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Testbericht aus 06/12 www.fairaudio.de Flummis im Hörraum Test: Accustic Arts Power 1 MK3 | Vollverstärker Preis: 5.590 Euro lette nach oben hin abzurunden, gibt’s bei Accustic Arts noch die „Referenz-Serie“, bestehend aus einem CD-Laufwerk („Drive II“), einem Röhren-Hybrid-D/AWandler („Tube-Dac II“), einem Röhren-Hybrid-Vorverstärker („Tube Preamp II“) sowie zwei Endstufen („Amp II“ und „Amp III“). Accustic Arts Power I: Außen und innen Juni 2012 / Jochen Reinecke Für fairaudio ist es keine Premiere, aber für mich: Noch nie zuvor hatte ich ein Gerät des deutschen, in Lauffen am Neckar beheimateten Unternehmens Accustic Arts im Rack. Für fairaudio hingegen ist dies der zweite beziehungsweise eigentlich dritte Accustic-ArtsTest, denn Kollege Martin Mertens hatte sich bereits im Mai 2011 eingehend mit dem Gespann aus Vollverstärker „Power ES“ und CDSpieler „Player ES“ befasst. Diese beiden Geräte stellen zugleich auch – in der Produkthierarchie von Accustic Arts, nicht als Werturteil – die „Einsteigerklasse“ dar, die bei Accustic Arts „ES-Serie“ heißt. Eine Stufe höher gibt es die „Top-Serie“, die aus dem reinen CD-Laufwerk „Drive I“, dem vollständigen CD-Spieler „CDPlayer I“, dem Vorverstärker „Preamp I“, der Endstufe „Amp I“ und dem heutigen Probanden, dem „Power I“ Vollverstärker besteht. Um die Produktpa- Ein kurzer Rundgang ums Gerät: Wow, das ist wirklich ein mordssolider Trum. 22 Kilogramm bringt er auf die Waage, nachtschwarz das Vollmetallgehäuse, eine tadellose Verarbeitung – das Ding sieht aus wie für die Ewigkeit gebaut. Vom Bedienkonzept her, das wird gleich klar, ist der Accustic Arts Power I ein Vertreter alter Schule: Es gibt keine Displays, keine mehrfach belegten Funktionsschalter, keine Parametergräber – hier wird noch Hand angelegt, und zwar zur Linken an einem herrlich griffigen, satt rastenden Eingangswahlschalter und zur Rechten an einem sämig und präzise laufenden Lautstärkepotentiometer. Die Drehknöpfe des Accustic Arts Power 1 bestehen aus massivem, verchromtem Messing und fühlen sich auch genauso angenehm solide an. Etwas ungewöhnlich, aber letztlich ein Markenzeichen des Hauses, ist das überdimensional in der Mitte der Frontblende prangende kreisrunde UnternehmensLogo, das locker größer ist als der Eingangswahlschalter beziehungsweise der Lautstärkesteller. Das muss man mögen. Lediglich einen weiteren Druckschalter gibt es, und zwar einen „Phones On“-Schalter, der die Lautsprecherausgänge stummschaltet und stattdessen den Kopfhörerverstärker aktiviert, welcher das Signal auf den ebenfalls an der Frontseite befindlichen Vertrieb: SAE GmbH & Co. KG www.accusticarts.de Telefon: (07133) 97477-0 1/8 Testbericht aus 06/12 www.fairaudio.de Kopfhörerausgang schickt. Unterhalb des Logos gibt’s noch drei Leuchtdioden: Die erste („Remote“) begleitet den Einsatz der Fernbedienung mit einem fröhlichen „Jau, hab’s kapiert!