Aroser/Schanfigger Zeitung, 25.6.2010
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Aroser/Schanfigger Zeitung, 25.6.2010
Freitag, 25. Juni 2010 Hotellerie 19 Warum es so harzt mit neuen Hotels – nicht nur in Arosa Als ehemaliger Aroser Hoteliervereinspräsident liegt mir die Zukunft dieses Berufsstandes sehr am Herzen. Deshalb besuche ich nach wie vor Veranstaltungen, die sich mit der Problematik von Hotelneubauten befasst. vorbeigemogelt worden, hat hoffentlich Unrecht. Ebenso, wer kommagenau den Schweizer Zahlen traut, denn das Bundesamt für Statistik zählt das 2006 stillgelegte Hotel «Panarosa» in Arosa immer noch mit. ■ Von Hans Herwig Junge Hotelierfamilien haben keine Chance Nun die schwerere Kost: In Schweizer Feriendestinationen entstehen kaum neue Hotels. Bis 1985 investierte die Schweizer Hotellerie in Neubauten mehr als in Unterhalt und Renovationen, heute vermisst man Neubauten. Laut Peder Plaz fehlt es in der Schweiz nicht an zukunftsweisenden und marktfähigen Hotelprojekten, bloss kommen sie nicht voran. Aufgegleiste Grossprojekte, drei davon in Graubünden, brächten 20 000 neue Betten und 6,9 Milliarden an Investitionen. Sie schlummern einer ungewissen Realisierung entgegen. Selten kann ein fachkundiges junges Ehepaar einen zukunftsfähigen Hotelbetrieb erwerben. Zukunftsfähige Hotelbetriebe sind keine Kleinbetriebe, und junge Leute können die Finanzierungslücke zwischen dem Kaufpreis und dem erhältlichen Kredit meist nicht schliessen (in Österreich hilft die Tourismusbank). Auch bei Neubauten klafft eine Finanzierungslücke, nämlich zwischen Baukosten und zu erwartendem Ertragswert. Ohne dass diese Lücke geschlossen wird mit Kapital, das nicht verzinst und nicht amortisiert werden muss, wird nicht gebaut. Gelingt dann trotzdem die Finanzierung, bleibt das zweite Problem: Ist die absolut beste Lage verfügbar? Für einen Neubau ist sie matchentscheidend. An zweitklassiger Lage überlebt kein neues Hotel die ersten Jahre, wenn hohe Zinsen und Amortisationen anfallen. Ein Referat letzte Woche in Zürich zeigte die Vielzahl der Instrumente, die Österreich für die Tourismusförderung einsetzt – teilweise sogar mit EU-Geldern. Referent war der Geschäftsführer der Österreichischen Hotelund Tourismusbank, Dr. Franz Hartl. Die Tourismusbank entspricht der Schweizerischen Gesellschaft für Hotelkredit und stellt touristischen Unternehmen zinsgünstige Darlehen zur Verfügung. Die Betriebe, in welche sie letztes Jahr 155 Millionen Euro investierte, sollen künftig zwei Milliarden Euro Umsatz machen mit 25 000 Mitarbeitenden. Das meiste Geld fliesst in Hotellerie und Gastronomie, aber auch Beschneiungsanlagen wurden unterstützt. In erster Linie investierte man in die Optimierung der Betriebsgrösse (bei Hotels: Vergrösserung der Bettenzahl), danach in Qualitätsverbesserung und erst an dritter Stelle in den nicht mehr so boomenden Wellnessbereich. Besonders gefördert werden Jungunternehmer und neue Unternehmenstypen. 96% der Unterstützung gehen an KMU. Die Schweiz im Vergleich zur Konkurrenz Peder Plaz, Geschäftsführer des Wirtschaftsforums Graubünden, stellte den Bezug her zur Schweiz, und aufschlussreich ist auch der Inhalt des Jahrbuches der Schweizer Hotellerie. Zuerst die leichtere Kost: Verglichen mit unseren vier Nachbarstaaten, die auch unsere Mitbewerber sind, haben wir nach Österreich die im Schnitt kleinsten Hotels, und wir produzieren am wenigsten Logiernächte – siebenmal weniger als Leader Italien. Allerdings: Pro km2 Fläche findet sich die Schweiz gleich hinter dem klaren Sieger Österreich, der 954 Logiernächte pro km2 ausweist. Und während in Deutschland nicht einmal jeder vierte Gast ein Ausländer ist, verhält es sich in Österreich umgekehrt, die Schweiz liegt in der Mitte. Am besten gelingt es Frankreich (vor Österreich), seine Betten übers Jahr zu füllen. Am schlechtesten schneidet Italien ab mit einer Belegung unter 30%. Wer jetzt denkt, in Italien seien Logiernächte an der Statistik Die dritte Hürde ist die Bewilligungsfähigkeit Nur wenige Grossprojekte haben in letzter Zeit alle drei Hürden gemeistert (Andermatt, «Rock-Resort» Laax, Unterterzen am Walensee, «Grand Hotel Dolder»). Sie trieben die Neubaustatistik gleich um 37% in die Höhe. Entsteht anstelle der Brandruine des «Carmenna» ein neues, modernes Hotel? Bild Peter Lüscher Es braucht neue Hotels Auch Hotels haben ein Verfalldatum. Auch in der Hotellerie sehen die neuen Modelle anders aus als die alten. In der Waldwirtschaft gilt ein Baumbestand als gesund, wenn er altersmässig gut durchmischt ist. Das bewährt sich auch im Hotelgewerbe. Unsere Stadthotellerie ist recht gut à jour, die Saison-Hotellerie mehrheitlich im Rückstand. Um diesen aufzuholen, müssen wir an die Zeiten von vor 1985 (!) anschliessen.