Fall 5 – „Armer Valentin“ 1. Teil - Lösung

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Fall 5 – „Armer Valentin“ 1. Teil - Lösung
Juristische Fakultät
Konversatorium zum Bürgerlichen Recht I
WS 2012/2013
Fall 5 – „Armer Valentin“
1. Teil - Lösung
Vertragsschluss (Kaufvertrag): Angebot, Annahme, essentialia negotii,
Offerte ad incertas personas, Rechtsbindungswille, invitatio ad offerendum;
äußerer/innerer Erklärungstatbestand einer Willenserklärung; Vertragsschluss bei Versteigerung; Wucher / sittenwidriges Rechtsgeschäft, gesetzliches Verbot
A. Anspruch des K gegen V auf Übereignung und Übergabe des
Wagens gem. § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB
Dem K könnte gegen V ein Anspruch auf Übergabe und Verschaffung des Eigentums
an dem Sportwagen gemäß § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB zustehen.
I.
Anspruch entstanden?
Dafür müsste dieser Anspruch zunächst entstanden sein.
Das ist dann der Fall, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen (und keine rechtshindernden Einwendungen bestehen).
Die Voraussetzung von § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB ist das Vorliegen eines wirksamen
Kaufvertrages gemäß § 433 BGB zwischen V und K über eine Sache.
1. Wirksamer Kaufvertragsschluss?
Es müsste daher zwischen V und K ein wirksamer Kaufvertrag geschlossen worden
sein. Verträge kommen durch inhaltlich übereinstimmende, mit Bezug aufeinander
abgegebene Willenserklärungen zustande. In der Regel geschieht dies durch Angebot
(„Antrag“) und Annahme nach den §§ 145 ff. BGB.
a) Anwendbarkeit von § 156 BGB?
Da V sich aber einer Plattform für Internetversteigerungen bedient hat, könnte die
Sondervorschrift des § 156 BGB zur Anwendung gelangen, wonach ein Vertragsschluss bei („klassischen“) Versteigerungen erst durch Gebot und Zuschlag des
Auktionators zustande kommt. Gegen die Anwendung des § 156 BGB spricht
aber, dass bei Internetauktionen regelmäßig kein Zuschlag erfolgt. Ein solcher ist
auch bei der Auktion durch M nicht erfolgt. Ein Zuschlag durch Zeitablauf ergeht
ebenfalls nicht, denn auch der Zuschlag ist eine Willenserklärung, die nicht durch
bloßen Zeitablauf ersetzt werden kann. § 156 BGB findet demnach keine Anwendung auf Internetversteigerungen. Der Vertragsschluss vollzieht sich somit nach
den allgemeinen Vorschriften der §§ 145 ff. BGB.
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b) Willenserklärung des V
Indem V die Angebotsseite freischaltete, könnte er eine auf den Abschluss eines
Kaufvertrages gerichtete Erklärung abgegeben haben. Dazu müsste diese Handlung alle konstitutiven Elemente einer wirksamen empfangsbedürftigen Willenserklärung aufweisen. Hier sind aber insbesondere das Vorliegen des objektiven und
des subjektiven Erklärungstatbestandes zweifelhaft.
(1) Äußerer Erklärungstatbestand
Das Vorliegen des äußeren Erklärungstatbestandes ist durch Auslegung aus der
Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers gemäß §§ 133, 157 BGB (analog)
zu beurteilen. Die Erklärung muss bei objektiver Betrachtung den Schluss auf das
Vorliegen eines Handlungs-, Rechtsbindungs- und eines bestimmten Geschäftswillens zulassen. Die Erklärung kann dazu ausdrücklich (in schriftlicher oder
mündlicher Form) oder durch schlüssiges Verhalten (konkludent) erfolgen.
(a) Willensgesteuertes Handeln (= nach außen tretender Handlungswille)
Die durch V freigeschaltete Angebotsseite stellt eine Äußerung des Willens nach außen dar.
(b) Objektive Anhaltspunkte für einen Rechtsbindungswillen
Das Freischalten der Angebotsseite durch V müsste ferner das Vorliegen
eines Rechtsbindungswillens erkennen lassen. Es stellt sich also die
Frage, ob die Freischaltung aus Sicht eines objektiven Empfängers als
rechtsverbindlich und nicht nur als unverbindliche Warenpräsentation mit
dem Zweck, Interessenten zur Abgabe von bindenden Angeboten aufzufordern (sog. invitatio ad offerendum), verstanden werden darf.