“- Flackern. Die mittlere („On“) gibt über den Betriebszustand Auskunft und die rechte („Protect“) leuchtet, wenn sich der Verstärker quasi im „abgesicherten Modus“ befindet. Dies ist entweder während des schonenden Hochfahrens beim Einschalten der Fall, oder wenn die Schutzschaltung aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse wie Clipping, übermäßigem DC-Offset etc. eingreifen muss. Und damit wären wir für die Frontpartie durch, schauen wir auf die Rückwand! Auch hier: Tadellos – vergoldete Cinch-Buchsen und Lautsprecherterminals bester Provenienz. Den Accustic Arts Power I gibt es in zwei Varianten. In der Basis-Version verfügt er über vier unsymmetrische Cinch-Hochpegeleingänge und einen unsymmetrischen Surround-Bypass-Eingang, der den Power I in einem Surround-Setup zur Frontkanal-Endstufe macht (daher sollte man an diesen Eingang tunlichst keine ungeregelte Hochpegelquelle anschließen, sonst föhnt es einen weg). Zusätzlich zu den Lautsprecherterminals gibt‘s noch einen unsymmetrischen Vorverstärkerausgang. Die erweiterte Variante hält zusätzlich ein MC/MM-Phonomodul bereit, verzichtet dafür jedoch auf einen weiteren Hochpegeleingang. Über zwei „Mäuseklaviere“ lassen sich MM-Systeme auf 50, 150, 270 und 370 pF anpassen. Die Eingangsimpedanzen liegen bei 47 k Ω (MM) beziehungsweise 100 Ω (MC). ten denken. Im Power I schwitzen acht selektierte MOS-FETs an einem ausgesprochen großzügig bemessenen Kühlkörper. Versorgt wird das Gerät über einen 600 WRingkern-Trafo mit separaten Wicklungen (Vorstufe, linker und rechter Endstufenkanal), dem als Ladestation eine Kondensatorbank mit einer Gesamtkapazität von mehr als 80.000 µF zur Verfügung steht. Das alles führt zu einer angegebenen Leistung von zweimal 200 Watt Sinus an 4 Ohm. Konzeptionell wurde beim Power I auf einen hohen Dämpfungsfaktor (> 700 laut Datenblatt) gesetzt, um die Lautsprecher besser kontrollieren zu können. Erwähnt werden sollte unbedingt, dass der Power I über eine „echte“ Kopfhörerverstärkersektion verfügt – und nicht nur über ein pegelangepasstes Routing des „normalen“ Ausgangssignals auf eine Kopfhörerbuchse. Ein Materialeinsatz, der sich – wie wir später im Hörtest sehen werden – gelohnt hat. Im Lieferumfang enthalten ist eine gut in der Hand liegende Plastik-Fernbedienung, die nicht aussieht wie „von der Stange“, über die allerdings auch lediglich die Lautstärke geregelt werden kann. Und nun noch ein Blick unter die Haube. Der Power I ist ein reinrassiger Transistorverstärker. Ja, „Power rules“, könnte man nach einem Blick auf die Eckda- Ich gebe zu, dass ich es angesichts der kraftvollen Außenwirkung und der angekündigten inneren Werte des Power I kaum abwarten konnte, die pflichtgemäße Einspielzeit hinter mich zu bringen Vertrieb: SAE GmbH & Co. KG www.accusticarts.de Telefon: (07133) 97477-0 2/8 Testbericht aus 06/12 www.fairaudio.de agierenden Hammondorganisten. Sein Live-Album Groove’s Groove zeigt ihn in absoluter Höchstform – und noch dazu darf es als audiophile Perle bezeichnet werden, denn hier ist es den Produzenten gelungen, die mitreißende Live-Atmosphäre eines Clubgigs einzufangen, und diese durch sanfte Eingriffe bei der Post Production in überragender Klangqualität in den Hörraum zu transportieren. Hören wir den Song „Blues All Day Long“. Was fällt über den Power I auf? und die Hörsessions zu beginnen. Und als es dann endlich soweit war, passierte Folgendes ... Accustic Arts Power I: Endlich ab in den Hörraum Kennen Sie das? Sie verkabeln eine neue Komponente, legen eine CD ein – und haben sofort ein Grinsen im Gesicht und ein „Jau!