werden von einem Dienstleistungsunternehmen durchgeführt, welches auch den technischen Betrieb übernimmt. Parkplatzbetreiber ist die Stadt Rotterdam, häufig sind die Parkräume jedoch nicht bewirtschaftet. Der Anreiz der Stadt Rotterdam ist die Förderung der Marktdurchdringung der Elektromobilität. Der Anreiz des Betreibers ist die langfristige Wirtschaftlichkeit des Ladeservices. Die Zuteilung der Marktrollen ist in Stuttgart sehr zentralisiert. Der Infrastrukturinhaber ist der Energieversorger Energie BadenWürttemberg AG (EnBW). Auch weitere Funktionen wie Authentifizierung, Zählung, Abrechnung und Ladedienstleistungen sowie der technische Service werden von der EnBW übernommen. Parkplatzbetreiber ist in der Regel die Stadt Stuttgart; häufig sind die Parkräume jedoch nicht bewirtschaftet. Der Anreiz der Stadt Stuttgart als Projektpartner ist insbesondere die Implementierung des E-Carsharing-Konzepts als Instrument, um den innerstädtischen Verkehr umweltfreundlicher und flexibler zu machen und dabei die Mobilitätsbedürfnisse der Bürger und Besucher zu erfüllen. Ziel der EnBW ist es, über die bisherigen Forschungsprojekte hi- 3. 4. Maßnahmen zur Kostenreduktion für Errichtung und Betrieb; Verbesserung von Kundennutzen und Kundenfreundlichkeit durch Reservierbarkeit; Ko- und Querfinanzierung; Beschleunigung des Fahrzeughochlaufs. Kostenreduktion bei Errichtung und Betrieb Mit dem weiteren Ladeinfrastrukturaufbau wird die Hardware im Zeitablauf günstiger. Hierbei kommen verschiedene Skalen- und Lerneffekte sowie Prozessverbesserungen bei der Herstellung zum Tragen. Bei einer Verdopplung der kumulierten Produktionsmenge war bei anderen Technologien eine Kostenreduktion von ca. 20 % möglich [16]. Weitere Komplexitäts- und Kostenreduktionen sind durch Verzicht auf Schukosteckdosen oder auf Ladeklappen erbringbar. Während des Betriebs kann einer Optimierung der Prozessabläufe für Entstörung und Wartung (z. B. ergänzt durch remotefähige Fehlerstromschutzschalter) zu Kostensenkungen führen. Darüber hinaus arbeiten projektübergreifende Arbeitskreise schon seit Jahren erfolglos an einer Anpassung der nicht e-mobilitätstauglichen technischen Anschlussbedingungen des Ladeinfrastrukturaufbaus und einer Lockerungen im Eichrecht. Die Weichen zu weiteren Kostenreduktionen können nur gestellt werden, ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 BEWIRTSCHAFTUNG DER ENERGIEWENDE wenn man davon weg kommt, dass eine neue öffentliche Ladestation wie der Neubau eines Einfamilienhaus zu betrachten ist und dort Hausanschlusskasten (HAK) und Haushaltszähler verbaut werden müssen. Erhöhter Kundennutzen durch Reservierbarkeit Eine signifikante Verbesserung des Kundennutzens und der Kundenfreundlichkeit könnte durch die Möglichkeit erreicht werden, die Ladestationen dauerhaft zu buchen. Das betrifft im Speziellen die Option zur Reservierung eines Nacht-Ladeparkplatzes. Die garantierte Möglichkeit zum Laden ist aus Sicht der Kunden eine Bedingung für die Anschaffung eines Elektrofahrzeugs. Dies zeigen die Mobilitätsstatistiken und Befragungen von Kunden: Über Nacht parken 99 % aller Fahrzeuge. Normalerweise bleiben sie die ganze Nacht auf dem Parkplatz [17]. Wie bereits erläutert, müssen in großen deutschen Städten mehr als 43,5 % der Fahrzeugbesitzer auf der Straße