Flugsicherheit
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Flugsicherheit
HEFT 3 · SEPTEMBER 2005 · 41. JAHRGANG Fachliche Mitteilungen für fliegende Verbände Editorial 1 Pilot verweigert die Auskunft 2 Titelfoto: Guido Sonnenberg Aus Erfahrung kann man lernen 5 „Flugsicherheit“, Fachliche Mitteilung für fliegende Verbände der Bundeswehr Bravo, gut gemacht (Teil 1) 7 Die Zeit, die man braucht 8 Herausgeber: General Flugsicherheit in der Bundeswehr in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium der Verteidigung - Fü S I 1. Zusammenstoß 10 Über den Zaun geschaut 11 Das AFFSC(E) 12 Dreher auf der Alarmrotte 16 Runway Incursion 20 Ich bin stolz darauf, ein Deutscher zu sein 23 Gestaltung: Rolf Miebach, Informations- und Medienzentrale der Bundeswehr (IMZBw) Bravo, gut gemacht (Teil 2) 25 Erscheinen: dreimonatlich Taktiles System für Lagebewußtsein 26 Manuskripteinsendungen sind direkt an die Schriftleitung zu richten. Vom Verfasser gekennzeichnete Artikel stellen nicht unbedingt die Meinung der Schriftleitung oder des Herausgebers dar. Es werden nur Beiträge abgedruckt, deren Verfasser mit einer weiteren Veröffentlichung einverstanden sind. Weiterveröffentlichungen in Flugsicherheitspublikationen (mit Autoren- und Quellenangaben) sind daher möglich und erwünscht. Hitverdächtig 27 Personal 32 Flugsicherheitsbilanz 33 Redaktion: Hauptmann Klemens Löb, Tel.: 022 03 / 9 08 31 24 Major Claus Maneth, Tel.: 022 03 / 9 08 39 41 Fliegerhorst WAHN 501 / 07 Postfach 90 61 10 51127 Köln [email protected] [email protected] [email protected] Gesamtherstellung: SZ Offsetdruck-Verlag Herbert W. Schallowetz GmbH 53757 Sankt Augustin III/2005 FLUGSICHERHEIT Editorial Der morgendliche Weg zur Dienststelle findet an dem Teil des Tages statt, der oftmals routinemäßig „abgespult“ wird. Die Aufmerksamkeiten allerdings, die eigentlich nötig wären, um diese Phase sicher und sachgerecht zu überstehen, sind noch nicht auf Touren. In Gedanken noch bei den Sorgen und Nöten der Familie, eventuell noch leicht übermüdet, handelt man unterbewusst entsprechend der Verkehrslage und dem jeweiligen Umfeld, um pünktlich am Arbeitsplatz die erste Tasse Kaffee genießen zu können. Haben Sie in dieser Zeit schon mal eine geänderte Straßenführung, ein ungewohntes Hindernis oder eine überraschende Situation erst spät erkannt? Ich schon. In meinem Fall war nach der Urlaubszeit ein Teilstück der Autobahn nur einspurig befahrbar. Die Sperrung wurde zwar durch Verkehrszeichen frühzeitig angekündigt, dennoch blieb ich tief in Gedanken relativ lange auf der Spur, die im weiteren Verlauf gesperrt wurde. Schlagartig wurde ich aus meinen Träumereien zurück in die Realität geholt. Die entsprechenden Reaktionen setzten sofort ein, Adrenalin pulsierte und glücklicherweise war auch noch ausreichend Platz zum Handeln ... Was war geschehen? Das geänderte Umfeld wurde frühzeitig angekündigt, meine Augen hatten die Hinweise gesehen, die Situation jedoch wurde nicht zeitgerecht in die nötigen Handlungsoptionen umgesetzt! Es gilt aber, alle Zeichen des Umfeldes nicht nur zu sehen, sondern auch zu erkennen, zu verarbeiten und entsprechend umzusetzen. Dies trifft natürlich besonders auf die Flugsicherheit zu, ob im Flugdienst, in der Technik, in der Flugbetriebsstaffel oder bei der Feuerwehr. Alle am Flugbetrieb beteiligte Soldaten und Mitarbeiter sind hier gefragt, denn eine Schwäche bei der Aufmerksamkeit macht nicht selten die ganze „Teamarbeit“ zunichte. In dieser Ausgabe der Flugsicherheit finden Sie den Beitrag von einem Flugsicherheitsoffizier, der zwar kritisch aber in humorvoller Art die Zeichen der Zeit und das Verwertungsverbot betrachtet. Dieser Beitrag zeigt mir, wie intensiv sich unser Flugsicherheitspersonal mit den Vorschriften auseinandersetzt. Wenn dann zusätzlich noch solch ein gelungener Beitrag für diese Zeitschrift entsteht, ist dies besonders lobenswert. Offen und ehrlich berichtet in dem folgenden Beitrag ein Fluglehrer über seine Erfahrungen, aber auch welche Lehren er aus diesen highlights gezogen hat. Respekt gilt an dieser Stelle dem Autor, uns in dieser Art seine Erfahrungen weiterzugeben. Ein Beitrag der Zeitschrift National Defence Kanada befasst sich mit dem Thema Flugsicherheitsarbeit und wie diese innerhalb von Sekunden zunichte gemacht werden kann. Die Gedanken daraus wurden in dem beigefügten Poster aufgenommen. Es folgen Beschreibungen von einem Zusammenstoß eines Hubschraubers mit einer Drohne, der glücklicherweise glimpflich endete, von einem Überführungsflug über den Atlantik, der einige Überraschungen beinhaltete und über Flugsicherheitsarbeit auf internationalem Niveau, dem Air Forces Flight Safety Committee. Wir stellen die Frage, wie es zu dem Dreher bei der Vorbereitung zu einem Alarmstart kam. Dieser Zwischenfall wird unter den Gesichtspunkten CRM und ORM beleuchtet und bewertet. Zwischenfälle im Flugbetriebsbereich, hier im Besonderen der Bereich der Start- und Landebahn, sind das Thema unter dem Titel Runway Incursion. Hier gibt es Handlungsbedarf. Das betroffene Personal muss sensibilisiert werden, um die richtigen Maßnahmen zur Prävention von Zwischen- und Unfällen anzuwenden. Unter dem provozierenden Titel „Ich bin stolz darauf, ein Deutscher zu sein“ zeigt uns ein Stabsoffizier seine Sichtweise zur Art der Ausbildung, der Personalsituation und dem Flugsicherheitsniveau im technischen Bereich. Er gibt uns aber auch Handlungshinweise zur Verbesserung. Dieses Thema sollten wir mit großer Aufmerksamkeit diskutieren und begleiten. Last but not least wird über Rollbewegungen im Flugbetrieb berichtet, ein latentes Gefahrenfeld, bei dem in jüngster Vergangenheit nur durch das umsichtige Beobachten und energische Einschreiten eines Einweisers ein dramatischer Unfall abgewendet werden konnte. Der Autor hat durch eine intensive Recherche Parallelen ähnlicher Vorkommnisse aufgedeckt und beschrieben. In diesem Sinne, fly safe 1 Flugsicherheit Pilot verweigert Auskunft! „Beichtgeheimnis“ - Nicht länger ein Thema für den FlSichhOffz? von Fregattenkapitän Dieter Sandforth, MFG 3 „GZ“ Der in Ehren leicht ergraute Flugsicherheitsstabsoffizier lehnte sich in seinem harten Drehstuhl im Dienstzimmer zurück, schaute auf den friedlich vor sich hin schlummernden Fliegerhorst und dachte wehmütig an die Zeit zurück, als er noch jedes Wort aus einem Abschlussbericht zu einem Flugunfall verstanden hatte. Auch wenn er manchmal das Gefühl hatte, dass er von seinen Fliegerkameraden mitleidig belächelt wurde, wenn er beim Nachtflugbier wieder eine Geschichte mit den Worten „Damals“ begann. Aber damals – in den sechziger Jahren zu Zeiten der Starfighter-Krise – hatte ein Abschlussbericht einschließlich des Verteilerschlüssels (!) eine Länge von gerade mal zwei (!) Seiten. Jedes Wort, einfach jedes hatte er damals verstanden! 2 Im Laufe der Jahre waren es dann ab und zu vor allem die Inhalte der Abschlussberichte, welche ihn auch als Hubschrauberführer mit einem Studium aus dem Bereich der Erziehungswissenschaften überforderten. Wer wollte es ihm übel nehmen, dass er schon frühzeitig auf das tiefgreifende Verständnis der z.B. in Flugunfallberichten von PA 200 häufig verwendeten Abkürzungen wie TOR LL-1, TFR, SFCO, FWIC oder AUTO-TF verzichtet hatte? Als dann in den neunziger Jahren – seinem Empfinden nach – die Vorbemerkungen in den Abschlussberichten fast den selben Umfang erreicht hatten wie die Beschreibung des Unfallherganges und die Analyse zusammen, erlebte er seine erste tiefgreifende „Sinnkrise“ als Flugsicherheitsoffizier. Man konfrontierte ihn mit dem Begriff des „Verwertungsverbot“. Er, der als treusorgender Ehemann bis dahin diesen Begriff lediglich mit seinem manchmal grauen Ehealltag in Verbindung bringen durfte, wo seine bessere Hälfte ihm stets unter Androhung von Strafe verboten hatte, die so vielsagenden und einladenden Blicke der neu hinzugezogen und alleinstehenden Nachbarin zu verwerten. Damals hatte er befürchtet, dass er als Flugsicherheitsoffizier ohne ein Studium der Rechtswissenschaften zukünftig seinen Job nicht mehr zufrieden stellend erfüllen könne! Denn eigentlich wollte er – als Soldat mit Leib und Seele – nämlich bis zu seinem letzten Diensttag – seinem Kommodore ein allzeit kompetenter Berater in allen Dingen der Flugsicher- heit bleiben. Seiner Einschätzung nach leistete man sich aber für die umfangreichen Problemfelder aus dem Bereich des Grundgesetzes, der Strafprozessordnung, des Soldatengesetzes und Luftverkehrsgesetzes hoch qualifizierte Rechtsberater in den Kommandobehörden! Von nun an unterlagen die im Rahmen der Flugunfalluntersuchung gemachten Aussagen seiner Luftfahrzeugbesatzungen im Zusammenhang mit einem Strafverfahren und/oder Disziplinarverfahren sowie im Bereich der Haftungsprüfung einem so genannten „Verwertungsverbot“. Hauptsächlich durch eigene Recherchen und Erfahrungen hatte er sich in den dann folgenden Monaten und Jahren bezüglich der gesamten Tragweite dieser rechtlichen Problematik zu mindestens ein gesundes „Halbwissen“ angeeignet. Das „Verwertungsverbot“ hatte er begriffen und auch seinen Leuten vermitteln können. Er hatte sich damit abgefunden, dass er sich in einer Position als Flugsicherheitsoffizier schon manchmal wie der Militärpfarrer fühlte, denn nun gab es selbst in seinem Büro – hinter verschlossenen Türen – so etwas wie ein „Beichtgeheimnis“. Auf die alle interessierende Frage „Wie konnte es zu dieser „Katastrophe“ kommen?“, redeten die betroffenen Luftfahrzeugbesatzungen von nun an immer wie ein Wasserfall. Das höhere Gut war immer die Ursachenfindung! Er wusste stets schon nach kurzer Zeit, wo die wahren Ursachen für die Vogelnester an der Rumpfunterseite der Jets oder die Buchenzweige an den Hauptrotor- III/2005 FLUGSICHERHEIT Illustration: Rolf Miebach, IMZBw blattspitzen der Hubschrauber zu suchen waren. Er war auch noch heute davon überzeugt, dass seine Staffelkapitäne im Verband immer noch an die „kanadischen Springfichten“ oder an den „Buchenausschlag“ im Frühjahr glaubten. Das Wissen um die Wahrheit, in Verbindung mit der im rechtlichen Sinne von nun an zu unterdrückenden Verlangen nach Aufklärung in alle Richtungen, hatte bei ihm in der Anfangsphase manchmal sogar zu körperlichen Schmerzen geführt. Später konnte er – sicherlich auch aufgrund der verständnisvollen Therapeutin in der bayrischen Kurklinik mit der erfolgten privaten Einweisung in fernöstliche Entspannungstechniken – hervorragend damit umgehen. „Seine Jungs“ konnten sich voll auf ihn verlassen. Die neugierig wartenden Ohren – angefangen bei den Strafverfolgungsbehörden, den Wehrdisziplinaranwälten und bei den Disziplinarvorgesetzten – lauschten bei ihm stets vergeblich! Was ihm aber jetzt gerade in einer so seltenen stillen Stunde in seinem Dienstzimmer auf einmal Schmerzen verursachte, war nicht der harte Drehstuhl und nicht das für sein Alter doch schon anstrengende, lange gedankliche Abschweifen in die Vergangenheit. Beim mehr rein zufälligen Blick in den neuesten Flugunfallbericht stockte sein Atem und er hatte das Gefühl, dass seine zweite tiefgreifende „Sinnkrise“ als Flugsicherheitsoffizier mit großen Schritten auf ihn zukam. Warum musste General Flugsicherheit seine Belastbarkeit noch so kurz vor der Pensionierung testen? Da wurde er doch wahrhaftig als Flugsicherheitsoffizier aufgefordert, allen militärischen Zeugen in einem Flugunfalluntersuchungsverfahren ab sofort ein „Auskunftsverweigerungsrecht“ einzuräumen! Dies konnte doch nur der Verfall des Rechtsstaates und aller soldatischen Tugenden bedeuten. Gerade er als Stabsoffizier war so erzogen worden – mal vom ganz III/2005 FLUGSICHERHEIT privaten Bereich abgesehen – jederzeit und zu allem auszusagen und dabei die Wahrheit nicht aus den Augen zu verlieren! Was musste er in seiner Funktion als Flugsicherheitsoffizier und Untersuchungsoffizier und seine Fliegerkameraden als möglicherweise Betroffene – basierend auf der Strafprozessordnung § 55 ff und dem Flugunfalluntersuchungsgesetz § 16 ff – nun wissen und unbedingt beachten? Soldaten und Beamte der Bundeswehr haben, im Gegensatz zu Personen, die nicht der Bundeswehr angehören, aufgrund ihrer allgemeinen Dienst- und Treuepflicht eine Mitwirkungspflicht an der Aufklärung des Sachverhaltes eines Vorkommnisses (z.B. Zwischenfall/Flugunfall). Jeder Zeuge hat das Recht, die Auskunft auf solche Fragen zu verweigern, deren Beantwortung ihn selbst der Gefahr aussetzen würde, wegen einer Straftat, einer Ordnungswidrigkeit bzw. eines Dienstvergehens verfolgt zu werden. Ein Auskunftsverweigerungsrecht besteht auch dann, wenn durch die Aussage die Gefahr begründet werden würde, auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Zeugen sind darauf hinzuweisen, dass die Vernehmungsniederschriften nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften den für die strafrechtliche, ordnungswidrigkeitsrechtliche oder disziplinare Prüfung und Würdigung bzw. der für die arbeits- und schadensrechtliche Bearbeitung zuständigen Behörden und Dienststellen auf deren Anforderung überlassen werden müssen. Soldaten der Bundeswehr sind vor ihrer Vernehmung darüber zu belehren, dass sie analog zur Strafprozessordnung ein persönliches Recht zur Verweigerung der Aussage haben. Nimmt ein am Vorkommnis beteiligter Soldat sein Auskunftsverweigerungsrecht zum Sachverhalt komplett in Anspruch, so soll aus Gründen der Vorkommenspräventation mindestens zu Aussagen über ereignisrelevante technische Fehlfunktionen des Unfallluftfahrzeuges appelliert werden. Leicht erblasst lehnte sich unser Flugsicherheitsoffizier im Drehstuhl zurück. In Gedanken sah er sich schon in seinen so kurzen und so wertvollen Freiräumen an langen Winterabenden in der ortsansässigen Volkshochschule im Kurs „Rechtskunde für Anfänger, Scheidungswillige und ewig Besserwissende Teil 1“ sitzen. Könnte dies etwa im Extremfall bedeuten, dass er nie wieder den hinter verschlossenen Türen des Flugsicherheitsoffizier-Büro so lieb gewonnen Wissensvorsprung erhalten würde? Denn seine Luftfahrzeugbesatzungen wüssten ja nun, dass er als Flugsicherheitsoffizier gezwungenermaßen alle Aussagen dem Disziplinarvorgesetzten, dem Wehrdisziplinaranwalt und den Strafverfolgungsbehörden auf Anfrage überlassen müsste. Und müsste er nicht davon ausgehen, dass all diese Stellen – die möglicherweise mit dem Unterschied zwischen „Ursache“ und “Schuld“ nicht so sensibel umgehen würden, wie er es immer getan hatte – auf eigene Ermittlungen verzichten würden? In letzter Konsequenz würden somit auch seine erarbeiteten Untersuchungsergebnisse später auf einer anderen Ebene direkt oder indirekt z.B. für eine disziplinare Würdigung einer Luftfahrzeugbesatzung oder für die Schadensermittlung herangezogen werden. Könnte man es da seinen Luftfahrzeugführern verübeln, wenn von nun an nicht mehr alle Fragen beantwortet werden würden oder man dem Flugsicherheitsoffizier vorformulierte Texte - unter Zuhilfenahme rechtlicher Beratung – präsentieren würde? In Gedanken sah er sich schon auf der Anklagebank eines Strafgerichtes, wo seine Art der Vernehmung durch einen Staranwalt zerpflückt wurde und somit die wahre Ursache möglicherweise aus formal juristischen Fehlern seinerseits 3 Flugsicherheit 4 und korrekten Ursachenfindung bei Zwischenfällen und Flugunfällen überwiegen würde!? Als er kurz vor Erreichen des heimatlichen Herdes zu seiner Stammkneipe abbog, um dort noch ohne Genehmigung seiner Ehefrau das ein oder andere „Nachtflugbier“ zu verköstigen, war ihm klar, das Auskunftsverweigerungsrecht hatte auch Vorteile! Heute Abend würde er bei der definitiv zu erwartenden Frage „Wo kommst Du schon wieder so spät her?