1.Das Rezept - Deutscher Apotheker Verlag
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1.Das Rezept - Deutscher Apotheker Verlag
1.1 Das rosa GKV-Rezept 1. Das Rezept Christiane Weber Ob rosa, blau oder gelb: Ein Rezept ist immer eine Urkunde. Bei ihrer Bearbeitung in der Apotheke ist inzwischen ein ganzes Arsenal an Rechtsvorschriften und formalen Vorgaben zu beachten. Die Rezeptbearbeitung ist somit eine echte Herausforderung und mit jeder Menge Fehlerquellen verbunden. Für den Apothekenalltag ist es daher nützlich, die wichtigsten Formularbesonderheiten, Taxationsvorgaben etc. für die verschiedenen Rezepttypen im Überblick zu haben. 1.1 1 Das rosa GKV-Rezept Das rosa Rezeptformular nach „Muster 16“ wird zulasten der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) abgerechnet. Es macht mit circa 450 Millionen pro Jahr den mit Abstand größten Rezeptanteil in der Apotheke aus. Die rosa Hintergrundfarbe soll Fälschungen erschweren und kann als Blindfarbe bei der elektronischen Auswertung gut ausgeblendet werden. Das GKV-Rezeptformular enthält rund 40 verschiedene Felder, bei denen es auf einige besonders ankommt. So dürfen die eigenhändige Unterschrift des Arztes und das Ausstelldatum niemals fehlen. Nur dann handelt es sich um ein gültiges, abrechnungsfähiges Dokument. An Ausstelldatum und Arztunterschrift darf in der Apotheke niemals herummanipuliert werden, das wäre Urkundenfälschung. Wird vom Arzt eine Eintragung nachträglich ergänzt oder verändert, hat er diese mit Datum und Unterschrift erneut abzuzeichnen. Das Ausstelldatum darf bei GKV-Rezepten maximal einen Monat zurückliegen (bei Hilfsmitteln nur 28 Tage, bei Isotretinoin-Verordnungen nur 1 Woche). Später kann das Rezept nicht abgerechnet werden, es wird von der GKV dann nicht mehr erstattet. 1.1.1 Wichtige Formalitäten In der Apotheke dürfen nur ordnungsgemäß und vollständig ausgestellte Rezepte beliefert werden (Ⴜ Abb. 1.1). Welche Angaben dafür nötig sind, legt u. a. die Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) § 2 fest: Name, Vorname, Berufsbezeichnung und Anschrift des Arztes sowie auch dessen Telefonnummer. Unverzichtbar sind außerdem Ausstelldatum, Name und Geburtsdatum des Patienten, Bezeichnung, Menge und Darreichungsform des Arzneimittels etc. Darüber hinaus gelten noch andere Vorgaben (z. B. Vereinbarung zwischen den Krankenkassen und dem Deutschen Apothekerverband) wie z. B. die lebenslängliche Vertragsarztnummer (LANR), die an die Praxis gebundene Betriebsstättennummer (BSNR), Status des Versicherten (z. B. Rentner, Familienversi- 1 1 Das Rezept Barmer GEK X 52 Schulz Helga Grenzweg 140 D 54300 Gesundingen 28.03.51 104080005 B781846302 5 408056100 183249112 07.08.15 +5876161+ 10,00 33,15 1 1 1 0 5 5 9 3 1 13,98 0 0 8 5 0 5 4 3 1 19,17 408056100 x Amlodipin Stada 5 mg 100 Tbl. N3 x Metohexal Succ 190 mg 100 Ret. N3 0 7 0 8 1 5 Dr. med. Wolfgang Verordner Internist Hauptstraße 2 54300 Gesundingen Tel.: 06131 - 55555 Fax: 06131 - 55550 Beratungs-Apotheke, Im Zentrum 1, 54321 Machtspass 408056100 Ⴜ Abb. 1.1 Ein ordnungsgemäß ausgefülltes GKV-Rezept. cherter). Die 9-stellige LANR kann man an zwei Stellen im GKV-Rezept finden: im Feld „Arzt-Nr.“ sowie im Praxisstempel. Die ebenfalls 9-stellige BSNR kann an drei Stellen vorhanden sein: im Feld „Betriebsstätten-Nr.“ sowie im vorgeprägten Codierstreifen des GKV-Rezepts rechts unterhalb des Verordnungsfelds und im Praxisstempel. Wenn diese Nummern nicht übereinstimmen, könnte es sich um eine Rezeptfälschung handeln. Für Sie in der Apotheke sind bei der Rezeptbelieferung als Erstes die Angabe „Krankenkasse bzw. Kostenträger“ sowie die zugehörige „Kostenträgerkennung“ im Rezeptkopf relevant. Auf letztere kommt es an, um z. B. die GKV-spezifischen Rabattverträge korrekt umzusetzen und das Rezept gegenüber der richtigen Krankenkasse abrechnen zu können. Die eigentliche Verordnung der Medikamente wird zwar inzwischen von den meisten Ärzten maschinell vorgenommen, es dürfen jedoch nach wie vor handschriftlich ausgestellte Rezepte beliefert werden. Links oben am Rezeptrand sollte vom Arzt entweder das Feld „Gebühr frei“ oder „Geb.-pfl.“ angekreuzt sein. Daran erkennen Sie, ob ein Kunde die gesetzliche Rezeptzuzahlung leisten muss oder davon befreit ist. Die Zuzahlung beträgt für Fertigarzneimittel, Rezepturen und Medizinprodukte 10 %, jedoch mindestens 5 Euro und maximal 10 Euro, aber nie mehr als der Produktpreis. Blutzuckerteststreifen sind zuzahlungsfrei. Für Verbandstoffe errechnet sich die Zuzahlung nicht pro Produkt, sondern pro Verordnungszeile. Wurde kein Kreuz zum Zuzahlungsstatus gesetzt, gilt: Versicherte bis zum vollendeten 18. Lebensjahr sind stets zuzahlungsfrei. Wer Ihnen einen gültigen Befreiungsausweis vorlegt, gilt ebenfalls als befreit. Außerdem sind Verordnungen zu Lasten einer Berufsgenossenschaft (BG) und Anspruchsberechtigte laut Bundesversorgungsgesetz (BVG) 2 1.1 Das rosa GKV-Rezept zuzahlungsfrei zu behandeln. Bei Schwangeren entscheidet der Arzt, ob die Verordnung schwangerschaftsbedingt und damit befreit ist oder nicht. Sogenannte Mehrkosten entstehen, wenn der vom Pharmaunternehmen verlangte Preis eines Medikaments über dem Preislimit des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) liegt. Die Differenz muss der GKV-Versicherte zusätzlich selbst bezahlen. Und vergessen Sie bei der Abgabe eines Hilfsmittels nicht, sich den Empfang auf der Rezeptrückseite im Feld „Unterschrift des Empfängers“ vom Kunden abzeichnen zu lassen. 1.1.2 Korrekt abrechnen Am linken Rand des Verordnungsfelds eines GKV-Rezepts stehen drei „aut idem“-Kästchen. Hat der Arzt diese angekreuzt, darf das danebenstehende Präparat genauso abgegeben werden. Ansonsten muss ein rabattbegünstigtes Arzneimittel in der Apothekensoftware dazu herausgesucht werden. Stehen mehrere Rabattarzneimittel zur Auswahl, dürfen Sie bzw. der Patient auswählen. Existiert kein rabattbegünstigtes Präparat, dürfen Sie das verordnete Medikament oder eines der drei preisgünstigsten abgeben. Im Abrechnungsfeld rechts oben auf dem GKV-Rezeptformular druckt der Kassencomputer in der Apotheke die Abrechnungsdaten ein. Dazu gehören: die „ApothekenNummer/IK“, wodurch eine Apotheke im Abrechnungszentrum eindeutig identifiziert werden kann. Unter dieser kommen Zuzahlung und Gesamt-Brutto-Betrag zu stehen. Darunter sind drei Zeilen für die abzurechnenden Positionen vorgesehen, wobei vorne die Pharmazentral- oder Hilfsmittelnummer und in der letzten Spalte der zugehörige Einzelbetrag aufgedruckt wird. Im „Faktor“-Feld erscheint nicht nur die jeweils abgegebene Stückzahl, sondern auch die Faktoren zum Sonderkennzeichen (PZN 02567024). Diese werden benötigt, wenn bei der Rezeptbelieferung aus unterschiedlichem Grund (codiert durch die Zahlen 1 bis 7, s. Kasten) ein anderes als das vertraglich vorgesehene Arzneimittel abgegeben wird. 1 Bedeutung der sieben Faktoren 1 = vertragsmäßig beliefert, 2 = Rabattarzneimittel nicht verfügbar, 3 = kein Reimport verfügbar, 4 = weder Rabattarzneimittel noch Reimport verfügbar, 5 = Nichtabgabe eines Rabattarzneimittels wegen Akutversorgung, 6 = Nichtabgabe eines Rabattarzneimittels aufgrund pharmazeutischer Bedenken, 7 = Abgabe eines vom Versicherten verlangten Wunscharzneimittels. Auch für Sprechstundenbedarf nutzen Ärzte das rosa GKV-Rezeptformular. Hierbei müssen zwar auch die Vorgaben der Verschreibungsverordnung, jedoch keine Rabattverträge beachtet werden (außer bei manchen Impfstoffen). Dafür hat bei der Abrechnung von Sprechstundenbedarf die Wirtschaftlichkeit höchste Priorität, was oft die Abgabe von Jumbopackungen (Packungen größer N3) erfordert. 