tion der Reform der Bundespolizei - SPD
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tion der Reform der Bundespolizei - SPD
Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion zur Evaluation der Reform der Bundespolizei Beschlossen am 5. Oktober 2010 Mit Beschluss des Innenausschusses vom 23. Januar 2008 wurde auf Veranlassung der SPDBundestagsfraktion das Bundesministerium des Innern aufgefordert, die Umsetzung und Ergebnisse der Neuorganisation der Bundespolizei zu überprüfen und einen entsprechenden Bericht dem Innenausschuss des Deutschen Bundestages bis zum 01. März 2010 vorzulegen. Neben der dürftigen Faktenlage, mit der dieser sogenannte Evaluationsbericht aufwartet, wird eines sehr deutlich: Die Schlüsse, die der Bericht aus den erhobenen Fakten zieht, stimmen in keiner Weise mit den polizeilichen Realitäten der Beamtinnen und Beamten vor Ort überein. Da sprechen die Ergebnisse der "Beerlage-Studie" der Hochschule Magdeburg-Stendal vom September 2009, die jedem vierten Angehörigen der Bundespolizei das "Burn-Out-Syndrom" attestiert, eine andere Sprache. Nach dieser Studie fühlen sich 65 Prozent der Beamtinnen und Beamten zu wenig mit ihrer Organisation verbunden. Die umfangreiche Umstrukturierung der Organisation, die mit der Reform einherging, hat diese Probleme noch verschärft. Denn den Beamtinnen und Beamten wird mit Abordnungen, Mehrarbeit und der Erbringung von Kennzahlen sehr viel zugemutet. Die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter war zu keinem Zeitpunkt relevantes Organisationsziel der Reform, die sich damit gravierend negativ von den Organisationszielen der Länderpolizeien unterscheidet. Im vorliegenden Bericht wird demnach auch nicht auf die Mitarbeiterzufriedenheit eingegangen. Der damalige Bundesinnenminister Schäuble begründete die Reform mit der veränderten Sicherheitslage im Zuge des weltweiten Terrorismus und des fortschreitenden europäischen Integrationsprozesses. Insbesondere die Tatsache, dass Deutschland seit 2007 nur noch von Ländern, die dem Schengenabkommen angehören, umgeben ist und deshalb die Grenzkontrollen wegfallen, war der Anlass, die bisherigen Strukturen zu überdenken und zu verschlanken. Jedoch wurde im Zuge der Reform eins nicht getan - es wurde nicht evaluiert, wie sich die Lage nach der Öffnung der Grenzen verändern würde. Nun, mit Vorlage dieses Berichts lässt sich unschwer erkennen, dass es falsch war, die Präsenz im ehemaligen Grenzgebiet zu reduzieren, denn es gibt einen signifikanten Anstieg von Eigentumsdelikten und illegaler Migration. Von dem weiteren Reformziel, der so oft zitierten Bekämpfung des internationalen Terrorismus spricht der Bericht schon gar nicht mehr. An dieser Stelle ist bereits festzustellen, dass der Zweck der Reform nicht erreicht wurde. Aber auch die organisatorischen Ziele wurden weitestgehend nicht umgesetzt. Am 5. Juli 2010 haben - im Lichte der öffentlichen Anhörung des Innenausschusses – alle Sachverständigen bestätigt, dass die Evaluierung der Reform nur unzureichend gelungen ist. Die Anhörung belegte zudem sehr deutlich, dass der Bedarf zur Evaluierung der Neuorganisation der Bundespolizei sogar noch größer geworden ist. Deshalb fordern wir in einem eigenen Antrag, die Bundespolizeireform durch einen wissenschaftlichen Sachverständigen zu evaluieren, der im Einvernehmen mit dem Deutschen Bundestag bestellt wird. I. Präsenz in der Fläche Mit der Reform sollte die operative Basis deutlich gestärkt werden. Die Präsenz in der Fläche sollte spürbar ansteigen. Die Losung lautete, 1.000 Beamtinnen und Beamte mehr auf die Straße zu bringen. Dennoch wurde die Anzahl der Inspektionen von 128 