PSSM1 Fortpflanzung / Vererbung / Paarungsverbot

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PSSM1 Fortpflanzung / Vererbung / Paarungsverbot
Ve r b a n d f ü r Z u c h t , S p i e l u n d S p o r t
Fédération pour l'élevage, jeux et sport
Haflinger pur-sang
Haflinger-Reinblut
selection-selle, suisse
Selektion-Reittyp, Schweiz
Tel: ++41 (0)26 684 02 68 Fax: ++41 (0)26 684 02 68
Natel: 079 658 65 65
www.haflinger-swiss.ch
Adresse:
Ha-psss., Impasse des Chênes 12, CH-1784 Courtepin
PSSM1 Fortpflanzung / Vererbung / Paarungsverbot
von Hansruedi Vonlanthen, Präsident Ha-psss.
PSSM1-Muskelerkrankung bei Westernpferde-Rassen. Ein Haflinger!
Nico hat PSSM
Nach jahrelanger Suche jetzt
endlich die Diagnose:
Nico wurde positiv auf PSSM getestet.
PSSM – eine Muskelerkrankung bei ALLEN Westernpferde-Rassen!
Ich habe die Fakten zu dieser Erbkrankheit sehr ernst genommen und obwohl
Nico, Jahrg.2004, nicht unser Zuchtprodukt ist, recherchiert.
Die Erkenntnis der Vererbung und die Sorge, es könnte auch in unserem
Zuchtverband Tiere geben, die als Träger der Mutation in Frage kommen könnten,
veranlasste mich zum Analyse-Antrag aller Verbandszuchthengste.
Zurzeit grassiert keine andere Krankheit mehr als PSSM durch die Köpfe der
Westernpferdebesitzer.
Die wichtigsten Fragen zum Thema:
-
wie kann betroffenen Pferden und Besitzern geholfen werden?
-
was ist PSSM überhaupt, - wie wird es diagnostiziert? Und…
●
Zucht mit PSSM1 betroffenen Pferden?
Bei der Zuchtfrage, die ALLE Rasse-Zuchtorganisationen angeht, sind Massnahmen
zur Ausmerzung der PSSM-Erbkrankheit eine moralische Pflicht!
Pferde mit der Diagnose: Genotyp: N/Mut oder Mut/Mut (homozygot betroffen)
sind nicht krank, diese Tiere haben ein differenziertes Risiko zu erkranken.
1
●
Wie kann PSSM1 aus der Rasse-Population
heraus gezüchtet werden?
Unsere Anfrage zur Bestätigung der Wirksamkeit eines Paarungsverbots unter
Pferden, die von der PSSM1-Mutation betroffen sind.
Vom Schweizer Haflingerpferdezuchtverband Ha-psss, an Laboklin-Diagnostik, vom
16. Juli 2013.
LABOKLIN GmbH und Co. KG
Steubenstrasse 4
D-97688 Bad Kissingen
Courtepin, 16. Juli 2013
Vererbung von Polysaccharid-Speicher-Myopathie (PSSM1)
Planung einer sinnvollen Verpaarung trägerfreier Elterntieren
Sehr geehrte Damen und Herren
Wir haben einige unserer Pferde bei Ihnen auf die Erbkrankheit PSSM1 testen lassen, mit
durchzogenem Ergebnis. Nun ist es für uns Züchterisch sehr wichtig, von Ihnen eine
Bestätigung zu erhalten, dass PSSM1 bei Belegungsverbot zweier Träger aus der
Population heraus gezüchtet werden kann. In erster Linie geht es darum, dass ein Pferd
ohne Mutation die Krankheit nicht weitervererben kann, selbst wenn dessen Eltern von
PSSM1 betroffen sind. Können Sie uns dies so bestätigen?
Vielen Dank für Ihre rasche Rückmeldung.
Freundliche Grüsse
Hansruedi Vonlanthen
Präsident
Rahel Hubacher
Sekretärin/Aktuarin
Antwort der LABOKLIN, Labor für klinische Diagnostik GmbH & Co. KG:
Betreff: Re: PSSM1
Sehr geehrte Frau Hubacher,
wir können Ihnen gerne bestätigen, dass aus einer Verpaarung von zwei N/NElterntieren nur N/N Nachkommen fallen können.
Im Anhang schicke ich Ihnen zum besseren Verständnis eine Übersicht über die möglichen
Genotypen bei einem autosomal-dominanten Erbgang (wie z.B. PSSM).