3 1 Das Rezept Das Wichtigste in Kürze GKV-Rezepte mit Arzneimitteln sind 1 Monat lang gültig. Ausstelldatum und Arztunterschrift dürfen nie fehlen. Existieren mehrere Rabattarzneimittel, darf unter diesen frei gewählt werden. Existiert kein Rabattvertrag, darf entweder das verordnete Arzneimittel oder eines der drei preisgünstigsten abgegeben werden. Auf Sprechstundenbedarfsrezept hat die Wirtschaftlichkeit höchste Priorität, weshalb oft Jumbopackungen abgegeben werden müssen. 1.2 Das Privatrezept Sie haben meist Querformat und sind heutzutage in der Regel hellblau, kommen aber auch in Violett, Weiß, Hochformat, DIN A 5, Überbreite bzw. Überlänge oder blumig unterlegt daher: Bei Privatrezepten gibt es kein vorgeschriebenes Formularmuster (außer bei BtM, s. u.). Jeder Arzt kann also sein Privatrezeptformular optisch so gestalten lassen, wie er möchte (Ⴜ Abb. 1.2). Achtung Verwechslungsgefahr: Manche Ärzte verwenden auch für ihre Privatverordnungen rosa GKV-Formulare! In jedem Fall müssen bei Privatrezepten mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln die Bestimmungen der Arzneimit- +4497802+ Reutter Rainer Im Unterholz 12 D-87654 Bad Zeckingen 46,64 15.08.69 0 2 1 8 6 2 2 7 1 46,64 09.02.15 816683200 Encepur Erwachsene 0,5 ml FER 12.02.15 Süd-Apotheke, Im Flavi-Zentrum 3/1, 87654 Bad Zeckingen Ⴜ Abb. 1.2 Ein Privatrezept (Beispiel blaues Formular). 4 Dr. Axel Stecker Facharzt für Allgemeinmedizin Inzidenzplatz 1 87654 Bad Zeckingen Tel.: 07561 - 321654 Fax: 07561 - 321655 1.3 Das grüne Rezept telverschreibungsverordnung (AMVV § 2) eingehalten werden und folgende Angaben vorhanden sein: Name und Geburtsdatum des Patienten, Ausstelldatum, Vorname, Name, Anschrift, Betriebsstättennummer (BSNR) sowie Berufsbezeichnung und Unterschrift des Arztes. Wichtig: Privatrezepte sind drei Monate lang gültig. Auf Privatrezepten kann vieles verordnet bzw. abgerechnet werden, was auf GKVRezept nicht erstattungsfähig ist. Trotzdem gilt auch hier: Bedenkliche Arzneimittel dürfen niemals kritiklos abgegeben werden, nur weil es ein Arzt verordnet hat! Beispiel: Rezepturen mit bedenklichen Inhaltsstoffen (z. B. Bufexamac), obsoleten Darreichungsformen (z. B. Pillen) oder unplausible Dosierungen (z. B. Erwachsenendosis für ein Kleinkind). Oft lassen sich solche Fälle durch eine kurze Rücksprache mit dem verschreibenden Arzt klären. Ein Privatrezept bleibt nach Bezahlen Eigentum des Patienten und wird ihm quittiert wieder mitgegeben, damit er die Kosten gegenüber seiner Privatkasse geltend machen kann. 1 1.3 Das grüne Rezept Ein Sonderfall bei Privatrezepten ist das hellgrüne, querformatige Rezept, kurz „grünes Rezept“ (Ⴜ Abb. 1.3). Es wurde im Jahr 2004 mit dem Hintergedanken eingeführt, dass Ärzte ihren Patienten damit auch solche rezeptfreien Arzneimittel weiter „verschreiben“ können, die aus der GKV-Erstattung herausgefallen sind. Im Grunde stellt ein grünes Rezept also lediglich eine schriftliche Merkhilfe für ein ärztlich empfohlenes Arzneimittel dar. Dies wird jedoch manchen Kunden erst in der Apotheke klar, wenn es ans Bezahlen geht. Ein grünes Rezept ist zeitlich unbegrenzt gültig und erfordert keine speziellen Pflichtangaben. Händigen Sie es Ihrem Kunden nach dem Bedrucken am besten wieder aus, da manche Steuerpflichtige es gegenüber dem Finanzamt geltend machen wollen. Doch Vorsicht: Wird Ihnen ein grünes Rezept vorgelegt, auf dem ein rezeptpflichtiges Arzneimittel steht, dürfen Sie dieses Rezept zwar wie ein Privatrezept beliefern – aber nur unter der Voraussetzung, dass dann auch alle für ein Privatrezept notwendigen Angaben vorhanden sind (s. oben) und das Ausstelldatum nicht länger als drei Monate zurückliegt. Das Wichtigste in Kürze Privatrezepte sind drei Monate lang gültig. Es gibt bei Privatrezepten keine Formularvorgaben; sofern die Angaben nach Arzneimittelverschreibungsverordnung vorhanden sind, darf das Rezept beliefert werden. Bedenkliche Arzneimittel oder unplausible Dosierungen dürfen auch auf Privatrezept nicht ignoriert werden. Grüne Rezepte sind unbegrenzt gültig, außer wenn ein rezeptpflichtiges Medikament verschrieben ist. 5 2 Beratung zu verschiedenen Darreichungsformen Vorteile des Elpenhaler® sind der günstige Preis und die visuelle sowie geschmackliche Inhalationserfolgskontrolle. Ein praxisrelevanter Nachteil ist die optisch sowie feinmotorisch anspruchsvolle Handhabung des Geräts, was häufig zu Anwenderfehlern führt. Beispiele sind: Die Blisterstücke werden verkehrt herum aufgelegt, die Blisterdeckfolie wird nicht abgezogen, das Gerät wird beim Inhalieren verkehrt herum gehalten, sodass das Wirkstoffpulver herausrieselt, bevor es eingeatmet werden kann. Pulverinhalatoren – Mehrdosensysteme Nachfüllbare Mehrdosensysteme Von den nachfüllbaren Mehrdosen-Pulverinhalaten spielt derzeit nur der Novolizer® (z. B. Budecort®, Formotop®) eine apothekenrelevante Rolle (Ⴜ Abb. 2.11 und Ⴜ Abb. 2.12). Die Patrone mit der Wirkstoff-Lactose-Mischung liegt den Novolizer®-FertigpräparatStartpackungen separat eingeschweißt bei. Bieten Sie Ihren Kunden als Service an, die Patrone in der Apotheke gleich einzubauen! Hierzu wird zuvor die obere Abdeckung des Novolizer® an den geriffelten Stellen leicht zusammengedrückt und kann dann nach oben abgehoben werden. Damit wird das Fach zum Einsetzen der Patrone frei. Beim Einlegen kann man nichts falsch machen, denn die Patrone passt nach dem Schlüssel-SchlossPrinzip nur in der richtigen Position ins Gerät (mit dem Zählwerk nach vorne). Für die Inhalation muss beim Novolizer® nur die Schutzkappe vom Mundstück abgenommen und die Dosiertaste einmal gedrückt werden. Dabei wird das in der Patrone enthaltene Pulver durch einen Klopfer gelockert und eine Einzeldosis in den Inhalationskanal auf den Dosierschlitten überführt. Außerdem springt das farbige Kontrollfenster von Rot nach Grün. Wichtig: Danach die Dosiertaste loslassen und jetzt das Gerät nicht mehr erschüttern! Ein Sperrmechanismus verhindert bei versehentlich erneutem Betätigen der Dosiertaste eine Überdosierung. Beim Inhaliervorgang muss das Gerät waagrecht gehalten werden. Durch den Einatemstrom wird das im Dosierschlitten bereit gestellte Pulver in einen Zyklon überführt und darin verwirbelt, bevor es durch das Mundstück inhaliert wird. Dem Anwender bietet der Novolizer® eine Dreifachkontrolle über die erfolgte Inhalation: der Farbwechsel im Fenster, ein Klickgeräusch und der LactoseGeschmack. Zur Reinigung lässt sich der Novolizer® im Gegensatz zu seinem Nachfolger Genuair® (s. u.) in mehrere Teile zerlegen: Verschlusskappe, Mundstück, Dosierschlitten, Patrone und Abdeckung lassen sich herausnehmen (Ⴜ Abb. 2.11) und sollten spätestens bei jedem Patronenwechsel mit einem Pinsel gereinigt werden. Nach rund einem Jahr sollte der Inhalator wegen mechanischer Abnutzungserscheinungen durch einen neuen ersetzt werden. Praxistipp für den HV-Alltag: Im Rahmen der Packungsgrößenverordnung werden derzeit die Novolizer®-Patronen von 100 auf 60 Einzeldosen umgestellt. Dabei wurde jedoch nur der Füllungsgrad der Patronen, nicht ihre Form verändert, sodass weiterhin jede Novolizer®-Patrone in jeden Novolizer® passt. Nicht nachfüllbare Mehrdosensysteme Genuair®: Der Genuair® (z. B. Duaklir®, Eklira®), der seit dem Jahr 2012 auf dem deutschen Markt ist, ähnelt vom Bauprinzip her dem Novolizer® (s. o.). Jedoch handelt es sich beim Genuair® um ein nicht nachfüllbares Einwegsystem (Ⴜ Abb. 2.13). Das heißt, die Patrone sitzt bei den entsprechenden Fertigpräparaten von vornherein im Gerät fest. Der 24 2.1 Inhalatoren Ⴜ Abb. 2.11 Novolizer® (z. B. Budecort®, Formotop®) in geschlossenem Zustand und in Einzelteile zerlegt. 