Athen - Sylvia M. Sedlnitzky

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Athen - Sylvia M. Sedlnitzky
VON
TravelStory
Tempel der Lebensfreude
ATHEN
von SYLVIA M. SEDLNITZKY
Wer an Athen denkt, vermutet oft nur Staub, Hitze, die unsympathischsten Taxifahrer
Europas und Studentenkrawalle. Zu allem Überdruss ist die Hellas-Hauptstadt mit ihrem
Schuldenberg vor kurzem auch noch zum absoluten Schlusslicht aller EU-Hauptstädte
erklärt worden. Und doch hat sie seit ihrer Generalüberholung anlässlich der Olympiade
einiges mehr zu bieten als Akropolis und Bouzouki-Musik. Man muss nur genauer
hinschauen ...
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VON Magazine 2/2010
S
amstag ist Markttag. So wie überall auf der Welt auch hier
in Athen. Doch zwischen der vielbefahrenen AthinasStraße zwischen dem Omonia-Platz und Monastiraki
scheint das Treiben besonders bunt. Wir schließen uns alsbald
den laut schwatzenden Athenern beim Honig- oder Olivenölkauf
an, um anschließend einen Kafe elliniko mit den hier allerorts beliebten Koulourákia-Sesamkringeln im Cafe Mokka, dem Zentrum griechischer Kaffeekultur, zu nehmen. Von dort können wir
wunderbar die Händler beobachten wie sie in ihren kleinen Läden
gegenüber der alten Markthalle bildschön drapierte Schweinehaxen, Lammkeulen, XL-Oktopusse und frischen Fisch aus der
Ägäis feilbieten. Draußen braust der Verkehr vorbei und Motorräder knattern um die Wette. Kaum zu glauben, dass hier schon
seit geraumer Zeit der Verkehr drastisch minimiert und Fußgängerzonen geschaffen wurden und dass es eine U-Bahn gibt, die
immerhin bis zum Flughafen und nach Piräus geht. In den warmen Monaten sind nämlich trotzdem sämtliche Straßen hoffnungslos überfüllt und was die Menschenmassen betrifft, werden
diese wohl nur noch rund um die berühmteste Attraktion, der
Akropolis, übertroffen. Aber auch das Kloster Daphni, der Tempel des Zeus und das Nationalmuseum, wo der Goldschatz von
Mykene mit der legendären Totenmaske zu bewundern ist, ziehen zahlreiche Besucher an. Ohne guten Führer hat die Akropolis mit ihren Marmorruinen jedenfalls fast das Flair einer
Baustelle. Einige Säulen sind hier immer eingerüstet, denn seit
Jahren wird an der Restaurierung und dem teilweisen Wiederaufbau gearbeitet - teils mit öffentlichen, teils mit privaten Fördergeldern. Trotzdem gibt es kaum eine Tageszeit hier oben, wo
es nicht von Touristen aus aller Welt wuselt. Gottseidank verbindet nun eine Fußgängerzone den Akropolis-Berg mit dem ZeusTempel und der Agora, dem Marktplatz. Denn eigentlich ist Athen
eine urlauberfreundliche Stadt, da fast alle Museen und Sehenswürdigkeiten gut zu Fuß zu absolvieren sind.
Vom Ausgang der Akropolis führt uns der Weg rechterhand direkt in die Plaka, einen liebenswerten aber gleichzeitig sehr touristischen Teil der vibrierenden Metropole, mit seinem malerischen Gassenlabyrinth und seinen weißgetünchten Schachtelhäusern, deren Souvenirläden zumeist billige Massenware anbieten.
Das Herz der jungen Metropole schlägt neuerdings in Gazi. Auf
einer Fläche von 30.000 Quadratmeter beherbergt es das „Technopolis“, ein Industriemuseum und einige Restaurants und Bars.
Die ehemalige Gasfabrik wurde komplett erhalten und verleiht
„Technopolis“ so den Charme einer echten Kulturfabrik, in der
das Beste von heute zu sehen ist. Hier wird einem vor Augen geführt, dass die Stadt gekonnt den Bogen von der Antike bis heute
spannen konnte. Und wer die Gelegenheit nicht wahrnimmt, um
dort zu flanieren, lernt das neue Athen nicht wirklich kennen.
