let@token nd experimentelle Ökonomie - WWZ
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Einführung in die Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Christian Thöni SEW-HSG Universität Basel, HS 2009 C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 1 / 51 Vorlesung 0: Vorwort Motivation Motivation To be literate in the modern age, you need to have a general understanding of game theory. Paul Samuelson Game theory is a universal language for the unification of the behavioral sciences. Herbert Gintis C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 2 / 51 Vorlesung 0: Vorwort Plan Vorlesungsplan (vorläufig) 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 Datum 16. Sept 23. Sept 30. Sept 7. Okt 14. Okt 21. Okt 28. Okt 4. Nov 11. Nov 18. Nov 25. Nov 2. Dez 9. Dez 16. Dez C. Thöni (SEW-HSG) Thema Kapitel 1 & 2 Kapitel 3 & 4 Ô VL0: Einführung & VL1: Methodologie Kapitel 6 Kapitel 7 & 8 Ô VL2: Normalformspiele Kapitel 9 & 14 Kapitel 11 Ô VL3: Kapitel 12 Ô VL4: Kapitel 13 Ô VL5: Prüfungsbesprechung Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 3 / 51 Vorlesung 0: Vorwort Einführung Ist die Ökonomie eine experimentelle Wissenschaft? “One possible way of figuring out economic laws ... is by controlled experiments. A controlled experiment takes place when everything else but the item under investigation is held constant. ... Economists . . . cannot perform the controlled experiments of chemists or biologists because they cannot easily control other important factors. Like astronomers or meteorologists, they generally must be content largely to observe.” Samuelson und Nordhaus (1985: 8) Ob eine Wissenschaft experimentell arbeitet oder nicht hängt davon ab, ob es gelingt, passende experimentelle Methoden zu entwickeln. Beispiele: I I I Physik vor Galileo Galilei Biologie vor Gregor Mendel Psychologie im 19. Jh. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 4 / 51 Vorlesung 0: Vorwort Einführung Vom Thema zum Instrument “Experimental Economics is an exciting new development.” Samuelson und Nordhaus (1992: 5) “Experimental economics is currently making its transition from topic to tool.” Samuelson (JEL 2005) Entwicklung der experimentellen Beiträge in Fachzeitschriften: C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 5 / 51 Vorlesung 0: Vorwort Einführung Nobel Preis 2002 Daniel Kahneman “for the introduction of insights from psychological research into economics, in particular with regard to judgments and decisions under uncertainty.” Sind die Annahmen der standard Ökonomie erfüllt. Welche Abweichungen gibt es? Wie robust sind diese? C. Thöni (SEW-HSG) Vernon L. Smith “for the use of laboratory experiments as a tool in empirical economic analysis, in particular, for the study of different market mechanisms.” Sind Konkurrenzmärkte effizient? Wie wird die Markteffizienz beeinflusst durch verschiedene Marktinstitutionen? Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 6 / 51 Vorlesung 0: Vorwort Einführung Was ist experimentelle Ökonomie? Ein Definitionsversuch Wir beobachten das Verhalten von realen Menschen (Subjekte, Probanden) Die Subjekte sind motiviert durch ökonomische Anreize (in der Regel finanziell). Wir beobachten das Verhalten in einer kontrollierten Umgebung. Nicht zur experimentellen Ökonomie gehören demzufolge: Computersimulationen Befragungsstudien Studien mit Felddaten C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 7 / 51 Vorlesung 0: Vorwort Einführung Datenquellen Feld Nicht experimentell Experimentell Traditionelle Empirie Feldexperimente Wachstum und Bildung Auswirkung verschiedener Lohnsysteme auf die Arbeitsleistung Mindestlöhne und Arbeitslosigkeit Marketing Strategien und Verkaufserfolg Labor ‘Zufallsresultate’ aus dem Labor Laborexperimente Entdeckung von Penicillin Auktionsexperimente Prisoner’s Dilemma ... C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 8 / 51 Vorlesung 0: Vorwort Wozu Experimente? Wozu Experimente? Roth (in Kagel and Roth 1995, Kap. 1) schlägt die folgende Klassifikation vor: Speaking to Theorists. Experimente können zum Theorietest verwendet werden. Dabei stehen zwei Anwendungen im Vordergrund: I I Test der zugrundeliegenden Annahmen (z.B. Rationalität, Eigeninteresse) Falls die Annahmen widerlegt werden: Wie relevant sind die Abweichungen für aggregierte Resultate. Searching for Facts. Suche nach Regularitäten über die existierende Theorien nichts aussagen (z.B. Framing Effekte) Whispering in the Ears of Princes. Experimente als Instrument der wirtschaftspolitischen Beratung (Wind-Tunnel Experimente, z.B. Auktionsdesign) und, nicht auf Roths Liste, aber dennoch interessant: Experimente in der Lehre. Spieltheorie als Experimentalsubjekt zu erfahren eröffnet einen neuen Zugang. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 9 / 51 Vorlesung 0: Vorwort Wozu Experimente? Weshalb braucht es Experimente? Wissenschaftliche Theorien haben in der Regel den Anspruch, Aussagen über kausale Zusammenhänge zu machen. Beispiele aus der Ökonomie: Ô Eine Preiserhöhung führt zu einer Reduktion der nachgefragten Menge (‘Nachfragegesetz’). Die Aussagen dieser Theorien gelten immer nur “ceteris paribus”, d.h. unter Konstanthaltung aller anderen Faktoren. So steht zum Beispiel in einer Nachfragefunktion nach x Einheiten von Gut X eine Reihe von anderen Grössen: x = x(px , py , I , . . .) Das Nachfragegesetz postuliert ∂x ∂px < 0. Wie lässt sich dieses Gesetz testen? C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 10 / 51 Vorlesung 0: Vorwort Wozu Experimente? Weshalb braucht es Experimente? II Um das Nachfragegesetz empirisch zu testen, könnte man nun in einem beliebigen Markt Zeitreihen von x und px betrachten und mittels einer Regression für möglichst viele andere Faktoren (py , I ) kontrollieren. Dabei stellen sich Probleme: Es wird nicht möglich sein, alle für die Nachfrage nach x relevanten Faktoren zu messen. Die Einflussfaktoren sind oft nicht unabhängig voneinander, z.B. px und py . Die Kausalität ist unklar. Ist x tief weil px hoch ist oder umgekehrt? C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 11 / 51 Vorlesung 0: Vorwort Kausale Evidenz Vorteil Experimente 1: Kausale Evidenz Der grosse Vorteil der Experimente gegenüber Untersuchungen mit Felddaten liegt in der Möglichkeit, ceteris paribus Variationen zu implementieren und kausale Evidenz hervorzubringen. Beispiel: Aggressives Verhalten und Medienkonsum Nach Gewaltausbrüchen unter Jugendlichen wird in den Medien oft berichtet, dass die Tätern in der Vergangenheit gewalttätige Videospiele konsumiert hätten. Dies suggeriert einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Konsum von solchen Spielen und gewalttätigen Verhalten. Wie kann eine solche Hypothese untersucht werden? Ô Anhand von Felddaten über Spielkonsum und aggressivem Verhalten kann lediglich eine Korrelation der beiden Faktoren festgestellt werden, nicht aber die kausale Richtung (Spielkonsum → Aggression oder Aggression → Spielkonsum) Mit einem Experiment kann die kausale Richtung bestimmt werden C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 12 / 51 Vorlesung 0: Vorwort Kausale Evidenz Kausale Evidenz II Fortsetzung: Aggressives Verhalten und Medienkonsum Ein Experiment zu Aggression und Medienkonsum könnte so aussehen: Probanden werden zufällig in zwei Gruppen (A,B) eingeteilt. Die Probanden in Gruppe A spielen ein gewalttätiges Videospiel, die ‘Kontrollgruppe’ B spielt ein Videospiel das keinen gewalttätigen Inhalt hat, ansonsten aber vergleichbar ist (Schwierigkeit, Intensität, . . . ) Anschliessend wird bei allen Probanden ein Mass für Aggression a erhoben (aA , aB ). Ô Damit kann statistisch getestet werden, ob die Hypothese aA > aB zutrifft oder nicht (z.B. mittels T-Test). Falls die Hypothese bestätigt wird, haben wir kausale Evidenz gefunden. In diesem Setup ist ausgeschlossen, dass die Kausalität in die andere Richtung geht. Die zufällige Zuteilung der Probanden in Gruppe A und B sorgt dafür, dass keine systematische Selektion auftritt. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 13 / 51 Vorlesung 0: Vorwort Replizierbarkeit Vorteil Experimente 2: Replizierbarkeit Der zweite sehr wichtige Vorteil eines kontrollierten Experiments liegt in der Replizierbarkeit. Anders als bei Felddaten ist es bei Experimenten möglich, eine Studie exakt zu replizieren. Dies erlaubt: Die Überprüfung der publizierten Resultate anderer Forscher (Stichwort Publication Bias) Die Überprüfung der Stabilität bisheriger Ergebnisse hinsichtlich Änderungen von Parametern des Spiels / der experimentellen Situation. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 14 / 51 Vorlesung 0: Vorwort Aufgaben Aufgabe: Selbsterfahrung als Laborratte Besuchen Sie die Seite: http://gametheory.tau.ac.il/student/ Geben Sie als Kursnummer 1668 ein, als Passwort 1109. Bearbeiten Sie die Probleme bis spätestens 7. Oktober. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 15 / 51 Vorlesung 0: Vorwort Literaturangaben Literaturangaben Einführende Lehrbücher zur Methodologie der experimentellen Ökonomie: Friedman, Daniel and Shyam Sunder (1994): Experimental Methods. A Primer for Economists. Princeton University Press. Friedman, Daniel and Alessandra Cassar (2004): Economics Lab. An Intensive Course in Experimental Economics. London and New York: Routledge. Im Text zitierte Literatur: Kagel, J., and Roth, A.E., 1995. Handbook of Experimental Economics. Princeton University Press, Princeton. Samuelson, L., 2005. Economic theory and experimental economics. Journal of Economic Literature, 43(1), 65-107. Samuelson, Paul A., Nordhaus, William D., 1985. Economics. McGraw-Hill, New York. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 16 / 51 Vorlesung 1: Methodologie Vorlesung 1: Methodologie Inhalt 1 Vorlesung 1: Methodologie Ultimatum Spiel Das Ultimatum Spiel im Labor Design 1: Subject pool & Rekrutierung Design 2: Präsentation und Framing Ultimatum Spiel: Resultate Konsequenzen? A. Kritik an der Theorie B. Kritik an den Annahmen Behavioral Economics C. Kritik an der Methode Zusammenfassung Literaturangaben C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 17 / 51 Vorlesung 1: Methodologie Design von Experimenten Smith (AER, 1982) beschreibt die zentralen Aspekte, die beim Design eines Experiments beachtet werden sollten: Umgebung. Anzahl Spieler N, Präferenzen der Spieler U(x), Informationsbedingungen . . . Institution. Regeln des Spiels, Sequenz der Aktionen, Kommunikationsregeln Verhalten. Welche Theorien sind informativ für das Resultat des Experiments? Wie genau sind die Prognosen? Kann das Experiment zwischen verschiedenen Theorien diskriminieren? C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 18 / 51 Vorlesung 1: Methodologie Ultimatum Spiel Illustration: Das Ultimatum Spiel (Güth et al. 1982 JEBO) Spiel 1.1 (Ultimatum Spiel) Es gibt zwei Spieler, einen Proposer P und einen Responder R. P entscheidet über die Verteilung von 10 Franken zwischen den beiden Spielern. Er wählt einen Betrag xP ∈ [0, 10], welchen er für sich haben möchte. Dies entspricht gleichzeitig einem Angebot an Spieler R in der Höhe von xR = 10 − xP . R erfährt xP und kann entscheiden, ob er die Verteilung akzeptiert, d.h. er wählt aR ∈ {0, 1}, wobei aR = 1 bedeutet, dass die Verteilung akzeptiert wird. Die Auszahlungsfunktionen sind: xP wenn aR = 1 uP (xP , aR ) = 0 sonst 10 − xP wenn aR = 1 uR (xP , aR ) = 0 sonst Wie sieht der Spielbaum aus? Was ist eine Strategie für den Responder? Nash-Gleichgewicht? C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 19 / 51 Vorlesung 1: Methodologie Ultimatum Spiel Extensivformdarstellung des Ultimatum Spiels 10 P xP R 0 1 0,0 x P , 10-x P 0 Eine Strategie des Responders gibt für jedes Angebot im Ultimatum Spiel an, ob dieses Angenommen wird oder nicht, ist also eine Abbildung [0, 10] → {0, 1}. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 20 / 51 Vorlesung 1: Methodologie Ultimatum Spiel Teilspielperfektes Nash-Gleichgewicht im Ultimatum Spiel Um das teilspielperfekte Nash-Gleichgewicht des Ultimatum Spiels zu finden, wendet man die Methode der Rückwärtsinduktion an: 1 Der Responder entscheidet jeweils, ob ein Angebot angenommen wird oder nicht. Betrachten wir die Nutzenfunktion uR wird klar, dass er immer (schwach) besser fährt, wenn er das Angebot annimmt (aR = 1 für alle xp ). 2 Der Proposer antizipiert diese Reaktion des Responders und maximiert seine Nutzenfunktion uP , in dem er xP maximiert, also die 10 Franken für sich behält. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 21 / 51 Vorlesung 1: Methodologie Das Ultimatum Spiel im Labor Das Ultimatum Spiel im Labor Das Lösungskonzept des teilspielperfekten Nash-Gleichgewichts macht für das Ultimatum Spiel sehr präzise Prognosen: Der Proposer wird alles bekommen, für den Responder bleibt nichts. Nehmen wir nun an, wir wollten diese Prognose in einem Laborexperiment testen. Dabei gibt es eine Reihe von Designentscheidungen zu treffen. Wer sind die Probanden? Wie werden die Probanden rekrutiert? Was ist der Strategieraum der Teilnehmer? Wie wird den Teilnehmern das Spiel erklärt? Wie werden die Teilnehmer bezahlt? Wie viel wird bezahlt? Wie wird mit Anonymität umgegangen? Wie interagieren die Teilnehmer? C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 22 / 51 Vorlesung 1: Methodologie Design 1: Subject pool & Rekrutierung Designentscheidung 1: Subject pool & Rekrutierung Die überwiegende Mehrheit der Experimente verwendet Studierende der ersten Semester als Experimentalsubjekte. + Einfach zu rekrutieren + Homogen in Ausbildung, Fähigkeiten im Umgang mit Computer − Nicht repräsentativ Studierende der Fächer Ökonomie und Psychologie sind häufig von der Teilnahme ausgeschlossen. Bei der Rekrutierung werden die Probanden via e-mail, Besuch von Veranstaltungen oder über die Medien (Zeitung, Internet) erreicht. Dabei wird den Probanden typischerweise gesagt, dass es eine finanzielle Entschädigung geben wird, Zur Höhe wird in der Regel wenig gesagt, ausser dass das Einkommen von den Entscheidungen der Teilnehmer und (möglicherweise) vom Zufall abhängt. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 23 / 51 Vorlesung 1: Methodologie Design 2: Präsentation und Framing Designentscheidung 2: Präsentation und Framing Wenn die Probanden im Experimentallabor sind, so werden ihnen Instruktionen zum Experiment vorgelegt. Beispiel: Willkommen zum Experiment Sie nehmen nun an einem wirtschaftswissenschaftlichen Experiment teil, das von diversen Forschungsförderungsstellen finanziert wird. Wenn Sie die nachfolgenden Erklärungen genau lesen, dann können Sie - je nach Ihren Entscheidungen - eine nicht unbeträchtliche Geldsumme verdienen. Es ist daher sehr wichtig, dass Sie diese Erklärungen genau durchlesen. Die Instruktionen, die Sie von uns erhalten, dienen ausschliesslich Ihrer privaten Information. Während des Experiments herrscht ein absolutes Kommunikationsverbot. Wenn Sie Fragen haben, dann richten Sie diese bitte an uns. Die Nichtbeachtung dieser Regel führt zum Ausschluss aus dem Experiment und allen Zahlungen. Während des Experiments sprechen wir nicht von Franken, sondern von Punkten. Ihr gesamtes Einkommen wird also zunächst in Punkten berechnet. Die von Ihnen während des Experiments erzielte Punktzahl wird dann am Ende in Franken umgerechnet, wobei gilt 1 Punkt = 10 Rappen. Am Ende bekommen Sie von uns die während des Experimentes verdiente Punktezahl plus 10 Franken für das Erscheinen bar ausbezahlt. Auf den nächsten Seiten beschreiben wir den genauen Ablauf des Experimentes. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 24 / 51 Vorlesung 1: Methodologie Design 2: Präsentation und Framing Instruktionen Ablauf des Experiments Die Teilnehmer werden zu Beginn des Experiments zufällig in zwei Typen aufgeteilt, Typ A und Typ B. Ein Paar besteht aus einem Teilnehmer vom Typ A und einem vom Typ B. Das Experiment beginnt damit, dass Typ A seinem (ihm nicht bekannten) Partner des Typs B einen Vorschlag über die Verteilung von 100 Punkten unterbreitet. Typ B hat anschliessend zwei Möglichkeiten: Typ B akzeptiert die Aufteilung der 100 Punkte die ihm angeboten wurde. In diesem Fall erhalten beide Teilnehmer der Gruppe Punkte gemäss der Aufteilung. Typ B lehnt die Aufteilung ab. In diesem Fall erhalten beide Teilnehmer des entsprechenden Paars Null Punkte. Der Teilnehmer vom Typ A gibt also am Computer ein, welchen Anteil der ihm zur Verfügung stehenden 100 Punkte er seinem Partner vom Typ B anbietet. Typ B muss erfährt anschliessend, wie viele Punkte ihm Typ A angeboten hat und entscheidet, ob er diese Aufteilung akzeptiert. Danach ist das Experiment zu Ende und die Punkteeinkommen werden durch den Computer berechnet. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 25 / 51 Vorlesung 1: Methodologie Design 2: Präsentation und Framing Kontrollfragen Um zu überprüfen, ob alle Teilnehmer die Regeln des Spiels verstanden haben, werde Kontrollfragen eingesetzt. Beispiel: Die folgenden Kontrollfragen dienen nur dazu, das Verständnis für den Ablauf zu überprüfen und haben keinen Einfluss auf das Experiment. Kontrollfrage 1: Nehmen Sie an, Sie sind vom Typ A und bieten die Verteilung 75 Punkte für sich und 25 Punkte für Typ B in Ihrer Gruppe an. Typ B lehnt dieses Angebot ab. a. Wie hoch ist Ihr Einkommen in Punkten? b. Wie hoch ist das Einkommen von Typ B in Punkten? Das Experiment beginnt erst, wenn alle Teilnehmer die Kontrollfragen korrekt beantwortet haben. Die eigentliche Interaktion im Experiment wird in der Regel am Computer durchgeführt. Sehr häufig wird dazu die Software zTree verwendet (Fischbacher ExpEcon 2007). Auf den folgenden drei Folien sind links scree-shots der Teilnehmer und rechts der zTree code abgebildet. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 26 / 51 Vorlesung 1: Methodologie C. Thöni (SEW-HSG) Design 2: Präsentation und Framing Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 27 / 51 Vorlesung 1: Methodologie C. Thöni (SEW-HSG) Design 2: Präsentation und Framing Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 28 / 51 Vorlesung 1: Methodologie C. Thöni (SEW-HSG) Design 2: Präsentation und Framing Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 29 / 51 Vorlesung 1: Methodologie Design 2: Präsentation und Framing Designentscheidungen Framing Instruktionen. In der Regel verwendet man möglichst neutrale Begriffe in den Instruktionen (also z.B. ‘Typ A’ anstelle von ‘Verteiler’) + Vermeidung von Experimenter Demand Effekten, soziale Erwünschtheit. − Oft leidet die Verständlichkeit Framing Instruktionen 2. Die Instruktionen sollen ausschliesslich die Regeln des Spiels erklären und keine Hinweise darauf enthalten, welche Strategien sinnvoll oder weniger Sinnvoll sind (‘you would do us a favor