2 'RVLHUWDVWH 3DWURQH =\NORQ 0XQGVWFN 3XOYHU 'RVLHUVFKOLWWHQ ,QKDODWLRQVNDQDO Ⴜ Abb. 2.12 Novolizer® im Querschnitt. )DUELJH7DVWH 'RVLVDQ]HLJH $Q]HLJHLQHU6FKULWWHQ )DUELJHV .RQWUROO IHQVWHU 6FKXW]NDSSH 0XQGVWFN Ⴜ Abb. 2.13 Genuair® (z. B. Duaklir®, Eklira®), ein nicht nachfüllbares Einwegsystem. 25 2 Beratung zu verschiedenen Darreichungsformen Genuair® wird entsorgt, nachdem die letzte Dosis inhaliert wurde und dann die Dosiertaste blockiert. Außer der Schutzkappe für das Mundstück ist beim Genuair® kein Auseinanderbauen und damit auch keine Innenreinigung möglich. Das soll die Anzahl potenzieller Fehlerquellen für den Anwender reduzieren. Die sonstigen Beratungshinweise zum Genuair® entsprechen denen des bauähnlichen Novolizers®. Easyhaler®-Präparate, die mit dem Easyhaler®-System arbeiten (z. B. Beclomet Easyha- ler®, Budesonid Easyhaler®), enthalten den fertig wirkstoffbefüllten Inhalator, der sich feuchtigkeitsgeschützt eingeschweißt in einem Aluminiumbeutel befindet (Ⴜ Abb. 2.14). Das Starter-Kit (erkennbar in der Lauer-Taxe am Zusatz „SK“) umfasst außerdem eine aufklappbare Kunststoffschutzbox, in die der feuchtigkeitsempfindliche Easyhaler® eingesetzt und darin aufbewahrt wird. Da oftmals den Patienten keine Starter-Kit-Packung verordnet wird, können Sie diese Boxen kostenfrei bei der zuständigen Firma anfordern und als nützlichen Kunden-Service abgeben. Ein wichtiger (und für einen Pulverinhalator außergewöhnlicher) Abgabehinweis zum Easyhaler® ist: „Vor jedem Gebrauch kurz schütteln!“ Dabei wird die enthaltene Wirkstoff-Lactose-Mischung aufgeschüttelt und rieselfähiger. Die aufgesetzte Verschlusskappe verhindert währenddessen eine versehentliche Dosisfreigabe. Um eine Dosis auszulösen, wird der mit dem Mundstück nach unten senkrecht gehaltene Easyhaler® zwischen Daumen und Zeigefinger einmal kurz, aber kräftig bis zum Klickgeräusch zusammengedrückt. Das im Easyhaler® enthaltene Pulver wird beim Betätigen der Dosiertaste volumenmäßig über ein Schöpfradsystem dosiert, wobei sich eine Walze mit Dosiermulden bewegt. Sollte dieser Mechanismus klemmen, hilft es meist, die im System angesammelten Pulverreste über das Mundstück auszuklopfen. Eine häufige Frage im Apothekenalltag gilt der Überdosierungsgefahr. Diese ist beim mehrmaligen Betätigen der Dosiertaste des Easyhaler® nicht ganz auszuschließen. Wenn sich ein Anwender also nicht sicher ist, ob bzw. wie oft er die Taste schon betätigt hat, sollte er sicherheitshalber die im Gerät bereitgestellte Pulvermenge über das Mundstück ausklopfen und mit dem Ladevorgang erneut beginnen. Auch der Easyhaler® ist mit einem Zählwerk ausgestattet. Bei Anzeige „0“ soll das Device nicht weiterverwendet werden, weil dann keine exakte Dosierung mehr garantiert ist. Durch die transparente Rückwand ist jedoch noch ein Pulverrestbestand für den Anwender sichtbar. Doch dabei handelt es sich um eine technisch bedingte Überfüllung, die nicht genutzt werden kann. Nexthaler®: Mit dem Nexthaler® (Foster®) kam im Jahr 2013 ein neuer Pulverinhalator auf den Markt, der die identische Wirkstoff-Zusammensetzung wie das entsprechende Dosieraerosol bietet (Ⴜ Abb. 2.15). Für die Bedienung sind nur drei Schritte notwendig: Öffnen des Geräts durch seitliches Wegklappen der roten Abdeckung – Inhalieren – Schließen. Ein Dreifach-Feedback zeigt dem Patienten die korrekte Inhalation an: akustisch durch ein Klickgeräusch, optisch durch das Zählwerk und geschmacklich durch Lactose als Träger. Ein Vorteil des Nexthaler® ist auch, dass beim alleinigen Öffnen und Schließen noch keine Dosis verloren geht, weil das bereitgestellte Pulver in das Reservoir zurückgeführt wird. 26 2.1 Inhalatoren 3XOYHUEHKlOWHUPLW :LUNVWRII/DNWRVH0LVFKXQJ 6FK|SIUDGPLW 'RVLHUPXOGHQ ,QKDODWLRQVNDQDO ,P,QKDODWLRQVNDQDOZHU GHQGXUFKGHQ$WHPVWURP :LUNVWRII7HLOFKHQYRQGHU /DNWRVHJHWUHQQW Ⴜ Abb. 2.14 Easyhaler®, Fa. Orion. 2 Ⴜ Abb. 2.15 Nexthaler® (Foster®) in geschlossenem (links) und geöffnetem Zustand mit abgenommenem Mundstück (rechts). Da es sich beim Nexthaler® um ein Inhalat mit Pulverreservoir und Zyklontechnik handelt, ist die feuchtigkeitsgeschützte Lagerung wichtig. Die Reinigung des Mundstücks darf nur mit einem trockenen Tuch erfolgen. Turbohaler®: Beim Turbohaler® (z. B. Oxis®, Symbicort®) handelt es sich um einen Pulverinhalator, welcher gut vor Feuchtigkeit geschützt werden muss (Ⴜ Abb. 2.16). Daher ist es wichtig, die Kunden daran zu erinnern, die Verschlusskappe nach Gebrauch sofort wieder aufzusetzen und das Gerät nicht im feuchten Badezimmer etc. aufzubewahren. In dem möglichst senkrecht zu haltenden Gerät wird durch einmaliges Hin- und Herdrehen des farbigen Dosierrads bis zum Anschlag aus einem internen Wirkstoffpulver-Reservoir über eine Scheibe mit trichterförmigen Dosiernäpfen die Einzeldosis abgeteilt. Danach darf der Turbohaler® nicht mehr erschüttert werden. Die Inhalation erfordert einen recht hohen inspiratorischen Fluss, wobei die Lufteinlassschlitze nicht zugehalten werden dür- 27 2 Beratung zu verschiedenen Darreichungsformen 0XQGVWFNPLW 9HUZLUEHOXQJVGVH /XIWHLQWULWWV |IIQXQJHQ ,QKDODWLRQVNDQDO 'RVLV DQ]HLJH 9RUUDWV EHKlOWHU 'RVLHUVFKHLEH /XIWHLQWULWWV |IIQXQJHQ 'RVLHUUDG Ⴜ Abb. 2.16 Turbohaler® (z. B. Oxis®, Symbicort®) in offenem (links) und geöffnetem Zustand (Mitte) sowie im Querschnitt (rechts). fen. Das bewegliche, aber nicht abnehmbare Mundstück dreht sich beim Aufschrauben der Schutzkappe, wodurch es von intern anhaftenden Pulverresten befreit wird. Wichtig: Das Schüttelgeräusch des Turbohaler® lässt keine Rückschlüsse auf den Füllstand zu, da es durch ein im unteren Teil integriertes Trockenmittel verursacht wird. Vor allem für Erstanwender ist wichtig zu wissen, dass die mit dem Turbohaler® inhalierten Pulvermengen so gering sind, dass man kaum etwas davon spürt oder schmeckt. Um das inhalierte Pulver zu visualisieren, kann ein schwarzes Tuch über die Mundöffnung gelegt werden, worauf dann weiße Abscheidungen sichtbar werden. Spiromax®: Der im Jahr 2014 in den Markt eingeführte Mehrdosenpulverinhalator Spi- romax® (z. B. DuoResp®) arbeitet mit einem Druckimpuls-gestützten Vordosierungssystem: Beim Öffnen des Mundstücks wird eine Federmanschette komprimiert, welche Druck auf das interne Pulverbett ausübt (Ⴜ Abb. 2.17). Ein Dosierschlitten fährt in Inhalationsposition und verschließt dabei das Pulverreservoir. Beim Inhaliervorgang selbst strömt Luft durch Einlassöffnungen über die Pulverdosis und durch eine Verwirbelungskammer, sodass der Patient die vom Lactoseträger abgetrennten Wirkstoffpartikel über das Mundstück inhalieren kann. Wird das geöffnete Mundstück ohne Inhalation wieder verschlossen, verbleibt die bereitgestellte Dosis im Reservoir. Eine Überdosierungsgefahr besteht somit nicht. Die Bedienung durch den Patienten umfasst also lediglich das Öffnen des Mundstücks bis zum Klickgeräusch (signalisiert die bereitgestellte Dosis) sowie den eigentlichen Inhaliervorgang und das Wiederverschließen des Geräts. Ein Zählwerk zeigt die noch verbliebenen Restdosen an. Als großer Vorteil des Spiromax® wird gewertet, dass es eine Seitenlage bis zu 90° toleriert, also auch in dieser Position noch konstante Dosen abgibt. Somit kann der Spiromax® auch von Bettlägerigen angewendet werden. 