Nicht von vornherein gegen einen objektiven Rechtsbindungswillen
spricht der Umstand, dass sich die Angebotsseite an einen unbestimmten
Personenkreis richtet; denn auch Anträge ad incertas personas sind
durchaus denkbar, sofern zumindest die Person des anbietenden Vertragspartners eindeutig bestimmbar ist.
Kennzeichnend für eine bloße invitatio ist zudem, dass sich der Erklärende eine letzte Entscheidung über das Zustandekommen des Vertrages
noch vorbehalten will. Eine solche Möglichkeit soll der anbietende Teilnehmer hier aber nach den AGB der M und dem auf der Angebotsseite
enthaltenen Hinweis „verbindliches Angebot“ gerade nicht haben, sodass
aus der Perspektive eines objektiven Erklärungsempfängers davon ausgegangen werden kann, dass die Freischaltung der Angebotsseite durch
V ein rechtsverbindliches Verhalten darstellt.1
1
Gegen die Annahme eines Rechtsbindungswillens bei V ließe sich argumentieren, dass V sich aus
Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers nicht auf ein Geschäft mit möglicherweise hohem oder
sogar krassem Verlust einlassen wollte. Vgl. bei Interesse LG Münster JZ 2000, 730 ff. und Lettl, JuS
2002, 219 ff.
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(c) Bezeichnung bestimmter Rechtsfolgen
Die Erklärung muss zudem einen bestimmten Geschäftswillen, d.h.
das Bewusstsein des Erklärenden, eine bestimmte Rechtsfolge herbeizuführen, erkennen lassen. Dies setzt voraus, dass der Erklärende die gewollten Rechtswirkungen mit hinlänglicher Bestimmtheit bezeichnet. Ein
Vertragsangebot muss dabei grundsätzlich alle wesentlichen
Vertragbestandteile (essentialia negotii) bezeichnen, also insbesondere
den Inhalt von Leistung und Gegenleistung sowie die Person der Vertragspartner. Mit der Freischaltung der Angebotsseite bekundete V, dass
er mit demjenigen, der am Ende der Versteigerungszeit das höchste Gebot abgegeben hat, zu dem in diesem Gebot festgesetzten Kaufpreis
kontrahieren wolle. Im Zeitpunkt der Abgabe konnte der Erklärung des V
also weder die konkrete Person des Vertragspartners noch der konkrete
Kaufpreis entnommen werden. Für den äußeren Erklärungstatbestand
genügt allerdings, dass die wesentlichen Vertragsbestandteile durch das
Hinzutreten bestimmter Umstände oder Handlungen im Wege der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB (analog) eindeutig bestimmbar sind. Hier ist
das Verfahren, in dem Vertragspartner und Kaufpreis ermittelt werden
sollen, bereits bei Abgabe der Erklärung festgelegt. So soll Vertragspartner derjenige werden, der am Ende des festgelegten Bietzeitraums das
höchste Gebot abgegeben hat. Dieses Gebot stellt dann gleichzeitig den
Kaufpreis dar. Damit sind Vertragspartner und Kaufpreis eindeutig bestimmbar. Die von V gewollten Rechtswirkungen sind damit hinreichend
bestimmt bezeichnet.2
(2) Innerer Erklärungstatbestand
Die Erklärung muss dem Erklärenden auch zurechenbar sein. Hierfür bedarf
es des sog. inneren Erklärungstatbestandes, welcher sich in den Handlungswillen, das (potentielle) Erklärungsbewusstsein und den bestimmten
Geschäftswillen untergliedern lässt.
(a) Handlungswille
Der Handlungswille war bei Freischaltung der Angebotsseite zweifelsfrei
gegeben.
(b) Erklärungsbewusstsein
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Anders sieht dies allerdings Hager in JZ 2001, 786, 787 f.
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Das Erklärungsbewusstsein bezeichnet die Vorstellung des Erklärenden,
überhaupt am rechtsgeschäftlichen Verkehr teilzunehmen und eine rechtlich relevante Erklärung abzugeben. Es liegt nahe anzunehmen, dass V
sich angesichts der AGB der M und der Einstellungen der Homepage darüber im Klaren sein musste, dass durch die Freischaltung der Angebotsseite verbindliche Rechtsfolgen herbeigeführt werden sollen. Es ist auch
nicht ersichtlich, dass V die Bedeutung dieses Hinweises verkannt oder
diesen nicht gelesen hat.3
(c) Geschäftswille
Unerheblich ist, ob V subjektiv das Geschäft mit einem anderen Inhalt als
dem objektiv erklärten wollte. Etwaige Mängel des Geschäftswillens stehen dem Tatbestand einer wirksamen Willenserklärung nicht im Wege,
sondern berechtigen allenfalls zur Anfechtung nach § 119 BGB.