“ davon, zumindestens im privaten Bereich, ab sofort schon einmal Gebrauch machen! Illustration: Veilig Vliegen nie den Weg in einen Abschlussbericht finden würde. Und wie sollte er die – nun zulässige – Verweigerung einer Auskunft auf die Frage „Haben Sie die zulässige Mindestflughöhe unterschritten?“ bewerten? Dürfte er daraus den Umkehrschluss ziehen, dass der Luftfahrzeugführer sich nicht selber belasten wolle und somit „Dreck am Stecken“ hat!? Je mehr er über diese „Problemfelder“ nachdachte, desto klarer wurde ihm, dass er als Flugsicherheitsoffizier in seinem Verband u.a. in den folgenden Bereichen tätig werden musste: • Bereitstellung der Vernehmungsprotokolle mit neuem Belehrungstext, • Eigene Verinnerlichung der diesbezüglichen Schreiben von GenFlSichhBw (Az 56-22-00(Pf) vom 24.10.2003 + Informationen + Hinweise für den Flugsicherheitsoffizier 04/03), • Briefing aller Luftfahrzeugbesatzungen, • Briefing der Personenkreise, welche im disziplinaren und strafrechtlichen Raum tätig werden könnten und • Belehrung des betroffenen Personals bei jedem Untersuchungsbeginn, egal ob Zwischenfall oder Flugunfall. Auf dem Nachhauseweg, den er wegen der bevorstehenden Wehrfliegertauglichkeitsüberprüfung mal wieder mit dem Fahrrad zurücklegte, schienen seine düsteren Gedanken, ob er dieser neuen Herausforderung in seinem Alter überhaupt noch gewachsen war, ein wenig zu verschwinden. Denn was hatte man ihm damals nach seiner ersten Scheidung in der Männer-Selbstfindungsgruppe beigebracht: „Think positiv“. Vielleicht würde trotz des Bestehens eines Auskunftverweigerungsrechtes und trotz des Wissens, dass Selbstbelastungen in ihren Aussagen zum Nachteil ausgelegt werden könnten, seine Luftfahrzeugbesatzungen weiterhin aussagen, weil die Einsicht in die Notwendigkeit einer schnellen III/2005 FLUGSICHERHEIT Foto: Archiv GenFlSichhBw Aus Erfahrung kann man nur lernen Der Autor ist der Redaktion bekannt Die zwei Ereignisse/ Zwischenfälle, die ich kurz schildern möchte, liegen nun schon ein paar Monate zurück. Beide fanden im Rahmen einer lehrgangsgebundenen Ausbildung statt und endeten mit einer Formationslandung. In beiden Fällen saß ich im hinteren Cockpit als Fluglehrer (LFB), allerdings mit unterschiedlichen Flugschülern. Im ersten Fall war ich der Formationsführer, im zweiten die Nummer zwei. III/2005 FLUGSICHERHEIT Aus unterschiedlichsten Gründen endeten beide Landungen mit Hot Brakes. Im Falle der Formationslandung als Lead kam es ca. 15 Minuten nach dem Aufsetzen zum Brand am rechten Hauptfahrwerk. Im zweiten Fall wurde das Luftfahrzeug ebenfalls zum Großteil mit den Bremsen verzögert, die Hitzeentwicklung hielt sich jedoch im Rahmen. Wie kam es nun zu diesen Vorkommnissen? Im ersten Fall war die Schubumkehr wahrscheinlich schon vor dem Flug deaktiviert (Sicherungen 221/222 waren gezogen). Dies ist uns/mir während des Fluges und während der Landung nicht bewusst gewesen. Einzelheiten können der Abschließenden Stellungnahme Zwischenfall Nr 4050 mit PA 200 am 26. Juli 2004 entnommen werden. Fakt ist, dass das Flugzeug aus dem vorderen Cockpit mit der verbleibenden Restrollstrecke ohne größere Probleme verzögert werden konnte. Da ich dieses Problem vorher noch nicht erlebt hatte, und niemals Hot Brakes bekommen hatte, kam es mir auch nicht in den Sinn, die Feuerwehr über heiße Bremsen zu informieren ... ich hätte es besser wissen müssen. There I was again. . . Wenige Wochen später kam es zum oben schon erwähnten zweiten Zwischenfall. Diesmal setzten wir als Nr 2 relativ problemlos auf. Bei Anwahl der Schubumkehr bekamen wir allerdings eine L-REV-Warnanzeige. Auch nach meinem Zuruf „Override“ ins vordere Cockpit änderte sich an der Situation nichts. Durch die Vorkommnisse des ersten Zwischenfalls war ich natürlich etwas gebrandmarkt und nahm die Steuerführung ins hintere Cockpit. Mein Versuch, die Schubumkehr anzuwählen, blieb ebenfalls erfolglos. Wie auch, der Override Switch im Front Cockpit befand sich zu diesem Zeitpunkt noch in der Stellung NORM. Zum Warum und Weshalb später mehr ... 5 Flugsicherheit Emergency Briefing: InderNachbesprechungderZwischenfälle kam in Gesprächen mit Kameraden heraus, dass Landing Emergencies (als Formation) leider relativ stiefmütterlich behandelt werden. Sind wir mal ehrlich: Man spricht immer wieder über Take off Emergency Procedures, was wer macht, wer, wann, wo, wie und überhaupt ins Kabel geht und so weiter und so fort ... Was aber bei der Landung? Oft ist es/war es so, dass man lediglich dem Wingman gesagt hat, „Safe“ zu callen, wenn er die Speed unter Kontrolle hat. Was aber, wenn der Wing- 6 man, wie in unserem Fall, plötzlich vorne ist? Kurzum, man kann sich Gedanken darüber machen, wie in einem solchen Fall zu verfahren ist. Ein Safe Call von dem hinteren Luftfahrzeug sollte dem Vordermann (egal ob Lead oder Wing) immer die Gewissheit geben, dass er nun alles machen kann, um das Luftfahrzeug sicher zum Stehen zu bringen. Im Crew Briefing oder Take Off Emergency Briefing (meistens ist es ja auch die Landing Runway) sollte auch auf jeden Fall angesprochen werden, wo sich das oder die Departure End Cables befinden. Weitere Optionen sind eventuell je nach Situation ein Go Around oder Aero Dynamic Braking. In jedem Fall sollte nach Benutzung der Bremse, auch wenn man den Anschein hat, dass es „gar nicht so schlimm war“, diese immer inspiziert werden. Deshalb war er im Nachhinein über meine Reaktion etwas überrascht. Auch hätte ein präziseres Ansprechen des Switches mit: „Thrust Reverse auf override“ vs „Override“ eventuell geholfen. Beides hätte in einem detaillierten Briefing über Landing Emergencies Crew Coordination/ CRM: Wie gesagt, im zweiten Zwischenfall wurde im Front Cockpit der Thrust Reverse Override Switch nicht umgelegt. Mein Zuruf kam in diesem Fall vorne erst gar nicht an. Warum? Der Student war beim Auftreten des Schubumkehrproblems eher auf dem Mind Set gewesen, einen Go Around zu machen. Eine Option, die unter Berücksichtigung von Traffic Situation, Fuel State, Wetter etc durchaus denkbar wäre ... Fotos: FSO FlgAusbZLw In der Zwischenzeit überholten wir den Leader, welcher dieses mit dem Funkspruch: „You got the lead again“ quittierte ... ein durchaus smarter, aber wenig hilfreicher Spruch wie sich wenige hundert bis tausend Fuß später zeigen sollte. Meine Überlegung, ins Departure End Cable zu gehen, verzögerte sich aufgrund der Ungewissheit über die Position des zweiten Luftfahrzeugs: Nachdem das Ende der Runway jedoch relativ schnell auf uns zukam, fuhr ich den Fanghaken aus ... allerdings wenige Meter zu spät ... das Kabel hatten wir gerade überrollt. Also doch wieder die Bremsen ... shit!!! Wir rollten noch von der Runway in die Dearm Area, erklärten diesmal Hot Brakes (zumindest hatte ich dies gelernt) und stellten das Luftfahrzeug nach Absprache mit der Wartung ab. Weshalb nun die ganze Vorgeschichte? In meinen Augen kann man aus beiden Fällen eine ganze Menge lernen, da Formationslandungen in Deutschland nicht zum alltäglichen Flugbetrieb unter anderem aufgrund der Runway-Breite (zumindest in einigen Geschwadern) gehören. Auch wenn die Crewzusammenstellung in einem Geschwader in Deutschland so mit Sicherheit nicht auftreten wird. Ähnliches ist eventuell in einer GS vorstellbar. Im Endeffekt kann man zwei Hauptbereiche ansprechen: III/2005 FLUGSICHERHEIT Auch wenn hier festzustellen ist, dass der Grundsatz „Aus Erfahrung kann man nur lernen“ nicht immer sofort wirkt, verdient die etwas verspätete Auseinandersetzung des Luftfahrzeugführers mit dieser Problematik trotzdem Anerkennung. Nachahmung wird dringend empfohlen! Die beiden Zwischenfälle, die sich während des Landevorganges abgespielt haben, stehen nicht alleine. Die Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit zeigen, dass das sichere Abarbeiten von Notfällen, die sich während der Landephase ereignen, teilweise nur mangelhaft bzw. unvollständig erfolgt. Unkoordinierte Handlungsabläufe und missverständliche Weisungen/Aktionen deuten erneut darauf hin, dass solche Eventualfälle nicht bzw. nicht ausreichend bereits in der Vorflugbesprechung berücksichtigt werden. Nehmen Sie sich fünf Minuten, um auch diesen wichtigen Bereich abzudecken. Denken Sie immer daran: Ihr nächster Flug ist immer erst mit dem Debriefing abgeschlossen! FLY and LAND SAFE! III/2005 FLUGSICHERHEIT Bravo, gut gemacht! der Erste... Defekter Ventilkörper Stabsgefreiter Stephan Gruber, Angehöriger der Teileinheit Rad und Reifen, stellte bei der Endmontage eines Hauptfahrwerksreifen fest, dass der Ventilkörper des eingesetzten „neuen“ Bauteils an seiner Längsachse durchgehend eingerissen war. Wäre dieses Hauptfahrwerksrad in den Umlauf gelangt und an einem Luftfahrzeug angebaut worden, hätte dies zu einer flugsicherheitsgefährdenden Situation bei Start oder Landung führen können. Dieses umsichtige und professionelle Arbeiten ist ein Beweis dafür, dass Stabsgefreiter Gruber die Belange der Flugsicherheit verinnerlicht und beispielgebend für alle Angehörigen der Technischen Gruppe gehandelt hat. !!!Bravo gut gemacht und weiter so!!! Foto: FSO JaboG 33 Anmerkung FlSichhBw: The mission is not over until you`re back at the bar definitiv verdeutlicht werden können. Und dies unabhängig, ob man als Two Ship oder Singleton unterwegs ist. Mit Sicherheit gibt es unterschiedliche Meinungen zu diesem Thema, aber dennoch denke ich, dass es Wert ist, sich einmal darüber Gedanken zu machen und Emergency Procedures nicht immer als „Standard“zu briefen (macht aber eh keiner ... oder?) Always happ-y( -ier) Landings 7 Flugsicherheit Die Zeit, die man braucht mit freundlicher Genehmigung der Zeitschrift Flight Comment von Sergeant Anne Gale, National Defence Kanada Ein Plakat mit dem Titel „Die Zeit, die man braucht“ hängt schon seit Jahren an einer Wand meines Arbeitsraums. Jeder, der schon einmal mit Explosivstoffen gearbeitet hat, kennt wahrscheinlich dieses Plakat; es ruft auf ausdrucksstarke Weise in Erinnerung, dass schon eine kleine Unachtsamkeit die gute Arbeitspraxis eines ganzen Lebens zerstören kann. Ich bin davon überzeugt, dass die Aussage dieses Plakats auf jedes Betriebsschutzprogramm zutrifft und auch Briefing ein sicherer Techniker zu werden. Diese Mittel geben uns jedoch das grundlegende Wissen, das wir für den Beginn unserer Erziehung zur Sicherheit benötigen. Des Weiteren erlangen wir während unserer Laufbahn bei der Arbeit im Flugbetriebsbereich, in Fachgruppen und mit unterschiedlichen Flugzeugtypen weitere Bausteine, die unser Wissen ergänzen. Dieser Prozess der Wissenserweiterung hört nie auf, da wir fortwährend aus verschiedenen Quellen wie unserem Arbeitsumfeld, dem zu Hause und unserem sozialen Umfeld weitere Erfahrungen im Bereich Sicherheit sammeln. Im Laufe der Zeit führt die Summe all dieser Sicherheitsbau- Die Zeit, die man braucht: - ein sicherer Techniker zu werden.............................................ein Leben eine Auszeichnung für Flugsicherheit zu erhalten....................ein Jahr ein Flugsicherheitsprogramm bei einer Staffel einzuführen...... einen Monat eine offizielle Flugsicherheitsinspektion durchzuführen ...........eine Woche eine Flugsicherheitsausbildung durchzuführen.........................einen Tag ein Flugsicherheitsbriefing zu halten........................................eine Stunde ein Flugsicherheitsplakat zu lesen............................................eine Minute - alles oben Erwähnte mit einem Unfall, verursacht durch mangelnde Flugsicherheit, zu zerstören........................eine Sekunde problemlos auf das Flugsicherheitsprogramm angewendet werden kann. Glauben Sie wirklich, dass man ein ganzes Leben braucht, um ein sicherer Techniker zu werden? Wenn Sie mit „Ja“ geantwortet haben, dann haben Sie, denke ich, die richtige Einstellung zur Flugsicherheit und Sicherheit im Allgemeinen. Ich bin der Ansicht, dass es nicht möglich ist, durch einen Lehrgang oder ein 8 steine zu einem sicheren Techniker. Man braucht ein Jahr, um eine Auszeichnung für Flugsicherheit zu erhalten. Techniker, die einen Unfall oder einen schwerwiegenden Zwischenfall verhinderten oder in seinem Ausmaß abschwächten, können und sollen für einen Auszeichnung vorgeschlagen werden (siehe A-GA-135001/AA-001 für weiterführende Informationen bezüglich der verschiede- nen kanadischen Auszeichnungen). Wenn die Nominierung eingegangen ist, dauert es eine Weile, bis die erforderlichen Papiere ihren Weg über die Staffel, das Geschwader, die 1. Kanadische Luftwaffendivision (1 Canadian Air Division - Cdn Air Div) und die kanadische Abteilung Flugsicherheit (Directorate of Flight Safety - DFS) genommen haben. Nach der Genehmigung überreicht der Leiter Flugsicherheit (Director of Flight Safety) während seiner jährlichen Rede vor dem Geschwader die Auszeichnung an ihren Empfänger. Solche Vorstellungen, bei denen die Verdienste Einzelner gewürdigt werden, die für die Flugsicherheit einen bedeutenden Beitrag geleistet haben, sind ihm eine ganz besondere Freude. Die Einführung eines Flugsicherheitsprogramms bei einer Staffel dauert einen Monat, danach muss es jedoch angepasst und verfeinert werden, um der Entwicklung der Einheit im Laufe der Jahre gerecht zu werden. Änderungen könnten sich unter anderem ergeben durch einen Wechsel der Staffel auf ein neues Luftfahrzeugmuster (z. B. den Austausch des CH-113 Labrador durch den CH-149 Cormorant oder des CF-104 Starfighter durch die CF-18 Hornet), die Art und Weise der Materialerhaltung (z. B. Zivilpersonal, das die CT-155 Hawk technisch betreut) oder aber aufgrund der internen Organisation der Staffel (z. B. Stellenabbau). Um seinen Zweck zu erfüllen, muss das Programm dynamisch ausgelegt sein und dies kann nur durch Anpassung an die in der Einheit vonstatten III/2005 FLUGSICHERHEIT gehenden Veränderungen erreicht werden. Dieses Konzept trifft natürlich nicht nur auf Staffeln zu; das Gleiche gilt für Geschwader, die 1. Kanadische Luftwaffendivision und sogar die kanadische Abteilung Flugsicherheit. Bei den meisten Geschwadern dauert es eine Woche, um eine offizielle Flugsicherheitsinspektion durchzuführen. Angeführt durch die 1. Kanadische