Die Mischung aus Antike und Moderne lässt sich jedoch am allerbesten im brandneuen Akropolis-Museum erspüren und ist für
jeden Besucher ebenfalls ein Muss, da es alle Stückeln in Sachen
modernes Museum spielt. Die Pläne für den neuen Image-Bau,
dessen transparente Glasböden auf die darunterliegende antike
Stadt verweisen, stammen vom renommierten Schweizer Architekten Bernard Tschumi und heute schon gilt das Museum als
technisches und architektonisches Meisterwerk. In einem leicht
überlappenden, rundum verglasten, rechteckigen Baukörper wurden im letzten Stock exakt die Maße, des von hier aus sichtbaren
Pantheon-Tempels oben auf der Akropolis, aufgenommen. Damit
die Besucher aber auch den richtigen Blickwinkel zum Original
haben, wurde die gesamte letzte Ebene selbst in die richtige Perspektive gesetzt. Dort werden unter anderem echte KalksteinExponate des Parthenons gezeigt, aber auch jene Kopien, deren
Originale noch immer im British Museum in London ausgestellt
sind. Die Kulturszene Athens ist jedoch felsenfest davon überzeugt, dass das Britische Empire den skulpturalen Schmuck noch
Akropolis-Museum
Akropolis-Museum
Akropolis-Museum
VON Magazine 2/2010
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estaurant Dionysos
otel Grande Bretagne
nmal herausrücken wird. In aller Ruhe können wir dessen ungeachtet den freien
ick auf die Akropolis schweifen lassen, die dort gefundenen Kunstschätze beutachten und am Parthenon-Fries die Entstehungsgeschichte Athens bzw. die
amiliengeschichte von Göttin Athene studieren. Warum sich die Regierung mit
esem wirklich atemberaubenden Museum mehr als 30 Jahre Zeit gelassen hat,
t uns unverständlich!
ie Stadt selbst hat überdies dem Kolonaki-Viertel ein modernes Gesicht verehen und heute bekommen in Athen nicht nur Altertumsforscher glänzende
ugen: Schicke Cafés, Clubs, Restaurants, Galerien und ein paar Department
ores drängeln sich zwischen dem mit klassizistischen Stadtpalästen gehmückten Vassilissis Sofia Boulevard und dem Likavittos-Hügel. Rund um
n Kolonaki-Platz liegt das ehemalige Botschaftsviertel mit seinen Edelboutiuen und Cafés – Treffpunkt der Upper Class, die die piekfeinen Ouzerien beölkern und junger Leuten, die sich an den Plätzen rund um die Tavernen schan. In der luxuriösen Einkaufsstraße Voukourestiou und ihren Nebengassen
eich in Hotelnähe befinden sich Athens beste Juweliere, Designerboutiquen,
elikatessenläden und moderne Kaffeebars, in denen man auch im Winter draun sitzen kann. Wer nicht arbeiten muss, begibt sich hierher zum volta, der grieischen Art des exquisiten Flanierens. Jedenfalls ist in Kolonaki von euroischem Schlusslicht absolut gar nix zu merken! Und mit diesem Ausgeh-Übergebot wirkt die Stadt geradezu sexy. Britische Trendmagazine reihten die Fünfillionen-City sogar unter die angesagtesten europäischen Städte. Die Griechen
aben ihre größten Leidenschaften Essen und ein exzessives Party-Leben auf
den Fall in die neuen alten Viertel getragen. Selbst unterhalb der Akropolis
immelt es nur so von traditionellen Tavernen, die klassische griechische Gechte wie souvlaki und choriatiki salata, also griechischen Bauernsalat, servien.
