Flugsicherheit
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Flugsicherheit
Editorial Termine, Termine, Termine. Das Berufsleben ist hektisch. So neigt sich der Tag seinem Ende entgegen und ich frage mich, was habe ich erledigt, was ist noch offen und bedarf einer Initiative meinerseits? Es fehlt die Zeit, entspannt im Stuhl nach hinten gelehnt, Gedanken wandern zu lassen. Gedanken zum Beispiel um die Schnelllebigkeit, die wir im Alltag allgegenwärtig gezeigt bekommen. Große Entfernungen werden in kurzen Zeiten bewältigt, Kommunikation und Informationsaustausch findet in Echtzeit, also mit minimalen Zeitverzögerungen, statt. Mit Hilfe der Computer lassen sich komplexe und umfangreiche Arbeitsschritte bei richtiger Anwendung zeitlich so optimieren, dass uns die Ergebnisse schneller vorliegen bzw. einholen, als es manchmal gewünscht ist. Dies sind die Sonnen- und Schattenseiten der heutigen Zeit. Überraschenderweise ist es im Trend, keine Zeit zu haben. Wie oft hören wir, dass aus zeitlichen Gründen Treffen oder persönliche Gespräche nicht stattfinden können. Mal ehrlich unter uns gesprochen, wann haben Sie sich bewusst die Zeit genommen, ein „unbequemes“ Thema aufzugreifen und dem Gesprächspartner gesagt: Ich habe Zeit für ein Gespräch. Für die Flugsicherheit, ich hoffe ein „angenehmes“ Thema, müssen wir uns Zeit nehmen, als aktives und passives Mitglied im Flugbetrieb. Es gilt mit offenen Augen die Umwelt zu beobachten und zeitgerecht Missstände, aber auch die Entstehung dieser, zu erkennen und mit allen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu unterbinden. Nehmen Sie sich ebenfalls die Zeit, diese Ausgabe der Flugsicherheit zu lesen. Da hat u. a. der Autor des Berichtes Eurocontrol eine Übersicht der sicherheitsrelevanten Veränderungen im europäischen Luftverkehrsmanagement erstellt, die sich in der letzten der Zeit etabliert haben bzw. etablieren werden. In dem folgenden Artikel „Eine verpasste Gelegenheit“ beschreibt ein Flugsicherheitsoffizier, wie er feststellen musste, dass die eingereichte Zwischenfallmeldung einige offene Fragen beinhaltete und dass der verantwortliche Pilot sich besser etwas mehr Zeit genommen hätte, diese Zwischenfallmeldung zu erstellen. Es gibt nichts, was es nicht gibt, stellte ein Luftfahrzeugnachprüfer eines ArtAufklBtl fest und konnte bei seiner Recherche feststellen, dass der Hersteller seines Einsatzmittels einen Fehler beging und der anschließende Kontroll- und Prüfablauf von luftfahrzeugtechnischem Zubehör nicht fehlerfrei funktionierte. „Die Gefahr high zu sein“ ist ein Bericht aus dem Flying Safety Magazine, der sich mit dem Thema Drogen befasst. Die Bundeswehr ist Teil der Bevölkerung und wird ebenfalls mit diesem Problemfeld konfrontiert, der Kasernenzaun schützt uns nicht vor dieser Gefahr. Wichtig bei diesem Thema (das gilt natürlich auch für die oft nicht ernst genommene Droge Alkohol): Nehmen Sie sich Zeit für das eigene persönliche Umfeld und beobachten Sie dieses aufmerksam. Es folgen interessante Berichte zu den Themen Taktile Anzeigen, Vögel im Flugbetrieb und von einem (nicht) ganz normalen Tag in einem CRC. Der Sommer steht vor der Tür. Ich wünsche denen, die es betrifft, eine schöne Urlaubszeit, aus der Sie erholt um dann wieder frohen Mutes in Ihren Arbeitsbereich zurückkehren. Diejenigen, die die Stellung halten, fordere ich zu besonderer Aufmerksamkeit und Leistungsbereitschaft auf. Für Sie wird in den nächsten zwei Monaten das Thema „Zeit“ eine besondere Qualität erhalten. Nicht nur Ihre eigenen Aufgaben gilt es zu bewältigen, sondern auch die Ihrer Kameraden im Urlaub. Nehmen Sie sich die Zeit zu priorisieren, umfangreich zu analysieren und den Überblick zu bewaren. In der Ruhe liegt die Kraft. Nehmen Sie sich jetzt die Zeit für Ihren Beitrag zur Flugsicherheit. In diesem Sinne, fly safe 1 Flugsicherheit Eurocontrol Umsetzung von EUROCONTROL Safety Regulatory Requirements (ESARR) in die Bundeswehr Der nachfolgende Beitrag von Oberstleutnant Mennen ist der erste in einer Reihe von Berichten über sicherheitsrelevante Veränderungen im europäischen Luftverkehrsmanagement. Die im Artikel getroffenen Bewertungen geben ausschließlich die Meinung des Verfassers wieder. Allgemeines Als Romano Prodi 1999 Präsident der Europäischen Kommission wurde, benannte er zwei Bereiche, auf die seiner Meinung nach die Europäische Union (EU) verstärkt einwirken sollte, um den Bürgern Europas zu verdeutlichen, dass man sich ihrer Sorgen bewusst sei: die Sicherung einer gleich bleibenden Lebensmittelqualität und die Beseitigung des „Chaos in der Luft“. Auf die Bemühungen der EU hinsichtlich Lebensmittelqualität/-sicherheit wird in diesem Artikel nicht näher eingegangen, wohl aber auf die Sicherheit im Luftverkehr. Die EU hatte endlich begriffen, dass der Zersplitterung des europäischen Luftraums und der Uneinheitlichkeit der Verfahren und Zuständigkeiten ein Ende gesetzt werden muss, will man den Anforderungen an den beständig expandierenden Luftverkehr auch in Zukunft gerecht werden. Gleichzeitig galt und gilt es weiterhin, erkannte Sicherheitsmängel und Gefahren zu beseitigen sowie trotz steigender Ölpreise die Kosten auf ein vernünftiges Level zu halten. Folglich haben die Verkehrsminister der EU im Jahr 2000 die Annahme der „ATM (Air Traffic Management) STRA- 2 TEGY FOR THE YEAR 2000+“ beschlossen. Diese Strategie legt einheitliche Sicherheitsstandards und Verfahren für ein Risikomanagement mit dem Ziel einer Bewertung und Steigerung der Sicherheit und Effizienz im europäischen Luftverkehrsmanagement fest. EUROCONTROL Safety Regulatory Requirements (ESARR) Ausgehend von diesen Vorgaben hat EUROCONTROL unter Beteiligung der Mitgliedsländer Anforderungen für Sicherheitsstandards (ESARR) entwickelt. Diese betreffen alle drei Elemente des ATM-Systems: Personal, Verfahren und Ausrüstung. Im Rahmen des im Frühjahr 2004 vom Europäischen Parlament gebilligten und in Kraft gesetzten Projektes SINGLE EUROPEAN SKY werden die ESARR wiederum in EU-Recht überführt. Die gesetzlichen Regelungen der EU sind für die Mitgliedsstaaten unmittelbar verbindlich. Nach Veröffentlichung sind die ESARR in der Regel innerhalb von drei Jahren umzusetzen (Ausnahme: ESARR 2). Diese für die zivile Seite geltenden ESARR sind II/2005 FLUGSICHERHEIT in unterschiedlicher Form und Ausprägung allerdings auch durch militärische ATM Service Provider zu beachten. Sie betreffen diese dann, wenn für zivile Luftfahrzeuge Dienste erbracht werden. Militärische Dienststellen, die ausschließlich für militärische Luftfahrzeuge in rein militärischen Lufträumen Dienste leisten, sind davon nicht betroffen. Sie sind aber eingeladen, die ESARR auf freiwilliger Basis zu erfüllen. BMVg hat angewiesen, die ESARR umzusetzen, sofern militärische Anforderungen dem nicht entgegenstehen. Begründet wird dies mit der engen Einbindung der militärischen Flugsicherung der Bundeswehr (MilFS) in das Gesamtsystem Flugsicherung, mit der teilweise vorhandenen Zuständigkeit für die Kontrolle zivilen Luftverkehrs (Stichworte: Durchlässigkeit militärisch genutzter Lufträume und zivile Mitnutzung von Militärflugplätzen) und nicht zuletzt mit der Schaffung einer harmonisierten Grundlage für den Einsatz der MilFS in Krisenszenarien im Ausland bzw. im Verbund mit anderen Streitkräften. Derzeit wird durch das Amt für Flugsicherung der Bundeswehr (AFSBw) geprüft, welche Bereiche der Streitkräfte in welcher Weise von der Umsetzung der ESARR betroffen sind. Neben den hier vorgestellten ESARR ist zudem eine ESARR in Vorbereitung, die sich mit den Anforderungen an Global Navigation Satellit Systems (GNSS) befasst. Außerdem ist daran gedacht, eine weitere ESARR zu entwickeln, die auf die Systeme, das operationelle Management sowie auf die verfahrenstechnischen Aspekte von ATM abzielt. Umsetzung in der Bundeswehr Nachfolgend wird erläutert, in wieweit ESARR auch die MilFS betreffen. Ferner wird der Stand der Umsetzung in der Bundeswehr dargestellt. Die Nummerierung der ESARR’s ist etwas irreführend. Die wichtigste und daher auch als Erste veröffentlichte ESARR ist zweifelsohne die ESARR 3 „Use of Safety Management Systems by ATM Service Providers“. Sie beschreibt die Sicherheitsarchitektur, die ATM - Organisationen einzunehmen haben (s. Abbildung Seite 4) Übersicht über derzeit vorhandene ESARR ESARR Title Released Implementation Date(s) ESARR 1 ESARR 2 Safety Oversight in ATM Reporting & Assessment of Safety Occurrences in ATM 05.11.2004 03.11.2000 ESARR 3 Use of Safety Management Systems by ATM Service Providers 13.07.2000 05.11.2007 01.01.2000 (Phase 1) 01.01.2001 (Phase 2) 01.01.2002 (Phase 3) 13.07.2003 ESARR 4 Risk Assessment and Mitigation in ATM 05.04.2001 05.04.2004 ESARR 5 Safety Regulatory Requirements for ATM Services Personnel Software in ATM systems 10.11.2000 10.11.2003 (ATCO&Gen.) 11.04.2005 (ATSEP) 06.11.2006 ESARR 6 II/2005 FLUGSICHERHEIT 06.11.2003 3 Flugsicherheit Die Einführung eines formalen Safety Management Systems (SMS) wird als zentrales Schlüsselkonzept für eine Verbesserung der Sicherheit im Luftverkehrs-Management angesehen. Im Vergleich zu den kürzlich von der ICAO im Annex 11 (und Doc. 4444 PANS-RAC) veröffentlichten ATM-Sicherheitskonzepten, die nur einige wenige ausgesuchte Einzelaspekte beschreiben, handelt es sich bei ESARR 3 um ein gut durchdachtes Rahmengebilde, das ausgehend von einer Safety Policy alle sicherheitsrelevanten Aspekte des Luftverkehrsmanagements umfassend abbildet. Diese ESARR ist gemäß Ziffer 3 von allen ATM- Dienstleistungsunternehmen umzusetzen „that fall within the jurisdiction of the national ATM safety regulatory body“. Auch wenn sich aus diesem Text nach meiner Einschätzung kein direk- 4 ter Zwang zur Anwendung für die Bundeswehr ergibt, empfiehlt es sich wegen der oben beschriebenen Einbindung der MilFS in das Gesamtsystem Flugsicherung und der praktizierten Dienstleistung für zivile Luftfahrzeuge die ESARR 3 in Gänze umzusetzen. Elemente von ESARR 3 sind zweifelsohne bereits jetzt in der MilFS vorhanden, jedoch gibt es kein zusammenhängendes, alle Aspekte abdeckendes Konzept. Die Umsetzung von ESARR 3 wird anfänglich mit einem hohen organisatorischen Aufwand verbunden sein, zudem erwachsen daraus möglicherweise auch personelle Mehrforderungen (zumindest die Wahrnehmung von Zweitfunktionen). So ist z.B. für jede FS-Dienststelle ein Safety Manager zu benennen. Dennoch halte ich den Mehraufwand für absolut berechtigt, weil der ganzheitliche Ansatz Schwachstellen im Air Traffic Management klarer als bislang erkennen lassen wird. Als nächstes wurde im November 2000 die ESARR 2 „Reporting and Assessment of Safety Occurences in ATM“ veröffentlicht. Sie befasst sich mit der Meldung und Bewertung von sicherheitsrelevanten Vorfällen im Luftverkehrs-Management. Zur Erreichung eines beständig hohen Sicherheitsstands im (europäischen) Luftverkehr ist es erforderlich, harmo- nisierte Melde- und Bewertungsschemata für sicherheitsrelevante Vorfälle einzuführen. Nur so ist eine systematische Erkennbarkeit von Vorfällen und deren Ursachen sowie die Einleitung von Korrekturmaßnahmen auf breiter Ebene möglich. ESARR 2 ist u. a. bei allen sicherheitsrelevanten Vorfällen anzuwenden, bei denen militärische FS-Stellen oder Stellen des