c) Willenserklärung des K
Das Gebot des K mit einem Kaufpreis in Höhe von 700 EUR stellt eine auf den
Abschluss eine Kaufvertrages gerichtete Willenserklärung dar, die inhaltlich mit
der von V abgegebenen Erklärung übereinstimmt. Somit ist zwischen K und V
durch übereinstimmende Willenserklärungen ein Kaufvertrag über den Wagen zu
einem Preis von 700 EUR zustande gekommen.
d) Einteilung der Willenserklärungen in Angebot und Annahme
Die Einteilung der beiden Willenserklärungen in Angebot und Annahme gemäß §§
145 ff. BGB ist vorliegend entbehrlich, da nur von theoretischer Bedeutung. Ein
Vertragsschluss zwischen V und K liegt nach oben gesagtem ohnehin vor, daran
vermag auch eine etwaige Einteilung nichts ändern.
In der Freischaltung könnte bereits ein verbindliches Angebot liegen. Dieses Angebot wäre aber nur an denjenigen gerichtet, der innerhalb des Bietzeitraums das
Höchstgebot abgibt.
Andererseits ließe sich die Freischaltung der Angebotsseite als vorweggenommene Annahme des höchsten Angebots ansehen. Denn es ließe sich argumentieren, dass der V kein Angebot abgebe, weil die Erklärung nicht durch ein einfaches
„Ja“ angenommen werden kann.
3
Ein etwaiger Einwand des V, dass er sein Verhalten jedenfalls für den Fall für unverbindlich gehalten
habe, dass das Höchstgebot in einem so krassen Missverhältnis zu dem tatsächlichen Werte liegt, würde nicht dazu führen, dass das Erklärungsbewusstsein fehlte. Denn jedenfalls hatte V dann die grundsätzliche Vorstellung, Rechtsverbindliches zu erklären, er hätte sich allenfalls über die Rechtsfolgen
seiner Erklärung geirrt.
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2. Keine rechtshindernden Einwendungen?
Dem Kaufvertrag zwischen K und V könnten Wirksamkeitshindernisse entgegenstehen.
a) Unwirksamkeit nach § 138 Abs. 2 BGB4
Der Kaufvertrag könnte gemäß § 138 Abs. 2 BGB wegen Wuchers unwirksam sein.
Dem Wuchertatbestand des § 138 Abs. 2 BGB unterfallen nur gegenseitige Verträge
sowie die zu ihrer Erfüllung vorgenommenen Verfügungsgeschäfte (vgl. Wortlaut:
„...versprechen oder gewähren“). Der Kaufvertrag stellt ein Austauschgeschäft im Sinne des § 138 Abs. 2 BGB dar.
Die gegenseitigen Leistungen müssen ferner in einem auffälligen Missverhältnis stehen. Dies ist der Fall, wenn bei einer Gegenüberstellung des objektiven Wertes von
Leistung und Gegenleistung ein so großes Missverhältnis besteht, dass die Grenzen
dessen, was sich nach den gesamten Umständen gerade noch rechtfertigen lässt,
eindeutig überschritten sind. Dies wird von der Rechtsprechung regelmäßig angenommen, wenn der Wert von Leistung und Gegenleistung 100 % und mehr voneinander abweichen, wenn also der Wert der Leistung mindestens doppelt so hoch ist wie
der Wert der Gegenleistung (sog. „Grenze des Doppelten“). Hier macht der Kaufpreis
mit 700 EUR weniger als die Hälfte des objektiven Wertes des Fahrzeuges aus. Da
keine besonderen Umstände dieses Verhältnis als angemessen erscheinen lassen,
liegt ein auffälliges Missverhältnis vor.
Ferner setzt die Anwendung des § 138 Abs. 2 BGB eine die wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit beeinflussende Schwächesituation auf Seiten des V voraus. In Betracht
kommt vorliegend allenfalls Unerfahrenheit oder ein Mangel an Urteilsvermögen.
Unerfahrenheit erfordert einen Mangel an allgemeiner Lebenserfahrung oder zumindest an Erfahrung in geschäftlichen Dingen. Mangelnde Erfahrung gerade in der Art
des getätigten Geschäfts genügt nicht, es muss sich vielmehr um eine allgemeine Geschäftsunerfahrenheit handeln.