28 12 Verdauung 12.3.3 Dem trägen Darm nachhelfen Im Beratungsgespräch sollte man Kunden, die mit der Eigendiagnose „Verstopfung“ in die Apotheke kommen, zunächst über die normale Stuhlfrequenz informieren. Denn hinsichtlich der Stuhlfrequenz gibt es große individuelle Unterschiede. Weitverbreitet ist die Annahme, dass täglicher Stuhlgang ein „Muss“ ist. Als Faustregel gilt jedoch: Zwischen dreimal täglich bis einmal alle drei Tage ist im Normalbereich. Für Kunden, die tatsächlich unter einer Obstipation leiden und diese nicht oder nur unzureichend mit Verhaltensmaßnahmen in den Griff bekommen, steht eine umfangreiche Auswahl an Laxanzien zur Verfügung (႒ Tab. 12.2), die hinsichtlich ihres Wirkprinzips nach Füll- und Quellstoffen, osmotisch wirkenden Laxanzien, Stimulanzien und Gleitmitteln unterschieden werden (Ⴜ Abb. 12.2). Füll- und Quellstoffe Füll- und Quellstoffe werden im Darm nur unvollständig abgebaut und können aufgrund ihrer chemischen Struktur viel Flüssigkeit binden. Dadurch vergrößert sich das Volumen des Darminhalts und die Verdauung wird angeregt. Derartige Quellstoffe sind besonders im Leinsamen (Linum usitatissimum) und im Indischen Flohsamen (Platago ovata) enthalten. Sie gelten als mildes Abführmittel und werden häufig bei Stuhlunregelmäßigkeiten in der Schwangerschaft oder nach Operationen am Enddarm eingesetzt. Aufgrund ihrer geringen Nebenwirkungen sind sie auch zum Dauergebrauch bei chronischen Verstopfungen geeignet. Gelegentlich können Quellstoffe nach der Einnahme zu Völlegefühl und Flatulenz (Blähungen) führen. Die Wirkung von quellstoffhaltigen Präparaten setzt nach etwa ein bis zwei Tagen ein, somit sind sie nicht für das akute Abführen geeignet. Wichtig ist der Hinweis, dass der Patient während der Einnahme von quellstoffhaltigen Präparaten reichlich Flüssigkeit (circa 1,5 Liter pro Tag) zu sich nehmen muss, um die abführende Wirkung zu unterstützen. Trinkt der Patient zu wenig, besteht die Gefahr, dass die Mittel verklumpen und die Verstopfung verschlimmert wird. Osmotisch wirkende Laxanzien Osmotisch wirkende Laxanzien werden während der Darmpassage geringfügig oder gar nicht resorbiert. Ähnlich den Quellstoffen binden sie Wasser und reduzieren somit die Rückresorption von Flüssigkeit aus dem Darm, wodurch der Stuhl weicher und voluminöser wird. Zu den osmotisch wirkenden Abführmitteln gehören Zucker und Zuckeralkohole (z. B. Lactose, Lactulose, Mannitol oder Sorbitol), Polyethylenglykole (z. B. Macrogol) sowie schwer resorbierbare Salze wie Magnesiumsulfat (Bittersalz) oder Natriumsulfat (Glaubersalz). Glauber- und Bittersalz werden in der Regel heute nicht mehr für eine regelmäßige Einnahme empfohlen. Bei der Einnahme von Lactulose als Laxans können gerade zu Therapiebeginn Blähungen und Bauchschmerzen auftreten. Dies beruht darauf, dass Lactulose im Dickdarm von den Darmbakterien zu Milch- und Essigsäure vergoren wird. Polyethylenglykole dagegen passieren die Darmpassage unverändert, sodass Nebenwirkungen wie Flatulenz und Meteorismus nicht auftreten. 220 12.3 Verstopfung DQWLUHVRUSWLYXQG K\GUDJRJZLUNHQGH $EIKUPLWWHO RVPRWLVFKZLUNHQGH $EIKUPLWWHO 'LH6XEVWDQ]HQZHU GHQVFKZHUUHVRUELHUW XQGYHUEOHLEHQGDKHU LP'DUP'DGXUFK ZLUGDXFKGLH5HVRUS WLRQYRQ:DVVHUYHU ]|JHUW'HU6WXKOZLUG ZHLFKHUXQGGDV 'DUPYROXPHQVWHLJW 0DFURJRO /DFWXORVHXQG /DFWLWRO 6RUELW *ODXEHU%LWWHU VDO] 'DUP +2 + 2 + 2 +2 + 2 +2 +2 +2 + 2 +2 + 2 JHEXQ GHQHV :DVVHU + 2 + 2 'LH6XEVWDQ]HQ KHPPHQGLH5HVRUS WLRQYRQ1DWULXP,RQHQ XQG:DVVHUDXVGHP 'DUPDQWLUHVRUSWLY XQGODVVHQJOHLFK]HLWLJ YHUPHKUW(OHNWURO\WH XQG:DVVHULQGHQ 'DUPHLQVWU|PHQ K\GUDJRJ %LVDFRG\O 1DWULXPSLFRVXOIDW $QWKUDFKLQRQH 4XHOOPLWWHO *OHLWPLWWHO *OHLWPLWWHOVROOHQIU HLQEHVVHUHV*OHLWHQ GHV)l]HVVRUJHQ GLFNIOVVLJHV 3DUDIILQ 'RFXVDW1DWULXP *O\FHULQ 6FKPLHUHIIHNW 'LH4XHOOPLWWHOTXHO OHQLP'DUPXQWHU :DVVHUDXIQDKPH 'DGXUFKGHKQWVLFK GLH'DUPZDQG /HLQVDPHQ LQGLVFKH )ORKVDPHQ :HL]HQNOHLH Ⴜ Abb. 12.2 Wirkungsweise von Abführmitteln. Stimulanzien Darmstimulierende Abführmittel wirken einerseits motilitätsfördernd, indem sie die Darmmuskulatur anregen. Andererseits bewirken sie, dass weniger Wasser und Salze über die Darmschleimhaut aufgenommen werden (antiresorptive Wirkung) und gleichzeitig der Einstrom von Wasser und Elektrolyten in den Darm gesteigert wird (hydrogogene bzw. hydragoge Wirkung). Somit reichert sich vermehrt salzhaltige Flüssigkeit im Verdauungstrakt an, der Darminhalt wird weicher und voluminöser, wodurch die Darmentleerung beschleunigt wird. Zu den darmstimulierenden Abführmitteln gehören anthrachinonhaltige Arzneipflanzen wie Aloe, Senna oder Faulbaum und die chemischen Wirkstoffe Bisacodyl und Natriumpicosulfat. Bei übermäßigem Gebrauch derartiger Laxanzien besteht die Gefahr einer Elektrolytverschiebung, sodass dadurch wiederum eine chronische Verstopfung verursacht werden kann. 12 221 12 Verdauung ႒ Tab. 12.2 Übersicht Laxanzien mit Präparatebeispielen Wirkstoff Handelspräparate (Beispiele) Lactulose Bifiteral® Sirup, Lactulose-Hexal® Sirup Lactitol Importal® Pulver Macrogol Macrogol Hexal®, Movicol® flüssig, Movicol® Junior Indische Flohsamenschalen Mucofalk® Bisacodyl Dulcolax® Dragees, Suppositorien Natriumpicosulfat Laxoberal®, Dulcolax® NP Sorbitol Microlax® Glycerol Glycilax® Suppositorien Anthrachinone Neda® Früchtewürfel, Midro® Abführtabletten Das Wichtigste in Kürze Von einer Obstipation spricht man bei einem unregelmäßigen, erschwerten und teilweise auch schmerzhaften Stuhlgang. Für das Auftreten einer Obstipation gibt es verschiedene Ursachen. Ernährungsfehler, Bewegungsmangel oder Stress schränken die Darmmotilität ein. Obstipation kann auch als Folge von verschiedenen Grunderkrankungen wie Diabetes und Schilddrüsenunterfunktion auftreten. Laxanzien werden hinsichtlich ihres Wirkprinzips nach Füll- und Quellstoffen, osmotische wirkenden Laxanzien, Stimulanzien und Gleitmitteln unterschieden. 12.4 Reizdarm Etwa 10 % der Bevölkerung leiden unter einem Reizdarmsyndrom (RDS), das sich mit Symptomen wie Blähungen, Verstopfung, Durchfall und krampfartigen Bauchschmerzen äußert. Das RDS ist eines der häufigsten krankhaften Phänomene des Magen-DarmTrakts. Die genauen Ursachen für die Beschwerden sind noch nicht eindeutig geklärt. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass bei Reizdarmpatienten die Darmbewegungen gestört sind und die Darmschleimhaut besonders empfindlich auf mechanische und chemische Reize reagiert. 222 16 Diabetes mellitus 16. Diabetes mellitus Dr. Iris Hinneburg Diabetes mellitus gehört zu den häufigsten Krankheitsbildern, denen Sie in der Apotheke begegnen. Während Menschen mit Typ-1-Diabetes in der Regel sehr gut geschult sind, besteht besonders bei Patienten mit Typ-2-Diabetes erheblicher Beratungsbedarf. Dazu können Sie in der Apotheke einiges beitragen. Der Glucosestoffwechsel wird durch eine Vielzahl von Mechanismen und Hormonen reguliert (Ⴜ Abb. 16.1). Bei Störungen des Glucosestoffwechsels entwickelt sich das Krankheitsbild des Diabetes mellitus, zu dem eine ganze Reihe verschiedener Formen der Erkrankung gehören. Die häufigsten Formen sind Typ-1- und Typ-2-Diabetes. Beim 16 %OXW]XFNHU VWHLJW 1DKUXQJVDXIQDKPH ,QNUHWLQH ,QVXOLQ *OXFRVHDXIQDKPH LQGLH=HOOH *OXFRVHSURGXNWLRQ LQGHU/HEHU *OXFDJRQ %OXW]XFNHU VLQNW I|UGHUW KHPPW &RUWLVRO $GUHQDOLQ *OXFRVHYHUEUDXFK 0XVNHO)HWWJHZHEH Ⴜ Abb. 16.1 Der Blutzuckerspiegel im Körper wird über eine Reihe von Hormonen gesteuert. 