Einsatzführungsdienstes Dienste für zivile Luftfahrzeuge geleistet haben (vergl. Ziffer 3.3). Auf freiwilliger Basis können auch die Vorkommnisse gemeldet werden, die ausschließlich und gleichzeitig eine Kombination von militärischen Luftfahrzeugen und militärischen Dienstleistern betreffen. Weiterhin sind alle sicherheitsrelevanten Vorfälle zu erfassen, bei denen zivile FS-Stellen für zivile und/oder militärische Luftfahrzeuge Dienste geleistet haben. ESARR 2 wird bereits teilweise durch die Bundeswehr umgesetzt. Gemeldete Vorfälle werden durch LwA AbtFlBtrbBw untersucht und durch die zivil-militärisch zusammengesetzte AIRPROX EVALUATION GROUP (APEG) klassifiziert. Die relevanten Vorfälle werden jährlich an EUROCONTROL weitergemeldet. Allerdings leidet die Aussagekraft der Meldungen derzeit allgemein noch an der hohen Dunkelziffer, d.h. es wird nur ein geringer Teil der Vorfälle bekannt und bearbeitet, so dass allgemeine Trends und übergreifende Problemstellen nur schwer zu identifizieren sind. Kurz nach der ESARR 2 wurde die ESARR 5 „ATM Services Personnel“ verabschiedet, die sich mit den Anforderungen an das Personal der Luftverkehrsmanagement-Dienste befasst (sie betraf zunächst nur das Flugverkehrskontrollpersonal, jetzt auch die FS-Techniker. Leider ist das Flugberatungspersonal derzeit noch nicht ausdrücklich angesprochen). Diese EUROCONTROL-Anforderung ist aus der Notwendigkeit entstanden, II/2005 FLUGSICHERHEIT die Richtlinien und Empfehlungen des ICAO-Anhangs 1 zu ergänzen und dafür zu sorgen, dass bei Erlaubnisscheinen bzw. Befähigungszeugnissen die Sicherheitsaspekte in größerem Maße mit den im Bereich der EUROPEAN CIVIL AVIATION CONFERENCE (ECAC) zur Verfügung gestellten Flugverkehrskontrolldiensten in Einklang stehen. Die Befähigung des ATM-Personals und ggf. die Erfüllung der medizinischen Anforderungen stellen grundlegende Aspekte der Herstellung von Sicherheit im Luftverkehrsmanagement dar. Die Anwendung der EUROCONTROL-Sicherheitsanforderungen in diesem Bereich zielt darauf ab, auf harmonisierter Basis Mindestwerte in Bezug auf die Befähigung und Leistungsfähigkeit des mit sicherheitsrelevanten Aufgaben im Flugverkehrsmanagement betrauten Personals festzulegen. Unter Befähigung ist in diesem Zusammenhang das Vorhandensein von Wissen, Fertigkeiten, Erfahrungen und, falls erforderlich, englischen Sprachkenntnissen zur sicheren und effizienten Durchführung von ATM-Dienstleistungen zu verstehen. BMVg Fü L III 4 hat in Abstimmung mit BMVBW bereits im Januar 2001 die Umsetzung der Vorgaben von ESARR 5 für das ATM-Personal, das mit sicherheitsrelevanten Aufgaben betraut ist, festgelegt. Die zwischenzeitlich durch das AFSBw in der BesAnMilFS 5-100 für das Flugverkehrskontrollpersonal vorgegebenen Verfahren gehen sogar über die ursprünglichen Forderungen hinaus. Die Umsetzung ist in den Verbänden weitestgehend erfolgt. Obwohl in der ESARR 5 nicht ausdrücklich angesprochen, sind seit dem 15. November 2004 auch für das Flugberatungspersonal der Bundeswehr entsprechende Regelungen für den Erwerb von Erlaubnissen und Berechtigungen in Kraft. Im nächsten Schritt werden die FS-Techniker eingebunden. II/2005 FLUGSICHERHEIT ESARR 4 „Risk Assessment and Mitigation in ATM” behandelt die Nutzung der Risikobewertung und Risikoreduzierung einschließlich der Bestimmung von Gefährdungen im Luftverkehrsmanagement bei der Einführung und/oder Planung von Änderungen im System des Luftverkehrsmanagement (unter Berücksichtigung ihrer Bestandteile in der Luft und am Boden). Sie begründet sich in der zunehmenden Integration des Luftverkehrsmanagements über Ländergrenzen hinweg sowie dessen beständig wachsende Automatisierung und Komplexität, die einen systematischen und gut strukturierten Ansatz für die Risikobewertung und – reduzierung erfordert. Dieses Requirement deckt die Bereiche Personal, Verfahren und Ausrüstung (Hardware, Software) des Luftverkehrsmanagements sowie seine Betriebsumgebung ab. Es befasst sich jedoch nicht mit der Bewertung der Einführung und/oder Planung von Änderungen der Organisation oder des Managements der Bereitstellung von Luftverkehrsmanagement-Diensten (diese sind in ESARR 3 abgebildet). Gemäß Ziffer 3.2 der ESARR 4 gelten deren Bestimmungen auch für militärische ATM- Dienstleister, sofern sie nicht nur und ausschließlich militärische Luftfahrzeuge in abgegrenzten militärischen Lufträumen kontrollieren. Sie werden von der MilFS bei Einführung von neuen oder Änderung von bestehenden Systemen grundsätzlich beachtet. Es ist jedoch zu prüfen, ob die Anforderungen in Gänze erfüllt werden. ESARR 6 „Software in ATM-systems“ beschreibt die Requirements, die sicher stellen sollen, dass die mit der Nutzung von Software in sicherheitsrelevanten, bodengebundenen ATM- Systemen verbundenen Risiken auf ein tolerierbares Niveau reduziert werden. Sie ist letztlich eine Erweiter- ung und Spezifizierung der ESARR 4 in Hinblick auf die Nutzung von Software im Luftverkehrsmanagement. Zur Anwendbarkeit wird lediglich ausgesagt „The ATM service-provider shall provide the required assurances, to the Designated Authority, that the requirements in section 1.2 above have been satisfied”. Auch hier ist zu prüfen, in wieweit die Anforderungen durch Bundeswehr-Dienststellen zu erfüllen sind und, falls zutreffend, ob sie erfüllt werden. ESARR 1 „SAFETY OVERSIGHT IN ATM“ ist im November 2004 verabschiedet worden. Sie enthält harmonisierte Vorgaben für nationale Aufsichts- und Regulierungsbehörden hinsichtlich der Zertifizierung und Überwachung (Safety Oversight) von ATM- Dienstleistern. Zwei Hauptprozesse bilden den Kern von ESARR 1. Ein safety regulatory audit bietet die Möglichkeit objektive Beweise darüber zu erhalten, ob die von der Regulierungsbehörde vorgegebenen Sicherheitsanforderungen erfüllt werden. Des weiteren wird beschrieben, wie hinsichtlich der Einführung von neuen Systemen oder Änderung von Systemen zu verfahren ist. ESARR 1 zielt auch auf militärische ATM-Provider (vergl. Objective im Text Teil B.1.c.iii: „enabling joint civil / military initiatives with regard to ATM safety oversight in accordance with the existing regulatory framework”). Wenngleich die Bundeswehr mit den von GenFlSichhBw durchgeführten Flugsicherheitsinspizierungen ein gut etabliertes System hat, sollte dennoch in Verbindung mit ESARR 3 überprüft werden, ob der bisherige Ansatz ausreichend ist. Zudem ist die FS-Technik in die Überprüfungen einzubeziehen. 5 Flugsicherheit Eine verpasste Gelegenhe von Major Ted Lee, Flugsicherheitsoffizier am Standort Borden Übersetzung vom Sprachendienst LwA Heutzutage wird man mit einer Menge unnötiger und störender Informationen überschüttet, wobei Luftfahrzeugbesatzungen wahrscheinlich noch mehr davon betroffen sind als die meisten. Ich vermute deshalb, dass die meisten Luftfahrzeugbesatzungen zum eigenen Schutz ein recht engmaschiges Filtersystem entwickelt haben, damit beim Umgang mit Belanglosem die wichtigen Dinge nicht aus den Augen verloren gehen. Flugsicherheitsoffiziere sollten sich dieser Tatsache beim Verfassen von Zwischenfallberichten bewusst sein, da die Möglichkeit, die Aufmerksamkeit des Lesers zu gewinnen, begrenzt ist und, wenn sie nicht genutzt wird, wahrscheinlich auch nicht wiedergewonnen werden kann. In diesem Fall geht der wichtigste Grund für Zwischenfallberichte verloren. Als Beispiel sollen die folgenden Auszüge aus dem nachstehend geschilderten Griffon (Bell Modell 412 6 HP)-Zwischenfall (Nr. 08) dienen, bei dem es um das Auftreten einer Überdrehzahl des Rotors in Bosnien geht. Ursachenfaktoren: Umwelt - Wetter - starke und böige Winde führten zu einer schnellen Erhöhung der Hauptrotordrehzahl. Beschreibung: Vermutliche Überdrehzahl des Hauptrotors Die Luftfahrzeugbesatzung flog mit 80 - 100 Knoten, etwa 500 Fuß über Grund (AGL). Das Luftfahrzeug flog mit einem Schiebewinkel von 45 Grad nach rechts bei 65 Knoten Windgeschwindigkeit mit Böen bis zu 85 Knoten (60 G85 kn), als es zu starken Turbulenzen kam. Das Luftfahrzeug gierte bis auf 90 Grad und es wurden Steig- und Sinkraten von 1.000 bis 1.500 Fuß pro Minute erreicht. Dabei wurde eine Hauptrotordrehzahl (RRPM) von 106 Prozent, das Aufleuchten der Warnleuchte „RRPM“ und der Anzeige für Steuerknüppel in Neutralstellung beobachtet. Die starken Turbulenzen dauerten nahezu eine Minute, ehe die Besatzung in ruhigere Luft kam und auf dem nächstgelegenen Landeplatz, ohne weitere Zwischenfälle, sicher landen konnte. Untersuchung: Nach der Landung lud die Besatzung die Daten aus dem LuftfahrzeugLebensdauerüberwachungssystem herunter. Es waren keine Überdrehzahlzustände aufgezeichnet worden. Die Besatzung führte eine umfangreiche Vorfluginspektion durch und flog ohne weitere Zwischenfälle zu ihrem Stützpunkt zurück. Vorbeugende Maßnahmen: Unterweisung aller Luftfahrzeugbesatzungen. Was mich hier stört, ist die falsche Anwendung des Ursachenfaktors Umweltbedingungen. Bei einem anderen abgeschlossenen Zwischenfall zerbrach ein Fenster, als eine Windböe die offene und unbeaufsichtigte Tür auf der Pilotenseite zuschlug und als alleiniger Ursachenfaktor Umwelt/Wind angegeben wurde. Ich fragte mich dennoch, wer wohl die Tür offen gelassen hatte? Im oben genannten Fall stellte ich schnell fest, dass der gesamte Zwischenfall den tatsächlich vorhandenen starken und böigen Winden zugeschrieben wurde. Man muss jedoch ein wenig tiefer graben und andere Möglichkeiten ausschließen, bevor man sich die „Umwelt“ als Ursachenfaktor festlegen kann. A-GA-135 besagt: „Umweltursachen sind nur bei solchen Ereignissen anzuführen, bei denen angemessene und sinnvolle Sorgfalt und ange- Bild: Archiv GenFlSichhBw II/2005 FLUGSICHERHEIT eit messene und sinnvolle Vorsichtsmaßnahmen geübt wurden. Sinnvolle Vorsichtsmaßnahmen beinhalten unter anderem die umfassende Nutzung von Wetterinformationen etc. Ich fragte mich sofort, welche Wettervorhersageinformationen die Besatzung hatte. Dem Untersuchungsbericht war hierzu nichts zu entnehmen, 65G85 Knoten entstehen jedoch nicht so einfach aus dem Nichts, sodass es mehrere Möglichkeiten gab. Mindestens drei davon waren: • Es stand keine Gebietsvorhersage zur Verfügung, • die Besatzung befand sich an einem II/2005 FLUGSICHERHEIT dislozierten Standort und konnte die Wettervorhersage nicht einholen oder • die Wettervorhersage wurde von der Besatzung nicht überprüft. Nach der Lektüre dieses Zwischenfalls hatte ich zwar mehr Argumente für mein Anliegen, jedoch unzureichende Erkenntnis darüber, was tatsächlich geschehen war. Routine- mäßig nehme ich Einsicht in alle Griffon-Zwischenfälle und bespreche gelegentlich die Fälle von „großem Interesse“ beim morgendlichen Einsatzbriefing der 400. Staffel. An dem Tag, als ich diesen Bericht erwähnte und gerade dabei war, mich mit dem Bereich Umwelt als Ursachenfaktor anzufreunden, kam ich jedoch nur bis zu dem Satz: „Welche Wetterinformationen hatte die Besatzung?