er bei griechischer Küche aber nur an fetttriefende moussakás oder stifado
nkt, kann in Athen inzwischen angenehme Überraschungen erleben: Das eheals extrem touristische Restaurant Dionysos mit seinem unglaublichen Blick
auf die Akropolis hat nun einen neuen Besitzer und erstrahlt nicht nur in superchicem Design. Der aus dem Fernsehen über die Lande hinaus berühmte Koch
Michael Ntounetas interpretiert hier traditionelle Speisen modern und serviert
sie in kreativer Zusammenstellung, die nicht nur dem Auge Freude bereiten. Die
Griechen essen jedoch erst spät und deshalb sind die meisten Restaurants bis
nach Mitternacht geöffnet. Für einfache Fischgerichte und people watching wählt
man im Sommer am besten eine der vielen Tavernen rund um den Hafen von
Microlimano oder das Aristeria Dexia in Gazi. Danach geht’s zur Küstenstraße
Poseidonos, an der nicht nur der Blick über den Sardonischen Golf entzückt,
sondern vor allem unzählige Türen in hippe Clubs führen. Fast könnte man sich
dann an der Côte d’Azur wähnen, in dieser Kombination aus Metropole und Mittelmeer-Refugium.
Wer sich einen guten Überblick von der Stadt verschaffen will, fährt mit der Lykabettos-Bergbahn auf Athens höchsten Gipfel. Angenehme Temperaturen herrschen dort und der Panoramablick streift bei gutem, smogfreien Wetter Hafen,
Meer und tausende bunte Dächer. Ja, Athen kann wirklich richtig schön sein!
Auch das noble Wohnviertel Ecali, wo der gleichnamige Privatclub seine Pforten nur für die reichsten Griechen öffnet, liegt ganz im Norden der Stadt. Dort
ist es im Sommer ebenfalls schön kühl und manchmal weht dort eine angenehme
Brise.
Auch das erste Hotel der Stadt, das Grande Bretagne, kann locker mit den besten europäischen Grandhotels mithalten. Vor über 130 Jahren eröffnete der ehemalige Küchenjunge Efstathios Lampsas das viktorianische Herrenhaus. Es stand
sogar schon da, als am Fuß der Akropolis noch Bauernhäuser lagen und als den
schmucklosen Platz vor dem königlichen Palast nur vereinzelte Häuser flankierten. Heute schlägt hier das Herz der Stadt. Der Name Grande Bretagne (zu
deutsch Großbritannien) wurde mit Bedacht gewählt. Viele Briten suchten nämlich damals eine angemessene Unterkunft in der griechischen Metropole und bevorzugten die französische Übersetzung, weil es die Sprache war, in der damals
auf hohem gesellschaftlichen Niveau kommuniziert wurde und den exklusiven
Lebensstil von Städten wie London und Paris widerspiegelte. Das beeindruckende Gebäude mit 90 Zimmern bildete einst den Grundstock des heutigen Hotels und wurde schnell zur ersten Adresse Athens. Von den Balkonen aus können
die Gäste hinüber zum Parlament blicken, das nur einen Speerwurf weit entfernt
ist. Das Grande Bretagne ist deshalb heute auch das Gästehaus der Regierung.
Einige Tage lang war es sogar ihr Sitz: Nach dem Fall der Junta regierte der aus
dem Exil heimkehrende Konstantinos Karamanlis das Land vom 5. Stock des
Hotels aus. Auch Winston Churchill war in seinen glorreichsten Zeiten ein absoluter Fan vom Grand Bretagne. Das damals beinahe marmorlose, schlichte
Etablissement war freilich schon in den Zwanzigern ein beliebter Treffpunkt für
Politiker, Intellektuelle und Journalisten aus aller Welt. Natürlich könnte so ein
Hotel weiß Gott welche Geschichten erzählen – von Heinrich Böll, Sophia
Loren, Ingrid Bergman, der Callas oder Bruce Springsteen und David Bowie.
Doch ein echtes Grandhotel verwehrt sich selbstredend aller Klatschgeschichten.
Anlässlich der Olympischen Spiele ist das zur Starwood-Gruppe gehörende Haus
mit seinen heutigen 262 Zimmern und 59 Suiten für fast 100 Millionen Dollar
restauriert worden. In der Lobby dominieren riesigen Gemälde in barocken Rahmen und dorische Säulen, die eine himmelhohe, weiße Kassettendecke tragen.
