Sicherer Himmel 2007 - Vereinigung Cockpit
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Sicherer Himmel 2007 - Vereinigung Cockpit
„Sicherer Himmel“ 2008 Eine Flugsicherheits-Initiative der Vereinigung Cockpit Inhalt Vorwort von Markus Kirschneck, Vorstandsmitglied und Pressesprecher der Vereinigung Cockpit Interview mit Tim Würfel, Präsident der Vereinigung Cockpit „Fliegen ist sicher.“ von Burkhart Kaumanns, Vorstandsmitglied der Vereinigung Cockpit und verantwortlich für die Arbeitsgruppen Forderungen: o Multi-Crew Pilot Licence mit Bedacht einführen! o Wiederkehrende Schulungen erhöhen! o Neues Herangehen an Thema Erschöpfung („Fatigue“) dringend geboten! o Direkte Funkverbindung zwischen Feuerwehr und Cockpit schaffen o Gefährliche Annäherung und Kollision in der Luft vermeiden! o Gefährliche Annäherungen und Kollision am Boden verhindern! Vorwort von Markus Kirschneck, Pressesprecher und Vorstandsmitglied der Vereinigung Cockpit Liebe Kolleginnen und Kollegen, „Safety and Security – first and always the top priority“. In diesen Kontext fügt sich auch die Flugsicherheits-Initiative „Sicherer Himmel 2008“ der Vereinigung Cockpit. Auch wenn wir heute auf ein hohes Niveau an Flugsicherheit in Mitteleuropa blicken, sehen wir als Verband des Cockpitpersonals in Deutschland jedoch in unterschiedlichen Bereichen Handlungsbedarf, um auch zukünftig die Sicherheit und Unversehrtheit der uns anvertrauten Passagiere und Crews zu gewährleisten. Aus einem Spektrum an Maßnahmen haben wir jetzt sechs Forderungen herausgegriffen, mit denen wir uns an Politik, Airlines und Hersteller wenden werden. Haben wir mit dem jährlichen Erscheinen unserer Flughafen-Mängelliste bereits erreicht, dass unsere Forderungen nach sicheren deutschen Regional- und Verkehrsflughäfen umgesetzt werden, sind wir überzeugt davon, mit unserer Flugsicherheits-Initiative einen ähnlichen Effekt erzielen zu können! Seit der Gründung der Initiative „Sicherer Himmel“ im Jahr 2007 konnte bereits ein offener Punkt geklärt werden: Sämtliche Fluggesellschaften Deutschlands haben inzwischen Haftungsübernahmeerklärungen an Bord. Somit ist gewährleistet, dass bei einem Notfall während des Fluges alle verfügbaren Kräfte zur Hilfe bereit sein können, ohne Sorge um mögliche Haftungsansprüche des Patienten. Wir freuen uns über Ihr Interesse an diesem spannenden und vielseitigen Thema und stellen Ihnen auf den folgenden Seiten die Forderungen des deutschen Cockpitpersonals vor. Mit freundlichen Grüßen Markus Kirschneck Pressesprecher der Vereinigung Cockpit -Vorstand- Interview mit Tim Würfel, Präsident der Vereinigung Cockpit „Safety First“ Herr Würfel, die Vereinigung Cockpit hat sich bereits in den vergangenen Jahrzehnten den Ruf erarbeitet, ein kritischer Beobachter und Ratgeber in Sachen „Flight Safety“ gegenüber Politik und Unternehmen zu sein. Was ist neu an der Initiative „Sicherer Himmel“? Tim Würfel „Als d e r Berufs- und Fachverband für Verkehrspiloten in Deutschland liegt uns das Wohl der Zivilluftfahrt seit unserer Gründung am Herzen. Erstmals im Jahr 2007 haben wir mit dieser Initiative ein Gesamtpaket in das Zentrum des Interesses gerückt: Von den Passagieren über die Crew bis hin zum Fluggerät stellten wir einen umfangreichen Forderungskatalog in den Vordergrund, mit dem wir uns an Behörden, Airlines und auch an Hersteller gewendet haben und auch weiterhin wenden