Deutschland sucht die

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Deutschland sucht die
Juli 2008
pwc:
Das Magazin für Vorausdenker
Bilanzrecht in Bewegung
Was Unternehmer von der BilMoG-Reform erwarten
Kanada im Klimawandel
Wie das Land dadurch noch attraktiver wird
Fotografie im Foyer
Warum Unternehmen Kunst sammeln
Deutschland
sucht die ...
Warum es mehr Wettbewerb unter den
deutschen Regionen geben müsste – und
worin sie sich heute schon unterscheiden
pwc: Editorial
pwc: Inhalt
Titel
Märkte
Wissen
Lösungen
Hans Wagener, Vorstandssprecher von
PricewaterhouseCoopers
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
vielleicht wundern Sie sich, dass wir uns in dieser Ausgabe den deutschen Regionen widmen. Aber trotz Globalisierung der Wirtschaft, trotz
Europäisierung der Politik sind die auf dem Vormarsch: 120 Metropolregionen verzeichnet Europa, zwölf Deutschland. Es gibt mittlerweile
kaum eine Stadt, die nicht damit wirbt, besonders dynamisch zu sein;
kaum einen Ballungsraum, der nicht seine hervorragende Infrastruktur
und herausragende Universitätslandschaft anpreist; kaum einen Kreis,
der sich nicht als Technologie- oder Wissensstandort vermarktet. Einige
aus unserer Sicht besonders bemerkenswerte Regionen stellen wir Ihnen in dieser Ausgabe vor. Doch die Superregion, nach der wir gesucht
haben, die haben wir nicht gefunden. Denn so sehr die Regionen um
Unverwechselbarkeit bemüht sind – so mangelt es ihnen in Deutschland an echtem Wettbewerb. Dass es den nur eingeschränkt gibt, liegt
Die Deutschlandregion
Wer in Deutschland eine Superregion sucht,
wird sie nicht finden. Auch deshalb, weil es
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echten Wettbewerb nicht gibt. Deutschland sucht die Superregion
Sieben kleine Kandidaten: Aachen, Aschaffenburg, Freudenberg-Beiersdorf, Karlsruhe,
Leipzig, Potsdam, Wolfsburg.
Seite 8
Interview: Thomas Straubhaar
Warum der Einfluss der Regionen wächst –
und warum sie untereinander mehr steuerlichen Wettbewerb brauchen. Seite 14
Trends Märkte Seite 16
Das Ende der Eiszeit
Wie Kanada vom Klimawandel profitiert,
weil es neue Zugänge zu Rohstoffen und
Seite 18
zum Polarmeer gewinnt.
Interview: Ed Niewinski
Warum es den deutschen Magnethersteller
Seite 21
Thomas nach Kanada zieht.
Die Anruf-Beantworter
Die Callcenter-Branche boomt, weil Unternehmen ihren Kundenservice verbessern
wollen. Worauf sie achten müssen. Seite 22
Ab in die Mitte
Private-Equity-Investoren können heute nur
noch kleine Brötchen backen – aber das
bevorzugt in Deutschland. Seite 26
Trends Wissen
Seite 28
Warten auf BilMoG
Was der Mittelstand vom Bilanzrechts-
modernisierungsgesetz erwartet – und
was er befürchtet.
Seite 30
Trends Lösungen Seite 40
Schöne stille Reserven
Was bringt es Unternehmen, Kunst zu sammeln? Viel! Wenn sie es mit Leidenschaft
und Professionalität betreiben.
Seite 42
an dem fehlenden dezentralen Steuersystem – das meint der Schweizer
Professor Thomas Straubhaar, seit 2005 Direktor des Hamburgischen
Weltwirtschaftsinstitutes. Zu einer Superregion, oder besser: einem Superland, könnte Kanada werden. Denn das nordamerikanische Land
gehört zu den Klimawandel-Profiteuren. Die Arktis schmilzt und das erleichtert den Zugang zu Öl, Diamanten und weiteren wertvollen Roh-
Gleiche Regeln für alle?
Gutes Compliance Management gibt es
nicht von der Stange. Wie Unternehmen
herausfinden, was zu ihnen passt. Seite 34
Kolumne: Klaus Kocks
Warum sich Manager zu Recht
um ihr Image Sorgen machen. Seite 37
Der Naturversteher
Der Bioniker Peter Fratzl erforscht die
Gesetze der Natur und will damit
Nutzen schaffen.
Seite 38
Kolossaler Aufwand
Wie die Erstellung von Anhängen nach
IFRS erheblich einfacher wird.
Seite 48
stoffreserven. Apropos Reserven: Still finden sie sich in jeder Bilanz,
Der Wohlfühlfaktor
Kaum ein Unternehmen erhält von seinen
Mitarbeitern so gute Noten wie ­Boehringer
Ingelheim. Warum eigentlich?
Seite 50
sammlungen auf. Doch das will gelernt sein, hat unsere pwc:-Autorin
Interview: Walter Jochmann
Der Chef von Kienbaum Management Consultants erklärt, was Mitarbeiter bei ihren
Seite 53
Arbeitgebern hält.
schön und still nicht immer – als Kunstwerke. Immer mehr Unternehmen
widmen sich dem Corporate Collecting und bauen systematisch Kunstbei ihren Recherchen festgestellt. Viel Neues müssen auch all diejenigen
lernen, die sich mit Bilanzen nach dem HGB beschäftigen. Das BilMoG
kommt - soviel ist sicher. Und auch wenn das Gesetz noch nicht verabschiedet ist, so stehen mit dem Regierungsentwurf grundlegende Änderungen des HGB bereits fest. Einige Unternehmer haben uns erzählt,
was sie von dieser Reform erwarten, erhoffen und befürchten.“
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Lesen!
Publikationen
Impressum
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Hans Wagener
pwc: | juli 2008
pwc: | juli 2008
pwc: Titel
Die Deutschlandregion
Deutschland ist ein vielseitiger Standort mit attraktiven Städten und Ländern –
doch wer die Superregion sucht, wird sie nicht finden. Woran liegt das?
Von Peter Littger
Deutschland ist schön, sagt der britische
haben die deutschen Regionen in der Re-
Investor Dr. John Mills und denkt an die
alität? Und: Gibt es in Deutschland eine
beschreiben. Die unverwechselbar ambivalente Standortformel „arm und sexy“, mit
Subventionen, die ihm zufließen werden.
Super­region, die besonders einzigartig, un-
der Klaus Wowereit vor vier Jahren Berlin
Noch in diesem Sommer wird sein High-
verwechselbar und wettbewerbsfähig ist?
beschrieb, beweist außerdem: Eine selbstbewusste Region darf auch polarisieren.
tech-Unternehmen in Dresden mit der Pro-
In ihren Selbstdarstellungen antworten die
duktion von Kunststoffmonitoren beginnen,
Regionen auf diese Fragen oft ähnlich und
die sich biegen lassen wie Papier. Die Plas-
verwechselbar: So werben viele mit Nah­
Jenseits des Marketings lassen sich die
tic Logic GmbH verfügt über Risikokapital
erholung oder Verkehrsanbindung – als
Vorzüge einer Region in vier Kategorien fas-
von 75 Millionen Euro. Wenn das E-Paper
wären das herausragende Merkmale in
sen: geografische Eigenschaften und kultu-
Erfolg hat, würden in der Region hochwer-
relle Prägung, Infrastruktur und Wirtschafts-
tige Arbeitsplätze und Aufträge für viele Zu-
Deutschland. Für Uli Mayer-Johanssen, Vorstand der Markenagentur Metadesign, ist
politik. Das bedeutet: Es gibt viele weiche,
lieferer entstehen. Es wäre ein Coup für die
Standortmarketing nur dann aussagekräftig,
einige mittelharte und ein paar ganz harte
sächsische Landesregierung – ein Leucht-
wenn es „den wahren regionalen Charakter
Kriterien – die Entscheidung, eine Regi-
turmprojekt, auf das sie stolz sein könnte.
und echte Besonderheiten ehrlich, selbst-
on der anderen vorzuziehen, ist immer ein
Doch wie viel sich Sachsen die Ansiedlung
kosten lässt, ist geheim. Offiziell wurde angedeutet, dass der Staat die Produktionsstätte zur Verfügung stellen werde.
„Standortentscheidungen sind in Deutschland
häufig geprägt von Geschmacksurteilen.“
Ulrike Handtke, Abteilungsleiterin der Ansiedlungsagentur Invest in Germany
Wie nie zuvor in der Geschichte konkurrieren Nationen, Regionen und Städte über
bewusst und sinnlich kommuniziert“. Ein
Mix aus allem: Wie groß ist der Freizeit-
die Kontinente hinweg um Investoren und
gutes Beispiel liefert die Stadt Essen, die
wert? Wie ist das Klima? Wie setzt sich die
Fachkräfte. Und um konsumfreudige Tou-
sich als „Konzernstadt“ mit „einer Ballung
Bevölkerung zusammen, welche Mentalität
risten. Jede Region will sich in der heutigen
von Hauptzentralen“ verkauft und zugleich
hat sie? Gibt es einen Flughafen, Branchen-
Karawanenökonomie bestmöglich positio-
als „wandlungsfähige Metropole im größten
Cluster und die erforderlichen Arbeitskräfte?
nieren. Standortpolitik genießt überall hohe
Ballungsraum Europas nach London und
Bietet die Wirtschaftsförderung Finanzhilfen,
Priorität, Standortmarketing ist vielerorts
Paris“. Damit stellt Essen seine Einzigartigkeit besser heraus als Hamburg, Frankfurt
Steuervorteile oder finanziert sie ein Gebäude, so wie offenbar für Plastic Logic?
oder München, die sich jeweils wörtlich als
Während für Arbeitnehmer die weichen
„eine der dynamischsten Regionen Europas“
Faktoren eines Arbeitsortes oft interes-
zu einem gewichtigen Haushaltsposten geworden. Die Aufgabe ist so umfassend wie
auf der Website der Wirtschaftsförderung
sante Vorteile bieten, entscheiden Investo-
von München beschrieben: „Wir positionieren und präsentieren München als füh-
ren eher nach harten wirtschaftlichen Kri-
renden Wirtschaftsraum auf lokaler, regio-
terien. Ulrike Handtke­, Abteilungsleiterin
naler, nationaler und internationaler Ebene.“
pwc: | juli 2008
Die deutschen Metropolregionen
Selbst kleine Gemeinden haben sich den
Angaben in Mio. Einwohner (2004)
Slogan „Think global, act local“ gewisser-
Berlin-Brandenburg
5,96
der Ansiedlungsagentur­ Invest in Germany,
berichtet allerdings, dass auch Investo­ren
häufig ihren Geschmack über einen Standort entscheiden lassen: „Der subjektive
maßen aufs Stadtwappen geschrieben –
Bremen-Oldenburg
2,37
als wollten sie sagen: Die Welt verändert
Frankfurt-Rhein-Main
5,29
Faktor ist groß.“ Handtke führt das darauf
sich, und wir passen uns an.
Hamburg
4,25
zurück, „dass es die eindeutige Topregi-
Prof. Dr. Ingo Balderjahn, Experte für An-
Hannover-Braunschweig-Göttingen
3,94
on nicht gibt“. Bernd Papenstein, Finanzie-
siedlungswettbewerb an der Universität
München
2,53
rungsberater bei ­PricewaterhouseCoopers
Potsdam, erklärt, jede Region sei eine „vir-
Nürnberg
2,50
(PwC), bestätigt das: „Deutschland ist ein
tuelle Unternehmung“ und ein „Leistungs-
Rhein-Neckar
2,36
großer Standort mit vielen attraktiven Ecken.
anbieter“ mit einem „einzigartigen, unver-
Rhein-Ruhr
wechselbaren und wettbewerbsfähigen
11,51
Für jeden Investoren ist etwas dabei.“ Für
Sachsendreieck
3,52
Image und Profil“. So weit die Theorie.
Stuttgart
4,66
wirklich jeden?
Die Geschichte Deutschlands war immer
Doch welches Image und welches Profil
Quelle: MKRO
pwc: | juli 2008
eine Geschichte der Regionen – zahlreicher
pwc: Titel
„Für echten und fairen Wettbewerb der Regionen
brauchen wir transparente Förderbedingungen.“
und reicher Kulturregionen. Sie prägen bis
heute die Vielfalt des Landes, das mit 130
Hans-Olaf Henkel, Seniorberater der Bank of America und früherer Präsident des BDI
„Transparenz“ fordert deshalb Hans-Olaf
Zehn grenzübergreifende Europaregionen*
in auffälliger Gegensätzlichkeit – und ver-
Region
Länder
hindern echten Regionenwettbewerb.“ Die
Henkel, Seniorberater der Bank of Ameri-
selber festsetzen können. „Das würde die
Ursache dafür liege in der „Gleichheit der
ca. „Was heute verdeckt passiert, muss ein
Verantwortung nach unten verlagern – dort-
Lebensverhältnisse“, ein Leitgedanke im
offener Wettbewerb werden“, sagt er. Vieles
hin, wo die Entscheidungen fallen“, erklärt
und Kommunen die Besteuerung stärker
öffentlichen Orchestern und mehr als 6.000
Fehmarnbelt
Museen selbst in der Provinz noch viel zu
Deutschland, Dänemark
Euregio Watteninseln
bieten hat. Dennoch hält sich die „kreative
Deutschland, Dänemark, Niederlande
Euregio Maas-Rhein
Deutschland, Niederlande, Belgien
deutschen Föderalismus. Tatsächlich stellt
wäre leichter, würde es verlässliche, aber
der Ökonom Straubhaar. Auch der jüngste
Klasse“ am meisten in München und Stuttgart auf, gefolgt von Hamburg, Frankfurt,
Euregio SaarLorLuxRhein
Deutschland, Frankreich, Belgien, Luxemburg
Deutschland, Schweiz, Frankreich
durchaus divergierende Regeln geben. Unter diesen Umständen wäre auch bekannt,
OECD-Bericht über die wirtschaftliche Lage
Regio TriRhena
das, was sozialpolitisch vielleicht wünschenswert ist – dass es allen gleich gut
(oder schlecht) geht – eine problematische
zu welchen Konditionen Plastic Logic nach
Steuerautonomie der Länder“. Damit wäre
die regionale Steuerverantwortung wiederhergestellt, die bis 1920 galt. Dass in Ost-
Berlin und Köln. Das ergab eine 2008 von
Euregio Bodensee
Roland Berger und der „Frankfurter Allge-
Deutschland, Schweiz, Liechtenstein, Österreich
Euregio Inntal
Deutschland, Österreich
Prämisse für den Regionenwettbewerb
Dresden gekommen ist – und für andere
Risikokapitalgeber wäre es leichter, zu den
in Deutschland empfiehlt „eine Stärkung der
meinen Zeitung“ veröffentlichte Studie. Sie
Euroregion Erzgebirge
Deutschland, Tschechien
dar. Denn genau genommen darf es keinen
basiert auf der Theorie des Wirtschafts­
Euroregion Pro Europa Viadrina
Deutschland, Polen
Euroregion Pomerania
Deutschland, Polen, Schweden
Wettbewerb geben, wenn dadurch ungleiche Lebensverhältnisse entstehen. So hat
gleichen Bedingungen zu folgen.
David Audretsch, Wirtschaftswissenschaft­
deutschland häufig der geringstmögliche
wissenschaftlers Richard Florida, der die
auch der Subventionsbericht der Bundes­
ler am Max-Planck-Institut in Jena, hält es
Henkel als Indiz, dass die Kommunen bereit
letztendlich Wachstum verantwortlich
regierung den Auftrag „Abbau regionaler
für notwendig, gerade solche Investoren
sind für einen Steuerwettbewerb.
macht als jedes andere Milieu. Er hat herausgefunden, dass für diese Leistungselite
Disparitäten“. Allerdings komme höchstens
systematischer anzuwerben. Audretsch hat
davon, dass sowohl die Qualität als auch
sind“. Viele Formen der Kooperationen sind
der Zugang zum Bildungssystem von vielen
möglich – praktiziert werden immer häufiger
ein Fünftel der Subventionen als Investition in den Regionen an, schätzt Dr. Alfred
herausgefunden, dass vor allem Risikokapital Regionen mittelfristig zu stabilem
Gibt es also die Superregion? Eine, die be-
besonders die Orte attraktiv sind, die sich
durch exzellente Ausbildungsmöglichkeiten,
Seiten kritisiert wird. Der Arbeitsmarkt teilt
gemeinsame Verkehrsnetze, Verwaltungs-
Boss, Subventionsexperte am Kieler Institut
Wachstum verhilft, Deutschland damit je-
wettbewerbsfähig ist? Nein, lautet die Ant-
ein breites Technologieangebot und ein hohes Maß an gesellschaftlicher Toleranz ge-
sich auf in drei Gruppen: akademische Eliten, branchenspezifische Spezialisten und
einrichtungen oder Ausbildungsstätten. Es
für Weltwirtschaft (IfW). Außerdem bleibt es
doch unterdurchschnittlich versorgt ist. „Es
wort, selbst wenn man München nennen
gibt elf deutsche Metropolregionen. Außer-
meist ein Geheimnis, welche Unternehmen
ist wichtig, Anreize zu schaffen, um diese
mag – die Stadt ist in allen Kategorien her-
„Creative Class“ für mehr Innovation und
* Zehn Beispiele von insgesamt 28 Europaregionen mit deutscher Beteiligung
Hebesatz der Gewerbesteuer gilt, deutet
sonders einzigartig, unverwechselbar und
günstige, oft ungelernte Kräfte. Die besten
dem wurden bisher 28 Europaregionen mit
ausragend gut. Es wäre unfair, nicht auch
deutscher Beteiligung gebildet, in denen
in welcher Höhe gefördert werden. „Intransparenz regiert das Geschäft“, sagt Boss.
Finanzierungsform anzuziehen“, sagt er.
Absolventen sind an den Universitäten im
Für Henkel bietet die zweite Stufe der Föde-
Frankfurt, Stuttgart, Hamburg zu empfehlen.
Da die Infrastruktur in fast allen deutschen
Süden zu finden, aber auch in Aachen und
grenzübergreifend kooperiert werden soll.
Wichtige Spielregeln im Wettbewerb der
ralismusreform die Chance, die deutsche Fi-
Die „Kraftzentren“ der Republik befinden
Regionen weit entwickelt ist (12.200 Kilo-
Berlin. Zahlreiche Branchen-Cluster sorgen
(siehe Tabellen).
Regionen sind also gar nicht bekannt.
nanzverfassung so zu ändern, dass Länder
meter Autobahn, 48.215 Kilometer Schienen, 331 Flughäfen), fallen nur wenige Orte
für die Konzentration von speziellen fachlichen Qualifizierungen, zum Beispiel an 29
Den wohl stärksten Wettbewerb leisten
zwischen Frankfurt und dem Bodensee, in
Bayern, an Rhein und Ruhr sowie in und um
auf: Es sind einerseits die großen Seehäfen,
Standorten für Biotechnologie. Und das
sich die deutschen Regionen in der Verga-
Hamburg, Bremen und Hannover. Deutsch-
genüber Minderheiten auszeichnen.
vor allem Hamburg. Und andererseits die
„beste Verhältnis aus Arbeitskosten und
sich laut dem „Prognos Zukunftsatlas 2007“
be von Subventionen. Sie bilden einen gro­
land ist die Superregion. Sie ist schön, und
Luftdrehkreuze in Leipzig, München und,
Qualifikation“ sowie „ein auffallend großes
ßen Anreiz für Investoren, sich an eines der
sie bietet viel – sehr viel. Doch noch längst
allen voran, der Frankfurter Flughafen –
der zweitgrößte in Europa hinter London
und günstiges Arbeitspotenzial“ bieten laut
16 Bundesländer zu binden. Gehen kann
nicht genügend echten Binnenwettbewerb.
dem Magazin „Foreign Direct Investment“
man später – wenn die finanzielle Hilfe nicht
Heathrow. Auch das Finanzzentrum Frankfurt ragt auf dem Kontinent heraus, es ist
(Financial Times) die Städte Leipzig, Frankfurt (Oder), Berlin und Flensburg.
aber deutlich kleiner als London. Dreh-
mehr fließt. So wie Nokia: Nachdem das
Lesen Sie auf den
nächsten Seiten:
Unternehmen mit 88 Millionen Euro gefördert wurde, schließt es nun den Standort
kreuze der mentalen Art, also Städte mit
Um über die Grenzen von Gemeinden,
Bochum.
großer Anziehungskraft für Ausländer, sind
Bundesländern und sogar Staaten hinweg
Um die Besteuerung dagegen gibt es kei-
Sieben kleine deutsche Regionen
Düsseldorf als Hochburg der Japaner,
Synergieeffekte zu nutzen, bilden sich im-
nen Wettbewerb – jedenfalls nicht offiziell.
mit besonderem Potenzial:
Hamburg als deutsches China Town, München als Little Italy und Berlin, Frankfurt
mer mehr regionale Zweckgemeinschaften:
Bis auf kleine Differenzen in der Gewerbe-
Beiersdorf-Freudenberg
zum Beispiel die sogenannten Metropol-
steuer werden keine Anreize mithilfe unter-
(Oder) und Dresden als Tore nach Osteuro-
regionen. Der Raumordnungsbericht des
schiedlicher Steuersätze gemacht. In einem
pa. Die bemerkenswert große türkische Po-
Bundes beschreibt sie als „hochverdichte-
von Vielfalt geprägten Land ist das atypisch.
pulation von circa 2,5 Millionen Menschen
te Agglomerationsräume mit mehr als einer
„Und es ist ein Grund zu gehen, wenn ein at-
stellt keinen nennenswerten Standortvorteil
Million Einwohnern, die sich gemessen an
traktives Steuerangebot aus dem Ausland
dar – bisher jedenfalls nicht. ökonomischen Kriterien wie Wertschöpfung,
vorliegt“, sagt Prof. Dr. Thomas Straubhaar
Einen relativ dynamischen Wettbewerb leis-
Wirtschaftskraft und Einkommen besonders
vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinsti-
Interview mit dem Ökonomen
ten sich die deutschen Regionen um das
dynamisch entwickeln und international besonders herausgehoben und eingebunden
tut und fährt fort: „Subventionstourismus
Thomas Straubhaar über den
und Steuerflucht existieren in Deutschland
deutschen Regionenwettbewerb
Angebot von Arbeitskräften – unabhängig
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Wolfsburg, Aschaffenburg
Seite 9
Aachen
Seite10
Leipzig
Seite 11
Potsdam
Seite12
Karlsruhe
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Seite14
pwc: Titel
Las Vegas-Potenzial
Das erst 70 Jahre junge Wolfsburg hat
sich enorm gewandelt.
Von Peter Littger
Autonome Zone
Die brandenburgische Gemeinde Beiersdorf-Freudenberg will keine Gewerbesteuer zahlen.
Und sie kämpft dafür.
Von Peter Littger
Einer Gemeinde Eigenständigkeit zuzu-
Doch die Stadt will sich emanzipieren und
gestehen, die durch und durch von einem
ein neues Gesicht entwickeln. Wolfsburg
Weltkonzern geprägt ist und ganz wesentlich von dessen Geld getragen wird, fällt
hat in den vergangenen Jahren bewusst –
und zum Teil auf hohem Niveau – seinen
zunächst nicht leicht. Traditionell ist das Po-
eigenen Wandel kultiviert. Klar funktioniert
tenzial von Wolfsburg immer am Potenzi-
das am Anfang nur mithilfe der großen Fir-
al von Volkswagen gemessen worden. Die
ma im Hintergrund, die für die Auslastung
Stadt liegt sprichwörtlich im Schatten des
des Ritz-Carlton, eines „Fünf-Sterne-Su-
Volkswagen-Werks, des monströsen, his-
perior-Hotels“, oder des Zwei-Sterne-Res-
torisch auch belasteten und doch faszinie-
taurants Aqua sorgen muss. Außerdem ist
Und selbst die Berliner sagen auf einmal,
renden Industriedenkmals mit seinen vier
der Abholservice für Autos noch immer für
wenn sie sich außerhalb ihrer Metropole
Schornsteinen und einer 1,3 Kilometer lan-
viele Leute ein großer Anreiz, vorbeizukom-
vergnügen wollen: „Komm, wir fahren ins
gen Fassade – gleichsam das Versailles der
men. Aber es ist längst nicht mehr nur das
Museum nach Wolfsburg!“ Dann fahren sie
internationalen Automobilindustrie.
Auto, das alle reizt. Das erst vor 70 Jahren
(im ICE) und kommen zurück (ebenfalls im
als „Stadt des KdF-Wagens bei FallersleEin anderes Auto als einen VW in Wolfsburg
ben“ gegründete Wolfsburg beweist Sinn für
ICE) und merken gar nicht, wie sie das autofreie Amüsement hineintransportieren in
zu fahren sei immer noch „sehr riskant“, er-
seine Neuerfindung und bietet Unterhaltung
die Autostadt. Fehlt nur noch ein Spielka-
klärt Christian Cauers, der Pressesprecher
für jedermann: Der VfL spielt Fußball, und
sino. Gut möglich, dass Wolfsburg in noch
Ganz Deutschland erhebt seit 1936 die
Auf einem Kasernengelände des ehema-
friesland. Sie hatte ebenfalls einen Hebe-
der Stadt, lakonisch. Und gut ein Drittel der
die Stararchitektin Zaha Hadid hat mit dem
einmal 70 Jahren ein großer und dann viel-
Gewerbesteuer. Ganz Deutschland? Nein!
ligen DDR-Innen­ministeriums, wo noch ein
satz von 0 Prozent angeboten, bis dort
120.000 Wolfsburger arbeitet in irgendeiner
Phaeno einen faszinierenden Freizeitpark
leicht ganz irrer Vergnügungspark ist. Eine
Ein von unbeugsamen Brandenburgern
Metallzaun, eine Schranke und ein Wärter-
im Jahr 2003 ein regelrechtes Gewerbe­
Form für Volkswagen.
für Wissenschaftsfans geschaffen.
Art Las Vegas – mitten in Deutschland.
­bewohntes Dorf hört nicht auf, Widerstand
häuschen von der „geheimen Dienststelle
steuerverweigerungskartell ausgeho-
zu leisten.
Blumberg“ zeugen, hat die Gewerbeförde-
ben wurde: Rund 500 Konzerne aus ganz
Die Rebellion begann 2003. Damals hat
rung Freudenberg in einem Plattenbau ihren
Deutschland waren in Norderfriedrichskoog
die Gemeinde Beiersdorf-Freudenberg im
Sitz bezogen. Es ist die Ansiedlungsagen-
mit Tochter­firmen angemeldet – zum Teil in
Landkreis Märkisch-Oderland, 40 Kilometer­ tur für eine Steuer­oase mitten in Deutsch-
Scheunen! Angeblich sparten sie dadurch
„Prüfen Sie unbedingt, ob Ihr Umzug nach Freudenberg in gesunder Relation zur Einsparung steht.“
Willi Huwe, Bürgermeister von Beiersdorf-Freudenberg (Brandenburg)
Steuerbeträge in Milliardenhöhe. Um diese
Praxis zu unterbinden, wurde das Gesetz
mit dem Mindestsatz von 200 Prozent eingeführt – unter Wirtschaftsjuristen auch Lex
Norderfriedrichskoog genannt.
