Schwarze Schafe
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Schwarze Schafe
FilmRauschPalast Schwarze Schafe Letzte Aktualisierung 06.12.2007 Da wird der Berliner Bär aber ganz schön böse sein, denn als so räudiges und schmutziges Tier wie in Oliver Rihs' und Olivier Kolbs Low-Budget-Produktion SCHWARZE SCHAFE wurde er sicher noch nie gezeigt. Freunde des abseitigen Humors kommen jedoch auf ihre Kosten, wenn sich in fünf miteinander verschachtelten Episoden die Hauptstadt von ihrer trashigen Seite zeigt. Deutschland 2006 Regie: Oliver Rihs. Mit Robert Stadlober, Tom Schilling, Jule Böwe, Milan Peschel, Bruno Cathomas, Marc Hosemann, Eralp Uzun, Oktay Özdemir, Frank Giering u.a. 94 Min. Web: www.schwarze-schafe.eu PRESSESTIMMEN Superlocker und superlustig findet Bert Rebhandl die Berlin-Groteske, aber der Film strengt sich dabei mächtig an, in jeder Sekunde richtig schräg rüberzukommen - und wirkt dabei so verkrampft wie der grassierende Hauptstadt-Hype. "Die meisten Geschichten wirken recht ausgedacht und sind immer sehr schnell auf die Skandalpointe hin inszeniert. Nur gelegentlich, zum Beispiel in den verblasenen Dialogen zwischen Robert Stadlober und Tom Schilling, kommt eine ziellose Stimmung auf, sodass auch der Film selbst etwas von dieser Entspanntheit gewinnt, die er seinen Figuren ständig ein wenig verkrampft unterstellt." Der Spiegel Thorsten Funke nennt die Pluspunkte des Films: "Ohne Fördergelder gedreht, auch ohne Gagen, dafür mit viel Enthusiasmus. ... SCHWARZE SCHAFE ist stilistisch und inhaltlich angelehnt an die Slacker-Filme der neunziger Jahre, aber ohne die pointierten Dialoge des frühen Kevin Smith (CLERKS, 1994), dafür mit mehr optischen Spielereien und temporeichem Schnitt, der den ansonsten auseinander fallenden einzelnen Teilen so etwas wie ein Korsett gibt. Dass der Film letzten Endes nicht funktioniert, liegt vor allem an den klischeehaften Figuren, deren Schrägheit sehr entworfen wirkt." critic.de Echt bescheuert findet Kirsten Riesselmann den Film. Er hechtet von einem postpubertären Schwank zur nächsten Schenkelklopferpointe. "Erst denkt man noch: Jajaja, so etwas blöd Überzogenes kann ein Film über Berlin wirklich mal gebrauchen. Nicht immer nur ernste Kunst-vor-Fernsehturm-Kulisse, sondern mal Brutalhumor nach Jungsart.... Aber die Anlässe zum Schmunzeln werden schnell immer vulgärer und billiger. ... Trotz seiner eigentlich vielversprechenden Besetzungsliste mit vielen deutschen Stars: SCHWARZE SCHAFE ist ein unerträgliches Dauerfeuer an Fäkalhumor, das vielleicht einigen männlichen Spätzündern in der Provinz Spaß bereitet. Mehr nicht." Die Tageszeitung Für Peter Zander geht es um Berlins Loser und ihr Verlangen nach Sex. "Irgendwie wirken diese fünf Episoden wie der Fleisch gewordene Wowereit-Slogan von wegen arm, aber sexy. Und Rihs hat den auch mustergültig vorgelebt. Hat gar nicht erst versucht, Fördertöpfe anzuzapfen. Keine Kompromisse! Keine Rücksichten! Es fließen jede Menge Fäkalvokabular, jede Menge Körperflüssigkeiten. Man muss auch eine gehörige Portion schwarzen Humors mitbringen und wird trotzdem oft schlucken. Aber SCHWARZE SCHAFE beweist, dass Underground nicht nur aus New York oder London kommen muss." Die Welt Gnadenlos ungezogen nennt Alexandra Seitz die Berlin-Komödie. "SCHWARZE SCHAFE ist nichts für Feingeister, aber ein Fest für Freunde des grenzwertigen Witzes. Kurzum, SCHWARZE SCHAFE ist der genau richtige und angemessene Berlin-Film. Eine Versammlung scharf beobachteter Berlin-Klischees, die zugleich reflektiert, gebrochen und bestätigt werden. Ein anarchisch drauflos fabulierter Episoden-Film, in dem die Fäuste fliegen, die Körpersäfte fließen und dem nichts Menschliches fremd ist." Berliner Zeitung Oliver Baumgarten hat sich mehr erhofft. "Das ist fraglos provokant, auch ein bißchen frech und für viele sicher Grund genug, sich drüber aufzuregen. Für einen gelungenen Film aber reicht das beileibe nicht. Die hier ausgestellten bunten http://www.filmrausch.de Powered by Joomla! Generiert: 20 January, 2017, 18:23 FilmRauschPalast "Vertreter aus Gottes großem Zoo", wie Hubert Fichte seine schrägen Vögel in "Die Palette" genannt hat, können begafft werden, aber sagen können sie einem nichts. Sie stehen da in ihrem kadrierten Käfig der Leinwand, ohne Hinweis darauf, wo sie herkommen, was sie wollen, wer sie eigentlich