auf 77 reduziert. Damit betreuen die Beamtinnen und Beamten flächenmäßig ein viel größeres Gebiet, eine stärkere Präsenz in der Fläche ist damit nicht zu erreichen. Die zusätzlichen Reviere können dabei nur wenig Abhilfe schaffen. Denn weil viele Aufgaben vom Bundespolizeipräsidium in Potsdam gesteuert werden, wird der Verwaltungsaufwand für die Beamtinnen und Beamten vor Ort deutlich größer. Ferner fehlt Personal in der Verwaltung, so dass diese Aufgaben von den Beamtinnen und Beamten in den Inspektionen auch noch übernommen werden müssen. Dadurch sind immer weniger Polizisten mit tatsächlicher Polizeiarbeit befasst. Zusätzlich erschwerend kommt hinzu, dass eine große Anzahl von Beamtinnen und Beamten an Flughäfen (etwa 450) abgeordnet wird oder im Auslandseinsatz (etwa 400) ist. Außerdem gibt es zu wenig Neueinstellungen, so dass sich die personelle Situation der Bundespolizei insgesamt verschärft. Ausweislich des Bundeshaushaltes 2005 Einzelplan 06 hatte die Bundespolizei im Jahr 2004 (nur) 648 eingerichtete Beamtenplanstellen nicht besetzt. Nach dem Bundeshaushaltsgesetz 2010 sind diese unbesetzten Beamtenplanstellen im Jahr 2009 auf inzwischen 1.195 Stellen angewachsen. Durch dieses gestiegene Fehl kann kaum von einer „Stärkung der operativen Basis“ die Rede sein. Im Einzelplan 06 wurde der Haushalt der Bundespolizei um 26 Millionen Euro reduziert, was bei den Personalausgaben eine zusätzliche Streichung von 125 Planstellen bedeutet. Dass bei der Bundespolizei gespart werden soll, ist angesichts des katastrophalen personellen Zustands mehr als kontraproduktiv. Darüber hinaus hat die Bundespolizei 500 Dienstposten (Funktionen im ODP) mehr eingerichtet, als sie haushaltsmäßig über Planstellen verfügt. Im Ergebnis werden dadurch nach der kompletten personalwirtschaftlichen Umsetzung der Neuorganisation mehr als 1.800 eingerichtete Arbeitsplätze nicht besetzt sein. Gleichzeitig erhöht sich die Verwendung von Beschäftigten der Bundespolizei in Bereichen, für die überhaupt keine Dienstposten geschaffen wurden (sogenannte Schattenstrukturen), ständig. Sehr deutlich wird der Personalmangel auch im Prüfbericht des Bundesrechnungshofes zur Aufgabenwahrnehmung im bahnpolizeilichen Bereich vom 02. Februar 2010. Nach diesem Bericht sind bereits die zur Ermittlung des Personalbedarfs zugrunde zu legenden Daten fehlerhaft, überholt und nicht nachvollziehbar. Erschreckend ist, dass – nach dem Prüfbericht des BRH – bei über 25 % der Bundespolizeireviere die mögliche sowie die tatsächliche Personalstärke so gering ist, dass eine durchgängige Streifenbildung und Besetzung der Wache nicht sichergestellt werden kann. Gerade der bahnpolizeiliche Bereich ist jedoch ein Einsatzschwerpunkt der Bundespolizei. Eine sehr nachteilige Nebenfolge dieser veränderten Situation ist die verschlechterte Kommunikation mit den Landespolizeien, weil schlicht die Beamtinnen und Beamten fehlen, die diese Koordination übernehmen könnten. Das Ziel, mehr Polizisten auf die Straße zu bringen, wurde somit deutlich verfehlt. Es gibt eine Organisationsstruktur, die bezogen auf die breite Fläche misslungen ist. Dort, wo jetzt Inspektionen sind, wären Reviere vielleicht angebrachter und umgekehrt. Sicherheitsdefizite sind vorprogrammiert. Dem steht entgegen, dass die Anzahl der Plätze in den Direktionen, in den Leitungsstäben und anderswo zum Teil um bis zu 200 Prozent aufgestockt wurden. Das ist ein krasses Missverhältnis und steht im Gegensatz zu dem, was Ansatz der Bundespolizeireform war. SEITE 2 Da die Aufgaben der früheren Präsidien nun einfach auf die neuen Direktionen übertragen werden, führte die Abschaffung der Bundespolizeipräsidien