“, als einer der am Briefing beteiligten Luftfahrzeugführer mich unterbrach und sich als der besagte verantwortliche Luftfahrzeugführer zu erkennen gab. Die Geschichte, die er uns erzählte, war zum Weinen. Was nun folgt ist die Schilderung des Vorfalls, den er später als Geschichte unter dem Titel „Bockiger Ritt“ zu Papier brachte, der der Geschichte jedoch kaum gerecht wird. Lesen Sie weiter, um zu erfahren, was der Luftfahrzeugführer zu erzählen hat: „Im Februar 2003 wurde unsere Staffel zur Unterstützung der multinationalen Division Nordwest nach Banja Luka, Bosnien verlegt. Im Wesentlichen fungierten wir als Taxiservice für VIPs. Der Tag begann wie jeder andere in Banja Luka. Wir erhielten unseren Flugauftrag am Vorabend. Dieses Mal sollten wir unseren VIP nach Sarajevo fliegen und zwei weitere Personen nach Bugojno, einer Basis der Niederländer auf halben Weg nach Sarajevo, jedoch etwas ab vom Kurs und im nächsten Tal gelegen. Um 06.30 Uhr waren Wetterinformationen eingeholt worden, da bei schlechtem Wetter eine lange Autofahrt notwendig gewesen wäre. Wie immer war das Wetter alles andere als ideal. Die Wolkenuntergrenzen waren so, dass man es gerade noch über die auf der Strecke nach Sarajevo liegenden Berge schaffen konnte. Unsere größte Aufmerksamkeit galt jedoch den vorhergesagten Winden - starke Turbulenzen in den Bergen, auf die wir erst gegen Ende unseres Einsatzes stoßen sollten. Trotzdem beschloss ich, den Einsatz wegen der relativ niedrigen Wolkenuntergrenze, der starken Tur- 7 Flugsicherheit 8 geschwindigkeit von 60G85 Knoten an und wir flogen mit einer Geschwindigkeit über Grund von etwa 60 Knoten. Sogleich unterrichtete ich unseren VIP, dass wir aufgrund der Winde einen Tankstopp in Bugojno einlegen müssten. Soweit keine Beschwerden. Um von Banja Luka nach Bugojno zu gelangen, mussten wir ein kurzes Stück von etwa 15 bis 20 Meilen durch eine Bergkette fliegen. Als wir in ein Tal einbogen und der Wind genau von der Seite kam, bekamen wir die Turbulenzen zum ersten Mal so richtig zu spüren. Es war schlimm, aber zu dieser Zeit noch nicht zu extrem. Unser zweiter Fehler war, den Flug fortzusetzen. Nun trafen wir auf heftige Turbulenzen, die uns mit abwechselnden Steig- und Sinkraten von 2000 ft/min auf- und abwärts schleuderten. Der Hubschrauber flog bereits mit einem Schiebewinkel von 45 Grad nach rechts und wurde um 90 Grad vom Kurs gedrängt. Um den Rotor während der rapiden Wechsel auf dem Variometer unter Kontrolle zu halten, musste ich den Blattverstellhebel anziehen. Unglücklicherweise befand sich die Wolkenuntergrenze nur ein paar hundert Fuß über uns und kam näher. Es gelang uns die Steigfluggeschwindigkeit zu stabilisieren, jedoch nur auf Kosten einer Rotor-Überdrehzahl. Nachdem alle Besatzungsmitglieder die Situation mit ein paar kräftigen Bemerkungen gewürdigt hatten, gelang es mir, uns tief und nah genug zu einem Berg zu steuern, sodass die Turbulenzen etwas abflauten und eine Notlandung in Novi Travnik, einem niederländischen Lazarett, durchzuführen. Nachdem wir einige Stunden am Boden verbrachten, um unsere Fassung wiederzugewinnen und nach mehreren Telefonaten und Inspektionen, waren wir in der Lage, den Hubschrauber wieder nach Banja Luka zu fliegen, wobei wir möglichst tief flogen, um den schlimmsten Winden aus dem Weg zu gehen. Zum Vergleich: wir brauchten 90 Minuten bis nach Novi Travnik und weniger als 20 Minuten für den Rückflug. An diesem Tag lernte ich eine ganze Menge. Die erste Lektion war, meine Entscheidung bezüglich des Wetters nie im Nachhinein anzuzweifeln. Die Zweite war, mich nicht bei schlechten oder unsicheren Bedingungen zu einem Flugeinsatz, zumindest nicht zu einem unwichtigen, drängen zu lassen. Nebenbei bemerkt: auch der VIPPassagier räumte ein, an diesem Tag seine Lektion gelernt zu haben. Er wird die Entscheidung eines Luftfahrzeugführers aufgrund von Wetterbedingungen (genauer gesagt: aufgrund von Turbulenzen) nie wieder in Frage stellen.“ Die aus diesem Zwischenfall abzuleitende Präventivmaßnahme lautete: „Alle Luftfahrzeugbesatzungen sind zu informieren“. Von dieser Geschichte erfuhren die Piloten in Bosnien, darüber hinaus jedoch niemand. Dies war ein erhebliches Versäumnis insbesondere in Bezug auf die übrigen Griffon-Piloten, und ganz allgemein in Bezug auf alle Piloten. Was immer noch gesagt werden könnte, wäre der Sache nicht dienlich. Es genügt wohl, zu sagen, dass die Gelegenheit, diesen Zwischenfall dazu zu nutzen eine wichtige Botschaft an alle Piloten weiter zu geben, aus welchen Gründen auch immer, verpasst wurde. Sorgen Sie dafür, dass Sie Ihre Gelegenheiten nicht verpassen. Bild: Archiv GenFlSichhBw bulenzen und der bekannten Abneigung unseres Passagiers gegen das Fliegen abzusagen. Kein Problem. Wie erwartet wurden wir gefragt, ob wir den VIP wenigstens bis Bugojno bringen könnten, das auf halber Strecke lag. Da ich immer noch bemüht war, mit meinen anderen beiden Passagieren dorthin zu gelangen, erwiderte ich, dass dies kein Problem sein dürfte, er aber mit einem sehr turbulenten Flug rechnen müsse. Er war dennoch erfreut, da die Autofahrt nun um die Hälfte kürzer würde.“ (Anmerkung von Major Lee: So weit, so gut. Die Entscheidung zu fliegen basierte darauf, dass der Einsatz kürzer war und die Möglichkeit bestand, den Auftrag vor dem Einsetzen der vorhergesagten starken Turbulenzen abzuschließen). Zufälligerweise hatte es eine mit Wetterradar ausgestattete slowenische Bell 412 (eine zivile Griffon) eine halbe Stunde vor unserer Abflugzeit von Sarajevo kommend geschafft und der VIP hatte davon Wind bekommen. Als wir ankamen, um ihn und die beiden anderen Passagiere abzuholen, erklärte er, er wolle doch versuchen bis Sarajevo zu kommen, da er dort an einer sehr wichtigen Besprechung teilnehmen müsse. Ich erläuterte ihm unsere wetterbedingten schlechten Erfolgsaussichten und teilte ihm mit, dass mein Einsatzauftrag nun laute, die beiden anderen Passagiere nach Bugojno zu bringen. Im Wesentlichen erwiderte er darauf, seine Person gehe vor und alles andere müsse warten. Hier beging ich meinen größten Fehler. Ich gab nach und willigte ein, es zu versuchen, warnte ihn aber, dies werde ein turbulenter Flug und ich könne ihm nicht versprechen, dass wir es schaffen würden. Die beiden niederländischen Passagiere waren nicht allzu glücklich, flogen jedoch mit, in der Hoffnung Bugojno auf dem Rückflug zu erreichen. Nach dem Start zeigte unser Avionik-Management-System eine Wind- II/2005 FLUGSICHERHEIT Vielleicht fand vor geraumer Zeit in einer Firma, die Fallschirme herstellt, eine angeregte und der eigentlichen Aufgabenerfüllung nicht sehr dienliche Unterhaltung zwischen zwei Mitarbeitern oder Mitarbeiterinnen (Näherinnen) statt und eine/ einer der Beteiligten vergaß einen kleinen Arbeitschritt bei der Fertigung eines Fallschirmes für das Unbemannte Luftfahrzeug CL-289. Es gibt nichts, was es nicht gibt! Ein unbedeutender Vorgang – sollte man meinen – geht man davon aus, dass ein derartig wichtiges System aufgrund seiner Bedeutung beim Flugbetrieb im Herstellungsgang mehrfach vor seiner Auslieferung an den Verbraucher kontrolliert wird, um Fertigungsmängel auszuschließen. Doch in diesem Falle sollte der Fehler bei keiner weiteren Firmenkontrolle entdeckt werden. Der fehlerhafte Fallschirm wanderte also in ein Depot und wartete dort einige Jahre auf seinen Einsatz. Im Jahre 2004 war es dann soweit. Eine Drohneneinheit aus BadenWürttemberg entschloss sich im Rahmen seiner Ausbildung zu einem Flugvorhaben. Für das Ausbildungsvorhaben wurde u.a. besagter Fallschirm zeitgerecht zur Verfügung gestellt. Er wurde seiner sicheren Verpackung entnommen, um auf dem Truppenübungsplatz Bergen in einer Drohne CL-289 zum Einsatz zu kommen. Vorher musste er jedoch systemtypisch noch mit dem Fallschirmraumdeckel der für den Einsatz vorgesehenen Drohne verbunden werden. Eine Montage, die von einem erfahrenen Mechaniker durchgeführt und von einem Luftfahrzeugnachprüfer kontrolliert wird. In unserem Falle war an dieser Stelle zufällig ein Nachprüferanwärter (unter Aufsicht des verantwortlichen Luftfahrzeugnachprüfers) im Rahmen seiner Ausbildung tätig. Die vorgeschriebene Nachprüftätigkeit beim Einbau des Fallschirms verlief ohne Beanstandung. Auch der erfahrene Nachprüfer konnte bei der Leinenmontage des Fallschirmes keine Mängel feststellen. Alle vorgeschriebenen Tätigkeiten wurden ordnungs- II/2005 FLUGSICHERHEIT von Stabsfeldwebel Wilhelm Hiller, ArtAufklBtl 121 gemäß durchgeführt und doch wollte das Bild, welches sich dem erfahrenen Nachprüfer bot, nicht in die Vielzahl von Bildern einer ordnungsgemäßen Montage passen. Irgendetwas störte ihn an dem was er sah und ließ ihn stutzig werden. Es fehlte etwas und plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: !!! Die “Leinenvernähung (Farbe)“ fehlt!!! (siehe Bild). Ein fataler Mangel, der bei Verwendung dieses Fallschirms zwangsläufig zum Totalverlust des Luftfahrzeuges bei der Landung geführt hätte. Dem Nachprüferanwärter in der Ausbildung gab man mit auf den Weg: „Das nächste Mal sitzt der Fehler bestimmt an einer ganz anderen Stelle“ und „Es gibt nichts, was es nicht gibt“. 9 Flugsicherheit Die Gefahr, „high“ zu sein, ohne zu fliegen von Frederick V. Malmstrom, Dr. phil., USAF Academy Unsere Streitkräfte greifen hart durch, wenn es um Drogenmissbrauch geht. Als ich meine Arbeit zur Erforschung der Geschichte einer Straßendroge mit der Bezeichnung „Ecstasy“ aufnahm, war meine erste Reaktion „Oh mein Gott, nicht noch einmal so etwas!“ Als klinischer Psychologe im Strafvollzug mit zehnjähriger Erfahrung habe ich erlebt, dass es im Grunde genommen nichts gibt, was sich die Menschen in dem endlosen Verlangen, sich in einen Rausch zu versetzen, nicht in irgendeine Körperöffnung stecken, darin baden oder sich in die Venen spritzen. Ich hatte einmal einen Patienten, der sich Erdnussbutter injizierte und deswegen drei Finger wegen Gewebsnekrose verlor. Ecstasy ist inzwischen eine Kultur. Ecstasy ist jedoch keine gewöhnliche Straßendroge - es ist eine Kultur. Diese Droge verdient besondere Erwähnung, wenn auch nur aus dem einzigen Grund, dass es unlängst leider sowohl die United States Military Academy (USMA) als auch die United States Air Force Academy (USAFA) für erforderlich hielten, mehrere Kadetten wegen Missbrauchs dieser Droge vor ein Kriegsgericht zu stellen, aus dem Dienst zu entlassen oder zur Strafe in das Militärgefängnis in Leavenworth zu schicken. Jawohl, unsere Streitkräfte greifen hart durch, wenn es um Drogenmissbrauch geht. Ich war erstaunt, als ich feststellte, 10 dass die beliebteste Variante von Ecstasy (Methylenedioxymethamphetamin oder kurz MDMA, falls Sie jemals danach gefragt werden sollten) bereits 1912 erstmals in Deutschland als Appetitzügler synthetisch hergestellt und patentiert wurde. Die USDrogenbekämpfungsbehörde stufte jedoch MDMA erst am 1. Juli 1985 als eine besonders überwachte Substanz (Schedule 1 Controlled Substance) ein. Dies ist in den USA eine vornehme Umschreibung dafür, dass Ecstasy illegal ist. Wie unkontrollierbar ist Ecstasy? Die New York Times berichtete, dass jeden Tag rund eine Million Tabletten in die USA geschmuggelt werden. Der illegale Verbrauch von Ecstasy ist seit Anfang der 90-er Jahre schlagartig in die Höhe geschnellt, und auch die Streitkräfte bleiben nicht von Drogenmissbrauch verschont. Ecstasy ist ein Amphetamin mit Schwesterdrogen, wie MDE („Eve“), MDA („Love“), PMA („Death“), MDEA und MBMB. Alle diese Drogen werden im Volksmund als „Rave-Drogen“ oder „Party-Drogen“ bezeichnet, weil sie oft in großen Mengen auf Parties, die die ganze Nacht hindurch