LABOKLIN
Mit freundlichen Grüssen
Labor für klinische Diagnostik GmbH & Co. KG
Bärbel Gunreben
Molekularbiologie
LABOKLIN GmbH&Co.KG
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(Anhang von Laboklin)
Autosomal dominanter Erbgang
Für jedes Merkmal liegen im Genom zwei Kopien vor. Je eine Kopie erhält das Tier
von seinem Vater und eine von seiner Mutter. Wird ein Merkmal autosomal-dominant
vererbt bedeutet dies, dass ein Tier bereits erkranken kann, wenn es eine Kopie des
betroffenen Gens von Vater oder Mutter erhalten hat. Es können also entweder
Vater- oder Muttertier das mutierte Gen tragen und damit selbst auch erkrankt sein.
Es existieren drei Genotypen:
1.
Genotyp n/n (homozygot gesund): Dieses Tier trägt die Mutation nicht und hat
ein extrem geringes Risiko zu erkranken. Es kann die Mutation nicht an seine
Nachkommen weitergeben.
2.
Genotyp n/Mut (heterozygot betroffen): Dieses Tier trägt eine Kopie des
mutierten Gens. Es hat ein erhöhtes Risiko zu erkranken und gibt die Mutation
mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% an seine Nachkommen weiter.
3.
Genotyp Mut/Mut (homozygot betroffen): Dieses Tier trägt zwei Kopien des
mutierten Gens und hat ein extrem hohes Risiko zu erkranken oder sehr früh zu
sterben. Es gibt die Mutation zu 100% an seine Nachkommen weiter. Dieser
Typus kommt sehr selten vor, da er nur entstehen kann, wenn sowohl Vater als
auch Mutter betroffen sind.
Dominant vererbte Krankheiten erhöhen oft das Risiko zu erkranken. Diese
Veränderung in der Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Krankheit bezeichnet
man auch als unterschiedliche Penetranz der Mutation. Betroffene Tiere erkranken
somit nicht immer zu 100% an der Erbkrankheit.
Manchmal treten die Symptome auch erst in hohem Alter auf, so dass es wichtig ist
vor einer Verpaarung zu erfahren, ob die Tiere frei von der Mutation sind.
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Züchten in Gestüt-Form und die Anwendung der
Populationsgenetik
Die betroffene Zuchtpopulation - Zuchtorganisation kann als Gestüt-Zucht und
der Einteilung der Pferde in 3 Genotypen mit Paarungsverbot der MutationsTräger die Erbkrankheit 100%ig aus der kontrollierten Population
herauszüchten.
Wir zeigen wie!
Als Vererbung bezeichnet man volkstümlich die Übertragung der elterlichen
Eigenschaften auf die Nachkommen. Besser und richtiger würde man sagen, dass
die inneren Anlagen für bestimmte Eigenschaften der Eltern auf die Nachzucht
übertragen werden. Diese inneren Anlagen kommen je nach den Verhältnissen
verschieden stark oder auch gar nicht zur Entwicklung.
Wir wissen, dass die Träger der Vererbung die Chromosomen der weiblichen Eizelle
und des männlichen Samenfadens sind. Jede reife, fortpflanzungsfähige
Geschlechtszelle besitzt den einfachen Chromosomensatz, man bezeichnet ihn
als Gamete. Im Befruchtungsprozess verschmelzen je eine männliche und eine
weibliche Gamete zu einer Zygote (= Zweigespann, Paar). Bildlich könnte man das
so darstellen:
Männliche Gamete = ♂, weibliche Gamete = ♀.
Jeder Erbfaktor ist in jedem Lebewesen zweimal vertreten; das ist in den
Abbildungen durch zwei DNA-Stränge dargestellt.
Die Chromosomen des Pferdes (Equus caballus):
♀ Die Stute hat 62 Chromosomen und das Geschlechts-Chromosom XX
=
64 Chromosomen total
♂Der Hengst oder Wallach hat 62 Chromosomen und das Geschlechts
Chromosom XY
=
64 Chromosomen total
Ein gesundes Pferd hat in allen Körperzellen 64 Chromosomen, welche die gesamte
Erbinformation enthalten.
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Schematische Darstellung der DNA-Teilung und Verdoppelung,
also der Reduplikation nach der Befruchtung
Von jedem Chromosom sind immer zwei Kopien in einer Zelle vorhanden und
werden als Chromosomenpaar bezeichnet, also 31 Chromosomen. Dazu kommen
noch die beiden Geschlechtschromosomen, das X oder das Y Chromosom
= 32 + 32 = 64 Chromosomenpaare pro Pferd
Eine Ausnahme bilden die Spermien des Hengstes und die Eizelle der Stute: sie
enthalten nur die Hälfte, also 32 Chromosomen.
Reissverschlussartiges Öffnen der DNA! (Erbfaktor)
Der einfache Chromosomensatz einer weiblichen Eizelle und des
männlichen Samenfadens (Spermie) wird vererbt!
