Coaching-Praxisfelder
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Coaching-Praxisfelder
Robert Wegener, Agnès Fritze, Michael Loebbert (Hrsg.) Coaching-Praxisfelder Forschung und Praxis im Dialog Publikation zum zweiten internationalen Coaching-Fachkongress Online-Teil – Kongressbeiträge Separatum Springer VS Der »Online-Teil« mit den Kongressbeiträgen, dem der vorliegende Text als »Separatum« entnommen ist, steht auf der Verlags-Website zum kostenlosen Download bereit: www.springer.com ➞ Produktseite des Buches ➞ »Zusätzliche Informationen« (rechte Spalte). Auf derselben Seite finden Sie auch das vollständige Inhaltsverzeichnis der Publikation. Der »Print-Teil« der Publikation mit vertiefenden Beiträgen zu ausgewählten Praxisfeldern und praxisfelderübergreifenden Themen erscheint im Herbst 2013 bei Springer VS, Wiesbaden. Dieser Teil kann auf den üblichen Vertriebskanälen käuflich erworben werden (ISBN 978-3-658-01818-4). Zitiervorschlag Einzelbeitrag: [Autorname, Vorname (2013). Titel des Beitrags.] In: Wegener, R., Fritze, A., & Loebbert, M. (Hrsg.), Coaching-Praxisfelder. Forschung und Praxis im Dialog. Online-Teil. Wiesbaden: Springer VS. www.springer.com ➞ (Suche) Wegener, Coaching-Praxisfelder ➞ Produktseite des Buchs ➞ »Zusätzliche Informationen« (rechte Spalte) Gesamtpublikation: Wegener, R, Fritze, A., & Loebbert, M. (Hrsg.) (2013). Coaching-Praxisfelder. Forschung und Praxis im Dialog. Online-Teil. Wiesbaden: Springer VS. www.springer.com ➞ (Suche) Wegener, Coaching-Praxisfelder ➞ Produktseite des Buchs ➞ »Zusätzliche Informationen« (rechte Spalte) Isabell Braumandl, Benedikt Amberger, Florian Falkenberg & Simone Kauffeld* Konzept-Coaching – Ausbildung zum Coach für Karriere- und Lebensplanung Konzept, Theorie und Forschungsresultate* Ausgangslage und Problemschilderung ................................................ 74 Coaching-Verständnis ........................................................................... 74 Das Coaching-Konzept .......................................................................... 74 Die Coaching-Ausbildung ..................................................................... 76 Forschungsfragen und -resultate ............................................................ 78 Ausblick ................................................................................................. 81 * Isabell Braumandl, Dipl.-Psych., Dipl.-Ök., Institut für Arbeits-, Organisations- und Sozialpsychologie, Technische Universität Braunschweig, wissenschaftliche Mitarbeiterin; Coaching- & Beratungs-Centrum Regensburg (CoBeCe), Geschäftsleitung. Benedikt Amberger, Stud. Psych. (M. Sc.), Universität Regensburg. Florian Falkenberg, Dipl.-Päd., M. A. Speech, Communication and Rhetoric, Coaching- & Beratungs-Centrum Regensburg (CoBeCe), Leiter des Ressorts Karriere-Coaching. Simone Kauffeld, Dipl.-Psych., Dr. rer. nat., Prof., Institut für Arbeits-, Organisations- und Sozialpsychologie, Technische Universität Braunschweig, Lehrstuhlinhaberin. Wegener/Fritze/Loebbert, Coaching-Praxisfelder – Forschung und Praxis im Dialog © Springer VS, 2013 Braumandl, Amberger, Falkenberg & Kauffeld • Konzept-Coaching 74 Ausgangslage und Problemschilderung Grant und Cavanagh (2007) kritisieren das Fehlen valider Aussagen zu Wirkfaktoren im Coaching. Die von Praktikern geforderte Individualität von Coaching-Prozessen macht diese offensichtlich schwer vergleichbar, Aussagen über Erfolgsfaktoren sind kaum möglich. Deshalb ist es aus Autorensicht unumgänglich, Coaching zu konzeptualisieren. Damit können Coaching-Prozesse verglichen und wissenschaftlich untersucht werden. Zudem unterstützt ein strukturiertes Ausbildungskonzept den Lerntransfer der