andauern oder auf Rave-Veranstaltungen konsumiert werden. Eine bescheidene Dosis von 75 150 mg soll den Drogenkonsumenten in einen ein- bis dreistündigen Rausch versetzen. MDMA ist zweifelsohne die „beliebteste Droge bei jungen Männern“. Ecstasy ist harmlos? Wer sagt das? Seit ungefähr zehn Jahren hält sich ein weitverbreiteter, aber nicht begründeter Glaube in der Öffentlichkeit, dass diese Rave-Drogen verhältnismäßig ungefährlich seien und nur zu einem Gefühl von Euphorie, sozialer Nähe und leichten LSD-ähnlichen Halluzinationen führen. Ist dies tatsächlich so? Haben wir letztendlich doch die Wunderpille entdeckt, die nur Frieden und Harmonie fördert? Wenn dies tatsächlich so wäre, könnten wir unsere Streitkräfte abschaffen. (Wiedersehen mit der „Schönen neuen Welt“?) Ich bin ausgesprochen misstrauisch gegenüber dieser Behauptung, und sei es nur, weil meine jahrelangen persönlichen Erfahrungen mit Drogenmissbrauch mir sagen, dass jede Art von Amphetaminen nichts Gutes verheißt. Nach den Amphetaminen kommt immer eine Phase der Niedergeschlagenheit. Ich habe schon Patienten gehabt, die bis zu zwei Jahre brauchten, um sich von ihrem Amphetaminmissbrauch zu erholen. Amphetamine sind immer „Designer-Drogen“, eine modische Umschreibung dafür, dass die Moleküle in dieser Form nicht in der Natur vorkommen, also im Labor synthetisch hergestellt werden. Da der Körper keine natürlichen Abwehrmittel gegen diese Moleküle besitzt, treten zwangsläufig größere und unbekannte Nebenwirkungen auf. Und in der Tat bin ich bei meinen MEDLINE-Recherchen in über 1200 Artikeln in Fachzeitschriften immer wieder auf Aussagen gestoßen, dass man gerade erst anfängt, die Langzeitwirkungen von Ecstasy zu erkennen. Nichtsdestotrotz ist schon eine ganze Menge über die Kurzzeitwirkung von II/2005 FLUGSICHERHEIT Ecstasy bekannt - und zwar bei Tieren. Von Ratten und Affen, denen MDMA verabreicht wurde, weiß man, dass sie sich häufiger impulsiv verhalten, Gefahren ignorieren, spontane Ejakulationen haben und es vorziehen, sich aneinanderzukauern (soziale Nähe?). Dies sind sicherlich Auswirkungen, die dafür sorgen, dass eine Party schneller in Schwung kommt. Amphetamine haben jedoch nur einen eng begrenzten medizinischen Nutzen. In Ausnahmefällen wurden Angehörigen der Streitkräfte Amphetamine verordnet. 1942 wurden Commander Joe Rochefort, US-Marine, Amphetamine über mehrere Wochen verordnet, als er damit beschäftigt war, den allgemeinen Einsatzkode der japanischen Marine, den JN25b, zu knacken. Auch während des Golfkriegs 1990 wurden einigen Luftfahrzeugbesatzungen der Koalition sorgfältig überwachte Dosen von Amphetamin verordnet, um ihre Wachsamkeit zu erhöhen und um ihren Arbeitstag zu verlängern. Dennoch lehnten die meisten Luftfahrzeugführer dieses Angebot höflich ab. Wie wirkt Ecstasy auf den Körper? MDMA bringt, wie alle Stimulanzien, die „Lehrlaufdrehzahl“ des Körpers auf Hochtouren. Dies ist der Grund, weshalb Menschen, die eine zu hohe Dosis zu sich nehmen, manchmal an einer unkontrollierten Hyperthermie (Erhöhung der Körpertemperatur) und Tachykardie (Beschleunigung der Herzfrequenz) sterben. Wie alle Amphetamine erzeugt MDMA das typische „Wochenend-Hoch“, auf das das „Tief in der Wochenmitte“ folgt. In Tabelle 1 habe ich einige der bekannten, beim Menschen durch Missbrauch von MDMA auftretenden Wirkungen aufgeführt. Jedes Jahr gibt es in den Vereinigten Staaten ca. ein Dutzend Tote, die ausschließlich auf eine Überdosis Ecstasy zurückzuführen sind. Hinzu kommen schätzungsweise drei Tote im Jahr aus II/2005 FLUGSICHERHEIT 10.000 der Altersgruppe 18 - 25, die aufgrund von Verhaltensänderungen sterben, während sie noch unter dem Einfluss der Droge stehen. Ich habe einige Berichte über Fälle von wirklich idiotischen Drogenkonsumenten gelesen. Einer kam beim „Autosurfen“ ums Leben (können Sie sich so etwas vorstellen?), ein anderer kletterte auf einen Hochspannungsmast. (Seine letzten Worte: „Hey Leute, seht mal!“) MDMA-Missbrauch ist leicht festzustellen. In Kürze können unsere Sanitäter schnell durch einen Urin- oder Bluttest MDMA- Missbrauch nachweisen. Noch aufschlussreicher ist die Haarprobenanalyse, um einer Person MDMAMissbrauch in der Vergangenheit nachzuweisen. Die Haarprobenanalyse ist ziemlich genau, da sie bis in die Nanogramm-pro-Milligramm-Bereiche geht. Durch einen totalen und abrupten Drogenentzug lassen sich die Symptome von Ecstasy-Missbrauch in der Vergangenheit nicht verheimlichen. Schlussbetrachtung: Dieser Stoff ist ausgesprochen gefährlich. Ich war enttäuscht, als ich erfuhr, dass keine Experimente bekannt sind, um die Wirkungen von MDMA auf das Fliegen - geschweige auf das Autofahren - zu erforschen. Man sollte einige kontrollierte Untersuchungen durchführen, aber leider wird dies nicht gemacht. Es ist möglich, dass zahlreiche allgemeine Unfälle mit Luftfahrzeugen durch MDMA-Missbrauch herbeigeführt wurden, und dies wird für künftige Untersuchungen durch den National Transportation Safety Board (NTSB) (Nationale Transportsicherheitsbehörde (US) ein echtes Problem darstellen. In der Zwischenzeit wird gegen militärisches Flugpersonal, das MDMA oder andere Amphetamine missbräuchlich konsumiert, mit Sicherheit sofort und auf Dauer ein Flugverbot ausgesprochen (was die Justiz mit diesen Drogenkonsumenten macht, ist eine andere Frage.) Nur ein wahnsinniger Passagier wird sich freuen, mit einem übertrieben selbstsicheren, impulsiven und unter Halluzinationen leidenden oder gar mit einem paranoiden, deprimierten und schwerfällig agierenden Piloten zu fliegen. TABELLE 1 Sofortige Wirkungen von MDMA (Ecstasy) Euphorie oder Freude • Gefühle der Nähe und Kameradschaft • Gesteigerte sexuelle Erregung • Hyperthermie (erhöhte Körperkerntemperatur) • Impulsivität • Bizarres und riskantes Verhalten • Leichte, aber angenehme Halluzinationen • Längere Reaktionszeit • Erhöhter Blutdruck Kurzzeitige Entzugserscheinungen bei MDMA (Ecstasy) • Depressionen • Paranoia und unbegründeter Argwohn • Ataxie (Unfähigkeit, feine motorische Bewegungen auszuüben); Schwerfälligkeit • Beklemmungen • Feindseliges und unsoziales Verhalten • Diaphorese (unkontrolliertes Schwitzen) • Flashbacks • Schlafstörungen Langfristige Wirkungen von MDMA (Ecstasy) • Abhängigkeit • Gehirnödem • Leberschädigung • Permanent verringerter Verbal-IQ • Gehirnverletzungen (Narbenbildung) • Parkinson-Symptome (Schüttelbewegungen) • Tachykardie (Herzrhythmusstörungen) • Krampfanfälle 11 Flugsicherheit Stellungnahme Dr. Wolfgang Lawicki: Ich bin aufgefordert, zu diesem Bericht, der hier in dieser Ausgabe der Zeitschrift „Flugsicherheit“ abgedruckt ist, Stellung zu beziehen. Nach Durchsicht des Artikels war ich ein wenig verwirrt über den Titel ... „Unsere Streitkräfte greifen hart durch, wenn es um Drogenmissbrauch geht“. Da ist zu lesen, ich zitiere „In Ausnahmefällen wurden Angehörigen der Streitkräfte Amphetamine verordnet ... auch während des Golfkrieges 1990 wurden einigen Luftfahrzeugbesatzungen der Koalition sorgfältig überwachte Dosen von Amphetamin verordnet, um ihre Wachsamkeit zu erhöhen und um ihren Arbeitstag zu verlängern. Dennoch lehnten die meisten Luftfahrzeugführer dieses Angebot höflich ab.“ Ist das nicht als Doppelmoral zu bewerten? Für diesen Zweck von einem begrenzten medizinischen Nutzen zu sprechen, ist nicht nachzuvollziehen. Der Autor schreibt an anderer Stelle „... dass jede Art von Amphetaminen nichts Gutes verheißt. Nach den Amphetaminen kommt immer eine Phase der Niedergeschlagenheit. Ich habe schon Patienten gehabt, die bis zu zwei Jahre brauchten, um sich von ihrem Amphetaminmissbrauch zu erholen.“ Diese Bewertung ist absolut richtig. Zur Frage der Abhängigkeitsentwicklung schreibt die Deutsche Hauptstelle gegen Suchtgefahren (DHS): Amphetamine können sehr schnell zu einer starken psychischen Abhängigkeit führen. In den ersten Monaten des Konsums erfährt der Konsument aufgrund seiner positiv wirkenden Ausstrahlung meist Bestätigung und Bewunderung, doch in der Folge schränkt er zunehmend seine sozialen 12 Aktivitäten ein. Um die gewünschten Wirkungen schneller und intensiver zu erleben, wird häufig zu einer schneller wirksamen Verabreichungsform übergegangen, beispielsweise zum Rauchen oder Injizieren. Dies ändert jedoch auch die Wirkungen: So dominieren nun beispielsweise die sich gleichförmig wiederholenden Handlungen, das Gedankenfixieren und die Mümmelbewegungen im Mundbereich. Gleichzeitig entwickelt sich gegenüber den blutdrucksteigernden, appetitdämpfenden und euphorisierenden Wirkungen eine Toleranz, was wiederum zu Dosissteigerungen führt. Zu den Entzugssymptomen beim Absetzen der Substanz gehören Schlaflosigkeit, Mundtrockenheit und Unruhe, aber auch psychische Symptome wie Stimmungsschwankungen, Angststörungen und Depressivität. Der Zweck heiligt die Mittel? Mögliche Bagatellisierungen könnten sein: ... nur ab und zu, ... wenn es sein muss, dann auch nur kurzfristig. Sind das aber nicht auch typische Bagatellisierungstendenzen der User? Sicher ist: Eine Verordnung von Amphetaminen für Flugzeugführer zu welchem Zweck auch immer - ist in der Bundeswehr nicht zulässig. Die Erlasslage ist eindeutig. Das gilt für alle Drogen, für alle Bereiche, ohne Ausnahme. Der Autor beschränkt sich in seinem Bericht auf die Designerdroge „Ecstasy“. Seine Darstellung bringt die Problematik dieser Droge außerordentlich gut an das Publikum. Hier einige wichtige Ergänzungen bezogen auf Deutschland: Nach Schätzungen des Bundesgesundheitsministeriums konsumieren in Deutschland ca. 500.000 Jugendliche die Partydroge Ecstasy. Im Umfeld der Technoszene und Partykultur besteht eine deutlich erhöhte Drogenerfahrung unter Jugendlichen. In der entsprechenden Stichprobe lagen die Prävalenzwerte um ein Vielfaches höher als in einer vergleichbaren Repräsentativstichprobe. So betrug die Lebenszeitprävalenz des Cannabiskonsums 1997 in der Gesamtbevölkerung zwischen 23% und 26%, während unter dem befragten 18- bis 29-jährigen Technopublikum ca. 51-75% Erfahrungen mit Cannabis hatten. Ebenso deutlich waren die Unterschiede bezogen auf die Lebenszeitprävalenz des Ecstasykonsums. Hier wiesen 26-61% der Befragten der Technostudie, aber nur 3-7% der Repräsentativstichprobe Drogenkonsumerfahrung auf. Wer auf Technopartys illegale Drogen konsumiert, betreibt in aller Regel einen Mischkonsum mehrerer Substanzen. Zusätzlich zu Ecstasy ist der Beikonsum von Cannabis am wahrscheinlichsten (65%), gefolgt von Alkohol (56%) und Speed (42,2%). Der zusätzliche Konsum von Kokain (14,8%) und Halluzinogenen (9,4%) ist innerhalb der Partykontexte weniger wahrscheinlich. Die subjektiven Begründungen für den Mischkonsum von Ecstasy mit Cannabis, Alkohol, Speed, Kokain und Halluzinogenen variieren stark. Den meisten Formen des Mischkonsums liegen szenebezogene soziale Konventionen und das Motiv einer differenzierten Stimmungsregulation zugrunde. Zu den vorrangig genannten Gründen für das Einstellen des Ecstasykonsums gehören das Auftreten negativer Erlebnisse und Nachlassen positiver Erfahrungen, die Inkompatibilität des Drogenkonsums mit dem (aktuellen) Lebensentwurf und soziale Motive. Zur Nachweisbarkeit von Ecstasy: im Urin ca. 1-4 Tage, im Blut ca. 1 Tag, in den Haaren noch nach Monaten. Zusammenfassung Unsere Streitkräfte