Luftwaffendivision, stellt die Inspektion sowohl für die kanadische Abteilung Flugsicherheit als auch für die Division selbst ein Werkzeug dar, die Wirksamkeit des Flugsicherheitsprogramms eines Geschwaders oder einer Staffel zu messen. Gleichzeitig erhalten die Kommandeure ein Bild von außen darüber, wie es um ihre Organisation im Bereich Flugsicherheit bestellt ist. Da die Inspektion von Personal, das nicht dem Geschwader zugehörig ist, durchgeführt wird, besteht für die Bediensteten auch eine gute Möglichkeit ihre Bedenken bezüglich Flugsicherheit Personen gegenüber zu äußern, die außerhalb ihrer Befehlskette stehen. Man sollte jedoch nicht vergessen, dass Besorgnisse auch mittels einer Flugsicherheitsgefahrenmeldung (Flight Safety Hazard Report – siehe A-GA-135001/AA-001 für weitere Informationen zur Abgabe einer Gefahrenmeldung) über die Befehlskette nach oben weitergeleitet werden können. Man braucht einen Tag, um eine Flugsicherheitsausbildung durchzuführen. Wie bereits erwähnt, ist Ausbildung nur einer von vielen Bestandteilen auf dem Weg zu einem sicheren Techniker. Eine offizielle Flugsicherheitsausbildung wird oftmals nur Personen gewährt, die für Positionen im Bereich Flugsicherheit vorgesehen sind, beispielsweise dem Assistenten des Flugsicherheitsoffiziers des Geschwaders oder dem Flugsicherheitsfeldwebel der Staffel, wohingegen den meisten Technikern III/2005 FLUGSICHERHEIT der Nutzen dieser Ausbildung nicht zuteil wird. Für die Staffeln könnte es von Vorteil sein, einen eigenen Ausbildungstag für Flugsicherheit ins Leben zu rufen, um Neulingen einen Überblick über das Flugsicherheitsprogramm der Staffel zu geben und sie auch mit den Verantwortlichen für den Bereich Flugsicherheit bekannt zu machen. Man braucht eine Stunde, um ein Flugsicherheitsbriefing zu halten. Leider sind solche Briefings oftmals nur eine Reaktion auf einen Vorfall und werden nicht vorbeugend abgehalten. Luftfahrzeugbesatzungen haben für gewöhnlich ein regelmäßig angesetztes Flugsicherheitsbriefing als Teil ihres morgendlichen Briefings. Die meisten Briefings für Techniker werden jedoch aufgrund eines kürzlich stattgefundenen Zwischenfalls abgehalten. Ich weiß, dass es in einigen Staffeln extrem schwer sein mag, eine Stunde für die Durchführung eines Flugsicherheitsbriefings zu finden. Ich glaube jedoch, dass der gleiche Effekt durch regelmäßige fünfminütige Sicherheitsbesprechungen (einmal wöchentlich) erzielt werden kann. Diese könnten problemlos zu Beginn der Schicht durchgeführt werden, wobei der jeweilige Erste Wart Informationen zur Flugsicherheit an seine Mannschaft weitergibt. Mögliche Inhalte wären beispielsweise Kälte- oder Wärmeschutzmaßnahmen, Luftfahrzeug-Gefahrenbereiche, Werkzeugkontrolle, usw. Sinn der Sache ist nicht eine ausführliche Erklärung des gewählten Themas oder des Flugsicherheitsprogramms, sondern vielmehr die mit dem Betrieb von Luftfahrzeugen und Flugplätzen verbundenen Gefahren ins Gedächnis zu rufen. Die meisten von uns brauchen eine Minute, um ein Flugsicherheitsplakat zu lesen (vorausgesetzt das Plakat ist interessant). Leider werfen wir oftmals gar keinen Blick auf diese Plakate, obwohl sie eine hervorragende Quelle für Flugsicherheitsinformationen sind. Sollten die Plakate an Ihrem Flugsicherheitsbrett oder die Aushänge bei der Kantine bereits alt und überholt sein, so informieren Sie Ihren Flugsicherheitsfeldwebel oder Flugsicherheitsoffizier, dass es womöglich an der Zeit ist, neue aufzuhängen. Außerdem ist die Abteilung Flugsicherheit immer hoch erfreut, wenn sie Ideen für Plakate aus der Truppe erhält. Leider dauert es nur eine Sekunde, um all das oben erwähnte mit einem Unfall, verursacht durch mangelnde Flugsicherheit, zu zerstören. Ein Augenblick der Unachtsamkeit und die sichere Arbeitspraxis eines ganzen Lebens ist zunichte gemacht. Wenn wir Glück haben, dann kommen wir noch einmal mit einem blauen Auge davon, was zweifellos auch unser Interesse für Flugsicherheit wieder wecken wird. Wenn wir jedoch nicht so viel Glück haben, dann müssen wir uns keine Gedanken mehr über die Flugsicherheit machen, da sich das Ganze wohl eher an die Lebenden richtet, obwohl man sagen kann, dass die Verblichenen dazu beigetragen haben, das Programm zu schreiben. Zur Ehrung all derer, die bei Luftfahrtunfällen von uns gegangen sind, möchte ich dazu aufrufen das Flugsicherheitsprogramm bereitwillig anzunehmen und die neu in die Staffel gekommenen Techniker ebenfalls dazu zu ermuntern. Wir haben nur ein Leben, achten wir darauf, dass es ein langes und sicheres wird. Flugsicherheit: etwas fürs ganze Leben. 9 Flugsicherheit Zusammenstoß eines UAVs (RAVEN) mit einem Hubschrauber (OH 58D KIOWA WARRIOR) von Oberstleutnant Hellinger, Heeresverbindungsstab 5, Fort Rucker Der Bericht informiert über eine MidairCollision zwischen einem Small UAV vom Typ Raven und einem Hubschrauber Typ OH 58D Kiowa Warrior, Bewertung Dies ist der erste bekannt gewordene Zusammenstoß eines unbemannten Luftfahrzeugs mit einem Hubschrauber. Der Zwischenfall unterstreicht die Forderung nach wirkungsvollen Maßnahmen zur Luftraumkoordinierung. Mit der zukünftig intensiveren Nutzung von UAVs im Einsatz, der ansteigenden Verfügbarkeit in der Zug – bis Brigadeebene wird die Gefahr von Zwischenfällen wie o.a. aufgeführt steigen, wenn nicht parallel zum quantitativen Aufwuchs der Systeme auch das Luftraummanagement angepasst wird. Wenngleich in diesem Fall die Unfallursache eher dem Versagen des 10 „Altitude Holds/Altimeter Error“ des UAVs zuzuordnen ist zeigen sich in der Unfallanalyse und der „Kette der Ereignisse“ doch einige, ggf. als beitragende Unfallursache zu bezeichneten, Kriterien auf: • Mangelnde Koordination zwischen OH 58 Einheit und der Einheit, welche das UAV gestartet hat, • Mangelnde Absprachen über Flugweg und Kreuzungspunkte, • Eindeutigkeit der Trennungslinien bei lateraler Entzerrung (MSR = Main Service Road), • Verwechslungen zwischen Above Ground Level (AGL) und Above Sea Level (ASL). • Mangelhafte Kommunikationsverbindungen für Situational Awareness von beiden Seiten (UAV/OH 58) • Keine Beleuchtung des UAV für See and Avoid als letzte Möglichkeit der Verhinderung des Unfalls. • Air Traffic Control kontrolliert nicht alle Luftraumnutzer in der Area of Operation (AO) In der Unit of Action (UA) sollen nach jetzigem Stand ca. 220 UAVs für Aufklärung, Überwachung, Target Acquisition and Designation sowie zukünftig auch als Waffenträger verfügbar sein. Die bei diesem Unfall aufgetretenen beitragenden Ursachen können schnell die Hauptursache darstellen. Die Aussage des Safety Managers trifft den Punkt und zeigt gleichermaßen den derzeitigen Stand in der Lösung des Problems: „We have been discussing the possibility of this occurring for some time. Now we have an actual case to deal with. Aviation Branch must come to grips with the airspace management issue ASAP. We may not be so lucky next time.” III/2005 FLUGSICHERHEIT Fotos: Heeresverbindungsstab 5 / Archiv GenFlSiciBw Während eines Aufklärungsfluges eines UAV im Irak (Camp Cooke) kam es am 14. November 2004 aufgrund von Höhenabweichungen durch das UAV, mangelnder Koordination und Kommunikation zum Zusammenstoß mit einer OH 58D. Das UAV flog nach Aufprall auf den linken Waffenträger in den Heckrotor der OH 58D ein und wurde zerstört. Das Luftfahrzeug konnte zum Startplatz zurückgeflogen und ohne weiteren Zwischenfall gelandet werden. Der Unfallzeitraum wird in anderen Quellen mit 20:00 Uhr Ortszeit (Nacht) angegeben. Über den Zaun geschaut! Ein Luftfahrzeug des Typs Jaguar flog als taktische Nr 3 einer Formation, die den Atlantik in Begleitung einer VC-10 mit dem Ziel Lajes überqueren sollte. einen leichten Verlust von Kraftstoff über das Kraftstoffablassventil. Der Luftfahrzeugführer bemerkte darüber hinaus, dass der Kraftstoff aus den hinteren Kraftstoffzellen nicht wie erwartet abnahm, obwohl alle anderen Anzeigen normal waren. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Formation etwa die Hälfte der Strecke von Neufundland nach Lajes hinter sich gebracht; zudem wurde der Ausweichflugplatz (St. Johns) unbrauchbar. Die Besatzung der VC-10 versuchte, einen anderen Ausweichflug- Nach der ersten Luftbetankung bemerkte der Luftfahrzeugführer, dass die Sicherung der Benzinpumpe Nr 2 ausgelöst worden war. Er drückte die Sicherung wieder hinein und setzte den Flug fort. Nach der dritten Luftbetankung, bei der es zu einigen peitschenartigen Schlägen des Betankungsschlauches der VC-10 kam, blieb nach dem Betankungsvorgang das rote Warnlicht zur Anzeige des geöffneten Luftbetankungsstutzen erleuchtet. Eine visuelle Überprüfung bestätigte den nicht geschlossenen Zustand des Stutzens und zusätzlich platz zu finden, wobei Gander, welches ca. 140 NM entfernt lag, ins Auge gefasst wurde. Der Pilot des betroffenen Zwischenfallluftfahrzeugs fand inzwischen heraus, dass der Kraftstoffverlust über das Ablassventil bei voll ausgefahrenem Luftbetankungsstutzen stoppte und sich eine normale Kraftstoffbalance einstellte. Sobald er aber den Stutzen einfuhr (aus Gründen der Kraftstoffersparnis bei geschlossener Klappe), wurde erneut Kraftstoff in die hinteren Kraftstoffzellen geleitet, der dann nach dem Erreichen des (wörtlich übersetzt aus dem Englischen) Der Kraftstoff geht zur Neige und keine Möglichkeit zur Landung ... III/2005 FLUGSICHERHEIT maximalen Aufnahmevolumens der Zellen aus diesen wieder über das Ablassventil nach außen trat. Daraufhin führte er den vierten Betankungsvorgang in der Hoffnung durch, dass durch dieses erneute Betanken das Problem eventuell von alleine gelöst würde. Die Formation entschloss sich wegen des 40 Knoten starken Rückenwindes zum Weiterflug nach Lajes und nicht zum Umkehren und damit nicht zum Ausweichen nach Gander. Nach dem Betankungsvorgang bestand das Problem weiterhin; der Tanker war außerdem nun nicht mehr in der Lage, weiteren Kraftstoff für die Formation bereitzustellen. Der Luftfahrzeugführer der Jaguar stieg auf Flugfläche 250, entledigte sich seiner Außentanks per Notabwurf, erklärte Luftnotlage und nahm direkten Kurs auf Lajes, welches 400 NM entfernt war. Dort angekommen, führte er einen Anflug auf die nächst erreichbare Landebahn aus. Als er aber in 2.000 Fuß aus den Wolken herauskam, beschlug das Kabinendach von innen. Er war nun gezwungen, an der Seite einer anderen Jaguar so lange weiterzufliegen, bis sich der Beschlag im Cockpit so weit zurückzog, dass eine sichere Landung durchgeführt werden konnte. Das Luftfahrzeug landete schließlich mit einer Restkraftstoffmenge von 150 kg. Anmerkung: Langstrecken-Überführungsflüge mit Luftbetankung stellen oftmals eine nicht so große Herausforderung dar, können aber durchaus unübliche und herausfordernde Probleme aufwerfen, die dann weit weg von einem nutzbaren Flugplatz gelöst werden müssen. Während der Flugvorbereitung wird man nicht in der Lage sein, alle Eventualitäten zu betrachten, doch sollte man mit den verschiedenen Optionen für den Fall, dass etwas nicht nach Plan läuft, vertraut sein. 11 Flugsicherheit Zugegeben – manchmal kommt etwas Enttäuschung auf! Da hatte ich in neun Jahren ganz Europa bereist, um bis dato vierzehn mal an den regelmäßigen Treffen des Air Forces Flight Safety Committee (Europe) – AFFSC(E) teilzunehmen; in unzähligen Gesprächen –nicht nur mit Besatzungsangehörigen- hatte ich das Komitee spätestens immer dann erwähnt, wenn eine Frage etwa so lautete: „Wie machen denn die anderen Nationen dies oder jenes?“. Der Jahresbericht des GenFlSichhBw informiert unter der Überschrift „Internationaler Informationsaustausch“ turnusmäßig über Zeitpunkte und Orte der Treffen des AFFSC(E) und stellt auch kurz die Inhalte, d. h. die Schwerpunkthemen dar. Bereits vor acht Jahren hatte unser Haus unter der Überschrift „AFFSC(E) – die unbekannte Abkürzung“ in der fachlichen Mitteilung FLUGSICHERHEIT, Ausgabe IV/97 auf Seite 26f über Geschichte, Zielsetzung und Arbeit des Komitees berichtet. Und natürlich stillt auch das Internet jeden Wissensdurst (112 Treffer in 0,14 Sekunden)! Die Eingabe der Abkürzung genügt. Aber die muss man ja erst mal kennen. Und dennoch ist mir die Frage, wer denn mit der Abkürzung AFFSC(E) etwas anfangen kann, noch nie positiv beantwortet worden. Dabei ist mir natürlich schon klar, dass meine Reisetätigkeit von der Weltöffentlichkeit nicht bemerkt wird. Die Dienstreiseberichte verbleiben hier im Hause und interessieren bestenfalls noch den FüL. Und der Inhalt der vielen Gespräche wurde selbstverständlich nicht protokolliert und bundeswehrweit verteilt. Ich gebe mich auch nicht der Illusion hin, zu glauben, die Veröffentlichungen des GenFlSichhBw gehörten zur Nachtlektüre der Fliegenden Besatzungen, nicht nur zur Kurzweil, sondern mit der festen Absicht, sich jeden einzelnen Beitrag zum geistigen Eigentum zu machen. (Schade eigent- 12 von Oberstleutnant Rüdiger Stein, GenFlSichhBw lich – denn vielleicht hätten wir dann weniger Unfälle zu beklagen.) Aber da das Komitee in seiner Zusammensetzung, Absicht und Arbeitsweise nun mal weltweit einzigartig ist, kann es nur nützlich sein, noch einmal darüber zu berichten, um etwas mehr als nur die Abkürzung in trüben Erinnerungen zu kennen. Und vielleicht noch nicht mal die! Geschichtliche Entwicklung des AFFSC(E) Die Wiederaufnahme des militärischen Flugbetriebes nach dem 2. Weltkrieg brachte für alle Nationen eine verheerend hohe Anzahl an Flugunfällen mit sich. Die Gründe dafür waren vielfältig; beispielsweise schlug eine, an heutigen Ansprüchen gemessene, schlechte Ausbildung negativ zu Buche; zusätzlich hatten die Besatzungen mit Luftfahr- zeugen „zu kämpfen“, die mit ihren Jetantrieben eine weitestgehend unbekannte Herausforderung darstellten. Diesen „Kampf“ führten auch die Techniker. Somit entwickelte sich in der Royal Air Force (RAF) Großbritanniens (GBR) die Befürchtung, die Flugunfalllage nicht alleine in den Griff zu bekommen; die ersten Schritte zu einem internationalen Informationsaustausch (mit der weiter reichenden Absicht der erfolgreicheren Unfallverhütung) entsprangen also weniger der Freiwilligkeit als vielmehr dem Zwang und der Hoffnung auf Besserung. Die Intention bestand darin, regelmäßige Zusammenkünfte von Vertreter westeuropäischer Flugsicherheitsorganisationen zu veranstalten. In der Folge entstand im Jahre 1950 die AIRCRAFT ACCIDENT WORKING GROUP. Diesem Namen kann nicht entnommen werden, das die Mitarbeit auf Angehörige der jeweiligen Luftwaffen beschränkt war und ist. III/2005 FLUGSICHERHEIT Neben dem Initiator (GBR) blieben die westeuropäischen Sieger (mächte) zunächst unter sich – Frankreich, Belgien und die Niederlande gehörten der Gruppe an. Deren erstes Treffen fand 1951 in London statt. Der Name der Arbeitsgruppe änderte sich bereits zwei Jahre später – nun nannte man sich AIR FORCES FLIGHT SAFETY COMMITTEE (WESTERN EUROPE). In den Folgejahren erweiterte sich der Teilnehmerkreis um Vertreter