Ausbildungsteilnehmer, messbar an der Zielerreichung ihrer Klienten. Im folgenden Beitrag werden zunächst ein eigens entwickeltes KarriereCoaching-Konzept sowie die darauf basierende Ausbildung zum Coach für Karriere- und Lebensplanung vorgestellt. Danach folgt die Darstellung erster Forschungsergebnisse zur Ausbildung und den damit verbundenen 250 Karriere-Coaching-Prozessen. Coaching-Verständnis Coaching wird von den Autoren als eine spezielle Form der Einzelberatung von Personen definiert. In Anlehnung an Greif (2008) werden die Klienten in ihrer individuellen, zielgerichteten und bewussten Selbstentwicklung durch eine systematische und intensive ergebnisorientierte Selbstreflexion unterstützt. Durch den Coach werden lösungs- und ressourcenorientierte Fragetechniken sowie Übungen zur zielorientierten Selbstreflexion eingesetzt, um die individuellen Coaching-Ziele umzusetzen. Der Coaching-Prozess wird durch eine Prozess- und Ergebnisevaluation begleitet, um die Qualität und Zielerreichung zu sichern. Die Psychotherapie von psychischen Störungen ist kein Teilbereich des Coachings. Das Coaching-Konzept Als theoretische Basis für unser Coaching-Konzept dient das Verhaltensmodell von Rosenstiel (2009); dieses erlaubt Aussagen über die Passung zwischen dem Können und Wollen einer Person einerseits und den Umfeldbedingungen, Normen und Regeln andererseits, die das erfolgreiche Verhalten dieser Person beeinflussen. Das Modell postuliert bei einer guten Passung zwischen dem, was eine Person kann und will, und dem, was sie benötigt, beruflich erfolgreiches Verhalten und dabei erlebte persönliche Zufriedenheit. Die Zielsetzungstheorie von Locke und Latham (2002) und die SMART-Regel zur Formulierung von Zielen (Locke & Latham, 1990) lie- Wegener/Fritze/Loebbert, Coaching-Praxisfelder – Forschung und Praxis im Dialog © Springer VS, 2013 Braumandl, Amberger, Falkenberg & Kauffeld • Konzept-Coaching 75 fern zudem die theoretische Basis dafür, warum im Rahmen dieses Coaching-Konzepts sowohl die Zieloperationalisierung auf der Verhaltensebene in der ersten Coaching-Sitzung als auch die fortlaufende Zielprozessevaluation jeweils zu Beginn der vier Folgesitzungen, die Zielergebnisevaluation zum Ende jeder Coaching-Sitzung sowie die Gesamt-Prozessevaluation am Ende der fünften Sitzung stattfinden. Der inhaltliche Schwerpunkt des Coaching-Konzepts ist auf die zielgerichtete Begleitung von Coaching-Anliegen im beruflichen Kontext und damit verbundenen Fragen der persönlichen Lebensplanung fokussiert. Fünf Einzelcoaching-Sitzungen finden über die Dauer von zwei Zeitstunden über einen Zeitraum von bis zu vier Monaten statt. Die Inhalte der Sitzungen sind der nachfolgenden Abbildung 1 zu entnehmen. Abbildung 1: Ablauf des Konzept-Coachings. Quelle: Braumandl & Dirscherl (2005) Den jeweiligen Sitzungen sind Übungen zur Auswahl zugeordnet. Der Coach entscheidet je nach Klient und Anliegen, die er dem Klienten zur Vorbereitung der Sitzung als Hausaufgabe mit einer entsprechenden mündlichen und schriftlichen Arbeitsanleitung mitgibt. In der jeweiligen Sitzung wird die bearbeitete Hausaufgabe gemeinsam reflektiert. Die Ergebnisse daraus werden mit den Coaching-Zielen und bereits besprochenen Übungen durch entsprechende Fragetechniken lösungs- und ressourcenorientiert im Sinne der Nützlichkeit für die Coaching-Ziele verknüpft. Strukturierte Gesprächsleitfäden für den Coach unterstützen diesen beim Durchführen der Coaching-Sitzungen und dienen deren Dokumentation. Wegener/Fritze/Loebbert, Coaching-Praxisfelder – Forschung und Praxis im Dialog © Springer VS, 2013 Braumandl, Amberger, Falkenberg & Kauffeld • Konzept-Coaching 76 Im Rahmen der ersten Coaching-Sitzung erfolgt die Quantifizierung des aktuellen