Treibt ein schwacher Dollar den Ölpreis?
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Treibt ein schwacher Dollar den Ölpreis?
Futures we are the futures Magazin für technisches Trading 9. Jahrgang | Dezember 2007 Treibt ein schwacher Dollar den Ölpreis? Der scheinbar gegen jede fundamentale Vernunft Inhalt galoppierende Rohöl-Preis wird neuerdings gerne Schwerpunkt-Thema Ölpreis: Gibt es einen Zusam menhang zwischen dem schwachen Dollar und den gestiegenen Rohöl-Preisen? mit dem Verfall der Öl-Währung US-Dollar argumentiert. Ein Zusammenhang, der sich scheinbar glasklar argumentieren lässt und vielleicht dennoch gar nicht vorhanden ist. Futures untersucht den Fall „Starkes Öl Markt & Meinung: FTC CEO Eduard Pomeranz über auffällige Marktentwicklungen der letzten Zeit sowie die Entwicklung der FTC-Fonds. vs. schwacher Dollar“. Seit Wochen überbieten sich Experten mit Erklärungsversuchen für den drastisch gestiegenen Rohölpreis. Eine der Argumenta tionen kehrt dabei in unterschiedlichen Varianten immer wieder: Demnach wirkt sich ein sinkender Dollarkurs grundsätzlich treibend auf Ölpreise aus – Wurzel dieser These ist die Tatsache, dass der gesamte Ölmarkt in US-Dollar notiert. Um die Welt ging etwa die folgende Meldung der Nachrichtenagentur Associated Press vom 18. Oktober, welche in zahlreichen Medien zitiert wurde: „Wenn der Dollarkurs fällt, sinkt auch die Kaufkraft der Öl-Förderländer in anderen Währungen. Sie versuchen, das Loch über höhere Preise zu schließen. «Wenn der Dollar fällt, steigen die Rohstoffpreise, das ist eine alte Erfahrung», erklärte Ölmarktexperte Klaus Matthies vom Hamburger Institut HWWI. «Die Produzenten wollen keine Ver- Impressum Medieninhaber, Herausgeber, Redaktion: FTC Capital GmbH Konzept & Umsetzung: Wolfgang Schimmel Alle: Schottenring 12, A-1010 Wien (+431) 585 61 69 | [email protected] | www.ftc.at Futures Magazin für technisches Trading | 9. Jahrgang | Dezember 2007 | Seite 2 we are the futures genannt. Bei Rohöl ist es insofern anders, USD-Index ind. 350 200 als sich die Verkaufs preise der Ölprodu 300 180 zenten(länder) inzwischen an den 250 160 Börsenpreisen orien tieren. Damit haben 200 140 die Produzenten keinen unmittelbaren 150 120 Einfluss mehr auf den Ölpreis.“ 100 100 Auch der Ver dacht, „manche 50 80 Anleger“ würden Vermögen angesichts 0 60 eines sinkenden 12|00 06|01 12|01 06|02 12|02 06|03 12|03 06|04 12|04 06|05 12|05 06|06 12|06 06|07 Dollars lieber in Rich tung Gold und Rohöl Die Entwicklung der beiden Futures-Märkte zwischen Dezember 2001 und Oktober 2007: Der Chart zeigt Rohöl in einem langfristigen „schieben“, ist kaum Aufwärtstrend und den Dollar in einem seit dem Frühjahr 2002 fast zu erhärten. Gold als ununterbrochenen Sinkflug. Daraus kann man aber noch nicht auf einen Versicherung gegen Zusammenhang zwischen den beiden Marktentwicklungen schließen. einen sinkenden Dol lar mag in der Regel funktionieren (auch luste erleiden», sagte er.