Dänemarks, Norwegens und der Bundesrepublik. Im Jahre 1961 erfolgte in Abstimmung mit der MILITARY AGENCY for the STANDARDAZATION (Herausgeber von STANDARDAZATION AGREEMENTS – STANAGs und ALLIED PUPLICATIONS – APs) die Entscheidung, alle damaligen NATO-Partner in das Komitee zu integrieren. Island und Luxemburg bilden eine Ausnahme: Island unterhält keine eigenen Streitkräfte; in Luxemburg existiert keine militärische Flugsicherheitsorganisation. Die dort registrierten Luftfahrzeuge der E-3A Frühwarnflotte werden auch in Angelegenheiten der Flugsicherheit von ihrer vorgesetzten Kommandobehörde betreut. III/2005 FLUGSICHERHEIT Im gleichen Jahr (1961) erfolgte nochmals eine Namensänderung, womit der jetzige Titel entstand: AIR FORCES FLIGHT SAFETY COMMITTEE(EUROPE), abgekürzt: AFFSC(E). Nach dem Fall des „Eisernen Vorhanges“ öffnete sich das Komitee auch für osteuropäische und bündnisneutrale Nationen. In der Folge traten Schweden und Finnland 1995 bei; Österreich, Ungarn und die Schweiz folgten ein Jahr später. In 1997 erweiterte sich die Gruppe um Vertreter der Slowakei, Tschechiens und Rumäniens; 1999 schloss sich Polen an, zwei Jahre später Irland mit einem Vertreter des Irish Air Corps. Bereits in den 90er Jahren erhielt die Israelische Luftwaffe das Recht, mit einem ständigen Gast (redner) an den Treffen des Komitees teilnehmen zu dürfen. Insgesamt umfasst das AFFSC(E) nunmehr 25 Mitgliedsnationen. Die Aufnahme weiterer Staaten ist zunächst nicht beabsichtigt. Mehrere Gründe sprechen gegen eine Erweiterung. Bedenkt man, dass die meisten Nationen bei den Treffen von zwei Vertretern repräsentiert werden, so kommen leicht 45 bis 50 Teilnehmer zusammen. Die Anmietung eines entsprechend großen Konferenzraumes kann dann zum organisatorischen Problem werden, es sei denn, der damit verbundene erhebliche Kostenaufwand wird nicht gescheut. Neben solchen und ähnlichen, rein praktischen Schwierigkeiten ist es ungleich bedeutsamer, dass die notwendigen und gewollten Interaktionen mit dem Anwachsen der Gruppe immer schwieriger und letztendlich gar nicht mehr im gewünschten und erforderlichen Umfang zustande kommen können. Darüber hinaus geht aus der Namensgebung (AFFSC(E)) hervor, dass Europa, also ein noch überschaubarer Kulturraum, unter sich bleiben möchte. Nach Osten gibt es dann Grenzen, nicht nur geografische. Der Vollständigkeit halber soll noch erwähnt werden, dass die United Staates Air Force Europe für die Dauer ihrer Existenz dem Komitee angehören wird. Das gleiche trifft für die kanadische Luftwaffe zu, solange europäische Verbände in Kanada fliegerisch aktiv sind. Working Rules Die Arbeit des Komitees richtet sich nach den selbst auferlegten sogenannten Working Rules, die einer regelmäßigen Revision unterliegen, um sie geänderten Bedürfnissen anzupassen. Aus den Working Rules gehen u. a. die Ziele des AFFSC(E) hervor. • Förderung des allgemeinen Flugsicherheitsbewusstseins und Schaffung einer Plattform zum Informations- und Meinungsaustausch über alle Angelegenheiten der Flugunfallverhütung, die von gemeinsamen Interesse sind. • Weiterbildung auf den Gebieten der Flugsicherheit und der allgemeinen Luftfahrt. • Festigung informeller persönlicher Kontakte zwischen den Mitgliedern als wesentliche Voraussetzung zur Pflege des gegenseitigen Verständnisses der Flugsicherheitsbedürfnisse der verschiedenen Luftstreitkräfte. Die Working Rules legen auch fest, dass der Vorsitzende (Chairman) und der Protokollführer (Secretary), dem die administrative Arbeit obliegt, immer von Vertretern der RAF gestellt werden. Genauer gesagt: der Leiter des Defence Aviation Safety Center der RAF, also der Counterpart zu unserem General Flugsicherheit, ist der Chairman und der Secretary gehört ebenfalls dieser (britischen) Dienststelle an. Darüber hinaus wird der grobe Rahmen der jährlichen (in der Vergangenheit häufigeren) Treffen bestimmt, die auf freiwilliger Basis von den Mitgliedern organisiert werden. 13 Flugsicherheit • Einführung in das nächste Treffen (Ort und Zeit, Anreise, Unterkunft etc.) • Festlegung des Schwerpunktthemas des nächsten Treffens In diesem Rhythmus wechselt die Gastgebernationen von Mal zu Mal und hat freie Hand bei der Gestaltung der fünftägigen Veranstaltung. Folglich ergibt eine Auflistung der beispielsweise letzten zehn Treffen den Eindruck einer abwechslungsreichen Europareise: - Februar 2005 – Rumänien (Südkarpaten), - Mai 2004 – Griechenland (Rhodos), - September 2003 – Niederlande (Noordwijk aan Zee), - Januar 2003 – Deutschland (Dresden), - Mai 2002 – Ungarn (Budapest), - September 2001 - Österreich (Wien), - Februar 2001 – Finnland (Rovaniemi), - Mai 2000 – Schweiz (Bern), - September 1999 – Schweden (Stockholm), - Januar 1999 – Spanien (Madrid), - Ausblick: Mai 2006 – Türkei (Izmir), 2007 – Polen. Des Weiteren strukturieren die Working Rules den formalen Ablauf der Treffen des AFFSC(E) und geben damit feste Anteile der Agenda vor. Diese stellt sich im Wesentlichen wie folgt dar: • Genehmigung des Protokolls des letzten Treffens • Nachträge • Präsentation der militärischen Flugsicherheitsorganisation des Gastgeberlandes • Besprechung des Flugunfallgeschehens (nur Luftwaffe!) der Mitgliedsländer • Rede- und sonstige Beiträge der Mitglieder und von Gästen 14 Vom Rahmen zum Inhalt Das jeweilige Schwerpunktthema bestimmt die Redeund sonstigen Beiträge (Film- und Videopräsentationen, Besuche vor Ort u. ä. m.). Hier ein Überblick über die Themen der letzten zehn Treffen (gleiche Reihenfolge wie oben): • Night Operations, • Human Resources, • Supervision, • See and Avoid & Drain of Experience, • Unmanned Aerial Vehicle (UAV) Operations, • Collision Avoidance, • Airspace Management and Traffic Deconfliction, • Managing Changes, • Training, • Display Flying, • in 2006: Mid Air Collisions. Wie bei jeder anderen Veranstaltung auch, so stellt der offizielle Teil dieser Treffen nur die eine Seite der vielzitierten Münze dar. Ebenso wichtig sind die Gespräche, die am Rande geführt (Bar Talks – in Fliegerkreisen bestens bekannt!) werden und die folglich nie Teil eines Protokolls sein werden. Damit jedoch kein falscher Eindruck entsteht, muss in diesem Zusammenhang auch noch mal auf das dritte Ziel der Working Rules ein- gegangen werden. Wir erinnern uns: „Festigung informeller persönlicher Kontakte zwischen den Mitgliedern...“ Es kann nicht überschätzt werden, welchen Nutzen und welche Vorteile daraus resultieren. Um dies zu verstehen, ist es bedeutsam festzustellen, dass ein Großteil der Aktivitäten des AFFSC(E) sich außerhalb der jährlichen Treffen abspielt. Ein reger und zügiger Informationsaustausch ohne bürokratische Hürden ist erklärtes und vor allem erreichtes Ziel (im Gegensatz zu den Absichtserklärungen vieler anderer Organisationen, die zwar ständig von Bürokratieabbau reden, dazu aber erst einmal ein umfangreiches Regelwerk kreieren). Ein solches Ziel wäre ohne die zuvor hergestellte persönliche Bekanntschaft nicht zu erreichen. Die Effizienz der Arbeit wird auch zusätzlich dadurch gesteigert, dass es kein Konkurrenzdenken zwischen den Vertretern der Mitgliedsnationen gibt – alle haben die gleiche Absicht: Verbesserung der Flugunfalllage! In diesem Sinne ist auch ausdrücklich vereinbart, andere Nationen über Sicherheitsprobleme zu informieren, die beispielsweise ein von beiden oder mehreren Nationen betriebenes Waffensystem betreffen. Dazu ist die Form eines Special Occurrence Reports vorgesehen. Schlussmerkung Kritiker zweifeln den Sinn des AIR FORCES FLIGHT SAFETY COMMITTEE(EUROPE) an, indem sie anführen, das Komitee sei keine offizielle Ein- III/2005 FLUGSICHERHEIT Grafik:Archiv GenFlSichhBw richtung der NATO oder irgendeiner Flugsicherheitsdienststelle. Folglich könne keine Kontrolle ausgeübt werden. (Das tut Einigen wohl weh!) Es sei auch nicht möglich, das AFFSC(E) zu einer konkreten Arbeitsleistung aufzufordern, geschweige denn, diese in einen straffen Zeitplan zu integrieren. Richtig ist, dass das Komitee ein inofficial body darstellt. Dies ist nicht nur durch die geschichtliche Entwicklung bedingt, sondern es ist und bleibt ein Status, der gewollt ist. Er garantiert Unabhängigkeit und verhindert die Vereinnahmung durch Dritte. Und: III/2005 FLUGSICHERHEIT entgegen allen Unkenrufen – die Arbeit des AFFSC(E) funktioniert! Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass das AIR FORCES FLIGHT SAFETY COMMITTEE(EUROPE) als die einzige Einrichtung dieser Art seine Existenzberechtigung nicht ständig nachweisen muss, auch dann nicht, wenn die Ar- beitsergebnisse sich oft der Öffentlichkeit nicht unmittelbar mitteilen. Unstrittig ist, dass nicht jede Veranstaltung zu einer revolutionären Änderung der hiesigen Arbeitsgrundsätze führt; das wäre unsinnig und prinzipiell auch nicht zu erwarten. Aber Flugsicherheitsarbeit vollzieht sich eher im Stillen und bedarf keiner lautschreienden Propaganda. Und ab und zu ist sie auch eine Dienstreise wert! Zu guter Letzt Unsere Absicht bestand darin, unterhaltsam zu informieren, vielleicht sogar weiterzubilden. Aber keine Bange – entgegen allen Gerüchten werden die Inhalte dieses Beitrages kein Prüfungsstoff für die Fliegenden Besatzungen bei der nächsten Flugsicherheitsinspizierung. Oder – eigentlich keine schlechte Idee?! 15 Flugsicherheit von Hptm Nikolaus Nanasi 2. / JG 71 “R” Am 31.10.2004 kam es während eines Alpha Scrambles in Wittmund zu einem Zwischenfall, bei dem sich ein Flugzeug der Alarmrotte vor dem Start auf der Startbahn um die eigene Achse drehte. Im folgenden Bericht wird untersucht, welche verschiedenen Einflussfaktoren eine Rolle gespielt haben, und wie der Zwischenfall mit Hilfe der Guidelines des Crew Ressource Management (CRM) und des Operational Risk Management (ORM) hätte verhindert werden können. Im Zusammenspiel von äußeren Bedingungen, inneren Zwängen und Verpflichtungen ist oft der Faktor Mensch verantwortlich, wenn eine Besatzung in kritische Situationen gerät, in der sie dann schnelle und richtige Entscheidungen treffen muss. Das FBH III/1 sagt dazu: 16 “Die Funktionsfähigkeit eines komplexen Mensch-Maschine-Systems hängt von der Zuverlässigkeit der Bediener, deren Eignung und Persönlichkeit und deren erlernten Fertigkeiten ab. Der Faktor Mensch ist der fehleranfälligste Teil des komplexen Gesamtsystems”. Diesen Fehlerfaktor gilt es zu limitieren bzw. soweit wie möglich zu eliminieren. Die Anfälligkeit für Fehler ist dabei allerdings eine der grundlegendsten Schwächen des Faktors Mensch. Auch in diesem Fall war es dieser Faktor Mensch, der in der Konsequenz zu folgendem Vorfall geführt hat: Die Alarmrotte war an besagtem Tag bereits dreimal geflogen und die Crews erwarteten keine weiteren TScrambles mehr. Kurz vor 19 Uhr löste der Geschwadergefechtsstand eine Erhöhung der Fotos:Archiv GenFlSichhBw Dreher auf der Alarmrotte beim A-Scramble Bereitschaftsstufe auf den Readiness State RS05 aus. Schließlich wurde der Alarmstart befohlen. An diesem Abend war die Startbahn 08 in Betrieb, d. h. der Start erfordert einen „Backtrack“, da der Alarmrottenbereich am Anfang der Startbahn 26 liegt. Der Vorteil eines „Backtrack“ liegt darin, dass im Gegensatz zum normalen Taxi-Vorgang höhere Rollgeschwindigkeiten möglich sind. Beide Flugzeuge waren voll betankt und aufmunitioniert, sodass das Gewicht nah am maximalen Abfluggewicht lag. Zum Zeitpunkt des Alpha Scrambles nieselte es, und der Farbschlüssel war yellow. Die Startbahn war zwar nicht nass im Sinne des FBH III/1, aber doch zumindest feucht. Die Flugzeuge begaben sich auf die Startbahn und rollten diese hinunter. Der WSO überwachte die Taxigeschwindigkeit nicht, da er gerade die Startfreigabe entgegennahm. Der Pilot schaute frühzeitig nach der III/2005 FLUGSICHERHEIT 45-Grad-Abfahrt am Ende der Startbahn, um diese nicht zu verpassen und das Flugzeug so zum Start in Richtung „08“ drehen zu können. Beim Erreichen dieser Abfahrt begann er einzulenken und stand gleichzeitig auf der Bremse. Das Heck der Phantom brach aufgrund der erhöhten Geschwindigkeit und der feuchten Startbahn aus und drehte sich ca. 270 Grad nach links. Das Flugzeug kam ca. 5 Meter von der Startbahnbegrenzung entfernt zum Stehen. Die Crew ließ sich vom Tower nochmals bestätigen, dass es sich um einen A-Scramble handelte. Sie beschloss deshalb, zur Startposition 08 weiter zu rollen und dabei das Taxiverhalten genau zu analysieren. An der Startposition angekommen, ließ die Crew sich nochmals den AScramble bestätigen. Da der Dreher sehr regelmäßig verlaufen war und das Fahren in die Startposition keine Unregelmäßigkeiten erkennen ließ, entschied die Crew, den A-Scramble durchzuführen und zu starten. Vor dem Start wurden im Cockpit explizit die Notverfahren angesprochen, die im Falle einer Take-Off- Emergency angewendet werden müssen. Der Start verlief genau so ereignislos wie die spätere Landung. Zurück im Flugzeugschutzbau wurde an beiden Hauptfahrwerksreifen je eine 30 bis 50 cm lange Brandblase festgestellt. Obwohl nichts Schwerwiegendes passiert ist, stellt sich die Frage, wieso das Flugzeug ins Drehen gekommen ist, warum die Crew die Entscheidung gefällt hat, den Start durchzuführen, und ob die getroffene Entscheidung im Sinne von CRM und ORM vertretbar war. Die Grundlage für die folgende Betrachtung ist das Kapitel 23 des FBH III/1 und hier im besonderen die Anlage 3 bei der Untersuchung des Drehers und Anlage 2 bei der Analyse der Entscheidung, den Start durchzuführen. Von den Guidelines von CRM und ORM werden nur die Punkte beschrieben und diskutiert, die hier auch anwendbar sind, was im Umkehrschluss natürlich bedeutet, dass die hier beschriebenen Punkte nicht allumfassend sind. Was hat nun alles laut CRM dazu geführt, dass der VLF nicht in der Lage war, die Geschwindigkeit anzupassen und den Dreher zu vermeiden? Dies wird nun anhand Anlage 3 des Kapitel 23 CRM Guidelines/Tools for Decision Making untersucht. Das Kapitel bietet u. a. folgende Gründe für falsche bzw. schlechte Entscheidungsfindung: - Stress: Es herrscht bestimmt ein höherer Stressfaktor, da es sich im Unterschied zum täglichen Flugbetrieb bzw. den alltäglichen TScrambles um einen “scharfen” Einsatz handelt, bei dem man erst im letzten Moment erfährt, ob es sich um einen Airliner handelt, der “nur” nicht antwortet oder um das seit dem 11. September bekannte Horrorszenario. - Time urgency: Zeitknappheit war auch hier kein auszuschließender Faktor, da die Alarmrotte sich zum Zeitpunkt der Alarmierung im Alarmzustand RS 05 befand, d. h., dass sie innerhalb von fünf Minuten gestartet sein muss. - Poor involvement and information exchange among crew members: Die im Kapitel 23 empfohlene Aufmerksamkeitsverteilung innerhalb der Crew während der Ground Operations wurde so nicht durchgeführt, da der WSO kurz vor dem Zeitpunkt des Drehens nicht die Fahrgeschwindigkeit beobachtet hatte, sondern die Flugfreigabe aufschrieb. Außerdem hat der VLF den WSO