Arbeitgeberrechte gegenüber dem Betriebsrat - AGV Ruhr
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Arbeitgeberrechte gegenüber dem Betriebsrat - AGV Ruhr
NACHGELESEN Informationen für Mitglieder und Partner der Arbeitgeberverbände Ruhr/Westfalen März 2012 Arbeitgeberrechte gegenüber dem Betriebsrat Das Ziel – oder besser, das Ideal – ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Mit Verständnis und Einsicht auf beiden Seiten. In der Praxis sieht es teilweise anders aus. Dann sind Verhandlungsgeschick und Konfliktbewältigung gefragt. Die Rede ist von dem Verhältnis des Arbeitgebers zum Betriebsrat. Aktuelles aus dem Betriebsverfassungsrecht zu diesem Thema beleuchtete Christian Vollrath, Direktor des Arbeitsgerichts Bochum, beim verbandsinternen Seminar „Arbeitgeberrechte gegenüber dem Betriebsrat“. Christian Vollrath ermutigte die rund 70 Zuhörer gleich zu Beginn, Fragen zu stellen. „Denn auch für mich ist diese Veranstaltung eine Fortbildung.“ Es gebe vor Gericht eben nicht nur falsch oder richtig, sondern auch „gut oder schlecht begründet“. So auch bei der Frage, ob eine Bildungsveranstaltung für den Betriebsrat erforderlich ist oder nicht. Allein die Frage nach der Erforderlichkeit ist schwammig. „Erforderlich ist etwas anderes als nützlich“, sagte Vollrath. Auf sogenannte Grundlagenschulungen hat jedes Betriebsratsmitglied nach § 37 Absatz 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) Anspruch, bei Spezialschulungen müsse die Erforderlichkeit allerdings klar erkennbar sein. Eine einstweilige Verfügung kann der Betriebsrat in Zweifelsfällen dagegen nicht erwirken. Der Grund: Der Betriebsrat muss den Arbeitgeber nicht fragen, ob er an einer Schulung teilnehmen darf, das Recht darauf habe er ohnehin. Fraglich ist nur die Übernahme der Kosten, die der Betriebsrat im Zweifel zunächst selbst tragen müsste, da die Leistung in Form der Schulung bereits entstanden ist. „Da die Erforderlichkeit aber nicht geklärt ist, wird sich der Betriebsrat hüten, die Gefahr der Kostenübernahme auf sich zu nehmen“, erklärte Christian Vollrath. In Betracht kommt in derartigen Fällen jedoch eine einstweilige Verfügung des Betriebsrats, gerichtet auf Zahlung eines Vorschusses für ein konkretes Seminar, wenn finanziell nicht mögliche oder jedenfalls unzumutbare Aufwendungen ansonsten einem Schulungsanspruch entgegenstehen. Streitpunkt Schulungskosten Christian Vollrath, Direktor des Arbeitsgerichts Bochum, beleuchtete Aktuelles aus dem Betriebsverfassungsrecht. Streitpunkt war in der Vergangenheit immer wieder auch die Höhe der Schulungskosten. Im konkreten Fall bot ein Referent, der aus früheren Veranstaltungen bereits bekannt und bewährt war, ein Seminar an, das im Vergleich zu ähnlichen Seminaren eine Preisdifferenz von 50 % aufwies. Ob die Kriterien „bekannt und bewährt“ die preisliche Differenz, und ob die Möglichkeit, im Rahmen des Seminars Spezialfragen zum Betrieb zu erörtern, taugliche Rechtfertigungsgründe für die teurere Schulung darstellen, ließ das Bundesarbeitsgericht (BAG) offen. Fortsetzung auf Seite 2 NACHGELESEN März 2012 Dies wird das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm, an das der Fall zurückverwiesen wurde, noch zu klären haben. Christian Vollrath sagt: „Meiner Einschätzung nach rechtfertigen die beiden genannten Kriterien allein noch nicht eine Preisdifferenz in dieser Höhe. Es wird aber immer auf den jeweiligen Einzelfall und dessen konkrete Umstände ankommen, etwa wie geeignet und auch zumutbar vermeintliche Alternativen letztendlich sind.