“ in der Seele? Genau so war das bei mir und dem Power I. Es gibt ja Verstärker, die einen mit gerunzelter Stirn dasitzen und „ah ja, interessant“ murmeln lassen. Meist sind dies Verstärker, die das „gewisse Nichts“ haben, das man sich dann als „studiomäßig superneutral“ schönredet. Ganz das Gegenteil der Power I. Er sagt von Anfang an wo’s langgeht. Und letztlich waren die drei Eindrücke, die ich als allererste beim Hören in mein Notizbüchlein kritzelte, geradezu maßgeblich für diesen Verstärker: Livecharakter durch Dynamik ohne Ende, Basskontrolle und höchst transparenter Hochtonbereich. Nehmen wir Richard „Groove“ Holmes, den unberechtigterweise stets im Schatten von Jimmy Smith Zum einen ein gleichsam schneller und tiefer, kontrollierter Bass: Jeder einzelne Ton der gezupften Walking-Bass-Läufe wird mit der vibrierenden Energie eines Flummis in den Raum gesetzt. Zum anderen klingen die Schlagzeugbecken zum Niederknien authentisch! Während der Drummer recht groovend und antizyklisch in der Snare herumrührt, schlägt er zugleich sehr entspannte geradlinige Achtel auf einem halblinks im Stereopanorama sitzenden RideBecken. Und dieses Becken klingt hell, seidig, nah, jeder Beckenschlag ist eine kleine Freude, nämlich brillant und bis ins kleinste Detail aufgelöst. Etwas poetischer: Es leuchtet, und zwar hell, aber es blendet nicht. Nachdem eingangs das Thema, die „tune“, vorgestellt worden ist, beginnt das Stück mit einem Solo des Saxofonisten Houston Preston, das von Richard „Groove“ Holmes durch klug eingeworfene Hammond-Akkordfetzen rhythmisch sekundiert wird. „Affengeil“ und ähnliche unkritische wie volksnahe Begriffe sausten durch mein Gehirn, als ich dies hörte. Der Accustic Arts Power I bringt Live-Feeling pur. Und das gelingt ihm mit zweierlei Dingen: Einerseits verfügt er über eine ausgesprochen lebendige stereofone Bühnenabbildung. Der Saxplayer scheint geradezu dreidimensional in den Raum projiziert zu werden (links außen neben den Drums) und bekommt im Umfeld genügend „Luft“ Vertrieb: SAE GmbH & Co. KG www.accusticarts.de Telefon: (07133) 97477-0 3/8 Testbericht aus 06/12 www.fairaudio.de deftiger Kost füttern. Und ich war sehr überrascht, was der Power I aus diesem etwas schmalbandig abgemischten Stück machte. Der in meiner Erinnerung eher zischelig-hochtonlastige und mit nur wenig stereofoner Rauminformation versehene Track bekam richtig Druck und Punch – und auch räumliche Ausdehnung. Doch noch viel frappierender fand ich Folgendes: zugeteilt, um sich entfalten zu können. Von halbrechts perlen die Hammondorgeleinwürfe von Richard Groove Holmes, auch er scheint auf einer kleinen, klar definierten Einmann-Insel im Soundmeer zu stehen und sich dort prächtig wohl zu fühlen. Der Accustic Arts Power I zeichnet eine Bühne, die durchaus über die Lautsprecherstandpunkte hinausgeht, ohne dabei jedoch in ein unrealistisches Breitwandpanorama abzudriften. Trotzdem gelingt es, den Schallquellen Raum zu lassen und sie nicht wie in einer Sardinenbüchse zu platzieren. Das zweite zum Live-Feeling beitragende Talent des Power I ist für mein Empfinden, dass er sowohl Grob- als auch Feindynamik meisterhaft beherrscht. Das Orgelsolo in der Mitte von „Blues All Day Long“ zeigt dies deutlich. Holmes registriert während des Solos immer mal die Orgel um; eingangs klingt sie noch leicht gedämpft, klassische Gospelregistrierung, ohne zugeschaltetes Vibrato und mit nur langsam laufendem Leslie. Nach und nach zieht Holmes mehr und mehr Register (beziehungsweise Zugriegel), gibt dem Leslie die