Gynäkologische Erkrankungen der Stute
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Gynäkologische Erkrankungen der Stute
Gynäkologische Erkrankungen der Stute Die Gynäkologie der Stute ist nicht gleichbedeutend mit der Pferdezucht. Leider haben Stuten immer wieder Probleme trächtig zu werden oder leiden unter Erkrankungen des Reproduktionstraktes. Im Folgenden werden die häufigsten gynäkologischen Probleme der Stute genannt und erklärt: - Endometritis - Endometrose - Ovartumor - Nachgeburtsverhaltung Endometritis: Unter Endometritis versteht man eine Entzündung der Gebärmutterschleimhaut (= Endometrium). Grundsätzlich unterscheidet man zwischen infektiösen und nichtinfektiösen Endometritiden. Ursache einer infektiösen Endometritis sind meist aerobe (sauerstoffabhängige) Keime. Dazu zählen in erster Linie Streptokokkus zooepidemicus, Escherichia coli sowie in geringerem Maße Pseudomonaden, Klebsiellen, Staphylokokkus aureus und Hefen bzw. Pilze. Davon betroffene Stuten weisen meist eine Flüssigkeitsfüllung des Uterus, eventuell vaginalen Ausfluss (der sich auch an der Innenseite der Hinterbeine oder unter der Schweifrübe zeigen kann) und/oder einen positiven bakteriellen Befund im Uterustupfer auf. Bei betroffenen Stuten kommt es in der Regel nicht zu einer Verschlechterung des Allgemeinbefindens, wodurch eine solche Erkrankung zunächst erst mal nicht auffallen kann. Wichtig ist es diese Erkrankung möglichst frühzeitig, d.h. vor einer möglichen Besamung zu entdecken und zu behandeln, da es sonst nicht zu einer Aufnahme kommen kann bzw. die Entzündung durch die Besamung/Bedeckung noch verschlimmert werden kann. Die Therapie einer solchen Erkrankung erfolgt in der Regel mittels mehrfacher Gebärmutterspülungen (mit physiologischer Kochsalzlösung), die Gebärmutter kontrahierenden Medikamenten sowie einer dem Tupferbefund entsprechenden systemischen Antibiose. Nach erfolgreicher Therapie kann die nächste Rosse zur Besamung genutzt werden. Unter nicht-infektiöse Endometritiden fallen vor allem die sog. Besamungs-induzierte Endometritis (postbreeding endometritis, PBE, oder post mating induced endometritis, PMIE) sowie die chronisch-degenerativen Veränderungen der Gebärmutterschleimhaut (Endometrose, s.d.). Eine entzündliche Reaktion des Endometriums auf eine Besamung ist als physiologisch anzusehen, sobald diese innerhalb von 6-12 h nach der Besamung nicht mehr nachzuweisen ist (z.B. mittels Ultraschall-Untersuchung). Falls eine Stute nach über 12 h nach der Besamung noch Flüssigkeit im Uterus aufweist, sollte sie behandelt werden, um trotzdem eine Trächtigkeit zu ermöglichen. Da der Embryo erst am 6.Tag nach der Ovulation den Uterus erreicht, kann direkt nach einer Besamung einige Tage die Gebärmutter gespült werden, um dem Embryo dann einen „sauberen“ Uterus für die weitere Trächtigkeit zur Verfügung zu stellen. Außerdem kann vor und nach der Besamung mit entsprechenden Medikamenten die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Trächtigkeit erhöht werden. Falls Ihre Stute zu solch einer Problematik rund um die Besamung neigt, sollten Sie uns darüber rechtzeitig in Kenntnis setzen, damit wir rechtzeitig eine entsprechende Therapie (eventuell bereits vor der Besamung) einleiten können. Endometrose: Unter Endometrose versteht man eine degenerative (= funktionelle und strukturelle Abweichung von der Norm) Erkrankung der Gebärmutterschleimhaut. Diese ist bei der Stute