“ wenn es dafür bessere Möglichkeiten Und weiter: „Noch ein Effekt des gäbe). Öl dagegen sicher nicht: Ein Öl schwachen Dollars treibt nach Einschätkäufer würde sein Dollarrisiko nämlich zung von Experten den Ölpreis: Für Speerhöhen, anstatt es zu senken, weil der kulanten aus dem Nicht-Dollarraum wird Wert seiner Investition mit sinkendem es günstiger, Geld in Ölpapieren anzuleDollar ebenfalls sinkt. Ein Hedge wäre gen. Wenn die Investoren aber billiger an allenfalls mit einer Öl-Short-Position Öl-Futures kommen, wird die Investition möglich. interessanter. Diese steigende Nachfrage Doch vielleicht gibt es in all dem treibt auch den Preis nach oben. doch so etwas wie einen wahren Kern. Außerdem schieben manche Anleger Vorstellbar wäre etwa, dass sich Groß angesichts des Dollarverfalls Vermögen verbraucher oder Spekulanten – z.B. im vom Dollar in Rohstoffe wie Gold, aber Euro-Raum – in schwachen Dollar-Pha auch Öl, um den Wertverfall zu stoppen. sen über die Maßen mit relativ billigem Auch das lässt den Ölpreis steigen.“ Öl eindecken und dadurch letztlich Diese Argumente erscheinen den Preis in die Höhe treiben. Oder: intuitiv logisch. Bei eingehender Über Produzenten könnten den Preis immer legung könnte man allerdings einige noch durch den viel zitierten „Ölhahn“ Einwände geltend machen. So ist etwa beeinflussen (steigende Preise durch die Idee, Ölproduzenten könnten einen gedrosselte Produktion). Preis für das von ihnen geförderte Öl festsetzen, fernab der heutigen Realität. Im 21. Jahrhundert werden die Preise Öl vs. Dollar: Der Datencheck vom Markt gemacht. Eine Tatsache, die natürlich auch dem zitierten Wir wollten es genau wissen und Rohstoffexperten bekannt ist, einem versuchen, auf der Basis statistischer der Senior-Ökonomen am Hambur Methoden zu prüfen, ob mit der Hypo gischen WeltWirtschafts Institut. Der these vom Einfluss des Dollars auf den Diplomvolkswirt Klaus Matthies stellt Ölpreis etwas anzufangen ist. Etwa, ob auf Anfrage von Futures fest: „Meine der Dollarkurs als Prognose-Indikator Aussage bezog sich auf Rohstoffe im für die künftige Richtung der Ölpreise Allgemeinen, und als Beispiele hat dienen könnte. Wir bedienen uns dafür te ich Steinkohle und Buntmetalle jener Kurse, welche die Entwicklung 400 Crude-Light ind. 220 der Ölpreise und des Dollarkurses zeitund marktnah reflektieren: 1.) Als Messlatte für die Ölpreis entwicklung nehmen wir den weltweit liquidesten Terminkontrakt auf Rohöl (den Crude Light-Future an der New Yorker Börse NYMEX). 2.) Als Benchmark für die DollarEntwicklung entscheiden wir uns für den US-Dollar Index-Future an der FINEX, welcher den Wert des Dol lar gemessen an einem gewogenen Durchschnitt der sechs stärksten Refe renzwährungen widerspiegelt (darunter der Euro, der ab 2001 die D-Mark ablöst, der Yen, das Britische Pfund und der Schweizer Franken). Steigt der Kurs dieses Kontrakts, dann steigt auch der Wert des Dollar auf dem Währungs markt und umgekehrt. Anhand dieser Datensätze müsste zunächst einmal das Folgende zu mes sen sein, falls es einen linearen, direkten über die Zeit stabilen Zusammenhang gibt (Öl rauf, Dollar runter und um gekehrt): Die Korrelation (in Form des Korrelationskoeffizienten) zwischen den Wertveränderungen des Crude-Light und des Dollarindex sollte signifikant negativ sein und einer Regressionsana lyse standhalten. Test 1: Monate im Vergleich Wir beginnen mit der längsten verfügbaren Zeitreihe – den Wertver änderungen des Rohöl-Future und des Dollar-Index zwischen dem Jänner 1986 und dem Oktober 2007. Wir ent scheiden uns zunächst für eine Regres sionsanalyse auf Basis der 262 Monats veränderungen. Der dabei erhaltene Korrelationskoeffizient von -0,01 verrät bereits: Ein direkter Zusammenhang zwischen Öl und Dollar besteht – zumindest im direkten Vergleich der einzelnen Monate – nicht. Zwar gibt es einen leichten Überhang von Monaten mit gegenläufiger Kursentwicklung gegenüber jenen Perioden gibt, in de nen Öl und Dollar in dieselbe Richtung