Sporen und tritt den Gasfuß bis zum Boden durch. Hier zeigt der Power I sowohl das feine „Anwachsen“ des Hammond-Sounds, er kann aber auch aus dem Stand heraus fette, überraschende Orgel-Attacken in den Raum schleudern. Überhaupt stellt das harmonische und gleichzeitige Miteinander von Fein- und Grobmotorik eines der Markenzeichen des Power I für mich dar. Das lässt sich sehr schön bei dem Song „The Answer“ von Bad Religion (Album: Generator) nachvollziehen. Im Grunde genommen war mir dieses Album nun nicht gerade als tontechnischer Leckerbissen in Erinnerung, aber als der dicke, schwarze Amp da so verführerisch im Rack stand, wollte ich ihn auch mal mit Vertrieb: SAE GmbH & Co. KG Der Schlagzeuger spielt durchgehend eine recht stark nach vorn gemischte halboffene Hi-Hat, in deren Frequenzbereich sich zusätzlich noch der hochfrequente Zerr-Anteil der E-Gitarre herumdrängelt. Und obwohl die Bassdrum für meinen Geschmack in diesem Stück schlicht und einfach zu leise gemischt wurde, geht sie in dem ganzen Gewese nicht unter, sondern setzt klare Akzente – inklusive, und das ist das Besondere, einer Rauminformation. Rauminformation meint hier nicht die exakte Position der Bass-Drum in der Stereo-Bühne, sondern eine realistische Information über die Abmessungen des Raumes, in dem das Schlagzeug mikrofoniert wurde. Klingt wie ein zirka 15 Quadratmeter großer, sehr stark bedämpfter, „holziger“ Raum. Nun gut, das ist jetzt schon ein sehr spezielles Beispiel hart am Rande der Erbsenzählerei. Was ich eigentlich sagen möchte ist: Der Power I kann auch in tonal sehr unübersichtlicher Kost noch Spreu vom Weizen trennen. Das erinnert mich an den TV-Entertainer Harald Schmidt: Der kann zu gleichen Teilen einen prolligen Brachialhumor bedienen, aber auch den Bildungsbürger mit feiner Ironie erfreuen. So macht das der Power I auch. Er rockt bei entsprechender Musik gnadenlos nach vorne, verwöhnt den kundigen Hörer aber auch mit überraschend feingezeichneten Details. Gut lässt sich das auch bei dem Song „Bug Eyes“ von Dredg (Album: „Catch without arms“) hören. Eigentlich ist dieser Song vom ersten bis zum letzten Takt eine veritable Haudrauf-Nummer. Im Intro haut der Drummer, begleitet von einer sich warmjaulenden Gitarre vier Takte lang Crescendo-Achtel auf Ridebecken und Snare – und dann geht’s ab: www.accusticarts.de Telefon: (07133) 97477-0 4/8 Testbericht aus 06/12 www.fairaudio.de Fuzzgitarrenbreitwand, halboffene Hi-Hat und herrlichstes Geknüppel. Doch anstatt daraus eine Rockam-Ring-Veranstaltung zu machen, verschweigt der Power I nicht, dass zwischen Intro und erster Strophe immer weiter der Hallanteil am Schlagzeug zurückgeschraubt wird, sodass die ersten Takte noch sphärisch klingen, während es in der ersten Strophe dann furztrocken wird – vom akustischen her, versteht sich. Es soll hier übrigens nicht der Eindruck entstehen, der Power I sei nur was für Freunde der elektrischen Haudraufmusik. Die oben erwähnten Meriten dieses Verstärkers können auch bei Musik ganz anderer Couleur zum Tragen kommen. Nehmen wir Leonard Cohens „I tried to leave you“ vom Album New Skin For Old Ceremony. Zu Beginn hören wir nur den alten Mann und die Gitarre. Faszinierend, wie der Power I eben nicht nur zwei Schallquellen – Gesang und Gitarre – einfängt, sondern die gesamte Raumatmosphäre. Nebengeräusche wie Einatmen oder das sanft