PSSM beim Kaltblut - Sandra Kley, Tierheilpraktikerin
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PSSM beim Kaltblut - Sandra Kley, Tierheilpraktikerin
PSSM beim Kaltblut Bei immer mehr Kaltblütern wird heutzutage die Diagnose Polysaccharid-Speicher-Myopathie (PSSM) gestellt. Mittlerweile testen viele Kaltblutbesitzer schon vorsorglich ihre Pferde, auch wenn diese noch gar keine Symptome aufweisen. Doch was bedeutet diese Diagnose und was muss man als Pferdebesitzer bei einer positiven Diagnose beachten? PSSM ist eine genetisch vererbte Stoffwechselkrankheit, wobei in den Muskelzellen vermehrt Polysaccharide, also Mehrfachzucker, eingelagert werden, die nicht mehr abgebaut werden können. Im physiologischen Normalfall werden bei einem erhöhten Blutzucker die Zuckermoleküle in Form von Glykogen in den Muskelzellen gespeichert, um später als Energielieferant zu dienen. Bei PSSM Pferden werden diese Zuckermoleküle jedoch akkumuliert und auch übermäßig in Form von anormalen Stärkemolekülen in der Muskelzelle eingelagert und können nicht mehr abgebaut werden. Das Pferd gerät dadurch in einen Energiemangel, obwohl eigentlich sogar vermehrt Energie vorhanden wäre, welche das Pferd aber nicht nutzen kann. Was heißt dies aber nun für den Pferdebesitzer? Grundsätzlich muss bei diesen Pferden jegliche Art von schnell verfügbarem Zucker im Futter vermieden werden. Dementsprechend sollte auch auf die Fütterung von Obst, Gemüse, getreidehaltiges Kraftfutter, Brot etc. verzichtet werden. Oft wird für den vermehrten Energiebedarf Ölfütterung empfohlen. Dabei wird jedoch meist vergessen, dass das Pferd auf Ölverdauung nicht ausgelegt ist und Öl gar nicht wirklich als Energie verwerten kann. Dies fängt schon bei der mangelnden Fettresorptionsfähigkeit des Pferdedarms an. Um Öl tatsächlich in seine Fettsäuren aufspalten und damit resorbieren zu können, muss dieses erst einmal emulgiert werden, damit die Fettenzyme (Lipasen) ansetzen können. Die Emulgierung wird über die Galle ausgeführt. Jedoch besitzt das Pferd keine Gallenblase, sodass es keine großen Mengen Galle auf einmal in den Dünndarm abgeben kann. Vielmehr fließt kontinuierlich und in kleinen Mengen Gallensaft in den Dünndarm. Die Galleproduktion ist dabei an die Raufuttergabe angepasst. Üblicherweise ist Raufutter fettarm, was in einer geringen Produktion von Galle resultiert. Wird das Öl durch den Mangel ausreichender Mengen an Galle nicht genügend emulgiert, können die Lipasen nicht ansetzen und das Öl in seine Fettsäuren aufspalten. Ohnehin produziert das Pferd generell sehr wenige Lipasen, da Pferde üblicherweise nur wenige Fettsäuren über ihre natürliche Nahrung aufnehmen. Nichtsdestotrotz kann das unzureichend aufgespaltene Öl vom Darm als „Fremdfett“ absorbiert werden. Der Körper wird aber in der Folgezeit versuchen, das Fett los zu werden, da er Fremdfette im Stoffwechsel nicht gebrauchen kann. Eine Möglichkeit ist die Ausscheidung über die Haut. Aus diesem Grund fängt das Fell vieler Pferde bei Ölfütterung an zu glänzen. Dem Besitzer fällt dies meist positiv auf, da ein schöner Fellglanz erwünscht ist. Allerdings stellt der Fellglanz in diesem Fall eher als ein Symptom der Stoffwechselüberbelastung dar. Wird sehr viel Öl gefüttert, kann selbst der Dünndarm nicht mehr alles absorbieren. Infolgedessen gelangt der Ölfutterbrei in den Dickdarm, wo er die Darmflora erheblich stört. Durch Störung der Darmflora kann Raufutter nicht mehr Tierheilpraktikerin Sandra Trenka Lange Pfalzgasse 11 97461 Hofheim in Unterfranken www.tierordination.de Tel: 0049(0)177/4460186 [email protected] ausreichend vom Körper verwertet werden. Dies führt zur Reduktion der Nährstoff- und Energieaufnahme. Somit belastet Ölfütterung nicht nur den Stoffwechsel, sondern verhindert auch eine ausreichende Bereitstellung von Energie aus Raufutter. Was aber kann man nun einem PSSM positiven Pferd füttern? Nicht nur PSSM Pferde, sondern generell alle Pferde sind auf eine ausreichende Raufutterversorgung in Form von gutem Heu angewiesen. Aus diesem gewinnen sie üblicherweise alle Energie, die sie für den Erhaltungsbedarf benötigen. Aber selbst beim Heu gibt es erhebliche Unterschiede. So kann das Heu stark in Qualität und Zusammensetzung variieren. Für PSSM Pferde sollte es energiearm und mineralstoffreich sein. Ein solches Heu zu bekommen ist meist nicht ganz einfach, darum ist eine zusätzliche Mineralstoffversorgung notwendig. Zudem sollte das Heu protein- und zuckerarm, dafür rohfaserreich und 24 Stunden zugänglich sein. Neigt das Pferd zu Fettleibigkeit, kann mit sehr engmaschigen