wanderten. Konkret betrug das Ver hältnis 113:158. Aber die Betrachtung des Streudiagramms auf Seite 3 zeigt: Trotz der leicht negativen Korrelation haben wir es mit einer Zufallsverteilung zu tun. Futures Magazin für technisches Trading | 9. Jahrgang | Dezember 2007 | Seite 3 we are the futures 8% 3% - US-Dollar Index -40% -20% 20% 40% -3% Crude Light Oil - -8% Crude Light Oil + Streudiagramm aus der linearen Regression: Die Monatsveränderungen des Crude-Light Future (x-Achse) und des Dollar-Index Future (y-Achse) in den 161 untersuchten Monaten. Die Datenpunkte in den roten Quadranten zeigen Monate an, in de nen sich die beiden Werte gegenläufig entwickelt haben, Punkte in den grünen Quadraten zeigen Monate mit gleichgerichteter Wertveränderung. Insgesamt ergibt sich das Bild einer Zufallsvertei lung. Test 2: Verzögerung Damit könnte man es auch schon gut sein lassen und konstatieren: Eine weitere Betrachtung lohnt aus der Sicht des Praktikers kaum, weil sich aus dem Wertepaar Dollar-/Öl keinerlei Regel mit genügend hoher Trefferchance ableiten lässt. Aber so einfach ist die Sache nicht – schließlich bedeutet die nahe Null-Korrelation der Monatsver änderungen noch keineswegs, dass es überhaupt keine Wechselwirkung der beiden Märkte gibt. Es könnte beispielsweise eine verzögerte Reaktion vorliegen. Demnach würde der Ölpreis etwa mit Verspätung auf Verände rungen des Dollar-Kurses reagieren. Oder eine Reaktion erfolgt erst dann, wenn die Dollarveränderung ein be stimmtes Ausmaß erreicht. Um die Hypothese unter diesen Gesichtspunkten weiter zu verfolgen, bietet sich vorerst ein zweiter Ansatz an: Wir unterstellen, dass sich eine Veränderung des Dollarkurses nicht unmittelbar sondern eher mittel- bis langfristig auf den Ölpreis auswirkt. Die einfachste Methode dafür ist eine Betrachtung langer Zeiträume – etwa der Jahresveränderungen der beiden Märkte. Unsere Datenbasis liefert dafür 21 Vergleichswerte (31.12.1985 bis 31.12.2006). In 11 der 21 Fälle waren die Jahresveränderungen Dollarkurs Was liefert die Regression? Das statistische Verfahren der linearen Regression liefert je nach Ergebnis einen mehr oder minder starken Anhaltspunkt dafür, ob sich die Veränderungen innerhalb einer Datenreihe (nennen wir sie „X“) auf eine zweite Datenreihe („Y“) auswir ken und wie stark diese Wechselwir kung ist. Im Rahmen des Verfahrens werden eine Reihe von Kennzahlen berechnet. Dazu gehören u.a.: Der Korrelationskoeffizient (R) als Maß für Richtung und Stärke des Zusammenhangs. R kann Werte zwischen -1 und +1 annehmen. Beim unteren Extremwert -1 verläuft die Entwicklung aller Einzelwerte gegen läufig und beim oberen Extremwert +1 gleich gerichtet. Die dazwischen liegende 0 beschreibt eine ideale Zufallsverteilung. Das Bestimmtheitsmaß (R2) ist das Quadrat des Korrelationskoeffizi enten und gibt dessen „Erklärungs wert“ an. R2 liegt zwischen 0 und 1. Ein Bestimmtheitsmaß von 0,66 bedeutet etwa, dass 66 % aller Bewe gungen des Y-Wertes durch Bewe gungen des X-Wertes erklärt werden können. Die Werte für die Variablen Schnittpunkt und Anstieg (s und b) der Regressionsgerade, mit deren Hilfe sich Werte außerhalb des vorhan denen Datensamples prognostizieren lassen (vorausgesetzt, ein linearer Zu sammenhang liegt vor). Die Funktion der Regressionsgerade lautet: y=s+b*x. Beispiel: Angenommen s=0 und b=2, dann würde bei einem Wert von 4 für x folgender y-Wert prognostiziert: y=0+2*4 -> y=8 wenn x=4 Für eine erste Einschätzung