greifen hart durch, wenn es um Drogenmissbrauch geht. Das gilt für die Streitkräfte der USA wie der Bundesrepu- II/2005 FLUGSICHERHEIT Illustration: Renate Wachsmann-Kerp IMZBw Suchtbekämpfung von Soldaten“ vom 08. Juli1999 sind theoretisch die Weichen für eine effektive Suchtprävention und Suchtbekämpfung in den Streitkräften gestellt, wobei illegale und legale Suchtmittel in die Prävention einbezogen sind. Ein Drogenscreening ist nur für Anwärter des fliegerischen Dienstes vorgeschrieben. Für alle anderen Bereiche ist die Freiwilligkeit mit schriftlichem Einverständnis vorausgesetzt. Auf der Website der Bundeswehr www.suchtpraevention-bundeswehr. de wird ausführlich das Thema „Drogen und Sucht in der Bundeswehr“ behandelt, wobei neben einer allgemeinen Information zu den einzelnen Drogen auch die Erlasslage und die dienstrechtlichen Aspekte beleuchtet werden. blik Deutschland natürlich aufgrund der Gesetzeslage in unterschiedlicher Weise und Ausprägung. Hier ist auch eher der Missbrauch illegaler Drogen gemeint. Ein Einsatz von Amphetaminen in unserer Armee - z.B. bei Luftfahrzeugbesatzungen - zur Steigerung der Wachsamkeit und zur Verlängerung des Arbeitstages, wie in den USStreitkräften beschrieben, ist aufgrund unserer Erlasslage unmöglich. Mit den „Richtlinien zur Koordinierung und Steuerung von Maßnahmen der Suchtprävention II/2005 FLUGSICHERHEIT und 13 Flugsicherheit Sei vernünftig, Vögel sind es nicht! von Major Lancaster, GenFlSichhBw Vögel sind dumm. Immer wieder passiert es, dass Vögel vor Flugzeuge fliegen: auf Landepisten, während eines Anflugs oder im Tiefflug mit hoher Geschwindigkeit. Man kann die Reaktion eines Vogels nie vorhersehen. Großvögel würden wahrscheinlich ihre Flügel einziehen und in den Sturzflug übergehen, aber nicht unbedingt. Wenn sich Kleinvögel (z. B. von einem Raubvogel) bedroht fühlen, fliegen sie im engen Verband, ändern ihre Flugrichtung und können dann ganz plötzlich direkt vor der Maschine auftauchen. Was kann ein Pilot von einem dummen Vogel erwarten? Was tun, wenn man mit dieser Dummheit konfrontiert wird? 14 Der erste Schritt im Kampf gegen die Vögel wird in der Flugvorbereitung gemacht. Hier kann die größte Arbeit geleistet werden im Vermeiden von Vogelschlägen. Das gilt besonders für Tiefflüge, bei deren Planung der Pilot auf ein wichtige Hilfsmittel zugreifen kann: BIRDTAMs (aufgeklärte Bereiche erhöhter Vögelschlaggefahr, die auf Karten dargestellt sind). In Gebieten mit hohem Vogelschlagrisiko sollte man nicht tiefer als 3.000 Fuß fliegen oder die geplante Tiefflugroute ändern. Vogelzugrouten sind zu vermeiden. Jeder weiß es, und jetzt muss sich jeder auch in der Praxis an diese Regeln halten. Das ist auch vernünftig und logisch! Was kann man sonst noch tun? Man muss einfach mit einem Vogelschlag rechnen. Man kann während des Fluges nicht viel gegen einen Vogelschlag tun. Das ist durch drei Faktoren bedingt: die Sichtweite, die Vorhersehbarkeit und die Manövrierfähigkeit. Sichtweite Es ist schwierig, Vögel wahrzunehmen. Piloten fliegen oft durch Gebiete mit höchster Vogelschlaggefahr, ohne einen einzigen Vogel gesehen zu haben. Wo haben sich die Vögel versteckt? Sie waren da, blieben aber außer Sicht. In Hinsicht auf Vogelwahrnehmung ist unser Sehvermögen sehr begrenzt. Das kann auf drei Faktoren zurückgeführt werden: das Sehvermögen des Auges selbst, den Kontrast und das Licht. Vor ein paar Jahren erschien in einem Buch „Flugsicherheit und Vogelschlag“ ein Artikel zu diesem Thema. Der Titel hieß „Grenzen der visuellen Erfassung ziehender Vögel“. Daraus entnehmen wir folgende Fakten: Unter optimalen Zuständen kann man einen Großvogel, wie eine Gans, frühestens aus zwei Kilometer Entfernung wahrnehmen. Ein Bussard kann aus 1,9 Kilometer Entfernung gesehen werden, Silbermöwe aus 1,5, Lachmöwe aus 0,9 und eine Schwalbe aus 300 Meter. Optimaler Zustand heißt hier aber optimaler Kontrast, gute Beleuchtung und gute Sichtweite. Unter nicht optimalen VFR-Sichtbedingungen (Sonnenblendung, Dunst, wenig Kontrast) kann sich aber das Erkennen eines Großvogels auf 500 Meter verringern, besonders bei Frontalsicht. Die meisten Jets fliegen im Tiefflug mit einer Geschwindigkeit von 200 Meter/Sekunde (400 Knoten), die Reaktionszeit kann am besten in Sekunden gemessen werden und liegt zwischen 2 und 7 Sekunden. Während eines Tiefflugs war vor zehn Jahren ein Vogelschlag die Todesursache des Piloten im vorderen Cockpit einer T-38. Die Reaktionszeit wurde damals auf 3,6 Sekunden geschätzt, leider blieb der Vogel (ein großer Geier) bis zum Aufschlag unsichtbar. II/2005 FLUGSICHERHEIT Ein Pilot muss bei einem Tiefflug mit nicht mehr als 3 Sekunden Reaktionszeit zwischen dem Moment der Vogelwahrnehmung und des Aufschlags rechnen. Vorhersehbarkeit Bild: M. Buschmann, Nationalpark Wattenmerer Hat der Pilot die Vögel visuell erfasst, muss man aber auch ihre Flugrichtung kennen, um ihnen ausweichen zu können. Vögel auf oder neben der Piste sind am schwierigsten einzuschätzen. Beim Start und Abflug hat man keine Möglichkeit, das Flugzeug so zu steuern, dass man die Vögel vermeidet. Das einzige, was bleibt, ist die Wahl zwischen Startabbruch oder einer Startfortsetzung. Aus diesem Grund ist in einem solchen Fall der Kontrollturm anzuspre- chen und die Vögel sind zu verscheuchen. Der Abflug muss verschoben werden. Ähnlich wie ein Gewitter, bilden Vögel eine echte Gefahr und bis diese behoben ist, muss man den Abflug auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Die Unfälle von einer E-3 in Elmendorf AFB, Alaska 1995, und einer NATO E-3 in Griechenland 1996 erteilten eine lebenswichtige Lehre: man kann Menschenleben retten, wenn man seinen Abflug aufgrund einer Vogelschlaggefahr verschiebt. Das ist der wichtigste II/2005 FLUGSICHERHEIT Punkt in diesem Artikel: Wenn neben oder auf der Piste Vögel sind: DELAY YOUR TAKEOFF. Man vermutet, dass die Vögel in der gleichen Zeit abfliegen, wie das Flugzeug, man muss aber mit dem Schlimmsten rechnen, nämlich dass sie direkt vor das Flugzeug fliegen. Wie geht man mit Vögeln um, denen man während des Fluges begegnet? Das ist die schwierigste Frage, weil sie die Kenntnisse der Vogelreaktionen erfordert. Wie bei allen taktischen Fragen lautet die Antwort: „Es kommt drauf an“. Diese Reaktionen sind nur wenig erforscht. Die erfahrenen Piloten behaupten, Vögel würden einen Sturzflug machen, um ein Flugzeug zu vermeiden. Das ist oft so, aber Wenn ein Vogelschwarm unmittelbar im Anflug des Flugzeugs auffliegt, hat man die Wahl zwischen einer Anflugfortsetzen oder des Durchstartens. Was ist jetzt besser? Die Antwort ist von verschiedenen Faktoren abhängig, unter anderen ist der Flugzeugtyp entscheidend. Ist kein Schleudersitz vorhanden, setzt man den Anflug fort. Es kann passieren, dass die Vögel in die Triebwerke einfliegen. Dies ist ebenfalls beim Durchstarten möglich, aber mit schlimmeren Folgen wegen des höheren Schubbedarfs, der dann erforderlich ist. Befindet man sich schon auf dem Gleitpfad unmittelbar nicht immer. Oft trifft dies bei Großvögeln wie dem Bussard oder den Wasservögeln zu, es ist aber nicht die Regel bei den kleinen, schwärmenden Vögeln; ihre Reaktionen sind unberechenbar. Es ist oft der Fall, dass ein Vogelschwarm eine enge Formation bildet, um Raubvögel abzuhalten (das Flugzeug wird auch als solches betrachtet). Die Flugrichtung bleibt aber kaum zu erraten, auch als Schutz vor dem drohenden Angriff. Sieht man den Vogelschwarm, ist in der Regel der Abstand zu gering, um effektiv reagieren zu können, eben- vor der Landebahn, sollte man am besten den Anflug bis zum Fullstop vollenden. Diese Lehre resultiert aus zwei Unfallbeispielen. 1996 stürzt eine belgische C-130 bei einem Durchstartversuch in Eindhoven (Niederlande) ab. Die Besatzung beabsichtigte eine Abschlusslandung, aber ein Schwarm Stare befand sich im Anflug und die C-130 startete durch. Dabei wurden drei Triebwerken stark beschädigt und die Kontrolle über das Flugzeug ging verloren, denn die Seitenruderwirksamkeit war zu gering. Hätte die Besatzung ihren Anflug wie geplant fortgesetzt, wäre der Absturz wahrscheinlich nicht passiert und 34 Menschen wären noch am Leben. falls ist eine Vorhersage der Reaktionen der Vögel durch das Aufschrecken nicht möglich. Manöverfähigkeit 15 16 Bild: Archiv GenFlSichhBw Vor kurzem ist eine C-5 Besatzung während des Anflugs durchgestartet, um einem Schwarm von Wasservögeln auszuweichen. Trotz des Durchstartens ist das Flugzeug von mehreren Vögeln getroffen worden. Das Ergebnis waren zwei beschädigte Triebwerke und ein Class A-Unfall wegen Triebwerkbeschädigung. Fliegt man einen Endanflug in einem Luftfahrzeug mit Schleudersitz, kann man einen Durchstart erwägen mit der Absicht auf bessere Ausstiegsparameter. Man sollte aber nicht denken, dass ein kleines, wendiges Flugzeug im Endanflug leicht manövriert werden kann, um einen Vogelschlag zu vermeiden. Ein Ausweichversuch ist bei niedriger Flughöhe und niedriger Geschwindigkeit sehr gefährlich, wie auch ein T-38 Unfall neulich gezeigt hat. Der Pilot hatte während des Endanflugs versucht, einen Vogel zu unterfliegen. Dabei hatte er aber so viel an Höhe verloren, dass er den Flughafenbegrenzungszaun erwischte und dabei sein rechtes Fahrwerk abgerissen wurde. Zum Glück war nichts Schlimmeres passiert. Entscheidungen, die man während des Abflugs bei Vogelgefahr treffen muss, sind noch schwieriger und setzten eine gründliche Flugvorbereitung voraus. Die wichtigsten Faktoren, die dabei berücksichtigt werden müssen, sind Flugzeugtyp, Pistenlänge und Fangkabelausrüstung. Man soll die Notverfahren entsprechend dem Flugbetriebshandbuch genau kennen und anwenden. Für den Fall, dass sich ein Vogelschlag im Abflug ereignet, sollte man vorbereitet sein. Falls man während des Rollens Vögel auf oder neben der Piste bemerkt, ist sofort der Kontrollturm zu informieren (die Kontroller können oft die Vogelsituation nicht so überblicken wie der Pilot). Gegebenenfalls ist der Abflug abzubrechen und dieser erst durchzuführen, wenn alle Vögel verscheucht sind. Besondere Vorsicht ist im Tiefflug oder in den Schiessgebieten angesagt, Bild: M. Buschmann Flugsicherheit da hier eine besonders hohe Vogelschlaggefahr besteht und die größten Beschädigungen pro Vogelschlag verursacht werden. Oft fehlt die nötige Aufmerksamkeit Richtung 12 Uhr weil der Pilot auf die Tiefflugkarte oder auf Referenzen des Schiessgebietes achtet. Der Zeitraum, einen Vogel zu erfassen und auszuweichen, verkürzt sich enorm. Es kann sein, dass man Zeit für ein Ausweichmanöver hat. Ist diese Zeit gegeben, dann sollte man nur nach links, rechts oder nach oben ausweichen. Niemals den Steuerknüppel nach vorne drücken! Sofern es für ein Ausweichmanöver zu spät sein sollte, ist es auf jeden Fall wichtig, eine Art Schutzhaltung einzunehmen, um Kopf und Oberkörper vor Verletzungen zu schützen. Beachte, man kann auch etwas ganz Wichtiges vom Vogel Strauß lernen! Wie der Vogel Strauß seinen Kopf in den Sand steckt, genau so sollte man mit seinem Kopf in Deckung gehen. Sehr klug! II/2005 FLUGSICHERHEIT Bild: Archiv GenFlSichhBw Bravo Bravo gut gut gemacht gemacht Am 09. März meldete sich Stabsfeldwebel Schade (LTG 62) als zuständiger Am 09. März Flugplatzmeister meldete sich Stabsfeldwebel