Dazwischen thront ein prächtiger Diwan auf glänzenden Marmormosaiken und
einem leuchtenden Orientteppich. Auch die Zimmer wirken feudal-elegant, aber
doch so geschmackvoll abgespeckt, um eine antike Überladung zu vermeiden:
Über unserem Himmelbett ist ein champagnerfarbener Brokatüberwurf gebreitet, die klassizistischen Möbel und Kristalllüster kommen von Christie’s und
Sotheby’s und die üppig drapierten Vorhänge verleihen unserem Quartier eine
wirklich warme Atmosphäre. Einige Zimmer haben sogar Balkone, die über eine
Aussicht auf die Akropolis verfügen – das sind jene, die man unbedingt buchen
sollte. Wenn nicht, dann kann man indessen immer noch vom Dach-Restaurant
einen Blick auf das Athener Wahrzeichen werfen. Dort und sogar einen Stock darunter am Freiluftschwimmbad liegt einem die Stadt der Antike so richtig zu
Füßen.
VON Magazine 2/2010
Hotel Grande Bretagne
Hotel Grande Bretagne
Herudium Theatre
VON Magazine 2/2010
Hotel Grande Bretagne
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Sylvias beste Athen-Tipps:
Hotel Grande Bretagne – Constitution Square, Athen, 10563;
T: +30/210/3330 000 www.grandebretagne.gr
Das Fünfsterne-Hotel wurde gerade von Condé Nast Magazine
unter die Top 500 Hotels weltweit eingereiht und gilt mit seiner
130-jährigen Geschichte als Griechenlands Vorzeige-Grandhotel,
das mit dem „Alexanders“ auch eine der besten Bars der Welt besitzt; absolut zentral gelegen, die meisten Zimmer haben einen
schönen Ausblick auf die Akropolis; auf 1.000 Quadratmetern –
ganz in Marmor – widmet sich ein ESPA Team mit aromatherapeutischen Treatments dem ganzen Körper, luftiges Abtauchen
ermöglichen ein Indoor Pool und der Außenpool auf der Dachterrasse im 7. Stock mit traumhaftem Ausblick.
Jimmy & the Fish – Akti Koumoundourou 46; T: 210/4124 417
Nettes Fischrestaurant im Hafen von Micromilano.
Aiolou Street
Papadakis – Voukourestiou 47; T: 210/3608 621
Modern-klassisches Restaurant mit herrlichen Fisch- und Gemüsegerichten, Best of Kolonaki!
Galaxy Bar – im Hotel Hilton
Chillout Lounge mit tollem Ausblick.
Zonars – Boukourestiou, Athinai; T: 210/3211 182
Erstes Kaffeehaus der Stadt mit angrenzender Patisserie, die einen
Besuch wert ist.
Varoulko –78 Piraios Street; T: 210/5228 400
Darauf sind die Athener besonders stolz: Athens einziges Restaurant mit einem Michelinstern.
Dionysos – 43 Robertou Galli Street; T: 210/9233 182
Hier speisen Premierminister und Politiker, der Klassiker wurde
neu übernommen und zählt nun zum Besten was Athen zu bieten
hat, Traumblick auf die Akropolis.
Villa Mercedes – Andronikou & Tzaferi 11
Angesagte Bar für Athener Nightlife mit Terrasse und DJ-Sound;
Carouzo Sketch – 14, Patriarhou Ioakim Street, Kolonaki
Avantgardistische Designermode von John Varvatos bis
Neil Barett.
Masthia Shop – Panepistimiou 6
In unmittelbarer Nähe zum Hotel befindet sich ein hübsch gestylter Laden mit vielen Mitbringseln aus Mastika – dem berühmten Harz aus Griechenland.
Athina
Cafe Mokka – Athinas 44; T: 210/3216 892
Direkt neben der Markthalle mit angeschlossener Kaffeerösterei
und Kaffeebohnen zum Mitnehmen!
Aristeria Dexia – Andronikou 3; T: 210/3422 380
„The Place to be“ in Gazi, internationale Gerichte von Sushi bis
Spaghetti.
Technopolis Gazi
Palaia Vouli
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VON Magazine 2/2010
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