irreversibel (nicht therapierbar), kann aber durch optimales Besamungsmanagement oft trotzdem zu einer Trächtigkeit führen. Sie kommt vor allem bei älteren Stuten (> 13 Jahre), die noch kein Fohlen zur Welt gebracht haben, vor. Um diese Erkrankung bei einer Stute zu diagnostizieren, muss man eine Gewebsprobe von der Schleimhaut der Gebärmutter entnehmen (= Biopsie). Dies ist für Ihre Stute absolut schmerzfrei und wird ohne Betäubung im Stehen mit Hilfe einer sog. Biopsiezange entnommen. Günstig ist es, wenn Ihre Stute dazu in der Rosse ist, damit der Zugang zur Gebärmutter durch den Muttermund möglich ist. Die Gewebsprobe wird in ein darauf spezialisiertes, histologisches Labor geschickt, welches aufgrund der erhobenen, histologischen Befunde eine Prognose hinsichtlich der Aufnahme und des Erhalts einer Trächtigkeit bei Ihrer Stute geben kann (Prognose auf ein lebendes Fohlen). Anhand des Ergebnisses dieser Biopsieprobe kann man dann gemeinsam weitere Vorgehensweise und Möglichkeiten der Besamung besprechen. Die auf die Biopsieentnahme folgende Rosse kann dann wieder zur Besamung genutzt werden. Ovartumor: Der Ovartumor der Stute ist der häufigste Tumor im Reproduktionstrakt des Pferdes und zählt zu den drei häufigsten Neoplasien des Pferdes allgemein. Zum Glück sind solche Veränderungen an den Eierstöcken des Pferdes meist gutartig. Sie können allerdings zum Teil mit erheblichen Verhaltensänderungen der Stute einhergehen (Unrittigkeit, Hengst-artiges Verhalten, kolikartige Beschwerden etc.). Eine genaue gynäkologische und ultrasonographische Untersuchung Ihrer Stute, eventuell kombiniert mit Hormonanalysen im Blut, können recht schnell Aufschluss über eine solche Erkrankung geben. Therapeutisch ist das Mittel der Wahl die operative Entfernung des betreffenden Ovars (dies kann laparoskopisch am stehenden Pferd durchgeführt werden). Da sich das verbleibende Ovar recht schnell von der Beeinträchtigung (aufgrund hormoneller Imbalancen) erholt, können Stuten auch mit nur einem Eierstock noch gut tragend werden und in der nächsten Saison wieder besamt werden. Nachgeburtsverhaltung: Die Nachgeburtsverhaltung zählt zu einer der häufigsten Probleme rund um die Geburt der Stute, ist jedoch (vor allem verglichen mit dem Rind) beim Pferd relativ selten. Kommt es allerdings zu einer Zurückhaltung der Nachgeburt bei einer Stute, ist ein relativ schnelles Handeln angesagt. Wenn die Nachgeburt nach einer Stunde nach der Geburt nicht abgegangen ist, spricht man von einer Nachgeburtsverhaltung. Nach spätestens zwei Stunden sollte therapeutisch eingegriffen werden, denn nach sechs Stunden steigt die Gefahr von Komplikationen, wie zum Beispiel der der Geburtsrehe. Eine Nachgeburtsverhaltung ist in den meisten Fällen gut zu erkennen, da Nachgeburtsreste bzw. die komplette Nachgeburt aus der Scheide heraushängen. Es sollte auf keinen Fall versucht werden diese durch Ziehen zu entfernen, da man die Nachgeburt damit zum Abreißen bringt und die weitere Therapie erschwert. Es hat sich als hilfreich erwiesen die Nachgeburt (-sreste), mit einer Schnur hochzubinden oder sogar mit Hilfe einer Wasserflasche zu beschweren. Damit wird der Lösevorgang in der Gebärmutter unterstützt. Trotz allem sollte man medikamentös Eingreifen und die Stute – am besten unter Klinikbedingungen – kontrolliert therapieren (unter anderem durch mehrmals tägliche Gebärmutterspülungen) sowie eine Reheprophylaxe einleiten. ©Beckmann