genügt meist die intuitive Betrachtung des aus der Regression entstehenden Streu diagramms: und Öl gegenläufig in 10 Fällen dage gen nicht. Hier kann man sich einge hende Analyse sparen. Bereits der Blick auf ein traditionelles Balkendiagramm, in das die Jahresveränderungen der beiden Märkte eingetragen ist, enthüllt das Offensichtliche: Die Hypothese 15 y = MSCI World (USD) y = -0,0206x - 0,0014 R2 = 0,0067 -15 y = 0,8826x - 0,0005 2 R = 0,8823 10 5 -10 -5 5 10 15 -5 -10 x = S&P 500 -15 Beispiel 1, gleichgerichtete Werte: Das Streudiagramm zeigt die hohe Abhängigkeit zwischen den Aktien indizes S&P 500 sowie MSCI World: Die Regressionslinie (orange) verläuft durch die beiden gleichgerichteten Quadranten (Minus/Minus und Plus/ Plus) und nahezu alle Wertepaare des Samples (Monatsveränderungen 1994-2007) liegen knapp an oder auf der Linie. Der Korrelationskoeffizient beträgt hier +0,94, das Bestimmtheits maß 0,88. 3% -4% y = -0,8243x + 3E-05 R2 = 0,942 2% y= USD-Index US-Dollar Index + 13% 1% -3% -2% -1% 1% 2% 3% 4% -1% -2% -3% x = EURUSD Beispiel 2, gegengerichtete Werte: Die Tagesveränderungen der beiden Wäh rungsfutures Dollar-Index und Euro/ Dollar: Die Regressionslinie (orange) verläuft durch die Quadranten Minus/ Plus und Plus/Minus. Nahezu alle Wertepaare des Samples (Tagesver änderungen 2001-2007) liegen an der Linie. Der Korrelationskoeffizient beträgt hier -0,97, das Bestimmtheits maß 0,94. Das Ergebnis ist wenig überraschend aber sehr anschaulich. bestätigt sich nicht öfter als bei einem reinen Zufallstest mit einer Münze. Die Korrelation muss nahe Null liegen. Tatsächlich hat der Koeffizient einen Wert von 0,05 und wir befinden uns mit dieser Methode ganz offensichtlich in einer Sackgasse. Futures Magazin für technisches Trading | 9. Jahrgang | Dezember 2007 | Seite 4 we are the futures 120% US Crude-Light USD Index 100% 80% 60% 40% 20% 0% -20% -40% -60% 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 Jahresveränderungen des Ölpreises (Crude-Light-Future) und des Dollarkurses (Dollar-Index-Futu re): Kein Beleg für eine gegenläufige Entwicklung. Versuchen wir es also mit einem weiteren Denkansatz. Dafür bilden wir eine monatliche Zeitreihe, in der wir die Wertveränderungen der jeweils letzten sechs Monate laufend berechnen (ein sogenanntes „rollendes Zeitfenster“). Wir erhalten dadurch wesentlich mehr Daten und können weitgehend ausschließen, dass wir durch Zufall eine besonders unrepräsentative Stichprobe ziehen (was etwa bei den Jahres-End daten der Fall gewesen sein könnte). Bei der Auswertung dieser Daten erhalten wir einen – wenn auch noch immer relativ schwach – negativen Wert 20% y = -0,6176x + 0,0053 2 R = 0,0294 CRUDE-LIGHT OIL 10% -3% -2% 2% 3% -10% -20% US DOLLAR INDEX Streudiagramm anhand der 6-Monatsverände rungen Crude-Light Future (x-Achse) und des Dollar-Index Future (y-Achse) im rollenden Zeit fenster (Mai 1986 bis Oktober 2007). Es zeigt sich eine schwach negative Korrelation (-0,17) für die Korrelation: -0,17 ist weit ent fernt von „signifikant“, aber ein kleines Indiz dafür, dass es den vermuteten Zusammenhang doch in der einen oder anderen Form geben könnte. Die Regressionsanalyse Um diesem mit statistischen Mitteln auf die Spur zu kommen, kann man noch etwas tiefer in die Trickkiste grei fen und daraus ein Werkzeug namens Kointegrationsanalyse ziehen. Dieses Verfahren wird in der Praxis für Fehler korrekturmodelle angewandt und die beiden Wirtschaftsstatistiker Robert En gle