sind. Ihre Verkleidungen und ihre Sprache sollen zwar auf ihre soziale Herkunft verweisen, doch all das, das gesamte Milieu, wird nur behauptet, gelebt wird es nicht." schnitt.de Jan Schulz-Ojala lobt den ultimativ wilden Berlinfilm. "So gerät der Film, den Oliver Rihs und sein Mitproduzent, Mitautor und Kameramann Oliver Kolb als Liebeserklärung an diese Stadt verstanden wissen wollen, zwischen Marriott und Müggelsee zur imponierend dahinschlingernden Berlin-Ballade, mal brüllkomisch, mal saudoof. Gedreht wurde ohne Gagen und sehr absichtsvoll ohne jedes Fördergeld und mit DV-Handkamera, und das ist SCHWARZE SCHAFE in jeder Einstellung anzusehen. Kompromisse wurden nicht gemacht, alles dient dem sardonischen Vergnügen, den unverwechselbaren Berliner Lebensschmodder radikal nach außen zu kehren." Der Tagesspiegel Jens Hinrichsen hat sich nicht von allen Episoden überzeugen lassen. Einige "kranken streckenweise an inhaltlicher Schlaffheit; mal mangelt es ihnen an Glaubwürdigkeit, mal an Notwendigkeit ... Die für Berlin typische Schnoddrigkeit verdankt sich wahrscheinlich der Tatsache, dass die meisten Darsteller wirklich vor Ort leben und einige davon aus Frank Castorfs Ensemble der Volksbühne stammen. Auch gefällt an dem in Schwarzweiß mit wenigen Farb-Akzenten gedrehten Film (sehr gute Hand-Kameraarbeit von Olivier Kolb), dass hier ein ausgewogenes Bild des urbanen Raums zwischen hektischer Großstadtkakophonie und Momenten meditativer Stille entworfen wird." film-dienst 16/2007 FILMKRITIK Überlebenskünstler sind sie irgendwie alle: Da ist das ehemalige Rolex-Handmodel, der sich als Hochstapler die Gunst einer Blondine ergaunert und sich dann auch noch in sie verliebt. Um an Geld zu kommen, soll die Versicherung bluten, doch dafür muss vorher sein eigenes fließen. Auch die drei jungen Türken Ali, Birol und Halil brauchen Geld, um ihren unbändigen Sexualtrieb zu stillen. Doch die Idee, einige Bonzenkids bei einer Goa-Party am Müggelsee auszunehmen, endet im Rausch und ohne Klamotten am Leib. Die beiden Kiffer Breslin und Julian entdecken eine Agentur für Arbeit ohne Geld und wollen sich über diese die Renovierung ihrer Wohnung erschleichen, doch um Mitglied zu werden, muss man denen schon einiges vormachen. Der besoffene Künstler Peter, versucht seiner Freundin etwas zu sagen, doch die arbeitet gerade als Reiseführerin auf einem Boot auf der Spree. Zu allem Unglück hat sie dabei auch noch alte Bekannte zu Gast. Die beiden angehenden Satanisten Arnold und Fred sind pleite. Ein Ritual soll Abhilfe schaffen, doch dafür muss eine Tote her. Wie gut, dass Freds Oma im Koma liegt. Der größte Feind der Kunst ist der so genannte gute Geschmack. Gemessen an dieser Aussage ist SCHWARZE SCHAFE große Kunst, denn was Oliver Rihs und seine Mitautoren ausgeheckt haben, feiert den schlechten Geschmack. Das kann man durchaus als Gegenentwurf zur Berliner Schule werten, die mit Filmen wie „Sommer vorm Balkon“ oder auch aktuell „Du bist nicht allein“ zu einer gewissen sozialromantischen Verklärung neigt. Vorsorglich hat Rihs auch gar nicht erst versucht, öffentliche Förderung zu bekommen, sondern das Projekt selbst gestemmt. Die Darsteller haben unentgeltlich gearbeitet und auch die fünf Drehbuchautoren sind Freunde von Rihs, übrigens wie er selbst allesamt in Berlin wohnende Schweizer. Der Spaß an der Grenzüberschreitung ist allen Beteiligten anzumerken und überträgt sich in den besten Momenten auch auf den Zuschauer. Darüber hinaus schafft es der Film, trotz manchmal aufgesetzt wirkender Anarchoattitüde, die Außenseiterfiguren sympathisch wirken zu lassen und wirft einen Blick auf die Schattenseiten Berliner Lebens, der nicht durch die rosarote Brille abgemildert wird, sondern von der Faszination am Abgrund in all seiner Drastik gespeist ist. Sicher wird SCHWARZE SCHAFE nicht jedem gefallen und soll es auch gar nicht. Ungeschminkte Schönheit kann eben auch als hässlich empfunden werden und ehrliche Antworten sind ja meist die unangenehmsten. Die Frage, ob Berlin eine Reise wert ist, hat sich spätestens dann erübrigt, wenn ein arrogantes Touristenpärchen aus München die Bekanntschaft mit dem Mageninhalt eines Einheimischen macht: „Dit is' Berlin, dit is' Feindesland, hier bist du tot, Alter!“ Eric Horst aus: programmkino.de http://www.filmrausch.de Powered by Joomla! Generiert: 20 January, 2017, 18:23