309 16 Diabetes mellitus Typ-1-Diabetes besteht ein absoluter Insulinmangel, da die Bauchspeicheldrüse kein Insulin mehr produziert. In vielen Fällen sind vermutlich autoimmune Reaktionen daran beteiligt, deren genaue Ursache aber noch unbekannt ist. Entsprechend besteht die Therapie darin, das fehlende Insulin von außen zuzuführen. Bei einem Typ-2-Diabetes dagegen spielt die Insulinresistenz, also eine unzureichende Wirksamkeit des körpereigenen Insulins, eine wichtige Rolle. Dadurch steigt der Insulinbedarf, der durch die Eigenproduktion in der Bauchspeicheldrüse besonders im fortgeschrittenen Stadium nicht mehr ausreichend gedeckt werden kann. Allerdings beschränkt sich die Behandlung bei einem Typ-2-Diabetes nicht ausschließlich auf die erhöhten Blutzuckerwerte, da in der Regel auch Übergewicht sowie erhöhte Blutdruck- und Blutfettwerte vorliegen, die das kardiovaskuläre Risiko erhöhen. Deshalb ist es sinnvoll, dass der Arzt mit dem Patienten Therapieziele im Hinblick auf den Lebensstil (besonders Bewegung und Ernährung) vereinbart und bei Bedarf auch weitere Arzneimittel wie Antihypertonika oder Statine verordnet. Die Behandlung des Typ-2-Diabetes beginnt in der Regel mit einer Basistherapie (Schulung und Umsetzung von Veränderungen im Lebensstil). Wenn innerhalb von drei bis sechs Monaten die angestrebten Blutzuckerwerte (in der Regel HbA1c-Wert von 6,5– 7,5 %, individuelle Abweichungen möglich) nicht erreicht werden, kommt als Mittel der ersten Wahl Metformin zum Einsatz. Ist jedoch schon abzusehen, dass bei einem Patienten die Basistherapie allein nicht ausreicht, kann auch sofort nach Diagnosestellung mit der Pharmakotherapie begonnen werden. Reicht die Behandlung mit Metformin nicht aus, wird die Therapie in Stufen nach Bedarf gesteigert. Derzeit besteht ein Dissens zwischen den Fachgesellschaften in Deutschland, welcher Arzneistoff als nächste Steigerungsstufe zusätzlich zu Metformin am ehesten empfehlenswert ist. Grund dafür ist vor allem die Studienlage (für viele neuere Antidiabetika fehlen Ergebnisse aus Langzeitstudien mit patientenrelevanten Endpunkten) und die schwierige Abwägung zwischen fehlender Erkenntnissicherheit zum Nutzen und individuellen Vor- und Nachteilen der einzelnen Arzneistoffe. Deshalb wird der Arzt in der Regel mit dem Patienten im Einzelfall überlegen, welche Therapievariante für ihn konkret am sinnvollsten ist. 16.1 Insuline Insuline kommen immer bei Typ-1-Diabetes, bei Typ-2-Diabetes häufig erst im fortgeschrittenen Stadium zum Einsatz. Konkrete Hinweise zum Umgang mit Insulinpens finden sich in Ⴉ Kap. 2.2. Eine Auswahl von derzeit erhältlichen Insulinpräparaten zeigt ႒ Tab. 16.1. 16.1.1 Individuelles Behandlungsschema Wenn eine Insulintherapie notwendig ist, stehen verschiedene Behandlungsschemata zur Verfügung, die verschiedene Vor- und Nachteile aufweisen. Deshalb ist eine patientenspezifische Auswahl wichtig. Allgemein gilt: Der Insulinbedarf ist individuell sehr ver- 310 16.1 Insuline ႒ Tab. 16.1 Auswahl von Insulinen Wirkstoff Handelspräparate (Beispiele) Humaninsulin Normalinsulin Actrapid®, Insuman® Rapid NPH-Insulin Protaphane®, Insuman® Basal Huminsulin® Basal Kurzwirksame Insulinanaloga Insulin lispro Humalog®, Liprolog® Insulin aspart NovoRapid® Insulin glulisin Apidra® Langwirksame Insulinanaloga Insulin glargin Lantus®, Toujeo®, Abasaglar® Insulin detemir Levemir® schieden. Dabei spielen unterschiedliche Parameter eine wichtige Rolle, etwa das Ausmaß des Insulindefizits, die individuelle Insulinempfindlichkeit, die Pharmakologie der verwendeten Insulinpräparate, Nahrungszufuhr, körperliche Aktivität, Tageszeit oder vorliegende Infekte. Deswegen müssen Patienten, die Insulin spritzen, unbedingt eine ausreichende Schulung durch den Arzt erhalten. Dabei wird auch ermittelt, wie hoch der jeweilige basale und mahlzeitenbezogene Insulinbedarf ist. Bei der basalunterstützten oralen Therapie (BOT) spritzt der Patient in der Regel vor dem Schlafengehen Basalinsulin zusätzlich zu seinen oralen Antidiabetika. Dieses Prinzip ist für den Patienten meist leicht zu handhaben und wird besonders bei erhöhten Nüchternglucosewerten angewendet. Sind dagegen hauptsächlich die postprandialen Blutzuckerwerte erhöht, kann eine supplementäre Insulintherapie (SIT) eingesetzt werden. Dabei appliziert der Patient kurzwirksame Insuline zu den Hauptmahlzeiten. Bei der konventionellen Insulintherapie (CT) werden häufig fixe Mischungen aus langund kurzwirksamen Insulinen verwendet. Die Dosierung und Applikationszeitpunkte legen Arzt und Patient gemeinsam fest. Das vereinfacht die Therapie, allerdings ist der Patient an diese Festlegungen gebunden und darf keine Mahlzeiten auslassen. Bei dieser Therapieform muss der Patient wissen, wie er bei erhöhten Blutzuckerwerten oder geplanter körperlicher Aktivität die Insulindosis anpassen kann. Diese Therapieform erfordert einen geregelten Tagesablauf, ist aber besonders für Patienten geeignet, die mit einer flexiblen Insulintherapie (häufige Injektionen und Blutzuckermessungen) nicht zurechtkommen. Die konventionelle Therapie kommt vor allem bei älteren Typ-2-Diabetikern zur Anwendung. Typischerweise werden Mischungen aus Normal- und Intermediärinsulin verwendet, die zweimal täglich (morgens und abends) appliziert werden. Neben den 16 311 16 Diabetes mellitus Hauptmahlzeiten sind auch Zwischenmahlzeiten notwendig, um Hypoglykämien durch die längere Wirkdauer der Intermediärinsuline zu vermeiden. Die höchste Flexibilität, aber auch die höchsten Anforderungen an das Selbstmanagement ergeben sich bei der intensivierten Insulintherapie (ICT). Dabei werden die benötigten Insulinmengen für den Basisbedarf und die Mahlzeiten getrennt ermittelt und appliziert. Für den Basisbedarf kommen Insuline mit (mittel-)langer Wirksamkeit zum Einsatz, für den Mahlzeitenbedarf kurzwirksame Insuline. Auf diese Weise kann der Patient die Behandlung besser an die tatsächliche Nahrungsaufnahme und körperliche Aktivität anpassen, allerdings sind häufige Blutzuckerbestimmungen und Insulininjektionen notwendig und damit auch eine gute Schulung und Motivation der Patienten. Mit der ICT lässt sich der HbA1c-Wert stärker senken als mit der konventionellen Insulintherapie, allerdings besteht auch ein höheres Risiko für Hypoglykämien und die Patienten nehmen meist mehr an Gewicht zu. Für die intensivierte Insulintherapie kann auch eine Insulinpumpe eingesetzt werden, bei der der Patient eine Basisrate einstellt, die kontinuierlich abgeben wird. Je nach Situation, etwa beim Sport, kann diese Basisrate auch verändert werden. Für die Mahlzeiten gibt der Patient über die Pumpe eine jeweils passende Insulinmenge zusätzlich als Bolus ab. Bei der Therapie mit Insulinpumpen werden ausschließlich schnellwirksame Insuline eingesetzt. 16.1.2 Humaninsuline Insulin ist ein Protein, das aus zwei Aminosäuren-Ketten besteht. Weil Proteine im Magen-Darm-Trakt durch die Verdauungssäfte zersetzt werden, muss Insulin parenteral verabreicht werden. Zu Beginn der Insulinbehandlung war nur Insulin erhältlich, das aus den Bauchspeicheldrüsen von Rindern isoliert wurde. Später folgte Schweineinsulin. Die tierischen Insuline sind dem menschlichen Insulin sehr ähnlich, sie unterscheiden sich im Aufbau aber um drei Aminosäuren beim Rind bzw. eine Aminosäure beim Schwein. Für die Wirksamkeit spielen diese Unterschiede zwar keine Rolle, doch gab es immer wieder immunologische Reaktionen auf das tierische Eiweiß. Inzwischen ist es möglich, durch genetisch modifizierte Hefen Humaninsulin zu produzieren. Der Wirkstoff Humaninsulin (auch Alt- oder Normalinsulin) bildet in Lösung Einheiten von sechs Molekülen (Hexamere), die nach der Injektion zuerst in Aggregate aus zwei Molekülen (Dimere) zerfallen und danach in Einzelmoleküle. Erst diese Einzelmoleküle können an den Insulinrezeptor binden und wirken blutzuckersenkend. Humaninsulin hat eine Wirkdauer von etwa 5–7 Stunden. Durch Bindung an ein Protein (NPH, neutrales Protein Hagedorn) kann die Wirkdauer des Insulins auf etwa 12–16 Stunden verlängert werden. In der intensivierten Insulintherapie wird NPH-Insulin als Basalinsulin mit zweimal täglicher Injektion für den Grundbedarf des Körpers eingesetzt, Normalinsulin zur Abdeckung des Mahlzeitenbedarfs (Bolusinsulin). Bei der konventionellen Insulintherapie wird in der Regel schnellwirksames Insulin gemeinsam mit Verzögerungsinsulin gespritzt. 