Bayerisches Nizza
Weil Aschaffenburg von allem etwas hat, ist es eine so angenehme Stadt.
Von Julian Horst
nordöstlich von Berlin, zum ersten Mal gegen geltendes Recht die Gewerbesteuer auf
land. Umgeben von einem Zaun und einem
Freudenbergs Bürgermeister Willi Huwe
Hier war immer alles ein bisschen anders. Sie wollen keine Unterfranken sein, aber
werbsfähigkeit und Innovation bundesweit
Wäldchen ist hier der Kampf gegen eine
betont offen, dass endgültige Rechts­
Politisch ist die Stadt Teil des bayerischen
Hessen schon dreimal nicht. Sie lieben
auf dem elften Platz. Tendenz steigend.
0 Prozent gesetzt. Diesen Beschluss hat sie
Steuerform organisiert, die nirgendwo sonst
sicherheit über den Alleingang seiner Ge-
Freistaats, historisch beanspruchten sie
Frankenwein, aber ohne hessischen Äp-
seitdem Jahr für Jahr mutig erneuert. Nor-
auf der Welt existiert. Hans-Olaf Henkel, der
meinde erst bestehe, wenn das Bundes­
einst die Mainzer Erzbischöfe für sich, geo-
pelwoi können sie auch nicht. Auch spricht
Am westlichen Rand des Spessarts profi-
malerweise muss der sogenannte Hebesatz
frühere Präsident des BDI, nennt die Gewerbesteuer „nicht verfassungs- und euro-
verfassungsgericht seiner Beschwerde
grafisch gehört sie zum Rhein-Main-Gebiet –
man am Untermain einen schwer verständ-
tiert man von der unmittelbaren Nähe zur
der Gewerbesteuer mindestens 200 Prozent
­gegen das Gewerbesteuergesetz stattgibt.
und gefühlsmäßig nirgendwohin. Das liegt
lichen Mix aus beiden Dialekten. Mit dieser
Finanzmetropole Frankfurt und von deren
betragen. Dies entspricht nach einer spe-
pakonform“, da sie offenkundig gegen das
Das Urteil sollte schon 2007 gesprochen
auch an den 70.000 Aschaffenburgern.
Schizophrenie leben Aschaffenburger aller-
Flughafen. Aber auch alleine steht Aschaf-
ziellen Umrechnungsformel ungefähr einer
Ziel der Harmonisierung von Unternehmens­
werden, nun hat es der Zweite Senat in
dings überdurchschnittlich gut.
fenburg auf starken wirtschaftlichen Füßen:
realen Steuer von 10 Prozent auf den Unter­
steuern verstoße. Henkel, heute Seniorbera-
Es gibt keine Zukunftsstudie, in der die
Jeden Tag pendeln weit mehr Arbeitnehmer
Stadt – wegen ihres ausgesprochen milden
in die Stadt rein als raus. Das liegt nicht nur
Klimas auch bayerisches Nizza genannt –
nehmensgewinn. Die Kommunen können
ter der Bank of America, fordert schon seit
Karlsruhe für dieses Jahr angekündigt.
Bekommt die 650-Seelen-Gemein-
die Höhe selber bestimmen, der deutsche
Jahren die Abschaffung – und ist damit im
de recht, wird dies zwei Wellen auslö-
Durchschnitt liegt zurzeit bei 380 Prozent.
Geiste ein echter Freudenberger.
Viele Gemeinden, vor allem in Ostdeutschland, nutzen ihre Freiheit und verlangen
sen: Eine ­Reihe von Gemeinden wird dem
schlecht abschneidet. Der Deutsche Indus-
an der schönen Lage zwischen Weinbergen und Main, sondern auch am größten
Beispiel ­folgen und die Gewerbesteu-
trie- und Handelskammertag wählte Aschaf-
innerstädtischen Einkaufszentrum Nord-
81 Unternehmen haben sich bisher in der
er ebenfalls ­annullieren. Und eine Reihe
fenburg zum drittbesten Wirtschaftsstandort
bayerns. Alleine damit hat Aschaffenburg
die einstmals wichtigere Stadt Würzburg
nicht mehr als den Mindestsatz. Dagegen
Weinbergstraße 21 – 31, dem Sitz der Ge-
von Unternehmen­ wird sich in der – dann
der Republik. In seinem Bericht zur demo-
verlangt zum Beispiel Berlin 410, Frankfurt,
werbeförderung Freudenberg, niederge-
mit ­Sicherheit nicht mehr exklusiven –
grafischen Lage der Nation vergibt das Ber-
längst abgehängt. Doch die Aschaffenbur-
Hamburg oder München verlangen bis zu
lassen. Namhafte Konzerne sind dort al-
Nullsteuer­zone Freudenberg ansiedeln. Das
lin-Institut Aschaffenburg exzellente Noten
ger verlieren bei allem Erfolg nicht den Sinn
490 Prozent. Die Einnahmen aus der Steuer fließen vollständig an die Gemeinde, die
lerdings noch nicht angekommen. Das
Dörfchen hätte in diesem Fall beste Aussichten, zu einer kleinen feinen deutschen
für sein Lohnniveau und seine Produktivi-
für Entspannung und Freizeit – und für Be-
war anders in der Gemeinde Norderfried-
tät. Im Prognos Zukunftsatlas 2007 landet
scheidenheit. Dieser Mix macht die Region
sie erhebt.
richskoog an der Westküste von Nord-
Super­region aufzusteigen.
Aschaffenburg in der Kategorie Wettbe-
und ihre Bewohner so super.
pwc: | juli 2008
pwc: | juli 2008
pwc: Titel
Leipzig hebt ab
Schon heute gilt die sächsische Metropole unter ausländischen Investoren als
Topregion. Hier gedeiht ein besonderer Mix aus Technologie und Kreativität.
Von Dimo Riess
Bildungshunger
Aachen hat eine eindrucksvolle
Universität – und will mit ihr künftig
die ganze Welt beeindrucken.
An Selbstbewusstsein hat es den Leip-
7.000 weitere erwartet der Konzern durch
zigern nie wirklich gemangelt. Sie wissen ja,
Ansiedlungen im Umfeld von DHL. Mit der
Das Internet-Textilunternehmen Spreadshirt
aus welchem Erbe sie schöpfen. Hier wirkte
Lufthansa Cargo betreibt DHL auch das
zum Beispiel. Gründer Lukasz Gadowski,
Bach, der Handel blühte, der Messestand-
Gemeinschaftsunternehmen Aerologic mit
Absolvent der Leipziger Handelshochschule,
ort war lange der wichtigste in Deutschland,
Sitz in Leipzig. Ausbaupläne werden auch
schuf mit seiner Idee in wenigen Jahre ein
und die friedliche Revolution, die das DDR-
hier geschmiedet: Bis 2012 soll die Aerologic-Flotte auf elf Boeings stetig erweitert
Hundert Mitarbeitern.
Regime zu Fall brachte, nahm in Leipzig
internationales Unternehmen mit mehreren
ihren Anfang. In dieser Tradition orientiert
Von Antonia Götsch
sich die Region stets gern nach oben. Und
solche global aufstel-
das zu Recht. Das Magazin „Foreign Direct Investment“ (fDi), das von der Financial
anbindung, die Bahn von Düsseldorf benö-
len“, sagt Rektor Prof.
Times in London herausgegeben wird, zähl-
tigt für nur 80 Kilometer eineinhalb Stunden.
Dr. Burkhard Rauhut.
te Leipzig in seiner Ausgabe vom Februar
Aachen hat nicht mal eine vernünftige Zug-
Auch die Eigengewächse der Stadt blühen.
„Der Luftfrachtstandort Leipzig ist längst in die
europäische Champions League aufgestiegen.“
Eric Malitzke, Geschäftsführer Flughafen Leipzig/Halle GmbH
Und wer mit dem Auto von Köln anreist –
Derzeit errichtet die
2008 nach London, Flandern und Paris zu
werden. Flughafenchef Eric Malitzke sieht
vor allem, wer anrast – läuft Gefahr, trotz
Hochschule mit dem
den vier attraktivsten Standorten Europas
den Luftfrachtstandort längst in die euro-
Wo einst Fabrikschlote qualmten, ist inzwischen die kreative Klasse zu Hause, von
Absperrungen im großen Brunnen am Eu-
Geld lokaler Investoren
für ausländische Direktinvestitionen. Dank
päische Champions League aufgestiegen.
den IT-Spezialisten bis zu großen deut-
ropaplatz zu landen, wo die Autobahn auf
eine Universität nach
Super C bei Sponsoren locker machen. Am
Gelockt wurde DHL mit einer Genehmigung
schen Künstlern wie Neo Rauch. Das ist
einmal endet.
deutschem Vorbild im Sultanat Oman.
Templergraben wächst das sieben­stöckige
hervorragender Infrastruktur, gut ausgebildeter Arbeitskräfte, Wirtschaftsfreundlich-
für den Flugbetrieb von Frachtexpressma-
laut Prognos-Studie ein Motor für künftiges
Den internationalen Studenten ist das egal.
Hochhaus in den Himmel, das aussieht wie
keit und nicht zuletzt hoher Lebensqualität
schinen rund um die Uhr und Investitionen
Wachstum: Denn der statistische Zusam-
Sie zählen Aachen zu den beliebtesten Or-
Doch auch in der Heimat wird kräftig investiert – durch die Exzellenzinitiative erhält
sein Name: ein riesiges, mit Glas verklei-
scheint die Stadt für den Zukunftswettbe-
in eine zweite Landebahn. Auch Amazon
menhang zwischen Kreativwirtschaft und
ten – 5.500 Ausländer, die bewusst nicht
die Hochschule rund 180 Millionen Euro für
detes C. In ein paar Monaten schon befin-
werb gerüstet.
hat hier ein Versandzentrum – das adelt den
Zukunftsfähigkeit ist messbar. Die Leipziger
Köln, München oder Berlin wählen, um zu
Forschungszwecke. Für den neuen Cam-
det sich hier das Servicecenter“, Studenten
Logistik­standort.
selbst zweifeln ohnehin nicht daran, dass
studieren, sondern den westlichen Rand
pus am Rand der Stadt stehen darüber hin-
werden einen Latte macchiato trinken und
Und nach einer Studie des Prognos-Insti-
Deutschlands am Dreiländereck zu Belgien
aus 750 Millionen Euro bereit. Die Pläne zei-
sich über Prüfungen, Jobs und Auslands­
tuts aus dem Jahr 2007 hat Leipzig zwar
und den Niederlanden.
Die Studenten werden schon am Haupt-
gen ein ambitioniertes Projekt mit breitem
aufenthalte informieren. Das Gebäude
noch einige Stufen zu erklimmen, um sich
Boulevard, mit Restaurants, einer Kita, Kon-
bahnhof mit einem Leuchtbanner in der
gresszentren und Geschäften. 10.000 Ar-
profitiert von der geologischen Besonderheit, der Aachen seine größte historische
Doch die Tendenz sei sehr positiv. Der von
mit den Topregionen messen zu können.
beitsplätze sollen entstehen. Epoche verdankt: Karl der Große residierte
Prognos erstellte Zukunftsatlas vergleicht
nisch-Westfälische Technische Hochschu-
Wissenschaftler werden auf dem Westcam-
einst wegen der heißen Schwefelquellen an
le (RWTH) ist die Riesenattraktion der Stadt.
pus zusammen mit Unternehmern forschen
diesem Ort – die Heizenergie des Super C
anhand der Kriterien Demografie, Arbeitsmarkt, Wettbewerb und Innovation sowie
„Stadt der Wissenschaft“ begrüßt. Die Rhei-
Sie ist weltweit für ihre Ausbildungsgänge
in Ingenieurwissenschaften, Architektur,
Maschinenbau oder Chemie bekannt und
belegt bei Rankings regelmäßig erste Plätze. Sie kooperiert in der Jülich-Aachen Re-
Wohlstand und soziale Lage bundesweit
„Wir sehen uns als Marke und wollen uns
als solche global aufstellen.“
439 Städte und Regionen. Leipzig belegt
Platz 157. Im letzten Bericht lag die Stadt
Dr. Burkhard Rauhut, Rektor Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen
search Alliance eng mit dem Forschungs-
noch auf Rang 334. Dieser Aufstieg dokumentiert den dynamischen Wandel.
Gezogen wird der Aufschwung von
zentrum Jülich, wo der Nobelpreisträger für
und entwickeln: Gemeinsam mit Industrie-
kommt aus einer Geotherme. Apropos
schweren Motoren. Die Automobilindus-
Physik aus dem vergangenen Jahr, Peter
partnern sollen 15 Forschungs-Cluster ent-
Energie: Eon baut mit der RWTH ein neu-
trie hat sich in Leipzig etabliert, Porsche
Grünberg, tätig ist.
stehen für Technologie, Medizin und Le-
es Energieforschungszentrum und inves-
und BMW sind mit großen Werken in den
benswissenschaften (Biologie, Biochemie,
tiert 40 Millionen Euro. Der Konzern darf
Norden der Stadt gezogen und dienen zu-
Durch die Auszeichnung als Elite-Universi-
Molekularbiologie, Pharmakologie). die Wahl der Forschungsfelder beeinflus-
sätzlich als Magnet für Zulieferbetriebe.
Zweiter Ansiedlungs-Coup der Westsach-
tät ist Aachen angespornt, noch besser zu
Die enge Kooperation mit Unternehmen hat
sen – allerdings nicht die Besetzung der
werden. Schon darf sich die RWTH als eine
in Aachen Tradition. Sie ist die Hochschu-
Professuren. Auch behält die RWTH die
sen: DHL. Die Post-Tochter hat ihr Fracht-
der innovativsten Universitäten in Deutsch-
le, die jedes Jahr am meisten Spenden ein-
Patentrechte, so sind die Erkenntnisse des
drehkreuz von Brüssel auf den Flughafen
land bezeichnen. Nun drängt sie auch vol-
wirbt, nämlich rund 150 von 540 Millionen
ler Elan auf den internationalen Markt: „Wir
Euro. 5,5 Millionen Euro konnte Rektor Rau-
Eon-Instituts später im Sinn der freien Wissenschaft allen zugänglich – auch der Kon-
Unternehmen 300 Millionen Euro inves-
sehen uns als Marke und wollen uns als
hut alleine für sein neues Prestige­gebäude
kurrenz von Eon.
tieren und 3.500 Arbeitsplätze schaffen.
10
sie längst in einer Superregion wohnen.
pwc: | juli 2008
Leipzig/Halle verlegt. Bis 2012 möchte das
pwc: | juli 2008
11
pwc: Titel
Der Deutschland-Server
Karlsruhe ist die Stadt der ersten deutschen E-Mail
und der wichtigste Internet-Knotenpunkt im Land.
Von Benno Stieber
Potsblitz!
Berufe und einen vielfältigen Branchenmix.
Website wird das KIT nicht nur als „Trumpf
Und auch die Exportquote der Region steigt
in der Exzellenzinitiative“ bezeichnet, sondern vor allem auch als „außeruniversitäre
stetig und liegt derzeit bei knapp 40 Prozent.
„Man kann hier sehr glücklich sein“, sagt
Die Hauptstadt von Brandenburg bietet viel: das größte preußische Freilichtmuseum, spendable Millionäre und vor allem einen exzellenten Arbeitsmarkt.
Von Sabine Sasse
Forschungseinrichtung“, in der die „Ver-
der Philosoph Peter Sloterdijk, der nach
säulung des deutschen Wissenschafts­
Wanderjahren seit einiger Zeit wieder in
systems“ modellhaft überwunden werden
seiner Geburtsstadt Karlsruhe lebt und
soll, also eine institutionsübergreifende
lehrt und am Wochenende gern mit dem
Partnerschaft, die (noch) Seltenheitswert
Rad in den Rheinauen unterwegs ist.
hat in Deutschland. Gerade erst hat einer
Freilichtmuseum, das nicht nur viele Milli-
Die Stadt mit dem charakteristischen
der Gründer des Softwarekonzerns SAP,
deres sein. Kaum jemand, der ihr nicht ver-
Villa wiederaufbauen, um sie dann als „Kulturrestaurant“ der Öffentlichkeit zugänglich
onen Besucher anlockt, sondern auch im-
fällt, sobald er, aus Berlin kommend, über
zu machen.
mer mehr Millionäre, die ihr Geld in das
Fächer­grundriss schafft scheinbar mühelos den Spagat zwischen Lebenskunst und
die Glienicker Brücke fährt. Gleich hier, hin-
Bröckelnde Fassaden neben glanzvoll
National­erbe Preußens investieren möchten.
Arbeitsethik.
ter der Brücke, hat vor Kurzem Axel-Sprin-
strahlenden Villen, wunderbare Wasserstra-
Ihr größtes Projekt ist der Wiederaufbau
ger-Vorstandschef Mathias Döpfner ein fast
ßen, Seen und Deutschlands einziger Aldi
An dieser Stadt muss etwas ganz Beson-
zerfallenes, aber denkmalgeschütztes Haus
mit einem Bootssteg. Dazu in Babelsberg
des alten Stadtschlosses. In Potsdam kultiviert und zelebriert sich das neue deutsche
gekauft: die Villa Schöningen. Döpfner – wie
das älteste und größte Filmstudio der Repu-
Großbürgertum, allen voran Günther Jauch.
seine Verlegerin Friede Springer seit Jahren
blik. Und eine Schlossdichte wie selten auf
ein begeisterter Wahl-Potsdamer – will die
der Welt: Schloss Sanssouci, Neues Palais,
Orangerie, Marmorpalais – Potsdam ist ein
Hans-Werner Hector, 200 Millionen Euro
gestiftet, um das KIT voranzubringen.
Um einen Job müssen sich die Absolventen der Studiengänge nicht sorgen. Wer
Karlsruhe hat auch Macht. Zwischen dem
will, kann meist bei einem der vielen Mit-
Barockschloss und dem Botanischen Gar-
telständler der Region anfangen. Internet-
Auf der einen Seite der Schwarzwald, ­auf
ten liegt idyllisch das Bundesverfassungs-
firmen wie 1&1 und United Internet haben
Er hat so viel für den Erhalt historischer
der anderen der Rhein, das Elsass, die
gericht. Wegen des Einflusses der 16 Rich-
hier große Niederlassungen. Karlsruhe ist
Bauten getan, dass er bereits als Bundespräsident ins Gespräch gebracht wurde.
Südpfalz und von oben sehr viel Sonne.
ter auf die deutsche Gesellschaft sprechen
stolz, dass von der Universität aus die ers-
Keine Frage, Karlsruhe liegt zunächst ein-
viele Juristen lieber von der „Karlsruher
te deutsche E-Mail verschickt wurde. Und
mal mitten in einer traumhaften Urlaubs-
Republik“ – keine Rede von Berlin.
im Medienmuseum ZKM kann man einen
Und sonst? Es gibt noch ganz andere Su-
region. Doch mit einem hohen Freizeit-
Urtyp heutiger Personalcomputer, die Zuse
Z22, bewundern. Noch heute geht ein
perlative wie die geringste Arbeitslosen­
wert können viele Orte punkten. Mit der
Gerade erst ist die Fridericiana, eine der ältesten technischen Hochschulen im Land,
quo­te (mittlerweile unter 10 Prozent), das
höchsten Internetnutzerquote jedoch nur
in den Rang einer Elite-Uni erhoben wor-
Großteil des deutschen Internetverkehrs
höchste Durchschnittseinkommen und die
eine: Karlsruhe, und zwar in allen Alters-
den. Im Herbst wurde dann der Zusam-
über Karlsruher Server. Fast 20 Prozent
geringste Ausländerquote in den neuen
schichten. Ist das nicht verblüffend?
menschluss mit dem ehemaligen Kernfor-
der Arbeitnehmer in der Region arbeiten in
Bundesländern. SAP-Gründer und Multimilliardär Hasso Plattner hat hier die erste
privat finanzierte Universität für Software­sys­
tementwicklung gegründet. Mehr als 5.000
technologieintensiven Unternehmen. Auch
„Man kann in Karlsruhe sehr glücklich sein.“
Prof. Dr. Peter Sloterdijk, Professor für Philosophie und Ästhetik, HfG Karlsruhe
das erklärt die hohe Internetnutzung.
Auch die Old Economy ist in Karlsruhe gut
vertreten. Große Automobilzulieferer wie
Wissenschaftler und Mitarbeiter arbeiten
an drei Hochschulen und mehr als 30 Forschungseinrichtungen außerhalb der Unis.
In der Technologieregion rund um Karlsruhe,
schungszentrum zum Karlsruher Institut für
die von Bühl im Süden über Germersheim
Technologie unterzeichnet. Die Abkürzung
ber. Auch der Energieversorger EnBW hat
Im letzten Jahr setzte das Prognos-Insti-
in der Pfalz bis nach Bruchsal reicht, boomt
KIT ist bewusst gewählt, weil es klingt
sein Hauptquartier in Karlsruhe. Und die Un-
tut Potsdam im bundesdeutschen Vergleich
die Wirtschaft. Eine zweite Wunderquote:
wie das MIT, das Massachu­setts Insti­tute
ternehmen wachsen schneller, als die Re-
auf Platz eins für seine Arbeitsmarktchan-
of Technology, in Boston. Die Kooperation von Universität und Forschungszent-
gion qualifizierte Kräfte hervorbringen kann.
cen. Begründung: In kaum einer anderen
Nur 4,6 Prozent der Karlsruher sind arbeitslos, das bedeutet beinahe Vollbeschäftigung.
Stadt wird so viel in Wirtschaft und Wissen-
Darüber hinaus bietet die Stadt einzigar-
rum bietet einzigartige Voraussetzungen
schaft investiert wie hier. Gleichzeitig be-
tige Ausbildungsmöglichkeiten für gesuchte
für Studenten und Wissenschaftler. Auf der
Ingenieure. Das sind doch wahrlich Luxusprobleme.
Bosch und Michelin sind wichtige Arbeitge-
Derzeit fehlen in den Betrieben über 2.000
weise Potsdam die Fähigkeit zum raschen
positiven Wandel und zähle deshalb zu den
drei dynamischsten Städten Deutschlands.
„Das gute Abschneiden Potsdams zeigt uns,
dass wir mit unseren Konzepten und Strategien auf dem richtigen Weg sind“, sagt
Oberbürgermeister Jann Jakobs. Wohin?
Zur Superregion.
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pwc: | juli 2008
Deutschland ist von großer regionaler Vielfalt geprägt – kulturell, auf dem Arbeitsmarkt und in den
Branchen. Es wäre konsequent, wenn es auch einen größeren regionalen Steuerwettbewerb gäbe.
pwc: | juli 2008
Kontakt
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Tel. 0211 981-2639
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Tel. 030 2636-1222
13
pwc: Titel
den, wird eine Region auszeichnen. Dafür muss sie sich profilieren
recht: Brückenzölle waren hoheitliche Abgaben, und der Zehnte auf
und ein attraktives Preis-Leistungs-Niveau öffentlicher Abgaben und
das Einkommen ging an den unmittelbaren Lehnsherren.
öffentlicher Leistungen anbieten können. Das setzt ein echtes Äquivalenzprinzip voraus zwischen Verantwortung und Finanzierungs-
Was kann Deutschland Gutes wie Schlechtes von dem regionalen
pflichten einerseits und andererseits dem Recht, umfassend Steuern
Steuerwettbewerb in Ihrer Heimat, der Schweiz, lernen?
und Abgaben erheben zu können.
Ich sehe viele Vorteile, weil dieses Wettbewerbsmodell die Verantwortung konsequent nach unten verlagert – dorthin, wo die Entschei-
Die Kritiker an der laufenden Föderalismusreform beklagen das Ende
„Mehr Ungleichheit!“
dungen fallen. Der größte Effekt liegt im Wanderungsföderalismus: in
des tradierten kooperativen Modells in der Bundesrepublik hin zu
einer Art Abstimmung mit dem ­Möbelwagen. Einige Regionen wer-
einem Wettbewerb, in dem einige Regionen abfallen werden.
den zu Abwanderungsregionen, andere zu Zuwanderungsregionen.
Wir werden notgedrungen in Kauf nehmen müssen, dass die Steuer­
Doch das beobachten wir auch zwischen Ost- und Westdeutsch-
kompetenz viel dezentraler delegiert werden muss. Was Deutschland
land und sogar zwischen Süd- und Norddeutschland – und das nach
braucht, ist eine Reform seiner Finanzverfassung, die es Kommu-
all den guten Versuchen, überall dieselben Verhältnisse herzustellen!
nen und Ländern ermöglicht, weitreichender und flexibler als bisher
Hätte der Osten niedrige Einkommensteuern, könnte er zu einer at-
Steuern einzunehmen. Das bedeutet früher oder später auch, dass
traktiven Zuwanderungsregion werden. Stellen Sie sich das einmal
die heilige Kuh in Deutschland, überall gleiche und gleichwertige Le-
vor: Einkommensteuern von 20 Prozent in Dresden, Leipzig, Halle.
bensbedingungen zu schaffen, infrage gestellt wird.
Der Schweizer Kanton Zug wirbt mit 9, Singapur sogar mit 0 Prozent.
Der Ökonom Thomas Straubhaar erklärt, warum der Einfluss der Regionen
wächst und warum sie untereinander mehr steuerlichen Wettbewerb brauchen.
Das Gespräch führte Peter Littger
Welche Steuern würden Sie in regionale Verantwortung übertragen?
Frisst der Wettbewerb Ihr schönes Modell am Ende auf?
Über die Gewerbesteuer hinaus würde ich die Einkommensteuer, die
Keinesfalls. Die Empirie zeigt, dass Menschen immer bereit sind,
Vermögensteuer und die Erbschaftsteuer komplett regionalisieren.
Steuern zu zahlen, solange sie nicht das Gefühl haben, ausgebeutet
Kommunen und Ländern müsste es überlassen bleiben, wie hoch sie
zu werden. Die Schweiz zeigt auch, dass die Steuern keinesfalls auf
die Sätze für diese Steuern festsetzen. Der großen nationalen Umver-
null sinken, wenn es einen Steuerwettbewerb gibt. Dieser führt nur
teilung dienen dann die indirekten Steuern: Umsatzsteuer, Tabaksteu-
zu einer Disziplinierung der Steuer­politik. Allerdings steigen die Preise in Gegenden, wohin alle wandern. In Zug, dem beliebtesten Ort
pwc: Bayern unterhält eine eigene Botschaft bei der EU in Brüssel.
Könnte der Bund seine Stellung stärken, indem er die regionalen In-
Überschätzt sich der Freistaat oder liegt er im Trend: Werden die
teressen besser vertritt – durch eine Art Regionenministerium?
regionalisieren, dann fördern wir den Zigaretten- und Tanktourismus,
für reiche Steuerflüchtlinge in der Schweiz, kosten Immobilien enorm
Bundesländer in Zeiten der Globalisierung immer wichtiger?
Der Bund wird sich nicht in die Verlegenheit bringen lassen,
und das bringt viel Ineffizienz.
viel. Das muss jeder bedenken, der eine Niedrig­steuerregion anpeilt.