Heunetzen und eventuell doch rationierten Portionen gearbeitet werden, wobei die Leerzeiten zwischen den Fütterungszeiten nicht länger als 4 Stunden betragen sollten, um eine Selbstverdauung des Magens zu verhindern. Neigt das Pferd dazu, trotz ausreichender Heuversorgung abzunehmen, sollte zuerst mit einer Darmsanierung die Absorptionsfähigkeit des Darmes verbessert werden. Eventuell kann in diesem Zusammenhang mithilfe eines Kryptopyrrolurie (KPU) Tests ausgemacht werden, wie sehr der Darm aus dem Gleichgewicht und die Leber schon überbelastet ist. Ist der Darm in Ordnung und die Energieversorgung aus dem Heu dennoch nicht ausreichend, kann man auch zusätzlich Samen anbieten. Diese enthalten essentielle Fettsäuren, die das Pferd vor allem für Stoffwechselprozesse zwecks Energieproduktion verwendet. Leinsamen und Sonnenblumenkerne, aber auch sogenannte Winterstehersamen eignen sich sehr gut dafür. Da bei der Fütterung von Samen die Fettsäuren nur langsam im Verdauungstrakt freigesetzt werden, können sie so durch die Gallensäure ausreichend emulgiert und durch die Lipasen so aufgespalten werden, dass sie der Zelle als Energielieferant dienen können. Nach körperlich anstrengender Arbeit wie z.B. Baumrücken oder das Ziehen eines schweren Wagens, kann man dem Kaltblutpferd auch eine kleine Portion gequetschte Gerste im Anschluss an die Arbeit anbieten. Gequetschte Gerste hat den Vorteil, dass sie nur sehr langsam den Blutzuckerspiegel anhebt, sodass der Körper ausreichend Zeit hat, diesen wieder zu senken. Dadurch wird verhindert, dass Mehrfachzucker in den Muskeln eingespeichert wird. Allerdings sollte man dieses Kraftfutter wirklich nur in kleinster Menge und nur dann geben, wenn die Pferde auch wirklich arbeiten. Eine Stunde Reiten etwa ist für Kaltblüter keine wirkliche Arbeit und muss auch nicht mit Kraftfutter kompensiert werden. Reine Heufütterung reicht hierbei völlig aus. Tägliche kontrollierte Bewegung sollte eigentlich jedes Pferd haben. Gerade PSSM Pferde sind aber darauf besonders angewiesen, da nur durch ausreichende Bewegung ein Muskelschwund vermieden werden kann. Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich folgende Aussage für PSSM Kaltblutpferde treffen: A und O der Pferdefütterung ist eine Ausreichende gute aber energiearme Heuversorgung. Dies gilt für alle Pferde, aber insbesondere PSSM positive Pferde. Eine zusätzliche Mineralstoffversorgung tut oft Not, da die wenigsten Heuchargen noch ausreichend Mineralstoffe enthalten und durch die genetische Veranlagung auch ein höherer Bedarf vorhanden ist. Zusätzlich kann man Ölsaaten Tierheilpraktikerin Sandra Trenka Lange Pfalzgasse 11 97461 Hofheim in Unterfranken www.tierordination.de Tel: 0049(0)177/4460186 [email protected] (Leinsamen, Sonnenblumenkerne, Wildsamen) zu füttern, um den Stoffwechsel mit Hilfe der darin enthaltenen essentiellen Fettsäuren zu unterstützen. Wenn Kraftfutter tatsächlich nötig sein sollte, dann am besten mehrmals pro Tag nur kleinste Mengen Quetschgerste und dies nur wenn notwendig (z.B. nach anstrengender körperlicher Arbeit). Generell sollte eher jegliche Getreidefütterung vermieden werden, um etwaiges Auftreten von Krankheitssymptomen zu verhindern beziehungsweise bereits bestehende Krankheitserscheinungen nicht zu verschlimmern. Literatur: Geelen SN, Lemmens AG, Terpstra AH, Wensing T, Beynen AC, High density lipoprotein cholesteryl ester metabolism in the pony, an animal species without plasma cholesteryl ester transfer protein activity: transfer of high density lipoprotein cholesteryl esters to lower density lipoproteins and the effect of the amount of fat in the diet; Department of Equine Sciences, Faculty of Veterinary Medicine, Utrecht University, Yalelaan 6, 3584 CM, Utrecht, The Netherlands, Comp Biochem Physiol B Biochem Mol Biol. 2001 Sep; 130(2):145-54 Walter Lambert Jansen, Fat intake and apparent digestibility of fibre in horses and ponies, Utrecht, Universiteit Utrecht, Faculteit Diergeneeskunde Firshman AM, Baird JD, Valberg SJ, Prevalences and clinical signs of polysaccharide storage myopathy and shivers in Belgian draft horses, Department of Veterinary Population Medicine, College of Veterinary Medicine, University of Minnesota, Saint Paul, MN 55108, USA, J Am Vet Med Assoc. 2005 Dec 15;227(12):1958-64 Dr. Christina Fritz, Pferde fit füttern – Wie ich mein Pferd artgerecht ernähre, Cadmos Verlag www.artgerecht-tier.de Ausgabe 7, Oktober 2012 Tierheilpraktikerin Sandra Trenka Lange Pfalzgasse 11 97461 Hofheim in Unterfranken www.tierordination.de Tel: 0049(0)177/4460186 [email protected]