nicht über die Geschwindigkeit informiert. Folgende Symptome gemäß Kapitel 23, Anhang 3, waren für den Vorfall zutreffend: - Loosing Focus/Becoming distracted: Der Pilot hat bei der Suche nach der Ausfahrt die Geschwindigkeit außer acht gelassen und dadurch ein falsches Kurvenfahrverhalten angewendet. - Overlooking one or more important factors influencing the choice of action: Auch im Flugbetrieb bei III/2005 FLUGSICHERHEIT 17 Flugsicherheit Nacht und schlechtem Wetter, selbst in einer zeitkritischen Situation, dürfen die Faktoren Startbahnzustand und Tageszeit nicht außer acht gelassen werden. - Not considering consequences of decision: Für jeden Vorfall, der mit Hilfe von CRM behandelt wird, ist dieser Punkt anwendbar, also auch in diesem Fall. Diese Punkte haben zu schlechten Entscheidungen seitens der Crew geführt. Um die Limitierung des Fehlerfaktors Mensch allerdings zu verbessern, bedarf es Möglichkeiten bzw. Wege, mit denen man gute und richtige Entscheidungen fällen kann, selbst wenn man sich gar nicht bewusst ist, diese Entscheidungsfähigkeit verloren zu haben. In der Anlage 3 des Kapitels 23 wird unterteilt in Möglichkeiten, die ein Besatzungsmitglied auf sich selbst oder auf die ganze Crew anwenden kann: - Be honest: ...zu sich selbst. Der vierte Flug am Tag ist von der Aufmerksamkeitsverteilung und Müdigkeit her ein anderer als der erste. Hier ehrlich sein zu sich selbst und die Selbsteinsicht, dass die mentale und körperliche Fitness nicht mehr im Bestzustand sind, müssen genauso anerzogen und ausgebildet werden wie alles andere. - Get back to Teamwork: Solange es mehr als ein Besatzungsmitglied im Cockpit gibt, sollten alle Ressourcen, also auch der/die anderen Teammitglieder, eingebunden werden. - Alert Crewmember: War man erst mal ehrlich zu sich selbst, sollte auch das andere Teammitglied von den eigenen Erkenntnissen aufgeklärt werden. - Take extra time: Dieser Punkt ist nicht immer anwendbar. Doch obwohl die Zeit limitiert war, hat die Crew die fünf Minuten trotz Drehens und folgender intensiver 18 Crewcoordination nicht überschritten. Es bestand also keine Notwendigkeit zur übermäßigen Eile oder gar Hetze. Die Zeit war da und hätte anders und besser eingeteilt werden können. - Do the ultimate step to the safe side: Den wohl wichtigsten Punkt „Safety is paramount“ lernt man schon in der Ausbildung, und kommt einem etwas nicht mehr ganz so richtig vor, ist dieser Schritt nie der falsche. - Als Crew: Cross-Check information: In diesem Fall war dies der WSO, aber in anderen Flugsituationen ist es vielleicht der VLF, der den WSO überwachen sollte bzw. die anderen Crewmitglieder. Es geht hier nicht darum, jemanden zu bevormunden, sondern schon im Vorfeld dabei zu helfen, Fehler zu vermeiden. Fasst man diese ganzen Punkte, die Symptome und Auslöser zusammen, kann man sehen, wie es zum Fehlverhalten kam. CRM bietet hier gute Werkzeuge zur Verhinderung solcher Vorgänge, wenn man sich ihrer bedient. Es muss aber erwähnt werden, dass man die Möglichkeiten zur Behebung von Fehlern in der Entscheidungsfindung nur dann anwenden kann, wenn man sich bewusst ist, dass man evtl. einen oder mehrere Punkte der oben angesprochenen Symptome erfüllt. Diese Selbsterkenntnis, wie oben bereits angesprochen, bekommt elementare Bedeutung, da jeder bei sich selbst zuallererst erkennen muss, ob er/sie sich in den Bereich der o.a. Symptome begibt. CRM ist die passende Hilfestellung, aber anwenden muss es immer noch jeder selbst. Was bietet nun die Anlage 2 des Kapitel 23 über ORM im Hinblick auf unsere Entscheidung, den Start durchzuführen, an. Die vier Prinzipien des ORM sind: - Accept risk when benefits outweigh the cost - Accept no unnecessary risk - Anticipate and manage risk by planning - Make risk decision at the right level Risiken beim militärischen Flugverkehr werden auch vom Operational Risk Management nicht gänzlich ausgeschlossen, doch wird darauf hingewiesen, kluge Risikoentscheidungen zu fällen und damit Risiken im Sinne des Auftrags zu minimieren. Als erstes müssen die Gefahren identifiziert werden: Was hätte alles passieren können? Beim Start bzw. der Landung hätten ein oder beide Hauptfahrwerksreifen platzen können. Durch III/2005 FLUGSICHERHEIT die Querbelastungen beim Drehen und das hohe Gesamtgewicht hätten die Hauptfahrwerksstützen brechen können, evtl. sogar bei hohen Geschwindigkeiten oder bei der Landung. Das Fahrwerk hätte durch einen Bruch nicht einfahren können. Dadurch wäre das Luftfahrzeug in eine bedrohliche Lage geraten. In diesem Rüstzustand hätte es nicht sofort wieder landen können. Auch die an Bord befindliche scharfe Munition hätte einen nicht zu unterschätzenden Risikofaktor gebildet. Erst ein Notabwurf der drei Außentanks hätte die nötige Gewichtsreduktion für eine Notlandung ermöglicht. Dies alles sind Risiken, die möglich gewesen wären und eine Notsituation herbeigeführt hätten. Das ORM bietet eine Entscheidungshilfe zur Risikoeinschätzung und Entscheidungsebene. Darin wird der Gefahr eine Zahl von „0“ (keine Gefahr) bis „4“ (kritisch) zugeteilt. Die Unfallwahrscheinlichkeit wird ebenso von „0“ (unwahrscheinlich) bis „4“ (sehr hohe Wahrscheinlichkeit) bewertet. Diese beiden Einschätzungen werden in III/2005 FLUGSICHERHEIT eine Matrix eingefügt. Daraus folgt eine Risk Assessment Number (RAN) von „0“ (Negligible) bis „16“ (Critical). Anschließend wird gezeigt, auf welcher Ebene im Zusammenhang mit der RAN Entscheidungen zu fällen sind. Im Folgenden werden die Risiken des obigen Vorfalls eingeschätzt und in die gerade beschriebene Matrix der Anlage 2, Kapitel 23 eingefügt. Die Einschätzung der Gefahr wird subjektiv mit einer „3“ bewertet. Dies steht für: Serious/Severe. May cause severe injury or property damage. Die Wahrscheinlichkeit eines Zwischenfalls wird wiederum subjektiv mit einer „2“ beurteilt, was heißt: Average / Medium. Occasional Mishap probability. Beides in die bereits angesprochene Matrix eingefügt, ergibt einen Wert von „6“. Dieser Wert wird mit Serious bewertet. Diese Einstufung ist die zweithöchste der Matrix. Wer kann nun entscheiden, ob solch ein Start durchgeführt werden soll? Im ersten Moment wird wohl jeder sagen, dass die Crew diese Entscheidung zu fällen hat. Aber lesen Sie das folgende Zitat aus der Anlage 2 des Kapitels 23 des FBH III/1: “Serious If performance deficiencies or critical indicators are identified, a recommended course of action (measure used to control the risk) shall be taken by the Opsofficer / Squadron commander or presented to the Flying Group / Wing Commander for seeking solution and decisions.” Das heißt, dass die Crew die Entscheidung nicht hätten fällen dürfen. Der erste Schritt wäre die Information des Einsatzstabsoffziers bzw. FDL sein müssen. Dieser leitet weiter an den Staffelchef, der nach Rücksprache mit dem Kommandeur bzw. sogar dem Kommodore eine Entscheidung trifft. Was passiert dann unter Ermangelung einer Entscheidung durch die Staffel/Gruppen/Geschwaderführung? Die Besatzung hätte als einzige Option gehabt, die Maschine stehen zu lassen und auf eine der bereiten Ausweichmaschinen umzusteigen. Der andere Alarmrottenflieger hätte schon starten können, und das ErsatzLuftfahrzeug wäre nach kürzester Zeit gefolgt. Zusammenfassend muss man sagen, dass die Crew den Dreher hätten vermeiden können. Das Faktische der nicht angepassten Taxigeschwindigkeit hätte durch Selbsteinsicht, Vorsicht und Crew-Coordination, wie es im Kapitel CRM angeboten wird, vermieden werden können. Auch hätte bei Erkenntnis der Symptome beim Piloten CRM angewandt werden können, was zum Vermeiden der geschilderten Situation geführt hätte. Die Entscheidung, den Start dann doch noch durchzuführen, ist mit Abstand betrachtet nicht der optimale Entschluss, obwohl die Crew diese Entscheidung zusammen gefällt hatte. Den Start nicht durchzuführen und auf die Ausweichmaschine umzusteigen, wäre besser gewesen. Ab einer gewissen RAN sind die Crews nicht mehr verantwortlich, eine Entscheidung selbst zu treffen. Allerdings müssen fliegende Besatzungen sich klarmachen, dass sie im Falle der Unerreichbarkeit der Entscheidungsinstanz auch die Verantwortung im Zuge falscher Entscheidungen tragen müssen. Hier befinden sich die Besatzungen in einer Lage, die schon Clausewitz als den „Nebel des Krieges“ beschrieben hatte und die seit jeher Bestandteil militärischer Operationsführung auf allen Ebenen ist. In den letzten Jahren ist CRM und ORM jedoch ein fester Bestandteil der Luftwaffe geworden und wird auch in der Zukunft nicht mehr aus der militärischen Fliegerei wegzudenken sein. 19 Flugsicherheit RUNWAY INCURSION Ein neuer Begriff für ein altes Problem Von Oberstlt Heribert Mennen, GenFlSichhBw Seit Erscheinen der Änderungsanweisung Nr 10 für die „Besondere Anweisung für die militärische Flugsicherung“ (BesAnMilFS) 2-100 vom 25.04.2005 werde ich bei den Flugsicherheitsinspizierungen und informationsbesuchen immer wieder auf den neu aufgenommenen Passus über runway incursion angesprochen. Runway incursion - mit diesem Begriff konnte bislang nicht jeder Flugverkehrskontrolloffizier etwas anfangen. In handelsüblichen Wörterbüchern wird incursion mit „feindlicher Einfall“ oder „Einbruch“ übersetzt. Im OXFORD ADVANCED LEARNER’S DICTIONARY OF CURRENT ENGLISH ist incursion als “Sudden attack or invasion (not usually made for the purpose of permanent occupation)” erklärt. Kann man also eine runway incursion mit „feindlicher Einfall auf eine Start- und Landebahn“ gleichsetzen? Wenn man so will, ja. Zumindest was die Auswirkungen betrifft. Die Sicherheit im Start- und Landebereich kann durch Luftfahrzeuge, Fahrzeuge oder Fußgänger, die sich dort unbeabsichtigt, unberechtigt 20 oder zum falschen Zeitpunkt aufhalten, beeinträchtigt werden. Eine Gefährdung kann sich aber auch durch verloren gegangene Gegenstände (FOD), Tiere usw. ergeben. Auf diesen Aspekt wird nachfolgend nicht näher eingegangen. Die 2001 etablierte europäische „Arbeitsgruppe für Startbahn-Sicherheit“ (vgl. Seite 2) ging lange Zeit von folgendem Verständnis aus: „A runway incursion is the unintented presence of an aircraft, vehicle or person on the runway or runway strip“. Diese Begriffsbestimmung ist zwar kurz und prägnant, aber nicht präzise genug. Dies wurde schnell klar. Die internationalen Bemühungen um ein einheitliches Verständnis von runway incursion mündeten in der am 25. November 2004 von der ICAO formell bekannt gegebenen Definition: „Any occurrence at an aerodrome involving the incorrect presence of an aircraft, vehicle or person on the protected area of a surface designated for the landing and take off of aircraft“. Wie kommt es, dass der Sicherheit im Bereich der Start- und Landezonen vermehrte Aufmerksamkeit geschenkt wird? In den letzten Jahren haben sich in der zivilen europäischen Luftfahrt eine Vielzahl von runway incursion ereignet, die in zwei Fällen auch zu einer tatsächlichen Kollision zwischen zwei Luftfahrzeugen und dem Verlust von vielen Menschenleben führten. In Erinnerung ist nicht zuletzt der schreckliche Unfall vom 08. Oktober 2001 auf dem Flughafen MailandLinate, der 118 Menschen das Leben kostete. Dort stieß im dichten Morgennebel eine MD-87 der SAS mit einem deutsch registrierten CES- SNA CITATION Jet, der die aktive Piste kreuzte, zusammen. Die Analyse verfügbarer Daten in der zivilen Luftfahrt Europas zeigt, dass sich alle drei bis vier Tage eine runway incursion in der Region ereignet. Mit der vorhergesagten Zunahme des Luftverkehrs wird sich, wenn keine Gegenmaßnahmen eingeleitet werden, wahrscheinlich auch die Zahl dieser Zwischenfälle erhöhen. Im Jahre 2001 wurde deshalb eine Initiative ins Leben gerufen mit dem Ziel, spezielle Startbahn-Sicherheitsaspekte zu identifizieren und präventive Maßnahmen zu initiieren. Dieser europäischen Initiative haben sich inzwischen nahezu alle in der Luftfahrt tätigen Organisationen angeschlossen. Vertreten sind u.a. die Group of Aerodrome Safety Regulators (GASR), die Joint Aviation Authorities (JAA), die International Civil Aviation Organisation (ICAO) und EUROCONTROL Sie haben den European Action Plan for the Prevention of Runway Incursions mit insgesamt 56 Empfehlungen erarbeitet. Diese betreffen u.a. generelle Prinzipien, Aufgaben der Flugplatzbetreiber (hinsichtlich Infrastruktur, Sicherheitsmanagement, Verkehrsregelung, Aus- und Weiterbildung des Personals), Aufgaben der Fluggesellschaften und Flugzeughalter, Aufgaben der Flugsicherungsunternehmen sowie die Kommunikation (Sprache, Funk, Phraseology und Verfahren) usw. Nicht zuletzt wird gefordert, Daten über Vorfälle zu sammeln und die daraus gewonnenen Erkenntnisse allgemein verfügbar zu machen. In wieweit ist runway incursion ein Thema in der Bundeswehr? Auch in der Bundeswehr gab und III/2005 FLUGSICHERHEIT wir mit unserem VW-Bus zurück zur Fliegerhorstfeuerwehr, um dort eine für das Fußballspiel ausgeliehene Handsirene zurückzubringen. Unseren Bus parkten wir vor der Feuerwache am Signalgarten und hatten deshalb freie Sicht auf die Startbahn. Während ein Mann die Sirene abgab, sah ich auf der Nordseite, von GWI kommend, einen VW-Kombi, der sich anschickte, die Bahn zu überqueren. Es war ein ziviles Fahrzeug der Firma Telefunken. Die Firma Telefunken war zur routinemäßigen Wartung des ASR-Rundsuchradars mit Technikern am Platz. Die Radarantenne stand damals noch auf der Nordseite des Platzes bei GWI auf dem ASR-Hügel, während sich die Sichtgeräte im GCARaum des Flugsicherungsgebäudes auf der Südseite befanden. Aus die- sem Grund mussten die zivilen Techniker, genau wie wir auch, des Öfteren zu Wartungs- und Reparaturarbeiten die Startbahn überqueren. Ich sah also, wie der VW-Kombi losfuhr, um die Startbahn zu überqueren. Gleichzeitig hörte ich das Geräusch einer startenden F-104. Nun ging alles so schnell, dass zu einer Reaktion keine Zeit mehr blieb. Ich sah wie die startende 104, von links aus dem Westen kommend, den VWKombi mit der linken Fläche auf der rechten Seite erfasste und ihn von der Schiebetür nach vorne regelrecht auftrennte. Es bildete sich schlagartig eine helle Wolke aus Treibstoff, Dreck, Staub und Trümmerteilen. Aus dieser Wolke löste sich die F-104 und setzte ihren Start fort, zum Startabbruch war es bereits zu spät. Der VW-Kombi kam Fotos:Archiv GenFlSichhBw gibt es immer wieder Ereignisse, die unter der Überschrift runway incursion zusammengefasst werden können. Der bislang folgenschwerste Vorfall ereignete sich am 21. Oktober 1969 gegen 16:33 Uhr beim Jagdgeschwader 74 in Neuburg an der Donau, als eine startende F-104G das Kraftfahrzeug eines Technikers der Firma Telefunken erfasste. Oberstabsfeldwebel a.D. Johann Wohlmuth erinnert sich: “Ich war damals in der Flugbetriebsstaffel als Bodenfunkmechaniker eingesetzt. Unsere Dienststelle, kurz GWI genannt, befand sich in den Baracken auf der Nordseite des Platzes. Am besagten Tag fand auf der Basis ein Fußballspiel innerhalb des Jagdgeschwaders statt. Wir waren als Zuschauer dabei. Nach Spielende fuhren III/2005 FLUGSICHERHEIT 21 Flugsicherheit auf der Schulter der Startbahn zum Stillstand, er hatte sich nicht überschlagen. Die Fahrzeugfront hing lose an den Dachstreben und pendelte langsam hin und her, ein Anblick, den ich auch nach 35 Jahren nicht vergessen habe. Jetzt sah man eine zweite F-104 schemenhaft durch die Staubwolke und das Trümmerfeld rollen. Ihrem Piloten gelang der Startabbruch. Der ersten F-104 hat es bei dem Zusammenprall den linken Tip-Tank von der Tragflächenspitze abgerissen, daher resultierte auch die Treibstoffwolke, die ich sah. Für den Telefunkentechniker Kurt Lange aus Ulm kam, trotz der sofort eingeleiteten Rettungsmaßnahmen, jede Hilfe zu spät. Er erlag wenig später im Krankenhaus in Neuburg seinen schweren Verletzungen. Ich kann mich auch noch erinnern, dass unmittelbar nach dem Unglück ein weiterer Telefunken-Techniker aus dem Towergebäude rannte. Er konnte die dramatischen Ereignisse kaum fassen. So viel ich weiß, war der verunglückte Techniker meist zu Wartungsarbeiten in den Bunkern der Luftverteidigungsanlagen eingesetzt. Auf Flugplätzen muss er nicht so oft gewesen sein. 22 Es konnte niemals geklärt werden, warum er die damals noch an der Balustrade des Towers angebrachte Ampel, die auf rot stand, nicht beachtet hat.