Entwicklungs- und Zielzustandes pro Ziel durch den Klienten auf einer Zehn-Punkte-Skala (Abbildung 2). Abbildung 2: Zielprozessevaluation. Quelle: Braumandl & Dirscherl (2005) Jeweils zu Beginn der Folgesitzungen (ab Sitzung 2) werden diese durch den Klienten neu eingeschätzt. Darin fließen die Veränderungen zwischen den Sitzungen ein. Jeweils zum Ende der ersten bis fünften Sitzung erfolgt die Einschätzung des Entwicklungsstandes pro Ziel auf einer siebenstufigen Skala von 0 bis 100 Prozent (vgl. Abbildung 3). Abbildung 3: Zielergebnisevaluation. Quelle: Biberacher (2010) Zum Ende der fünften Sitzung bewertet der Klient den gesamten Prozess mittels »Check the Coach«-Evaluationsbogen (Bachmann, Jansen & Mäthner, 2004) und die Zielerreichung auf einer fünfstufigen Skala. Die Coaching-Ausbildung Als theoretische Basis für die Coaching-Ausbildung dienen ausgewählte konstruktivistische Gestaltungsprinzipien, deren Wirksamkeit Weisweiler (2008) im Rahmen ihrer Forschungsarbeiten nachgewiesen hat. Dazu gehö- Wegener/Fritze/Loebbert, Coaching-Praxisfelder – Forschung und Praxis im Dialog © Springer VS, 2013 Braumandl, Amberger, Falkenberg & Kauffeld • Konzept-Coaching 77 ren Situiertheit, Authentizität, Raum für Eigenaktivität sowie multiple Perspektiven. Methodisch umgesetzt werden die Prinzipien in der Ausbildung durch Modelllernen, Praxisübungen in Kleingruppen mit Feedback sowie Praxis-Selbsterfahrung im Peer- und Client-Coaching unter Supervision. Als Methodenmix in diesem Coaching-Ansatz werden verhaltens- und zielorientierte, systemische, klientenzentrierte, lösungs- und ressourcenorientierte Übungen sowie Frage- und Gesprächstechniken angewandt. Den nachfolgenden Übersichten (vgl. Abbildung 4 und 5) ist der Ausbildungsablauf über insgesamt 250 Stunden zu entnehmen. Abbildung 4: Ausbildungskonzept – Teil I. Quelle: Braumandl & Falkenberg (2011) Wegener/Fritze/Loebbert, Coaching-Praxisfelder – Forschung und Praxis im Dialog © Springer VS, 2013 Braumandl, Amberger, Falkenberg & Kauffeld • Konzept-Coaching 78 Abbildung 5: Ausbildungskonzept – Teil II. Quelle: Braumandl & Falkenberg (2011) Teil I der Ausbildung beinhaltet neben dem Selbststudium und den Präsenzzeiten auch einen Peer-Coaching-Prozess. Das bedeutet, dass jeder Coach in der Ausbildung auch als Klient seinen eigenen Einzelcoaching-Prozess über fünf Coaching-Sitzungen durchläuft, die durch die Ausbilder supervidiert werden. Im zweiten Teil der Ausbildung arbeiten die Coachs erstmals mit einem fremden Klienten im Rahmen des Client-Coachings (fünf Einzelcoaching-Sitzungen). Das Client-Coaching wird durch Supervisoren, externe, berufserfahrene Coachs, begleitet. Zudem finden im ersten und zweiten Teil der Ausbildung Expertendiskussionen statt, in denen Fragen rund um das Thema Coaching, Karriere und Lebensplanung durch Vertreter aus Wissenschaft und Wirtschaft diskutiert werden. Forschungsfragen und -resultate Das hier beschriebene Ausbildungskonzept wurde vor der Platzierung am Coaching-Ausbildungsmarkt im Rahmen der Diplomarbeit von Biberacher (2010) evaluiert. Darin wurden drei Karriere-Coaching-Ausbildungen an den Universitäten Regensburg und Braunschweig im Zeitraum von 2008 bis 2010 untersucht. Es konnten erste Erfolge anhand der ansteigenden Zielerreichung gezeigt werden (Biberacher, Strack & Braumandl, 2011). Über jeweils fünf Messzeitpunkte wurden für die Ausbildung, das Peer- sowie Client-Coaching jeweils Prä- und Postmessungen zur Zielerreichung erhoben. Nach dem Stufenmodell (Alliger & Janak, 1989, zitiert in Kauffeld, Brennecke & Strack, 2009, S. 59) wurden die Ebene 2 im Peer-Coaching Wegener/Fritze/Loebbert, Coaching-Praxisfelder – Forschung und Praxis im Dialog © Springer VS, 2013 Braumandl, Amberger, Falkenberg & Kauffeld • Konzept-Coaching 79 (Learning) anhand der Zielerreichung der Peer-Klienten und die Ebene 3 im Client-Coaching (Behavior) anhand der Zielerreichung der fremden Klienten untersucht. Die Ergebnisse der Studie (Biberacher, 2010) zeigen gute Outcome-Effekte für die Zielerreichung um d = 2.0 und positive Zusammenhänge zwischen den Ausbildungsbestandteilen. Demografische Daten und Zielerreichung Unsere aktuellen Untersuchungen stützen sich auf eine weitaus größere Stichprobe mit Psychologie- und Pädagogikstudenten (N = 120), die zwischen den Wintersemestern 2008/2009 und 2011/2012 die Ausbildung zum Karriere-Coach an der Universität Regensburg absolvierten. Im ClientCoaching arbeiteten die Coachs mit fremden Klienten (N = 130), von denen 14 berufstätig waren. Die insgesamt 250 Probanden waren im Durchschnitt etwa 24 Jahre alt, außerdem nahmen deutlich mehr Frauen (N = 208) als Männer (N = 42) teil. Zunächst wurde der Einfluss demografischer Daten auf die Zielerreichung der höchstens drei im Coaching bearbeiteten und operationalisierten Ziele untersucht. Alter, Geschlecht und Studienfach der Coachs spielen für die Zielerreichung ihrer Klienten keine Rolle. Interessanterweise ist die Zielerreichung der berufstätigen Klienten vergleichbar mit derjenigen studentischer Klienten. Die studentischen Coachs scheinen also mit Berufstätigen genauso erfolgreich arbeiten zu können wie mit Studenten, wobei hier die kleine Teilstichprobe der Berufstätigen (N = 14) zu berücksichtigen ist. Peer- vs. Client-Coaching Weitere Untersuchungen befassten sich mit dem Vergleich von Peer- und Client-Coaching. Tatsächlich erreichten die Klienten im Client-Coaching ihre bearbeiteten Ziele signifikant besser als diejenigen im Peer-Coaching. Derzeit wird überprüft, welche Faktoren für die unterschiedliche Zielerreichung in den beiden Ausbildungsteilen verantwortlich sind. Zielerreichung der Klienten Außerdem wurde die Zielerreichung der Klienten genauer untersucht, wobei zwischen expliziten und impliziten Zielen unterschieden wurde. Explizite Ziele sind diejenigen, die der Klient selbst formuliert hat und an denen im Coaching gearbeitet wurde (höchstens drei Ziele). Darüber hinaus erfasst der »Check the Coach«-Evaluationsbogen (Bachmann et al., 2004) im Bereich »Ergebnis« auch die Wirkung von Ressourcenaktivierung, Verhaltensoptimierung und Reflexion sowie emotionale Stabilisierung. Diese Ergebnisska- Wegener/Fritze/Loebbert, Coaching-Praxisfelder – Forschung und Praxis im Dialog © Springer VS, 2013 Braumandl, Amberger, Falkenberg & Kauffeld • Konzept-Coaching 80 len wurden sinngemäß als implizite Ziele bezeichnet, da sie bei jedem Coaching eine Rolle spielen, auch wenn sie nicht explizit behandelt oder operationalisiert werden. Und tatsächlich findet sich ein Unterschied in der Erreichung der beiden Zielkategorien, wobei explizite Ziele signifikant besser erreicht wurden als implizite. Verantwortlich hierfür dürfte die Operationalisierung auf der Verhaltensebene sein, da diese nur für die expliziten Ziele erfolgte. Außerdem wurden die Ziele vom Klienten nach Priorität sortiert: Ziel eins hat für den Klienten die höchste, Ziel drei die niedrigste Wichtigkeit. Auch das spiegelt sich in der Zielerreichung sowohl im Peer- als auch im Client-Coaching wider. In Letzterem bezeichnen 93,7 Prozent ihr Ziel eins als erreicht oder eher erreicht, bei Ziel zwei sind es noch 93,5 Prozent und bei Ziel drei 91,1 Prozent Neben der Operationalisierung scheint also auch die Priorisierung der Ziele einen Einfluss auf deren Erreichung zu haben. Die Rolle der Persönlichkeit im Coaching Weitere interessante Forschungsfragen ergaben sich aus den Daten, die mittels Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeit (BIP; Hossiep & Paschen, 2003) gewonnen wurden. Unterscheiden sich Klienten und Coachs hinsichtlich ihrer Persönlichkeit? Sind bestimmte Persönlichkeitsausprägungen seitens des Coachs oder des Klienten entscheidend für den Erfolg im Coaching? Erste Untersuchungen des Client-Coachings ergaben signifikante Unterschiede zwischen Coachs und Klienten auf den BIPSkalen Leistungsmotivation, Gewissenhaftigkeit, Flexibilität, Handlungsorientierung, Sensitivität und Durchsetzungsstärke – interessanterweise weisen Coachs in allen genannten Bereichen höhere Ausprägungen auf als Klienten. Vergleicht man studentische mit berufstätigen Klienten, zeigen Letztere signifikant höhere Leistungsmotivation und Gewissenhaftigkeit. Darüber hinaus fanden sich unter den BIP-Skalen auch Prädiktoren für die Zielerreichung der im Coaching bearbeiteten expliziten Ziele. Je höher die Gestaltungsmotivation der Coachs, desto besser die Zielerreichung ihrer Klienten, wobei die Varianzaufklärung des Prädiktors mit 3,1 Prozent sehr gering ist. Auf Klientenseite scheint hohe Belastbarkeit förderlich für die Zielerreichung zu sein. Der Prädiktor klärt 6,0 Prozent der Varianz im Kriterium auf. In diesem Zusammenhang wurde auch untersucht, ob es förderlich für die Zielerreichung ist, wenn sich Coach und Klient auf den einzelnen BIPSkalen besonders ähnlich (hoher »Fit«) bzw. unähnlich sind. Dabei erwies sich ein hoher »Fit« sowohl auf der Skala Führungsmotivation (R2 = 0.043) als auch beim Selbstbewusstsein (R2 = 0.042) als förderlich für die Erreichung der bearbeiteten Ziele. Anders verhält es sich bei der Teamorientie- Wegener/Fritze/Loebbert, Coaching-Praxisfelder – Forschung und Praxis im Dialog © Springer VS, 2013 Braumandl, Amberger, Falkenberg & Kauffeld • Konzept-Coaching 81 rung: Je verschiedener die Ausprägung von Coach und Klient auf dieser Skala, desto höher die Zielerreichung (R2 = 0.037). Die Rolle des Coaching-Prozesses Der »Check the Coach«-Evaluationsbogen (Bachmann et al., 2004) erfasst neben Ergebnis und Bewertung auch Struktur- und Prozesselemente des Coachings. Dadurch lässt sich der Einfluss von weiteren interessanten Prädiktoren überprüfen. Die bisherigen Untersuchungen befassen sich mit dem Bereich »Prozess«, der folgende vier Skalen umfasst: Gleichberechtigung und Sympathie; Vertrauen, Wertschätzung und Offenheit; Prozesssicherheit des Coachs; Partizipation im Coaching-Prozess. Neben der Beziehung bewerten die Klienten also auch die Professionalität und Methodenkompetenz des Coachs sowie ihre eigenen Mitgestaltungsmöglichkeiten. Der Bereich »Prozess« klärt 31,2 Prozent der Varianz im Bereich Ergebnis (explizite und implizite Ziele) auf und hat damit die stärkste bisher identifizierte Vorhersagekraft. Sowohl in der Psychotherapie- als auch in der Coaching-Forschung wird der Beziehung zwischen Therapeut/Coach und Patient/Klient eine große Bedeutung für den Erfolg einer Intervention zugeschrieben. Deshalb wurde der Einfluss der ersten beiden Prozessskalen auf den Bereich »Ergebnis« auch getrennt untersucht. Die Varianzaufklärung beträgt 7,4 Prozent und liegt damit deutlich unter den 31,2 Prozent des gesamten Prozessbereichs. Die Beziehung scheint deshalb eine vergleichsweise untergeordnete Rolle zu spielen, während neben der Partizipation im Coaching-Prozess die Prozesssicherheit des Coachs im Vordergrund steht – also das, was der Coach in der Ausbildung gelernt hat. Ausblick Inwiefern sich diese vorläufigen Hypothesen und Erkenntnisse bestätigen, werden weitere Untersuchungen zeigen. Bisher wurden lediglich einzelne Prädiktoren isoliert voneinander auf ihren Einfluss geprüft, ohne dass dabei Zusammenhänge zwischen ihnen berücksichtigt wurden. Folgeuntersuchungen, in