parken. Für diese Kundengrup- pe liegt derzeit keine gute Ladeinfrastrukturlösung vor. Renault hat ermittelt, dass eine schlechte Verfügbarkeit von Ladeinfrastruktur die Hauptbarriere für einen Elektrofahrzeugkauf darstellt. Entsprechend sind drei Viertel der Elektrofahrzeugkunden von Renault in Städten unter 50 000 Einwohnern und zu 93 % in Einfamilienhäusern beheimatet. Diese Kunden verfügen über private Ladepunkte. Sebastián Albertus von Renault schlussfolgert daher, dass es nicht um die Anzahl öffentlicher Ladepunkte geht, sondern um die gesicherte Möglichkeit, nachts laden zu können [18]. Auch wenn der Mehrwertdienst „Reservierung eines Nachtladeplatzes“ aus Kundensicht interessant ist, so stehen einem derartigen Angebot erhebliche Barrieren entgehen. Organisatorisch spricht dagegen, dass Parkplatzeigentümer (in der Regel Kommunen) und Ladeinfrastrukturbetreiber (in der Regel Privatunternehmen) im Rahmen eines gemeinsamen Geschäftsmo- dells kooperieren müssten und hierfür die gesamte Parkplatzbewirtschaftung und -regelung neu zu strukturieren wäre. Zudem wäre eine Umsetzung auf Basis des geltenden Rechts derzeit nicht möglich [19]. Ko- und Querfinanzierung Zur Querfinanzierung der Ladeinfrastruktur gibt es mehrere Ansätze. Der VDA schlägt eine Verknüpfung mit der Parkraumbewirtschaftung vor, d. h. eine leichte Anhebung der Parkgebühren für alle Fahrzeuge. Als alternative Finanzierungsoption wurde eine Ko-Finanzierung durch Netzentgelte vorgeschlagen [20]. In Italien und Irland wurde dieses Marktmodell bereits implementiert. Zwar würden die Mehrkosten für private Haushalte pro kWh nur ca. 0,08 ct bzw. 2,7 € pro Jahr betragen und damit unter der Wahrnehmungsschwelle bleiben. Allerdings würde dieses Marktmodell den Verteilnetzbetreiber in die Rolle des Ladeinfrastrukturbetreibers bringen. Es kann bezweifelt werden, ob dies zu den Kompetenzen eines Netzbetreibers passt. Cornelia Kawann (Hg.) ENERGIE IM WANDEL – Frauen gestalten die Schweizer Energiezukunft Energie wird erzeugt, transportiert und gespeichert. Sie wird gehandelt, genutzt, verschwendet, verbraucht, gespart und vernichtet. Wir kommunizieren und produzieren mit ihr. Energie ist ein politisches Thema. Aber auch eine gesellschaftliche, wirtschaftliche und technische Aufgabe, die nach einem ganzheitlichen Umgang verlangt. Noch immer ist die Energiewirtschaft eine Männerdomäne. Sie erfordert mit ihrer wachsenden Komplexität jedoch zunehmend die Diversität verschiedener Kompetenzen und Sichtweisen. Diese Diversität gewinnt derzeit an Fahrt und belebt die Branche: Immer mehr Frauen steigen neu in die Energiewirtschaft ein oder belegen dort sogar Spitzenpositionen. Es ist Zeit, der Vielfalt und Ganzheitlichkeit zuliebe einmal die Power-Frauen zu Wort kommen zu lassen: Denn es gibt sie, sogar zahlreich. Bestellanschrift: Bitte liefern Sie Exemplare Energie im Wandel – Frauen gestalten die Schweizer Energiezukunft je 29,- € (+ Porto) У ISBN 978-3-942370-41-7 Energie im Wandel – eine Aufgabe der Gesamtgesellschaft. Wir alle sind gefordert. ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 ISBN 978-3-942370-41-7 • 288 Seiten • Preis: 29,- € energieverlag etv Energieverlag GmbH Postfach 18 53 54 D - 45203 Essen, Tel.: 0 20 54/95 32-10 • Fax: 0 20 54/95 32-60 Die Bestellung richten Sie bitte an Frau Holz: [email protected] 31 BEWIRTSCHAFTUNG DER ENERGIEWENDE Eine weitere Finanzierungsmöglichkeit besteht darin, einen E-Mobilitäts-Cent pro Liter Treibstoff zu erheben. Pro Jahr werden in Deutschland 67 Mrd. l Treibstoff verbraucht [21], so dass in 3 Jahren mit 1 ct rd. 2 Mrd. € in einen zentralen Fonds fließen könnten. Bezogen auf den von der NPE prognostizierten Bedarf von 70 000 Ladepunkten im Jahr 2020 wäre sogar nur ein Zuschlag auf die „Mineralölsteuer“ in Höhe von unter 0,2 ct €/l ausreichend, um die prognostizierte AC-Ladeinfrastruktur zu finanzieren. Wirtschaftlichkeit ist nicht absehbar Deutlich wird, dass AC-Ladeinfrastrukturgeschäftsmodelle in ihrer heutigen Ausprägung auch langfristig nicht wirtschaftlich sind. Es sind grundlegende Modifikationen der Geschäftsmodelle bzw. ihrer Finanzierung notwendig, um einen wirtschaftlichen Betrieb für die Anbieter zu ermöglichen. Dies ist die Voraussetzung dazu, dass die notwendige Infrastruktur für Elektrofahrzeugkunden in urbanen Räumen dauerhaft bereitgestellt wird. Anmerkungen [2] infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft http://www.slam-projekt.de/index.php; LivingLab BWe GmbH; Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung mobil: Aufbau Ladeinfrastruktur Stuttgart und Region (DIW): Mobilität in Deutschland (MiD) 2002. Bonn/Ber- (ALIS). Abrufbar unter: http://www.livinglab-bwe.de/ lin 2002; Continental AG: Continental-Mobilitätsstudie projekt/alis 2011. Hannover 2011. Ca. 71 % der Fahrzeughalter [13] International Energy Agency: EV City Casebook. in Deutschland und ca. 56,5 % der Fahrzeughalter in Paris 2012. Großstädten sind Stellplatz- und Garagenparker, die in [14] Zwicky, F.; Wilson, A. (Hrsg.): New Methods of der Regel gute Bedingungen für einen Aufbau privater Thought and Procedure – Contributions to the Sympo- Ladeinfrastruktur aufweisen. Es kann angenommen sium on Methodologies. o. O. 1967. werden, dass der Anteil dieser Gruppe unter privaten [15] Oranje, A.: Rotterdam Electric. Rotterdam 2014. Elektrofahrzeugkäufern deutlich höher ist. [16] Coenenberg, A. G.; Fischer, T. M.; Günther, T.: Kos- [3] Boesche, K. V.; Fest, C.; Franz, O.; Gaul, A. J.: Ber- tenrechnung und Kostenanalyse. Stuttgart 2012. liner Handbuch zur Elektromobilität. München 2013. [17] Follmer, R.; Gruschwitz, D.; Jesske, B.; Quandt, S.; [4] NOW: Ergebnisbericht der Modellregionen Elektro- Lenz, B.; Nobis, C.; Köhler, K.; Mehlin, M.: Mobilität in mobilität 2009-2011. Berlin 2011. Deutschland (MiD) 2008 – Ergebnisbericht. infas Ins- [5] Unter öffentlicher AC-Ladeinfrastruktur versteht titut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH, Deut- man in der Regel Wechselstrom-Ladepunkte, die öffent- sches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR), lich zugänglich sind und auf Stellplätzen in öffentli- Bonn/Berlin 2010. chem Eigentum installiert wurden. [18] Albertus: S.: EEO Workshop. Renault, abrufbar [6] NPE: Fortschrittsbericht 2014 – Bilanz der Markt- unter: www.polisnetwork.eu/uploads/Modules/Public- vorbereitung. Berlin, Dezember 2014. Documents/em-workshop_renault_policy-support.pdf [7] Plötz, P.; Gnann, T.; Kühn, A.; Wietschel, M.: Markt- [19] In Deutschland ist das Reservieren von Parkraum hochlaufszenarien für Elektrofahrzeuge – Langfas- laut StVO §12 Absatz 5 grundsätzlich verboten: „An ei- sung. Karlsruhe, Fraunhofer ISI, September 2013. ner Parklücke hat Vorrang, wer sie zuerst unmittelbar [8] van den Hoed, R.; Helmus, J. R.; de Vries, R.; Bardok, erreicht.