“ In der Kurzbeschreibung des „Inspizient für Flugsicherheit in der Bundeswehr“ (heute GenFlSichhBw) des Unfalles ist vermerkt: „Der Luftfahrzeugführer hatte den Auftrag, als Rottenführer Übungsabfangeinsätze durchzuführen. Beim Start stieß er bei ca. 170 kts, nach einer Rollstrecke von 4.000 Fuß, mit einem von links kommenden VWKombi zusammen. Der Fahrer hatte eine auf rot geschaltete Signalanlage am Kontrollturm nicht beachtet und wollte trotz zusätzlicher roter Signale mit der Lichtkanone durch das Kontrollturmpersonal die Startbahn überqueren. Der Luftfahrzeugführer versuchte vergeblich, dem VW Kombi auszuweichen und rammte das Fahrzeug mit der linken Tragfläche. Der Fahrer wurde aus dem Wagen geschleudert und getötet. Unmittelbar nach dem Zusammenstoß hob das Luftfahrzeug seitlich schiebend ab. Die Landung erfolgte in Manching ohne weiteren Zwischenfall. Das Luft- fahrzeug wurde leicht beschädigt, der Luftfahrzeugführer blieb unverletzt“. Nach diesem tragischen Unfall wurden durch den Inspizienten Flugsicherheit eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der Flugsicherheit empfohlen und in der Folge durch die Kommandobehörden und Verbände auch umgesetzt. Dies beinhaltete u. a. das Anlegen von Rollfeldringstraßen auf allen Flugplätzen der Bundeswehr (wo noch nicht vorhanden), um das Überqueren der Piste weitestgehend zu unterbinden. Auch wenn dieser Unfall schon lange her ist und Vorfälle dieser Art in der Statistik bei GenFlSichhBw selten vorkommen, bin ich mir sicher, dass runway incursion auch heute noch in der Bundeswehr ein Thema ist. Ich gehe davon aus, dass so manche runway incursion entweder vom Kontrollturmpersonal bei schlechten Sichtverhältnissen nicht bemerkt oder nach dem Motto „... es ist noch einmal gut gegangen, das regeln wir in eigener Zuständigkeit“ dem FlSichOffz gar nicht erst gemeldet wurde. Die Aufnahme des Abschnittes runway incursion in die BesAnMilFS 2-100 trägt m.E. dazu bei, das Flugverkehrskontrollpersonal für das heikle Thema runway safety zu sensibilisieren und zu erreichen, dass entsprechende Vorfälle nicht nur dem Flugsicherheitsoffizier, sondern auch an Stellen außerhalb des Verbandes gemeldet werden. Dies ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass alle Teilnehmer am Luftverkehr der Bundeswehr sowie vorgesetzte Dienststellen davon erfahren, die Vorfälle analysieren und daraus Lehren für die Zukunft ziehen können. P.S. Informationsmaterial zur Vermeidung von Zusammenstößen auf der Start- und Landebahn finden sie hier: www.eurocontrol.int/runwaysafety/public/standard_page/EuropeanAction.html III/2005 FLUGSICHERHEIT Ich bin stolz darauf, ein Deutscher zu sein ... von Oberstleutnant Träger, S3 Stabsoffizier LwInsthGrp 12 Nein - an dieser (alten) Diskussion aus der Politik will ich mich mit meinem Beitrag in der Flugsicherheitszeitschrift nicht beteiligen. Ich bin stolz darauf, ein Luftfahrzeugtechniker zu sein! Auch dieser Satz birgt in der heutigen Zeit genug Zündstoff in sich und sollte in unserem von Luftfahrzeugtechnik geprägten Regiment durchaus diskutiert werden. Warum? Zum einen, weil ich glaube, dass ein Berufsstolz für unsereiner wichtig ist, weil wir Material technisch warten, von dem Menschenleben abhängen und das deswegen mit besonderem Verantwortungsgefühl gewartet werden muss. Zum anderen deswegen, weil ich zu erkennen glaube, dass dieser Berufsstolz im Schwinden begriffen ist und hier meiner Meinung nach unbedingt gegengesteuert werden sollte. Was bringt mich zu dieser Erkenntnis? Ich bin seit Jahren aufmerksamer Leser des „flusi-reports“, eine Lektüre, die ich jedem Luftfahrzeugtechniker nur wärmstens ans Herz legen kann. Und wenn man hier die aufgezeigten Informationen zu Flugzwischenfällen mit der Zielsetzung „Ursache: Technik“ filtert, so stellt man in den letzten Jahren eine schleichende Schwerpunktverschiebung fest. Lag früher der Schwerpunkt der Ursachen technischer Zwischenfallmeldungen bei fehlerhaften technischen Anlagen durch Designmängel oder durch die Abnutzung im Betrieb, so verschiebt III/2005 FLUGSICHERHEIT sich dieser Schwerpunkt heute deutlich in Richtung „Ursache: Personal Technisches Personal“. – Wenn man den „flusi-report 01/05“ auswertet, so sind das bei 13 aufgezeigten Zwischenfällen mit technischer Ursache 9(!!), die zumindest beitragend als Ursache „Technisches Personal“ und deren Auftragsdurchführung benennen – ein in meinen Augen erschreckend hoher Anteil, der mich persönlich betroffen macht und mich daher nach den Gründen hierfür fragen lässt: Ist es vielleicht eine gewisse „Feierabendmentalität“, die den korrekten Abschluss von Arbeiten beeinträchtigt? Nach dem Motto: „Den Teststand, die Hebebühne, die Kiste kann ich auch Morgen noch an die dafür vorgesehene Stelle räumen – in der Zwischenzeit tun die niemandem weh und ich bin wenigstens rechtzeitig daheim ...!“ oder „Die Papiere fülle ich später aus ...“ oder „Die Schraube ziehe ich später an ...“ Wie ist es mit der Gewissenhaftigkeit, wenn der Dienstschluss wichtiger ist als das ordnungsgemäße Verlassen des Arbeitsplatzes, der „richtige“ Abschluss der Arbeiten? Tut das jemand, der sich mit dem Luftfahrzeugtechnikerberuf identifiziert? Oder ist es die schleichende „Entwertung von Dienstgraden“? Vorbei die Zeiten, als man die (Berufs)Erfahrung eines Soldaten noch auf der Schulter ablesen konnte. „Hauptfeldwebel? Ahhh – Sie sind sicher der Fachgruppenleiter ... Ich brauche mal einen Ihrer Portepeeunteroffiziere, der ist sicher erfahren genug, mir bei diesem Problem zu helfen ...“ Die Aussage enthält zwei Fehler – wer hat sie gefunden? Heute bekommen wir Feldwebel „fertiggebacken“ nach drei Jahren Ausbildung, ohne eine Sekunde Berufserfahrung und ohne Erfahrung am „scharfen“ Luftfahrzeug, mit dem sich gleich Menschen durch die Luft bewegen wollen/sollen. Vorbei die Zeiten, in denen man länger dienende Unteroffiziere auch auf Grund ihrer Arbeitseinstellung auswählen und so zum Dienstgrad Portepeeunteroffizier empfehlen konnte und die somit auch schon ein gerüttelt Maß an Berufserfahrung und Berufsstolz entwickelt hatten. Heute habe ich in einer Teileinheit vielleicht drei Hauptfeldwebel, einer sitzt auf der Zeile 01, ist damit Fachgruppenleiter, trägt die Verantwortung für die Fachgruppe und hat sich in jahrelanger Bewährung hierhin gedient. Der zweite ist vielleicht nach drei Jahren komprimierter Ausbildung in kürzester Zeit zum Hauptfeldwebel durchgeschossen, weil er es intellektuell besonders drauf hatte und er dazu das Glück hatte, öfter zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle zu sein. Und der dritte kommt aus einem aufgelösten Verband, war dort schon einmal Teileinheitsführer und muss nun in seinem neuen Verband ins 2. Glied zurück. Alle drei bekommen das gleiche Geld, haben aber ungleich unterschiedliche Verantwortung und Berufserfahrung – ein Umstand, der sich sicher auf das innere Klima der Teileinheit auswirkt, auf die Berufszufriedenheit der beschriebenen Akteure und damit ganz sicher auch auf ihre Vorbildfunktion und auf die 23 Flugsicherheit Erkenntnisse in der Lehre vermittelt werden müssen und das möglicherweise in kürzerer Zeit, wie das neue Gymnasialmodell in Bayern zeigt. Auch in der Luftfahrzeugtechnik nimmt die Komplexität der Systeme zu, und diese sollen dann evtl. auch noch in einer anderen als der Muttersprache unterrichtet werden. Gleich- der Ausbildung zu kurz kommen – wer vermittelt diese dann? Aber Arbeiten am Luftfahrzeug ohne diese Verhaltensregeln ist gefährlich, wie die flusi - Berichte zeigen. Was also tun? Hier sehe ich uns Vorgesetzte mit längerer Berufserfahrung in der Pflicht. Nehmen Sie diese Aufgabe Als dritte beitragende Ursache sehe ich die Aus- und Weiterbildung. Wer kennt es nicht, das Lied von Louis Armstrong „What a wonderful world“? In einer Liedzeile betrachtet er da ein weinendes Baby und sagt, dass dieses Baby mehr wissen wird, als er jemals lernen konnte. In diesem Satz liegt eine große Wahrheit, nämlich, dass die Erkenntnisse des Menschen immer mehr zunehmen und damit auch immer mehr zeitig werden Tätigkeitsbilder zusammengefasst und praktische Anteile zu Gunsten der Theorie und computergestützter Ausbildung beschnitten – Radwechsel per Mausklick! Kann es etwa sein, dass durch das Verabreichen von immer mehr kognitivem Wissen (Faktenwissen) die Annahme von affektivem Wissen (Verhaltensregeln) immer mehr auf der Strecke bleibt? Und wenn diese Verhaltensregeln in ernst und machen Sie den neu ausgebildeten (Portepee)Unteroffizieren klar, was es bedeutet, an einem Luftfahrzeug zu arbeiten und was für Folgen unsere Arbeit hier haben kann. Leben Sie den kompetenten und gewissenhaften Luftfahrzeugtechniker konsequent vor und bereiten Sie ein Arbeitsumfeld, in dem Ihre Techniker Berufsstolz entwickeln und mit Freude ihrer Arbeit nachgehen. Messen Sie die Arbeit der Ihnen Unterstellten Illustration: Renate Wachsmann-Kerp, IMZBw Erziehung des ihnen anvertrauten Personals. Wie soll sich ein Stabsunteroffizier verhalten, wenn ihm der eine Hauptfeldwebel aus langer Berufserfahrung heraus sagt, am Flugzeug da arbeitet man „Hüh“ und der andere Hauptfeldwebel mit einem anderen Herkunfts-Background „Hott“ befiehlt? 24 III/2005 FLUGSICHERHEIT nicht nur anhand von Kennzahlen und Effizienzquoten, sondern sorgen Sie dafür, dass sich der Luftfahrzeugtechniker nicht nur als kleines Rädchen im Getriebe fühlt. Schüren Sie seine Begeisterung für Luftfahrzeugtechnik - zu unserem Regiment gehören drei Instandhaltungsgruppen, die ohne Nähe zum Flugbetrieb sind und in denen Luftfahrzeugtechniker arbeiten, die nie ein Luftfahrzeug haben starten sehen ... Bringen Sie diese in einen Fliegenden Verband und zeigen Sie ihnen, wofür sie arbeiten. Vielleicht erreichen wir im Luftwaffeninstandhaltungsregiment 1 so, dass wir alle wieder mehr stolz sein können, Luftfahrzeugtechniker zu sein! What a wonderful World (Louis Armstrong) Bravo, gut gemacht! der Zweite... Eine Hubschrauberbesatzung befand sich für mehrere Tage mit dem Hubschrauber Bo 105P am Standort Laupheim, um eine Gebirgsflugsausbildung durchzuführen. Bei der Vorfluginspektion bemerkte Oberfeldwebel Steve Richter, HFlgUstgStff 10, dass an der äußeren Lagerschale der Triebwerkbefestigung anstelle der längeren Schraube (28 mm) eine kurze Schraube (26 mm) (Bild 1) der inneren Lagerschraube eingebaut war. Der falsche Einbau kann nur bei sehr genauem Hinschauen (siehe Bild 3) erkannt werden. Eine Überprüfung der Luftfahrzeuge im Heimatverband ergab, dass dort sechs weitere Luftfahrzeuge ebenfalls mit falschen Schrauben (Bild 2 zeigt eine richtige und eine falsche Schraube) bestückt waren. !!!Bravo gut gemacht und weiter so!!! I see trees of green, red roses, too, I seen them bloom for me and you, And I think to myself: What a wonderful world! I see skies of blue and clouds of white, The bright blessed day, the dark sacred night, And I think to myself: What a wonderful world! I hear babies cry, I watch them grow, They’ll learn much more than I’ll ever now, And I think to myself: What a wonderful world! Bild 1 Bild 2 Fotos: FSO HFlgUstgStff 10 The colours of the rainbow, so pretty in the sky, Are also on the faces of people goin’ by. I see friend shakin’ hands, saying “How do you do?” They’re really sayin’ “I love you”. And I think to myself: What a wonderful world!!! III/2005 FLUGSICHERHEIT Bild 3 25 Flugsicherheit Taktiles System für das Lagebewusstsein Bezugsquelle: Magazin Flightfax USA übersetzt vom Sprachendienst LwA Ausbildung in Crew Coordination Die Bedeutung der Crew Coordination für die Luftfahrzeugbesatzung liegt klar auf der Hand: 66 Prozent der Class A-Unfälle, die sich im Rahmen der Operation Iraqi Freedom (OIF) ereigneten, sind u.a. auf „mangelnde Crew Coordination“ zurückzuführen. Die Führung der US-Heeresflieger hat die Notwendigkeit der Ausbildung zur Unterstützung der Kompensation der 26 Foto: Archiv GenFlSichhBw Die US-Marine hat eine Weste entwickelt, die mit vibrotaktilen Stimulatoren (Taktoren) an strategischen Punkten ausgerüstet ist. Die Taktoren von der Größe einer Vierteldollarmünze üben entsprechend der Bewegungsrichtung leichten Druck auf den Luftfahrzeugführer aus (bei Einleitung einer Rollbewegung werden z.B. die Taktoren auf der rechten bzw. linken Körperhälfte aktiviert, sodass eine natürliche Korrektur in die entgegengesetzte Richtung möglich ist). Im Rahmen der Erprobung konnten Hubschrauberführer der US-Marine „blind“, d.h. allein mit Hilfe der taktilen Reize der Weste Landungen durchführen. Das 160. Special Operations Aviation Regiment (SOAR) testet das taktile System für das Lagebewusstsein (TSAS) im Hinblick auf ihr aviation life support equipment (ALSE) suit. Das Programm erhält unsere volle Unterstützung (d.h. die Unterstützung des US-Heeres), damit wir das Konzept beschleunigt im praktischen Einsatz umsetzen können. geringeren Flugstundenzahl der heutigen Hubschrauberführer erkannt und dem Programm neuen Schwung verliehen. Das neue Programm bietet eine rechnergestützte Simulatorausbildung auf dem Heimathorst und die Erarbeitung positiver Verhaltensweisen vor der Verlegung in den Einsatzraum. Die nächste Generation der Crew Coordination-Ausbildung wird in das Centralized Aviation Flight Record System (CAFRS) integriert, dessen 18monatige Testphase derzeit beginnt. Bis diese Technik in Ausrüstung und Programmen eingeführt ist, sollten Luftfahrzeugführer Innovation und Flugdisziplin nutzen, um umgebungsbedingte Risiken zu minimieren. Fehlende Mittel zur Wüstenausbildung sollten die Ausbildung nicht