und Clive Granger, die es Ende der 1980 Jahre entwickelt haben, bekamen dafür 2003 den Nobelpreis. Die Koin tegrationsanalyse versucht, langfristige Zusammenhänge zwischen mehreren – oft trendbestimmten – Variablen (etwa die Zeitreihen unterschiedlicher Aktien kurse) zu beschreiben. Der Vorteil dieser Methode gegenüber der Regression: der Zusammenhang muss nicht zu allen Zeitpunkten exakt erfüllt sein, um ihn dennoch erklären zu können. Umgelegt auf unser Dollar-ÖlProblem bedeutet das: Mittels der Regressionsanalyse haben wir nachge wiesen, dass sich zwischen den Wert veränderungen des Dollar-Kurses und des Ölpreises in den jeweils korrespon dierenden Zeitabschnitten (Monaten, Halbjahresfenster oder Jahren) höch stens eine sehr schwache Wechselbe ziehung findet. Weil wir aber immer noch nicht sicher sind, ob es nicht dennoch einen Zusammenhang gibt, der vielleicht zeitverzögert oder einem übergeordneten Trend folgend auftritt, verwenden wir mit der Kointegrations analyse ein zweites Diagnoseverfahren. Ungefähr so, wie ein vorsichtiger Arzt nach einem konventionellen Röntgen auch noch eine teure Computerto mographie anordnet, wenn er sich in seiner Diagnose nicht ganz sicher ist. Was wir mit dem aufwändigeren Verfahren untersuchen können, ist, ob wir es bei Dollar und Öl vielleicht mit der komplexen Ausformung des folgenden, simplen Beispiels zu tun haben: Stellen Sie sich zwei in der Phase verschobene Sinuskurven vor (siehe Abbildung). Interessanterweise liefern 1 0,5 1 0,5 0 1 -0,5 -1 0 3 1 5 3 7 5 7 9 9 11 11 13 13 15 15 -0,5 -1 0,5 0,5 0 -1 1 0 -1 -0,5 1 die Hoch-, Tief- und Wendepunkte, die diese Kurven beschreiben, wie auch im Streudiagramm sichtbar, eine vollkom mene Null-Korrelation. Dennoch ist -0,5 offensichtlich, dass sich beide Kurven im absoluten Gleichklang befinden und die Kenntnis eines folgenden Punktes der einen Kurve eine präzise Berechnung des zugehörigen Datenpunktes der an deren Kurve erlaubt. Datenreihen dieser Ausprägung heißen „kointegriert“ und auf die Spur kommt man ihnen mit der Kointegrationsanalyse. Die Methode gehört nicht zum Standardrepertoire gängiger Spread sheet-Programme und das mathema Futures Magazin für technisches Trading | 9. Jahrgang | Dezember 2007 | Seite 5 we are the futures 1,5 1 0,5 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 -0,5 -1 -1,5 Abbildung: Output des Tests auf Kointegration der beiden Sinuskurven. tische Modell ist etwas komplexer als jenes der klassischen Regressionsana lyse. Erfreulicherweise liefert aber auch schon der Test darauf, ob überhaupt Kointegration vorliegt, einen optischen Output, der dem Nichtstatistiker ohne weiteres zugänglich ist. Im Idealfall einer extremen Kointegration zwischen den untersuchten Zeitreihen (wie in un serem praxisfernen aber anschaulichen Beispiel der beiden Sinuskurven) würde das wiederum so aussehen wie eine stabile Oszillation um einen konstanten Mittelwert – hier die Nullachse (siehe Abbildung). Man nennt eine solche Datenreihe „stationär“. Natürlich findet man solche „Idealergebnisse“ nicht ein mal annähernd in der Realität der Bör sen aber je eher das Ergebnis eines Tests einer solchen stationären Datenreihe entspricht, desto klarer ist der Hinweis auf eine vorliegende Kointegration der untersuchten Zeitreihen. Wir haben dieses Verfahren auf die Dollar- und Öl-Datenreihen (Monats veränderungen) angewandt und bereits der Graph des Kointegrationstests verrät, was wir auf Basis der vorherge henden Diagnosen