als Mittelbehörde nicht zum gewünschten Erfolg. Die operative Basis wurde nicht gestärkt. Position der SPD-Bundestagsfraktion: Es gibt entgegen der Ankündigung vor der Reform weniger Präsenz in der Fläche. Die Neuorganisation hat zu einem organisatorischen und personellen Chaos geführt, das schnellstmöglich beendet werden muss. Dem drohenden Personalkollaps innerhalb der Bundespolizei muss dringend Einhalt geboten werden. Es kann nicht sein, dass immer weniger Beamtinnen und Beamte eine immer größere Fülle von Aufgaben erledigen müssen. Dass bereits 25 % von ihnen an "Burn-out" leiden, ist Warnschuss genug. Der Bereich der Neueinstellungen wurde sträflich vernachlässigt. Hier gilt es anzusetzen und verstärkt um Anwärterinnen und Anwärter zu werben. An der Bundespolizei darf nicht weiter gespart werden. Im Haushaltplan 2011 darf es keine weiteren Mittelkürzungen geben. Wir schließen uns dem Prüfbericht des Bundesrechnungshofes an und fordern insbesondere für die Bahnpolizei die Sicherstellung der angestrebten regelmäßigen Präsenz im Einsatzraum. Dort, wo eine dauerhafte Präsenz notwendig ist, muss die Personalstärke eine durchgängige Streifenbildung und Besetzung der Wache auch sicherstellen. II. Sozialverträglichkeit der personellen Umsetzung der Neuorganisation Die Sozialverträglichkeit der Umsetzung war eine große Überschrift der Reform, sie wird aber nicht eingehalten. In Wirklichkeit verspielt das Bundesinnenministerium mit dieser Reform die Einsatzfähigkeit der Bundespolizei. Die Darstellung des Bundesinnenministeriums, dass mit dem Abschluss von Dienstvereinbarungen für die Beamten und Tarifbeschäftigten die Neuorganisation sozialverträglich umgesetzt wird, entspricht nicht dem bisherigen Verlauf der Umsetzung der Neuorganisation. Dass die Dienstvereinbarungen im Maßstab 1:1 umgesetzt wurden, ist einzig und allein den zuständigen Personalvertretungen zu verdanken. Bei Abschluss des 1. und 2. Schrittes der Reform war jeweils ein Beschluss des Bundespolizeihauptpersonalrates erforderlich, um vor Beginn des nächsten Umsetzungsschrittes die vereinbarten Bilanzierungen durchzuführen. Es gibt eine Vielzahl berechtigter Beschwerden und Klagen von Beamtinnen und Beamten, die aus sozialen Gründen nicht versetzt werden wollen, trotzdem aber versetzt werden sollen, um die Fehlorganisation auszugleichen. Die soziale Betroffenheit derjenigen, die nach dem sozialen Ausleseprozess von heimatferner Verwendung betroffen sind und noch betroffen sein werden, mildern diese Vereinbarungen allerdings nicht. Besonders Beschäftigte in unteren und mittleren Einkommensgruppen laufen dabei Gefahr, ihre Existenz und finanzielle Zukunft zu riskieren. Das ist in unseren Augen keine Sozialverträglichkeit, sondern in vielen Fällen eine Zumutung. Wenn sich Bedienstete dann gegen Zwangsversetzungen wehren oder krank werden, bleiben wichtige Planstellen unbesetzt. Vollkommen unzureichend wurden bisher die in der Dienstvereinbarung „zur Förderung der Mobilität und der Vereinbarkeit von Ortswechseln mit den familiären und sozialen Belangen der Beamtinnen und Beamten“ zugesicherten Maßnahmen umgesetzt, die „insbesondere zur Förderung von Familienfreizeitblöcken“ vorgesehen waren. Statt die beabsichtigten „weitere(n) begleitende(n) Maßnahmen, z. B. Regelungen über Arbeitszeitgestaltung zur Förderung von Fahrgemeinschaften, Aufweichung der Kernzeiten, aktive Förderung der Telearbeit, Blockarbeitszeitmodelle, Arbeitszeitkorridore, Ausweitung der frühest möglichen und spätest endenden Arbeitszeiten und weitere geeignete arbeitsorganisatorische Maßnahmen“ zu befördern und anzuschieben, verlegte sich das Bundespolizeipräsidium