In Ihrem Modell entwickeln wir uns fiskalisch wieder zu einem Deut-
Da ist der Steuervorteil rasch perdu. Außerdem sollte keine Gemeinde ihre Besteuerung vorschnell auf Millionäre ausrichten. Das kann
dazu führen, dass sich das Gesicht des Ortes verändert, dass er sich
er, Versicherungsteuer, Mineralölsteuer. Es wäre Unsinn, die auch zu
Straubhaar: Es ist eine unausweichliche Entwicklung, dass sich ein-
­be­stimmte Regionen einseitig zu vertreten, also einige Länder zu
zelne Länder auf der supranationalen Ebene vertreten. Die Themen
empfehlen und andere nicht. Schon alleine die dezentrale Tradition in
Bayerns sind andere als die von Schleswig-Holstein. Die Vertretung
Deutschland verbietet die Parteinahme zugunsten einzelner Länder.
schen Bund – oder noch weiter zurück ...
sehr unterschiedlicher regionaler Interessen in Brüssel durch einen
Der Bund muss peinlich darauf achten – was die Arbeit nicht leichter
Nein, aber es geht um eine Modernisierung nationaler Verantwor-
stark auf dieses Milieu einstellt und andere verdrängt. Die Attraktivität
Nationalstaat namens Deutschland ist ein merkwürdiger Anachronismus – in einem grenzenlosen Europa sowieso.
macht. Der Bundesrat ist die Instanz, die die Interessen der Länder –
tungen und Zuständigkeiten in einem Umfeld, das sich im politischen
eines Orts bemisst sich ja nicht nur im Steuersatz, sondern auch in
Bereich europäisiert und im wirtschaftlichen Bereich globalisiert. Mit
der Vielfalt seines Angebots und in der Toleranz. Und eines steht fest:
der Dezentralisierung von Aufgaben und Kompetenzen haben Sie
Heterogene Orte sind automatisch toleranter.
und ihrer Regionen – artikuliert.
Der frühere McKinsey-Berater Kenichi Ohmae prophezeite schon
Der Bundesrat? Der tritt nur selten einstimmig auf und hat als Zwei-
1996 das Ende der Nationalstaaten im Buch „The End of the Nation
te Kammer eine gesetzgebende Funktion. Außerdem reden wir hier
State“. Seitdem hat sich aber noch kein Staat unter dem Druck sei-
nicht nur über die Interessen der Bundesländer, sondern auch über
ner Regionen aufgelöst – teilen Sie trotzdem Ohmaes These?
einzelne Regionen. Um die wird sich der Bundesrat nicht kümmern.
Zunächst wollte ich nur sagen, dass sich der Bund nicht zum Anwalt
Ich erwarte nicht, dass eine nationale Regierung plötzlich erklärt: So,
jetzt gibt es uns nicht mehr, wir hören auf. Die Auflösung der Natio-
regionaler Interessen machen kann. Zweitens ist es schon heute so,
nalstaaten passiert schleichend. Denken Sie an die großen
dass es zu länderübergreifenden Zweckvereinigungen kommt, in de-
Herausforderungen der Klima- und Umweltpolitik, der Migration, der
nen sich beispielsweise der Süden und der Norden zu einem The-
Verteidigung und Sicherheit – kein Nationalstaat kann sie alleine be-
ma zusammenschließen. Das können Kommunen oder auch ganze
wältigen, die Probleme haben globale Ausmaße. Deshalb werden
Bundesländer sein. Die deutsche Verfassung gibt ­ihnen ­jedenfalls die
die Nationalstaaten weiter Kompetenzen an die supranationale Ebe-
Möglichkeit, sich in der Gesetzgebung durch den Bundesrat vertre-
ne abgeben. Für die unmittelbaren Probleme der Menschen sind die
ten zu lassen. Darüber hinaus werden sie andere Wege finden.
meisten Nationalstaaten dagegen zu groß. Ich meine die A-Themen:
Armut, Arbeitslosigkeit, Alte Menschen, Ausgegrenzte und Ausländer.
Welche anderen Wege?
Der Bund gerät auch hier in eine defensive Rolle, weil er effektiv nicht
Sie haben selbst das Beispiel von Bayerns Vertretung in Brüssel ge-
viel machen kann. Die Regionen können es. Also wird der Zentralstaat auch nach unten Aufgaben abgeben müssen. Der föderale Auf-
nannt. Am besten machen die Regionen durch Leistung und Andersartigkeit auf sich aufmerksam – und von sich reden. Je mehr sie den
bau gibt Deutschland gegenüber anderen EU-Ländern einen deut-
Wettbewerb untereinander herausfordern, desto mehr werden sie
lichen Vorsprung. Ihn gilt es weiter auszubauen.
ihn bekommen. Kommunen, die mit den schon erwähnten A-The-
Doch der Nationalstaat hat die Funktion, die globalen Regeln für sein
schaffen.
men besonders gut umgehen, sind attraktiver als jene, die das nicht
Volk zu übersetzen und in die Regionen weiterzugeben.
Das, was ich die Glokalisierung nenne, wird den Nationalstaat in eine
Die A-Themen sind allesamt Problemthemen. Sie machen eine
unangenehme Sandwichposition bringen: Einerseits muss er zuse-
Region nicht besonders „sexy“, um mal Klaus Wowereit zu zitieren?
hen, wie eine globale Rahmengesetzgebung entsteht, andererseits
Das ist ein Denkfehler! Es geht nicht darum, A-Themen zu produzie-
kommt es zu lokalen Ausprägungen der Gesetze. Er liegt dazwi-
ren. Es geht darum, sie zu vermeiden und zu beheben. Der Wettbe-
Der Schweizer an der Binnenalster: Prof. Dr. Thomas Straubhaar unterrichtet Wirtschaftspolitik an der Universität Hamburg und ist Direktor
schen und verliert die Kontrolle.
werb genau darum, sozusagen besonders gut A-Themen zu vermei-
des 2005 gegründeten Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI).
14
pwc: | juli 2008
pwc: | juli 2008
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pwc: Trends
Chefsache IFRS
Die Vorschriften nach IFRS (International Financial Reporting
Standards) sind entgegen der Auf­fassung vieler Spitzen-
manager weit mehr als eine rein formale Angelegenheit, mit
der sich nur die Buchhalter auseinandersetzen müssen. Vielmehr sollten Vorstände IFRS zur Chefsache erklären, um die
sie sich auch kümmern müssen. Das betont Ian Dilks, Leiter
des PwC-Teams in Groß­britannien, das Unternehmen bei der
Einführung der Rechnungslegungsstandards berät. In seinem Team hat Dilks nachverfolgt, wie sich die Aktienkurse
von Unternehmen am dem Tag entwickelten, an dem sie
zum ersten Mal Geschäftsergebnisse nach den IFRS-Maßgaben veröffentlichten. „Die Abweichungen lagen oft zwischen 1 und 2 Prozent. Das Immobilien in deutschen
Großstädten sehr beliebt
beweist, dass IFRS mehr sind als nur eine Umstellung in der Buchhaltung“, betont Dilks.
Mittlerweile gelten die Standards in mehr als 100 Ländern. Das Ziel ist, Geschäftszahlen international vergleichbar zu machen. Außerdem rückt unter IFRS der Schutz der Anleger in den Vordergrund. Dilks hat beobachtet, dass Firmen, die sich früh mit der Umstellung Drei Fragen an ...
Manfred Wiegand
… über die Strom- und Gasversorger
befassen, außerdem im Vorteil sind, weil sie die Aufmerksamkeit von Investoren und Vier deutsche Großstädte haben es in die-
tate Europe 2008“, die PwC in Zusammenar-
sem Jahr auf die Top-Ten-Liste der attrak-
beit mit dem Urban Land ­Institute (ULI) erstellt
nahmen aktuell gekennzeichnet?
tivsten Immobilienstandorte Europas ge-
hat. Großer Verlierer ist nach Einschätzung
Wiegand: Im vergangenen Jahr summierten
schafft: Berlin, Frankfurt, Hamburg (siehe
der 490 befragten internationalen Immobili-
Bild links: Hafencity) und München. Dabei
enexperten London, das von Platz 2 im Vor-
führt Hamburg das urbane Spitzenquartett
jahr auf Platz 15 abfiel. Real-Estate-­Experte
an: Die Stadt hat sich im Vergleich zum vergangenen Jahr um sechs Plätze verbessert
Dr. Helmut Trappmann von PwC nennt einen
Grund: „Der Immobilienmarkt in Großbritan-
und belegt jetzt Platz drei – gleich hinter den
nien ist stark von Fremdkapital abhängig und
Boomstädten Moskau und Istanbul und ei-
leidet besonders unter der US-Immobilien-
nen Rang vor München. Noch rasanter ist
kreditkrise.“ Deutschland hingegen punktet
der Aufstieg von Berlin und Frankfurt. Die
mit überschaubaren Risiken. Etwa Mün-
Hauptstadt kletterte von Platz 27 auf Platz 9,
chen: Laut Analyse ist das Verhältnis von
Frankfurt von Platz 25 auf Platz 7. In Frankfurt gelten vor allem Investitionen in Handels­
Rendite­chancen und Risiken nirgends so gut
wie hier. Spitzenreiter Moskau und Istanbul
immobilien als profitabel, in Berlin Wohn­
liegen im Risiko-Ranking dagegen auf den
immobilien. Das Ranking ist ein Ergebnis der
Plätzen 23 und 27. Online-Info: www.pwc.de/de/pwc301
Markt­analyse „Emerging Trends in Real Es-
pwc: Wodurch sind die Fusionen und Über-
Analysten gewinnen.
30.000
sich die Deals in der Branche weltweit auf
372,5 Milliarden Dollar, fast 25 Prozent mehr
Substanzen müssen Unter-
nehmen laut neuer EU-Chemikalienverordnung REACH
jahreswert lag. Dies bedeutet, dass dieser
(Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of
­Chemicals) von Juni bis Dezember dieses Jahres tionen weit überkompensiert wurde.
vorregistrieren lassen.­ Wer es versäumt, muss auf die höheren Gesamtwert der kleineren TransakWirkt sich die Kreditkrise auf die M&A-
Aktivitäten aus?
Chemikalie verzichten. ­REACH ist die erste Chemikalien-
Es könnte zwar sein, dass wir in der nä-
verordnung, die nicht nur für die Chemieindustrie, sondern
se­hen bekommen. Aber viele Unterneh-
für alle Unternehmen gilt. Die Verordnung werde sagen Experten voraus. Online-Info: www.pwc.de/de/pwc304
Banken unter Druck
kenswerter, als der Beitrag der ­Super-Deals
um 43,7 Milliarden Dollar unter dem VorRückgang durch die größere Zahl und den
erheblichen Einfluss auf die Produktportfolios ausüben, Milliardenschwer mit aluleicht
als 2006. Diese Steigerung ist umso bemer-
heren Zukunft gewisse Auswirkungen zu
men, die an dieser Branche interessiert sind,
­haben selbst genügend Geld in den Kassen.
Wie sieht es aufseiten der Versorger aus?
Die Versorger selbst kommen nicht an
der grundsätzlichen Notwendigkeit vorbei,
sich in Zeiten der Energieverknappung auf
eine breitere Basis unterschiedlicher Ener-
Mega-Deals in der Aluminium-
Eine missliche Lage: Einerseits
industrie haben dafür gesorgt,
ist der Konsolidierungsdruck
dass die Stahl- und Metallher-
auf die Institute infolge der Kre-
steller 2007 so viele Fusionen
ditkrise hoch. Andererseits hat
und Übernahmen erlebt haben
die Krise die Kreditfinanzierung
Online-Hits sind Verkaufs-Hits. Die Musik aus dem Netz soll den Umsatzrückgang beim CD-
wie noch nie. Das Transaktions-
erschwert, was potenziellen
Käufern die Hände bindet. Verkauf kompensieren. Musikkonzerne wie Sony BMG und Universal Music haben erkannt,
zum Vorjahr um zwei Drittel und
Investoren mit hohen Reser-
operationen mit dem Online-Netzwerk Myspace sowie Mobilfunkkonzernen. Denn obwohl
betrug 144,7 Milliarden Dol-
ven profitierten aber von dieser
der Umsatz mit ­Internetmusik in Deutschland im ersten Quartal 2008 um gut 45 Prozent auf
lar. Das ergab die PwC-Studie
Konstellation, sagt Jens Rönn-
20,4 Millionen Euro angestiegen ist, kann der Zuwachs im digitalen Geschäft die Verluste
volumen wuchs im Vergleich
„Forging Ahead – Mergers and Acquisitions Activity in the Global
berg, bei PwC im Bereich Financial Services tätig. „Ein Einstieg in
gieformen zu stützen.
Das neue Geschäft mit der Musik
dass es dafür neuer ­Geschäftsmodelle bedarf. Sie setzen auf Flatrate-Angebote und Ko­
den europäischen Markt könnte zum gegenwärtigen Zeitpunkt me des Aluminiumproduzenten Alcan durch den Bergbauriesen Rio
insbesondere für asiatische Banken interessant sein.“ Diese Weltweite Umsätze in Mrd. Euro
Tinto zum Preis von 38,1 Milliarden Dollar. Die Stahl­industrie könnte
Entwicklung werde in Deutschland das Drei-Säulen-Modell aber
2004
nicht ins Wanken bringen. Das steht in der PwC-Studie 2005
bald wieder aufholen: „Die weltweit extrem fragmentierte Branche hat noch eine weitere Konsolidierung vor sich“, prognostiziert
„From Uncertainty to Opportunity – FS M&A in Europe’s Developed
im CD-Segment noch längst nicht wettmachen. Eine Analyse liefert der „German Umsätze mit Musik-Downloads
Metals Industry“ von 2007. Das größte Geschäft war die Übernah-
Entertainment & Media Outlook 2006–2010“
von PwC. Frank Mackenroth, Experte bei
0,4
2006
PwC für Entertainment, sieht leider einen
klaren negativen Gesamttrend: „Absolut 1,1
2,1
Stahlbranchenkenner und PwC-Vorstandsmitglied Peter Albrecht. and Developing Markets“. 2007
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc297
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc303
Quelle: International Federation of the Phonographic Industry (IFPI)
16
pwc: | juli 2008
pwc: | juli 2008
2,9
gesehen schrumpft der Musikmarkt.“ Manfred Wiegand leitet bei PwC den Be-
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc305
reich Energieversorgung.
17
pwc: Märkte
Das Ende der Eiszeit
Kanada erhält durch den Klimawandel neue Zugänge zu Rohstoffen und
zum Polarmeer. Für ausländische Unternehmen und Zuwanderer wird das
Land dadurch noch attraktiver. Ein Trendreport aus dem Norden Amerikas.
Von Hans Kundnani
Zwar zeigt die Erderwärmung in Kanada deutliche Spuren, doch die kanadischen Eisbrecher werden auch in Zukunft noch viel
in den Polargewässern gebraucht, so wie das Schiff Des Groseilliers von der Küstenwacht, hier vor Baffin Island.
Als Pat Broe 1997 den Hafen von Churchill
460.000 Quadratmeilen rund um den Nord-
von der kanadischen Regierung für ganze
pol werden zurzeit durch die Meeresboden-
trum der ­kanadischen Energiebranche. Seit
7 Dollar kaufte, schien das eine seltsame
behörde der Vereinten Nationen verwaltet.
dem starken Preisanstieg für Rohöl in den
Investition zu sein. Der Hafen an der Hud-
Nach internationalem Recht können Länder
vergangenen Monaten ist ein regelrechter
son Bay im dünn besiedelten Norden der
eine exklusive Wirtschaftszone 200 Meilen
Goldrausch um das einst verschlafene
kanadischen Provinz Manitoba war zu die-
um ihr eigenes Territorium beanspruchen.
Städtchen Fort McMurray im Norden von
ser Zeit fast menschenleer und produzierte
Die­se Zone darf erweitert werden, wenn
Alberta ausgebrochen. Das Öl ist dort in
Verluste. Broe aus dem US-amerikanischen
die Länder belegen können, dass der Meeresboden ein Ausläufer ihrer Landmasse
schwarzen Sanden eingeschlossen und
Denver jedoch dachte langfristig. Zehn
Jahre später scheint es, als ob er mit dem
ist. Kanada, das nach Russland die zweit-
extrahiert werden. Bis vor wenigen Jahren
an der Gas-Börse in Calgary, dem Zen-
muss durch Dampfbeheizung kostspielig
Kauf die richtige Vision hatte: Da das Polar­
längste Arktisküste besitzt, will das Recht
war dies absolut unrentabel. Das Magazin
eis schneller schmilzt als erwartet, wird die
geltend machen. Premierminister Stephen
Nordwestpassage – die Verbindung zwischen dem Atlantik und dem Pazifik – jetzt
„The Economist“ gibt an, dass in die Ölförderung rund um Alberta bisher 36 Milliar-
Anspruch – oder wir verlieren ihn.“
Harper erklärt: „Entweder wir nutzen den
den kanadische Dollar investiert worden
erstmals schiffbar. Es dürfte eine komplett
sind, vor allem von den Konzernen Shell
neue Handelsroute durch die Arktis entste-
Bereits jetzt erlebt Kanada dank seiner
und Exxon Mobil. Investitionen von wei-
hen. Sie würde die Entfernungen zwischen
Naturressourcen einen massiven Boom.
teren 45 Milliarden Dollar sind geplant. Ka-
Europa, Nord­amerika und Asien drastisch
Während die Ölförderung in vielen ande-
nada produziert heute 1,2 Millionen Barrel
verkürzen. Churchill, der einzige subark-
ren Teilen der Welt ihren Höhepunkt er-
Öl pro Tag und könnte bis 2020 die Menge
tische Hafen in Nordamerika, könnte dann
reicht hat – nach neuesten Berichten selbst
ein wichtiger neuer Umschlagplatz wer-
in Russland – beginnt Kanada gerade erst,
von vier Millionen Barrel erreichen.
den. Im letzten Herbst lief bereits der erste
sein Öl zu erschließen. Es verfügt nach Sau-
Der Öl-Boom von Alberta eröffnet auch deut-
Frachter aus dem russischen Murmansk ein.
di-Arabien über die größten Reserven der
schen Unternehmen wie ThyssenKrupp viele
Es besteht leider kein Zweifel, dass die glo-
Welt, „und das ohne politische Risiken wie
Chancen. So fertigt die in Calgary ansässige
bale Erwärmung den Wildbestand und die
im Nahen Osten“, betont Stephen But-
Traditionen der Inuit in der Arktis bedroht.
ler, Leiter der Unternehmensentwicklung
Tochtergesellschaft Krupp Canada Bergbauausrüstungen für die Ölsandfelder, den
Doch Kanada zählt gleichzeitig auch zu den
wenigen Ländern der Erde, die von dem
ökologischen Wandel ökonomisch profitieren könnten. So wie Pat Broe. Sein Hafen
Kanada: die wichtigsten Wirtschaftsdaten
Churchill demonstriert das wirtschaftliche
Fläche
9.984.670 km²
Potenzial, das gerade entsteht. Große Teile
Einwohner
33.212.696
des Nordens waren durch den Dauerfrost
Bevölkerungsdichte
3,0 Einw./km²
bisher ertraglos. Dies wird sich nun ändern:
Bevölkerungswachstum
0,83 % p. a.
Der Klimawandel wird es Kanada leichter
Analphabetenrate
1%
Cambridge Bay
Iqaluit
Yellowknife
Churchill
machen, seine reichen Naturressourcen in
der Arktis zu nutzen. So liegt ungefähr ein
Vancouver
Winnipeg
Calgary
Halifax
Québec
Ottawa Montreal
Toronto
Inflationsrate in Prozent
Viertel der unentdeckten Ölvorkommen der
Welt (375 Milliarden Barrel) unter der arktischen See. Am Nordpol vermuten Exper-
Bruttoinlandsprodukt,
reale Wachstumsrate in Prozent
ten außerdem größere Diamantvorkommen
2003
und Mineralien wie Silber, Kupfer, Zink und
2004
möglicherweise­ sogar Uran sowie reiche
2005
Fischbestände. Zum ersten Mal wird ein
2006
bislang vom Eis versperrtes Territorium zugänglich, das größer ist als Frankreich und
2007
Deutschland zusammen.
18
pwc: | juli 2008
pwc: | juli 2008
2008*
3,4 2003
1,7
2004
2,4
1,2
1,8
2,2
2005
2,9
2,7
1,8
Quelle: CIA World Factbook, www.investincanada.gc.ca. Stand: 2007
2006
2,0
2,2
2007*
2008*
Quelle: BFAI
1,9
* Prognose
19
pwc: Märkte
Optimaler Ort
Ed Niewinski über den Aufbau des Kanada-
Geschäfts für den Magnethersteller Thomas.
Das Gespräch führte Hans Kundnani
pwc: Wie kommt eine kleine deutsche
Welche bürokratischen Hürden musste
Firma wie Thomas Magnete dazu, sich
Ihre Firma nehmen, als Sie nach Kanada
in Kanada niederzulassen?
ziehen wollten?
Niewinski: Getrag, einer unserer Kunden,
Das Unternehmen in Kanada aufzubauen
hat eine Anlage in Indiana gebaut, um
war sehr unkompliziert und mit wenig bü-
sogenannten Bitumen- oder Teersand. Da
Statt aber ein Werk in den USA zu errichten,
dort Getriebe für Chrysler zu produzie-
rokratischem Aufwand verbunden.
die Extraktion des Öls aus dem schwar-
entschied er sich für Cambridge in Ontario.
ren. Sie fragten uns, ob wir unsere Bau-
zen Sand energieintensiv ist und viel CO2
Dort, inmitten des Technologiedreiecks am
elemente nicht auch in Nordamerika her-
Gab es Subventionen von der kana-
freisetzt, ist die kanadische Regierung ge-
Rand des Eriesees, hat auch Research In
stellen wollen. Zuerst haben sie sich bei
dischen Regierung?
zwungen, erneuerbare Energiequellen zu
Motion (der Hersteller des Blackberry) seinen Sitz. In dieser Gegend haben deutsche
Herstellern in Mexiko und South Carolina
Thomas Magnete hat gar nicht versucht,
erschließen – und Technologien zu för-
umgeschaut, am Ende dann in Ontario.
Subventionen herauszuschlagen. Auch
dern, die dabei helfen. „Das ist ein vielver-
Siedler eine lange Tradition: Bis 1916 hieß
Schnell war klar, dass Kanada mit seiner
der Steuersatz war für uns unproblema-
sprechender Markt für die Deutschen“, so
die Stadt Kitchener in Ontario Berlin.
starken Zulieferindustrie für Automobile
tisch. Aber die Steuerermäßigungen des
ein optimaler Produktionsstandort ist.
staatlichen Anreizprogramms für Unter-
der Energieexperte Michael Servos von
Von den rund 33 Millionen Einwohnern Ka-
­Price­waterhouseCoopers, der für zwei Jahren von Essen nach Calgary gezogen ist.
nehmen, die Forschung und Entwicklung
nadas leben fast 90 Prozent in einem 160
Was hat Ihr Management von diesem
nach Kanada bringen, sind trotzdem sehr
Kilometer breiten Streifen entlang der Gren-
Standort überzeugt?
attraktiv – wir nehmen sie gerne mit!
Es überrascht nicht, dass die gestiegenen
ze zur USA – und davon die meisten im
Wir haben keine große Belegschaft, aber
Rohstoffpreise auch zu einem Anstieg der
Südosten des Landes. Doch immer mehr
die Arbeitskräfte, die wir brauchen, müs-
Welche Pläne verfolgt Ihre Firma in Kana-
Fördermengen geführt haben. Insgesamt
Kanadier zieht es neuerdings in den Westen.
sen hoch qualifiziert sein. Diese Leute
da in den nächsten Jahren?
findet man hier. Die Arbeitslosenquote ist
Wir wollen in Cambridge neben Herstel-
erwirtschaftete der Sektor 2007 mehr als
„Wir sehen, wie sich die Gewichte im Land
40 Milliarden kanadische Dollar – 19 Pro-
niedrig, die Lebensqualität außergewöhn-
lung und Vertrieb auch Anwendungs-
lich hoch, und es gibt mehrere Universi-
technik plus Forschung und Entwicklung
zent mehr als im Vorjahr. „Das Öl macht
verlagern“, sagt Butler von der Gasbörse in
Calgary.
den Westen zu einer blühenden Region“, so
Da der Bedarf nach qualifizierten Arbeits-
täten. Gleichzeitig ist es ein strategisch
aufbauen. Um wirklich in den nordame-
Robert Spector, Chefökonom von McLean
kräften in allen Landesteilen stets größer
günstiger Standort, weil er nicht weit von
rikanischen Markt vorzustoßen, müssen
wir sehr eng mit den Autoherstellern zu-
Budden, einer Investmentbank in Toronto.
Doch was dem Westen nutzt, belastet den
Churchill hat den einzigen subarktischen Hafen. Er liegt auf der neuerdings schiffbaren
gewesen ist als das Angebot, besitzt Ka-
unserem Kunden entfernt und auch noch
Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik (Foto oben). Die Ölgewinnung aus den Teersand-
nada traditionell eines der liberalsten Ein-
sehr erschwinglich ist.
Osten: Dort sind die rohstoffabhängigen
Reserven ist aufwendig, aber durch den hohen Ölpreis zunehmend rentabel (Foto unten).
wanderungsgesetze der Welt. Eine Arbeits-
Großindustrien ansässig, die empfindlich
losenquote von nur 6 Prozent macht das
Wie gefällt es Ihren deutschen Führungs-
auf Preissteigerungen reagieren. Zum Beispiel die Autobranche in Ontario. Die gro­
Land zudem sehr attraktiv für Wirtschafts-
kräften denn in Kanada?
Sie meinen den persönlichen Eindruck?
Westen steigt die Produktion der Rohstoffe,
dancen im Osten des Landes, besonders
migranten. Die konservative Regierung von
in Städten wie Montreal oder Toronto, dem
Stephen Harper hat die Einwanderungs­
Kulturell war ihnen Kanada sehr viel ver-
Motors, Chrysler und Ford genannt wer-
die für die Fabriken im Osten nicht zu teuer werden dürfen. Mehr als andere westli-
Finanzzentrum des Landes. BASF und Sie-
gesetze weiter gelockert, um auch weniger
trauter als die Vereinigten Staaten oder
ßen drei der USA, wie die Hersteller ­General
sammenarbeiten und gemeinsam neue
Anwendungen für unsere Produkte ent-
den, haben ihre Produktion zunehmend
che Industrienationen muss Kanada diese
mens beispielsweise haben sich in einem
von Detroit in die Südstaaten der USA oder
gegensätzlichen ökonomischen Rahmen-
Vorort von Toronto niedergelassen. Dirk Mil-
qualifizierte Menschen anzuziehen.
Seit die USA im Jahr 2001 ihre Einwande-
den Kanadiern sehr wohl. Vielleicht, weil
nach Kanada verlagert. Tatsächlich werden
bedingungen vereinen. Einen Grund zur
ler, Kommunikationsleiter von Siemens in
rungsgesetze verschärft haben, genießt
die tendenziell ein bisschen entspannter
heute mehr Autos in Ontario als in Michigan
Sorge hat das riesige Land dennoch nicht.