312 16.1 Insuline 16.1.3 Insulinanaloga Seit Mitte der 1990er Jahre sind verschiedene Insulinanaloga auf den Markt gekommen. Bei den Wirkstoffen wurde die Aminosäure-Kette des Insulinmoleküls gezielt verändert, sodass unterschiedliche pharmakokinetische Eigenschaften resultieren. Dadurch ist es möglich, Insuline mit einem schnelleren Wirkungseintritt zu produzieren oder umgekehrt die Wirkdauer zu verlängern. Bei den kurzwirksamen Insulinanaloga Insulin aspart, Insulin lispro und Insulin glulisin wurden die Aminosäureketten so verändert, dass die Moleküle sich in geringerem Umfang als bei Normalinsulin zu Hexameren zusammenlagern können. Dadurch steigt die Resorptionsgeschwindigkeit aus dem Unterhautfettgewebe. Bei den langwirksamen Insulinanaloga bewirken verschiedene Mechanismen die verzögerte Wirkung. Insulinglargin liegt in der Patrone durch den sauren pH-Wert der Zubereitung vollständig gelöst vor. Nach Injektion bilden sich in der pH-neutralen Umgebung des subkutanen Gewebes Ausfällungen (Mikropräzipitate), aus denen Insulin glargin sehr langsam freigesetzt wird. Bei Insulin detemir bilden sich durch einen Fettsäurerest am Ende der B-Kette vermehrt Hexamere, die zu einem langsameren Wirkungseintritt führen. Zusätzlich bindet Insulin detemir an Plasmaproteine (Albumin). Insulin glargin wird einmal täglich appliziert, Insulin detemir ein- bis zweimal täglich. Diskussion zum Nutzen der Insulinanaloga Die Insulinanaloga werden damit beworben, dass bei den kurzwirksamen Substanzen kein Spritz-Ess-Abstand notwendig ist und insgesamt weniger Hypoglykämien als bei Humaninsulin auftreten. Auch wenn diese Aussagen auf der Basis der pharmakokinetischen Eigenschaften plausibel erscheinen, weisen Kritiker darauf hin, dass es mit Studien bisher nicht eindeutig geklärt ist, ob Insulinanaloga tatsächlich einen klinisch relevanten Vorteil haben. So beschreibt die aktuelle Leitlinie zur Behandlung des Typ-1-Diabetes, dass es keine Belege für den Nutzen eines fixen Spritz-Ess-Abstands bei Humaninsulin gibt. Vielmehr sollen die Patienten bei dem zeitlichen Abstand zwischen Insulininjektion und Beginn der Mahlzeit mehrere Faktoren berücksichtigen: etwa die Blutzuckerwerte vor der Mahlzeit, die Zusammensetzung der Mahlzeit und die geplante Bewegung. Hinzu kommt, dass der Wirkungseintritt und die Wirkdauer der Insuline nicht nur von der Pharmakokinetik der Substanzen bestimmt werden. Auch der Ort der Injektion und die applizierte Insulinmenge spielen eine wichtige Rolle. Allerdings steigt mit Insulinanaloga der Blutzuckerspiegel nach der Mahlzeit weniger stark an als mit Humaninsulin, wenn auf einen Spritz-Ess-Abstand verzichtet wird. Eindeutige Unterschiede im Hinblick auf die Langzeitkontrolle des Blutzuckers sind jedoch nicht nachweisbar. Auch Untersuchungen, die ein vermindertes Hypoglykämierisiko für Insulinanaloga zeigen, sind umstritten. Experten kritisieren, dass die in Studien ersichtlichen Unterschiede bestenfalls von marginaler klinischer Relevanz sind. Arzt und Patient müssen also individuell entscheiden, welches Insulin im Einzelfall am besten geeignet ist. 16 313 22 Komplementärmedizin Menschen hinzu und bezieht die Ebenen Leben, Seele und Geist mit ein. Diese sind nach ihrem Selbstverständnis Grundlage für eine ganzheitliche Therapie. Der Mensch, als Patient, wird als aktiv mitwirkendes Individuum betrachtet. 22.4.1 Gesundheit durch Gleichgewicht In der Anthroposophischen Medizin wird Gesundheit als individuelle Fähigkeit gesehen, Krisen bzw. Krankheiten zu überwinden. Gesund sein und bleiben ist ein ständiger Balanceakt zwischen verschiedenen krankmachenden Tendenzen. Man erkennt, dass Krankheiten entweder in eine entzündliche Richtung tendieren, d. h. begleitet werden von Symptomen, die mit Wärme und Auflockerung von Gewebe bis hin zur Auflösung einhergehen (z. B. Sinusitis), oder in eine sogenannte sklerotische (verhärtende) Richtung gehen. Als sklerotische Erkrankungen in diesem Sinne betrachtet man Symptome, die mit Verhärtungen und Ablagerungen (z. B. Arteriosklerose) zusammenhängen (Ⴜ Abb. 22.20). Um gesund zu werden oder gesund zu bleiben, muss der Mensch die Mitte halten zwischen diesen beiden Polen. Anthroposophische Arzneimittel sind so konzipiert, dass sie den Körper bei den Balanceprozessen unterstützen. 22.4.2 Indikationen aus der Selbstmedikation Erkältung Entscheidend für die Stabilität des menschlichen Organismus ist die Fähigkeit, auf äußere Einflüsse, z. B. Kälteeinwirkungen mit genügend innerer Wärmebildung reagieren zu können. Ist der innere Wärmeorganismus gestört, treten zuerst an den Grenzflächen zwischen innen und außen, an den Schleimhäuten, überschießende Reaktionen auf. Der Organismus versucht hier, die fehlende Wärme durch eine verstärkte Wärmereaktion auszugleichen, Fieber bzw. Entzündungsprozesse sind die Folge. Infolge einer Entzündung kommt es zu einer vermehrten Durchlässigkeit der Kapillaren: es tritt Wasser „über die 458 (QW]QGXQJ :lUPH )LHEHU $XIO|VXQJ *HVXQGKHLW %DODQFH 6NOHURVH .lOWH 9HUKlUWXQJ 6WDUUH Ⴜ Abb. 22.20 Gesundheit durch Gleichgewicht. 22.4 Anthroposophische Medizin Ufer“, die typischen Erkältungssymptome wie Schnupfen, Halsschmerzen und Hustenreiz zeigen sich. Fieber als natürliche Waffe: Fieber als Begleitung eines grippalen Infekts ist ein Selbst- heilungsversuch des Organismus, eine natürliche „Waffe“ gegen die Erreger. In der Anthroposophischen Medizin wird Fieber kontrolliert und geleitet, wenn möglich aber nicht unterdrückt. Infludoron® Streukügelchen und Aconitum/China comp. Supp. sind geeignete Arzneimittel, die bei einem grippalen Infekt mit Fieber empfohlen werden können (႒ Tab. 22.4). Warme Füße sind eine Grundvoraussetzung, um einem grippalen Infekt wirksam zu begegnen. Deshalb lohnt es sich, das Beratungsgespräch darauf zu lenken mit der einfachen Frage, ob die Füße sich warm oder kalt anfühlen. Schon Pfarrer Kneipp empfahl Fußbäder. Für die Erkältungssituation bietet sich das „ansteigende Fußbad“ (siehe Infokasten) an, das bestenfalls am Abend vor dem Zubettgehen durchgeführt werden sollte. Ein Badezusatz mit dem ätherischen Öl der Fichtennadeln befreit zusätzlich die Atemwege. Wählt man Rosmarin, kann man die wärmende Wirkung des Wassers noch durch die Heilpflanzenwirkung verstärken. Ansteigendes Fußbad Die Füße in einer Schüssel mit angenehm warmem Wasser baden. In mehreren Schritten wird heißes Wasser hinzugefügt, sodass die Temperatur des Wassers auf 40 °C steigt. Die Badedauer beträgt 10–15 Minuten. Anschließend die Füße warm halten. Auch pflanzliche Öle haben auf der Haut eine wärmende Wirkung, denn das Öl aus den Samen wirkt wie konzentrierte Sonnenkraft auf den erkälteten Organismus. Besonders zu Beginn eines grippalen Infekts ist eine Einreibung mit einem medizinischen Öl hilfreich, um die Wärmehülle zu stabilisieren. Hierfür eignet sich auch eine Komposition öliger Auszüge aus den Blüten von Malve, Johanniskraut und Holunder (Malvenöl). Besonders Kinder sprechen auf diese Anwendung an. Tipps für die Beratung Empfehlen Sie bei Erkältungen ein abendliches, ansteigendes Fußbad, das für warme Füße sorgt. Wichtig ist ausreichend zu trinken, am besten warmen Tee, z. B. Lindenblüte oder Holunderblüte. 