“ Geklärt ist dagegen die Frage nach der Erforderlichkeit eines Internet-Anschlusses für Betriebsratsmitglieder. Das BAG gab die frühere Rechtsprechung auf und stellte fest, dass die Internetnutzung der gesetzlichen Aufgabenerfüllung des Betriebsrates dienlich ist. Keinen Anspruch hat der Betriebsrat dagegen auf einen eigenen Internetanschluss, der nicht über den Firmenserver läuft, etwa mit der Begründung, dass der Arbeitgeber sonst den Betriebsrat „ausspionieren“ könnte. „Dazu muss der Betriebsrat einen Missbrauch des Geheimhaltungsanspruches nachweisen“, schränkte Christian Vollrath ein. Vertragskontrolle nicht im § 99 BetrVG geregelt Mitsprache- bzw. Kontrollrecht fordert der Betriebsrat immer wieder auch bei der Einstellung von Zeitarbeitnehmern. Eine Vertragskontrolle, so ein Urteil des BAG, ist allerdings nicht Gegenstand von § 99 BetrVG. Der Betriebsrat besitzt somit keine Inhaltskontrollrechte und muss Einsprüche gegen beabsichtigte Einstellungen und beabsichtigte Eingruppierungen „sauber abstrahieren und begründen“, sagte Christian Vollrath. Diese Begründung muss durch § 99 Absatz 2 BetrVG abgedeckt sein. Auch sogenannte Aufstockungswünsche teilzeitbeschäftigter Mitarbeiter wirken sich Aufmerksam verfolgten die Teilnehmer die Veranstaltung. auf die Einstellung von Leiharbeitnehmern nicht aus. Allein der gezeigte Wunsch eines Arbeitnehmers auf Verlängerung seiner Arbeitszeit löst noch keinen Anspruch nach § 9 TzBfG aus. „Deshalb muss der Betriebsrat über bloße Verlängerungswünsche auch nicht informiert werden“, so Vollrath. Spannend wurde es für viele Zuhörer, als es darum ging, ob und vor allem wann bei einem Mitarbeitergespräch ein Betriebsratsmitglied mit einbezogen werden kann bzw. darf. Das BAG stellte zunächst klar, dass es kein allgemeines Recht des Arbeitnehmers gibt, zu Gesprächen mit dem Arbeitgeber unabhängig vom Gesprächsgegenstand ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen. Im konkreten Fall des BAG ging es um ein Gespräch über Tätigkeitsbeschreibungen, die der Arbeitgeber mit den Mitarbeitern im Geltungsbereich eines Entgelttarifvertrages führen wollte. „Hier hat der Arbeitnehmer gemäß § 82 Absatz 2 Satz 1 BetrVG das Recht, ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen“, sagte Christian Vollrath. Bei einem reinen Kritikgespräch ist dies allerdings nicht der Fall. Gespräch verweigert In einem kuriosen Fall verweigerte ein Arbeitnehmer ein Gespräch über einen Änderungsvertrag. Seine Begründung: Die Verträge sind geschlossen und müssen gehalten werden. Und tatsächlich: der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, mit dem Arbeitgeber über einen Änderungsvertrag zu sprechen. Wichtig aus Arbeitgebersicht ist hier, den genauen Gesprächsgrund zu benennen. Wird zu einem Kritikgespräch gebeten, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, daran teilzunehmen. Im Zuge dessen bestünde dann die Möglichkeit, auch über einen Änderungsvertrag zu sprechen – ohne dass dies das ausdrückliche Gesprächsziel ist. Stimmen zur Veranstaltung! Rita Thiel (Branscheid Umformtechnik GmbH & Co. KG): „Das war mein erster Besuch beim Verband und ich fand das Seminar sehr interessant. Wir haben als kleinerer Standort nicht so viele Berührungspunkte mit dem Betriebsrat. Ich habe aber mit Interesse verfolgt, welche Probleme andere Firmen mit dem Betriebsrat haben und wie man damit umgeht. Das wird, wenn es bei uns zu Problemen kommen sollte, sicher helfen.“ Thomas Lloyd (Momentive Specialty Chemicals GmbH): „Ich selbst bin Techniker und kein Personaler, fand die Veranstaltung aber dennoch interessant. Vor allem die vielen Praxisbeispiele waren sehr hilfreich und haben mir einen ersten Einblick gewährt. Besonders interessant wurde es gegen Ende des Seminars, als es um Mitarbeitergespräche und die Rolle des Betriebsrates ging. Impressum: Arbeitgeberverbände Ruhr/Westfalen, Königsallee 67, 44789 Bochum, Verantwortlich für den Inhalt: Dipl.-Soz.-Wiss. Bernd Brucker, Fon: 0234 / 5 88 77-77, Fax: 0234 / 5 88 77-70, E-Mail: [email protected], Internet: www.agv-bochum.de