Kanada, betont, dass dieses Land auslän-
Kanada nun einen deutlichen Wettbe-
sind als Amerikaner. Und europäischer.
montiert. Die Wirtschaft in Kanadas Osten
Noch immer produziert Kanada einen Han-
dische Investoren begrüße. Viele deutsche
werbsvorteil auf dem nordamerikanischen
war in den letzten Jahren weniger gewachsen, weil einige Fertigungsindustrien we-
delsüberschuss. Auch sind die Arbeitskos-
Unternehmen sehen das Land als attrak-
Arbeitsmarkt. Letztes Jahr zum Beispiel er-
Ich habe auch einmal in Deutschland gelebt und sehe viele Gemeinsamkeiten. Ka-
ten laut der Regierung weiterhin die nied-
tives Sprungbrett zur Erschließung des grö-
öffnete Microsoft ein Entwicklungszentrum
nada ist ein Schmelztiegel verschiedens-
gen steigender Löhne und Rohstoffpreise
rigsten überhaupt in den G7-Staaten. Und
ßeren US-Markts, insbesondere seit das
in Richmond in British Columbia – das Un-
ter Kulturen. Deshalb sind wir offen für
neue Unternehmen aus dem Ausland. Wir
wickeln.
Mexiko. Sie fühlen sich im Umgang mit
in günstigere Regionen abwanderten. Da
die Lebenshaltungskosten steigen weniger
nordamerikanische Freihandelsabkommen
ternehmen geht damit den Problemen aus
die kanadische Wirtschaft, ähnlich wie die
stark als in den USA. „Inflation ist in Kana-
NAFTA gilt.
dem Weg, die es in den USA hatte, Visa für
reagieren da weniger abwehrend, als man
Bringt deutsche Magnet-Technologie nach
deutsche, stark exportabhängig ist (80 Prozent der Waren gehen in die USA), wird sich
da kein Thema“, so Robert Spector. Insge-
Der Getriebehersteller Getrag errichtete
ausländischen Mitarbeiter zu erhalten.
es in den USA oft tut.
Ontario: Geschäftsführer Ed Niewinski.
samt bieten sich also viele Gründe für aus-
im vergangenen Jahr ein neues Werk im
auch der gegenwärtige Konjunkturrückgang
ländische Unternehmen, über Standorte in
US-Bundesstaat Indiana zur Lieferung von
in den USA weiter negativ auswirken.
Kanada nachzudenken.
Doppelkupplungsgetrieben für den amerikanischen Autohersteller Chrysler. Der in
schreibt die wirtschaftliche Lage Kanadas
600 deutsche Unternehmen haben derzeit
Rheinland-Pfalz ansässige Magnetherstel-
so: „We have an economy that has one foot
Niederlassungen in Kanada. Traditionell
ler Thomas, der für Getrag viele Kompo-
in the freezer and one foot in the fire“. Im
gründen Europäer ihre kanadischen Depen-
nenten liefert, ging mit nach Nordamerika.
Brian Dawson von McLean Budden be-
20
pwc: | juli 2008
Kanada hat eine starke Fertigungsindustrie und
fördert zunehmend Rohstoffe. Für Unternehmer,
die Nordamerika erschließen und der Natur etwas
abgewinnen wollen, ist das der richtige Standort.
pwc: | juli 2008
Kontakt
[email protected]
[email protected]
www.pwc.com/ca
www.investincanada.gc.ca
21
pwc: Märkte
„Kommunikation
für mehr
Wachstum“
Dialogminds
Kommunikationsberatungs
GmbH
Es ist nicht alles so einfach, wie es der Call-
Kunden würden sich auch weiterhin richtig
90er-Jahre verzehnfacht hat, und er pro-
center-Manager Todd Anderson neulich im
angesprochen fühlen, solange die Inder den
gnostiziert, dass sich dieser Trend fortsetzt.
Kinofilm „Outsourced“ dargestellt hat: Man
richtigen Ton treffen – schließlich seien sie
Während Callcenter bisher vor allem von
schließe einen Betrieb in Seattle und eröff-
einfühlsam und intelligent.
Finanz-, Versicherungs- und Telekommu-
ne stattdessen einen auf der indischen Insel
Tatsächlich ist die Auslagerung von Call-
nikationsunternehmen genutzt wurden, er-
Gharapuri, der alles noch viel besser kann –
centern in die Ferne nicht unbedingt emp-
kennen nun auch zunehmend Verwaltungen,
und vor allem: viel billiger. Für einen Mit-
fehlenswert. Zwar gelten Länder wie Polen,­
Pharmakonzerne, Tourismusanbieter und
arbeiter in den USA könne man acht Inder
Türkei, Südafrika, Irland, Neuseeland und
der Mittelstand den Nutzen.
beschäftigen – diese Dumping-Formel hat-
auch Indien als effiziente Standorte mit
„Wann man sich für ein Callcenter entschei-
te Anderson von seinem Boss mit auf den
großem Potenzial. Aber die Aussicht auf
den sollte, lässt sich pauschal nicht beant-
Weg nach Indien bekommen. Im Prinzip
Einsparungen verschleiert oft den Blick auf
worten“, so Wolfgang Wiencke, Geschäfts-
bliebe alles beim Alten: Die amerikanischen
die Risiken – abgesehen davon, dass so-
führer von Profitel Consult. Jeder müsse
wieso niemand von einer Senkung der Per-
zuerst individuell prüfen, ob es sich lohnt,
sonalkosten um 87,5 Prozent ausgeht, so
telefonische Dienste überhaupt anzubie-
Die Anruf-Beantworter
wie im Film „Outsourced“ suggeriert wird.
ten, und dann, ob man sie outsourct. Dabei
„Es stimmt zwar, dass ein Agent in Polen,
gehe es nicht nur um Kundenkommunika-
Tschechien, Bulgarien oder Litauen sehr viel
tion: „Wenn ein Mitarbeiter wissen will, wie
weniger verdient als hier. Doch die Gehäl-
Die Callcenter-Branche boomt – weil Unternehmen ihren Kundenservice
verbessern wollen. Doch diese Rechnung geht nicht immer auf.
ter ziehen wegen der hohen Nachfrage an“,
sagt Harald Henn, Inhaber von Marketing
Resultant in Nackenheim. Und das, was
„Outsourced“-Held Todd Anderson gelingt,
Von Anja Dilk und Heike Littger
ist nicht die Regel: Er bringt die indischen
Telefonagenten in nur wenigen Wochen
auf Spur. Laut Henn kann eine realistische
­„Anlauf- und Anlernzeit“ dagegen zwei bis
drei Jahre dauern. Deutsche Unternehmen,
„Wir lassen
die
Leitungen
glühen.“
Telesense
Kommunikation GmbH
die ein Callcenter beauftragen oder gar
gründen wollen, sollten sich deshalb zuerst
auf den inländischen Markt konzentrieren.
viele Urlaubstage er noch hat oder welche
450.000 Menschen arbeiten zurzeit in
Kosten seine Betriebskrankenkasse über-
Deutschland in Callcentern. Das sind 1,3
nimmt, kann ein internes Callcenter diese
Prozent aller Erwerbstätigen – eine ­geringe
Fragen meist billiger beantworten als ein
Quote, wenn man sie mit den USA (circa 10
gut bezahlter Personalreferent.“
Prozent) oder Großbritannien (circa 4 Pro-
Auch Günther Greff, Herausgeber des
zent) vergleicht. Doch die Branche erwar-
­Online-Magazins „Call-Center-Experts“,
tet hierzulande ein starkes Wachstum. Der
will keine allgemeingültige Regel aufstellen.
führende Verband Call Center ­Forum (CCF)
Was er weiß, ist, dass Betriebe immer häu-
berichtet, dass sich der Markt seit Ende der
figer Callcenter brauchen, um auf die Wünsche ihrer Zielgruppen eingehen zu können:
„Kunden erwarten heute einen qualifizierten
und gut erreichbaren Service, und zwar
Arbeitsmarkt Callcenter I
auch von Handwerkern. Aber die können
Wie viele Männer und Frauen
beschäftigen Sie?
das mit ihrer Mannschaft oft nicht leisten.“
23 % Männer
Eines der ältesten Callcenter in Deutsch-
77 % Frauen
ter sitzen im Münchner Norden und blicken
land ist das der BMW Bank. 150 Mitarbeidurch die Fenster direkt auf die vier Zylindertürme des BMW-Hauptgebäudes. 85
Ja
Nein
Beklagen Sie einen Fachkräftemangel?
71 %
29 %
Haben Sie in den letzten zwölf Monaten
Personal aufgestockt?
63,3 %
36,7 %
Planen Sie im nächsten Jahr Personal
einzustellen?
74,5 %
Quelle: Management Circle, Call Center 2008
22
pwc: | juli 2008
pwc: | juli 2008
25,5 %
Prozent der Mitarbeiter sind Bankkaufleute,
und es ist keine billige PR, wenn die Bank
behauptet, dass ihre Kunden telefonisch
auf hohem Niveau beraten werden. Die firmeneigenen Mitarbeiter kümmern sich um
individuelle und komplexere Kundenanliegen. Weitere 150 Agenten von einem externen Dienstleister helfen bei einfachen Standardanfragen: Kontostand, Überweisungen
und sogar der Zusendung des Kfz-Briefs.
23
pwc: Märkte
Arbeitsmarkt Callcenter II
Wie viele Standorte hat Ihr Callcenter?
Arbeitsmarkt Callcenter II
„Mehr als
ein Job“
BUW
Holding GmbH
Standorte
Anteil in Prozent
Wie viele Standorte hat Ihr Callcenter?
65,1
1
Standorte
Anteil in Prozent
14,7
2
65,1
1
3
14,7
2
6,4
4
3
2,8
5
6,4
0,9
4
2,8
> 5
5,5
5
0,9
> 10
5,5
> 5
5,5
Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie?
> 10
5,5
Mitarbeiter
Anteil in Prozent
Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie?
25
bis 20
Mitarbeiter
Anteil in Prozent
bis 50
22,1
25
bis 20
bis 100
16,7
bis 50
22,1
bis 200
9,3
bis 100
16,7
bis 300
6,5
bis 200
9,3
bis 500
6,5
bis 300
6,5
> 800
2,8
bis 500
6,5
> 1000
6,5
> 800
2,8
> 5000
4,6
> 1000
6,5
Schon mehrmals hat BMW das Callcenter
Zu den hartnäckigen Problemen der Call-
wirken. Übrigens ärgerlich für die Deut-
eine Grünpflanze. Hektik erfüllt den Raum
gründlich erneuert: Erst übernahmen spezi-
center-Branche zählt tatsächlich das
sche ­Telekom: Viele der Cold Calls stam-
allerdings nicht. „Im Kundendialog arbeiten
elle Kundenberater gebündelt den Service,
Image. Dazu tragen immer wieder kri-
men von unabhängigen Dienstleistern, die
Menschen für Menschen“, sagt Neitzke,
dann wurde die Zuständigkeit nach Pro-
tische Berichte bei, wie etwa im vergan-
ihre wahre Identität verschweigen und
duktsparten gegliedert, zuletzt in Banking
genen Jahr Günter Wallraffs Undercover-
sich rechtlich in einer dunkelgrauen Zone
beiter ihre Kunden nur dann gut bedienen
und Leasing/Finanzierung unterteilt. „Die
Reportage­ über zwei Kölner Callcenter im
bewegen.
können, wenn sie ausgeglichen, zufrieden
Geschwindigkeit, mit der man die Struktu-
Magazin der „Zeit“. Die Reputation speist
ren immer wieder an neue Rahmenbedin-
sich aber nicht nur aus Vorurteilen, son-
Meinungen über Callcenter verbreiten sich
weder starre Dienstzeiten noch Vorgaben,
Quelle: Management Circle, Call Center 2008
Management.“ Also die Kombination von
gungen und Kundenerwartungen anpassen
dern aus den Erfahrungen mit einem Teil
im Internet mausklickschnell. Und nicht
wie viele Telefonate pro Stunde geführt
Quelle: Management Circle, Call Center 2008
Telefon, E-Mail, Internet-Chat, SMS oder
muss, ist gewaltig“, sagt Melanie Schillinger,
der Branche, die viele Menschen ma-
immer nur nachteilhaft: Die niederlän-
werden müssen. Keiner der Mitarbeiter
Leiterin der Kundenberatung bei der BMW
chen. Jeder kennt das Problem: An einem
dische Versandapotheke DocMorris zum
solle so wirken, als wolle er dem Kunden
tiert der Kunde 2.0 im Bewusstsein vieler
Bank. „Ein Kunde, der eine Adressände-
schönen Samstagmorgen – das Frühstück
Beispiel, bei der Apotheker und Apothe-
sagen: Fass dich kurz, du verdirbst mir
Unternehmen nicht“, moniert er. Dieser
„und wir sind überzeugt, dass unsere Mitar-
und informiert sind.“ Deswegen diktiere sie
> 5000
4,6
In Australien werden dadurch jährlich erhebliche Umsätze generiert, im vergangenen Jahr fast 16 Milliarden Dollar.
„Eine wichtige Voraussetzung für Up- und
Cross-Selling“, ergänzt Klaus Schulten,
­Senior Manager bei PricewaterhouseCoopers, „ist zeitgemäßes Multichannel
MMS im Kundenservice. „Bislang exis-
rung mitteilen möchte und dreimal weiter-
steht auf dem Tisch – kommt ein An-
kenhelferinnen ans Telefon gehen, genießt
die Taktzahl. 2006 holte die Direktbank
Das Ergebnis: „ein Werbe-GAU“. Die Kun-
Kunde sei selbstbewusst, konsumorien-
verbunden wird, weil für Kreditkarte, Lea-
ruf: Wollen Sie Ihren Telekom-Tarif wech-
einen guten Ruf. Anders dagegen Cy-
die bis dato ausgelagerte Callcenter Ser-
den kaufen lieber woanders. Stockmann fin-
tiert, gut informiert und anspruchsvoll. „Er
singvertrag und Anlage unterschiedliche
seln? Wir haben da ein neues Angebot für
berport: Dem Dresdner Versandhaus für
vice GmbH ins Unternehmen und handelte
det das absurd: „Eine Marketingkampagne
möchte frei über seinen Kommunikati-
Abteilungen zuständig sind, wird das als
Sie. Im Fachjargon nennt man die Anrufe
Technik, Medien und Lifestyle wurde zwar
mit Verdi einen unternehmensweit einheit-
mit einem Etat von rund 100 Millionen Euro
onskanal entscheiden und nutzt selbst-
schlechten Service empfinden.“
Cold Outbound Calls – im Unterschied zu
2005 der begehrte ECCCO überreicht,
lichen Tarifvertrag aus. Neitzke: „Das hat
scheitert wegen knapp 75.000 Euro.“
verständlich und bevorzugt die Neuen
eine enorme Integrationswirkung.“
Die Direktbank von BMW wurde 2005 mit
­Anrufen, die Kunden aktiv tätigen, die also
doch seitdem klagen User darüber, dass
dem deutschen Quality Award ausgezeich-
in einem Callcenter ankommen und dort
der Service sich zunehmend verschlech-
net, im vergangenen Jahr erhielt sie den in-
Inbound Calls genannt werden. Cold Out-
tert. Lange Wartezeiten, unfreundliches
Um solche Abstimmungsfehler zu vermei-
Medien. Gerade die heranwachsende
den, setzen ­Unternehmen zunehmend so
Generation hat diese Erwartungen und
Es wäre begrüßenswert, wenn sich solche
genannte Chief Customer Officer (CCO) ein,
empfindet den Kontakt über E-Mail und
ternationalen ECCCO Award für ihren inno-
bound ist mitunter ein schwieriges und ris-
Personal, Standardantworten, Standard-
Prinzipien auch anderswo durchsetzen
die die Zusammenarbeit von Produktent-
Chat als persönlichen Kontakt“, prognos-
vativen Kundenservice im Callcenter. Dazu
kantes Geschäft, weil solche Anrufe ohne
mails. Das zeigt: Die wahre Performance
würden. Aber die wenigsten Unternehmen
wicklung, Vertrieb, Marketing und Kunden-
tiziert Schulten. Insgesamt diene das
Melanie Schillinger: „Wir sind stolz auf un-
Zustimmung des Kunden streng genom-
eines Callcenters muss täglich aufs Neue
ahnen offenbar, wie stark das Callcenter
service koordinieren. Diese Bündelung der
Multichannel Management auch dazu,
seren Spirit und unsere Leistung. Trotzdem
men illegal sind. Und weil sie auf Kunden
bewiesen werden – das macht das Image
als Aushängeschild einer Firma fungiert.
Verantwortungen in einer Person schafft ei-
die Qualität und die Glaubwürdigkeit der
kämpfen wir weiterhin mit dem Image der
nicht selten unmotiviert, unseriös und bis-
zu einem fragilen Gut.
Ein typischer Fall: In deutschen Großstäd-
nen Wettbewerbsvorteil, weil erst eine zen-
Callcenter zu steigern. Und ob es nun in
Callcenter.“
weilen auch aggressiv und inkompetent
Die Managerberaterin Anne Schüller aus
ten tauchen auf einmal Werbeplakate mit
trale Instanz imstande ist, die Interessen von
Indien, Seattle oder Deutschland steht,
München stuft Loyalität als schärfste Waffe
wenig Informationsgehalt auf. Printanzei-
Unternehmen und Kunden zusammenzu-
ist dann (fast) egal.
der Verbraucher ein und wundert sich, wa­
gen, Radio- und TV-Spots flankieren die
bringen und positive Netzwerkeffekte herzustellen. Die Australierin Catriona Wallace,
rum Unternehmen genau diese immer wie-
Kampagne. Erst am angekündigten Tag X
der mit ihren Callcentern aufs Spiel setzen.
wird das Produkt gezeigt und eine Telefon-
Präsidentin von Callcentres.net, sieht einen
„Sie interessieren sich nicht für den Kunden.
nummer veröffentlicht, unter der man sich
großen Wert des CCO auch darin, Verkaufs-
Sie kennen ihn nicht. Sie wissen nicht, was
umfassend informieren kann. Ausgerech-
potenziale bei Inbound-Anrufen optimal zu
er will, was er braucht, wie er tickt.“ Das
net an diesem Punkt hat die Geschäftsfüh-
nutzen, indem neue Versionen (Up-Selling)
Problem liege nicht bei den Callcenter-Mit-
rung den Rotstift angesetzt. CCF-Präsi-
oder auch zusätzliche Produkte (Cross-Sel-
arbeitern, sondern an ihrem Auftrag: „Der
dent Manfred Stockmann erzählt den Fall
ling) angeboten werden. Denn der CCO er-
lautet leider häufig: freundlich, aber be-
zu Ende: „Statt 100.000 Euro nimmt man
möglicht die zielgruppenspezifische Anspra-
stimmt abwürgen und dem Kunden mög-
nur 25.000 Euro in die Hand, streicht Per-
che, indem er systematisch Informationen
lichst ein neues Produkt andrehen.“ Was
sonal und Schulungen. Die Agenten sollen
über Kunden und Produkte an die Callcen-
aber entscheidend sei, so Schüller, „ist die
sich auf simple Auskünfte beschränken.“
ter-Mitarbeiter weitergibt.
„Die Kunst
des
guten Dialogs“
Defacto
Call Center GmbH
Wahrnehmung des Kunden: Werde ich so
behandelt, dass ich mich wohlfühle?“
Von einer „gefühlten Nähe“, spricht auch
Gabriele Neitzke, Bereichsleiterin im Kundendialog der ING-Diba. 700 Mit­arbeiter
arbeiten für sie rund um die Uhr. Die Callcenter sehen aus wie viele andere auch:
helle Tische, grauer Teppich, hier und da
24
pwc: | juli 2008
Callcenter tragen viel zum Image von Unternehmen bei, für gewisse Produkte sind sie prägend.
Deshalb müssen sie erstklassig geplant und
geführt werden, das heißt: im Dienst der Kunden.
pwc: | juli 2008
Kontakt
[email protected]
Tel. 0211 981-7552
www.ccf-ev.de
www.call-center-experts.de
25
pwc: Märkte
Ab in die Mitte
„Viele Private-Equity-Investoren kaufen ­jetzt Kredite ihrer eigenen Portfoliounternehmen.“
Ulrich Wlecke, Geschäftsführer von Alixpartners
Die Zeit der Mega-Deals ist für Private-Equity-Investoren vorbei – sie müssen
heute kleine Brötchen backen und setzen auf den deutschen Mittelstand.
Von Detlef Gürtler
Trendbericht
Die wachsende Begeisterung der Branche
deren Hilfe Private-Equity-Fonds Mega­
Laut des aktuellen
Trendreport, in dem PwC jährlich die Private-
übernahmen gestemmt hatten. Sie bekamen
„Private Equity Trend
Equity-Szene in Europa beleuchtet. Diesem
die Banken nach Ausbruch der Kreditkrise im vergangenen Sommer nicht mehr aus
Report“ von PwC wol-
zufolge belegt Deutschland Platz drei in der
len 62 Prozent der be-
ihren Büchern. Im Frühjahr 2008 verkaufte
fragten Fondsmanager
Rangliste der europäischen Länder, in denen zuletzt besonders hohe Erträge erreicht
Sie sind die neuen großen Probleme der
­Finanzwelt: die Multi-Milliarden-Kredite, mit
die Citigroup dann Private-Equity-Kredite im
Nennwert von 12 Milliarden Dollar mit 10prozentigem Abschlag – an die drei PrivateEquity-Unternehmen Apollo, Black­stone und
Texas Pacific. Das ist nicht der einzige Fall.
Am weltweit­ stattfindenden Deleveraging,
bis 2013 in Deutschland investieren, bis dato sind es nur 46
Prozent. Zugleich sehen sie in Deutschland
das größte Wertschöpfungspotenzial.
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc302
in denen sie für die Zukunft mit besonders
hohen Erträgen rechnen.
Um diese Erwartungen zu erfüllen, werden
die Fonds weniger auf Finanzakrobatik und
mehr auf konkreten Einsatz in den BeteiliBurton, Leiter des Private-Equity-Teams der
die Kredit­blase maßgeblich verursacht ha-
mittelgroßen Volumina konzentrieren.“ Also
ben: „Viele ­Private-Equity-Investoren kaufen
Deals mit Volumen zwischen 100 und 500
ist ein Schlüsselfaktor für die Sicherung der
jetzt Kredite ihrer eigenen Portfoliounterneh-
Millionen Euro. Und damit konzentrieren sie
Renditen. Einige Fonds verwenden schon
men“, sagt Ulrich Wlecke, Geschäftsführer
des auf Restrukturierungen spezialisierten
sich fast automatisch auf – Deutschland.
Brun-Hagen Hennerkes, Vorstandsmitglied
Management. Der Trend setzt sich fort.“
Beratungsunternehmens Alixpartners. So
der Stiftung Familienunternehmen, schätzt,
könnten sie mit einem Abschlag von 20 Prozent zurückkaufen, was sie sonst zu 100
dass hierzulande allein 3.000 bis 4.000 Mit-
„Hands-on ist gesund“, sagt Biedermann.
telständler in Familienbesitz für Private-Equi-
„Wer eine gute Rendite erzielen will, muss auf
Prozent zurückzahlen müssten.
PwC-Eurofirms: „Hands-on-Management
jetzt mehr Ressourcen auf aktives Portfolio-
ty‑Investoren ins Visier kommen könnten.
der operativen Ebene arbeiten.“ Insbesonde­
Und das große Angebot zieht die Nachfra-
re gilt das für ein Marktsegment, dem Bieder­
Neue Mega-Deals kann die Private-Equi-
ge an. „Hier gibt es deutlich mehr und deut-
mann eine sehr dynamische Entwicklung
ty-Branche zwar kaum noch verzeichnen,
lich größere mittelständische Unternehmen
voraussagt: Distressed Debt und Distressed
denn die Übernahme von Großkonzernen
als in anderen europäischen Ländern“, sagt
Equity, also die Übernahme von Schulden
können sie nicht mehr stemmen. Der Grund:
Wolfgang Biedermann, Deutschlandchef
oder Eigentumsanteilen von Firmen, die
Das ­Leverage („der Hebel“), das sich aus der
von HIG Capital.
Das Private-Equity-Unternehmen hat im
Schwierigkeiten haben. Die Zahl dieser Fälle
ergibt, ist durch die Kreditkrise drastisch gesunken. Doch führt das laut Daniel Knüsel,
Jahr 2007 seinen ersten europäischen
der Weltkonjunktur und auch durch eine
Fonds mit Eigenmitteln von 600 Millionen
Bereini­gung der Kreditportfolios der Banken.
Financial-Services-Experte bei PricewaterhouseCoopers (PwC) eher zur Verlagerung
Euro für die Übernahme kleiner und mittelgroßer Unternehmen aufgelegt. HIG Capital
Bieder­mann sieht darin auch für die Betroffenen eine Chance. „Natürlich handelt es
als zur Verringerung der Aktivitäten: „Nach
agiert von London, Paris und Hamburg aus.
sich um Unternehmen in Schwierigkeiten –
Höhe der Fremdfinanzierung am Kaufpreis
wird zunehmen: durch die Abschwächung
wie vor verzeichnen die Fonds bei den Ei-
„Der Teich, in dem wir fischen können, ist in
aber die wären noch größer, wenn es keine
genmitteln hohe Zuflüsse. Es ist daher zu
Deutschland besonders groß“, sagt Biedermann.
Private-Equity-Investoren gäbe, die in solchen Situationen zum Einstieg bereit sind.“
erwarten, dass sie sich auf Übernahmen mit
Das Fremdkapital wird knapp, doch den PrivateEquity-Firmen steht weiterhin viel Eigenkapital zur
Verfügung. Das ist für sie eine ideale Ausgangs­
lage, um den deutschen Mittelstand zu kaufen.
pwc: | juli 2008
werden konnten – und Platz eins der Länder,
gungsunternehmen setzen müssen. Richard
also der Verringerung von Kreditfinanzierungen, beteiligen sich auch diejenigen, die
26
für Deutschland bestätigt auch der aktuelle
pwc: | juli 2008
Kontakt
[email protected]
Tel. 069 9585-1251
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27
pwc: Trends
Mein Netzwerk und ich
Mitglied in einem sozialen Netzwerk wie
Myspace oder Xing ist heute fast jeder, der
regelmäßig im Internet surft. Die meisten
sind gleich in mehreren vertreten. Das gilt
für alle Altersklassen. Und 70 Prozent der
Mitglieder wollen ihrem wichtigsten sozialen Netzwerk sogar „für immer“ treu bleiben. Wer mit sozialen Netzwerken Geld
verdienen möchte, wird aber weiterhin auf
Werbeeinnahmen setzen müssen, „denn
allen Treueschwüren zum Trotz würden nur
wenige Nutzer auch einen Mitgliedsbeitrag
Planungsfehler. Viele Einkäufer achten nur
an ihre virtuelle Gemeinschaft entrichten“,
auf den Preis – dabei machen Fracht- und
sagt Arno Wilfert, Technologie-Experte
andere Logistikkosten wie Verzollung etwa
bei PwC. Eine Studie­ zu dem Thema zeigt,
ein Drittel der gesamten Beschaffungs­
kosten aus. Mangelnde Abstimmung mit der
dass 37 Prozent der ­befragten Nutzer sogar personalisierte Werbung akzeptieren
Logistikabteilung kann daher Folgen haben:
würden – und das hieße höhere Werbeer-
Bestellt beispielsweise der Einkäufer zwar
löse. Interessant ist zudem, dass zahl-
reiche Netzwerke amerikanischer Herkunft
mittlerweile von lokalen Anbietern überholt
wurden. Online-Info: www.pwc.de/de/pwc308
lichem und latentem Steueraufwand zum
Gewinn vor Steuern eines Unternehmens
die Logistikkosten schnell den ursprüng-
wieder.
die höheren Kosten der Qualitätssiche­rung.