22 Bettruhe und ausreichend Schlaf fördern die Heilung. Die Wärmehülle kann durch Einreibungen mit medizinischem Öl z. B. Malvenöl (Wala) stabilisiert werden. 459 22 Komplementärmedizin ႒ Tab. 22.4 Arzneimittel bei grippalem Infekt mit und ohne Fieber Handelspräparate (Beispiele) Indikation Dosierung für Erwachsene Infludoron® Streukügelchen (Weleda) Begleitet alle Phasen eines grippalen Infekts, mit und ohne Fieber. 1–2-mal stündlich 15 Globuli, Einnahme bei den ersten Erkältungssymptomen Aconitum/China comp. Supp. für Kinder (Wala) Fieberhafte, grippale Infekte 1–2-mal täglich 1 Zäpfchen in den Mastdarm des Kindes einführen Meteoreisen Globuli velati (Wala) Bei Erschöpfung, beginnendem grippalen Infekt und in der Rekonvaleszenz 3-mal täglich 10 Globuli, vorbeugend: 1-mal 10 Globuli Agropyron Globuli velati (Wala) Schnupfen, Halsschmerzen, schleimlösend Akut: alle zwei Stunden 3–5 Globuli, Weiterbehandlung: 3-mal täglich 3–5 Globuli Bronchialbalsam, Ölige Einreibung (Weleda) Durchwärmend, lösend, entkrampfend 1–2-mal täglich Brust und Rücken mit einigen Tropfen Bronchialbalsam einreiben Hautverletzungen Die gesunde Haut befindet sich im Gleichgewicht zwischen von innen nach außen strebenden Aufbaukräften und von außen nach innen wirkenden Abbaukräften. Wirken von außen kommende Abbaukräfte zu stark auf die Haut ein, beispielsweise durch Verletzungen (Schürf- bzw. Schnittwunden), versucht die Haut das durch eine Aktivierung der Aufbaukräfte auszugleichen und leitet die Phasen der Wundheilung ein: erhöhte Stoffwechselaktivität in der Haut ermöglicht eine feuchte Selbstreinigung der Wunde durch Auflösungsprozesse. In der sich anschließenden Granulationsphase werden die Auf- und Abbauprozesse so reguliert, dass neue Hautzellen entstehen können. Damit die Wundheilung durch Verdichtungs- und Grenzbildungsprozesse abgeschlossen werden kann, sind die regulierenden Formkräfte wichtig. Calendula als Vorbild für die Wundheilung Zur Heilung der verletzten Haut sind komplexe Prozesse humoraler und zellulärer Natur notwendig. Beeindruckend ist die Kommunikation der Zellen im Wundgebiet untereinan- Ⴜ Abb. 22.21 Ringelblume wird bei Hauterkrankungen eingesetzt. 460 22.4 Anthroposophische Medizin ႒ Tab. 22.5 Therapeutische Maßnahmen für die Wundheilung in den Wundheilungsphasen Reinigung Resorption Granulation Epithelisierung Regeneration Reinigen Stimulieren Entwicklungsraum schaffen Pflege des neuen Epithels Stabilisierung der Narbe Verdünnte Calendula Essenz (Wala/ Weleda) als Spülung Verdünnte Calendula Essenz als Kompresse Calcea Wundund Heilcreme (Wala) oder Calendula Wundsalbe (Weleda) Calcea Wundund Heilcreme oder Calendula Wundsalbe Calcea Wund- und Heilcreme oder Calendula Wundsalbe, anschließend Narben Gel (Wala) der, um eine gesunde Wundheilung zu ermöglichen. Zwei Behandlungsaspekte sind hierbei wichtig. Zum einen muss Fremdkeimen (z. B. Bakterien) die Lebensgrundlage entzogen werden und gleichzeitig soll über den Hautstoffwechsel die Neubildung des Granulationsgewebes angeregt werden. Das bedeutet kräftiges Wachstum einerseits, verbunden mit klaren Ordnungsprozessen andererseits, um Wucherungen und Narbenbildung zu vermeiden. Ziel einer guten Wundversorgung ist es, die Wunde so schnell wie möglich in der Heilung zu unterstützen, indem man den Selbstregulationskräften der Haut arzneiliche Vorbilder gibt. Bestes Beispiel hierfür ist Calendula officinalis, die Ringelblume (Ⴜ Abb. 22.21). Als berühmtes Wundkraut wirkt sie antimikrobiell, antibakteriell, antiviral, fungizid, immunstimulierend, entzündungshemmend, wundheilungsfördernd (regt die Bildung von Granulationsgewebe an) und verhindert eine überschießende Narbenbildung (႒ Tab. 22.5). In ihren Wachstumsprozessen wird ihre Wirksamkeit als Wundheilpflanze sichtbar: Sehr vital, aber ungegliedert erscheint das grüne Kraut der Ringelblume, auch Wucherblume genannt. Es verwandelt sich in streng und symmetrisch geordnete gelborangene Korbblüten. Sie gibt ein Vorbild im Umgang mit den überschießenden, wuchernden zur Auflösung neigenden Tendenzen in der Wundheilung. Tipps für die Beratung Bei Bedarf kann die Wunde mit verdünnter Calendula-Essenz vorsichtig gesäubert werden. Zum Reinigen und Verbinden sollte fusselfreies Material verwendet werden (Mullkompressen). Keine Salben auf die frische Wunde geben. 22 Augenbeschwerden Nicht nur bei einer Allergie auf Pollen oder Hausstaub reagiert die Bindehaut im Auge mit Rötung, Jucken, Tränenfluss oder Brennen. Auch in Erkältungszeiten, beim Skifahren oder am Strand kommt es leicht zu Bindehautreizungen. Offensichtlich ist die Abgren- 461 22 Komplementärmedizin ႒ Tab. 22.6 Augentropfen und Augensalbe Handelspräparate (Beispiele) Indikation Dosierung für Erwachsene Euprasia Augentropfen, Einzeldosen (Wala), Euphrasia D3 Augentropfen (Weleda) Bei geröteten und gereizten Augen und Lidödemen, allergischem Auge, Bindehautreizung 1–3-mal täglich 1 Tropfen. Akut: 1–2-mal stündlich Euphrasia comp. Augensalbe (Weleda) Bei Bindehautentzündung und Gerstenkorn Mehrmals täglich und zur Nacht in den Bindehautsack einbringen zungsfähigkeit des Menschen am Auge gegen Fremdeinflüsse geschwächt und diese gilt es mit der Anwendung von Augentropfen zu stärken. Bei einem Gerstenkorn (Hordeolum) handelt es sich um eine akute Infektion im Bereich der Talg- und Schweißdrüsen des Lidrandes, meist verursacht durch Staphylokokken. Der Kunde schildert einen Druckschmerz am Lidrand und eventuell ist auch schon eine kleine Eiteransammlung („Pickel“) sichtbar. Euphrasia spendet dem Auge Trost Leitpflanze bei Bindehautreizung und Bindehautentzündung ist Euphrasia (Ⴜ Abb. 22.22). Diese Augenheilpflanze hemmt in Euphrasia Augentropfen Entzündungen, lindert Schmerzen und Juckreiz und wirkt adstringierend an der gereizten Bindehaut (႒ Tab. 22.6). In Kombination mit immunstärkendem Sonnenhut (Echinacea) und entzündungshemmender Ringelblume (Calendula) hat sich Augentrost auch zur Behandlung des Gerstenkorns mit einer Augensalbe bewährt. Die Präparate sind frei von Konservierungsstoffen. Das Auge von innen stärken Neben der Behandlung mit Augentropfen ist es auch möglich, durch innerliche Arzneigaben die Augenbeschwerden zu lindern und die Heilung anzuregen (႒ Tab. 22.7). Bei Entzündungen am Auge unterstützt Quarz in Silicea comp. Globuli die Heilung. Als Basisbehandlung bei allergischer Disposition ist eine längerfristige Einnahme über drei Monate mit Calcium Quercus Globui sinnvoll, da die Auszüge aus Eichenrinde die Ⴜ Abb. 22.22 Augentrost ist ein bewährtes Augenmittel. 462 24 Gefahrstoffe %H]HLFKXQJXQG 3URGXNWLGHQWLILNDWLRQ ,QGH[(*RGHU&$61U *HIDKUHQSLNWRJUDPPH $FHWRQ (*1U )OVVLJNHLWXQG'DPSIOHLFKWHQW]QGEDU9HUXU VDFKWVFKZHUH$XJHQUHL]XQJ.DQQ6FKOlIULJNHLW XQG%HQRPPHQKHLWYHUXUVDFKHQ:LHGHUKROWHU .RQWDNWNDQQ]XVSU|GHURGHUULVVLJHU+DXWIKUHQ WDVWEDUHU *HIDKUHQKLQZHLV 36lW]H 'DUIQLFKWLQGLH+lQGHYRQ.LQGHUQJHODQJHQ 9RQ+LW]HKHLHQ2EHUIOlFKHQ)XQNHQRIIHQHQ )ODPPHQVRZLHDQGHUHQ=QGTXHOOHQDUWHQIHUQ KDOWHQ1LFKWUDXFKHQ0DQDKPHQJHJHQHOHNWUR VWDWLVFKH$XIODGXQJHQWUHIIHQ %(,.217$.70,7'(1$8*(1(LQLJH0LQXWHQ ODQJEHKXWVDPPLW:DVVHUDXVVSOHQ9RUKDQGHQH .RQWDNWOLQVHQQDFK0|JOLFKNHLWHQWIHUQHQ:HLWHU VSOHQ %(,9(56&+/8&.