verhindern. Um Risiken zu mindern, sollte bei Flügen auf dem Heimathorst bewusst mit geringerer Triebwerk- III/2005 FLUGSICHERHEIT Hitverdächtig von Oberstleutnant Rüdiger Stein, FlSichhBw (Zwischenfall 027906 vom 18.03.05 beim MFG 3) Vorgang leistung geflogen werden und im Flugsimulator sollten positive Verhaltensweisen erarbeitet werden. Darüber hinaus sind gute Verbände durch Ergänzung eines gut geplanten Ausbildungsprogramms in Bezug auf Aufnahme, Stationierung, Weitertransport und Integration (RSOI) in der Lage und zur Zeit dabei, derartige Herausforderungen zu bewältigen. Einsätze bei eingeschränkter Sicht, verursacht durch Wetter, aufgewirbelten Staub oder Schnee, könnten anspruchsvoll und riskant sein, und potenziell zur Zerstörung des Luftfahrzeugs führen. Dennoch können solche Einsätze sicher durchgeführt werden, ohne dass es zu Verlust von Menschenleben oder Gerät kommt. Es gibt kein Wundermittel zur deutlichen Verringerung von Brownouts und nichts wird eine sichere, gut durchgeführte Wüstenausbildung ersetzen können. Das US-Army Safety Center setzt jedoch in Zusammenarbeit mit dem US-Army Materiel Command, dem Assistant Secretary of the Army for Acquisition and Logistics Technology und dem US-Army Aviation Center mit Nachdruck die Beschaffung von Hilfsmitteln durch, um das Fliegen für künftige Heeresflieger sicherer zu machen und Kriege für unser Land zu gewinnen. Das Haushaltsjahr 2004 kann das Jahr für Flugsicherheit schlechthin sein. Es liegt bei uns allen, dieses Ziel durch tägliche Verbesserung der Voraussetzungen zu verwirklichen. III/2005 FLUGSICHERHEIT zumindest aber seine Gesundheit, für eine sensationelle Aufnahme zu riskieren. Anders kämen solche Bilder, wie sie beispielsweise regelmäßig im National Geographic veröffentlicht werden, nicht zustande. Ein erhebliches Maß an Übermotivation ließ auch die Reporter am Ort des Zwischenfalls den Inhalt der zuvor erhaltenen Unterweisung in die sicheren Verhaltensmuster vergessen. Zusätzlich dürfte die mangelhafte Erfahrung im Umgang mit den Gefahrenquellen, die in einem Flugbetriebsbereich lauern, die Vorgehensweise beeinflusst haben. Nicht zu unterschätzen ist darüber hinaus der Lärm, der von Propellern und Triebwerken ausgeht und der zu einem erhöhten Stresslevel führt. Die Propellerspitzen der DO 228 sind farblich mit zwei weißen Streifen (auf grauem Grund) markiert. Eine deutliche Signalwirkung kann dieser Farbkombination nicht zuerkannt werden. Wenn das Auge jedoch durch den Sucher einer Spiegelreflexkamera gerichtet ist, geht auch die Wirkung jeder anderen Farbgebung durch die Einengung des Blickwinkels und durch die Fokussierung verloren. Die Luftfahrzeugbesatzung hatte den Transport einer hochgestellten Persönlichkeit (VIP) durchzuführen. Der Auftrag endete mit der Landung des Luftfahrzeuges außerhalb der Rahmendienstzeit am Heimatflugplatz, wo bereits mehrere Vertreter der Presse die Person erwarteten. Die Verbandsführung hatten den Reportern eine Begleitperson zur Seite gestellt, die schon vor der Landung des Luftfahrzeuges auf die sicheren Verhaltensweisen für den Aufenthalt im Flugbetriebsbereich und bei der späteren Annäherung an das Luftfahrzeug hingewiesen hatte. Einige Reporter führten Kameras mit sich und hatten die Absicht, den VIP beim Verlassen des Luftfahrzeuges abzulichten. Ein Einweiser (Marshaller) dirigierte das Luftfahrzeug in seine endgültige Parkposition; dabei befanden sich die Pressevertreter (und die Begleitperson) hinter ihm. Die Besatzung hatte die Triebwerke soeben abgestellt – die Propeller liefen noch mit hoher Drehzahl aus – als drei der Reporter sich unvermittelt in Bewegung setzten und geradewegs auf das Luftfahrzeug und auf die noch rotierenden Propeller zuliefen. Dabei hatten sie die Kameras an´s Auge geführt. Der Einweiser erkannte die drohende tödliche Gefahr, reagierte aber unverzüglich und warnte die Reporter durch unüberhörbare Schreie. Die Pressevertreter realisierten nun erst die Situation in ihrem vollen Ausmaß und verzichteten daraufhin auf eine weitere Annäherung an die Gefahrenquelle. Zukünftig wird der Verband die Anzahl der Begleitpersonen auf die Stärke der zu betreuenden Personengruppe abstimmen. Zusätzlich soll dafür gesorgt werden, dass der frühzeitige Zugang zu einem Luftfahrzeug künftig sicher verhindert wird. Ursache Anmerkung Bekanntlich ist ein leidenschaftlicher Fotograf durchaus bereit, sein Leben, Im vorliegenden Fall stand den betroffenen Pressevertretern ein Schutz- Maßnahmen 27 Flugsicherheit 28 Luftfahrzeug ausgestiegen war, entfernte er sich sehr schnell in Richtung der linken Tragfläche, sodass der Copilot seine ursprüngliche Absicht, H. zu begleiten, aufgab. Zu diesem Zeitpunkt ging ein heftiger Gewitterregen nieder. H. trug die Sommeruniform mit kurzärmeligem Hemd. Nachdem er unter der linken Tragfläche Schutz vor dem Wetter gefunden hatte, entschied er offenbar, den kürzesten Weg zum nächstgelegenen, ca. 50 Meter entfernten Gebäude zu nehmen. Dieses Gebäude lag rechts voraus. Die Gefahr, die von dem rotierenden Propeller des linken Triebwerks aus- 73/40; RegNr 7340) Techniker des Verbandes hatten eine Bell UH-1D auf dem Hallenvorfeld abgestellt, um dort einen Blattspurlauf des Heckrotors durchzuführen. Das Luftfahrzeug war so positioniert worden, dass das Heck in Richtung der dahinter liegenden Halle zeigte; zudem befand sich der Heckausleger über einer Entwässerungsrinne; zu beiden Seiten der Rinne stieg das Vorfeld leicht an. Dies führte dazu, dass der vertikale Abstand der Heckrotorspitzen zum Boden auf 1,65 Meter reduziert war. Über durchgängig ebenem Gelände hätte der Abstand 1,88 Meter betragen. Die Position war auch in der Vergangen- Illustration: Renate Wachsmann-Kerp, IMZBw engel zur Seite. Der gleiche Engel verhinderte Schlimmeres, als ein Wart am 19. April 1973 in einer Wartungshalle der Heeresfliegerwaffenschule in Bückeburg in Aktion trat. (Interne Info: Unfall Nr 73/25, RegNr 7325) Der Wart hatte den Auftrag, die Propellerhaube auf die Propellerwelle einer DO 27 (4sitziger, freitragender, einmotoriger Hochdecker mit starrem Fahrwerk) zu befestigen. Vor Beginn der Arbeiten hätte er sich von der Stellung des Zündschalters im Cockpit überzeugen müssen; dies versäumte er. Tatsächlich war die Zündung eingeschaltet und der Gemischhebel stand auf Position „reich“. Damit waren die idealen Voraussetzungen zum leichten Anspringen des Motors gegeben. Im Zuge der Arbeiten drehte der Wart den Propeller und der Treibling sprang an. Die Luftschraube traf den Wart am linken Oberarm und am Oberkörper. Er erlitt einen offenen komplizierten Oberarmbruch und eine Prellung der linken Körperhälfte. Wesentlich tragischer war das Schicksal des KptLt H., der am 15. Juni 1977 als Passagier an Bord einer DO 28 (zweimotoriger Hochdecker mit starrem Fahrwerk) nach Westerland auf Sylt flog. (Unfall 77/18, RegNr 7718) Nach der Landung hätten gemäß den damaligen Bestimmungen die Triebwerke abgestellt werden müssen, bevor Passagiere ein- oder ausstiegen. Am genannten Tage verzichtete die Besatzung darauf und ließ die Triebwerke laufen. Später begründete der VLF dies damit, er hätte bei diesem Flug ausschließlich erfahrene Luftfahrzeugführer transportiert, die mit der DO 28 und mit ihren Gefahren vertraut seien. Zudem sei der Wind zum Unfallzeitpunkt sehr böig gewesen und das Luftfahrzeug ließe sich mit laufenden Triebwerken besser halten. Auch hatte der VLF seinen Copiloten angewiesen, den KptLt H. (übrigens selbst Hubschrauberführer) aus dem Gefahrenbereich der Luftschrauben herauszubegleiten. Nachdem H. aus dem ging, war ihm anscheinend momentan nicht bewusst, als er sich zügig in Bewegung setzte. Er wurde von der Luftschraube erfasst und tödlich verletzt. Ein ähnlich tragisches Ereignis führte am 17.Dezember 1973 auf dem Flugplatz des HFlgTrspRgt 20 zum Tode des HptFw M. (Unfall III/2005 FLUGSICHERHEIT heit schon bewusst gewählt worden; die Techniker konnten so den Blattspurlauf des Rotors aus unmittelbarer Nähe besser beobachten. Dazu war das Triebwerk des Hubschraubers angelassen und auf annähernd volle Drehzahl gebracht worden. Folglich rotierte der Heckrotor mit 1000-1200 RPM und war gegen den hellen Himmel nur als blasser Schatten erkennbar. Zeugen beobachteten, dass HptFw M., der die Aufgaben des stellvertretenden Instandsetzungszugführers wahrnahm und der mit allen Gegebenheiten bestens vertraut war, aus dem nahe gelegenen Hangar trat und sich dem Hubschrauber von hinten rechts näherte. Der gradlinige Weg hätte ihn in sicherem Abstand auf die rechte Seite des Luftfahrzeuges gebracht; er blieb jedoch auf Höhe des drehenden Heckrotors kurz stehen, bevor er sich um 90 Grad nach links wandte und zügig voran schritt, möglicherweise, um einen in der Nähe stehenden Techniker anzusprechen. Nach 3 bis 4 Schritten geriet er mit dem Kopf in den Drehkreis des Heckrotors und erlitt tödliche Schädelverletzungen. Der damalige Untersuchungsausschuss konnte keine belegbaren Aussagen zu der tatsächlichen Ursache des Unfalls machen, vermutete u. a. aber, dass HptFw M. soweit an den ständigen Lärmpegel auf dem Vorfeld gewöhnt war, dass er die Schallquelle des Hubschraubers in seiner unmittelbaren Nähe nicht als Warnung erkannte. Es ist denkbar, dass er nicht wahrnahm, dass das Triebwerk der UH -1D lief und dass sich folglich die Rotoren drehten. Es wäre verwunderlich, wenn Unfälle der beschriebenen Art ausschließlich ein deutsches Problem dargestellten. Dies ist natürlich nicht so! Bereits eine kurze Recherche u. a. auf den Internetseiten des amerikanischen National Transport and Safety Board (NTSB) wird mit zahlreichen (Kurz-)Berichten belohnt, die zum Teil ganz erstaunliche Inhalte offenbaren. Am 29. Juni 1993 lief eine Frau auf III/2005 FLUGSICHERHEIT einem Flugplatz des Bundesstaates Alaska absichtlich in den Propellerkreis eines Luftfahrzeuges, wobei sie offenbar von „höherer Stelle“ gesteuert wurde. Am damaligen Tage war die Frau als Passagier an Bord eines anderen Luftfahrzeuges (der Gesellschaft Ryan Air; nicht zu verwechseln mit der heutigen Gesellschaft gleichen Namens) auf dem Flugplatz gelandet und war aus diesem Flugzeug ausgestiegen, nachdem die Parkposition erreicht war. In der Nähe hatte die Besatzung einer Piper PA-31 (Geschäftsreiseflugzeug des Betreibers Bering Air, von zwei Propellerturbinen angetrieben) die Triebwerke angelassen und beschäftigte sich unmittelbar vor dem Losrollen mit der Checkliste. Die Frau überquerte die Abstellfläche und bewegte sich entlang der Vorderkante der linken Tragfläche geradewegs auf den linken Propeller der Piper zu. Der VLF bemerkte die Frau noch und stellte sofort beide Triebwerke ab. Kurz bevor die Frau den Propellerkreis erreichte, drehte sie sich um und bot ihr Gesäß den noch drehenden Propellerblättern dar. Sie wurde an diesem Körperteil und an den Beinen mehrere Male getroffen, bevor sie zu Boden stürzte. Ein Zeuge berichtete: als die Frau in den Genuss der Ersten Hilfe-Maßnahmen kam, habe sie wiederholt gerufen, dass Gott ihr gesagt hätte, dies zu tun und das sie nicht sterben werde. Es ginge ihr gut und man möge doch beten! Dies hat offenbar genützt – sie überlebte den Unfall, wenn auch mit schweren Verletzungen! Der Bericht erwähnt noch, dass die beiden Angestellten der genannten Flugverkehrsgesellschaften, die die Sicherheit auf den Abstellflächen hätten gewährleisten sollen, zum Zeitpunkt des Unfalls nicht zugegen waren. Beide hatten sich zu kurzen Erledigungen in die nahe gelegene Stadt begeben! In dem gleichen amerikanischen Bundesstaat ereignete sich am 20. November 1994 ein Unfall, dessen Kon- sequenzen weder durch inbrünstige Gebete noch durch die Anwendung von Erste Hilfe-Maßnahmen hätten gemildert werden können. Damals war ein Hubschrauber vom Typ Bell Jet Ranger 206B in der Nähe eines Holzfällerlagers gelandet. Der eigentliche, mit Bodenmarkierungen gekennzeichnete Landeplatz konnte nicht genutzt werden, da die Hindernissituation dies zum Augenblick der Landung nicht zuließ. Daher hatte die Besatzung das Luftfahrzeug auf einer anderen schneebedeckten Abstellfläche abgesetzt. Dort gab es keinerlei Boden- oder sonstige Markierungen, die etwa auf Gefahrenbereiche und sichere Zu- und Abgangswege hinwiesen. Zudem befanden sich auch in der Nähe dieses Landeplatzes allerlei Hindernisse, sodass eine günstigere Abstellfläche nicht zu finden war. Der Hubschrauber wurde zum Personentransport zu und von den Lagern eingesetzt, die zu dem Besitz eines größeren Holzfällerbetriebes gehörten. In diesem Lager arbeiteten 6 Holzfäller, von denen einer die Aufgabe des „Versorgungsmanagers“ versah. Der betreffende Arbeiter hatte auf diesem Gebiet eine 18-jährige Erfahrung und der Umgang mit Hubschraubern gehörte zu seiner täglichen Routine; das letzte Hubschraubersicherheitstraining hatte er etwa 4 Jahre zuvor absolviert. Er war für die Bodensicherheit in diesem Lager verantwortlich und bildete auch andere Arbeiter auf diesem Gebiet aus. An diesem Novembertag war er nicht als Passagier auf dem Hubschrauber vorgesehen. Während der Copilot im Cockpit verblieb, bereitete der Luftfahrzeugführer bei laufendem Triebwerk den Betankungsvorgang seines Hubschraubers vor (Einfüllstutzen auf der rechten Seite), als der Arbeiter unvermittelt und unerwartet neben ihn trat und sein Interesse an einem Mitflug zu einer nahe gelegenen Siedlung bekundete. Der Luftfahrzeugführer stimmte zu und entgegnete, dass er in etwa 10 Minuten 29 wieder starten werde. In diesem Augenblick entschied der Luftfahrzeugführer auch, auf das hot refueling zu verzichten und das Triebwerk zum Betanken abzustellen. Zuvor war jedoch noch eine 2-minütige „Abkühlphase“ einzuhalten. Nach dem Gespräch mit dem Luftfahrzeugführer war der Arbeiter in Richtung des Heckauslegers gegangen, offenbar, um sein Gepäck zu holen. Er kletterte unter dem Heckausleger hindurch auf die linke Seite und lief geradewegs in den drehenden Heckrotor. Dabei zog er sich tödliche Kopfverletzungen zu. In den Abendstunden des 11. März 1998 geschah auf dem Flugplatz der Stadt Memphis, Tennessee, folgendes: eine Angehörige der Bodenmannschaft der Express Airlines One hatte das Anlassen der Triebwerke einer Saab 340A der gleichen Gesellschaft (Regionalverkehrsflugzeug, Tiefdecker, 2 Propellerturbinen) überwacht und befand sich noch rechts vor dem Luftfahrzeug, als sie die Besatzung per Sichtzeichen um die Erlaubnis bat, die Verbindung zum Anlassgenerator trennen zu dürfen. Der Anlassgenerator stand hinter der rechten Fläche des Luftfahrzeuges. Der Copilot signalisierte sein Einverständnis; die Frau setzte sich in Bewegung lief auf dem Weg zu dem Generator in den Propellerkreis. Dabei erlitt sie tödliche Verletzungen. Die Betriebs- und Sicherheitshandbücher der Gesellschaft warnten ausdrücklich davor, bei laufenden Triebwerken unter den Tragflächen hindurch zu gehen oder zu fahren. Es war verbindlich angeordnet, außen um die Flächen herum zu laufen bzw. zu fahren. Der Kurzbericht des NTSB erwähnt noch, dass die betroffene Angestellte etwa drei Wochen vor dem Unfall ihre Tätigkeit bei Express Airlines One als Teilzeitkraft begonnen hatte. Der Arbeitsvertrag 30 sah eine Arbeitszeit von Sonntags bis Donnerstags von jeweils 17:30 Uhr bis 21:00 Uhr vor. Daneben ging die Frau einer Hauptbeschäftigung nach, die sie Montags bis Freitags von 07:00 bis 15:30 Uhr in Anspruch nahm. Ein gleichartiger Unfall hatte sich bereits am 5. November 1993 um die Mittagszeit auf dem internationalen Flugplatz der Stadt Newark, New Jersey, ereignet. Damals warteten mehrer Luftfahrzeuge auf den verspäteten Start, da die Abflüge sich aus Wettergründen verzögert hatten. Dabei handelte es sich in einem Fall um eine Fairchild SA 227 (Luftfahrzeug-Typ wie oben) der Gesellschaft Northwest, deren Triebwerke soeben angelassen worden waren. Eine Angestellte der Gesellschaft hatte dabei assistiert und trug dabei einen Gehörschutz. Sie stand vor dem Luftfahrzeug, als der VLF ihr das Zeichen gab, den Anlassgenerator abzukoppeln. Der Generator stand nahe der rechten hinteren Seite der Sa 227. Die Frau lief außen um die rechte Flächenspitze herum und näherte sich der hinteren Steuerbordseite des Luftfahrzeugs. Ein anderer Angestellter der Gesellschaft berichtete: „Sie trennte den Stecker (des Generators) vom dem Luftfahrzeug, drehte sich herum und ging mit dem Kabel zum hinteren Ende des Luftfahrzeugs. Ich selbst stand neben dem Anlassgenerator. Sie gab mir das Kabel und ich begann, dies auf dem Wagen zu verstauen, auf dem der Generator sich befand. Während ich damit beschäftigt war, schaute ich auf und sah die Frau erst nicht. Dann entdeckte ich sie auf ihrem Weg zurück zur Nase des Flugzeugs. Sie ging nicht um die Tragfläche herum, sie ging geradewegs zurück unter der Fläche durch auf das Triebwerk zu. Ich rief mehrere Male ihren Namen, aber sie hörte mich nicht. Sie hatte sich vornüber gebeugt und lief genau in den Propeller. Ich sah wie der Propeller sie traf.