vermuten konnten: Der Chart zeigt über die gesamte Zeit keine Schwankung um einen Mittel wert, sondern im Gegenteil dazu das typische Trendverhalten, wie man es etwa in Aktiencharts findet. Zwar gibt es Perioden, in denen die Ergebnisse einigermaßen stationär sind (etwa zwischen 1985 und 1996), insgesamt bestätigt sich aber die These einer Kointegration zwischen Ölpreis und Dollarkurs nicht. Zwei Trends ohne Abhängigkeit Manchmal kann man Daten also selbst unter schwerer Folter nicht zu einem Geständnis zwingen. Am Ende bleibt daher lediglich die Tatsache übrig, dass der Ölpreis seit dem Winter 1998 einen klaren Langzeittrend nach oben aufweist und der Dollar seither gefallen ist. Der Dollarkurs stieg aber bis zum Februar 2002 ebenfalls, erst danach bewegt er sich in die Gegen richtung. Einen direkten Zusammen hang zwischen den beiden Kursentwick lungen gibt es also sehr wahrscheinlich nicht – und mit Sicherheit keinen, den man für eine zuverlässige Prognose verwenden könnte. 0,4 0,3 0,2 0,1 0 -0,1 -0,2 -0,3 -0,4 11|85 11|87 11|89 11|91 11|93 11|95 11|97 11|99 11|01 11|03 11|05 Output des Tests auf Kointegration zwischen Öl und Dollarkurs: Der Graph zeigt nichtstationäre Daten. Rohölpreis und Dollarkurs sind offenbar nicht kointegriert. Futures Magazin für technisches Trading | 9. Jahrgang | Dezember 2007 | Seite 6 we are the futures belustigen würde. Sie dient vielmehr dazu, mir regelmäßig aufs Neue klar zu machen, dass die realen Märkte vollkommen im mun gegenüber Experten-Meinungen sind und keinerlei Tendenz zeigen, irgendwel chen Prognosen zu folgen – das schließt selbstverständlich meine eigenen ein. Da her mache ich erst gar nicht den Versuch, irgendeine künftige Entwicklung vorher zusagen sondern folge ausschließlich der Maxime „The trend is your friend“. FTC Futures Fund Classic Monat: Jahr: seit Systemstart(1): NAV Euro: -2,08 % 14,11 % 318,76 % 1.700,18 1.800 1.700 1.600 1.500 1.400 1.300 1.200 1.100 1.000 900 800 700 600 500 400 Erfolgreiche Strategie Markt & Meinung von Eduard Pomeranz, CEO Immer wenn sich ein Jahr dem Ende zuneigt, vollziehe ich ein Ritual: Nein, es hat nichts mit Punschständen oder Einkaufssamstagen zu tun und ich beginne auch keine Liste von Neujahrsvorsätzen. Stattdessen nehme ich eine Mappe mit der Aufschrift „Prophezeiungen“ zur Hand. Darin findet sich eine Sammlung von Presseausschnitten des letzten Jahres, die Prognosen über Kursentwicklungen aller Art enthalten – vorzugsweise solche, die ich zum Zeitpunkt der Veröffentli chung für besonders wagemutig gehalten hatte. Ein Beispiel aus dem Dezember 2006: „Aktien der Emerging Markets wer den 2007 gut performen. Indische Aktien halte ich dagegen für bereits überhitzt.“ Das Zitat stammt von einem Bank-Exper ten und enthält immerhin eine zutreffende Voraussage. Der MSCI Emerging MarketsIndex performte mit einem Plus von rund 23 % bis zum 14. Dezember 2007 selbst auf Euro-Basis anständig. Wirklich große Sprünge hätte bisher aber gemacht, wer speziell auf Indien gesetzt hätte: Über 50 % waren hier zu holen. Auch nicht schlecht war der Titel einer Tageszeitung vom 17. Februar: „Der Ölpreis sinkt auf 30 Dollar“. Die derart zitierte Analyseabteilung eines Londoner Asset Managers hat hoffentlich nicht auf diese Prognose gesetzt. The Trend is your friend Verstehen Sie mich nicht falsch, meine kleine Marotte hat nichts damit zu tun, dass ich mich gerne auf Kosten anderer Diese Logik hat den Investoren von FTC bisher schöne Erträge