werden. Diese Initiative ist demnach weit über die Jahre 2007 und 2008 hinaus angelegt. Auch in den kommenden Jahren werden wir nicht müde werden, Vorschläge für einen höchstmöglichen Flugsicherheits-Standard zu unterbreiten. Vorbild hierbei ist die jährliche VC-Flughafen- und Luftraum-Mängelliste, die bei Fachleuten und in der Öffentlichkeit jedes Jahr für Aufsehen sorgt. Hier haben wir es geschafft, dass alle deutschen Verkehrsflughäfen als ‚sicher’ eingestuft werden können. Außerhalb der Flughafen-Mängelliste haben wir jedoch noch zahlreiche weitere Punkte auf unserer Liste.“ Welcher Punkt ist Ihrer Meinung nach am dringlichsten? Flugsicherheit entsteht durch ständige Bemühungen an unzähligen, neuralgischen Punkten. Deshalb möchten wir keine Hierarchie unter den von uns aufgezählten Punkten vornehmen, sondern haben diese 6 Forderungen bewusst in den Vordergrund gestellt, weil wir hier zum Einen das größte Risikopotenzial in der heutigen Luftfahrt sehen und zum Anderen auch der Ansicht sind, dass diese Punkte mit dem gemeinsamen Willen aller Beteiligten zu schnellen und deutlichen Verbesserungen führen würden und somit in einem hervorragenden Verhältnis von Aufwand zu Wirkung stehen. Wie sind Sie auf eben diese Forderungen gekommen? „Vor allem durch die Mitglieder unserer zahlreichen Arbeitsgruppen. Allesamt aktive Piloten, die sich ehrenamtlich für das Wohl der Zivilluftfahrt engagieren und einen riesigen Wissensschatz auf ihren jeweiligen Fachgebieten mitbringen. Alle Erfahrungen stammen somit aus der Praxis – und sollen letztendlich wieder in die Praxis einfließen.“ Was motiviert die Vereinigung Cockpit und ihre Mitglieder, sich als Vorreiter in Sachen Flugsicherheit zu betätigen? Als Flugzeugführer sind wir jeden Tag aufs Neue für die Sicherheit der Menschen an Bord und eine reibungslose Flugdurchführung verantwortlich. Als Verband sehen wir unsere Aufgabe darin, genau diesen Auftrag übergreifend für die Zivilluftfahrt in Deutschland mit Nachdruck wahrzunehmen. Fliegen ist sicher. von Burkhart Kaumanns, Vorstandsmitglied So sicher, dass sich alle auch subjektiv sehr sicher fühlen: die Passagiere, die Piloten, das Management der Airlines, die Öffentlichkeit. Die Sicherheit lullt ein, sie ist alltäglich, wenden wir uns der Wirtschaftlichkeit, der Pünktlichkeit und dem Passagierkomfort zu, in abwechselnder Reihenfolge. Erst nach einem Flugunfall weicht das trügerische Sicherheitsempfinden einem Gefühl der Verletzlichkeit, man wird sich wieder bewusst, wie viel funktionieren muss, damit 100 Menschen in einer hauchdünnen Aluminiumhülle in 10 Kilometern Höhe mit 1000 km/h im Schlaf Entfernungen überbrücken, für die noch vor 50 Jahren mehrere Tage nötig waren. Sicherheit ist Arbeit, jeden Tag aufs Neue! Und wie sicher sind wir wirklich? Tatsächlich belegt die 10-Jahres-Statistik der IATA aus 2005, dass die Quote der Totalverluste abnimmt. Statistisch gesehen endet jeder 3-millionste Flug eines IATA Carriers vor der Landung. Wenn man Non-IATA Carrier mit einbezieht, geht es schon doppelt so schnell. Noch schlechter ist die Statistik der Turboprops: Pro Million enden zwei Flüge in einer Katastrophe. Können wir sicherer werden? Hier kommt nun die deutliche und kontinuierliche Zunahme des Luftverkehrs zum Tragen. Als Beispiel: Hätte die Lufthansa mit ihren ca. 500.000 Flügen pro Jahr die Verlustquote der o.g. Turboprops, dann gäbe es jedes Jahr