beim Flugsicherheitsoffizier, Schade (LTG weil 62) als er beizuständiger einer Kontrollfahrt Flugplatzmeister Ölspurenbeim auf der Flugsicherheitsoffizier, Taxiway und der Runway weil er bemerkt bei einer hatte. Kontrollfahrt Ölspuren auf dem Taxiway und der Aufgrund Runway der bemerkt zeitlichen hatte. Zuordnung (die Ölspuren waren kurz vorher Aufgrund noch nicht derda) zeitlichen konnte Zuordnung ein Luftfahrzeug (die Ölspuren im Platzflugbetrieb waren kurz ermittelt vorher noch werden. nicht da) konnte ein Luftfahrzeug im PlatzflugbeNach triebder ermittelt Landung werden. stellte das technische Personal der Wartung einen Nachstarken der Landung Ölverlust stellte an das Triebwerk technische II fest. Personal Bei derder folgenden Wartung Kontrolle einen starken wurdeÖlverlust eine defekte an Triebwerk DichtungII fest. am Deckel Bei derder folgenden dritten Ölleitung Kontrolle (PCU) wurde ermittelt. eine defekte Dichtung am Deckel der dritten Durch Ölleitung das (PCU) umsichtige ermittelt. und verantwortungsvolle Handeln des Flugplatzmeisters Durch das umsichtige konnteund wahrscheinlich verantwortungsvolle ein Zwischenfall Handelnoder des Schlimmeres Flugplatzmeisters verhindert konnte werden. wahrscheinlich ein Zwischenfall oder Der Schlimmeres Vorfall zeigtverhindert aber auch,werden. dass eine Lösung des „PCU-Problems“ dringend Der Vorfall notwendig zeigt aber ist (siehe auch, Zwischenfall dass eine04/027 Lösung vom desLTG „PCU62). Problems“ dringend notwendig ist (siehe Zwischenfall 04/027 vom LTG 62). II/2005 FLUGSICHERHEIT 17 Flugsicherheit Taktile Anzeigen Anzeigenereich Zusammengestellt von Hauptmann Peter Harazin Die Informationen zu den Entwicklungsergebnissen im Bereich „Taktile Anzeigen“ wurden während des Survival and Flight Equipment (SAFE) Symposiums 2004 in Lyon zusammengetragen. Schwerpunkt dieser Veranstaltung war das Thema Situational Awareness. Eine Kurzinformation zur SAFE Organisation befindet sich der Vollständigkeit halber zu Beginn dieser Information. SAFE ist eine internationale Organisation, die sich der Gewährleistung der Sicherheit und des Schutzes des Einzelnen an Land, auf See, in der Luft und im Weltraum widmet. Im regelmäßigen Wechsel finden Symposien der Organisation in Europa und den Vereinigten Staaten von Amerika statt. In den Vereinigten Staaten von Amerika ist der Austausch von Erfahrungen und Informationen umfangreicher durch einen wesentlich größeren Teilnehmerkreis sowie einer längeren Symposiumsdauer. Je nach Austragungsort erhalten die Symposien 18 den Zusatz -US bzw. -Europe. Gegründet wurde die Organisation im Jahr 1956 als Space and Flight Equipment Association (Vereinigung für Weltraum- und Flugausrüstung). Am 02.10.1969 erfuhr sie eine Umbenennung in Survival and Flight Equipment Association (Vereinigung für Not- und Flugausrüstung). Am 24.11.1976 wurde die Organi- zepte und Produkte dient sie dem Austausch technischer Informationen und der Erörterung von Fragen von besonderem Interesse in den o. a. Fachbereichen. Den Mitgliedern soll hierbei auch eine größere Gelegenheit für die berufliche Weiterentwicklung und den ständigen Erfahrungsaustausch unter Experten ermöglicht werden. Des Weiteren sollen im Rah- Mögliche Anbringung von Taktoren (Vibrationsgeber) in der Fliegersonderkleidung sation in SAFE Association benannt. Ziele der SAFE Organisation Der Zusammenschluss aller Mitglieder und die Durchführung von europäischen und amerikanischen Symposien dient der Förderung von Wissenschaft und Technologie zur Verbesserung von Sicherheitsvorrichtungen, Lebenserhaltungssystemen, Schutzausrüstungen und MenschMaschine-Schnittstellen weltweit. Als Forum für die Förderung neuer Kon- men von Weiterbildungsveranstaltungen die Effektivität und Sicherheit bei der Auslegung und im Betrieb von Rettungssystemen kontinuierlich verbessert werden. Dabei soll auch der Einfluss dieser Vereinigung auf militärische Dienststellen erhöht werden, um die Hauptziele der Organisation umzusetzen. Nicht zuletzt ist es das Ziel die Wertstellung der Vereinigung nach außen und innen sowie die Gemeinschaft SAFE stetig zu steigern. II/2005 FLUGSICHERHEIT Aktivitäten Jährlich findet jeweils ein internationales Symposium in den USA und in Europa mit der Vorstellung von Bildungs- und Fachinformationen, aktiven Gerätedemonstrationen und einer begleitenden Ausstellung von neuen Entwicklungen statt. Regelmäßig erfolgt die Ausgabe des SAFE Journals, der SAFE Newsletter und der SAFE Proceedings. SAFE ist eine gemeinnützige Vereinigung. SAFE-Regionalgruppen unterstützen Tagungen und Seminare. Hierbei wird schwerpunktmäßig folgende Zielsetzung beschrieben: Taktile Anzeigen zur Verbesserung von Leistungsverhalten und Sicherheit Es gibt zurzeit drei Hauptanwendungen für Taktile Anzeigen: räumliche Orientierung, Navigation und Kommunikation. Die meist verbreitete Anwendung ist das vibrierende Mobiltelefon. Taktile Anzeigen wurden in einer Reihe von Szenarien erfolgreich demonstriert, darunter Taktile Anzeigen für die räumliche Orientierung bei Starr- und Drehflüglern und die Navigation beim Fallschirmspringen, bei Hochgeschwindigkeitsbooten und beim Tauchen Taktile Reizübermittlung Mikroprozessor • Austausch von Ideen und Informationen über die Aktivitäten der Mitglieder, • die Vorstellung neuer Ausrüstung und neuer Verfahren und • die staatliche, militärische und gewerbliche Anwendung auf dem Gebiet der Sicherheit und des Überlebens. II/2005 FLUGSICHERHEIT sowie dem Marsch zu Fuß. Zu den nicht militärischen Anwendungen gehört die Unterstützung von Blinden und Sehbehinderten, z. B. wurde beim Aufstellen des ersten Geschwindigkeitsweltrekords für Blinde auf dem Wasser eine taktile Navigationsanzeige verwendet und es wurde ein Blindenstock entwickelt, der dem Benutzer eine taktile Rückmeldung gibt. Was ist eine Taktile Anzeige? Wir alle sind mit Sichtanzeigen (dem Betrachten von Informationen) und Audio-Anzeigen (dem Hören von Informationen) vertraut. Die heutige Technologie, vor allem die Entwicklung rechnergestützter Systeme, macht es wahrscheinlicher, dass es bei der Verarbeitung visueller und akustischer Informationen zur Überlastung kommt. Diese Überlastung kann zu einer verminderten Leistungsfähigkeit und möglicherweise zu Einbußen bei der Sicherheit führen. Das Potenzial für Probleme bei Sichtanzeigen wurde erkannt, und Konstruktionsnormen wie die ISO1-Norm 13407 sind ein Versuch, diese Probleme zu überwinden. Eine Alternative besteht darin, Informationen über den „wenig genutzten“ Tastsinn zur Verfügung zu stellen, welcher spezifischer auch als haptischer Sinn bezeichnet wird. Dies kann in Form eines Hautreizes (taktile oder Tastkörperchenrezeption), eines in den Körperstrukturen (z. B. Muskeln) gefühlten Drucks (Propriozeption), einer Oberflächentemperatur (Thermorezeption) oder in Form von Schmerz (Nozizeption) erfolgen. Das gebräuchlichste Verfahren zur Reizung der Haut für die Bereitstellung taktiler Signale ist die Erzeugung von Schwingungen, wie sie beim vibrierenden Mobiltelefon zur Anwendung kommen. Es gibt jedoch auch andere Verfahren wie Stechen, Kratzen, Streicheln, elektrische Reizung usw. Die für die Erzeugung dieser taktilen Signale gefertigten Vorrichtungen sind als Taktor (Tastgeber) bekannt. Die Merkmale eines idealen Taktors sind minimale Größe, sehr niedriges Gewicht, geringe Leistungsaufnahme und hohe Ausgangsleistung (z. B. Schwingungen). Sicherheit und Leistungsfähigkeit der Besatzung jeder Plattform (z. B. Luftfahrzeug, Landfahrzeug, Schiff/ Boot und Unterseeboot) hängen 19 Flugsicherheit maßgeblich davon ab, inwieweit Informationen zur räumlichen Orientierung und für das Lagebewusstsein zur Verfügung gestellt werden können. Dies erfolgt normalerweise über Sicht- und Audio-Anzeigen. Sichtanzeigen sind zwar normalerweise problemlos in der Anwendung, jedoch bietet die Entwicklung rechnergesteuerter Sichtanzeigen die Möglichkeit, eine riesige Menge visueller Informationen zur Verfügung zu stellen, die das Informationsverarbeitungsvermögen des Einzelnen überfordern kann. Audio-Anzeigen sind zwar ideal für bestimmte Informationen geeignet, ihre Verwendung hat jedoch Nachteile in einer sehr lauten Umgebung und unter Umgebungsbedingungen, für die minimale Geräuschpegel gefordert sind. Eine wirksame Alternative zu Sichtund Audio-Anzeigen stellt die taktile Anzeige dar. Solche Anzeigen können höchst effektiv und in bestimmten Szenarien von Vorteil sein. Sie bieten die Möglichkeit, die kognitive Überlastung zu verringern, die sich durch rechnergestützte Sichtanzeigen ergeben kann und stellen sowohl bei Umgebungsbedingungen mit hohem als auch mit niedrigem Geräuschpegel eine wirksame Alternative zu akustischen Anzeigen dar. Die Entwicklung und Einführung taktiler Anzeigen wird durch die Schlussfolgerung gestützt, die auf dem von der Forschungs- und Technologieorganisation der NATO durchgeführten Symposium zum Thema „Räumliche Desorientierung in Militärfahrzeugen: „Ursachen, Folgen und Abhilfen“ (La Coruna, Spanien, 2002) gezogen wurde. Dort wurde folgende Feststellung getroffen: „Der bedeutendste Fortschritt der letzten Jahre, der der räumlichen Desorientierung entgegenwirken kann, ist die Verwendung taktiler Reize für die Übermittlung von Informationen zur räumlichen Orientierung.“ 20 Leistungsbeschreibung C-2 Taktor Physikalische Beschreibung: Durchmesser 1,2 Zoll, Höhe 0,31 Zoll, Gewicht 17 Gramm, eloxiertes Aluminium. Elektrische Verkabelung: Flexibel, isoliert, verdrilltes Leiterpaar, US-Drahtstärke Nr. 24. Steckverbinder optional. Haut-Kontaktgeber: Durchmesser 0,3 Zoll, mit einem Vorstand von 0,025 Zoll zum Gehäuse, auf die Haut aufgebracht. Elektrische Merkmale: 7,0 Ohm in Reihe geschaltet, Nenninduktivität 1,1 mH. Empfohlene Ansteuerung: Sinuswellen Tonimpulse von 50 bis 200 ms Dauer im Frequenzbereich 150 bis 300 Hz bei Nennstromstärken bis 0,25 A effektiv und kurzzeitig 0,5 A effektiv max. Maximale Ausgangsleistung bei ca. 230 Hz. Reizamplitude: Frequenz Typische in die Hauteingeleitete Amplitude mit 0,25 A effektiver Ansteuerung 150 Hz Amplitudenspitze 0,06 Zoll 230 Hz Amplitudenspitze 0,25 Zoll 280 Hz Amplitudenspitze 0,06 Zoll Anwendungen Taktiler Anzeigen Taktile Anzeigen gibt es schon seit vielen Jahren, jedoch wurde erst in jüngster Zeit ihr Potential erkannt und ihre Nutzung eingeleitet. Die vielleicht bekannteste Anwendung ist der Vibrationsalarm beim Mobiltelefon, der typischerweise verwendet wird, wenn ein akustisches Signal nicht annehmbar ist (z. B. in Besprechungen oder im Theater). Andere taktile Signale gibt es schon seit Hunderten von Jahren, z. B. verrät Ihnen ein Klopfen auf die Schulter instinktiv, dass jemand hinter Ihnen steht, in welcher Richtung er sich befindet und dass er Sie um Ihre Aufmerksamkeit bittet. Es gibt derzeit drei Hauptanwendungen für Taktile Anzeigen, für die diese Anzeigen als höchst effektiv angesehen werden: räumliche Orientierung, Navigation und Kommunikation. Typische in die Haut eingeleitete Amplitude mit 0,5 A effektiver Ansteuerung Amplitudenspitze 0,12 Zoll Amplitudenspitze 0,50 Zoll (Kappung möglich) Amplitudenspitze 0,12 Zoll Räumliche Orientierung Die Entwicklung taktiler Anzeigen zur räumlichen Orientierung wurde teilweise durch die Erkenntnis gefördert, dass über 