DNAStrang
ohne
Mutation
X
♂
Y
geöffnet
♀
X
DNAStrang
ohne
Mutation
X
DNAStrang
mit
Mutation
DNAStrang
mit
Mutation
Vater
Mutter
♂
♀
Zunächst öffnen sich die beiden komplementären Stränge der DNA, in dem die
zwischen den Basen bestehenden Wasserstoffbrücken gelöst werden. Diesen
Vorgang kann man mit dem Öffnen eines Reissverschlusses vergleichen, wobei die
beiden Reissverschlusshälften den komplementären DNA-Strängen entsprechen. An
die auf diese Weise frei gewordenen Nucleotide jedes Einzelstranges lagern sich die
entsprechenden komplementären Nucleotide an.
z.B. Beide DNA-Stränge, der des Vaters und der der Mutter sind ohne
mutierendes Gen (siehe Bild oben).
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Die Zelle muss also den Zellkern ständig mit Nucleotiden versorgen. Wird z.B. beim
reissverschlussartigen Öffnen des DNA-Doppelstranges das Nucleotid-Paar A-T
getrennt, so sucht sich das Nucleotid A aus der Umgebung das Nucleotid T, und
umgekehrt das Nucleotid T das Nucleotid A. Heisst das nächstfolgende NucleotidPaar z.B. G-C, so paart sich G des alten Stranges mit einem herbeigeholten C und C
wiederum mit einem neuen G. Dieser Vorgang wiederholt sich so oft, bis beide
Einzelstränge sich wieder zu einem Doppelstrang ergänzt haben.
Chromosomen unterscheiden sich in der Grösse, in der Form und in der
unterschiedlichen Anfärbbarkeit und können deshalb identifiziert werden.
Die befruchtungsreifen Ei- und Samenzellen haben aber nun durch den Prozess der
Ei- und Samenreife nur noch die Hälfte der Erbfaktoren, also einen DNA-Strang
vom Vater und einen von der Mutter (Chromosomensatz).
Die DNA besitzt neben der Stabilität auch die Fähigkeit zur Teilung und zur
Verdopplung, also zur Reduplikation. Um die Vorgänge zu veranschaulichen, soll uns
zunächst das vereinfachte Strickleitermodell der DNA genügen. Bei dem Vorgang
der Reduplikation ist das Prinzip der komplementären Basen von grossem Vorteil.
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Nach der zweiten Reifeteilung (Reduktionsteilung).
Verschmelzen durch die Befruchtung Ei- und Samenzelle miteinander, so hat das
neue Lebewesen (Fohlen) wieder die volle Zahl der Erbfaktoren also zwei
vollständige Chromosomensätze.
2/2
Die Hälfte
vom Vater
1/2
und
♂
die Hälfte
der Mutter
1/2
♀
DNA-Doppelstrang des Fohlens
Kind
Eltern
Eltern
Kind
Fohlen hat
wieder zwei
Chromosomen-Sätze
z.B. Vater
z.B. Mutter
♂
♀
Der Vater und die Mutter geben nur die Erbfaktoren seines Vaters oder seiner
Mutter an das Fohlen weiter!
Deshalb wird je ein DNA-Doppelstrang, die Hälfte der Erbinformation, aufgelöst.
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Möglicher Erbvorgang bei der Paarung.
Quelle: Biologie-Telekoleg II
ISBN-3-8058-0389-3 Seite, 103
Durch das Öffnen der Doppelstränge zur befruchtungsreifen Samen- und Ei-Zelle
wird die Erbanlage zwei Mal zur Hälfte aufgelöst.
Der wesentliche Unterschied bei der Bildung von Spermien und Eizellen besteht
darin, dass von den vier weiblichen Meioseprodukten (Eizellen) drei zugrunde gehen,
d.h. nur eine zur Eizelle heranreift (s. Abb. S. 103).
von der Mutter
31 + X = 32
Befruchtungsreife
Vererbung
vom Vater
an das Fohlen
2 x X =♀
31 + Y = 32 = ♂
31 + X = 32 = ♀
Mutter
Eizelle
64
Vater
Chromosomen-Zahl
64
Zweite Reifeteilung
(Reduktionsteilung)
32 ♀
1/2
Spermien
Spermien
1/2
32 ♂
Die zwei DNA-Doppelstränge
des Mutter
haben jeder für sich auch
die Erbmerkmale einer
Mutter und eines Vaters!
des Vaters
Genom –Strang 2
der Mutter
Genom –Strang 1
der Mutter
Genom –Strang 2
des Vaters
Genom –Strang 1
Erste Reifeteilung
(Reduktionsteilung)
Die zwei DNA-Doppelstränge
der Vaters
haben jeder für sich auch
die Erbmerkmale einer
Mutter und eines Vaters!
Der Begriff „Reinerbig“ ist zutreffender als Reinzucht!
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Möglicher Erbvorgang bei der Paarung; getrennte
N U C L E O T I D E suchen die Ergänzung!