if you. . . ’). Kontrollfragen. Das Stellen von Kontrollfragen ist nicht unproblematisch, da man möglicherweise den Teilnehmern gewisse Strategien suggeriert (Experimenter demand effect). Strategieraum. Gemäss der Definition des Ultimatum Spiels (Spiel 1.1) handelt es sich um ein unendliches Spiel (der Strategieraum des Proposers xP ∈ [0, 10] ist unendlich). Ein unendliches Spiel kann aber im Labor nicht durchgeführt werden, da die Anzahl Kommastellen bei der Eingabe beschränkt ist. Häufig geht man aber noch viel weiter und beschränkt den Strategieraum auf z.B. ganze Zahlen, also xP ∈ {0, 1, 2, 3, . . . , 100} Punkte. Auswirkungen auf die spieltheoretische Prognose? C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 30 / 51 Vorlesung 1: Methodologie Ultimatum Spiel: Resultate Ultimatum Spiel: Resultate I I I Modus & Median: 40-50% Mittel: 30-40% Kaum Angebote über 50% Responder: I I 60 Akzeptiert Abgelehnt 50 Häufigkeit (%) Inzwischen wurde eine grosse Zahl von Studien über das Ultimatum Spiel veröffentlicht. Dabei zeigen sich folgende typische Resultate (Camerer 2003): Proposer: 40 30 20 10 Angebote von 40-50% werden selten abgelehnt Angebote unter 20% werden in der Hälfte der Fälle abgelehnt 0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 Angebot (im DM) Quelle: (Güth et al. 2003) Ô Die Responder erhalten im Durchschnitt etwa 40% des zu verteilenden Geldbetrages. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 31 / 51 Vorlesung 1: Methodologie Konsequenzen? Was lernen wir daraus? Wir hatten als spieltheoretische Prognose hergeleitet, dass die Responder (nahezu) leer ausgehen sollten in diesem Spiel. Das teilspielperfekte Nash-Gleichgewicht bestand in der Strategiekombination Responder. Akzeptiere alle Angebote. (Alternative: Akzeptiere alle Angebote grösser Null und lehne Null ab.) Proposer. Biete dem Responder nichts an. (Alternative: Biete den kleinstmöglichen Betrag). Interpretation der Resultate: Ô Die Tatsache, dass Probanden in der Rolle des Responders Angebote über Null ablehnen, kann eindeutig als Widerlegung der spieltheoretischen Prognose gesehen werden. Ô Die beobachteten Entscheidungen der Proposer sind hingegen schwieriger zu Interpretieren. Es kann durchaus sein, dass die Proposer sich im Sinn des postulierten Modells optimal verhalten haben. Gegeben dass tiefe Angebote häufig abgelehnt werden, ist es nicht gewinnmaximierend, solche zu machen. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 32 / 51 Vorlesung 1: Methodologie Konsequenzen? Was jetzt? Die Beobachtete Inkonsistenz zwischen theoretischer Prognose und empirischen Resultaten kann auf verschiedene Weise ‘gelöst’ werden: A. Kritik an der Theorie B. Kritik an den Annahmen C. Kritik an der experimentellen Methode Wir werden uns diese Kritikpunkte genauer anschauen. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 33 / 51 Vorlesung 1: Methodologie A. Kritik an der Theorie A. Kritik an der Theorie: Alles ist ein Nash-Gleichgewicht Bei der Herleitung der theoretischen Prognose haben wir Rückwärtsinduktion angewendet. Mit dieser Methode findet man nur eine Teilmenge aller Nash-Gleichgewichte, nämlich die Teilspielperfekten (ein Refinement Kriterium, entwickelt von R. Selten, einem der drei Spieltheorie-Nobelpreisträger von 1994). Was sind Nash-Gleichgewichte im Ultimatum Spiel? Die möglicherweise überraschende Antwort lautet: Alle möglichen Angebote können ein Nash-Gleichgewicht sein. Die Strategiekombination lautet dann: Responder. Akzeptiere alle Angebote, bei denen mindestens xR∗ ∈ [0, 10] angeboten wird und lehne alle tieferen Angebote ab. Proposer. Biete dem Responder exakt xR∗ . Gale, Binmore and Samuelson (GEB 1994) betonen, dass man sich nicht nur auf teilspielperfekte Nash-Gleichgewichte beschränken soll. Folgt man dieser Argumentation, so sind die experimentellen Resultate natürlich kompatibel mit der Theorie, da nun alle beobachteten Angebote ein Nash-Gleichgewicht sein können. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 34 / 51 Vorlesung 1: Methodologie B. Kritik an den Annahmen B. Kritik an den Annahmen: Was steht in der Nutzenfunktion? Wir haben bei der Definition des Ultimatum Spiels (1.1) eine unscheinbare Annahme getroffen, über die wir bisher noch nicht diskutiert haben, und zwar, dass im Fall der Annahme (aR = 1) gilt: uP () = xP und uR () = xR = (10 − xP ) Mit anderen Worten: Der Nutzen ist eine lineare Funktion des eigenen monetären Einkommens im Ultimatum Spiel. Liegt das Problem in der einfachen funktionalen Form der Nutzenfunktion? Ô Nein. Die spieltheoretische Prognose gilt für beliebige monotone Nutzenfunktionen ui = u(xi ) mit u 0 > 0. Begründung? C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 