darauf, bestehende (pendlerfreundliche) Arbeitszeitmodelle in den regionalen Direktionen und bei der Bereitschaftspolizei zu untersagen, ohne selbst Angebote für eine bessere Vereinbarkeit der Arbeitszeiten mit den Reformfolgen zu unterbreiten. Es gibt genügend Beispiele dafür, dass nach der Reform nicht mehr Polizei in der Fläche ist, sondern im Gegenteil sogar noch weniger. Inspektionen wurden zu Revieren herabgestuft und Perso- SEITE 3 nal vor Ort abgebaut - und gescheiterte Umbesetzungen verstärken diese Entwicklung noch. Das hat zur Folge, dass oft die Landespolizei aushelfen muss. Die Landespolizeien sind aber selbst meist mehr als ausgelastet und können die chronische Unterbesetzung bei der Bundespolizei nicht auf Dauer abfedern und ausgleichen, zumal auch in den Ländern ein permanenter Stellenabbau betrieben wird. Extrem defizitär ist die Situation in der Aus- und Fortbildung. Dieser Bereich wurde im Zuge der Vorbereitung der Neuorganisation nicht tiefgründiger analysiert, was sich nun rächt. Die Bundespolizei hat seit Jahren schlichtweg zu wenig Nachwuchs eingestellt und ist auch mit ihrer Struktur der Personalwerbung und der Schwerpunktbestimmung von Werberäumen hoffnungslos abgehängt. Insgesamt besteht das Problem der Überalterung der Bundespolizei, so sind über 2500 Polizeiobermeister älter als 40 Jahre. Inzwischen gibt es extreme Kapazitätsengpässe. So waren die Kapazitäten der Bundespolizeiakademie und der Aus- und Fortbildungszentren bereits im Jahr 2008 zu 84 Prozent mit Ausbildungsaufgaben ausgelastet, im Jahr 2009 zu 92 Prozent. Das führt dazu, dass bereits heute kaum noch zentrale Fortbildungsmaßnahmen angeboten werden können – eine sich permanent wandelnde Bundespolizei, die ihre Mitarbeiter aus Kapazitätsgründen nicht fortbilden kann, droht. Zugleich müssen wegen mangelnder Aus- und Fortbildungskapazitäten in der dafür eigentlich vorgesehenen Organisation weiterhin Unterbringungsressourcen bei den Bereitschaftspolizeiabteilungen in Anspruch genommen werden, um dort – abseits der Aus- und Fortbildungszentren – Polizeiausbildung zu betreiben. Der Bedarf an Fachlehrern ist dabei nicht gedeckt. Auch die Fortbildung der Polizeifachlehrer kann nicht mehr befriedigt werden. In der Folge kommt es zum Entzug von Polizeibeamten - vor allem des gehobenen Dienstes - aus der operativen Linie und ihre Abordnung in die Ausbildungsorganisation, um die Ausbildung sicherstellen zu können All diese Entwicklungen führen im Ergebnis zu einem extrem hohen Krankenstand und demotivierten Bundespolizistinnen und – polizisten. Jeder zweite Bundespolizist bzw. Bundespolizistin fühlt sich ausgebrannt, und die Beerlage-Studie der Fachhochschule Magdeburg-Stendal beschreibt für die Bundespolizei eine „Burn-Out-Quote“ von 25,4%. Bei den Länderpolizeien liegt diese Quote bei ca. 10 Prozent. Der Krankenstand bei der Bundespolizei ist enorm hoch und hat oftmals psychische Ursachen. Zudem wurde der Sozialwissenschaftliche Dienst mit der Reform praktisch zerschlagen. Das kann nicht im Interesse unseres Landes und unserer Sicherheit sein. Position der SPD-Bundestagsfraktion: Wir Sozialdemokraten wollen, dass das Bundesinnenministerium das Versprechen von der sozialverträglichen Umsetzung einhält und die Beamtinnen und Beamten zu ihrem Recht kommen. Wir fordern die schnellstmögliche Besetzung der 1.195 unbesetzten Stellen bei der Bundespolizei, um die Überbelastung der Beamtinnen und Beamten abzubauen. Die Arbeitszeit - besonders für Schichtdienstleistende - muss wieder auf ein erträgliches Maß zurückgeführt werden. Wir fordern eine regelmäßige Untersuchung der sozialverträglichen Umsetzung in Intervallen