im Hintergrund zu hörende rhythmische Fußstapfen von Cohen wurden im Studio eben nicht per Noisegate rausgefiltert, sondern gnadenlos mit aufgezeichnet. Und so hat man eben das Gefühl, dass Cohen da wirklich vor einem sitzt, mit seiner brüchig-larmoyanten Stimme, der Gitarre mit den alles andere als frisch aufgezogenen Saiten und das Ganze an einem vermutlich verregneten Tag irgendwo in einem kleinen Studio. Später kommen dann im Song noch auf kammermusikalische Art und Weise eingesetzte Drums, ein akustischer Bass und gestopfte Blasinstrumente hinzu. Ähnlich wie beim eingangs genannten Jazzstück haben auch hier wieder die Akteure Raum um sich herum. Sie stehen einander nicht im Weg, sondern spielen „livehaftig“. Soweit die ganz bewusst noch nicht nach Kategorien geordneten Eindrücke. Sie sollen Aufschluss darüber geben, was für mich die Essenz dieses Verstärkers ausmacht. Nichtsdestotrotz möchte ich das Pferd nun auch noch einmal von der anderen Seite aufzäumen und versuchen, den Amp nach nachvollziehbaren Kriterien zu beleuchten ... Beginnen wir mit der Tonalität. Wir haben einen bis ins tiefste Fundament hervorragend sauber durchgezeichneten Bassbereich, der sowohl mit Tiefgang als auch mit Schnelligkeit und Präzision punktet. Ein bruchlos angekoppelter, sauber differenzierender Mittenbereich wird ebenso lückenlos von einem Obertonbereich gefolgt, der tendenziell auf der hellen Seite liegt, aber zu keiner Sekunde ins Gleißende kippt. Ich hatte mehrmals, gerade bei Schlagzeugbecken, das Wort „blitzblank“ im Notizbüchlein meiner Hörnotizen stehen. Hier mein besonderer Service für Brillenträger: Stellen Sie sich vor, Sie haben Ihre Brille ein paar Tage lang nicht geputzt. Und dann reicht Ihnen jemand so ein schönes, nach Zitronensprit riechendes Brillenputztuch. Sie putzen die Gläser, setzen die Brille auf und denken: „aaah!“ So ungefähr ist es mit dem Hochtonbereich des Power I – er fügt nichts hinzu, was nicht da wäre. Aber das, was da ist, zeigt er mit größtmöglicher Sauberkeit. Das Lautstärkepoti von Alps Vertrieb: SAE GmbH & Co. KG www.accusticarts.de Telefon: (07133) 97477-0 5/8 Testbericht aus 06/12 www.fairaudio.de Zur Fein- und Grobdynamik wurde schon weiter oben alles Relevante gesagt: Beides kann er ausnehmend gut. Er hat weder vor ausufernden Double-Bassdrum-Gewittern Angst noch vor der Darstellung feinster Nuancen. Hervorzuheben ist, dass all dies auch bei sehr hohen Abhörpegeln noch gut funktioniert. Die Leistungsreserven reichen auch für wirkungsgradschwache Lautsprecher und größere Hörräume. Vom tonalen Grundcharakter her erinnert mich der Power I ein bisschen an den Abacus Ampollo, eine regelbare Endstufe, die somit auch als puristischer Vollverstärker durchgeht. Auch der Quadral Aurum A5 zielt ein bisschen in die ähnliche Richtung. Was den Power I von beiden jedoch klanglich positiv abhebt (er ist ja auch ein deutliches Stück teurer als beide Vergleichsgeräte) sind zwei Dinge: Das oben erwähnte absolut gleichwertige Nebeneinander von Grob- und Feindynamik, das auch im größten Klanggewitter noch Raum für Nuancen lässt – und einen etwas großzügigeren Umgang mit klanglich nicht optimalem Material. Generell mag ich es zwar, wenn Verstärker eine analytische Ader haben, aber das darf eben nicht in den Bereich der Vivisektion vordringen. Wenn ein Verstärker so „genau“ ist, dass er mir