35 / 51 Vorlesung 1: Methodologie Behavioral Economics Behavioral Economics In einem Teilgebiet der Ökonomie, der Behavioral Economics sieht man den Grund der Diskrepanz zwischen der oben hergeleiteten Prognose und den experimentellen Ergebnissen darin, dass die Prognose auf falschen Annahmen bezüglich der Nutzenfunktion beruht. Traditionell wir angenommen, die Spieler maximieren ihr eigenes Einkommen (haben also eine Nutzenfunktion der Form ui = u(xi )). Dies bedeutet, dass die Spieler komplett desinteressiert sind am Einkommen anderer Spieler. Verschiedene Autoren (z.B. Fehr und Schmidt 1999) postulieren ‘soziale Präferenzen’, also eine Nutzenfunktion von der Art ui = u s (xi , xj ). Spieler i kümmert sich nicht nur darum, wie viel er selber verdient (xi ), sondern auch wie viel der andere Spieler j verdient (dies lässt sich natürlich auch auf mehr als zwei Spieler verallgemeinern). C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 36 / 51 Vorlesung 1: Methodologie Behavioral Economics Soziale Präferenzen im Ultimatum Spiel Im Folgenden werden wir an einem ganz einfachen Beispiel illustrieren, wie soziale Präferenzen die spieltheroetische Prognose im Ultimatum Spiel verändern. Nehmen wir an der Responder hätte soziale Präferenzen von der folgenden Art: Er interessiert sich (i) für sein eigenes Einkommen (xR ) und (ii) er mag es nicht, wenn er weniger bekommt als der Proposer. Die Nutzeneinbusse durch die Ungleichheit sei abhängig von der Differenz der Einkommen: α(xP − xR ) mit α > 0. Damit ergibt sich die Nutzenfunktion des Responders als: uR = u s (xR , xP ) C. Thöni (SEW-HSG) = xR − α(xP − xR ) wenn xP > xR xR sonst Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 37 / 51 Vorlesung 1: Methodologie Behavioral Economics Soziale Präferenzen im Ultimatum Spiel II Wie verhält sich ein solcher Responder im Ultimatum Spiel? Wir betrachten vorerst nur Fälle, in denen der Responder nicht mehr als 50% des Geldes angeboten bekommt, d.h. es gilt immer xP > xR 1 Wenn er ablehnt (aR = 0), dann gilt sicher xR = xP = 0 und damit uR = 0. 2 Wenn er annimmt, dann erzielt er einen Nutzen von xR − α(xP − xR ). Der Responder wird das tun, was im einen höheren Nutzen bringt. Wenn der Proposer zum Beispiel die Aufteilung {xP , xR } = {8, 2} vorschlägt, dann ist der Nutzen von ‘annehmen’ gleich 2 − α(8 − 2). Falls α < 32 ist dieser Ausdruck positiv und er wird das Angebot annehmen, für höhere α wird er das Angebot ablehnen. Allgemein können wir in Abhängigkeit von α einen Schwellenwert ausrechnen, ab dem der Responder akzeptieren wird. Dieser Schwellenwert ist: x̂R = 10 α 1 + 2α (Was gilt bei xP < xR ?) C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 38 / 51 Vorlesung 1: Methodologie Behavioral Economics Soziale Präferenzen im Ultimatum Spiel III Wie lässt sich dieser Ausdruck interpretieren? Die Figur zeigt, wie sich der Schwellenwert x̂R zu α verhält. 6 5 4 ^ x R Für kleine α geht der Schwellenwert gegen Null. Dann sind wir im Fall den wir schon kennen. Der Responder akzeptiert alle Angebote. 3 Für grosse α konvergiert der Schwellenwert gegen 5, also die Hälfte des zu verteilenden Geldbetrags. Wenn also der Responder stark darunter leidet, weniger zu haben als der Proposer, so akzeptiert er nur Angebote nahe bei der 50:50 Aufteilung. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie 2 1 0 0 2 4 6 8 Universität Basel, HS 2009 α 10 39 / 51 Vorlesung 1: Methodologie Behavioral Economics Soziale Präferenzen im Ultimatum Spiel IV Wenn nun die Proposer glauben, dass die Responder eine Nutzenfunktion u s mit α > 0 haben, dann lohnt es sich, mehr als das Minimum anzubieten, um die Chance zu erhöhen, dass das Angebot angenommen wird. Wenn wir also Annehmen, dass die Spieler die Einkommen vergleichen und eine Aversion dagegen haben, weniger als der andere zu bekommen, dann können wir die Resultate aus dem Ultimatum Spiel erklären. Das Erweitern der Nutzenfunktion um soziale Präferenzen hat Vor- und Nachteile + Das Verhalten in Ultimatum Spielen kann besser prognostiziert werden. + Das Modell ist in der Lage, Verhaltensmuster zu erklären, welche mit dem Standardansatz nur schwer zu vereinen sind: Spenden, Helfen, aber auch: destruktives Verhalten. − Die formale Herleitung von Nash-Gleichgewichten wird bedeutend komplizierter. − Das Modell hat mehr Parameter (α kommt dazu). C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 40 / 51 Vorlesung 1: Methodologie C. Kritik an der Methode C. Kritik an der experimentellen Methode: Was wird gemessen? Nicht alle Ökonomen sind der Ansicht, dass (Labor-)Experimente einen ernstzunehmenden Beitrag zum wissenschaftlichen Fortschritt leisten. Von dieser Seite werden experimentelle