Ein Mangel an Urteilsvermögen verlangt, dass die Person nur eingeschränkt fähig ist,
sich durch vernünftige Beweggründe leiten zu lassen, wobei sowohl Defekte der Information als auch der Fähigkeit zu ihrer Verwertung umfasst sind. In diese Kategorie
soll auch der nicht ausdrücklich aufgeführte Leichtsinn fallen, also der Mangel an
Überlegung und die Sorglosigkeit bezüglich der Folgen von Handlungen. Danach bekundet einen Mangel an Urteilsvermögen, wer ohne Prüfung von Alternativen den
erstbesten Weg zur Erreichung eines Zieles verfolgt.
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Die Vorschrift behandelt, wie sich aus dem Wort „insbesondere“ ergibt, einen Spezialfall der Sittenwidrigkeit und geht deshalb dem § 138 Abs. 1 BGB vor. Im Rahmen eines Gutachtens prüfen Sie daher
bitte zuerst § 138 Abs. 2 BGB, sofern Anhaltspunkte für Wucher ersichtlich sind.
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Hier hat V zwar zum ersten Mal ein Geschäft im Internet abgeschlossen, auch die
Form der Internetauktion war für ihn neu. Er ist jedoch nicht allgemein geschäftlich unerfahren. Auch in seinem Urteilsvermögen war V nicht eingeschränkt, selbst wenn er
sich in Begeisterung über die Möglichkeiten des Internets zu der Auktion hat hinreißen
lassen, ohne die Folgen seines Verhaltens zu bedenken. Denn § 138 Abs. 2 BGB
schützt nicht enttäuschte Spekulanten, die bewusst das Risiko hoher Verluste eingehen. V hat bei der Wahl der Internet-Versteigerung darauf gehofft, durch den niedrigen
Startpreis viele Interessenten für seinen „Porsche Panamera Turbo“ zu gewinnen und
dadurch letztlich einen über dem objektiven Verkehrswert liegenden Preis zu erzielen.
Dabei wurden ihm die Verbindlichkeit seines Handelns und der Ablauf des Vertragsschlusses mehrfach vor Augen geführt. Daher ist die Annahme mangelnden Urteilsvermögens bei V nicht zu rechtfertigen.
Selbst wenn man eine die wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit beeinträchtigende
Schwächesituation bei V annähme, würde es jedenfalls an deren Ausbeutung durch K
fehlen, denn diese erfordert, dass der Wucherer sich die Zwangslage bewusst zunutze macht und dabei Kenntnis vom Missverhältnis der Leistung hat. Daran fehlt es. V
war dem K unbekannt. K konnte weder der Angebotseite entnehmen noch sonst wissen, ob V ein unbedarfter und insbesondere mit Internetauktionsgeschäften unerfahrener Anbieter war.
b) Unwirksamkeit nach § 138 Abs. 1
Das Geschäft kann dennoch nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig sein. Das ist der Fall,
wenn zusätzliche Umstände hinzutreten, die für § 138 Abs. 2 BGB nicht erforderlich
sind, und die dem Gesamtgeschäft über § 138 Abs. 2 BGB hinaus ein anstößiges Gepräge geben. Ein solcher Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht
Denkenden ist hier jedoch nicht anzunehmen, weil V bewusst den Vertragsschlussmechanismus der Internetversteigerung genutzt hat, um die Chancen dieser Technik
auszunutzen. Das Risiko, dass er das Fahrzeug unter Wert verkaufen muss, ist gerade das Wesen dieser Art von Geschäften und verstößt daher nicht gegen das Sittengesetz.
3. Ergebnis
Da somit keine rechtshindernden Einwendungen ersichtlich sind, ist der Anspruch des K
gegen V auf Eigentumsverschaffung und Übergabe des Fahrzeuges wirksam entstanden.
II. Ergebnis
K hat damit gegen V einen Anspruch auf Eigentumsverschaffung und Übergabe des Fahrzeuges aus § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB.
2. Teil – Lösung
Schweigen im Rechtsverkehr / Schweigen auf modifizierte Annahme, abändernde Annahme i.S.v. § 150 Abs. 2 BGB, Treu und Glauben (§ 242)
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V verweigert die Kaufpreiszahlung sowie die Abnahme des Wagens zu Recht, wenn C
keinen Anspruch darauf hat:
Anspruch des V gegen C auf Kaufpreiszahlung und Abnahme des Wagens gem. §
433 Abs. 2 BGB
Der C könnte gegen V ein Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 3.980 EUR
und Abnahme des Wagens aus § 433 Abs. 2 BGB zustehen.