beschert, die sich im internationalen Vergleich sehen lassen können. Per Ende Oktober lag etwa der FTC Dynamic in der Year to Date-Liste des Futures Magazine auf Platz eins der Top-Performer unter den CTA-Produkten, der FTC Commodity Alpha schaffte es auf Platz 5. Auch unser trendfolgender AktienDachfonds Gideon I, der von den mehrfa chen Trendbrüchen an den Equity-Börsen naturgemäß am stärksten betroffen war, hält sich im Vergleich zu seiner Benchmark (MSCI World Euro) ausgezeichnet. Er gehört im zweiten Jahr seines Bestehens bereits zu den ertragsstärksten global inve stierten Aktien-Dachfonds in Österreich. 300 12|94 12|95 12|96 12|97 12|98 12|99 12|00 12|01 12|02 12|03 12|04 12|05 12|06 FTC Futures Fund Dynamic Monat: Jahr: seit Fondstart: NAV USD: -1,68 % 26,09 % 87,51 % 1.875,09 2.000 1.900 1.800 1.700 1.600 1.500 1.400 1.300 1.200 1.100 1.000 900 04|02 08|02 12|02 04|03 08|03 12|03 04|04 08|04 12|04 04|05 08|05 12|05 04|06 08|06 12|06 04|07 08|07 FTC Commodity Fund Alpha Monat: Jahr: seit Fondstart: NAV Euro: -1,18 % 13,75 % 27,03 % 1.270,28 1.350 1.300 Kein Weihnachtsversprechen An dieser Stelle erwartet man vielleicht eines der üblichen Weihnachtsverspre chen – etwa, dass FTC auch nächstes Jahr wieder ausgezeichnete Zahlen liefern wird. Dieser Erwartung kann ich unter Befol gung der selbst auferlegten Zurückhaltung was Prognosen betrifft, nicht entsprechen. Was ich Ihnen aber anbiete ist ein anderes Statement: Wir werden auch im nächsten Jahr wieder viel Energie, Intelligenz und Geld darauf verwenden, unsere Systeme weiterzuentwickeln. Und wenn uns die Märkte in Form von wenigstens einigen gut ausgeprägten Trends gnädig sein werden, dann steht einer Fortsetzung Ihres Anlageerfolgs nichts im Wege. In diesem Sinne bedanke ich mich bei allen Investoren für das Vertrauen, wünsche Ih nen erholsame Feiertage und ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2008. Eduard Pomeranz, CEO 1.250 1.200 1.150 1.100 1.050 1.000 950 900 850 800 03|05 06|05 09|05 12|05 03|06 06|06 09|06 12|06 03|07 06|07 09|07 FTC Gideon I Monat: Jahr: seit Systemstart(2): NAV Euro: -6,26 % 6,04 % 31,08 % 1.092,62 1200 1150 1100 1050 1000 950 900 850 800 02|05 04|05 06|05 08|05 10|05 12|05 02|06 04|06 06|06 08|06 10|06 12|06 02|07 04|07 06|07 08|07 10|07 Daten per 30.11.2007. Alle Angaben ohne Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit. Ergebnisse der Vergan genheit erlauben keinen Rückschluss auf zukünftige Entwicklungen. (1) Unter Einbeziehung des Vorgängerfonds „FTC Diversified Concept I“, (2) unter Einbeziehung eines, mit demselben Handelssystem verwalteten Managed Account (2/05-1/06). Futures Magazin für technisches Trading | 9. Jahrgang | Dezember 2007 | Seite 7 we are the futures Trading-Enzyklopädie Kurs-Gewinn-Verhältnis - Leerverkauf Kurs-Gewinn-Verhältnis Kennzahl bei der Wertpapierbewertung, die das Verhältnis des Kurswertes einer Aktie zum Gewinn je Aktie widergibt. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) wird nach der Formel K/G berechnet, wobei K der Kurs der Aktie und G der Gewinn je Aktie (nach Abzug von Zin saufwand, Steuern und konzernfremder Gewinnanteile) ist. In der Regel handelt es sich beim KGV um eine geschätzte Zahl, da für den Gewinn nicht der letzte bekannte son dern der erwartete Gewinn zum Ende des laufenden Geschäftsjahres herange zogen wird. Kurzläufer Bezeichnung für festverzinsliche Wertpapiere mit kurzer Laufzeit. Anleihen mit Gesamt- oder Restlauf zeiten von unter 