“ Die Frau wurde tödlich verletzt. Sie war 22 Jahre alt und gehörte der Fluggesellschaft seit Juni des Vorjahres an. In diesem Monat hatte sie eine 5-tägige Einweisung in ihre Tätigkeit erhalten. Dabei waren auch Aspekte der Bodensicherheit behandelt worden. Aus ihren Trainingsunterlagen ging auch hervor, dass sie als Ausbilderin auf diesem Gebiet vorgesehen war. Auf dem Teil des Flugplatzes, auf dem sich der Unfall ereignete, gab es keinerlei Farbmarkierungen auf dem Boden, also auch keine Parkmarkierungen für die Luftfahrzeuge oder gekennzeichnete Zu- und Abgangswege für die Passagiere. Die Darstellung solcher Unfälle ließe sich weiter fortsetzen. Im Februar 1999 geriet ein Angehöriger des Bodenpersonals auf einem Flugplatz der Hauptstadt Washington D. C. in den Propeller einer Piper Saragota und wurde enthauptet. Auf dem Flugplatz Little Rock, Arkansas, lief ein Stationsmanager mit 31-jähriger Berufserfahrung im Juli 1999 von hin- III/2005 FLUGSICHERHEIT Illustration: Hans-Günther Sperling Flugsicherheit ten in den Propeller einer ATR-42 und erlitt tödliche Verletzungen. Sieht man einmal von dem Unfall mit der zur Selbstverstümmlung berufenen Frau ab, so ist auffällig, dass ausschließlich solche Personen zu Schaden kamen, die mit der „Gefahrenquelle Luftfahrzeug“ durchaus vertraut waren. Und in keinem der Fälle gab es organisatorische oder umweltbedingte Faktoren, die das Geschehen begünstigten. Auch stand keines der Opfer unter dem Einfluss von Rauschmitteln. Bei der Suche nach den Ursachen für das Verhalten der Personen rücken psychologische Aspekte in den Vordergrund. Doch bevor wir in die Tiefen der menschlichen Seele abtauchen und die recht einfache Antwort liefern, einige einfache Betrachtungen des alltäglichen Lebens. Es ist uns allen schon passiert, dass wir eine Gefahrenquelle „übersehen“ haben, weil wir ein (oftmals sogar räumlich) dahinter liegendes Ziel unbedingt erreichen wollten. Dazu einige Beispiele: wir entdecken einen guten Freund auf der anderen Straßenseite; unsere Motivation, ihm entgegenzueilen, um ihn freudig zu begrüßen, wird so mächtig, dass wir loslaufen, ohne auf den fließenden Autoverkehr zu achten. Die Gefahrenquelle „Autoverkehr“ wird in unserem Bewusstsein ausgeblendet, wir können auch sagen, überlagert, ja, sie existiert augenblicklich nicht mehr. Später haben wir Schwierigkeiten zu erklären, warum wir das von den Eltern antrainierte „Schau nach links und nach rechts!“ restlos außer Acht ließen. Unser Verhalten wurde auch durch ein physiologisches Phänomen begünstig. Die starke visuelle Konzentration auf einen Punkt, in diesem Falle auf den Freund auf der anderen Straßenseite, führt zur Bildung eines „Tunnelblickes“; alles, was außerhalb der „Blickröhre“ liegt, wird nicht oder nur ungenau erkannt. Von dieser Stelle lässt sich der Bogen zur Luftfahrt leicht schlagen. Aus den Unfall- und Zwischenfallberichten ken- III/2005 FLUGSICHERHEIT nen wir den Begriff der Target Fixation nur allzu gut. Damit verbindet sich die starke Konzentration auf einen Punkt/ein Ziel mit der Folge der visuellen und gedanklichen Ausblendung der sonstigen Umweltbedingungen. Ein anderes Beispiel: der Handrasenmäher! Wie häufig ist es vorgekommen, dass der Bediener den Mäher mit laufendem Motor auf die Seite kippte, um die Grasreste im Inneren zu beseitigen und dabei in das drehenden Messer griff? Und wie oft sind Sägewerksarbeiter mit ihren Fingern in laufende Sägen geraten? Natürlich erwarten wir keine konkrete Antwort auf diese Frage, aber es ist immerhin so häufig geschehen, dass die verstümmelten Hände Gegenstand makaberer Scherze wurden. In den beiden letztgenannten Fällen bieten sich rein mechanische Vorrichtungen zur sicheren Unfallverhütung an. Hobbygärtner und –handwerker wissen das. In der Absicht, wirksam vor den Gefahren rotierender Propeller bzw. Rotoren zu schützen, müssen andere Wege beschritten werden. Ganz sicher ist der stereotype Hinweis auf die Existenz der Gefahrenquelle bestenfalls noch im Unterricht für Erstklässler angebracht – später ist diese Erkenntnis Teil der allgemeinen Lebenserfahrung und der bloße gebetsmühlenartig wiederholte Hinweis darauf hat die gleiche Wirkung wie die Aufforderung, nicht so spät nach Hause zu kommen oder sich beim Spielen nicht schmutzig zu machen. Was also kann helfen? Zunächst einmal trägt der Propelleroder Rotorhersteller seinen Teil zur Verhütung bei, indem er die Blattspitzen farblich auffallend markiert. Weiß auf grau (DO 228) trägt aber eher dem Aspekt bester Tarnung Rechnung, ansonsten muss man schon genau hinsehen. Gelb auf grau (Transall C-160) ist auffälliger. Rot-weiß-rot an den Spitzen des Heckrotors der Bell UH 1D ebenfalls, so sollte man zumindest meinen. Darüber hinaus können Bodenmarkierungen Gefahrenbereiche von sicheren Arealen trennen. Aber auch hier ergeben sich Zweifel an der Wirksamkeit. Umweltbedingungen wie Regen, Schnee, Dunkelheit heben die Signalwirkung auf. Voraussetzung wäre auch, dass stets gleichartige LuftfahrzeugMuster auf stets den gleichen Abstellplätzen geparkt werden müssten. Das ist unpraktisch und kaum realisierbar. Eine vielversprechende Methode zur Verhütung von Unfällen der genannten Art ist aber weiter oben schon angeklungen: Die verantwortlichen Stellen müssen geeignete Verfahren entwickeln und mit der Androhung von Strafe bei Nichteinhaltung durchsetzen. Solche Verfahren können beispielsweise zum Inhalt haben, dass • man sich einem Hubschrauber nur von vorne nähert und sich auf dem gleichen Wege auch wieder von ihm entfernt, man sich nicht unter dem Heckausleger hindurch bewegt, • man nicht unter einer Tragfläche hindurch geht oder fährt, wenn ein oder mehrere Triebwerke dieses Luftfahrzeuges laufen, • man – auch wenn ein Propeller steht nie durch den gedachten Propellerkreis hindurch geht, • man in der Nähe eines Luftfahrzeuges nicht eilig läuft, sondern mit angemessener Geschwindigkeit geht. Darüber hinaus sollte das Sicherheitstraining für das Bodenpersonal den Grundsatz enthalten, dass man sich in der Nähe eines jeden Luftfahrzeuges so verhalten soll, als wären seine Triebwerke in Betrieb. Die Entwicklung solcher Verfahren, ihre Durchsetzung und deren Einhaltung kostet weder Geld noch zusätzliches Personal und, wenn überhaupt, dann nur das Minimum an Zeit, über das wir alle verfügen. Worauf warten Sie dann noch? Auf den nächsten Unfall? 31 Flugsicherheit Wir verabschieden ... Oberstleutnant Uwe Clever hat zum 31.08.2005 die Abteilung verlassen. Er war seit August 2001 Dezernent für das Waffensystem F-4F im Dezernat b. Zuvor flog er als Waffensystemoffizier auf der Phantom beim JG 74 in Neuburg. Die Aufgaben als Flugsicherheitsstabsoffizier des Geschwaders beschäftigten ihn dort über viele Jahre. Nun, nach etwa 300.000 dienstlichen Autobahnkilometern in den letzten 8 Jahren, freut sich der Computerfreak und ausgesprochene Naturfreund darauf, zusammen mit seiner Frau den eigenen Gartenteich bei einem leckeren Bierchen in Ruhe zu genießen. Geflogen wird nur noch, wenn es in den Urlaub geht. Sein offenes und freundliches Wesen wird der Abteilung fehlen. Für die Zukunft wünschen wir ihm viel Glück und Gesundheit im wohlverdienten Ruhestand. Ebenfalls befindet sich Hauptmann Gerhard Müller jetzt im Ruhestand. Nach einer Ausbildung zum Kfz-Mechaniker trat er 1971 in die Bundeswehr ein. In Ahlhorn wurde er als Triebwerksmechaniker ausgebildet, es folgte die Meisterausbildung und in Fassberg der Besuch an der Technikerschule der TSLw 3. Seit 1981 war er in Erding bei der Luftwaffenwerft 11, wo er in der Triebwerkinstandsetzung (MES 3 und 4) als Prüfgruppenleiter und Nachprüfer Triebwerk T53-L-13B (UH-1D) sein umfassendes Wissen einsetzte. Zusätzlich war er hier als Projektoffizier für die maschinelle Neuausstattung der CNC-gesteuerten Drehbänke und Fräsmaschinen zuständig, ebenfalls für die Erneuerung der Messausstattung bis hin zur 3D-Portalmessmaschine. 1987 folgte die Versetzung zur Abteilung Flugsicherheit in der Bundeswehr. Als Sachbearbeiter Triebwerk war er im Dezernat d an 60 (!!) Flugunfalluntersuchungen beteiligt. Seine Erfahrung und sein Fachwissen waren über die Grenzen der Bundeswehr bis zur omanischen Luftwaffe gefragt. Trotz der hohen Arbeitsbelastung hat er in seiner Nebenfunktion als Dezernatskoch der Techniker gerne für das leibliche Wohl seiner Kameraden gesorgt. Für den nun folgenden Lebensabschnitt wünschen wir alles Gute bei guter Gesundheit. Im Dezernat d hat es einige Personalwechsel gegeben. So hat Hauptmann Markus Böhm seit dem 01. September seinen neuen Dienstposten in Landsberg beim Lufttransportgeschwader 61 übernommen. Im Sommer 1994 ist er zur Bundeswehr gekommen und hat nach der Offizierschule ein Studium der Elektrotechnik in München absolviert. Vom Mai 1999 an war er als LfzEloOffz in Büchel beim JaboG 33 eingesetzt, bevor er dann im September 2002 ins Luftwaffenamt zur Dienststelle GenFlSichhBw kam. Als Sachbearbeiter für Avionik umfasste sein Aufgabengebiet ebenfalls die Auswertestation. Wir bedanken uns für seine Unterstützung und für seine neue Funktion als Leiter Technische Betriebsführung der Instandsetzungsstaffel beim LTG 61 wünschen wir viel Erfolg. Wir begrüßen Oberstleutnant Michael Baumgart ist nach einem dreijährigen Aufenthalt beim Air Force Safety Center Kirkland, Albuquerque, zur Dienststelle GenFlSichhBw zurückgekehrt. In seiner Funktion als action officier und Repräsentant des Air Force Safety Center hat er dort an sieben Flugunfällen mitarbeiten dürfen. Vor dieser Zeit war er von Oktober 1997 bis zum August 2002 in der Abteilung b zuständig für das Waffensystem MiG-29. Mit seiner Erfahrung als Luftfahrzeugführer auf diesem Muster ist er nun als Sachbearbeiter der Waffensysteme F-4F und Eurofighter verantwortlich. Für die neuen und umfassenden Aufgaben wünschen wir viel Glück und Erfolg. Hauptmann Peter Hörnemann ist seit dem 15.08.05 der Nachfolger von Hauptmann Gerhard Müller im Dezernat d. Nach seiner Grundausbildung in Ulmen wurde er 1982 zum Luftfahrzeugtriebwerkmechaniker und meister beim JaboG 33 ausgebildet. Es folgte 1990 eine Fachschulausbildung Maschinentechnik an der TSLw 3 in Faßberg mit einer anschließenden Ausbildung zum LehrOffz und LfzTOffz. In der Funktion als Hörsaalleiter und LehrOffz war er anschließend an der 10./TSLw 3 in Fassberg bis zum Jahresende 1995 tätig, gefolgt von einer Verwendung an der 6./TSLw 3 in Wunsdorf, wo er vier Jahre über das Triebwerk der C-160 unterrichtete. Vor seiner Versetzung zur Dienststelle GenFlSichhBw war er fast sechs Jahre als Leiter der Prüfgruppe und LfzTOffz in Nörvenich beim JaboG 31 „B“ eingesetzt. Wir wünschen einen guten Start in der neuen Verwendung. Feldwebel Zbigniew Dobrzanski ist nach seiner fast zweijährigen Ausbildung zum Bürokaufmann als Dienstvorschriftenverwalter im Dezernat a tätig. Im Sommer 2002 wurde er als Wehrpflichtiger nach seiner Grundausbildung in Germersheim zum LwA Abteilung Flugsicherheit in der Bw versetzt. Er wurde mit Wirkung des 01. Januar 2003 zum Soldaten auf Zeit ernannt, somit folgten der Unteroffizierlehrgang, der Feldwebellehrgang und die Ausbildung zum Bürokaufmann. Frisch ausgebildet steht er nun der Dienststelle zur Verfügung. In seiner Zweitfunktion ist er Materialbeauftragter und Stellvertreter des Gebäudeältesten. Viel Freude und einen guten Arbeitsbeginn wünschen wir unserem „polnischen Verbindungsunteroffizier“. 32 III/2005 FLUGSICHERHEIT Statistik Flugunfall-/ Zwischenfallbilanz 2005 bemannte Luftfahrzeuge: 3 Unfälle 3 beschädigte Luftfahrzeuge 10.02.05 //// CH-53G 03.03.05 30.03.05 //// //// EC-135 MK 41 Bodenlauf mit nur 5 Hauptrotorblättern, Hauptrotorkopf schwer beschädigt Im Schwebeflug Bodenberührung und umgekippt Nach der Bordlandung Einschlag Hauptrotor in Heckrotorwelle unbemannte Luftfahrzeuge: 2 Unfälle 2 zerstörte Luftfahrzeuge 04.05.05 04.05.05 22.07.05 30.07.05 xx xx xx xx Luna Luna Luna Luna Landeschirmabriss-/abtrennung während Landevorgang Absturz nach Abriß der Telemetrieverbindung Nach Start durchgesackt und Bodenkontakt Telemetrieverlust, Lfz vermisst bemannte Luftfahrzeuge: Zwischenfälle gem. ZDv 19/6 02.03.05 * 29.03.05 18.04.05 * ** MK88A Überdrehzahl des Hauptrotors beim Anflug auf Schwebeflugposition CH-53GS Luftfahrzeug wurde gegen Hallentor geschleppt PA 200 bei Gebrauch von Schubumkehr - driften des Luftfahrzeuges und Abkommen von der Piste unbemannte Luftfahrzeuge: Zwischenfälle gem. ZDv 19/6 04.04.05 25.04.05 08.06.05 „B“ „B“ „B“ Luna Luna Luna Keine Öffnung des Landeschirms im Landevorgang Öffnung Fallschirmraumdeckel unmittelbar nach dem Start Bei einer planmäßigen automatischen Landung wurde der Landeschirm nicht ordnungsgemäß geöffnet Legende xx //// Lfz zerstört Lfz beschädigt * Zwischenfall ZDv 19/6 701.1 „Flugunfall“ ** ZDv 19/6 806 „Bodenunfall“ *** ZDv 19/6 804 „Unfall beim Betrieb“ Stand: 01. August 2005 III/2005 FLUGSICHERHEIT