bei weniger guten Aufnahmen jeden Fehler vorwurfsvoll aufzeigt, dann macht das rein passive Musikhören keinen Spaß mehr. Das lässt sich gut belegen bei dem legendären Album Concert von The Cure. Tontechnisch nicht gerade ein Meisterwerk, aber musikalisch und atmosphärisch für mich immer noch ein fantastisches Album. Mit dem Power I macht das trotz der etwas eigenwilligen Produktion Spaß. Nehmen wir den Song „Charlotte Sometimes“. Der Power I lenkt geschickt den Blick auf die positiven Dinge, wie das tighte Zusammenspiel zwischen Bass und Schlagzeug. Er lässt den lang ausklingenden, über einen Flanger geschickten Gitarrenakkorden viel Raum. Er zeigt, dass auf dem recht plakativen Gesang ganz leise und versteckt noch ein Delay liegt, das irgendwo nach hinten rechts ausfasert. Und dass die Crashbecken – wahrscheinlich versehentlich – völlig in den Hintergrund gemischt wurden, stört eigentlich gar nicht weiter. Viel schöner ist doch, dass die Snare so schön knallt. Sie verstehen, was ich meine? Ich sag’s mal so: Wer seine „alten bekannten“ Aufnahmefehler unbedingt hören will, der hört Vertrieb: SAE GmbH & Co. KG sie auch weiterhin. Aber man wird nicht mit der Nase drauf gestoßen. Ein paar Worte noch zum Phonoteil: Mir hat dieser sehr gut gefallen, doch – man blicke auf meinen „Gerätepark“ – liegt der Schwerpunkt meiner Anlage im Bereich Digitalquellen, sodass ich im Bereich Phono dem Power I keine wirklich adäquaten Gegenspieler anbieten konnte. Ich habe die Gelegenheit genutzt, mal wieder in ein paar alte Platten von Modern English reinzuhören, die sich von finsterem Düster-Wave (Album: Mesh and Lace) bis hin zu einer fast orchestral-poppigen Band (Album: Ricochet Days) entwickelt haben. Im Grunde lässt sich über den Phono-Teil ähnliches sagen wie auch für den Rest: Er ist zupackend, spielt frisch, involvierend, kraftvoll – aber eben nicht kraftmeierisch. Der Song „Black Houses“ vom Debutalbum wird mit einer ungeheuren Direktheit ins Wohnzimmer geblasen, eine Direktheit, die man so vermutlich auch einfach nur von Vinyl „fühlen“ kann. Das Lied „Heart“ wiederum vom Album Ricochet Days beginnt mit einem Bläser-/Streicherquartett und geht dann langsam in einen elektronisch angehauchten Popsong über. Wunderbar plastisch und organisch klingt dieser Übergang über den Power I. Etwas ausführlicher möchte ich noch über den Kopfhörerverstärker sprechen, dieser ist nämlich superb! Ich leinte mehr so der Vollständigkeit halber meinen Ultrasone Pro 900 an, den ich auf längeren Reisen gerne mit dem iPod verkable. Als ich den „Phones On“ Schalter am Power I drückte, musste ich mir erst mal die Augen beziehungsweise die Ohren reiben. Alle Wetter! Ganz im Ernst: So schön habe ich schon lange nicht mehr über Kopfhörer gehört. Der Quervergleich zwischen dem regelbaren Kopfhörerausgang meines Marantz SA 7001 und dem des Power I war ganz erstaunlich. www.accusticarts.de Telefon: (07133) 97477-0 6/8 Testbericht aus 06/12 www.fairaudio.de lierte, federnde Bassbereich, die superb aufgelösten Höhen sowie die ausgesprochen dynamische – und damit sehr livehaftige – Gesamtdarbietung. Ganz gleich, ob Sie Wert auf Saft und Kraft legen oder lieber den Fokus auf feinste Details richten. Der Accustic Arts Power I kann beides und entpuppt sich damit als ein sehr universelles Gerät, das jede Art von Musik zum Hörgenuss macht. Der Klangcharakter