10 Jahren werden im Finanzjargon oft „Kurzläufer“ genannt. Dazu gehören auch entsprechende Zinsderivate wie etwa die Futures auf deutsche Schatzscheine, 2-Jährige USTreasury-Notes oder den Eurodollar. Langläufer Bezeichnung für festverzinsliche Wertpapiere mit langer Laufzeit. Anleihen mit Gesamt- oder Rest laufzeiten von 10 Jahren oder mehr werden im Finanzjargon oft „Langläufer“ genannt. Dazu gehören auch entspre chende Zinsderivate wie etwa der BundFuture auf deutsche Bundesanleihen oder 30-jährige US Treasury Bonds. Laufzeit Zeitangabe für die Dauer zwischen der Ausgabe (bzw. einem Bewertungszeitpunkt) und der Endfälligkeit eines Finanzwertes. Bei Anleihen bezeichnet die Laufzeit jenen Zeitraum, der zwischen der Emissi on und dem jenem Tag liegt, an dem die Tilgung erfolgt. Der Zeitraum zwischen einem beliebigen Bewertungstag und dem Tilgungstag wird auch Restlaufzeit genannt. Bei Futures und Optionen wird statt eines Tilgungstages der letzte Handels tag zur Ermittlung der Laufzeit herange zogen. Leerverkauf (Short Selling) Verkauf von Finanzwerten oder Waren, welche zum Verkaufszeitpunkt nicht im Eigentum des Verkäufers sind. Bei Termingeschäften (Futures und Optionen) stellt der Erwerb einer ShortPosition in aller Regel einen Leerverkauf dar, bei Futures ist das sogar fast immer der Fall. Ein Verkauf erfolgt entweder in der Absicht, die Short-Position zu einem späteren Zeitpunkt durch den Erwerb einer Long-Position glattzustellen und an der Differenz zwischen Verkaufs- und Kaufpreis zu verdienen (Differenzge schäft) oder sich mit den verkauften Gütern zum Liefertermin einzudecken. Auf Aktienmärkten ist der Leerverkauf dagegen die Ausnahme. Er kommt meist durch eine so genannte Wertpapierleihe zustande. Dabei leiht ein Leerverkäufer eine bestimmte Menge Aktien (von einer Bank oder einem Makler) und verkauft diese unmittelbar auf dem Markt. Er hofft dabei auf einen fallenden Kurs, um die selbe Menge Aktien zu einem spä teren Zeitpunkt billiger wieder zurück kaufen zu können und an der Differenz zwischen Verkaufs- und Rückkaufpreis zu verdienen. Einen Spezialfall stellt der „nackte“ Leerverkauf dar, bei dem der Leerverkäu fer gar nicht über die verkauften Aktien verfügt (sie also nicht geliehen hat). Diese Praxis ist allerdings illegal. Auch der einfache Leerverkauf, der an den meisten etablierten Börsen plätzen erlaubt ist, wird in manchen Ländern, darunter etwa die USA, durch Beschränkungen erschwert. Ein Leerverkauf bietet Risiken, die beim traditionellen Aktiengeschäft entweder geringer ausfallen oder nicht existieren. Während etwa der Käufer einer Aktie maximal seinen Einsatz verlie ren kann, ist das Verlustrisiko des Short Sellers nach oben hin rein theoretisch unbegrenzt. Es ist möglich, dass eine Aktie ihren Wert vervielfacht, während sie keinesfalls mehr als ihren einfachen Wert (-100 %) verlieren kann. Das Instrument des Aktien-Leer verkaufs steht etwa in Österreich und Deutschland dem privaten Anleger nicht ohne weiteres zur Verfügung. Als Konsequenz finden sich unter den nicht nur gelegentlichen Leerverkäufern im Grunde nur drei Gruppen von Markt teilnehmern: Erstens Market Maker und andere Berufshändler, die den Leer verkauf als Instrument benötigen, um die Liquidität eines Teilmarktes sicher zustellen; zweitens Arbitrageure, die Preisdifferenzen – etwa zwischen zwei Börsenplätzen – ausnützen und ihre Leerverkäufe oft nur Minuten halten; und drittens auf Leerverkauf spezialisier te Hedge-Fonds.