einen Totalverlust. Sprich: Hunderte tote oder verletzte Passagiere und Crewmitglieder, Schlagzeilen und Gerichtsverfahren. Wie lange kann eine Airline das überleben? Wir alle müssen uns bewusst sein, dass langfristiger Erfolg im Luftverkehr ohne Sicherheit nicht möglich ist, dass wir weiter in Sicherheit investieren müssen, sei sie nun statistisch nachweisbar oder empfunden. Wir alle müssen weiter investieren, in unser Wissen, in unser Training, in unser Equipment, in unsere „Flight-Safety“-Kultur, damit wir die uns anvertrauten Gäste heil wieder nach Hause bringen können. Um diese Arbeit für mehr Sicherheit besser herauszustellen und zu unterstützen, rief die Vereinigung Cockpit im Jahr 2007 zum ersten Mal die Aktion „Sicherer Himmel“ ins Leben. Eine Vielzahl von Mitgliedern bearbeitet engagiert in 16 Arbeitsgruppen alle Themen, die mit Bedingungen und Umfeld der Verkehrsfliegerei zu tun haben. Diese AGs haben Themen vorgeschlagen, aus denen wir dann mit den AG-Leitern sechs Punkte ausgewählt haben, um sie einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren. Einer Gruppe Bundesparlamentarier wurden diese sechs Punkte bereits im November 2006 vorgetragen. Über das Jahr 2007 hinweg brachten und bringen wir diese Punkte an, begleiten deren Entwicklung und mahnen die Umsetzung an, um dann noch offene Punkte jeweils mit in die Flight Safety-Aktion des Folgejahres zu übernehmen. Unsere Arbeitsgruppen und der Vorstand präsentieren hier einen Maßnahmenkatalog, der Verbesserungen bei Flugzeugausrüstung, Pilotentraining und -einsatz sowie bei der Passagierfürsorge fordert: o Multi-Crew Pilot Licence mit Bedacht einführen! o Wiederkehrende Schulungen erhöhen! o Neues Herangehen an Thema Erschöpfung („Fatigue“) dringend geboten! o Gefährliche Annäherung und Kollision in der Luft vermeiden! o Gefährliche Annäherungen und Kollision am Boden verhindern! o Direkte Funkverbindung schaffen zwischen Feuerwehr und Cockpit Angesprochen fühlen sollen sich nicht nur die Airlines, sondern auch der Gesetzgeber (Bundesministerium für Verkehr, Parlamente) und die Qualitätssicherung (Luftfahrt-Bundesamt, Länderbehörden). 1. Multi-Crew Pilot Licence mit Bedacht einführen Nach vier Jahren intensiver Beratungen auf internationaler Ebene war es im November 2006 soweit: Sowohl ICAO wie auch die JAA haben die neue Lizenzform „Multi-Crew Pilot Licence“ (MPL) verabschiedet. Hiermit soll realitätsnah und zielgerichtet der Pilot für Verkehrsflugzeuge ausgebildet werden. Es geht nicht mehr über die „Hühnerleiter“ sondern die Ausbildung ist gleich von Verkehrsflugzeug ausgerichtet. Es gibt noch eine weitere Abkehr von Trainiert wird nicht nach Stundenzahl, Ausbildungsziele erreichen. (PPL ► CPL ► IR ► CCC ► CRM ►), Anfang an auf den rechten Sitz im der bisherigen Ausbildungsphilosophie: sondern der Trainee muss definierte Es gibt zwei kritische Punkte: 1. die Anzahl der Stunden im „richtigen“ Flugzeug und 2. die Feedback-Schleife mit der übernehmenden Airline. 1. Da die Anzahl der Stunden im Flugzeug nicht vorgeschrieben ist, könnte der Flugschüler allein mittels Simulator und anderer „Synthetic Training Devices“ (STDs) seine Lizenz erreichen. Ihm würden aber zwei grundlegende und äußerst wichtige Erfahrungen fehlen: Dass die Wirklichkeit nicht immer der Vorhersage und Planung entspricht und dass er sich auf sich selbst verlassen kann (Solo-Flug). Da es z.Zt. noch keine Erfahrung mit dem neuen Ausbildungskonzept gibt, ist es sinnvoll, mit eher mehr Flugstunden anzufangen und dann evt. zu reduzieren. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Trainees die systemischen Fehler persönlich „ausbaden“ müssen. 2. Ein MPL-Trainee wird spezifisch für eine bestimmte Airline geschult, die also bei Schulungsbeginn feststehen muss. Der Sinn dahinter ist, dass diese Airline dann die Qualitätskontrolle übernimmt und steuernd in die Ausbildung eingreifen kann. Sollte diese unzureichend sein, muss in der Flugschule nachgebessert werden. Es steht zu befürchten, dass Flugschulen pro forma eine Airline zum Partner erklären und so MPL-Kurse anbieten, obwohl die Absolventen nicht übernommen werden und die Airline auch de facto keinen Durchgriff auf die Schule hat. Daher fordert die VC, dass bei der Einführung des MPL sichergestellt ist, dass die Trainees mehr als ausreichend reale Flugerfahrung bekommen, und dass eine funktionierende Feedback-Schleife mit der übernehmenden Airline nachgewiesen werden kann. Der Druck in Richtung ‚schnelle und billige Ausbildung von Piloten’ ist groß, besonders aus China und Indien. Zurzeit läuft – als Probelauf – bereits ein chinesischer MPL-Kurs in Brisbane, hier ist die veranschlagte „wirkliche“ Flugzeit 80 Stunden. Gerade aber hat die australische CAA (CASA) on Top noch zehn Stunden Soloflüge „draufgelegt“. 2. Wiederkehrende Schulungen erhöhen Aus der Zeit der Kolbenmotoren stammt noch das Grundkonzept für die halbjährliche Überprüfung der Piloten: Damals ging ständig ein Motor kaputt. Heutzutage stehen so genannte „Engine Failure“ erst an 5. Stelle der Unfallstatistik (Boeing, Mai 2006). Der zweite große Block in den Checks sind die „Low-Visibility-Approaches“ (Landen unter Schlecht-Wetter-Bedingungen). Damit sind ca. ¾ des Prüfprogramms thematisch fest vorgegeben, Zeit für das Training anderer Themen bleibt praktisch nicht. JAR 1.965 schreibt vor, dass in einem 3-Jahresrhythmus alle „wichtigen Systeme“ trainiert werden müssen, gibt aber keine Zeitvorgabe. Aber was ist mit Training gegen räumliche Desorientierung („Upset Recovery“) oder dem Training für das gekonnte Landen bei Seitenwind? Der IATA Safety Report 2005 beschreibt als häufigste beitragende Unfallfaktoren: „Most significant factor(s) in Jet aircraft events: • Flight crew proficiency issues: 38% • Flight crew training deficiencies: 34% • Deficient flight crew communication: 31% • Adverse weather: 29%...” Dies ist alles im Simulator erkenn- und trainierbar! Je länger ein Trainings-Ereignis zurückliegt, um so tiefer sinken die Lernkurve und der Leistungsstand ab (schematischer Vergleich von halbjährlichen und vierteljährlichem Training): SimulatorEreignisse 1. Monat CHK 1. Monat CHK REF+ CHK 12. Monat Airline „A“ Lernkurve SimulatorEreignisse REF CHK REF 12. Monat Airline „B“ Lernkurve Daher fordern wir für alle Verkehrspiloten 2 Simulator-Auffrischer von 4 Stunden pro Jahr (12-Monats-Zeitraum), damit nicht nur Notszenarien, sondern auch anspruchsvolle „normale“ Verfahren ausreichend geübt werden können. Die Auffrischer sollten sich, abwechselnd mit den gesetzlich vorgeschriebenen Überprüfungen, möglichst gleichmäßig über das Jahr verteilen (4 mal 4 Stunden alle 3 Monate). 