I.
Anspruch entstanden?
Dafür müsste dieser Anspruch zunächst wirksam entstanden sein. Das ist dann der Fall,
wenn ein wirksamer Kaufvertrag gem. § 433 BGB zwischen V und C zustande gekommen
ist (und keine rechtshindernden Einwendungen bestehen).
1.
Wirksamer Kaufvertragsschluss
Das Zustandekommen eines Kaufvertrages setzt zwei übereinstimmende und korrespondierende Willenserklärungen, Angebot und Annahme (§§ 145 ff. BGB), voraus.
a) Angebot durch V
Ein Angebot liegt im Schreiben des V vor. Dieses ist mit Rechtsbindungswillen erfolgt,
enthält alle „essentialia negotii“ und ist der C wirksam zugegangen.
b) Annahme durch C
Die Annahme könnte in der Auftragsbestätigung der C liegen. Eine Annahme liegt allerdings nur dann vor, wenn der Erklärende zum Ausdruck bringt, dass er den Vertrag
zu den im Angebot dargestellten Bedingungen abschließen möchte.
Die Annahmeerklärung der C enthält einen anderen als den von V vorgeschlagenen
Abholtermin und liegt somit außerhalb der Grenzen des Angebots. 5 Beinhaltet die
vermeintliche Annahmeerklärung wie hier inhaltliche Änderungen, so stellt sie keine
Annahme dar, sondern ist gem. § 150 Abs. 2 BGB als Ablehnung des bisherigen Angebots verbunden mit einem neuen Angebot zu sehen.
c) Ablehnung des neuen Angebots
Dieses Angebot müsste V angenommen haben. Indem V allerdings die Abnahme und
die Kaufpreiszahlung verweigert, erklärt er konkludent die Ablehnung des Angebots
der C.
d) Schweigen als Annahme
Fraglich ist aber, ob V, indem er auf die modifizierte Annahmeerklärung der C (= Angebot der C) nicht reagiert hat, bereits vorher schon das Angebot der C angenommen
hat. Dafür müsste in dem Schweigen des V eine Annahme gesehen werden können.
5
Gut vertretbar erscheint auch ein alternativer Lösungsweg über § 315 Abs. 1 BGB. Dafür müsste man
das Schreiben des V so auslegen, dass dieser die Bestimmung des genauen Abholtermins der C
überlassen wollte. Danach müsste man dann die Einigung zwischen V und C bejahen. Ebenfalls
vertretbar ist die Konstruktion einer antizipierten Annahme des V, indem man argumentiert, dass es V
auf den genauen Abholtermin nicht ankomme (“...schlage ich einfach mal den 14.12.2011 vor.”) und er
einem anderen Vorschlag innerhalb des von ihm genannten Zeitraums bereits im Vorhinein zustimme.
Dies ist eine reine Auslegungsfrage!
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Grundsätzlich bedeutet Schweigen weder Zustimmung noch Ablehnung; es ist mangels Erklärungstatbestand überhaupt keine Willenserklärung. Etwas anderes kann nur
gelten, wenn das Gesetz eine Ausnahme normiert oder die Parteien etwas anderes
vereinbart haben. Schweigt der Empfänger auf ein neues Angebot im Sinne von § 150
Abs. 2 BGB, so kommt grundsätzlich kein Vertrag zustande, da es an der Annahme
fehlt.
Ausnahmsweise jedoch kann das Schweigen neben den gesetzlichen und vertraglich
vereinbarten Fällen auch dann eine echte Willenserklärung sein, wenn für den Empfänger des neuen Angebots nach Treu und Glauben eine Obliegenheit zur Erklärung
gegenüber dem Antragenden bestanden hat, vgl. § 242 BGB.
Die Grenze einer derartigen Pflicht ist dort zu ziehen, wo der neu Anbietende nicht mit
einer Ablehnung rechnen musste. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die gewünschte Änderung nur eine geringe, unerhebliche Abweichung darstellt. Ein Schweigen hat dann nach den Grundsätzen von Treu und Glauben unter Berücksichtigung
der Verkehrssitte ausnahmsweise auch unter Privatleuten die Bedeutung einer Willenserklärung.
Die Abweichung vom Abholtermin stellt eine solche unwesentliche Abweichung dar.