Dennoch: Die Hälfte der Befragten ­beschafft
Jedes dritte Unternehmen nimmt bei der
(BME) Verantwortliche von 203 Firmen
seit mehr als fünf Jahren Waren und Vorprodukte in China. Laut Harald Kayser, der bei
Beschaffung in China Verluste in Kauf, wie
­befragt, die in China vertreten sind. Firmen
PwC die China Business Group leitet, sind
die Studie „Beschaffungslogistik im China­-
zahlen demnach bei Produktgruppen, die
oft strategische Gründe entscheidend. „In-
­Geschäft. Kosten – Prozesse – Strate-
ternational agierende Konzerne kommen al-
gien“ ergeben hat. PwC hat für die Studie in
sie kostengünstig beschaffen, durchschnittlich 19 Prozent weniger als in Deutschland.
­Zusammenarbeit mit dem Bundesverband
Im schlechtesten Fall zahlen sie 2 Prozent
Markts nicht an China vorbei.“ Materialwirtschaft, Einkauf und ­Logistik
mehr. Eine Ursache hierfür sind zum einen
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc300
lein schon aufgrund der Größe des lokalen
Die Welt im Jahr 2050: China ist die Weltmacht, während die USA und Indien um den zweiten Platz ringen. Auch Russ­land und Mexiko sind bedeutende Wirtschaftsmächte. Deutschland ist kaum mehr der Rede wert. Ist das die
Realität in 42 Jahren? Im ­Fokus der Studie „The World in 2050“
von PwC stehen die BRIC-Staaten ­(Brasilien, Russland, Indien
und China) sowie weitere 13 aufstrebende Volkswirtschaften.
Das chinesische Bruttoinlandsprodukt wird das der USA bis ungefähr 2025 übersteigen. Der Einfluss der etablierten Ökono­mien
Vertrauensvoll verbunden
Der deutsche Mittelstand merkt
Von den Verbundgruppen, die
die internationale Kreditkrise
in den vergangenen Jahren in
mit überwiegend unge­eigneten
Personen besetztes Über­
... und ich sage dir, welche Position du hast. Mit dieser Faustregel­ liegt man einer neuen
wirkungen registrieren. Auch
wachungsgremium. 74 Prozent
PwC-Studie zufolge meistens richtig. Vorausgesetzt natürlich, der Angestellte verfügt
von einer Kreditverknappung
verfügten über kein oder ein
überhaupt über ein Firmenauto: Im mittleren Management kommen 36 Prozent in den
ist trotz weltweiter Liquiditäts­
nur bedingt wirksames Risiko­
Genuss, im gehobenen 72 Prozent, in Vorstand und Geschäftsführung 95 Prozent. Die
Was der Dienstwagen kosten darf
tionsaffären beigetragen. Eine aktuelle PwC-Untersuchung belegt
nun, dass die besonderen Anforderungen von kooperativen Netz-
des Kreditumfelds für mittelständische Unternehmen ist nicht ausgeschlossen.“ Das sehen die Unternehmer ähnlich: Jeder Fünfte
werken einen eigenen Network-Governance-Ansatz erfordern. Denn
Unternehmensführung
das Vertrauen der Netzwerkpartner aufzubauen und zu halten stellt
Obere Führungskräfte
für sie die Geschäftsgrundlage dar. Online-Info: www.pwc.de/de/pwc307
Mittleres Management
Maximale monatliche Leasingrate in Euro
Quelle: PwC
pwc: | juli 2008
Kennziffern wie Gewinn pro Aktie ein.
Was bringt die Unternehmenssteuerreform
2008 für die Konzernsteuerquote?
Sie senkt das deutsche Steuersatzniveau.
Dadurch sinkt aus steuerlicher Sicht der Nutzen hoher Fremdkapitalzinsen im Inland. Daher kann es sinnvoll sein, steuerlich abzugsfähige Zinsen ins Ausland zu verlagern, um
dort eine höhere Steuerersparnis durch den
ihre Kapitalstruktur also an die veränderten
Studie „Firmenwagen – Aktuelle Praxis und Trends 2008“ zeigt auch, dass sich das Modell an der Hierarchieebene orientiert. Mitglieder der Unternehmensleitung fahren in 58
­Mittelstand, warnt aber vor zu viel Optimismus. „Eine Veränderung
28
te wirkt auf wichtige kapitalmarktrelevante
Zeige mir deinen Dienstwagen ...
Winkeljohann, PwC-Vorstandsmitglied und Leiter des Bereichs
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc306
quote von Wettbewerbern. Die Steuerquo-
Konzernsteuerquote zu optimieren.
80 Prozent kein oder ein nur
rechnet damit, das Finanzierungskonzept überdenken zu müssen. häufiger die Entwicklung der Konzernsteuer­
Rahmenbedingungen anpassen, um so ihre
PwC-Umfrage an, dass sie keine oder nur sehr geringe Aus-
noch jemand. Dazu hat auch die öffentliche Diskussion um Korrup-
entiert sind, vergleichen Analysten immer
­Bereichs Makroökonomie bei PwC. Online-Info: www.pwc.com
eine Krise gerieten, hatten rund
managementsystem. Dass Corporate Governance einen konkreten Nutzen bringt, bezweifelt kaum
nehmenswert?
Bei Unternehmen, die am Kapitalmarkt ori-
Zinsabzug zu erzielen. Unternehmen müssen
bislang kaum. Acht von zehn
engpässe wenig zu spüren.
Welche Auswirkung hat sie auf den Unter-
werde definitiv abnehmen, betont John Hawksworth, Leiter des
Unternehmen gaben in einer
Rund 90 Prozent der Unternehmen können sich zu gleichen Bedingungen refinanzieren wie vor Ausbruch der Krise. Prof. Norbert
pwc: Was ist die Konzernsteuerquote?
Stein: Sie gibt das Verhältnis von tatsäch-
beim günstigsten Zulieferer, der jedoch weit-
lichen Preisvorteil auf. Zum anderen be-
Kreditkrisensicherer Mittelstand
... zur Konzernsteuerquote
ab vom nächsten Hafen produziert, zehren
denken viele Unternehmen nicht genügend
Von wegen billig!
Drei Fragen an ...
Volker Stein
pwc: | juli 2008
757
S-Klasse-Mercedes oder Vergleichbares. Eine Ebene tiefer sieht das an-
994
617
der 137 befragten Unternehmen einen
ders aus: Nur sechs Unternehmen stellen oberen Führungskräften auch einen
Wagen der oberen Klasse bereit. Volker Stein ist bei PwC Experte für Online-Info: www.pwc.de/de/pwc309
internationale Steuerplanung.
29
pwc: Wissen
Warten auf BilMoG
Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz reformiert das HGB gründlich. Was
erhoffen und befürchten Unternehmen und Unternehmer davon?
Von Ulrike Wirtz
Das Versprechen steht verheißungsvoll im
rer, auch börsennotierte Unternehmen, ob­
Euro Umsatzerlös und 50.000 Euro Jahres­
Raum: 1,3 Milliarden Euro sollen kleine und
schon diese ihre Konzernabschlüsse bereits
überschuss an den Abschlussstichtagen
mittlere Unternehmen durch das Bilanz­
nach IFRS vornehmen müssen. Das BilMoG
in zwei aufeinanderfolgenden Geschäfts­
rechtsmodernisierungsgesetz, BilMoG ge­
liegt seit Ende Mai als Entwurf der Bundes­
jahren.
Den Einspareffekt durch Bürokratieab­
nannt, sparen. Das behauptet jedenfalls
regierung vor. Viele Betroffene befassen
das Bundesjustizministerium (BMJ), das
sich vorsorglich schon seit Monaten mit
bau in dieser Gruppe beziffert das Haus
für die Novelle zuständig ist. Das BilMoG
den avisierten Änderungen handelsrecht­
licher Ansatz-, Ausweis- und Bewertungs­
Zypries auf 1 Milliarde Euro. Kapitalge­
maßgeblichen Punkten, um die handels­
rechtlichen Jahresabschlüsse den internatio­
vorschriften. „Die Unternehmen sollten die
gewisse Erleichterungen partizipieren, da
neue Lage frühzeitig analysieren, um ihre
geplant ist, die Schwellenwerte für die Grö­
ßenklassen um 20 Prozent anzuheben. Das
erneuert das Handelsgesetzbuch (HGB) in
sellschaften sollen daran ebenfalls durch
nalen Rechnungslegungsvorschriften IFRS
Anpassungsprozesse rechtzeitig zu identifi­
und damit internationalen Gepflogenheiten
zieren und zu implementieren“, rät BilMoG-
lässt die Zahl dieser Firmen wachsen, die
bei der Rechnungslegung anzupassen.
Experte Borcherding.
dann weitere 300 Millionen Euro einsparen.
Er sieht außerdem klare Vorteile der Reform,
Aber zu denen gehören weder die Weser-
die er den Unternehmern aufzeigen will:
Ems Busverkehr GmbH mit einem Umsatz
Manche erprobten Regeln sollen entfallen.
„Zum Beispiel Vorgaben wie die umgekehr­
te Maßgeblichkeit der Steuerbilanz für die
„Sie sorgt für eine Bereinigung steuerlich
von 60 Millionen Euro noch die NTB mit
Handelsbilanz. Und aus dem Verbot, selbst
bedingter Ansätze und insgesamt für eine
erstellte immaterielle Vermögensgegenstän­
de zu aktivieren, wird ein Gebot“, so Andre­
realistischere Darstellung der Leistungsfä­
higkeit, ohne dass ein Unternehmen gleich
Für Geschäftsführer Pieperjohanns ist es
as Borcherding, Wirtschaftsprüfer und bei
ganz auf IFRS umstellen muss. Das wird
unbedeutend, dass er nicht in die begüns­
PricewaterhouseCoopers (PwC) sozusagen
sich in vielen Fällen positiv auf das ausge­
tigte Gruppe fällt. Viel wichtiger ist für ihn,
der Chefbetreuer der Reform.
Das Ziel der Novelle: Buchführung und Bi­
lanzierung sollen billiger, unbürokratischer
und globaler werden. „Aber die Kostener­
einem Umsatz von 114 Millionen Euro.
„Für mittelgroße Unternehmen wie das unsere
bringt die Novelle mehr Bürokratie mit sich.“
Jörg Colberg, kaufmännischer Leiter North Sea Terminal Bremerhaven GmbH & Co
sparnis können nur kleine Mittelständler re­
Rechnet nicht mit Kosten-
ersparnissen durch BilMoG:
30
alisieren. Für mittelgroße Unternehmen wie
wiesene Eigenkapital auswirken.“ Was wie­
dass das neue HGB dann die IFRS-Bilanz­
das unsere bringt sie sogar mehr Bürokra­
derum – auch international – ein besseres
werte übernimmt. Weser-Ems Busverkehr
tie mit sich“, sagt Jörg Colberg, kaufmän­
Rating bedeuten kann, wenn deutsche Un­
müsse wegen seines Gesellschafters Deut­
nischer Leiter der North Sea Terminal Bre­
ternehmen sich refinanzieren müssen. Bor­
sche Bahn AG bereits nach IFRS bilanzie­
merhaven GmbH & Co (NTB). In die gleiche
cherding: „Künftig können sie die Banken
ren. „Allerdings wird weiterhin ein HGB-
Kerbe schlägt André Pieperjohanns. „Die
allein mit der Handelsbilanz von ihrer Leis­
Einzelabschluss verlangt. Ein befreiendes
Reform macht umfassende Anpassungen
tungsfähigkeit überzeugen.“
Wahlrecht, wie es schon einmal geplant
in Ausweis und Bewertung nötig. Entspre­
chend hoch ist der Umstellungsaufwand.
Doch vorher gilt es, Hausaufgaben zur
war, gibt es dagegen nun doch nicht“, mo­
niert Pieperjohanns.
Ich sehe für uns keine Kostenersparnis,
neuen Rechnungslegung zu machen. Da­
In der gleichen Bürokratiefalle befindet sich
nicht einmal eine Kostenneutralität“, so der
mit beginnen Colberg und Pieperjohanns
die NTB. Jörg Colberg: „Denn BilMoG nä­
Geschäftsführer der Weser-Ems Busverkehr
schon jetzt, „um eben nicht von den kom­
hert das HGB dem IFRS nicht so weit an,
plexen Anforderungen überrascht zu wer­
dass künftig der IFRS-Abschluss für die
den“. So erkannten sie schnell, dass ihre
Einbeziehung in den Konzernabschluss der
Gesellschafter Maersk und Eurogate auch
Jörg Colberg, kaufmännischer
GmbH aus Bremen.
„BilMoG im Klartext“ heißt das Seminar, an
Leiter der North Sea Terminal
dem die beiden Manager mit 130 weiteren
Unternehmen von der versprochenen Kos­
Bremerhaven GmbH & Co (NTB).
Unternehmensvertretern jüngst teilnahmen.
tensenkung nicht profitieren. Die stellt sich
für den Einzelabschluss dienen kann und
Es ist eines von mehr als 20 Seminaren
in erster Linie bei kleineren Einzelkauf­
sich damit der Mehraufwand deutlich re­
duziert.“ Wo genau die Differenzen liegen,
pwc: | juli 2008
zum Thema, die PwC bundesweit anbietet.
leuten ein, die laut Novelle ganz von der
Die Veranstaltungen haben großen Zulauf,
Buchführungspflicht befreit werden sollen.
müsse NTB aber noch prüfen, derzeit herr­
denn die Novelle betrifft alle HGB-Bilanzie­
Dazu gehören die mit höchstens 500.000
sche hier noch keine abschließende Klarheit.
pwc: | juli 2008
31
pwc: Wissen
tig mit einem von der Bundesbank ermit­
Andererseits kann, wer allein handelsrecht­
lich nach dem neuen BilMoG bilanziert,
Vermisst das befreiende
telten und veröffentlichten durchschnitt­
bedingt aufatmen. Das betont Bernhard
Wahlrecht zwischen IFRS
lichen Marktzins abzuzinsen. Das gilt
kosten von Patenten
Bieckmann von PwC Bremen, Gastge­
und HGB: André Pieper­
auch für Pensionsrückstellungen. „Hier
aktivieren: Hans-Heiner
Muss Entwicklungs­
ber des dortigen Seminars. „Vielen mittel­
johanns, Geschäftsführer
sollen ein durchschnittlicher marktüb­
Eddelbüttel, Lisega-
ständischen Unternehmen wird durch das
der Weser-Ems Busver­
licher Zinssatz sowie künftige Gehalts- Vorstand und CFO.
BilMoG, jedenfalls vorläufig, eine Umstel­
kehr GmbH, Bremen.
und Rentensteigerungen zu berücksichti­
lung auf das komplexe IFRS-Regelwerk er­
gen sein. Damit werden die Lasten besser
spart. Denn das BilMoG wird zu aussage­
dargestellt als bisher. Das war schon lan­
fähigeren Abschlüssen und damit zu mehr
ge wünschenswert“, stellt Borcherding
Akzeptanz im internationalen Vergleich füh­
lungskosten aktivieren“, sagt Lisega-Fi­
Problematisch ist auch, dass das BMJ
klar. Steuerlich seien Rückstellungen nach
gen, die im ersten Quartal des Folgejahres
lichen Verlustvorträgen, zu buchen.
ren.“ Der Zeitaufwand für die umfangreichen
nanzvorstand Hans-Heiner Eddelbüttel.
die Steuerneutralität verspricht – obgleich
wie vor mit dem Teilwert unter Anwen­
nachgeholt werden. „Wir bewirtschaften
Latente Steuern entstehen immer dann,
IFRS-Anhangangaben werde in der Praxis
Dafür müsse man die Forschungs- und
dies unter die Hoheit des Bundesfinanz­
dung von 6 Prozent anzusetzen. Kosten­
oft unterschätzt. „Der Anhang kann 70 bis
Entwicklungskosten der einzelnen Auf­
ministeriums (BMF) fällt. Das Problem
steigerungen dürften nicht berücksichtigt
im nördlichen Hafengelände von Bremer­
haven ein riesiges Areal, und uns oblie­
von der in der Steuerbilanz abweicht –
90 Seiten erreichen“, sagt Bieckmann.
träge erfassen und über die Nutzungszeit
stellt sich insbesondere bei dem vom
werden. Unterm Strich führt das zu einer
gen Flächensanierungen, die sich aber
es kann um die Bewertung von Vorräten,
abschreiben, Forschungskosten blieben
BMJ betriebenen Wegfall der umgekehr­
Erhöhung des Postens. Lisega-Vorstand
erst in den Folgeperioden auswirken.“ Der
den Ansatz von Rückstellungen oder um
Eine der wichtigen Änderungen, die den
Aufwand. Da die Nutzungszeiten sich aber
ten Maßgeblichkeit. Davon betroffen sind
Eddelbüttel: „Das rechnen wir bei unseren
Gesetzgeber sehe hier Manipulationsge­
die Wertberichtigung eines Grundstücks
Mittelstand schon jetzt umtreiben: Künf­
ändern, muss zu jedem Jahresabschluss
vor allem Rücklagen für Reinvestitionen
fahren und fürchte Steuerausfälle. „Dabei
tig sind laut Regierungsentwurf unter be­
oder Ersatzbeschaffungen. Dem BMF ob­
gehen. Auch Verlustvorträge sind einzu­
beziehen. Dazu Wandel: „Das zwingt uns
stimmten Umständen selbst geschaffene
aufs Neue eine entsprechende Betrach­
tung stattfinden. „Das ist für uns ein bedeu­
Pensionsrückstellungen derzeit vorsorg­
lich durch, um zu sehen, was da eventuell
immaterielle Vermögensgegenstände des
tender Mehraufwand“, so Eddelbüttel.
liegt es nach wie vor zu erklären, ob die
Bildung dieser Rücklagen steuerlich wei­
ter möglich ist. Aber bislang hält es sich
Anlagevermögens in der HGB-Bilanz zu
schauen die Wirtschaftsprüfer doch ge­
wenn die Bewertung in der Handelsbilanz
vor allem auch dazu, Handels- und Steu­
„Wir rechnen die Pensionsrückstellungen vorsorglich durch, um zu sehen, was auf uns zukommt.“
erbilanz gleichzeitig aufzustellen. Das be­
deutet viel Zeitaufwand und paralleles Ar­
aktivieren – eine der Neuerungen, in de­
nen sich die Abkehr vom bewährten Vor­
Was der Lisega-Vorstand ebenfalls be­
zu den aus seiner Sicht kritischen Punk­
mängelt: „Durch diese Änderung klaffen
ten bedeckt. „Dabei würde man sich wün­
sichtsprinzip manifestiert. Allerdings sollen
HGB- und Steuerbilanz demnächst noch
schen, frühzeitig auch die steuerlichen
aktivierte Posten explizit mit einer Aus­
weiter auseinander. Auch das bedeutet
Folgen der handelsrechtlichen Ände­
aufs Unternehmen zukommt.“ Auf jeden
nau hin, ob der Aufwandsposten berech­
schüttungssperre belegt werden. Die For­
für uns unnötig mehr Arbeit.“ Denn laut
rungen zu kennen“, betonte PwC-Exper­
Fall empfehle sich eine rollierende Pla­
tigt ist“, betont Colberg.
ben die Unternehmer ihre Planbilanzen für
schungskosten bleiben dagegen von der
te Borcherding beim Bremer Seminar und
nung, rät Borcherding, „denn die Anpas­
Auch Thomas Wandel, den Geschäftsfüh­
2009 aufgestellt. Nachdem nun die Bun­
Aktivierung ausgeschlossen. Diese Neue­
BMJ – als treibende Kraft hinter der No­
velle – bleibt es beim Aktivierungsverbot
traf damit den Nerv der Teilnehmer. Sie
sungen können über 15 Jahre verteilt wer­
rer der Saturn Petfood Group, ein Unter­
desregierung ihre Vorstellungen vom künf­
rung erfasst zum Beispiel Patente aller Art
für die Steuerbilanz, sodass die Aufwen­
applaudierten laut. „Man tappt hier leider
den. Man sollte vorher überlegen, auf wie
nehmen der Heristo-Gruppe, beschäftigen
tigen BilMoG präsentiert hat, können die
und selbst entwickelte Software.
dungen grundsätzlich weiterhin als Be­
noch völlig im Dunkeln“, sagt auch Wolf­
gang Kloppenburg, zuständig für Finance
viele Jahre die Aufstockung verteilt wird.“
die geänderten Regeln bei den Rückstel­
Unternehmen erste konkrete Maßnahmen
Für NTB ist das kein Problem, da keine
lungen und der zusätzliche Aufwand, der
ins Auge fassen. „BilMoG ist nicht IFRS
und Controlling bei der Brinkmann Tabak­
Pensionsrückstellungen anfallen. Kauf­
künftig für die Aufstellung der Jahresab­
light, sondern HGB schwer. Es gibt viel zu
fabriken GmbH in Bremen, Tochterfirma
mann Colberg bereiten dagegen die Pläne
schlüsse nach IFRS und BilMoG sowie
des British-American-Tobacco-Konzerns,
Unbehagen, das Passivierungswahlrecht
für steuerliche Zwecke entsteht. „Zudem
tun“, sagt Armin Slotta von PwC. Die Ab­
schaffung des Vorsichtsprinzips im neu­
„zumal die Novelle weitere Abweichungen
für Aufwandsrückstellungen abzuschaffen
gewinnen latente Steuern an Bedeutung“,
en BilMoG macht aber noch lange keine
„Der Umstellungsaufwand ist groß. Ich sehe keine
Kostenersparnis, nicht einmal Kostenneutralität.“
André Pieperjohanns, Geschäftsführer der Weser-Ems Busverkehr GmbH, Bremen
Hans-Heiner Eddelbüttel, Lisega-Finanzvorstand
beiten in kürzester Zeit. Der Druck erhöht
sich noch dadurch, dass die Abschlüsse
immer früher vorliegen sollen.“
Um auf der sicheren Seite zu sein, ha­
von der Steuerbilanz vorsieht.“
und stattdessen ein Passivierungsverbot
so Wandel. Das BilMoG wolle nämlich alle
unvorsichtigen Kaufleute. Pieperjohanns,
Von besonderer Relevanz für die Unter­
Handelsbilanzierer dazu zwingen, künf­
tige Steuerentlastungen, auch aus steuer­
Eddelbüttel, Colberg und Kloppenburg
Abweichung gibt auch der Bundessteuer­
zu verhängen – mit Ausnahme der Rück­
stellungen für unterlassene Instandhaltun­
men produziert Halterungen für Rohre in
beraterkammer zu denken: „Für den Mit­
nehmen: die handelsrechtliche Neuerung
Großanlagen und beliefert damit insbeson­
telstand stellt sich die Frage, ob zukünftig
bei Rückstellungen. Sie sind demnächst
Das ist relevant für Technologieführer wie
triebsausgabe abzugsfähig sind. Diese
die Lisega AG aus Zeven. Das Unterneh­
dere Kraftwerke und petrochemische Be­
noch eine Einheitsbilanz mit steuerlicher
nicht mehr nach dem strengen Stichtags­
triebe. Lisega setzt mit weltweit 800 Mit­
Überleitungsrechnung möglich ist. Das
prinzip zu bewerten, sondern zum Er­
arbeitern gut 100 Millionen Euro um. „Wir
füllungsbetrag inklusive künftiger Kos­
haben noch rund 20 laufende Patente. Hier
widerspricht sonst dem vom BMJ gesetz­
ten Ziel, eine kostengünstige Alternative
ten- und Preissteigerungen anzusetzen.
ändert sich nichts. Aber bei neuen Patent­
zu IFRS anzubieten“, erläutert sie in ihrer
Überdies sind die Rückstellungen mit einer
projekten müssen wir künftig die Entwick­
Stellungnahme zum BilMoG. Laufzeit von mehr als einem Jahr künf­
32
pwc: | juli 2008
Für Mittelständler bringt das Bilanzrechts-
modernisierungsgesetz nicht nur Vorteile. Sie sollten sich deshalb frühzeitig mit der Problematik
und den Möglichkeiten der Novelle befassen.
pwc: | juli 2008
haben jedenfalls vorausgedacht.
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Tel. 069 9585-1220
33
pwc: Wissen
Gleiche Regeln für alle?
Für gutes Compliance Management gibt es kein Modell von der Stange.
Jedes Unternehmen muss sich das Regelwerk schaffen, das zu ihm passt.
Von Hendrik Roggenkamp
„Bisher wird Compliance häufig als lästige administrative
Bürde empfunden.“
Bernd Saitz, Experte für Compliance Management bei PricewaterhouseCoopers
Gut 50 Führungskräfte sitzen im Seminar-
vorteil, sondern häufig als lästige adminis-
Standards halten. Doch das Geflecht der
raum der Bahn-Tochter Schenker. Sie sollen
trative Bürde empfunden wird“, sagt Saitz.
Regeln wird immer komplexer, man denke
lernen, an welche Dos and Don’ts sie sich
Wie effektiv es jedoch ist, die mentalen
bloß an die „Verordnung zur Änderung
zu halten haben, um bei den Kartellwäch-
Hürden zu überwinden, zeigte im vergan-
der Erhebungstermine für die Abfallstatistiken“ (amtliche Abkürzung, und das ist
tern in Bonn und Brüssel gar nicht erst den
genen Jahr die PwC-Studie „Wirtschafts-
Verdacht von Preisabsprachen aufkommen
kriminalität 2007“. Danach wurden weltweit
kein Scherz: AbfStatErhTÄndV), das Um-
zu lassen. Der Workshop ist ein kleiner, aber
38 Prozent der Unternehmen mit Ethik-
weltsiegel des Forest Stewardship Coun-
wichtiger Bestandteil der Strategie für eine
­Standards und einem Compliance Office
cil oder die umfassenden Vorschriften des
gute ­Unternehmensführung bei der Bahn.
Opfer von Wirtschaftskriminalität. Dagegen war jedes zweite Unternehmen ohne
Sarbanes-Oxley Act, der viele Aktienge-
Wörterbuch eine ganze Reihe von Bedeutungen, die sich lesen wie ein Katalog von
ein Regelwerk mit Betrugsfällen konfron-
Transparenz (und Bürokratie) verpflichtet.
tiert. Die Studie wertet dieses Ergebnis als
Dabei sind nicht alle Regeln für jedes Un-
Demutsvokabeln: Erfüllung, Folgsamkeit,
klares Sig­nal ­dafür, dass ein geregeltes
ternehmen relevant. Ein mittelständischer
Fügsamkeit, sogar Unterwürfigkeit und Willfährigkeit. Die beste Übersetzung ist wohl
Compliance-­Programm die Abschreckung
erhöht.