3. Neues Herangehen an Thema Erschöpfung („Fatigue“) dringend geboten Übermüdung, Erschöpfung = „Fatigue“. Fatigue ist inzwischen bei mehr als 20 Unfällen (NTSB) beitragender Faktor und entsteht üblicherweise durch vermehrte Nachtarbeit oder/und durch akkumulierten Schlafmangel. Beispielzitate aus Unfallberichten: ¾ Oktober 2004, Halifax, B747: Factors that likely contributed to the incorrect take-off data being generated and then not being detected before the take-off attempt were flight crew fatigue, non-adherence to procedures, inadequate training …, and personal stresses. ¾ Juli 2002, Tallahassee: a B727 crashed on landing because of flight crew performance failures. (…) Contributing to the accident was a combination of the captain’s and first officer’s fatigue … ¾ August 1997, Guam: a B747 crashed into a mountain top 3 miles from the airport (CFIT). Probable Cause: captain’s failure to adequately brief and execute the non-precision approach. Contributing to this failure was the captain’s fatigue and the airline’s inadequate flight crew training… Als 1974 die 2. DV LuftBO ins Leben gerufen wurde, war die Welt des Piloten noch übersichtlich und die Einsatzpläne wurden noch mit Herz und Verstand und mit Bleistift und Radiergummi gemacht. Es gab auf der Kurzstrecke entweder Frühaufsteher- oder Spätaufsteher-Touren, es gab Charterflüge und es gab Langstreckentouren, die mitunter bis zu drei Wochen bis nach Sydney und zurück unterwegs waren. Dennoch gab es offensichtlich Bedarf, die Einsatzzeiten für Besatzungen zu begrenzen, auch wenn diese Begrenzungen nur selten erreicht wurden. Heute werden Einsatzpläne mit dem Computer generiert, eine Software kann auch noch die kleinsten Lücken füllen und die 2. DV LuftBO dient als Schablone, die es bestmöglich auszufüllen gilt. Dies führt zu immer weniger Regenerationsmöglichkeiten für die Crews: Schlafdefizite akkumulieren sich. Und auch in der Kurz-/Mittelstrecken-Operation werden immer mehr Nachtflüge eingeflochten, die in den Zeiten der geringsten Leistungsfähigkeit stattfinden : Das NTSB stellt in seiner Publikation „Most Wanted“ vom November 2006 die Forderung auf: „Establish scientifically-based hours-of-service rules that set limits on work hours, provide predictable work and rest schedules, and consider circadian rhythms and human sleep and rest requirements”. Daher fordert die VC von Airlines und Gesetzgeber: 1. Einführung eines Fatigue Awareness Programms in den Flugbetrieben: - - Schulung der Besatzungen, Planungspersonals und Führungspersonals in Grundsätzen von Schlaf und Belastung (physiologische Grundsätze, Schlafzyklen, Langzeitwirkung), Schulung im Umgang mit Fatigue (Erkennen, Maßnahmen, präventive Maßnahmen, i.e. Umgang mit Schlaf und Zeitzonenverschiebung), Fatigue-Überwachung (u.a. über Berichtsformulare), Untersuchung des Gesundheitszustandes einzelner Berufsgruppen auf Anzeichen, die durch dauerhafte Ermüdung / hohe (Dauer-) Belastung hervorgerufen sein könnten. 2. Ausrichtung von Zeitbeschränkungen auf Arbeitszeit: - Nicht die Flugdienstzeit, sondern Arbeitszeit ist für den Grad der Ermüdung ausschlaggebend. Demnach müssen Zeitbeschränkungen grundsätzlich auf der Basis von Arbeitszeitbeschränkungen definiert werden. 3. Präventive Ausrichtung von Ruhezeiten: - - Ruhezeiten werden zur Vorbereitung eines folgenden Flugdienstes mit Blick auf dessen besondere Anforderungen unter Berücksichtigung der Belastung aus vorangegangener Einsätze festgelegt (Abkehr von der retrospektiven, abgeltenden Gewährung von Ruhezeit), Ruhezeitansprüche werden mindestens mit Bezug auf die Dauer der vorangehenden Arbeitszeit unter Berücksichtigung der Belastung des nachfolgend geplanten Flugdienstes berechnet. 