VERERBUNG
N/N:
Das Pferd trägt die Mutation nicht und hat ein extrem geringes Risiko zu erkranken.
Genotyp
N/N
=
homozygot gesund
Beide Eltern sind homozygot gesund.
Genotyp
N / PSSM
Homozygot = reinerbig
=
heterozygot betroffen
Nur ein Elternteil trägt das mutierte Gen. Heterozygot = mischerbig
N / PSSM :
Das Pferd trägt eine Kopie des mutierten Gens. Es hat ein erhöhtes Risiko zu erkranken.
♀ Stute
VERERBUNG
PSSM
50 %
N
0%
♂ Hengst
N
+
PSSM betroffen
25 % heterozygot betroffene
0%
N
=
0%
PSSM nicht betroffen
PSSM / N 25 %
Fohlen
N/N
Fohlen
0%
75 % homozygot gesunde
Maximal noch 25% der Fohlen haben die Mutation PSSM.
PSSM / PSSM :
Das Pferd ist Träger von zwei Kopien des mutierten Gens und hat ein extrem hohes Risiko
zu erkranken. Es gibt die Mutation an seine Nachkommen weiter.
Genotyp
PSSM / PSSM
=
homozygot betroffen
Vater und Mutter plus Partner tragen das mutierte Gen. Sie würden die Mutation zu
100% an die Nachkommen weitergeben.
Genotyp:
PSSM
+
50 %
plus
plu
s
PSSM 50 %
=
100 %
Genotyp:
PSSM
PSSM1-Träger
Partner:
PSSM 50 %
N
=
=
VERERBUNG erste Generation
VERERBUNG
+ Partner:
50 %
N
0%
N
0%
Nachkommen sind
=
plus
PSSM
50 %
VERERBUNG
Genotyp:
+
PSSM 50 %
N
0%
plus
haben Paarungsverbot!
0%
50 %
PSSM 50 %
N
0%
heterozygot
(mischerbig)
betroffen
zweite Generation
Partner:
N
N
25 % heterozygot betroffene
0%
0%
=
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PSSM / N 25 %
Fohlen
N/N
Fohlen
75 %
75 % sind homozygot gesund
Gen-Defekt - PSSM1
Autosomal dominanter Erbgang
Für jedes Merkmal liegen im Genom zwei Kopien vor.
Je eine Kopie erhält das Tier von seinem Vater und eine von seiner Mutter
Es existieren drei Genotypen
Untersuchungsbefund
Ergebnis: Genotyp: N/N
(homozygot gesund)
Zucht:
Interpretation:
Das untersuchte Pferd ist reinerbig
für das intakte Gen. N/N (homozygot gesund)
Es ist kein Träger des mutierten Gens für die
PSSM Polysaccharid-Speicher-Myopathie
An die Nachkommen wird nur das intakte Gen
N/N weitergegeben.
Bei Paarung mit einem Zuchthengst Genotyp N/N
ist keine Laboruntersuchung auf PSSM mehr
erforderlich!
ALLE Nachkommen sind Genotyp N/N
(homozygot gesund)
Untersuchungsbefund
Ergebnis: Genotyp: N/PSSM1
(heterozygot betroffen)
Zucht:
Interpretation:
Das untersuchte Pferd ist
mischerbiger (heterozygoter) Träger des Gens PSSM
Dieses Tier trägt eine Kopie des mutierten Gens.
Es hat ein erhöhtes Risiko zu erkranken.
Achtung: Paarungsverbot unter mischerbiger
N/PSSM und homozygot doppelt betroffenen
PSSM-Genotyp-Trägern.
Bei einer Paarung mit einem ZuchthengstGenotyp N/N (homozygot gesund) sind
maximal 25% der Nachkommen N/PSSM1 Träger
der Mutation.75% sind Genotyp N/N
(homozygot gesund) und können die Mutation
nicht weiter vererben.
Für Aufzuchtfohlen ist der Gentest obligatorisch.
Untersuchungsbefund
Ergebnis: Genotyp: PSSM1/PSSM1
Zucht:
(homozygot doppelt betroffen)
Interpretation:
Dieses Pferd trägt zwei Kopien des mutierten Gens
und hat ein extrem hohes Risiko an PSSM1
zu erkranken. Es gibt die Mutation an seine
Nachkommen weiter.
Achtung: Paarungsverbot unter mischerbiger
N/PSSM und homozygot doppelt betroffenen
PSSM-Genotyp-Trägern.
Ist der Partner/In der zweiten Generation Genotyp
N/N (homozygot gesund) sind 75% der Fohlen
auch Genotyp N/N (homozygot gesund) und
können die Mutation nicht weiter vererben.
Für Aufzuchtfohlen ist der Gentest obligatorisch.
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