Vorschriften zum Arbeitsschutz am Bau
„Einhaltung“: von Gesetzen, Verordnungen
Dabei ist Compliance in ihrem Kerngedan-
beschäftigen, aber wohl kaum mit dem For­
ken überhaupt nicht neu: Unternehmen
eign Corrupt Practices Act. Und Sarbanes-
ge des „Handelsblatts“ unter 770 deutschen
mussten sich schon immer an Gesetze
Oxley ist nur wichtig für Unternehmen, die
Top­managern im Februar haben bislang drei
und Verordnungen sowie selbst auferlegte
direkt oder über eine Tochtergesellschaft
Es geht um Compliance. Dafür bietet das
und anderen Richtlinien. Nach einer Umfra-
sellschaften seit 2002 zu erheblich mehr
Bauunternehmer muss sich genau mit den
von vier Unternehmen sogenannte Compliance Offices eingeführt. Dabei steht diese
Entwicklung nicht in direktem Zusammen-
Compliance-Maßnahmen
hang mit den gro­ßen Skandal- und Betrugs-
Häufigkeit der Anwendung in Prozent, Mehrfachantworten möglich
fällen der jüngeren Vergangenheit (Siemens,
VW). Compliance ist keine Frage der Moral,
Westeuropa
Deutschland
Externe Revision
83
sondern der Transparenz und der Berechenbarkeit gegenüber Eigentümern und ande-
87
78
Interne Revision
ren Stake­holdern.
Gegenwärtige Compliance-Initiativen haben­ 77
87
Interne Kontrollen
bei befragten Managern allerdings bislang
einen schweren Stand: Nur 26 Prozent sind
89
Risikomanagement
45
Unternehmenssicherheit
45
der Ansicht, dass ihre Geschäftsabläufe durch die neuen Kontrollsysteme wirk-
47
lich ­sicherer werden, 77 Prozent fürchten
in ­erster Linie mehr Bürokratie. Für Bernd
50
Hotline für Hinweisgeber
22
Saitz, Experte für Compliance Management
bei PricewaterhouseCoopers (PwC), zeigt
31
das Umfrageergebnis, „dass die meisten
Personal- oder
Aufgabenwechsel
Unternehmen noch nicht über ein integriertes Compliance Management verfü-
Informationen aus
öffentlichen Quellen
gen“. Vielfach überwache jede Abteilung
die Regeln und Abläufe separat. „Eine un-
Elektronische
Berichtssysteme
ternehmensweite Verzahnung nach ein-
Kundenmonitoring
25
30
44
40
25
28
40
heitlichen Vorgaben fehlt, genauso wie ein
zusammenfassendes Reporting an das Top-
34
pwc: | juli 2008
48
management. Synergien bleiben ungenutzt,
Eigene kriminaltechnische
Analysen
sodass Compliance nicht als Wettbewerbs-
Quelle: PwC WiKri 2007 Studie
pwc: | juli 2008
4
16
35
pwc: Wissen
Compliance in der Praxis
Professor Klaus Kocks, Jahrgang 1952, ist
unabhängiger Meinungsforscher und Volkswagen hat nach der „Lustreisen“-Af-
Kommunikationsberater. Bis 2001 war der
färe ein Antikorruptions­system eingerichtet.
Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler
Informanten können sich an zwei Ombuds-
Kommunikationsvorstand bei Volkswagen.
männer wenden, die Vertraulichkeit garantieren. Sind die Vorwürfe begründet, werden
sie an die Konzernrevision weitergeleitet, die
direkt an den Vorstand berichtet. Die Tippgeber bleiben anonym – selbst wenn es zu
einem Prozess kommen sollte. Der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport hat 2003 ein
Wertemanagementsystem eingeführt, das
­einen Katalog konkreter Verstöße und Kon-
an einer Börse in den USA gelistet sind –
für viele deutsche Unternehmen also nicht.
Je nach Größe, Branche oder Internationalisierungsgrad sind die Compliance-Pflichten
sehr unterschiedlich. Und auch die Differenzierung zwischen staatlichen Vorschriften
sequenzen für Mitarbeiter und Fremdfirmen
gehören konkrete Maßnahmen und Ver-
umfasst. So ist es untersagt, Präsente an-
antwortlichkeiten. Das erfordert kontinu-
zunehmen, die mehr als 35 Euro wert sind.
Lieferanten, die ­diese Regel ignorieren, werden für fünf Jahre gesperrt. Beim Sportwarenhersteller Adidas müssen sämtliche Zu-
und selbst auferlegten Richtlinien, also
lieferer einen Code of Conduct erfüllen, der
ierliche Kontrollen und eine angemessene
Informations- und Kommunikationsstruktur. Insbesondere muss das Management
ohne Verzögerung von Compliance-Ver-
Garantierter Tod
Manager scheitern immer – als Söldner, Helden oder Stars.
stößen erfahren, damit es geeignete Gegenmaßnahmen einleiten kann. Sinnvoll
den harten und weichen Regeln, sagt nicht
Standards für Gesundheitsschutz, Arbeit-
kann auch die Integration von Compliance-
Manager sind Reisläufer. So nannte man in der Schweiz, jenem
­beobachten, wie solche Karrieren synthetisch geschaffen werden
zwingend etwas über die Bedeutung der
nehmerrechte und Umweltschutz enthält.
Meilensteinen in ein­kommensrelevante
­Alpenland, das früher, als es noch arm war, seine Söhne nicht zu
durch platte Ruhmesgeschichten exzessiver Ausschweifungen, die
Compliance-Felder für Unternehmen aus.
Wer gegen die Vorschriften verstößt, wird
das ­antike ­Ideal des Dionysos fortführen. Zum Star gehört die Fama
abgemahnt und im Wiederholungsfall ge-
Zielvereinbarungen zwischen Unternehmen und Beschäftigten sein.
­ernähren wusste, jene jungen Männer, die als Söldner auf dem
Ein bekannt gewordener Verstoß gegen
Markt standen und ihre Dienste anboten: Hire and Fire – fast im
der Grenzüberschreitungen. Wir wollen keine braven preußischen
kündigt. Seit gut einem Jahr können sich
Viele Unternehmen fordern mittlerweile
Wortsinn. Am einen Tag kämpften sie für jenen Kriegsherren, am
Beamten, die uns durch ihre Fleißgeschichten langweilen. Es muss
auch Mitarbeiter in Zulieferbetrieben über
auch den aktiven Einsatz der Mitarbeiter,
nächsten für ­einen anderen. Und es gab Schlachten, in denen sie
schon ein wenig nach Luzifers Schwefel riechen. Die Reputation
also das sogenannte Whistleblowing. Bei
auf beiden Seiten standen. Sie kämpften für Anliegen, die nicht
der Manager wird folglich nicht nur von kühlen Rechenstiften in das
Bayer gibt es in jeder Konzerngesellschaft
die ihren waren, sondern die ihrer Herren. Bis in die Gegenwart
Buch des Shareholder Value geschrieben. Hollywood wird hier zu
ein Compliance Committee, das die Mitarbeiter dazu verpflichtet, Regelverstöße
trägt die kleine, bunt geschmückte Schutztruppe des Papstes den
einem zweiten Paradigma der Bewertung. Man kann das für aus­
selbst gesetzte Corporate-ResponsibilityStandards beispielsweise bringt zwar jedem
Unternehmen einen Imageschaden. Doch
mit nennenswerten Konsequenzen wie
einem Absatzeinbruch, zum Beispiel infolge von Protestaktio­nen, müssen Unterneh-
eine Hotline an das Social and Environmental Affairs Team wenden. Externe Gutachter
überprüfen die Einhaltung der Vorschriften.
men nur dann rechnen, wenn sie selbst ge-
sofort zu melden – auch anonym. Wer die
­Namen jener Soldaten – doch die Geschichte der Schweizergarde haben die meisten vergessen. Sie galt als gewissenloser Söld-
ufernde Eitelkeit halten und geißeln. Aber der Neid der grauen Mäuse gegenüber den Paradiesvögeln greift zu kurz. Der Grund für die
setzte Standards massiv verletzen. Dies gilt
Vorschrift ignoriert, muss mit Abmahnung,
nertrupp, der bereit war, für Geld jede Grausamkeit zu ­begehen –
Starallüren ist ernster, als man meint: Öffentliche Wahrnehmung ist
etwa für Anbieter von umweltverträglichen
Kündigung und/oder Schadenersatzforderungen rechnen.
auch den Menschenhandel. Und wenn einer von ihnen fiel, war
„Story-driven“. Wer spannende Geschichten erzählt, wird beachtet.­ er schnell vergessen. Wie sich die Zeiten doch geändert haben!
Ja, der Kapitalmarkt will Storys, weil Anleger solchen Possen ihr
­Haben sie?
Geld hinterherschicken. Wähler, die politischen Subjekte unserer
Produkten. So müsste ein Ökostromanbieter, der in Spitzenzeiten Atomstrom ins Netz
schleust, eine schwerwiegende Nichteinhal-
Zurück zum Beispiel Schenker: Die „Regeln
tung seiner Regeln einräumen. für das Verhalten gegenüber Wettbewer-
Republik, gehen als fanatische Fans noch weiter: Sie schenken
Nicht wirklich. Manager im Zeitalter der Globalisierung sind auf
bunten Hollywoodhelden ihre Herzen, während sie es dem grauen
Einen Standard für das Compliance Ma-
bern“ verdeutlichen die Konsequenzen für
­hohem Niveau so etwas wie die Reisläufer aus der Schweiz – auch
Flanell von Macht und Reichtum verweigern. Das erklärt, warum
nagement gibt es nicht. Allerdings lassen
­Unternehmen und Beschäftigte bei Verstö-
sie kämpfen die Kriege anderer Herren. Einen Beleg dafür liefert
sich Kernelemente als eine Art Best Prac­
ßen gegen das Kartellrecht. Mit konkreten
unser Aktienrecht, das das hohe Lob auf die Aktionäre singt und
sich Banker plötzlich mit Beratern umgeben, die für sie solch spannende Geschichten erfinden.
tice ­definieren: Am Anfang steht die Erfas-
Beispielen wird demonstriert, welche Ver-
den Vorstand in brutaler Schlichtheit nur „die Verwaltung“ nennt.
sung der Themen. Zum Beispiel mit einem
haltensweisen und Äußerungen gegenüber
­Be­trachtet man die Verweildauer von Vorständen in ihren Ämtern,
Denn Manager sind zum Dritten und schlussendlich tragische
Compliance Health Check entwickelt, in
Wettbewerbern von den Kartellbehörden als
Helden. Man muss nicht an das Schicksal von Klaus Zumwinkel
dem gemeinsam mit der Unternehmenslei-
Pharma- und Chemiekonzern Bayer­ ver-
problematisch oder gar justiziabel einge-
so wird die Parallele zu den Reisläufern sehr deutlich. Der einzige Unterschied: Die Söldner haben einen Ehrenkodex gegenüber
tung die Risiken ermittelt werden, die sich
pflichtet seine Mitarbeiter bereits seit 1999
stuft werden könnten. Allein in Deutschland
­Gefallenen und Verwundeten, der im internationalen Management­ nicht immer ein glückliches Ende nehmen. Das hat nichts da-
aus Regelverstößen in den unterschied-
auf ein „Programm für gesetzmäßiges und
werden zwischen 500 und 1.000 Schenker-
wenig gilt: Nicht jeder erhält, nachdem er gefallen ist, auch ein
mit zu tun, ob die Geschäfte gut gelaufen sind. Greifen wir auf die
lichen Themenfeldern ergeben können. Das
verantwortungsbewusstes Handeln“. Dar-
Führungskräfte an Workshops teilnehmen,
­ordentliches Grab.
Resultat ist eine Corporate Rule Base: ein
in geht es unter anderem um die Aspekte
oder Heinrich von Pierer erinnern, um zu zeigen, dass die ­Karrieren
­Rollenmodelle der Legionäre und Stars zurück. In allen Kriegen gibt
es Opfer einschließlich sogenannter Kollateralschäden. Gerade in
Katalog, der Regeln und Risiken umfasst.
Produktsicherheit, das Verbot von Preis-
parallel gibt es Schulungen in 145 Landesgesellschaften. Außerdem werden 20.000
Manager sind zugleich und immer mehr Stars, denn sie gehören
der Ökonomie kann man im Felde ungeschlagen sein, aber ­politisch
Daraus entwickeln Unternehmen idealerweise eine Compliance-Strategie. Der
absprachen sowie den Umgang mit Gen-
Mitarbeiter einen E-Learning-Kurs zum Kar-
großenteils dem Showbiz an. Schon immer haben die ­Menschen
tot. Viele große Dramen kennen nach dem Aufstieg den tiefen
technik. Zu einer Compliance-Strategie
tellrecht absolvieren.
herausragende Künstler verehrt. Seit dem Eroberungsfeldzug
Fall: „The higher they stand, the harder they fall.“ Die Unterhaltungs­
der Massenmedien ist daraus eine ganze Industrie geworden.
industrie ist gegenüber den Opfern ihrer Berichterstattung gänzlich unsentimental. Dem Chefredakteur einer großen deutschen
Um sich im Geflecht von Vorschriften und Verordnungen nicht zu verheddern, braucht es ein Compliance Management mit festen Spielregeln. Eine
lautet: Mitarbeiter müssen eingebunden werden. 36
Kontakt
[email protected]
Wir, das Publikum, verehren Maria Callas und Maria Furtwängler, wie wir Mutter Maria und Maria Magdalena verehren sollten.
Boulevard­zeitung wird folgender Spruch zugeschrieben: „Wer mit
­Bewun­derungsreligionen werden gezüchtet; zu bewundern ist dann
uns im Aufzug nach oben fährt, fährt mit uns auch wieder runter!“
auch das Unzüchtige. Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll – die Rolling
Tel. 0221 981-2192
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc311
pwc: | juli 2008
Stones führen ihr Bubenstück des haltlosen Teenagers noch im
Manager können zwischen drei Todesarten wählen: Scheitern aus
Vorruhestand auf. Die meisten rollenden Steine setzen kein Moos
Versagen. Oder an der Übermacht des Feindes – Heldentod. Oder
an. An der morbiden Soulsängerin Amy ­Winehouse kann man
aus Eitelkeit: Tod durch Hollywood.
pwc: | juli 2008
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pwc: Wissen
Peter Fratzl ist fasziniert von Nanostrukturen in der Natur. Sein wichtigstes Forschungsthema sind Knochen und Skelettsysteme. Seine
Entdeckungen können in moderne Technik übertragen werden – das hilft auch der Wirtschaft.
Der Naturversteher
Wieso sind Knochen elastisch und stabil? Wie dreht sich die Sonnenblume?
Der Bioniker Peter Fratzl will mit den Gesetzen der Natur Nutzen stiften.
Von Vanessa de l’Or
Für die Architekten der Antike wäre manches
Biomaterial­forschung. „Pflanzen sind absolut
tung weiterzudenken. Deshalb überrascht
einfacher gewesen, hätten sie das Prinzip
faszinierende Lebewesen“, sagt Fratzl. Gilt
es nicht, dass sich Fratzl immer häufiger
des Tiefseeschwamms Euplectella gekannt.
das auch für den Gummibaum, der in seinem
mit Unternehmen austauscht, die in seiner
Denn sein gläsernes Skelett nimmt verschie­
Büro neben dem Besuchertisch steht? Die
Forschung Inspiration suchen. In letzter Zeit
dene Baumuster der Architektur vorweg.
Oberfläche der Blätter sei extrem flüssigkeits­
abweisend und damit vorbildlich – für alle
habe er zum Beispiel häufiger mit Pharma­
firmen und Kunststoffherstellern gespro­
Eines davon verwenden die Menschen seit
mehreren Hundert Jahren für den Bau von
möglichen Oberflächen in unserem Alltag:
chen. „Das größte wirtschaftliche Potenzial
Fachwerkhäusern. Herausgefunden hat das
Küchen, Autolacke, Schutzkleidung. Doch
unserer Arbeit sehe ich in der Biomedizin –
Peter Fratzl, der sich tagtäglich mit Phäno­
menen wie der Beschaffenheit von Euplec­
der schlanke Mann lächelt und sagt dann mit
bei der Herstellung von Implantaten“, sagt
er. An Implantat-Materialien würden beson­
ders hohe Ansprüche gestellt. Sie müs­
tella beschäftigt. Der Physiker, seit 2003
Wiener Schmäh: „Der Gummibaum interes­
siert mich eigentlich gar nicht.“ Fratzl will Mo­
einer der Direktoren am Max-Planck-Insti­
dellsysteme in der Natur finden, die ihn mehr
sen gewebeverträglich sein, dürfen keine
tut für Kolloid- und Grenzflächenforschung
faszinieren als der Gummibaum.
Allergien auslösen und sollen, wenn sie im
in Golm bei Potsdam, erforscht, was der
Mund eingesetzt werden, obendrein allen
käfig. Es sei beeindruckend, sagt Fratzl, wie
schon erlebt, dass ein Biologe und ein Phy­
logie, der Lehre von den Knochen und Ske­
Kaubelastungen standhalten. „Hier kann die
dieser unscheinbare Schwamm den starken
siker ein und denselben Vorgang so unter­
lettsystemen. Bis heute ist diese Forschung
Mensch von der Natur lernen kann. Zum Bei­
Hochinteressant seien zum Beispiel für die
spiel, Materialien herzustellen, die elastisch
Grundlagenforscher Weizenkörner. Jüngst
Natur enorme Anregungen für viele neue
mechanischen Beanspruchungen in der Tief­
schiedlich beschrieben, dass keiner wusste,
Fratzls wichtigstes Thema. Es geht um Fra­
und stabil zugleich sind.
fand er he­raus, mit welcher Technik sich
see standhalte – ein Wunder sei es nicht. An
wovon der andere sprach. Solche Barrieren
gen wie: Was tut der Knochen, um Brüche
Die milliardenfache Vergrößerung von na­
ein wildes Korn in den Boden bohrt: Zwei
Produkte bieten.“
Der Tiefseeschwamm hat den 49-Jährigen be­
die glaubt der Wissenschaftler nämlich nicht.
will Fratzl abbauen – oder erst gar nicht ent­
zu verhindern, wann reduziert sich Knochen­
türlichen Objekten verhilft Fratzl zu seinen
Grannen, die aussehen wie zwei Antennen,
sonders beeindruckt. Das Bauprinzip dieses
Stattdessen zitiert er Goethe. Der bezeichnete
stehen lassen. „Je mehr Denkschemata wir
masse – oder vermehrt sie sich?
Erkenntnissen. Mit dem Nanomikroskop un­
treiben es in die Erde. In der trockenen Luft
gläsernen Skeletts hat sein Forscherteam
zur Verfügung haben, desto besser.“ Sein
tersucht er die Materie verschiedener Orga­
des Tages biegen sich die beiden Grannen
zusammen mit amerikanischen Kollegen ent­
es als das größte Glück des denkenden Men­
schen, „das Erforschliche erforscht zu haben
Erfolgsrezept lautet: Konzepte von einem
Seine Berufung ans Max-Planck-Institut in
nismen, ihre Funktionen und Routinen. Die
nach außen. Nachts, vom Tau angefeuchtet,
schlüsselt. „Wollen Sie einen sehen?“, fragt
und das Unerforschliche zu verehren“.
Gebiet auf ein anderes zu übertragen. So
Golm bewertet Fratzl als große Chance, den
Beschaffenheit der Natur fesselt den gebür­
tigen Wiener. Um das zu erläutern, zitiert er
den niederländischen Bioingenieur Rik Huis­
kes: „Wenn Knochen die Antwort sind, wie
lautete dann die Frage?“ Peter Fratzl sitzt
„Je interdisziplinärer wir hier denken
und forschen, desto besser.“
wundert es nicht, dass er eng mit Biologen,
interdisziplinären Forschungsansatz zu ent­
wickeln, unter weltweit einzigartigen Bedin­
schiedene Forschungsprojekte, gut die Hälfte
Chemikern, Mathematikern und sogar einem
Zahnarzt zusammenarbeitet. gungen. Denn während Wissenschaftler in
von ihnen in seinem Institut. Hauptsächlich
Sein eigener Werdegang hatte ihn zunächst
den USA einen guten Teil ihrer Zeit für Fund­
Derzeit betreut der Wissenschaftler zwölf ver­
Peter Fratzl, Physiker und Direktor am Max-Planck-Institut Golm
führt er Gespräche mit Mitarbeitern oder dem
zur Mathematik geführt, in Paris nahm der
raising aufbringen müssen, ist der größte Teil
Österreicher das Studium auf. Doch mathe­
seiner Finanzierung durch den Staat gesi­
brauner Cordjacke, die Haare ein wenig ver­
strubbelt, so wie sich viele Menschen einen
strecken sie sich wieder in den Himmel. Da­
bei fungieren Härchen wie Widerhaken: Sie
Fratzl und holt, ohne die Antwort abzuwarten,
wissenschaftlichen Nachwuchs. „Ich verste­
he mich als Resonanzkörper und als Spar­
matische Formeln waren ihm rasch zu abs­
chert. Das macht die Forscher in Golm un­
ein in Schutzfolie gehülltes Exemplar. „Hal­
ringspartner. Ein Einzelkämpfer bin ich nicht.“
trakt. „Das ist immer alles so stimmig und
abhängig und hält ihre Köpfe frei für Experi­
Wissenschaftler vorstellen. Impulse wolle er
sorgen dafür, dass sich die Saat nur nach
ten Sie mal. Ist er nicht unglaublich leicht?“
Mitarbeiter bewundern, wie schnell er sich in
schön, anders als in der Natur. Die findet oft
mente. Demnächst blühen Sonnenblumen in
unten bewegen kann.
Vorsichtig nimmt er eine Art weißen Kolben
verschiedene Themen hineinfindet und dem
Lösungen, die nicht perfekt sind, aber funkti­
den Laboren von Golm. Fratzl und seine Kol­
in die Höhe, der unzählige kleine Löcher hat.
Team die Aufgabenstellungen vermittelt. „In­
terdisziplinäre Forschung ist eine Geisteshal­
onieren!“ Er wechselte zur Physik, habilitierte
legen werden untersuchen, mit welchem Me­
in der Festkörperphysik und landete schon
chanismus es der Pflanze gelingt, sich nach
der Sonne zu richten. Gut möglich, dass ihre
in seinem Büro, in schwarzen Jeans und
geben, sagt er. „Impulse, die ich aus der Bio­
logie mitnehme und die für medizinische oder
technologische Anwendungen nützlich sein
„Unsere Grundlagenforschung ist keine an­
wendungsnahe Forschung“, betont Fratzl
könnten.“ Bio-inspirierte Materialien nennen
aber immer wieder. Vielmehr sei sie in ei­
In dem Schwamm können Larven einer be­
stimmten Garnelenart schlüpfen und aufwach­
tung“, sagt Fratzl. Jede Wissenschaft habe
damals bei der Biologie, Fachgebiet Kno­
Fachleute das. Fratzl hat dafür in Golm ei­
gens ein neues Arbeitsgebiet etabliert: die
nem frühen Stadium „klärend“, ob es sich
sen – bis sie zu groß geworden sind, um den
ihre eigene Denkweise und Sprache. Das be­
chenforschung: als Research Associate am
Erkenntnisse irgendwann den Herstellern von
überhaupt lohnt, in eine bestimmte Rich­
Schwamm zu verlassen: Er wird zum Glas­
hindere häufig die Zusammenarbeit. Er habe
Wiener Ludwig Boltzmann-Institut für Osteo­
Solardächern zugutekommen.
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39
pwc: Trends
Grün ist die
IT-Hoffnung
Warum schonen Technologiefirmen die Umwelt?
Aus rein rationalen Gründen. Fast die Hälfte aller Führungskräfte glaubt, dass Umweltschutz die
Marktchancen erhöhe. So wächst das Interesse
an „grünen“, also umweltschonend produzierten
IT-Produkten. 60 Prozent der Unternehmen wählten umweltfreundliche Lösungen, um die
Ener­giekosten zu senken. Für die Studie „Going
Green: Sustainable Growth Strategies“ („Technology Executive Connections“, Volume
5) hat PwC zusammen mit der Economist Hohe Rendite, geschützte Arten
enormes Markt­potenzial. Davon profitieren können aber nur die Drei Fragen an ...
Susanne EickermannRiepe
Unternehmen, die sich rechtzeitig auf diesen Trend einstellen“, sagt ... zum Datenmanagement bei Immobilien
Intelligence Unit (EIU) 148 Manager aus der Technologie- und Telekommunikationsbranche interviewt. „Die steigende Nachfrage
nach umweltfreundlichen Produkten und Dienstleistungen birgt Nachhaltige Geldanlagen in Deutschland,
keiten. Noch nutzt die Wirtschaft diese
Kerstin Müller, Technologie-Expertin bei PwC. Österreich und der Schweiz bilden mittler-
Chancen allerdings kaum. Die Studie „Su-
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc314
weile einen dynamisch wachsenden Markt.
stainable Investments for Conservation. The
pwc: Warum ist die Optimierung immobilien-­ und bauwirtschaftlicher Prozesse wichtig?
Allein im deutschsprachigen Raum hat sich
Business Case for Biodiversity“, die PwC
Eickermann-Riepe: Um Immobilien flexibel
das Volumen für diese Publikumsfonds seit
gemeinsam mit der Umweltstiftung WWF
vermieten, bewirtschaften, bewerten oder
2002 auf 18,2 Milliarden Euro versiebenfacht. Die Renditen übertreffen oft Stan-
erstellt hat, soll das ändern. Sie wurde Anfang des Jahres in Brüssel der internati-
dardwerte, sodass mehr und mehr Fonds-
onalen Öffentlichkeit vorgestellt. Bei dem
manager in den Markt einsteigen. Dazu
Projekt ging es darum, ein Unternehmens-
beigetragen hat etwa der deutsche Ge-
konzept zu entwickeln, das Rendite und
setzgeber, indem er Anbieter von staatlich
Erhaltung der biologischen Vielfalt vereint.
zertifizierten Altersvorsorgeverträgen und
Alfred Höhn, bei PwC Fachmann für Wirt-
betrieblichen Pensionsfonds dazu verpflich-
schaftsförderprogramme, nennt ein bishe-
tete, über die Berücksichtigung sozialer und
riges Hemmnis: „Es ist sehr schwierig, die
ökologischer Kriterien in ihren Anlageent-
Qualität von Nachhaltigkeitsfonds einzu-
scheidungen zu berichten. Für Kapitalan-
schätzen, da es bisher keine klaren und leger, Umweltverbände und Unternehmen
allgemein akzeptierten Standards gibt.“
eröffnet diese Entwicklung neue Möglich-
Online-Info: www.pwc.de/de/pwc312
Höhere Gebühren, weniger Jobs
PwC – die Steuerberatung des Jahres
Jede dritte Kommune wird sicher oder zumindest wahrscheinlich
Es gibt Pokale, für die es sich
Stellen abbauen, um die Lohnsteigerungen im öffentlichen Dienst
zu schuften lohnt. Für die Steu-
auszugleichen. Die Tarifeinigung belastet die Bürger zudem mit höheren Gebühren, etwa für Müllabfuhr und Kinderbetreuung. Das er-
+33 1 5657-1401
ist die Telefonnummer des German Desk bei PwC in Paris:
Frankreichs ist der größte Handelspartner Deutschlands, das
wiederum den wichtigsten Handelspartner für Frank­reich darstellt. Wirtschaftsprüfer Bernd Bongers und Steuerberater
Frank Evers leiten das German Desk in Paris und stehen deutschen Firmen zur Seite, die geschäftliche Beziehungen zu
Frankreich haben oder aufbauen möchten. Denn trotz der Nähe
gibt es noch viele rechtliche Unterschiede. Übrigens: In Deutschland erreichen Sie ­unter 030 2636-5259 das French
Desk, das Roland Krenz leitet.
verwalten zu können, kommt es auf Genauigkeit und Transparenz der Stammdaten an.