4. Berücksichtigung des sozialen Umfeldes von Besatzungsmitgliedern als direkter Einflussfaktor auf die Flugsicherheit - Ruhezeitansprüche könnten z.B. auch qualitative Elemente enthalten, die vor einem Einsatz die Stabilisierung von Schlafzyklen sicherstellen sollen. Als Beispiel könnte man einen Regenerationsanspruch (durchaus auch im Vorhinein, s.o.) nennen, der nicht nur Stunden, sondern auch eine darüber hinausgehende Anzahl lokaler Nächte an der Heimatbasis vorsieht (theoretisches Beispiel zur Verdeutlichung: Nach einem Flug nach Japan mit acht Stunden Zeitverschiebung folgt eine Ruhezeit von 48 Stunden und vier „lokalen Nächten“; d.h. am dritten Tag könnte ein Tagesdienst eingeplant werden. Dies würde sich stabilisierend auf den Circadianischen Rhythmus, aber auch auf das soziale Umfeld auswirken). Natürlich werden diese Maßnahmen zunächst zu einem verminderten Einsatz für die Crews führen, nicht zwangsläufig jedoch zu höheren Kosten: Der Low Cost Carrier Easyjet hat die Investition von ca. 200.000 Euro und 2.000 Mann-Stunden nicht gescheut, um eine bessere Dienstplangestaltung unter Fatigue-Aspekten zu finden. Die Flugdienst- und Ruhezeiten-Tage wurden von 6-3-6-3 umgestellt auf 5-3-5-4, was zunächst die Einsatztage pro Crewmitglied um ca. 30 pro Jahr reduziert. Gleichzeitig stellten sich aber folgende Effekte ein: • • • stabilere Einsatzpläne, eine Risikoreduzierung um 75% (belegt durch Flight Data Monitoring), was senkende Auswirkungen auf die Versicherungsprämie hat, eine Kostenersparnis bei den Personalkosten um 7% (Reduzierung der Krankheitsrate etc.). Hier kann man mit Sicherheit sogar sparen! 4. Direkte Funkverbindung zwischen Feuerwehr und Cockpit schaffen 98 Prozent aller Notfälle im Flugverkehr tragen sich am Flughafen zu. Piloten können aus dem Cockpit aber keine Einschätzung des gesamten Flugzeugs vornehmen – sie haben noch nicht einmal Rückspiegel. Nach der Alarmierung steht die Feuerwehr innerhalb von zwei Minuten beim Flugzeug – kann dann aber aus Sicherheitsgründen erst nach Stillstand der Motoren mit der Crew Kontakt aufnehmen. Hier wäre eine Situationsbeschreibung durch die Feuerwehr über Funk extrem hilfreich – der Umweg über den Tower ist zu lang. Daher fordern wir für den Notfall am Airport die Einrichtung einer direkten „Line of Communication“ zwischen Cockpit und Feuerwehr. 5. Gefährliche Annäherung und Kollision in der Luft vermeiden Ein weiteres technisches Hilfsmittel, das noch nicht umfassend genutzt wird, ist der Transponder (mit Höhenabstrahlung). Inzwischen an Bord aller kommerziellen Flugzeuge, verbreitet er sich in der allgemeinen Luftfahrt, speziell bei Segelflugzeugen, nur sehr zögerlich. In den Lufträumen, wo sich diese Fluggeräte üblicherweise aufhalten, ist es zudem nicht vorgeschrieben, da dieser Luftraum von keinem Lotsen überwacht wird: Hier funktioniert das Ausweichen wie z.B. beim Segelboot. Wer von rechts kommt, hat Vorfahrt, Motorboote müssen Segelbooten ausweichen usw. Theoretisch müsste auch ein Supertanker einem Segelboot ausweichen (ich kenne keinen Segler, der es drauf ankommen lassen würde). Im unkontrollierten Luftraum funktioniert das genauso: Wer von rechts kommt hat Vorfahrt, und ein Jumbo muss einem