denen die Wirkfaktoren gemeinsam in einem Modell betrachtet werden, werden genauere Aussagen über deren Beitrag ermöglichen. Derzeit befassen sich sowohl Isabell Braumandl in ihrem Dissertationsvorhaben (TU Braunschweig) als auch Benedikt Amberger in seiner Bachelorarbeit (Universität Regensburg) mit dieser Thematik. Erste Auswertungen deuten darauf hin, dass die Persönlichkeitseigenschaften von Coach und Klient lediglich eine untergeordnete Rolle für die Zielerreichung spielen. Dagegen Wegener/Fritze/Loebbert, Coaching-Praxisfelder – Forschung und Praxis im Dialog © Springer VS, 2013 Braumandl, Amberger, Falkenberg & Kauffeld • Konzept-Coaching 82 scheinen Struktur- und Prozesselemente diese zu einem beachtlichen Teil vorhersagen zu können. Literatur Bachmann, T., Jansen, A., & Mäthner, E. (2004). Check-the-Coach. Standardisierter Fragebogen zur Evaluation von Einzel-Coaching-Prozessen. www.artop.de/5000_Archiv/5000_PDF_und_Material/Check_the_Coach.pdf [10.1.2013]. Biberacher, L. (2010). Evaluation einer Coachingausbildung. Zielerreichung, Zieleigenschaften und interpersoneller Stil in der dyadischen Coachingbeziehung. Diplomarbeit, Universität Regensburg. Biberacher, L., Strack, M., & Braumandl, I. (2011). Coaching von Studierenden für Studierende: Evaluation einer Ausbildung zum Karriere-Coach. Wirtschaftspsychologie aktuell, (3), 50–53. Braumandl, I., & Dirscherl, B. (2005). Ausbildungskonzept Karriere-Coaching. Unveröffentlichte Seminarunterlagen. Braumandl, I., & Falkenberg, F. (2011). Ausbildungskonzept Coach für Karriere- und Lebensplanung (CoBeCe). Unveröffentlichte Seminarunterlagen. Falkenberg, F., & Braumandl, I. (2012). Die Ausbildung zum Coach für Karriere- und Lebensplanung (CoBeCe) – Konzeptcoaching als Tool zur Gesprächsführung in Unternehmen. In: H. Eckert (Hrsg.) (2012), Wirtschaftsrhetorik. München: Reinhardt. Grant, A. M., & Cavanagh, M. J. (2007). Evidence-based coaching: Flourishing or languishing? Australian Psychologist, 42(4), 239–254. Greif, S. (2008). Coaching und ergebnisorientierte Selbstreflexion. Theorie, Forschung und Praxis des Einzel- und Gruppencoachings. Göttingen: Hogrefe. Hossiep, R., & Paschen, N. (2003). BIP: Das Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung. Göttingen: Hogrefe. Kauffeld, S., Brennecke, J., & Strack, M. (2009). Erfolge sichtbar machen: Das Maßnahmen-Erfolgs-Inventar (MEI) zur Bewertung von Trainings. In: S. Kauffeld, S. Grote & E. Frieling (Hrsg.), Handbuch Kompetenzentwicklung. Stuttgart: Schäffer-Poeschel. Locke, E. A., & Latham, G. P. (2002). Building a practically useful theory of goal setting and task motivation: A 35-year Odyssey. American Psychologist, 57(9). Locke, E. A., & Latham, G. P. (1990). Work motivation: The high performance cycle. In: U. Kleinbeck, H.-H. Quast, H. Therry & H. Häcker (eds.), Work motivation (pp. 3–26). Hillsdale NJ: Erlbaum. Rosenstiel, L. v. (2009). Führung durch Motivation (4. Auflage). München: Vahlen. Weisweiler, S. (2008). Der Einfluss von Individuum, Trainingsmaßnahme und Umfeld – eine Untersuchung zum Transferprozess in der Weiterbildung. Diss., Universität Regensburg. Wegener/Fritze/Loebbert, Coaching-Praxisfelder – Forschung und Praxis im Dialog © Springer VS, 2013 Braumandl, Amberger, Falkenberg & Kauffeld • Konzept-Coaching 83 Anschrift der Verfasserinnen und Verfasser Isabell Braumandl, Dipl.-Psych., Dipl.-Ök. E-Mail: [email protected], [email protected] Benedikt Amberger, Stud. Psych. E-Mail: [email protected] Florian Falkenberg, Dipl.-Päd., M.A. E-Mail: [email protected] Simone Kauffeld, Dipl.-Psych., Dr. rer. nat., Prof. E-Mail: [email protected] Wegener/Fritze/Loebbert, Coaching-Praxisfelder – Forschung und Praxis im Dialog © Springer VS, 2013