von sechs Monaten. Aus unserer Sicht müssen sofort Maßnahmen ergriffen werden, welche die Bezeichnung „sozialverträglich“ auch verdienen. Der Bundesrechnungshof bestätigt mit seinem Prüfbericht, dass der Personalbedarf der sogenannten bundespolizeilichen Schwerpunktdienststellen - wie Bahnhöfe und Flughäfen - nicht auf Dauer durch Abordnungen aus Dienststellen in den Personalabbaubereichen abgefedert werden kann. Die massenhaften Abordnungen durch das Bundespolizeipräsidium müssen ein Ende haben und dürfen nicht noch stetig gesteigert werden. Familien dürfen nicht vierteljährlich und wiederholt getrennt werden. Wenn Abordnungen erfolgen, dann müssen sie ein logisches polizeitaktisches System erkennen lassen. SEITE 4 III. Einsatz von Verwaltungspersonal in befristet einzurichtenden Servicestellen Im Zuge der Reform wurden im ODP zwei Verwaltungsservicestellen – Zentrale Bußgeldstellen – mit Dienstort Halle und Schwandorf für 66 Dienstposten für 3 Jahre befristet eingerichtet. Zusätzlich wurden in den Sachbereichen 37 – Zentraler Dienst – an Dienstorten Halle und Schwandorf weitere knapp 40 Arbeitsplätze geschaffen, die für den dienstlichen Ablauf und die Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes unabdingbar sind. Hierbei handelst es sich vor allem um Betriebsmeister, Betriebstechnisches Personal, Unterkunftshandwerker – und Arbeiter, Pförtner/Wächter, Reinigungskräfte, Fachkräfte für Schießanlagen, Bearbeiter IKT, Bearbeiter FEM sowie Schreib- und Bürokräfte. Position der SPD-Bundestagsfraktion: Diese Stellen sind umgehend zu entfristen und im ODP der Bundespolizei auf Dauer einzurichten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten unentbehrliche Arbeit. Mit Wegfall der Stellen würden sich etwa 110 Menschen im personellen Überhang der Bundespolizei wiederfinden. Dies betrifft hier vor allem Beschäftigte, die sich im untersten Einkommensbereich befinden. IV. Kontinuierliche Überprüfung der Aufgabenwahrnehmung auf Flughäfen Mit den neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen im Ausland und dem Wegfall der östlichen Schengen-Außengrenzen leiden die Flughäfen unter besonderen Belastungen. Zum einen sind sie nun an Stelle der alleinig bisherigen Landesgrenzen neue Schengengrenze, auf der anderen Seite bedienen überwiegend die Flughafendienststellen die Auslandseinsätze der Bundespolizei. Das Ergebnis der Organisationsüberprüfung aus dem Jahr 2008 wurde bis heute nicht umgesetzt, der Organisations- und Dienstpostenplan (ODP) demenentsprechend nicht angepasst. Das hat zur Folge, dass die Flughafendienststellen mit einem Organisations- und Dienstpostenplan ausgestattet sind, der auf Daten zurückliegender Jahre basiert. Auf wechselnde Bedingungen, wie z.B. Ausbauplanungen in Berlin und Frankfurt/Main und damit verbundene steigende Fluggastzahlen, kann somit nicht reagiert werden. Im Ergebnis muss das Bundespolizeipräsidium regelmäßig auf Abordnungen aus anderen Dienststellen oder der Bundesbereitschaftpolizei zurückgreifen, um die Flughafendienststellen zu verstärken. Die im Bericht angesprochenen Abordnungen von Beamtinnen und Beamten aus den sogenannten Personalüberhangbereichen der Direktionen Bad Bramstedt, Berlin und Pirna an die Flughäfen sind kritisch zu betrachten. Das bitter notwendige Umsteuern im System der Personalgewinnung und -steuerung für die Flughafendienststellen wurde zwei Jahre lang nicht bearbeitet. Insgesamt sind gegenwärtig ca. 850 Polizeibeamtinnen und -beamte innerhalb ihrer Direktionen und ca. 450 Polizeibeamtinnen und -beamte zu Dienststellen außerhalb ihrer Direktionen (Flughäfen) abgeordnet. Das entspricht in etwa dem Personalfehl, welches