des Accustic Arts Power I: .....Bass und Tiefbass wirken kraftvoll, jedoch nicht im Sinne einer Überbetonung, sondern vor allem durch absolute Kontrolliertheit und viel Reserven. Nun klingt es aus dem Marantz nicht wirklich übel, aber was der Power I aus einem Kopfhörersignal in puncto Feinauflösung und Detailreichtum machen kann, das hat mich doch überrascht. Es lassen sich eine bessere Hochtonauflösung und ein flinkerer Bass konstatieren, auch wirkt das Klangbild über den Accustic Arts Power I insgesamt in räumlicher Hinsicht detaillierter. Der Ultrasone Pro 900 bläst das Signal ja nicht direkt ins Ohr, sondern die Treiber dieses Kopfhörers nutzen durch ihre angewinkelte Anordnung die „raumbildende“ Formgebung der Ohrmuschel mit aus. Das erzeugt per se schon eine für Kopfhörer erstaunlich realistische Raumabbildung. Diese jedoch wird durch den Power I nochmals aufgebohrt. Natürlich sind wir hier von „Holografie“ immer noch weit entfernt, aber es macht tatsächlich Freude, über den Accustic Arts per Kopfhörer zu hören. Das war bisher für mich eher eine Pflichtübung, die dem nächtlichen Ruhebedürfnis der Nachbarn geschuldet ist. Mit dem Power I kann ich mir glatt vorstellen, das dann und wann auch mal freiwillig zu tun. .....Der Mittenbereich schließt sich bruchlos an und ist sauber durchgezeichnet. .....Im Obertonbereich löst der Power I glasklar und enorm detailreich auf, driftet jedoch zu keiner Zeit ins artifiziell-spitze. .....Insgesamt wirkt der Power I tonal ausgewogen, spielt im Obertonbereich jedoch minimal auf der „helleren“ Seite. .....Grob- und Feindynamik können als superb bezeichnet werden, vor allem, da beides gleichzeitig möglich ist. .....Die räumliche Darstellung ist realistisch und geht leicht über die Lautsprecher-Eckpunkte hinaus, Schallquellen wirken sehr lebendig und haben genügend Raum zur Entfaltung. .....Auch bei hohen Pegeln kann der Power I die vorgenannten Qualitäten zum Ausdruck bringen. Haben wir alles? Nein, jetzt müsste noch die „Mekkerecke“ kommen, also: Was gefällt mir nicht so gut? Oh, da gibt es etwas. Ich will damit nicht hinter dem Berg halten: Eines finde ich sogar richtig blöd: Ich muss ihn jetzt wieder abgeben. Klanglich hingegen gibt es für mich nichts auszusetzen – ich konzediere jedoch auch, dass ich den Phonoteil hier auch vergleichsweise unkritisch abgehakt habe. Test-Fazit: Accustic Arts Power I Vollverstärker Der Accustic Arts Power I ist ein kraftvoller Verstärker, der Feingeist und Spaß zugleich bietet. Hervorzuheben sind der tiefgehende und doch kontrol- Vertrieb: SAE GmbH & Co. KG www.accusticarts.de Telefon: (07133) 97477-0 7/8 Testbericht aus 06/12 www.fairaudio.de Fakten: Accustic Arts Power I Modell: Accustic Arts Power I MK 3 Preis: 5.590 Euro, optionales Phono-Teil 700 Euro Maße und Gewicht: 482 × 450 × 145mm (BxTxH), 22 kg Farbe: Silber oder Schwarz Ein-/Ausgänge: 4 x Hochpegel-Cinch (oder 3 x Hochpegel und 1 x Phono MM/MC), 1 Cinch-Eingang als „Surround Bypass“/Ausgänge für 1 Paar Stereo Lautsprecher, 1 x Cinch Pre Out, Kopfhörerausgang 6,3 mm Klinke Leistung 8/4 Ohm: 2 x 135 Watt / 2 x 200 Watt Leistungsaufnahme: max. 330 W Garantie: 2 Jahre Vertrieb/Hersteller: SAE GmbH & Co. Telefon: + 49 (0)7133 / 974 770 E-Mail: [email protected] Web: www.accusticarts.de Vertrieb: SAE GmbH & Co. KG www.accusticarts.de Telefon: (07133) 97477-0 8/8