Fall Tim: Punktsieg für Anwalt Heer
Transcrição
Fall Tim: Punktsieg für Anwalt Heer
Fall Tim: Punktsieg für Anwalt Heer 8 Uhr morgens: In Handschellen an einen Vollzugsbeamten gefesselt, wird Oliver Heese mit dem Bus von der JVA Itzehoe zum Landgericht gebracht. Foto: Stemmer Gutachter sagt aus, dass der Zweijährige nicht lange gelitten hat. Neues Strafmaß nächste Woche? Von Bert C. Biehl Elmshorn. Um 12.16 Uhr fiel der vielleicht prozessentscheidende Satz: „Das todesursächliche Trauma ist nicht mit längerer Leidenszeit verbunden gewesen“. So wertete gestern der Hamburger Gerichtsmediziner Dr. Jan Sperhake vor dem Landgericht Itzehoe die Ergebnisse der Obduktion, die er im November 2005 an der Leiche des kleinen Tim Hachmann (†2) vorgenommen hatte. Seit gestern wird in einem Revisionsverfahren vor der 6. Strafkammer des Landgerichts gegen den Elmshorner Oliver Heese neu verhandelt. Wie berichtet, hatte der Bundesgerichtshof (BGH) das Strafmaß für den als Täter rechtskräftig verurteilten Ex-Freund von Tims Mutter aufgehoben. Heese war am 6. März vergangenen Jahres zu 13 Jahren Haft verurteilt worden, weil er den kleinen Jungen so schwer misshandelt hatte, dass dieser an den Folgen starb. Der BGH-Entscheid offenbarte nun juristische Fallstricke, über die sogar die versierten Richter der Erstinstanz gestolpert waren. Folglich ging es in der Beweisaufnahme am ersten Prozesstag um Feinheiten des Strafrechts − und um gleich drei Kritikpunkte des BGH. So hatte die damalige Urteilsbegründung eine längere Leidenszeit des Kindes bis zum Eintritt des Todes formuliert − eine Ungenauigkeit, denn der Gerichtsmediziner war bereits im ersten Verfahren davon ausgegangen, dass Tim nach der Tim Hachmann − er wurde nur zwei Jahre alt. Sein Grab liegt auf dem Alten Friedhof. Richter Dietmar Bertermann leitet das Revisionsverfahren gegen Oliver Heese. Misshandlung früh bewusstlos war und daher keiner längeren Leidenszeit ausgesetzt gewesen sein konnte. „Ein Punktsieg“, wie es Verteidiger Christoph Heer sieht. Ein weiterer ist das so genannte Nachtatverhalten. Heese hatte die Leiche des Kindes in seiner Sporttasche auf einem Grundstück in der Gärtnerstraße versteckt. Das allein durfte ihm nicht strafschärfend angelastet werden, so der BGH. Dass er aber nach Auffassung der Erstinstanz versucht haben soll, den Verdacht auf Tims leibliche Eltern zu lenken, könnte sich eventuell straf- schärfend auswirken. Deshalb versuchte die Nebenklage dafür Beweise in Heeses früheren Aussagen bei Polizei und Gericht zu finden − Anwältin Nicola Toillié ließ sogar den Vorsitzenden Richter der Erstinstanz, Eberhard Hülsing, in den Zeugenstand rufen. Ohne Ergebnis − Belege für Falschbelastungen ließen sich nicht zweifelsfrei expressis verbis finden. Auch Heers Befangenheitsantrag gegen einen Schöffen hatte Erfolg. Dieter K. hatte sich geweigert, die Obduktionsfotos anzusehen, weil er selbst Kinder habe. Daraufhin wurde er abberufen. Seite 3 Verteidiger Christoph Heer sieht die Kritik des BGH am Urteil untermauert. Nebenklagevertreterin Nicola Toillié ließ den Richter der Vorinstanz als Zeugen befragen.