“ D.: Data analysis on the public charge infrastructure in [20] Hartwig, M.: Öffentliche Ladestationen als Teil des the city of Amsterdam. Vortrag gehalten auf der EVS27. Elektrizitätsversorgungsnetzes der allgemeinen Ver- Barcelona 2013. sorgung. ZNER 2013. [9] Urban Foresight: EV City Casebook. Newcastle 2014. [21] DIW: Verkehr in Zahlen 2013/2014. [10] NPE (siehe Fn. [6]) und Plötz et al. (siehe Fn. [7]). [1] Nationale Plattform Elektromobilität (NPE): Lade- [11] FASTNED B.V.: Fastned Administratie Stichting infrastruktur bedarfsgerecht aufbauen. AG 3 – Ladein- (FAST). Juli 2014. frastruktur und Netzintegration. Arbeitspapier. Berlin/ [12] Institut für Kraftfahrzeuge (ika): SLAM – Schnel- München, Juni 2012. ladenetz für Achsen und Metropolen. Abrufbar unter: M. Haag, A. Cacilo, Fraunhofer Institute for Industrial Engineering IAO, Stuttgart [email protected] [email protected] IMPRESSUM Herausgeber Dipl.-Betriebsw., Dipl.-Kaufm. Martin Czakainski (verantwortlich) E-Mail: [email protected] Chefredakteur Franz Lamprecht, M. A. E-Mail: [email protected] Redakteur Jörg Siefke-Bremkens, M. A. E-Mail: [email protected] Wissenschaftlicher Beirat Prof. Dr. Ottmar Edenhofer, Berlin Prof. Dr. Manfred Fischedick, Wuppertal Prof. Dr. Andreas Löschel, Münster Prof. Dr. Wolfgang Löwer, Bonn Prof. Dr. Albert Moser, Aachen Prof. Dr. Ulrich Wagner, Köln Prof. Dr. Carl Christian von Weizsäcker, Bonn 32 Anzeigenverkauf und Verlagsvertretung Monika Kusche, Im Lingesfeld 42, 47877 Willich Telefon (0 21 54) 42 90 51 Telefax (0 21 54) 4 17 05 Aufnahme in elektronische Datenbanken und die Vervielfältigung auf CD-ROM. Mit Namen oder Initialen gezeichnete Beiträge Dritter stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion dar.Mit der Annahme eines Manuskripts gehen sämtliche Verlagsrechte auf den Verlag über. Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine Gewähr übernommen. Copyright Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages vervielfältigt oder verbreitet werden. Unter dieses Verbot fällt insbesondere auch die gewerbliche Vervielfältigung per Kopie, die Verlag und Redaktion etv Energieverlag GmbH Montebruchstr. 20, D-45219 Essen Telefon: (0 20 54) 95 32- 10 Telefax: (0 20 54) 95 32- 60 E-Mail: [email protected] Internet: www.et-energie-online.de Layout, Satz, Druckvorstufe etv Energieverlag GmbH E-Mail: [email protected] Montebruchstr. 20, D-45219 Essen Titelbild Signbase Jens Herr www.signbase.de ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN JAHRESSPECIAL ONLINE 2015 Stellen Sie Ihre Uhr zurück! Mit Contracting der STEAG New Energies GmbH. Effizienz und Kostenoptimierung für Ihre Energieversorgung Wir entwickeln individuelle Lösungen: · Wir konzipieren, realisieren und betreiben Ihre neue Eigenversorgung. · Wir steigern die Energieeffizienz Ihrer bestehenden Anlage. · Wir können die erzeugte Energie optimal einsetzen und / oder vermarkten. 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Das ist unser Beitrag zur Energiewende: Nachhaltiger Klimaschutz, Versorgungssicherheit und die Integration Erneuerbarer Energien.