(16RIRUWlU]WOLFKHQ5DWHLQ KROHQlU]WOLFKH+LOIHKLQ]X]LHKHQ ,QKDOW%HKlOWHU]XJHODVVHQHP(QWVRUJHURGHU NRPPXQDOHU6DPPHOVWHOOH]XIKUHQ *HIDKU 6LJQDOZRUW 0LUDFXOL[$SRWKHNH 'RUIVWU %HUOLQ 7HO PO 1DPH$QVFKULIW XQG7HOHIRQQXPPHU GHU$SRWKHNH +XQG(8+6lW]H $EJDEHPHQJH %HLVSLHOHWLNHWWIUGLH$EJDEHYRQ$FHWRQ Ⴜ Abb. 24.1 Beispieletikett für die Abgabe von 250 ml Aceton an eine Privatperson. Das Wichtigste in Kürze Auf das Kennzeichnungsetikett eines Gefahrstoffs gehören die Adresse und Telefonnummer der Apotheke, Name und EG-Nummer des Stoffs oder Gemischs, die Gefahrenpiktogramme, das Signalwort, die H- und EUH-Sätze und möglichst nicht mehr als sechs P-Sätze. Wenn notwendig, ist noch ein tastbarer Gefahrenhinweis und ein kindergesicherter Verschluss anzubringen. Die erforderlichen Daten sind im Sicherheitsdatenblatt des Herstellers angegeben. Bei der Abgabe an berufsmäßige Verwender dürfen die allgemeinen P-Sätze, d. h. P101, P102, P103 und der Entsorgungssatz P501 entfallen, es muss jedoch das Sicherheitsdatenblatt mitgegeben werden. 518 24.2 Kennzeichnung 24.2.3 Innerbetriebliche Kennzeichnung und Lagerung Gefährliche Stoffe müssen nicht nur beim Inverkehrbringen, sondern auch bei der Verwendung gekennzeichnet werden. Das bedeutet, dass auch die Vorratsgefäße von Gefahrstoffen in Apotheken nach den Vorschriften der CLP-VO, also mit der Bezeichnung des Stoffs, den Gefahrenpiktogrammen, dem Signalwort, den H- und P-Sätzen versehen sein müssen. Die Technischen Regeln für Gefahrstoffe 201 „Einstufung und Kennzeichnung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen“ erleichtern diese Vorschriften jedoch. Vereinfachte Kennzeichnung bei Tätigkeiten Die vereinfachte Kennzeichnung in Betrieben ist erlaubt, wenn entsprechende Gefährdungsbeurteilungen, Betriebsanweisungen und Sicherheitsdatenblätter vorhanden sind sowie die Unterweisung der Beschäftigten regelmäßig durchgeführt wird. Eine bestimmte Gefäßgröße darf bei der vereinfachten Kennzeichnung nicht überschritten werden. Labortypische Mengen bei Tätigkeiten sind gemäß TRGS 526 z. B. für Flüssigkeiten maximal 2,5 l, für Feststoffe maximal 1 kg, für akut toxische Stoffe sind die Mengenbegrenzungen geringer. Die vereinfachte Kennzeichnung besteht aus der Angabe der Bezeichnung des Stoffs oder Gemischs und der Gefahrenpiktogramme. Die Codes der H-Sätze müssen nur angegeben werden, wenn die Gefahr aus dem Piktogramm nicht eindeutig ersichtlich ist. In der CLP-VO sind den 28 Gefahrenklassen neun unterschiedliche Piktogramme zugeordnet. Die eindeutige Zuordnung eines Stoffs in die entsprechende Gefahrenklasse ist nur am H-Satz erkennbar. Deshalb ist die Angabe der H-Sätze sinnvoll. Auch Signalwort und EUH-Sätze müssen lt. TRGS 201 nicht vermerkt werden. Die Angabe der EUH-Codes ist jedoch für die Sicherheit der Beschäftigten ebenfalls sinnvoll. Die grundsätzliche Angabe des Signalworts sowie der H- und EUH-Codes wird von den Berufsgenossenschaften und der Bundesapothekerkammer empfohlen. Das Etikett für ein Vorratsgefäß mit Aceton, Fassungsvermögen 1 l, sieht aus wie in Ⴜ Abb. 24.2. Handelt es sich bei Vorrats- und Reagenziengefäßen um größere Mengen, müssen die H-Sätze, EUH-Sätze und auch die P-Sätze auf dem Etikett vermerkt sein und zwar im vollen Wortlaut. Farbkonzept der Bundesapothekerkammer Die H-Sätze geben genau an, welche Gefahr von dem betreffenden Stoff/Gemisch ausgeht. Um bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen schnell feststellen zu können, welche Schutzmaßnahmen nach den Gefährdungsbeurteilungen gemäß Gefahrstoffverordnung zu treffen sind, hat die Bundesapothekerkammer das sogenannte Farbkonzept entwickelt. Hierbei handelt es sich nicht um eine gesetzliche Vorschrift, sondern um eine Empfehlung für die innerbetriebliche Kennzeichnung von Gefahrstoffen. Nach diesem Konzept wird den H-Sätzen der Reihe Gesundheitsgefahren und auch einigen EUH-Sätzen eine bestimmte Farbe zugeordnet. So wird z. B. dem H-Satz H350 (Kann Krebs erzeugen.) die Farbe Rot für CMR-Stoffe zugeordnet. Wenn ein Gefäß also zusätzlich zu der Kennzeichnung mit einem roten Punkt versehen ist, ist auf den ersten Blick zu sehen, dass besondere Schutzkleidung erforderlich ist. Gefahren durch Hautkontakt (dermal) wird die Farbe Gelb, durch Augenkontakt Hellblau und durch Einatmung (inhalativ) Orange zugeordnet (႒ Tab. 24.5). 24 519 24 Gefahrstoffe ႒ Tab. 24.5 Farbkonzept der Bundesapothekerkammer. Quelle: BAK mit freundlicher Genehmigung Farbe Potenzielle Gefahr Persönliche Schutzausrüstung Gefahr durch Kontakt (CMR-Stoffe Kat. 1A, 1B) Geeignete Schutzkleidung, Schutzhandschuhe, Atemschutz, Schutzbrille Gefahr durch Hautkontakt Schutzhandschuhe Gefahr durch Einatmen Atemschutz Gefahr für die Augen Schutzbrille Ⴜ Abb. 24.2 Beispieletikett für ein Standgefäß mit Aceton, 1 l. $FHWRQ *HIDKU + + + (8+ Lagerung von Gefahrstoffen in der Apotheke Gemäß § 8 GefStoffV sind giftige Stoffe und Gemische so zu lagern, dass nur fachkundige Personen Zugang haben. In der Apothekenpraxis werden diese Stoffe bzw. Gemische unter Verschluss gelagert. Gemäß CLP-VO betrifft das alle Stoffe/Gemische mit der Kennzeichnung GHS06 und/oder GHS08 mit den H-Sätzen H340 und/oder H350 und/ oder H360 und/oder H370 und/oder H372. Weitere Lagerungsvorschriften, z. B. für die Lagerung von entzündbaren Flüssigkeiten, enthält die TRGS 510. 520 24.3 Abgabe von Gefahrstoffen Das Wichtigste in Kürze Die Etiketten von Standgefäßen mit gefährlichen Stoffen und Reagenzien können vereinfacht gekennzeichnet werden. Hier sind nur die Gefahrenpiktogramme, das Signalwort und die Codes der H- und EUH-Sätze anzugeben. Zusätzlich kann das Farbkonzept der Bundesapothekerkammer eingesetzt werden. Dieses macht die Gefahren auf den ersten Blick sichtbar und erinnert an die notwendige Schutzausrüstung: Gelb für Schutzhandschuhe, orange für Atemschutz, hellblau für Schutzbrille und rot für die besondere Schutzausrüstung bei CMR-Stoffen. 24.3 Abgabe von Gefahrstoffen Wird von Kunden in der Apotheke ein Gefahrstoff gewünscht, ist zu prüfen, ob eine Abgabe dieses Stoffs erlaubt ist. Die europäische REACH-Verordnung, die Verordnung über die Vermarktung von Explosivstoffen (VO (EU) 98/2013) und die deutsche Chemikalienverbotsverordnung beschränken bzw. verbieten teilweise die Abgabe von Stoffen. Das Grundstoffüberwachungsgesetz (GÜG) fordert die Einhaltung bestimmter Vorgaben bei der Abgabe von Stoffen, die der Drogengewinnung dienen können. 24.3.1 REACH-VO Für Stoffe, von denen ein unangemessenes Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt ausgeht, gibt die REACH-VO die Möglichkeit der Beschränkung von Herstellung, Inverkehrbringen und Verwendung. Es können Beschränkungen und auch, falls notwendig, Verbote verhängt werden. Die detaillierten Einschränkungen und Verwendungsverbote in Anhang XVII der REACH-VO sind sehr umfangreich. Die aktuelle Fassung ist unter www.reach-clp-biozid-helpdesk.de/de/REACH/Zulassung-Beschraenkung/Beschraenkung/Anhang-XVII/Anhang17.html zu finden. Die Verbote und Beschränkungen gelten in der Regel nicht für die Verwendung in Wissenschaft und Forschung, also z. B. auch nicht für die Verwendung dieser Stoffe als Reagenzien in der Apotheke. 24.3.2 ChemVerbotsV und VO (EU) 98/2013 Die ChemVerbotsV bezieht sich in ihren Vorgaben noch auf das frühere Gefahrstoffrecht. Sie wurde noch nicht an die CLP-VO angepasst. Die Verbots- und Dokumentationsvorschriften betreffen u. a. die giftigen und sehr giftigen sowie CMR-Stoffe der Kategorien 1A und 1B und ausgewählte Sprengstoffgrundstoffe. 24 521