25 Prozent der Verluste von US-Militärluftfahrzeugen direkt auf den Verlust der räumlichen Orientierung und des Lagebewusstseins des Luftfahrzeugführers zurückzuführen sind. Unter räumlicher Orientierung versteht man die Fähigkeit eines Menschen, genau zu wissen, wo er oder sein Fahrzeug/ein Objekt sich im Raum befindet, normalerweise im Verhältnis zur Senkrechten. So wird vom Forschungslaboratorium für Luft- und Raumfahrtmedizin der US-Marine (NAMRL2) ein dem Körper gegebenes Bodenrichtungssignal dazu verwendet, Luftfahrzeugführern die Aufrechterhaltung der räumlichen Orientierung und die Durchführung von Kunstflugmanövern ohne externe II/2005 FLUGSICHERHEIT Aufgabe, die bei einer sehr großen Zahl von Anwendungen durchgeführt werden muss. Navigationssignale übermitteln im Allgemeinen auch Informationen darüber, wie man zum gewünschten Ort gelangt. Deshalb kann die Anzeige so ausgelegt werden, dass sie Informationen über Kursfehler und Kurskorrekturanweisungen gibt. Dass die Navigation nach Wegepunkten unter Verwendung taktiler Signale möglich ist, wurde unter zahlreichen, unterschiedlichen Umgebungsbedingungen nachgewiesen. Dazu gehören diverse Unterwassereinsätze, Hochgeschwindigkeitsboote, der Marsch zu Fuß, Kraftfahrzeuge und Hubschrauber. Fotos: Two subways kisses fiv Taktor C-2 der Firma Engineering Acoustics Kommunikation Anbringungsmöglichkeit unter der Fliegersonderbekleidung Orientierungspunkte oder interne Instrumentenanzeigen zu ermöglichen. In ähnlicher Weise wurde vom NAMRL nachgewiesen, dass Hubschrauberpiloten eine feste Schwebeflugposition halten können wiederum ohne externe Orientierungspunkte oder interne Instrumentenanzeigen. Dies zeigt, dass Taktile Anzeigen ein wirksames Mittel gegen räumliche Desorientierung sind. Unter Wasser und den Bedingungen der Mikrogravitation kann es bei Tauchern bzw. Astronauten zu extremer Desorientierung kommen. Es wurden und werden Forschungsarbeiten zur Verwendung Taktiler Anzeigen im Zustand der Mikrogravitation durchgeführt, wobei dazu in der Vergangenheit vom Nationalen Amt für Luft- und Raumfahrt (NASA3) der II/2005 FLUGSICHERHEIT USA durchgeführte Parabelflüge genutzt wurden. Zurzeit werden weitere Untersuchungen dieser Umgebungsbedingungen von Forschern der TNO (NL) auf der Internationalen Weltraumstation durchgeführt. Navigation Bei anderen orientierungsbezogenen Anwendungen geht es um die Fähigkeit, jemanden über eine Richtung von Interesse im Verhältnis zu dessen gegenwärtiger Position zu informieren. So könnten zum Beispiel taktile Signale einen Luftfahrzeugführer über den Seitenwinkel eines Lenkflugkörpers informieren, der sich auf ein Luftfahrzeug aufgeschaltet hat oder über die Richtung eines Notsammelpunkts. Dies mag treffender eher als Navigation im Raum denn als räumliche Orientierung an sich bezeichnet werden und bei der Navigation handelt es sich um eine Die Übermittlung von anderen Informationen als denen zur räumlichen Orientierung/Navigation kann auf einer sehr einfachen oder sehr komplexen Ebene erfolgen. Allgemein gilt, dass eine Anzeige, die hoch effektiv sein soll, nur sehr einfache Informationen übermitteln sollte. Durch den Vibrationsalarm bei einem Mobiltelefon wird einfach nur mitgeteilt, dass jemand mit dem Benutzer des Telefons sprechen möchte. Bei dieser Anwendung besteht jedoch die Möglichkeit, mehr Informationen zur Verfügung zu stellen, ob der Anruf geschäftlicher oder persönlicher Art ist oder das Telefon eine Textnachricht erhalten hat. Deshalb ist es erforderlich, zwischen unterschiedlichen taktilen Signalen zu differenzieren. Aus akustischer Sicht lässt sich dies leicht erreichen, durch unterschiedliche Freitöne zum Beispiel. Das taktile Äquivalent für hörbare Freitöne könnten unter- 21 Flugsicherheit schiedliche Schwingungsrhythmen oder -frequenzen oder eine Kombination aus beidem sein. Für diese Technologie ist die Bildung intuitiver „taktiler Melodien“ oder „taktiler Symbole“ erforderlich, die ohne oder mit nur geringem kognitiven Verarbeitungsbedarf sofort erkannt werden können. Für die Nutzung taktiler Signale zur Kommunikation gibt es weitreichende Anwendungsmöglichkeiten, darunter solche für Menschen, die Informationen „verdeckt“ ohne Hörschall oder Licht empfangen wollen, oder für diejenigen, die nicht mittels Schall oder Licht kommunizieren können wie Taucher, Infanteristen und Menschen mit einer Seh-/Hörschädigung usw. Unterstützung von Blinden und Sehbehinderten Blinde und Sehbehinderte verlassen sich stark auf durch Berührung verursachte Rückmeldungen, während blinde und taube Menschen vollkommen auf ihren Tastsinn angewiesen sind. Ein Beispiel dafür, wie taktile Technologie die Fähigkeiten von Sehbehinderten stärken kann, ist die Verbesserung ihrer Eigenständigkeit bei der Navigation. Bei der Aufstellung des ersten Geschwindigkeitsweltrekords für Blinde auf dem Wasser von ~ 118 km/h kam unterstützend eine taktile Anlage zur Navigation nach Wegepunkten zum Einsatz, die GPSTechnologie verwendete. Die immer erfolgreichere Nutzung Taktiler Anzeigen zeigt sich auch im jüngst von der Firma Sound Foresight Ltd entwickelten Blindenstock, der dem Benutzer taktile Rückmeldungen vom am Stock angebrachten Ultraschalltranspondern liefert. Das heißt, dass Benutzer sowohl über die Richtung des Objekts in ihrer Nähe als auch über dessen Entfernung informiert werden können. Die Verwendung der Taktilen Anzeige bedeutet, dass sie diese Informationen sowohl effektiv als auch diskret erhalten. 22 Taktile Anzeigeanlagen Die Komplexität einer taktilen Anzeige hängt von der beabsichtigten Verwendung ab. Ein einfaches Kommunikationsgerät kann über einen Taktor verfügen, eine Navigationsanlage dagegen über zwei oder mehr Taktoren. Im letzteren Fall wird allgemein davon ausgegangen, dass sich mit acht oder zwölf Taktoren ein ausreichender Genauigkeitsgrad erreichen lässt. Eine Anlage zur räumlichen Orientierung, insbesondere für 3-DAnwendungen, könnte jedoch potenziell über mehr als 100 Taktoren verfügen. Die Zahl der in ein Gerät eingebauten Taktoren hat leicht ersichtlich Auswirkungen auf die Gesamtgröße, das Gewicht, die Stromversorgung und die Bedienung des Geräts. Es erübrigt sich, darauf hinzuweisen, dass für die vollständige Entwicklung einer taktilen Anzeigeanlage eine beträchtliche Menge an Zeit und Mitteln investiert werden muss. Der größten Einschränkung unterliegen Taktile Anzeigen aufgrund der Forderung, dass der Taktor Körperkontakt haben muss. Dazu bedarf es eines Verfahrens, das den Taktor an der Haut hält, was bei Anordnungen aus mehreren Taktoren eine beträchtliche technische Herausforderung darstellen kann, vor allem, wenn die komplexen Formen des Körpers berücksichtigt werden müssen. Verliert einer oder mehrere Taktoren den Kontakt mit dem Körper, kann die Anlage je nach dem bei der Konstruktion berücksichtigten Redundanzgrad unwirksam werden. Deshalb sollte die Anlage so ausgelegt sein, dass diesem potenziellen Problem begegnet wird. Weitere Forschungsund Entwicklungsarbeit Genauso wie die fortgesetzte Entwicklung von Taktoren und Verfahren zu ihrer Befestigung am Körper bedürfen auch eine Reihe grundlegender ergonomischer Faktoren der weiteren Untersuchung, um den Erfolg taktiler Anzeigen in der Zukunft sicherzustellen. Zur Steigerung der Wirksamkeit von Taktoren und um sicherzustellen, dass sie mit größtmöglichem Nutzen am Körper verwendet werden, werden auch weiterhin Informationen über die Eigenschaften der Haut und darüber, wie diese sich an unterschiedlichen Stellen des Körpers ver- ändern, benötigt. Dahin gehende Forschungsarbeiten werden zurzeit an der Universität Princeton in Zusammenarbeit mit dem Forschungslaboratorium für Luft- und Raumfahrtmedizin der US-Marine (NAMRL) durchgeführt. Da taktische Anzeigen auf Plattformen eingesetzt werden, II/2005 FLUGSICHERHEIT Bild: Archiv GenFlSichhBw die gegenwärtig noch Eigenschwingungen unterliegen, besteht die Gefahr, dass auf Schwingungen basierende (vibro)-taktile Signale nicht von den Hintergrundschwingungen unterschieden werden können. Zurzeit werden Arbeiten zu diesem Punkt am QuinetiQ Centre for Human Sciences durchgeführt, die vom britischen Verteidigungsministerium finanziert werden. Es besteht die Hoffnung, dass die Ergebnisse vibrotaktile Schwellenwertdaten liefern, aus denen die Anlagenkonstrukteure die erforderliche Spezifikation für Taktile Anzeigen, die in einer Schwingungsumgebung verwendet werden sollen, ableiten II/2005 FLUGSICHERHEIT können. Ein Beispiel für die Notwendigkeit dieser Arbeiten zeigte sich während der Entwicklung der Navigationsanlage, die für die Aufstellung des Geschwindigkeitsweltrekords für Blinde auf dem Wasser verwendet wurde. Es stellte sich heraus, dass kleine vibrotaktile Vorrichtungen während der Versuche mit einem Hochgeschwindigkeitsboot nicht wahrgenommen werden konnten, da die vom Boot bei der Bewegung über die Wasseroberfläche und die von den großen Bootsmotoren verursachten Schwingungen die Anlage unwirksam machten. Dieses Problem wurde dadurch gelöst, dass die Taktoren an Körperstellen befestigt wurden, die von den Stellen entfernt lagen, an denen sich der Bootsführer an der Bootstruktur festhielt, d. h. die Taktoren wurden von den Händen/ Armen zum Körperrumpf verlegt. Es sind weitere Arbeiten erforderlich, um festzustellen, welche taktilen Signale mit der größten Effektivität wahrgenommen werden. Wie wird zum Beispiel eine Anweisung zur Fahrtrichtungsänderung nach rechts gegeben; wie wird angezeigt, wie weit nach rechts die Fahrtrichtung geändert werden soll und wie wird über zu starke Korrekturen der Kursrichtung informiert? Des Weiteren werden mehr Informationen über die Fähigkeit zur Unterscheidung unterschiedlicher taktiler Melodien bei nur geringer Ausbildung benötigt. Das Szenario ist vielleicht dem beim Morsecode vergleichbar. Zwei oder drei Buchstaben lassen sich leicht voneinander unterscheiden und verstehen, es bedarf aber eines großen Ausbildungsaufwands, um zwischen 26 Buchstaben genau und schnell unterscheiden zu können. Um die Entwicklung Taktiler Anzeigen unterstützend zu erleichtern, wurde von der Forschungs- und Technologieagentur der NATO eine technische Arbeitsgruppe eingerichtet. Zurzeit setzt sich die Arbeitsgruppe aus Vertretern Großbritanniens, der Niederlande, der USA und Kanadas zusammen. Zu den Zielen der Arbeitsgruppe gehören: • Identifizierung gegenwärtiger taktiler Anlagen und Anwendungen, • Identifizierung einschlägiger Normen und Richtlinien für taktile Anlagen, • Erstellung einer Datenbank des veröffentlichten wissenschaftlichen Wissens über taktile Wahrnehmung, • Bestimmung von Versuchsmethoden für Forschungsvorhaben auf dem Gebiet der taktilen Wahrnehmung, • Bestimmung von Versuchsmethoden zur Schaffung taktiler Referenzbedingungen, • Identifizierung von Sicherheitsfragen in Zusammenhang mit taktilen Anlagen, • Unterstützung der Vernetzung von Forschergruppen, Dienststellen und Fachleuten, die sich mit der taktilen Wahrnehmung befassen und • Verteilung von Informationen über taktile Anlagen. Schlussfolgerung Bei Taktilen Anzeigen handelt es sich um ein relativ neues Produkt auf dem Anzeigegerätemarkt. Diese Anzeigen haben das Potenzial sowohl die Leistungsfähigkeit als auch die Sicherheit zu verbessern, was unter allen möglichen Umgebungsbedingungen, von Bedingungen unter Wasser bis hin zur Mikrogravitation, erfolgreich nachgewiesen wurde. Es sind weitere Arbeiten zur Weiterentwicklung der Taktorauslegung im Hinblick auf die Anforderungen spezifischer Anwendungen erforderlich. Forschungsarbeiten zu den ergonomischen Faktoren der taktilen Wahrnehmung werden dabei helfen, die Auslegung der Anzeigen zu optimieren und die Wirksamkeit taktiler Anzeigen zu verbessern, um so die Leistungsfähigkeit und Sicherheit der Bediener zu erhöhen. 