Resultate und deren Interpretation in Frage gestellt. Die wichtigsten Kritikpunkte sind dabei: C.1 Experimente als sophistizierte Noise Detectors C.2 Geringe finanzielle Anreize. C.3 Unnatürliche, stilisierte Situation C.4 Externe Validität / Generalisierbarkeit C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 41 / 51 Vorlesung 1: Methodologie C. Kritik an der Methode C.1 Noise Detection Experimente mit dem Ultimatum Spiel werden in der Regel nur einmal durchgeführt. Die Probanden befinden sich in einer ungewohnten Situation und könnten verwirrt sein. Mögliche Ursachen der beobachteten Ablehnungen von positive Angebote wären: 1 Die Probanden verstehen die Konsequenzen der Ablehnung nicht. 2 Die Probanden glauben, dass es sich um ein wiederholtes Spiel handelt und haben dadurch einen vermeintlichen strategischen Anreiz, positive Angebote abzulehnen. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 42 / 51 Vorlesung 1: Methodologie C. Kritik an der Methode Noise Detection II Diese Kritikpunkte sind natürlich ernstzunehmen: Die Experimentalsubjekte werden in der Regel auch dann eine Entscheidung eingeben, wenn sie das Experiment nicht vollständig verstanden haben. Es gibt allerdings auch eine relativ einfache Gegenargumente: Wenn das Ablehnen von positiven Angeboten irrtümlicherweise geschieht, warum beobachten wir dann ein solch klares Muster in xP − xR ? Die Rolle von Erfahrung/Verständnis für die Aufgabe lässt sich experimentell untersuchen, in dem man: I I Das Experiment mit besonders intelligenten Subjekten durchführt. Das Experiment wiederholt durchführt. Um dieser Kritik zu begegnen ist es besonders wichtig, dass man das Experiment nach allen Regeln der Kunst durchführt (d.h. mit durchdachten Instruktionen, Kontrollfragen, Hilfestellung, . . . ). C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 43 / 51 Vorlesung 1: Methodologie C. Kritik an der Methode C.2 Geringe finanzielle Anreize If I had a dollar for every time an economist claimed that raising the stakes would drive ultimatum game behavior towards self-interest, I’d have a private jet on standby all day. Camerer (2003), p. 60 Die Resultate von ökonomischen Experimenten werden oft in Frage gestellt, weil die Teilnehmer nur geringe Finanzielle Anreize hatten. Beispiel: Im Ultimatum Spiel um 10 Franken ist es ‘billig’ für den Proposer, fair zu sein. Im ‘richtigen Leben’ mit grösseren Beträge würden die Leute viel egoistischer Verhalten und die spieltheoretische Prognose wäre zutreffend. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 44 / 51 Vorlesung 1: Methodologie C. Kritik an der Methode Geringe finanzielle Anreize II Gegenargumente: Auch im richtigen Leben treffen wir viele ‘low stakes’ Entscheidungen. Es ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass höhere finanzielle Anreize einen Einfluss auf die Entscheidungen haben. Dies ist allerdings nicht ein Problem für die experimentelle Methode, sondern eine Motivation für weitere Experimenten. Eine Reihe von experimentellen Studien wurde durchgeführt um die Robustheit der Resultate von Ultimatum Spielen mit verschiedenen stake sizes zu testen. Resultate (siehe Camerer 2003, p.60): Unfaire Angebote werden etwas häufiger akzeptiert mit grösserer stake size Die Angebote werden mit grösserer stake size kaum unfairer. Zusammengefasst hat die Grösse des zu verteilenden Betrags sehr wenig Einfluss auf die Resultate im Ultimatum Spiel. Insbesondere kommt es in keiner der Studien zu Resultaten wie sie die Standard Spieltheorie voraussagen würde. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 45 / 51 Vorlesung 1: Methodologie C. Kritik an der Methode C.3 Unnatürliche, stilisierte Situation Experimentelle Resultate werden manchmal dafür kritisiert, dass sich die Probanden in einer unnatürlichen Situation befinden. Ô Ob Realismus wichtig ist oder nicht, hängt vom Zweck ab, den die experimentelle Studie erfüllen soll. Argumente: Wenn eine Theorie den Anspruch hat, menschliches Verhalten zu erklären, dann sollte sie auch in einer kontrollierten Umgebung wie dem Labor anwendbar sein. Die Einfachheit der experimentellen Situation ist oft ein grosser Vorteil, da es viel einfacher ist, Effekte von relevanten Einflussvariablen (z.B. stake size) zu variieren und damit einzeln zu testen. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 46 / 51 Vorlesung 1: Methodologie C. Kritik an der Methode C.4 Externe Validität / Generalisierbarkeit Es wir häufig kritisiert, dass es den stilisierten Fakten aus Laborexperimenten an externer Validität mangelt. Interne Validität. Diese hängt davon ab, ob das Experiment und die Datenanalyse sauber und korrekt durchgeführt wurde. Beispiel: Erlauben die experimentellen Resultate Aussagen über kausale Zusammenhänge. Externe Validität. Hier geht es um die Frage, ob die beobachteten Verhaltensmuster oder kausalen Zusammenhänge vom Labor ins ‘Feld’ generalisierbar sind. Dies ist eine Frage, welche auf verschiedene Weise beantwortet werden kann: I I Induktion. Man nimmt an, dass beobachtete Verhaltensregularitäten auch in der ‘richtigen Welt’ gelten, so lange wir vergleichbare Situationen betrachten. Beispiel: Ultimatum Spiel ist ein Modell für die Verhandlung an einem Basar. Käufer würden Angebote unter ihrem Reservationspreis ablehnen, wenn sie finden, dass der Anbieter einen grossen Profit aus dem Tauschhandel zieht. Experimentelle herangehensweise. Feldexperimente. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 47 / 51 Vorlesung 1: Methodologie C. Kritik an der Methode Feldexperimente Harrison and List (JEL 2004) unterscheiden: Conventional lab experiment. Studenten als Probanden, Abstraktes Framing, Klar definiertes Spiel. Artefactual field experiment. Wie oben, ausser dass andere Probanden verwendet werden (z.B. Kinder, repräsentativer Pool, . . . ) Framed field experiment. Wie oben, ausser, dass der Kontext näher bei der Realität ist. Beispiel: Ultimatum Spiel mit richtigem Kuchen, Auktion um konkrete Dinge. Natural field experiment. Probanden werden in ihrer natürlichen Umgebung beobachtet. Treatment Variationen werden so implementiert, dass sie sich in diese Umgebung einfügen. Probanden wissen in der Regel nicht, dass sie an einem Experiment teilnehmen. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 48 / 51 Vorlesung 1: Methodologie C. Kritik an der Methode Feldexperimente II Ein Beispiel für ein Feldexperiment: Maréchal und Thöni (2007). Forschungsfrage: Reagieren Geschäftsführer von Detailhandelsgeschäften reziprok auf Geschenke? Gift. Die Vertreter geben dem Detailhändler vor dem Verkaufsgespräch ein Geschenk. No gift. Die Vertreter geben kein Geschenk. 140 Umsatz (in CHF) Design: Vertreter eines Produzenten besuchen die Detailhändler und versuchen, ihre Produkte in den Läden zu platzieren. Zwei Treatments: 120 100 80 60 40 20 0 No gift Die Vertreter wenden die beiden Treatments in einer zufällig bestimmten Reihenfolge an. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Gift n=220 Universität Basel, HS 2009 49 / 51 Vorlesung 1: Methodologie Zusammenfassung Zusammenfassung Vorlesung 1 Die experimentelle Methode bietet relativ zu anderen empirischen Methoden zwei sehr wichtige Vorteile: I I Ceteris paribus Variationen von einzelnen Faktoren zusammen mit der Randomisierung der Probanden bietet die Möglichkeit, kausale Evidenz zu produzieren. Die Replizierbarkeit der experimentellen Resultate erlaubt eine systematische Untersuchung der Validität bestehender Resultate. Kontrollierte Laborexperimente eignen sich sehr gut um Theorien zu testen und, im Fall der Falsifikation, Schwachpunkte der Theorien zu identifizieren (‘Speaking to theorists’). Wenn die Anwendbarkeit der Resultate in praktischen Fragestellungen im Vordergrund steht (‘Whispering in the ears of princes’), so muss darauf geachtet werden, dass die Resultate externe Validität aufweisen. Feldexperimente bieten dazu interessante Möglichkeiten. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 50 / 51 Vorlesung 1: Methodologie Literaturangaben Literaturangaben Camerer, C., 2003. Behavioral Game Theory: Experiments on Strategic Interaction. Princeton: Princeton University Press. Fehr, E., and Schmidt, K., 1999. A Theory of Fairness, Competition, and Cooperation. Quarterly Journal of Economics, 114, pp. 817-868. Fischbacher, U., 2007. z-Tree: Zurich Toolbox for Ready-made Economic Experiments. Experimental Economics 10(2), 171-178. Gale, J., Binmore, K., and Samuelson, L., 1995. Learning to be imperfect: The Ultimatum Game. Games and Economic Behavior, 8, 56–90. Güth, W., Schmidt, C., and Sutter, M., 2003. Fairness in the Mail and Opportunism in the Internet: A Newspaper Experiment on Ultimatum Bargaining. German Economic Review, 4(2), 243-265. Güth, W., Schmittberger, R., and Schwarze, B., 1982. An Experimental Analysis of Ultimatum Bargaining. Journal of Economic Behavior and Organization, 3, pp. 367-388. Harrison, Glenn W. and List, John A., 2004. Field Experiments. Journal of Economic Literature, 42(4), 1013-1059. Maréchal, M., and Thöni, C., 2007. Do Managers Reciprocate? Field Experimental Evidence From a Competitive Market. Discussion Paper no. 2007-9, University of St.Gallen. Smith, V., 1982. Microeconomic Systems as an Experimental Science. American Economic Review, 72(5), pp. 923-955. C. Thöni (SEW-HSG) Spieltheorie und experimentelle Ökonomie Universität Basel, HS 2009 51 / 51