Maßgeblich ist dabei nicht, dass es sich zeitlich lediglich um eine Abweichung von einem Tag handelt. Entscheidend ist vielmehr, dass V der C deutlich machte, dass er
den Wagen jederzeit ohne Schwierigkeiten in der Woche vom 12.11. bis zum 18.11.
abholen könne. C durfte daher verständlicherweise davon ausgehen, dass V mit der
geringen Abweichung einverstanden sei. Mithin musste Sie nicht mit seiner Ablehnung
rechnen.
V hat somit durch sein Schweigen den neuen Antrag der C angenommen und damit
den Kaufvertrag zustande gebracht. Um sich nicht zu binden, hätte er dem neuen Angebot ausdrücklich widersprechen müssen.
Es ist damit ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen.
2. Rechtshindernde Einwendungen?
Rechtshindernde Einwendungen sind nicht ersichtlich.
II. Ergebnis
Mithin hat C gegen V einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung i.H.v. 3.980 EUR und Abnahme des Wagens, § 433 Abs. 2 BGB.
Abwandlung:
Anspruch des V gegen C auf Kaufpreiszahlung und Abnahme des Wagens gem. §
433 Abs. 2 BGB
C könnte gegen V ein Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 4.000 EUR und
Abnahme des Wagens aus § 433 Abs. 2 BGB zustehen.
I.
Anspruch entstanden?
Dafür müsste dieser Anspruch zunächst wirksam entstanden sein. Das ist dann der Fall,
wenn ein wirksamer Kaufvertrag gem. § 433 BGB zwischen V und C zustande gekommen
ist (und keine rechtshindernden Einwendungen bestehen).
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1.
Wirksamer Kaufvertragsschluss
Das Zustandekommen eines Kaufvertrages setzt zwei übereinstimmende und korrespondierende Willenserklärungen, Angebot und Annahme (§§ 145 ff. BGB), voraus.
a) Angebot durch V
Ein Angebot liegt im Schreiben des V vor. Dieses ist mit Rechtsbindungswillen erfolgt,
enthält alle „essentialia negotii“ und ist der C wirksam zugegangen.
b) Annahme durch C
Die Annahme könnte in der Auftragsbestätigung der C liegen. Eine Annahme liegt allerdings nur dann vor, wenn der Erklärende zum Ausdruck bringt, dass er den Vertrag
zu den im Angebot dargestellten Bedingungen abschließen möchte.
Die Annahmeerklärung des V lag um 20 EUR über der Preisvorstellung des K und
somit außerhalb der Grenzen des Angebots. Beinhaltet die vermeintliche Annahmeerklärung wie hier inhaltliche Änderungen, so stellt sie keine Annahme dar, sondern ist
gem. § 150 Abs. 2 BGB als Ablehnung des bisherigen Angebots verbunden mit einem
neuen Angebot zu sehen.
c) Ablehnung des neuen Angebots
Dieses Angebot müsste V angenommen haben. Indem V allerdings die Abnahme und
die Kaufpreiszahlung verweigert, erklärt er konkludent die Ablehnung des Angebots
der C.
c) Schweigen als Annahme
Fraglich ist aber, ob V, indem er auf die modifizierte Annahmeerklärung der C
(= Angebot der C) nicht reagiert hat, bereits vorher schon das Angebot der C angenommen hat. Dafür müsste in dem Schweigen des V eine Annahme gesehen werden
können.
Nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist dies unter bestimmten Voraussetzungen
(siehe dazu bereits die vorstehende Ausführungen!) insbesondere bei unwesentlichen
Abweichungen vom Vertragsangebot der Fall. Die Preisdifferenz ist allerdings eine
wesentliche Abweichung. Dabei ist nicht auf den betragsmäßigen Unterschied des jeweils gewollten Kaufpreises abzustellen, der in der Tat nicht einmal ein Prozent ausmacht. Vielmehr ist die Änderung schon deshalb wesentlich, weil sie einen wesentlichen Punkt des Vertragsinhaltes betrifft, nämlich das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung.
Somit hat V durch sein Schweigen den neuen Antrag des V nicht angenommen.6
Es ist damit auch kein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen.
II. Ergebnis
Mithin hat C gegen V keinen Anspruch auf Kaufpreiszahlung i.H.v. 4.000 EUR und Abnahme des Wagens, § 433 Abs. 2 BGB.
6
Mit entsprechender Begründung ist auch ein anderes Ergebnis sehr gut vertretbar.
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