durch sträfliche Vernachlässigung von Neueinstellungen fehlt. Das Bundesinnenministerium versichert in seinem Bericht, dass die Anzahl der erforderlichen Polizeivollzugsbeamten grundsätzlich jährlich nach einheitlichen Kriterien und auf Grundlage bundesweit gültiger Fachkonzepte überprüft werde. Dem steht entgegen, dass seit den Vorfällen im Dezember 2009 (Stichwort Detroit) keine großen Veränderungen, die zur Verbesserung der Sicherheit beigetragen hätten, erfolgt sind. Damit ist diese Aussage des Bundesinnenministeriums anzuzweifeln. Sollte es wirklich eine derartige jährliche Überprüfung geben, so müsste im Ergebnis zutage treten, dass der Organisations- und Dienstpostenplan und der damit verbundene Dienstpostenansatz zukünftig anzupassen ist. Am Flughafen München wird z.B. schon seit längerer Zeit das Personalfehl mit Abordnungen aus anderen Bereichen der Bundespolizei abgedeckt. Die Kosten für die Unterbringung, Reisekosten und das Trennungsgeld der Verstärkungskräfte betragen bei der Bundespolizeiinspektion Mün- SEITE 5 chen-Flughafen durchschnittlich 1,3 Millionen Euro pro Jahr (2008-2009). Zusätzlich fehlen die zum Flughafen München abgeordneten Beamten dann andernorts. Bei der Bundespolizeiinspektion Berlin-Tegel hätte die Personalbemessung aufgrund der Erweiterung des Terminals C und steigender Passagierzahlen den Veränderungen ebenfalls angepasst werden müssen. Das Gegenteil ist der Fall, die Bundespolizeiinspektion Berlin-Tegel muss Abordnungskräfte zur Unterstützung anderer Bundespolizeidirektionen stellen. Diese Praxis kann keine dauerhafte Lösung sein. Das Flughafenproblem besteht demnach entgegen der Aussagen des Bundesinnenministeriums fort. Position der SPD-Bundestagsfraktion: Die Aufgabenwahrnehmung an den Flughäfen ist eine Kernkompetenz der Bundespolizei – sie muss auch als solche behandelt werden. Wir wollen, dass die Stellen langfristig fest besetzt sind und nicht durch Abordnungen aus anderen Bereichen ersetzt werden. Die Personalzumessung muss so gestaltet sein, dass die Anzahl der Abordnungen so gering wie möglich ausfällt. In der Konsequenz fordern wir eine gezielte regionale Einstellungspolitik. Wir favorisieren dabei regionale Werbemaßnahmen zur Personalgewinnung für die Bundespolizei. Der Dienst nach der Ausbildung muss schon in der Ausbildung regional planbar sein. Freie Dienstposten, die bis heute nicht vollständig besetzt sind, obwohl die finanziellen Mittel (Planstellen) schon lange vorhanden sind, müssen als erste besetzt werden. V. Abschichtung nicht-ministerieller Aufgaben auf das Bundespolizeipräsidium Nach wie vor gibt es in vielen Bereichen eine Doppelstruktur zwischen dem Bundesministerium des Innern und dem Bundespolizeipräsidium. Wie Organisationsfragen geklärt werden, bleibt intransparent. Die Übertragung nicht-ministerieller Aufgaben auf das Bundespolizeipräsidium ist nicht erfolgt. Position der SPD-Bundestagsfraktion: Im Zuge der weiteren organisatorischen Umgestaltung des Bundespolizeipräsidiums ist unbedingt zu beachten, dass keine weiteren Aufgaben nach unten geleitet werden, die den Verwaltungsaufwand in den Inspektionen weiter erhöhen und die polizeiliche Arbeit beeinträchtigt. VI. Rückübertragung grenzpolizeilicher Aufgaben auf die Bundespolizei in Bayern Laut Evaluationsbericht wird die die Rückübertragung grenzpolizeilicher Aufgaben von der bayerischen Polizei auf die Bundespolizei durch das Verwaltungsabkommen zwischen der Bayerischen Staatsregierung und dem Bundesministerium des Innern vom 17.04.2008 geregelt. Bisher seien laut Bundesinnenministerium die infrastrukturellen Voraussetzungen dazu bereits weitgehend geschaffen, die