Bei dezentralen IT-Landschaften kommt es
schnell zu Inkonsistenzen und Konflikten
bei operativen sowie analytischen Geschäftsprozessen.
Wie kann man dagegen ansteuern?
Mit einer integrierten Lösung, die wir mithilfe von SAP Netweaver Master Data
­Ma­nagement entwickelt haben und die
Unternehmen eine harmonisierte, belastbare und ganzheitliche Daten- und
Entscheid­ungsbasis im Immobilien-Assetmanagement verschafft.
Für welche Branchen ist diese Lösung interessant?
Im Prinzip für sehr viele – aber im Schwerpunkt natürlich für den klassischen Immobilien- und Bausektor, den Handel mit
Gutes Klima für Ideen
seinen großen Immobilienbeständen und
erberater ist das der Preis „Tax
Innovative Unternehmen brauchen krea-
Firm of the Year“, den die Lon-
tive Mitarbeiter, sie müssen internen und
­Innovationsmanagement muss daher
viele Bereiche und Prozesse integrieren.
natürlich auch für Banken und Versicherungen.
mittelte PwC in einer Befragung von Kämmerern, Dezernenten und
doner Zeitschrift „International
externen Wissensaustausch zulassen,
­Dr. ­Diane Isabelle Robers, bei PwC zu-
anderen Finanzverantwortlichen von 152 Städten und Gemeinden.
Tax Review“ (ITR) jedes Jahr
die Kunden früh einbinden und vor allem:
ständig für Innovation, erklärt die Vorteile
Besonders belastet sind Groß-
vergibt. PwC hat die­se Trophäe
Das Topmanagement muss Innovationen
der Dienstleistung Smart Innovation so:
städte und ostdeutsche Kom-
in Deutschland nun zum ersten Mal gewonnen. Die Aus-
fördern und unterstützen. Erfolgreiches
munen. Die Sorge, Jobs abbauen zu müssen, ist im Osten
zeichnung wurde mithilfe von
mit 45 Prozent ausgeprägter
Mandanten ermittelt, und zwar
innerhalb der Unternehmensorganisation, ihre Funktionsbereiche, deren Ausprä-
als im Westen (32 Prozent). Ein
konkret für grenzüberschrei-
gungen und gegenseitige Beziehungen in
Ausgleich über Privatisierung
tende Beratungen bei größeren
den gesamten Aufbau eines Innovations-
öffentlicher Dienste ist auch
Transaktionen im Jahre 2007.
managements ein.“ Das gelte für mittel-
ein Ost-Thema (23 Prozent), in
Die Konkurrenten in der deutschen Ausscheidung waren Clifford
ständische Unternehmen, internationale
Westdeutschland denken 14
Chance, Deloitte, Flick Gocke Schaumburg und Linklaters. Außerdem hat PwC den Preis in der Schweiz, in Russland, auf Malta und
Konzerne und Anbieter der öffentlichen
Prozent über den Verkauf öffentlichen Eigentums nach.
40
„Wir betrachten nicht nur einen Teilbereich,
sondern beziehen die Wechselwirkungen
Hand gleichermaßen. Online-Info: www.pwc.de/de/pwc315
auf Zypern erhalten.
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Susanne Eickermann-Riepe ist PwC-Expertin für die Immobilienberatung.
41
pwc: Lösungen
Schöne stille Reserven
Was bringt es eigentlich Unternehmen, Kunst zu sammeln? Viel! Wenn sie es
mit Leidenschaft und Professionalität betreiben. Sie schaffen damit Werte: für
ihre Mitarbeiter, Eigentümer, die Öffentlichkeit – und natürlich für die Künstler.
Von Ute Krepler
Die Deutsche Börse zeigt in ihrer Hauptzentrale ein Selbstporträt der Fotografin Chantal Michel (unten): „Die Wirklichkeit stellt eine
Unwahrscheinlichkeit dar, die eingetreten ist“, 1999. Der promovierte Biologe und Installationskünstler Carsten Höller hat in der Kunstsammlung des Modehauses Prada einen Raum der Pilzkultur gewidmet: „Upside Down Mushroom Room“, 2000 (rechts).
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pwc: Lösungen
Vier Werke aus dem Besitz der Sammlung Deutsche Bank: eine Stahlskulptur von Anish Kapoor (ganz links): „Turning the World
Upside Down III“, 1996. Ein Gemälde von Damien Hirst (links im Hintergrund): „Biotin-Melamide“, 1995. Eine Fotografie von
Joseph Beuys (Mitte): „La rivoluzione siamo Noi“, 1971. Und eine Fotografie von Andreas Gursky (rechts): „Singapur Börse I“, 1997.
Es ist nicht lange her, da glich eine Fahrt
50.000 bis 500.000 Euro. Dr. Thomas Wes-
Gleichzeitig – das ist das Besondere – kön-
80er-­Jahren Kunstsammlungen aufgebaut,
konzerne, Versicherungen und Banken. Ein
Australien und Asien. Als die UBS im Jahr
2000 die Investmentbank Paine Webber
mit dem Aufzug durch die Zwillingstürme­
sel, Direktor Art Expertise Management bei
nen Kunstkäufe wie andere Betriebsaus-
so zum Beispiel Allianz, Münchener Rück,
enger, konkreter Bezug zu Museen durch
der Deutschen Bank in Frankfurt einer
Axa Art, gibt immerhin preis, dass der Köl-
gaben abgeschrieben werden, vor allem
LBBW, HypoVereinsbank, WestLB, Eon.
Sponsoring könne sich sehr auszahlen. So
kaufte, verleibte sie sich auch die große
Reise­ von der Gegenwart in die klassische
ner Versicherungskonzern seit 2005 jährlich
dann, wenn sie einem unmittelbaren Zweck
Auch mittelständische Unternehmen wie
Kunstkollektion der Amerikaner ein. Donald
Moderne: Denn die Etagenknöpfe waren
eine sechsstellige Summe für den Kauf von
im Unternehmen dienen, wie etwa die Wei-
die Würth-Gruppe oder kleinere Banken wie
wie die geplante Zusammenarbeit der Deutschen Bank mit der Städelschule in Frank-
nicht etwa nach Fachabteilungen der Banker geordnet, sondern nach Künstlern und
Kunstwerken zur Verfügung stelle. Über das
terbildung und Motivation von Mitarbeitern.
Julius Bär in der Schweiz sammeln Kunst.
furt, die ab 2010 im neuen Portikus Dauer-
war jahrzehntelang seiner Passion für Kunst
Budget entscheide der für Personal und
Der Axa-Kunstexperte Wessel rät dazu, die
gefolgt und hatte kräftig eingekauft.
Verwaltung verantwortliche Vorstand, die
Abschreibungspraxis mit dem Finanzamt zu
Vielen ging es anfangs darum, einen Beitrag zum kulturellen Leben in ihrem Stamm-
leihgaben der Bank zeigen wird. ihren Epochen – und das bis hoch in den
Auch die Schweizer Bank UBS legt schon
B. Marron, einstiger Paine-Webber-Chef,
37. Stock. Wer im Erdgeschoss einstieg,
Objekte wählt Wessel aus. Der Vorstand
verhandeln – obwohl es große Spielräume
gebiet zu leisten. So förderte der frühere
seit Jahren Wert darauf, ihre Marke mit
Die Leidenschaft der Firmeneigentümer ist
war umgeben von den Zeitgenossen Neo
muss allerdings nach dem Vieraugen­prinzip
nicht gebe. Unter dem Anschaffungswert
Mercedes-Benz-Konzern zunächst Künstler
­einer Corporate Collection aufzuwerten.
tatsächlich oft die Initialzündung für eine
Rauch, Georg Baselitz und Jörg Immendorff.
von 25.000 Euro betrage die Abschreibung
aus Süddeutschland. Im Zuge der eigenen
Und wer oben ausstieg, sah die Meister der
zustimmen. „Hier hat eine Professionalisierung stattgefunden. Die Zeiten, in denen
klassischen Moderne: Wassily Kandinsky
ich Werke bis zu 50.000 Euro eigenmächtig
meistens zehn, darüber oft 20 Jahre.
Auch für die Deutsche Bank hat sich die
Globalisierung – das Unternehmen hieß inzwischen DaimlerChrysler – vertrug sich
oder Ernst Ludwig Kirchner. Zurzeit sind die
kaufen konnte, sind vorbei.“
­Investition in Kunst gelohnt – daran ­besteht
kein Zweifel. Mit rund 53.000 Arbeiten be-
die erste große Corporate Collection der
Namen weltweit bekannt zu machen“, sagt
Welt zu verdanken: Als Chef der Chase
diese Strategie nicht mehr mit dem unter-
Petra Arends, Managerin der UBS Art Col­
nehmerischen Selbstbild. Der Autokonzern
lection. Seit 2007 reist eine Auswahl der
Manhattan Bank, die 2001 mit der Investmentbank JP Morgan fusionierte, kauf-
Sammlung durch renommierte Museen in
te er seit 1959 das Who’s Who der zeitge-
Werke in Depots verstaut oder als Leihgaben in aller Welt unterwegs, denn die Türme
Ausgewiesene Kunstkenner sollten die Aus-
zeichnet sie ihre Unternehmenssammlung
wollte seine Schätze in Niederlassungen in
A und B der Deutschen Bank werden kom-
wahl treffen, rät Wessel den Unternehmen –
gerne als „bedeutendste der Welt“. Der
den USA, Japan oder Südafrika präsentie-
plett saniert und stehen leer. Die Renovie-
auch um die Entscheidungen gegenüber
Versicherungswert betrage eine „dreistel-
ren. Das Spektrum der Sammlung wurde
rung wird die Bank dazu nutzen, um auch
den Stakeholdern gut vertreten zu können.
lige Millionensumme“ – mehr verraten die
auf internationale Künstler erweitert. Offen-
in Frankfurt ihre Sammlung für ein breites
Zustände wie in den 50er-Jahren, von de-
Manager der Sammlung nicht. Der Auf-
bar plant man nach dem Verkauf von
Chrysler nicht, diese Strategie zu ändern.
Publikum zu öffnen. In Berlin lebt das Haus
nen Wessel zu berichten weiß, sind heute
bau der Sammlung geht zurück ins Jahr
den Gedanken längst vor: Die Deutsche
unvorstellbar. Damals habe der Vorstand
1979. Auch Fotokunst ­gehörte von Anfang
Bank betreibt dort die Ausstellungsfläche
„auf eigene Faust einen Haufen Kitsch“ ge-
an dazu, etwa Arbeiten von Künstlern wie
des Deutsche ­Guggenheim und zeigt zumeist Werke aus ihrer eigenen Sammlung.
kauft. Der Wert der Werke stieg kaum, und
Andreas Gursky, Axel Hütte, Thomas Ruff
wusstsein innerhalb der Unternehmen für
letztendlich war es erforderlich, die Samm-
und ­Thomas Struth. Ende der 90er-Jahre
das Image, das eine Corporate Collection
lung „zu revoltieren“ – so nennen es die Ex-
­schossen die Preise für die Werke dieser
erzeugen kann. So weckt zeitgenössische
Unternehmen, die Kunst sammeln, ver­raten
perten, wenn alte Werke zugunsten neuer
meistens nicht, wie viel Geld sie dafür aus-
Kunst Assoziationen, die das Selbstverständnis untermauern, wenn ein Konzern
etwa als modern, innovativ und originell gel-
Das Beispiel Daimler demonstriert das Be-
Zukäufe abgestoßen werden. Mit dem rich-
Fotografen in die Höhe – und die Künstler wurden zu Stars. Alleine damit dürf-
geben. Sicher ist nur, dass das Interesse
tigen Riecher jedoch können über die Jahre
te die Bank Wertzuwächse von mehreren
bis in die obersten Chefetagen hinein zuge-
große Werte entstehen. „Für uns hat sich
Dutzend Millionen Euro erzielt haben (sie-
ten will. „Ein solcher Imagetransfer funkti-
nommen hat. Helge Achenbach von Achen-
Kunst in den letzten Jahrzehnten als abso-
he Grafik). Viele Sparkassen, Banken und
oniert besonders gut, wenn die Produkte
bach Art Consulting schätzt die durch-
lut wertsteigernde Kapitalanlage erwiesen“,
Konzerne sind dem Beispiel der Deutschen
des Unternehmens eher abstrakt sind“, er-
schnittlichen Etats für Kunstankäufe auf
resümiert Wessel.
Bank gefolgt und haben zumeist seit den
klärt Helge Achenbach. Das gilt für Energie­
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pwc: | juli 2008
Kunstsammlung. So ist David Rockefeller
„Die Sammlung ist eines der wirkungsvollsten und schönsten Instrumente, um unseren
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Entwicklung des Preisniveaus von Fotokunst in Auktionen,
Juli 1990 bis Januar 2008
Index basierend auf Dollar, 1990 = 100 %
200
180
160
140
120
100
80
60
40
20
1991
1993
1995
1997
1999
2001
2003
2005
2007
Quelle: artprice.com
45
pwc: Lösungen
ternehmenskultur in einem neuen Gebäude
prägen kann, lieferte Ende der 90er-Jahre
die Deutsche Börse. Sie gründete damals
eine außergewöhnliche Sammlung zeitgenössischer Fotografie, um sie auf den
Fluren in ihrem Neubau in Frankfurt-Hausen
auszustellen. Die künstlerischen Abbilder
der Realität – von Candida Höfer über Thomas Ruff bis hin zu Chantal Michel – sorgen
seitdem in der Belegschaft für Diskussionen, Überraschung und sogar Bestürzung.
„Fotografien von Nobuyoshi Araki polari-
Ein eindrucksvolles Beispiel für Kunst am Bau realisierte die Landschaftsarchitektin und Künstlerin Martha Schwartz 2002 für die Zentrale
sieren. Aber die Sammlung darf nicht nur
der Swiss Re in München (unten). Die Sammlung der Zürcher Privatbank Julius Bär versteht sich als Institution nationaler Kulturförderung
Gebäudedekoration sein“, erklärt Kuratorin
und ist deshalb den Werken zeitgenössischer Künstler aus der Schweiz gewidmet: Rémy Markowitsch, „On Travel 001“, 2004 (rechts).
Anne-Marie Beckmann. Der Mut der Kuratoren sei eine wichtige Zutat in einer guten
Sammlung, betont Axa-Kunst­experte Wessel – „jedenfalls solange er kein wirtschaftliches Risiko darstellt“.
Von der Strahlkraft der Kunst nach innen
sind viele Arbeitgeber überzeugt: Kunst
am Arbeitsplatz reduziere Stress, steigere
­Kreativität, Produktivität und die Identifikation, heißt es. Stefan Shaw von der Firma Art
Matters schränkt jedoch ein: „Viele Sammlungen werden unzureichend begleitet. Einfach Kunst in den Fluren auszustellen, kann
unter den Mitarbeitern häufig für Überforderung und Verständnislosigkeit sorgen.“ In
der Deutschen Bank oder in der DZ Bank
können sich Mitarbeiter deshalb durch Führungen oder interaktive Programme über
die Werke der Sammlung informieren. Eine
nössischen Kunst, von Andy Warhol bis
oder der Öffentlichkeit. Gerade in Krisenzeiten ist das so. „Wenn Mitarbeiter entlas-
sinnvolle Rezeption der Unternehmens-
zu Richard Prince. Die heutige JP Morgan
Chase Art Collection ist mit mehr als 30.000
sen werden, ist es nicht opportun, Kunst zu
gen meist gefördert. Zugleich demonstriert
Werken weiterhin sehr bedeutend.
kaufen. Das lässt sich nicht rechtfertigen
das soziale Verantwortung. Viele Unterneh-
Doch nicht immer verlaufen Fusionen oder
gegenüber Arbeitnehmern, Aktionären und
men handeln deshalb nach dem Prinzip:
Zukäufe reibungslos, wenn Kunst im Spiel
der Öffentlichkeit“, erklärt Wessel.
Wir sammeln Kunst und stellen sie öffent-
ist. Thomas Wessel berichtet, dass die riesigen stillen Reserven, die dann entstehen,
Der Impuls für eine Sammlung entsteht oft
zen die Unternehmen. Hessen hat etwa vor
wenn die Kunst abgeschrieben ist, eine
auch mit der Planung eines neues Firmen-
vier Jahren die Aktion „Kunst privat!“ ins
Due Diligence erheblich erschweren kön-
gebäudes – wobei es wichtig ist, in diesem
Leben gerufen, bei der Unternehmen ihre
nen. Wenn der Käufer kein Interesse an der
Prozess zu unterscheiden: zwischen „Kunst
kunst wird durch öffentliche Ausstellun-
lich aus. Einzelne Bundesländer unterstüt-
Sammlung hat, kann es passieren, dass er
im Bau“, also der Sammlung, und „Kunst
Sammlungen der interessierten Öffentlichkeit zeigen. Auch die Deutsche Bank wird
sie auf den Markt wirft. So geschehen, als
am Bau“, die Teil der Bauinvestition ist und
die Sanierung ihrer silber verglasten Frank-
der kanadische Mischkonzern Seagram
steuerlich auch so behandelt wird. Die Vorschrift, dass ein gewisser Anteil (zwischen
furter Zwillingstürme dazu nutzen, ihre Cor-
0,5 und 2 Prozent der Baukosten) für Kunst
machen. „Wir werden ein Art-Café eröffnen,
2003 durch den Vivendi-Konzern übernommen wurde. Der Grund: Manche Unterneh-
porate Collection noch stärker öffentlich zu
men stufen teure Kunstsammlungen eher
am Bau zu verwenden ist, gilt nur, wenn der
das als Plattform unserer Kunstaktivitäten
als wert- oder imageschädigend ein – also
Staat als Bauherr auftritt. Ein gutes Beispiel
entweder gegenüber den Shareholdern
dafür, wie eine Corporate Collection die Un-
dienen wird“, verrät Friedhelm Hütte, Direktor der Deutsche Bank Art.
Die Investition in Kunst hat sich für Unternehmen Weitere Information
in vielfacher Weise schon gelohnt. Vor allem wenn www.jpmorgan.com/pages/jpmorgan/
artcollection
sie sich professionell beraten lassen, sind Imagewww.deutsche-bank-art.com
und Wertzuwachs oft groß.
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pwc: Lösungen
Kolossaler Aufwand
IFRS-Notes
Immer mehr Unternehmen müssen den
Anhang zum Konzernabschluss nach den
Die Erstellung von Anhängen nach IFRS ist für Konzerne extrem komplex. Das Tool SmartNotes erleichtert die Arbeiten erheblich.
cial Reporting Standards (IFRS) erstellen.
Von Michael Gneuss
Dies ist in vielen Fällen mit großem Auf-
­Anforderungen der International Finan-
wand verbunden. Zu den Pflichten im Anhang (englisch: „Notes“) zählen detaillierte
tenten Steuern werden neben Angaben zu
Daher entschlossen sich die Experten, den
der Umfrage hervor, dass Unterstützung bei
fortschreitenden Automatisierung entfallen
ten die Verantwortlichen bei der Deutschen
Problemen mit einer Studie auf den Grund
fällen oder zum Ri-
zu gehen: „Anhangerstellung nach IFRS“.
der Kommunikation und Koordination gefragt ist. Allerdings glauben 85 Prozent der
manuelle Eingaben und somit Eingabefehler.
Bahn immer wieder über die schwierige
Zudem überprüft SmartNotes die übertra-
Erstellung des Anhangs für den Konzern-
32 Unternehmen aus dem Dax 30, dem
befragten Unternehmen nicht daran, dass
genen Daten auf ihre Plausibilität. Es kann
sikomanagement.
abschluss nach den International Financial
MDax 50 und dem SDax 50 beteiligten sich
die Erstellung des Anhangs – der Notes,
auch erkannt werden, ob beispielsweise
Reporting Standards (IFRS). Die Anforde-
an der Erhebung. „Ein Ergebnis war, dass
Aktualisierungen von Kennzahlen aus Kon-
rungen sind anspruchsvoll. Die nötigen
Angaben können nicht einfach aus den Fi-
die Belastung von Unternehmen als drückend empfunden wird“, so Weber. „Sie be-
wie er international genannt wird – automatisiert, also auf Knopfdruck realisierbar ist.
nanzbuchhaltungssystemen entnommen
trachten den Aufwand und die Kosten als
Die PwC-Berater sahen das anders. Sie
und veränderte Informationsanforderungen
geber für ihre Ent-
werden. Das Übertragen aus anderen Be-
unangemessen.“
begannen ein Programm zu entwickeln,
rechtzeitig eingepflegt. scheidungen her-
zu stemmen, berichtet Loitz: „Wir haben
richten und Zahlenwerken provoziert Fehler
Die Ergebnisse der Studie bestätigten die
dass die Anhangerstellung beschleunigen
Das Programm ermöglicht es auch, dass
anziehen.
und kostet schlichtweg viel Zeit. Die Koordi-
Aussagen. Im Durchschnitt benötigten die
soll. „Zunächst hatten wir eine Excel-Tabel-
mehrere Bearbeiter gleichzeitig an einem
schon sehr viele Arbeitsschritte automatisiert. Unsere Kunden sind für jeden ma-
nation der Datensammlung, in die eine Viel-
Unternehmen 93 Tage für die Fertigstellung
le dafür aufgebaut. Inzwischen ist daraus
Bericht arbeiten. Ein Rechtekonzept regelt,
eine mehrbenutzerfähige Datenbank-Lösung geworden“, sagt Weber. SmartNotes
wer an welchen Stellen Änderungen vornehmen darf. „So wird erheblich Zeit ge-
werden. Das ist sehr unangenehm und publizitätswirksam“, sagt PwC-Bilanzexperte
Wie auch in anderen Unternehmen stöhn-
„Wir haben festgestellt, dass in den Unternehmen
nur wenige Prozessschritte automatisiert sind.“
Thomas Weber, Berater bei PwC und Co-Autor der Studie „Anhangerstellung nach IFRS“
zerntöchtern berücksichtigt wurden. Zudem werden Verantwortlichkeiten festgelegt
Erklärungen zu Kennzahlen, Geschäftsvor-
Die Qualität des
Anhangs ist von
großer Bedeutung,
da ihn die Kapital-
Finanzinstrumenten, zur Kapitalflussrechnung und zu Pensionen als besondere Problemfelder in den Konzernen gesehen“, erklärt Loitz.
Weil die größten deutschen Konzernen
über 2.000 Tochtergesellschaften haben,
sei die Komplexität der Anhangerstellung
manuell nur mit extremem Arbeitsaufwand
nuellen Prozess, der unnötig geworden ist,
dankbar.“
heißt das Tool, das bereits Deutsche Bahn,
spart, die in die Qualität des Berichts einflie-
Rüdiger Loitz. Zwar werden Fehler in aller
Die Entwicklung von SmartNotes wird von
Metro, Rewe und WestLB verwenden. Die
ßen kann“, sagt Weber.
Regel von den Wirtschaftsprüfern gefunden,
PwC fortgesetzt. Rüdiger Loitz kann sich
Software sammelt – so weit möglich automatisch – Informationen aus dem Konsoli-
Loitz rät dennoch, die technischen Möglichkeiten zu nutzen. Denn die Anhangerstel-
vorstellen, dass das Tool bald auch um
Ein guter und ordnungsgemäßer Anhang
dierungssystem, das meistens die einzige
ist für Unternehmen zwingend notwendig.
lung ist schwierig genug. zur Vorbereitung von Analystenkonferenzen
eingesetzt werden kann. Und Thomas Weber hat sich den höchstmöglichen Auto-
Funktionen erweitert wird und zum Beispiel
zahl von Funktionen innerhalb des Unter-
des Anhangs; bei den Dax-30-Konzernen
IT-gestützte Quelle darstellt. Weitere Infor-
Nicht nur Aktionäre oder Analysten blicken
Insbesondere die latenten Steuern – ein
nehmens involviert ist, macht die Erstellung
sind es sogar 118 Tage. Die Komplexität
mationen werden manuell von verschie-
kritisch auf die Berichte, sondern auch die
fiktiver Posten, der künftige Steuerbe- und
des Anhangs zu einem Prozess, der sich
der Aufgabe geht auch aus einem anderen
denen Personen eingegeben.
Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung.
entlastungen angibt – gilt bei Experten wie
matisierungsgrad zum Ziel gesetzt: „Mit
über Monate hinweg erstreckt und Kapazi-
Ergebnis der Studie hervor: Im Mittel sind
Ein Problem ist allerdings, dass die IFRS
„Wenn Fehler nachgewiesen werden, muss
Loitz als Risikogebiet Nummer eins. „Das
SmartNotes kommen wir dem Anhang auf
täten wichtiger Fachkräfte bindet. Am Ende
23 Personen an der Erstellung des Anhangs
nicht nur quantitative Angaben einfordern,
hat auch unsere Studie gezeigt: Die la-
Knopfdruck immer näher.“
ist auch noch eine zeitaufwendige Phase für
beteiligt. Bei den Dax-30-Unternehmen liegt
sondern auch qualitative. Dabei hilft Smart-
penible Korrekturen fällig. Denn Fehler dür-
die Zahl sogar über 43.
Auch der Bedarf wurde in der PwC-Stu-
Notes ebenfalls. Die Software formuliert
erste Textbausteine vor und platziert die
die abgefragt. „Wir haben festgestellt, dass
­Tabellen innerhalb einer Word-Datei, die als
„Wir haben viele Klagen über die aufwen-
in den Unternehmen nur wenige Prozess-
Vorlage für den Geschäftsbericht genutzt
dige Erstellung der Anhänge aus den Un-
schritte automatisiert sind. Es besteht ein
fen auf keinen Fall passieren.
ternehmen gehört“, erzählt Thomas Weber,
starker Wunsch, das zu optimieren“, so
wird, an den richtigen Stellen.
„Der Arbeits- und vor allem der Korrekturauf-
­Berater bei PricewaterhouseCoopers (PwC).
PwC-Berater Weber. Außerdem ging aus
wand sinken erheblich“, sagt Weber. Mit der
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der Abschluss rückwirkend wieder geöffnet
Die Anhangerstellung nach IFRS bereitet vielen
Unternehmen einen erheblichen Aufwand. PwC
ermöglicht mit dem neuen Tool SmartNotes eine
wesentliche Automatisierung des Prozesses.