Segler ausweichen. Um aber überhaupt eine Chance zum Ausweichen bei 250km/h zu haben, reicht der Sichtkontakt allein nicht aus, und genau das zeigte sich im August 2006 in den USA. Bei dem Zusammenstoß zwischen dem Segelflugzeug und einem Hawker Business Jet wurde ersteres komplett zerstört (der Pilot des Segelflugzeuges konnte sich Gott sei Dank mit dem Fallschirm retten) und der Jet musste schwer beschädigt ohne Fahrwerk notlanden. Um diese Chance zum Ausweichen zu erhalten, fordern wir, dass alle Flugzeuge, auch Segelflugzeuge, einen Transpondercode abstrahlen, der auch die jeweils aktuelle Höhe beinhaltet. Damit könnte ein Lotse dem Jet einen konkreten Hinweis geben. Viel wichtiger ist aber, dass damit auch das bordeigene Kollisionswarngerät sinnvolle Ausweichempfehlungen abgibt. 6. Gefährliche Annäherung und Kollision am Boden vermeiden Jeder der sich – nur mit einer Karte ausgestattet – nachts in einer fremden Innenstadt zurechtfinden musste, kennt die Problematik eines Piloten auf einem unbekannten Airport: Es ist nicht leicht, sich zurecht zu finden. Schlechte Beschilderung, Dunkelheit und schlechtes Wetter tragen zur Ver(w)irrung bei. • August 2006, Lexington: Ein Canadair CRJ startet auf einer zu kurzen Bahn. 47 Tote. Die Rollführung hatte sich nach Bauarbeiten verändert. • Oktober 2002, Taipeh: Eine Boeing 747-400 startet auf einer wegen Bauarbeiten geschlossenen Bahn. 82 Tote. • Januar 2002, Anchorage: Ein A340 startet von einem Taxiway, der noch nicht mal parallel zur Bahn liegt, und kommt auf den 2300m sogar in die Luft. • Auch in Deutschland: Oktober 1988, Frankfurt: Eine DC8 startet auf Taxiway ‘W’ anstatt auf der parallelen Startbahn 18. Der Rollweg ist aber zu der Zeit noch nur 192m lang, beim Überrollen der Bahn werden alle vier Motoren abgerissen. Unklare oder missverstandene Rollanweisungen haben bei dem heute üblicherweise dichten Verkehr meist noch Konflikte mit anderen Flugzeugen zur Folge: • Juli 2006, Chicago: An einer Runway-Kreuzung kommt es beinahe zu einem Zusammenstoß zwischen einer startenden B737 und einer gelandeten B747. • • Mai 2004, München: Eine landende B737 kann einer ATR, die auf der Bahn steht, gerade noch ausweichen: Es fehlen nur wenige Meter. Oktober 2001, Mailand: In dichtem Nebel prallt eine MD-87 beim Start auf ein deutsches Geschäftsreiseflugzeug (Cessna 525-A Citation), das sich verrollt hatte. 118 Menschen sterben. Die Enge auf den Flughäfen wird zunehmen, besonders dann, wenn sich die Airports nicht ausdehnen können, ist der Druck groß, möglichst viel Verkehr in kürzester Zeit „abzuwickeln“. Gegenmittel sind bodenseitig vonnöten, z.B. eindeutige Rollwegbeleuchtung und bessere Markierung auf Airports. Wir wollen uns auf die Verbesserung an Bord von Flugzeugen konzentrieren und fordern daher: Die Weiterentwicklung und Installation eines GPS-gestützten Softwareprogramms, - das die Crew bei Annäherung an eine Landebahn warnt; - das die Crew warnt, wenn die Start/Landebahn belegt ist; - das der Crew die verbleibende Bahnlänge angibt; - das der Crew die Rollführung per ‚Moving Map’ anzeigt. Wir, die Vereinigung Cockpit, sind der Sicherheit von Flugzeug, Passagieren und Crews verpflichtet. Wir werden den Fortschritt der Flugsicherheit, insbesondere diese sechs Forderungen konstruktiv begleiten, in der Hoffnung, dass wir nächstes Jahr das eine oder andere Thema von der Liste streichen können.