Rückführungen an beiden Grenzen würden vollständig von der Bundespolizei durchgeführt und die Zusammenarbeit zwischen der Bundespolizei und der bayrischen Polizei funktioniere reibungslos. Zudem sei die bayerische Landespolizei auch heute noch im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeiten im Grenzraum zur Tschechischen Republik und zu Österreich präsent, und es würden Absprachen auf regionaler Ebene mit der Bundespolizei erfolgen, um Doppelkontrollen im Grenzbereich zu vermeiden. Der Bericht des Bundesministerium des Innern spiegelt den tatsächlichen Zustand nur unzureichend wieder. Trotz der Rückübertragung der Aufgaben an der deutsch-österreichischen Grenze fand keine Organisationsuntersuchung statt, die den Dienstpostenansatz der betroffenen Inspektionen und Reviere hätte polizeifachlich belegen können. Es fehlen verlässliche Parameter, wie viel Personal sowie Führungs- und Einsatzmittel für die Aufgabe benötigt werden. Kritisch zu betrachten ist die Tatsache, dass die Rückübertragung der Aufgaben zwar erfolgt ist, zur vollständigen Übernahme der Straßenfahndung an der Südgrenze dennoch Personal sowie Führungsund Einsatzmittel fehlen. Insbesondere bei der Betrachtung der für die deutsch-österreichische Grenze zuständigen Bundespolizeiinspektionen Freyung und Rosenheim gibt es Missstände. SEITE 6 Seitens des Bundesministerium des Innern wird eingeräumt, dass in einigen Bereichen an der deutsch-österreichischen Grenze mit Übergangslösungen gearbeitet werde und die „Intensität der bundespolizeilichen Maßnahmen mit weiterem Fortschritt der personellen Umsetzung“ kontinuierlich ansteige. Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass das Bundespolizeirevier Passau, welches vorrangig von der Aufgabenübertragung an der deutsch-österreichischen Grenze berührt ist, völlig unzureichend mit Personal ausgestattet ist und permanent mit Kräften der Bundespolizeiinspektion München verstärkt werden muss. Auch die Bundespolizeiinspektion Rosenheim wird im Rahmen der Straßenfahndung mit 1,5 Einsatzzügen der Bundesbereitschaftspolizei und 10 Kräften der Bundespolizeiinspektion München verstärkt. Dabei sollte es selbstverständlich sein, dass die Übernahme neuer Aufgaben nur mit zusätzlichem Personal erfolgen kann. Die Übernahme der grenzpolizeilichen Aufgaben zu Österreich war und ist in der Neuorganisation personell und materiell nicht bilanziert. Die Einrichtung der derzeit 228 Dienstposten geht zu Lasten anderer Stellen. Position der SPD-Bundestagsfraktion: Wir fordern eine Organisationsuntersuchung, die im Ergebnis den Dienstpostenansatz an der Südgrenze ermittelt. Für die betroffenen Inspektionen und Reviere muss mit dieser Erhebung polizeifachlich belegbar sein, wie viel Personal sowie Führungs- und Einsatzmittel für die rückübertragene Aufgabe benötigt werden. Wir wollen, dass die Bundespolizei die ihr rückübertragene Straßenfahndung eigenständig durchführen kann. Dafür muss der Bundespolizei das für die Bewältigung dieser Aufgabe nötige Personal sowie alle benötigten Führungs- und Einsatzmittel zur Verfügung gestellt werden. Wir stellen zudem klar: fehlendes Personal darf nicht dauerhaft durch Verstärkungskräfte ersetzt werden. Fazit Wir Sozialdemokraten können abschließend nur eines sehr deutlich feststellen: Die anvisierten Vorgaben und Ziele der Reform wurden nahezu sämtlich nicht erreicht. Bis heute fehlt die dem Bundespolizeihauptpersonalrat fest zugesagte polizeifachliche Begründung für die Standortentscheidungen. In dem Bericht des Bundesinnenministeriums ist nur ein Satz zutreffend. Er lautet: „Die personalwirtschaftliche Umsetzung der Neuorganisation dauert noch an.“ SEITE 7