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Kontakt
[email protected]
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Tel. 0211 981-2839/-2573
www.pwc.de/de/pwc283
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pwc: Lösungen
„Warum unsere Mitarbeiter so zufrieden sind?
zufriedenheit demnach besonders groß gewe­
Dafür haben wir kein Erfolgsrezept. Unser
sen sein. „Nein, eigentlich nicht“, sagt dazu Dr.
Rezept heißt Erfolg.“ Das sagt Ulrich Pitka­
Bernd Walther, Gruppenleiter in der Entwick­
min, Vorsitzender der Geschäftsführung der
lungseinheit Drug Delivery. „Gerade in der Kri­
Boeh­ringer Ingelheim Deutschland GmbH.
se habe ich meinen Arbeitgeber als ein Unter­
Letztes Jahr wurde das forschende Pharma­
nehmen schätzen gelernt, das respektvoll und
unternehmen bei einer weltweiten Umfrage
langfristig handelt. Selbst in den schwierigen
der Fachzeitschrift „Science“ zum Toparbeit­
geber gekürt – als erstes deutsches Unter­
Zeiten gab es keine Entlassungswellen – zum
nehmen überhaupt. Im Jahr davor belegte es
wir alle Mitarbeiter gebraucht.“
Glück. Denn als der Aufschwung kam, haben
bei einer Befragung der Zeitschrift ­„Capital“
Der Wohlfühlfaktor
Kaum ein Unternehmen erhält von seinen Mitarbeitern immer wieder so
gute Noten wie ­Boehringer Ingelheim. Warum eigentlich?
Von Corinna Freudig
Platz drei in der Kategorie der beliebtes­
Für das Gros der Beschäftigten wurde so
ten Großunternehmen in Deutschland. Der
die Krise nicht zum Krisenfall. In Ingelheim
Verband angestellter Akademiker führt die
unterzog man sich nicht einer radikalen
­Ingelheimer gar seit sechs Jahren in Folge
­Abmagerungskur, sondern gab sich ein neu­
auf Platz eins, was das Wohlbefinden der Mit­
es Leitbild, um sich gemeinsam fit für die Zu­
arbeiter betrifft.
kunft zu machen: „Vision & Leadership“ be­
Erfolg ist für Unternehmenschef Pitkamin un­
ternehmerischer Erfolg. „Denn für Mitarbeiter
inhaltete Leitsätze wie „Kommunikation ist
unser Schlüssel zum Erfolg!“ oder „Delegie­
trägt die Arbeitsplatzsicherheit ganz maßgeb­
ren ist unsere Pflicht!“. „Im Nachhinein fanden
„Für mich stimmt alles: Aufgabe, Klima und
Work-Life-Balance.“
Martin Presser, Teamleiter Controlling
lich zur Zufriedenheit bei.“ Anfang der 90er-
wir das aber zu mahnend. Die Leitsätze er­
Jahre, als das Unternehmen in einer schweren
weckten den Eindruck, als hätten wir auf alles
wirtschaftlichen Krise steckte, müsste die Un­
schon eine Antwort“, erinnert sich Mark Hag­
Angebote erhalten. Natürlich hat er sich die
mann, in der deutschen Geschäftsführung für
angehört. Und natürlich waren interessante
Personal zuständig.
Tätigkeitsgebiete dabei. „Aber immer, wenn
„In der Krise habe ich gemerkt,
dass mein Arbeitgeber respekt­
voll und langfristig handelt.“
Dr. Bernd Walther, Gruppenleiter in der Entwicklungseinheit Drug Delivery, Boehringer Ingelheim
Heute fordert das Programm „Lead & Learn“
ich eine Pro-und-Kontra-Liste für mich er­
durch vier Leitfragen jeden Mitarbeiter auf,
stellt hatte, war klar, dass ich bleibe“, sagt
sich einzubringen: Ergreifen wir die Initiative?
der 52-Jährige. Was Bernd Walther immer
Entwickeln wir uns gemeinsam weiter? Ha­
wieder zum Bleiben bewog: der faire Um­
ben wir eine gemeinsame Ausrichtung? Er­
gang mit den Mitarbeitern. Zum Beispiel in
zielen wir Ergebnisse? Die Antworten darauf
den 90er-Jahren, als ein Teil der Forschung
helfen, den persönlichen Standort zu bestim­
und Entwicklung aus dem rheinhessischen
men, und vermitteln zugleich, dass alle am
Ingelheim in das oberschwäbische Biberach
gleichen Strang ziehen. Denn: „Uns ist die
verlegt wurde. Viele Kollegen wollten jedoch
Verbindung vom einzelnen Mitarbeiter zum
nicht umziehen. Wie reagierte das Unterneh­
Unternehmen wichtig“, betont der oberste
men? Es befragte alle betroffenen Mitarbei­
Personaler.
ter, an welchem Standort sie arbeiten wollten,
Zurück zu Dr. Walther. Natürlich hat der Che­
miker und Pharmazeut in den 22 Jahren
und garantierte ihnen einen Arbeitsplatz an
ihrem jeweiligen Wunschstandort. seiner Unternehmenszugehörigkeit externe
Langfristigkeit im Denken und Handeln – das
Boehringer Ingelheim
Boehringer Ingelheim erforscht, entwickelt,
produziert und vermarktet weltweit Arznei­
mittel – mit 135 Gesellschaften und 39.800
Mitarbeitern. Die deutsche Boehringer Ingel­
abhängig. Das ermög­licht es uns Mitarbei­
tern, uns auf die Arbeit zu konzentrieren“,
sagt der Naturwissenschaftler. Das ist wichtig
bei einem Forschungsunternehmen, dessen
9.400 Angestellten an den Produktions­
standorten Ingelheim am Rhein, Biberach an
der Riss und Dortmund ansässig. Die Ge­
Walthers Kollege Martin Presser, Teamleiter
Mikrosystemtechnik. In der Forschung und
Entwicklung wurden 2007 weltweit rund 1,7
pwc: | juli 2008
leitung nicht vom tagesaktuellen Börsenkurs
Werbeslogan „Werte schaffen durch Innova­
tion“ lautet.
mazeutika, Chemikalien, Tiergesundheit und
pwc: | juli 2008
schen Pro-Liste. „Als nicht kapitalmarktorien­
tiertes Unternehmen ist die Unternehmens­
heim Pharma GmbH & Co. KG ist mit rund
schäftsgebiete sind Humanpharma, Biophar­
50
wog immer wieder schwer auf der Walther­
im Controlling, sieht das genauso. „Wir Zah­
lenmenschen tragen unseren Teil dazu bei,
ein Projekt von der ersten analytischen For­
schung bis zum Vertrieb zu begleiten“, so der
Wirtschaftsingenieur. „Und selbst für einen
Milliarden Euro investiert. Boehringer Ingel­
Controller ist es befriedigend, nicht dauernd
heim ist international das größte pharmazeu­
auf eine Quartalsberichterstattung schielen zu
tische Unternehmen, das von einer Familie
müssen.“ Presser schätzt das umso mehr, als
geführt wird.
er von ehemaligen Kommilitonen weiß, wie es
51
pwc: Lösungen
Kommen, um zu bleiben
Walter Jochmann, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Kienbaum
Management Consultants, erklärt, was Mitarbeiter bei ihren Arbeitgebern hält.
Das Gespräch führte Corinna Freudig
pwc: Der War for Talents ist in vollem Gange. Herrschen paradie­
Gibt es Branchen, bei denen die Mitarbeiter lieber arbeiten als bei
sische Zeiten für Bewerber?
anderen?
Jochmann: Angebot und Nachfrage haben sich in der Tat zuguns­
Es gibt Image-Unterschiede: Derzeit befindet sich das der Ban­
ten der Nachfrager verbessert. Das führt zu mehr Toleranz bei den
ken im Sturzflug. Auch Branchen, die sehr automatisiert sind, we­
bei börsennotierten Unternehmen zugehen
Arbeitgebern: Sie akzeptieren mobile Lebensmodelle ihrer Mitarbei­
nig persönlichen Spielraum lassen und schlecht zahlen wie Handel,
kann: „Ein Freund von mir beschäftigt sich
ter, die Chancen für Best Ager sind gestiegen, einige Unternehmen
Servicecenter oder Gesundheit, gelten als weniger attraktiv. Was
seit einem halben Jahr überwiegend mit der
haben ihre Anforderungskriterien heruntergeschraubt. Jetzt kann
in den letzten Jahren an Beliebtheit gewonnen hat, ist der große
Frage, wo sein künftiger Arbeitsplatz sein, wie
es auch einmal der Manager ohne Auslandserfahrung sein. Andere,
der aussehen und ob es ihn überhaupt noch
etwa Berater oder Wirtschaftsprüfer, zielen nach wie vor auf Topleute
Mittelstand, da er als verlässlich gilt. Außerdem punktet der Mittel­
stand oft mit seiner Wort-Bild-Marke, hinter der konkrete Personen
geben wird.“
ab und intensivieren dafür ihre Aktivitäten im Personalmarketing.
oder Familien stehen.
Daher ist es wenig erstaunlich, dass Familien­
unternehmen immer mehr die Gunst der Mit­
arbeiter und auch der Hochschul­absolventen
Womit halten Unternehmen ihre Wunschmitarbeiter? Mit einem
Welche größten Fehler machen Arbeitgeber gegenüber ihren
dicken Bonus und einem PS-starken Dienstwagen?
Mitarbeitern?
gewinnen. Viele von ihnen sind zu Welt­unter­
Monetäre Mehrwerte spielen eine Rolle – aber nur eine von vielen. Es
Erstens: Fordern, ohne zu fördern. gibt vier Felder, die Arbeitnehmern wichtig sind. Erstens: Sie wollen
Zweitens: Starre Strukturen ohne Möglichkeiten für Freiräume.
nehmen geworden, die die Vorteile eines
„Wir haben kein Erfolgsrezept. Unser Rezept heißt Erfolg.“
Großkonzerns mit dem stabilen Umfeld eines
Mittelständlers koppeln. „Die Zeiten, als wir
neben Giganten wie Bayer oder BASF kaum
Ulrich Pitkamin (links) und Mark Hagmann, Geschäftsführung Boehringer Ingelheim Deutschland
ernst genommen wurden, sind vorbei“, freut
sich Ulrich Pitkamin.
zu einer guten Firma gehören – zu diesem unbestimmten „gut“ ge­
Drittens: Zu viel Wettbewerb, der zu einer misstrauensgeprägten
hören Qualität der Produkte, Innovationskraft, Image der Unterneh­
Ellenbogenkultur führt.
mensleitung, Standing im Markt und die Reputation der Marke. Im
Viertens: Zu wenig Wettbewerb, weil keiner sich durch Leistung
Lebenslauf machen sich renommierte Unternehmen gut.
hervorheben und weiterentwickeln kann.
Fünftens, das ist ganz besonders wichtig: Doofe Vorgesetzte.
Aber den Lebenslauf brauchen Mitarbeiter nicht mehr, wenn sie bei
Auch der junge Kollege Presser merkt das
ihrem Arbeitgeber bleiben wollen ...
­jedes Mal, wenn er Boehringer Ingelheim
Unternehmenskultur und Führung bilden einen zweiten wichtigen
in der Geschäftsführung: Was hat Sie gehalten?
bei Hochschulveranstaltungen vertritt – als
Faktor. Mitarbeiter kommen wegen der Aufgabe und den Karrie­
Abwechslungsreiche Aufgaben, eine systematische Erweiterung
reaussichten in ein Unternehmen – und sie gehen wegen der Men­
dieser Aufgaben alle paar Jahre und schließlich – als Geschäftsfüh­
eine Art Best Practice. Bereits nach zwei­
einhalb Jahren Betriebszugehörigkeit über­
tigt behandeln“, sagt Pitkamin. Das bedeutet­ nahm er eine Leitungsfunktion. Doch seine
­allerdings nicht „gleich behandeln“, wie das
Zufriedenheit resultiert nicht nur aus einer
steilen Karriere: „Für mich stimmt das Ge­
samtpaket: meine Aufgabe, das Klima und
„Diese Wertschätzung erlebe ich bei uns als
Sie haben als Assistent bei Kienbaum angefangen – und sind jetzt
schen. Das unterschätzen viele Arbeitgeber. Ganz wichtig sind das
rungsmitglied – die unternehmerische Mitverantwortung bei einem
sehr ausgeprägt“, sagt Pitkamin. „Es gibt
persönliche Umfeld und der jeweilige Vorgesetzte, also die Führungs­
Familienunternehmen.
Projekt Demografie zeigt. In ihm beschäftigt
ein ­hohes persönliches Engagement der
kräfte. Für die sind übrigens der Zusammenhalt und das Klima inner­
sich ein Team mit möglichen Konsequenzen,
Gesellschafter.“ Sie sind präsent im Unter­
halb des Führungsteams wesentliche Gründe, um zu bleiben. Dritter
die die Bevölkerungsentwicklung für Boehrin­
ger haben könnte: von der Aufnahme neuer
nehmen – operativ in der Geschäftsführung
Punkt: der individuelle Zusatznutzen – dazu gehören materielle Leis­
ebenso wie als Gäste beim jährlichen Pen­
tungen, aber auch Weiterbildung, Auslandsaufenthalte und Karriere­
Dass er mit dieser Einschätzung nicht alleine
Lehrberufe über flexible Arbeitszeitmodelle,
sionärstreffen. Vermutlich ist es diese persön­
perspektiven.
ist, beweisen die Ergebnisse der ersten in­
ternen Mitarbeiterbefragung im vergangenen
die die Betreuung von Kindern oder auch alter
liche Atmosphäre, die für den Wohlfühlfaktor
Eltern berücksichtigen, bis zur individuellen
am Arbeitsplatz, eine durchschnittliche Be­
Und wo bleibt die neudeutsche Work-Life-Balance?
Jahr – mit einer sensationell guten Rücklauf­
Gesundheitsprävention für alle Mitarbeiter ab
triebszugehörigkeit von 12,5 Jahren und eine
Die kommt als vierter wichtiger Bereich dazu, mit den bekannten Fa­
quote von 80 Prozent.
40. Zu der gehört auch ein insulinoptimier­
tes Gericht, das täglich auf der Speisekarte
Fluktuation von 2 Prozent sorgt. Bei Ulrich
cetten – flexible Arbeitszeiten und Arbeitsplätze, Unterstützung bei
Zwei Ergebnisse erfreuten besonders: „93
Pitkamin selbst war es jedenfalls so, als er vor
der Kinderbetreuung und so weiter. Dabei geht es nicht darum, das
Prozent der Mitarbeiter würden uns als Ar­
des neuen, 36 Millionen Euro teuren Betriebs­
26 Jahren sein Vorstellungsgespräch in der
eine zugunsten des anderen herunterzufahren, sondern beides zu
beitgeber weiterempfehlen. Und: Die Urteile
restaurants zu finden ist. Ja, man kann treff­
von Angestellten und Arbeitern, jungen und
lich darüber streiten, ob Mitarbeiter eine sol­
Unternehmensentwicklung hatte. „Ich kann­
te von Boehringer Ingelheim gerade mal die
meine persönliche Work-Life-Balance.“
älteren Mitarbeitern sowie Frauen und Män­
che Kantine brauchen. Tun sie sicher nicht.
Kopfschmerztablette Thomapyrin. Dass ich
nern waren meist gleich. Das ist ein Indiz da­
Aber ein Ausdruck der Wertschätzung ist es
damals gekommen und geblieben bin, lag vor
für, dass wir unsere Mitarbeiter gleichberech­
allemal.
allem an den Menschen.“
integrieren. Schließlich arbeiten Führungskräfte gern – das zeigt ja
auch, dass ihre Karrieren oft nicht mit dem regulären Rentenalter en­
den. Arbeit muss Teil des Lebens sein können und umgekehrt.
Gehört zur Work-Life-Balance auch eine Work-Family-Balance?
Auf jeden Fall. Denn es ist dramatisch, wie der Frauenanteil in den
oberen Führungsetagen in Deutschland abnimmt, auf der unteren
Familienunternehmen wie Boehringer Ingelheim
sind erfolgreich und bei den Mitarbeitern beliebt,
weil sie die Vorteile eines Konzerns mit dem
­stabilen Umfeld eines Mittelständlers koppeln.
52
Weitere Information
Management-Ebene liegt er bundesweit nämlich noch bei etwa 40
Prozent. Das liegt auch nicht mehr unbedingt an verkrusteten männ­
lichen Männernetzwerken. Die DAX-Unternehmen wollen mehr Frau­
www.boehringer-ingelheim.de
en – aber die wissen nicht, wie sie Karriere und Familie unter einen
www.sciencecareers.sciencemag.org
pwc: | juli 2008
Hut bringen sollen. Das ist eine Herausforderung, der sich vor allem
Dr. Walter Jochmann ist Vorsitzender der Geschäftsführung der
der Staat stellen muss.
Kienbaum Management Consultants GmbH.
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pwc: Lösungen
Impressum
Herausgeber:
PricewaterhouseCoopers AG WPG
Olof-Palme-Straße 35, 60439 Frankfurt am Main
www.pwc.de
Verantwortlich für den Inhalt (V. i. S. d. P.):
Oliver Heieck (PricewaterhouseCoopers AG)
Tel. 069 9585-1577
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben
die Meinung der Autoren wieder.
Adressänderungen: [email protected]
Chefredaktion:
Corinna Freudig (PricewaterhouseCoopers AG),
Peter Littger (Facts & Figures)
E-Mail an die Redaktion: [email protected]
Publikationen
CvD: Dominik Arndt
Art-Direktion: Frauke Backer/backerdesign.com, Dominik Arndt
IPTV – das
neue Fernsehen?
Was Führungskräfte
über REACH wissen
Gewichte in der Stahlund Metallindustrie
Die besten Immobilien-
standorte in Europa
Bildbearbeitung: Stefan Müller-Siemens
Wie wird sich das
Die Vorregistrie-
Die Zahl der Fusi-
Der deutsche Immobilienmarkt wird im eu-
Infografik: Katharina Erfurth (Golden Section Graphics)
Fernsehprogramm
rungspflicht für etwa
onen und Übernah-
ropäischen Vergleich immer attraktiver. Mit
Redaktionelle Mitarbeit: Nava Ebrahimi, Oranus Mahmoodi, Birgit Utz
ändern, wenn es in
30.000 chemische
men in der metall-
Hamburg, München, Frankfurt und Berlin
Zukunft nur noch im
Substanzen hat am
erzeugenden Indus-
zählen vier deutsche Städte zu den zehn
Internet übertragen
1. Juni begonnen.
trie ist 2007 dra-
aussichtsreichsten Standorten in Europa,
wird? Inwieweit wird
Vielen Unternehmen
matisch angestie-
wie aus der Marktanalyse „Emerging Trends
Verlagsleitung: Frank Parlow
sich mit der neuen
sind die Auswirkungen der soge-
gen. Das geht aus
in Real Estate Europe 2008“ von PwC und
der aktuellen Stu-
dem Urban Land Institute (ULI) hervorgeht.
nannten REACH-
die „Forging ahead.
Im ersten Kapitel beschäftigt sich die Studie mit der Kreditkrise und stellt die Frage:
Verlag:
Facts & Figures GmbH
Ein Unternehmen der FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND
Stubbenhuk 3, 20459 Hamburg
Tel. 040 31990-622, E-Mail: [email protected]
Übertragungsart,
die vollständig interaktiv ist, die TV-Kul-
Verordnung jedoch unbekannt. Zu diesem
Mergers and acqui-
tur ändern? Warum bewegt das Thema die
Ergebnis kommt eine Umfrage, an der sich
sitions activity in the global metals industry,
„Haben sich die Regeln verändert?“ Dazu Prognosen über Wertent-
Marktteilnehmer, welche Erwartungen ha-
241 Führungskräfte aus 29 Ländern und
2007“ von PwC hervor. Die Publikation be-
wicklung und Risiken. Im zweiten Kapitel werden unterschiedliche
ben sie? Die Studie umfasst über die Ana-
sechs Branchen beteiligten. Demnach wissen zwei von fünf Führungskräften nur in
fasst sich mit Fusionen und Übernahmen
Investorentypen beleuchtet. Im dritten Teil wird über Chancenmärk-
lyse des Markts hinaus Einschätzungen von
in der Stahl- und Metallindustrie und liefert
te berichtet, unter anderem mit einer Liste der Top-Ten-Märkte und
Unternehmen, Experten und Konsumenten,
groben Zügen, welche Anforderungen sie
einen Ausblick auf die Trends und Entwick-
-Städte. Das vierte Kapitel untersucht Gebäudetypen der Zukunft:
die auf exklusiven Interviews basieren.
im Detail erfüllen müssen.
lungen der Zukunft.
Handel, Hotels, Industrie- und Lagerbauten, Büros, Wohnungen.
Ihr Ansprechpartner:
Ihr Ansprechpartner:
Ihr Ansprechpartner:
Ihr Ansprechpartner:
[email protected]
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Tel. 0211 981-5848
Tel. 069 9585-5602
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Fremdmanager in Familienunternehmen
Aufsichtsrechtliche Meldepflichten
Wann sich Beschaffung
in China lohnt
Steueränderungen 2008
Wer leitet zukünf-
Zum Jahreswech-
China hat sich als
tig die deutschen
sel von 2006
Beschaffungs-
riskant. Das im jährlichen Turnus erschei-
Familienunterneh-
auf 2007 sind in
markt für viele
nende Arbeitshandbuch nimmt Ihnen die
men? Dieser Fra-
Deutschland im
deutsche Unter-
mühsame Auswertungsarbeit ab und gibt
ge geht die Studie
Rahmen der Basel-
nehmen etabliert.
Ihnen so die Sicherheit, nichts Wichtiges
zur Rolle familien-
Aber nicht jedes
fremder Führungs-
II-Einführung umfangreiche Neu-
Unternehmen pro-
zu übersehen. Die Inhalte sind im Wesentlichen: ausführliche Darstellung der Steu-
kräfte im Topma-
erungen in Kraft
fitiert in gleichem
eränderungen, Ausblick auf die Steuer-
nagement von
getreten. In dem
Maße. PwC hat
änderungspläne 2008/2009, umfassende
Familienunterneh-
Übersichtsleitfa-
Einkäufer und Lo-
Analyse aller beratungsrelevanten Recht-
Steuerliche Änderungen zu verpassen ist
men nach. Künftig werden voraussichtlich
den „Aufsichtsrechtliche Meldepflichten“
gistikverantwortliche von 203 deutschen
häufiger externe Manager ins Haus geholt:
kommentieren PwC-Experten die neuen
Unternehmen zu ihren Erfahrungen mit
des Jahres 2007, Verrechnungspreise, Steuerstrafrecht und der Zu-
Jeder vierte der 118 befragten Topmanager
Meldepflichten und Verordnungen und
Einkauf und Logistik im China-Geschäft
gelassene Wirtschaftsbeteiligte im Zollverkehr, Gewährleistung der
von Familienunternehmen erwartet das.
geben praktische Tipps.
befragt.
Beratungsqualität und Regressvermeidung.
sprechungs- und Verwaltungsänderungen
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Haufe-Verlag, 39,80 Euro, ISBN 978-3-448-08438-2
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Bildredaktion: José A. Blanco
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pwc: | juli 2008
pwc: | juli 2008
Lektorat: Christiane Barth, Kristof Maletzke
Herstellung: Matthias Richter
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Titel: Faktorei Geheim Seite 2-3: Faktorei Geheim/Matthias Bender/
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13: Malte Knaack/Faktorei Geheim/Foto: Kumicak+Namslau Seite 15:
laif/Stern/Enver Hirsch Seite 16-17: Visum/Christian O. Bruch; F1Online/Tips Images; picture-alliance/ dpa/Katja Lenz;Getty Images/C
Squared Studios; PwC Seite 18: Bildagentur Huber/Eckebrecht Seite
20-21: Reuters/John Woods; picture-alliance/dpa; Thomas Magnete Canada Seite 22-23: ullstein bild/Imagebroker.net/Ralph Kerpa;
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Getty Images/Paul Gilligan Seite 26: Getty Images/Dorling Kindersley/AndyCrawford; Getty Images/Foodcollection; Facts&FiguresMontage Seite 28-29: Caro / Waechter; Getty Images/Martin Barraud; Getty Images/Digital Vision/John Molloy; F1 Online; PwC Seite
30-33: Stefan Bungert Seite 34: Corbis/zefa/Josh Westrich Seite
36: Getty Images/Stone/Erik Dreyer Seite 37: Die Illustratoren/Kathryn Rathke Seite 39: Henrik Spohler Seite 40-41: Corbis/DLILLC;
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Photographer´s Choice; Getty Images/SAKI Style; Getty Images/Michael Blann; PwC Seite 42: Art Collection Deutsche Börse/CHANTAL
MICHEL, Die Wirklichkeit stellt eine Unwahrscheinlichkeit dar, die eingetreten ist, 1999/Foto: Simon Vogel Seite 43: Courtesy Fondazione
Prada, Milano/CARSTEN HÖLLER, Upside-Down Mushroom Room,
2000/Foto: Attilio Maranzano/ © VG Bild-Kunst, Bonn 2008 Seite 44:
ANISH KAPOOR, Turning the World Upside down, 1996 (Stahlskulptur); DAMIEN HIRST, Biotin – Malemide, 1995 (Lack auf Leinwand)/
Foto: Richard Bryant (l.)/ © Damien Hirst. All rights reserved/VG
Bild-Kunst, Bonn 2008; JOSEPH BEUYS, La rivoluzione siamo Noi,
1971/ © VG Bild-Kunst, Bonn 2008 Seite 45: ANDREAS GURSKY,
Singapur Börse I, 1997/Courtesy: Monika Sprüth Philomene Magers,
Köln München London/ © Andreas Gursky/VG Bild-Kunst, Bonn
2008 Seite 46: MARTHA SCHWARTZ, Swiss Re Verwaltungsgebäude München/Foto: Ulrike Myrzrik & Manfred Jarisch Seite 47: RÉMY
MARKOWITSCH, On Travel 2001/ © by Rémy Markowitsch, BerlinLuzern, 2008/Courtesy: Galerie EIGEN+ART, Berlin Seite 48-49: Getty
Images/Stone/Art Wolfe Seite 50-52: Gaby Gerster Seite 53: Kienbaum Management Consultants
Druck:
Druckhaus Berlin-Mitte GmbH
Schützenstraße 18, 10117 Berlin
pwc: erscheint viermal im Jahr in einer Auflage von 12.000 Exemplaren.
© Juli 2008. PricewaterhouseCoopers AG
PricewaterhouseCoopers bezeichnet die ­PricewaterhouseCoopers AG
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und die anderen selbst­ständigen und
rechtlich unabhängigen Mitgliedsfirmen der PricewaterhouseCoopers International Limited.
PricewaterhouseCoopers. Die Vorausdenker.
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Erfolgsformeln
Das ist die seit 2005 geltende Formel für das sogenannte Prämienmodell
im Länderfinanzausgleich. Es soll dazu führen, dass erfolgreich wirtschaftende
Bundesländer nicht alle ihre Mehreinnahmen wieder an die anderen
Länder abtreten müssen, sondern einen Teil selbst behalten können.
Mehr zum Regionenwettbewerb in Deutschland ab Seite 4