23 Flugsicherheit Ein (nicht) ganz normaler Tag ... Bild: Archiv GenFlSichhBw von Leutnant Alexander Baumbach, Einsatzführungsbereich 3 Control and Reporting Center Holzdorf/Schönewalde - SUNRISE Vorwort Der Einsatzführungsdienst der Luftwaffe stellt die Integrität des Luftraums über der Bundesrepublik Deutschland sicher. Dazu überwachen im Rahmen des NATO Integrated Air Defence Networks die Gefechtsstände Holzdorf/Schönewalde (Einsatzführungsbereich 3), Messstetten, Erndtebrück, Brockzetel und Cölpin den Luftraum über der Bundesrepublik Deutschland. Unter der NATO-Führung von CAOC 2 in Kalkar und CAOC 4 in Messstetten erstellen diese Verbände ein aktuelles identifiziertes Luftlagebild, welches als Entscheidungsgrundlage der militärischen und politischen Führung dient. Hierzu wird der Himmel über Deutschland mit einem umfassenden Netzwerk ziviler und militärischer Radarsensoren abgedeckt. Bei Einsätzen unter nationaler Führung leitet die Führungszentrale Nationale Luftverteidigung (FüZNatLV) in Kalkar das Teamwork der Einsatzführer und Jagdgeschwader. 24 Die Komponente Waffeneinsatz-/Jägerleitsektion stellt mit ihren Einsatzführungsoffizieren die Überwachung und Führung des militärischen Übungsflugbetriebs und die Bereitschaft für den Einsatz der beiden NATO-Alarmrotten in Neuburg an der Donau und Wittmundhafen sicher. Sobald sich ein Luftfahrzeug im zugewiesenen Überwachungsraum auffällig verhält, wird dies den übergeordneten Dienststellen gemeldet. Sollte dann ein Alarmstart befohlen werden, führt ein Team aus Controller und Assistent die ihnen zugeordneten Flugzeuge unter Beachtung aller nationalen Flugsicherheitsbestimmungen und taktischer Gesichtspunkte an das Ziel heran und ermöglicht über eine Sichtidentifizierung weitere Maßnahmen wie zum Beispiel Abdrängen, das Zwingen zur Landung oder auch einfach nur Hilfe bei Luftnotlagen. Einfach nur? Der folgende Artikel zeigt, dass man einen solchen Einsatz nie unterschätzen darf... Der Wochenenddienst als Einsatzführungsoffizier mit Jagdlizenz ist das, was man allgemein hin als „QRABereitschaft“1 bezeichnet. An Wochenenden und Feiertagen herrscht in Deutschland kein militärischer Übungsflugbetrieb - was den Dienst in unserem Bunker (im dienstlichen Sprachgebrauch auch Luftwaffenkampfführungsanlage genannt) als überschaubare Tätigkeit erscheinen lässt. NOTAMs2 werden auf den aktuellen Stand der nächsten Woche gebracht, Karten können im großen Maßstab aktualisiert werden - ja auch dem Tagesgeschäft eines Luftwaffenoffiziers mit allen seinen Nebentätigkeiten kann hier geordnet nachgegangen werden. Durchaus planbare Dienstzeit also. So könnte man denken... So dachte ich auch an diesem Pfingstmontag, als ich nachmittags zur Nachtschicht erschien. Die obligatorische Übergabe mit dem Tagschicht-Controller fand in der gewohnten Ruhe und Professionalität II/2005 FLUGSICHERHEIT Bild: Lt Baumbach statt, und die ersten Routine-Arbeiten einer Controller-Schicht konnten beginnen - bis nach nicht ganz einer Stunde in der Operationszentrale eine LOOP-Durchsage3 meine Aufmerksamkeit erregte. Die tschechische Luftraumüberwachung in Stara Boleslav meldete ein Flugzeug, welches ohne Funkkontakt und Sekundärradar4 vom polnischen in den tschechischen Luftraum einflog. So weit so gut - die Tschechen hatten in der Nähe von Prag Primärradarauffassung5 zu diesem Luftfahrzeug, welches auch noch ziemlich langsam zu fliegen schien - eigentlich kann man sich in dieser Situation zurücklehnen und den Kollegen auf der anderen Seite der Grenze die Arbeit überlassen. Außerdem hatten wir eh keinen Radarkontakt an der bezeichneten Position. Unsere Identifizierungssektion arbeitete dennoch an dem Problem und eröffnete uns dann, dass das (vermutete) Flugzeug laut Flugplan eigentlich wenige Minuten zuvor in Stuttgart hätte gelandet sein müssen. Eine Nachfrage dorthin ergab aber das nun schon erwartete Ergebnis: dort ist kein Flugzeug mit diesen Daten gelan- II/2005 FLUGSICHERHEIT det, sondern wird erst in zwei Stunden erwartet. Dies passte ja genau auf „unser“ nicht identifiziertes Luftziel, welches sich nach Aussage der tschechischen Luftverteidigung immer noch schnurstracks Richtung Grenze bewegte. Wir besetzten die Alarmposition und trafen wie immer alle Vorbereitungen für den Einsatz. Mein Assistent, Oberfeldwebel Sören Eidner, unterstützte mich beim schnellen Aktualisieren und Überprüfen aller eventuell benötigten Frequenzen und Funkgeräte (die zentral verwaltet werden) - und so hatten wir auch zügig einen Alarmstatus eingenommen, der sofortiges Eingreifen ermöglicht. Die Alarmrotte in Neuburg, zwei F-4F Phantom, wurde vom Bereitschaftsgrad 15 Minuten in 5 Minuten befohlen - die Piloten eilten zu ihren Maschinen, und gingen ihre Checklisten durch. Nach der Klarmeldung des neuen Status erging vom CAOC6 die Anweisung, die beiden bewaffneten Maschinen in 2Minuten-Bereitschaft zu setzen. Die F-4Fs rollten jetzt zur Number One-Position - dem Haltepunkt direkt vor der Startbahn. Bis dahin auch noch kein Grund zur Unruhe. Seit dem 11. September ist man eben sensibler geworden, wenn es um ungewöhnliche Flugsituationen geht. Etwa dreißig Meilen vor der Grenze erfasste unser Radarverbund das suspekte Flugzeug erstmals in einer Höhe von 20.000 Fuß (ca. 6.000 m). Der Rundruf an alle Flugsicherungsstellen ergab dann auch, dass wir die einzige Flugsicherungskontrollstelle waren, die diese Maschine auf dem Bildschirm sah. Der Ausfall des Sekundärradars (Transponder) in einem Flugzeug ist im allgemeinen ärgerlich für die Flugsicherung - weil diese dann das dazugehörige Luftziel weder identifizieren noch vernünftig verfolgen kann auch die Höheninformation, welche der Höhenmesser im Cockpit über den Transponder an die Bodenstelle sendet, entfällt damit naturgemäß. Im schlimmsten Fall sieht man das Flugziel auf ziviler Seite gar nicht mehr. Genau dies war jetzt passiert! Im militärischen Bereich - dem Einsatzführungsdienst der Luftwaffe arbeitet man seit jeher mit Primärund Sekundär-Radardaten, weil in einem Krisen- oder Konfliktszenario der Gegner ja auch nicht munter pfeifend seine Identität preisgeben möchte. Ein Primärradar ermittelt die Position eines Flugzieles durch den Empfang der reflektierten Radarwelle und berechnet dessen Höhe aus dem Erfassungswinkel und der Entfernung zu diesem Ziel - ist also vollkommen unabhängig von aktiven Antwortgeräten des Flugzeuges. Da jedes militärische Radar an einem anderen Punkt der Republik steht und damit andere Auffassungsbedingungen hat, zeigten mir alle Sensoren, die ich für die Auffassung meines „unidentifizierten Flugobjektes“ einsetzte, auch eine entsprechend andere Höhe des Flugzieles über Grund. Zusätzlich erschwerend kamen noch die Wetterbedingungen hinzu: Wolken zwischen 12.000 und 20.000 Fuß ... 25 Flugsicherheit Letzte Vorbereitungen ... In- und externe Kontrollinstanzen prüften nun alle Kriterien für die Rechtfertigung des Einsatzes der Alarmrotte und befahlen schließlich zehn Minuten nach Überflug der Grenze den Start der zwei F-4Fs aus Neuburg. Diese bekamen mit dem Startbefehl (vom CRC 7) ihre zugewiesene Flugrichtung und -höhe, die mit dem Wachleiter der jeweiligen überörtlichen Flugsicherungsstelle koordiniert und von den Sektorlotsen freigehalten wurden. Jetzt geht´s also los, dachte ich noch. Zweimal vorher hatte ich ähnliche Alarmeinsätze geführt. Den ersten Einsatz bestand ich drei Wochen nach meiner „örtlichen Zulassung“ (also quasi der endgültigen Erlaubnis, ohne Aufsicht Flugzeuge zu führen). Der zweite Einsatz folgte vier Wochen später - ein Airliner hatte sich nicht bei der zuständigen Flugsicherung gemeldet. Kurz vor dem Abheben der Kampfflugzeuge konnte der Einsatz aber gestoppt werden, da der Pilot der B737 den Knopf für das Mikrofon wieder gefunden hatte. Doch heute war alles anders. Geschätzte 200 Meilen ohne Funkkontakt ließen darauf schließen, dass der Pilot echte Probleme hatte. Auch das Fehlen der Sekundärradardaten brachte mich ins Grübeln. Irgendetwas schien bei diesem Einsatz anders zu sein, als in der Ausbildung. Die dutzendfach geübten Schutz- 26 flüge gegen so genannte „entführte“ Linienmaschinen begannen nicht so ... Es wird ernst ... Start beim JG 74 in Neuburg um 16:39 Z. Koordinierte Flugfläche 200 und Richtung 010°. Das Target (also das Zielflugzeug) kurz vor Nürnberg. Alles passt „wie die Faust aufs Auge“. Der Vorhaltewinkel zum Ziel stimmt überein mit den errechneten Parametern. Die Phantoms steigen gut durch, der Luftraum um das „Theater“ wird sukzessive leerer. Doch was ist das: es sich bei dem Ziel wahrscheinlich um eine Piper Malibu (einmotorige, sechssitzige Turboprop-Maschine) handelt. Und schon hatte ich meine zweite „non-standard-situation“: die Phantoms mit ihren Außentanks brauchen eine höhere Geschwindigkeit als die des Kleinflugzeugs, um nicht vom Himmel zu fallen. Auch wenn bis hierhin alles noch halbwegs vertraut war, so brachte mich der Hinweis des Rottenführers schon einigermaßen ins Schwitzen, dass „IMC between flightlevel 080 and 200“, also zwischen 8.000 und 20.000 Fuß Instrumentenflugbedingungen - also dichte Wolken - herrschten. Bild: Archiv GenFlSichhBw Doch Oberfeldwebel Eidner unterstützte mich auch hierbei hervorragend. Der zeitraubende Abgleich der Höhendaten war, neben den sonstigen Aufgaben rund um den Kontrollschirm, eine wichtige flugsicherheitsrelevante Leistung - denn Zeit war jetzt das, was ich nicht hatte. Um 16:24 Z überflog das Kleinflugzeug bei Cheb die deutsch-tschechische Grenze ... kein Anruf der Flugsicherung. Die Piloten kommen nicht zu mir auf die Frequenz - die erste „non-standardsituation“. Der Anruf beim verantwortlichen Sektor der zivilen Flugsicherung ergibt, dass dieser scheinbar gar nicht so recht weiß, wann er denn die „Luftpolizei“ in militärische Hand geben soll. Kurze Koordination und wenig später der vertraute Satz im linken Ohr: „Sunrise, Sunrise, Lima Kilo 56 flight on your freq!“. Kurze Identifizierung, erste Zielansprache und der Hinweis aus den uns zur Verfügung stehenden Quellen, dass Dumm nur, dass meine Propellermaschine nach allen mir zur Verfügung stehenden Angaben dabei war, von 20.000 Fuß zu sinken - und die mir anvertrauten Piloten der Luftverteidigung gerade in dieser Höhe angekommen waren - meine dritte „non-standard-situation“! D. h. in nächster Zeit spielt sich alles in den Wolken ab ! And there I was ... Die Situation stellte sich mir wie folgt dar: ein Kleinflugzeug mit geschätzten 200 Knoten Geschwin- II/2005 FLUGSICHERHEIT Bild: Lt Baumbach digkeit, im permanenten Sinkflug durch 12.000 Fuß dichte Wolken, zwei bis zur Halskrause betankte und bewaffnete Jagdflugzeuge, die in Radar-Trail-Formation (der Rottenflieger Bravo ca. eins bis zwei Meilen mit Radarkontakt auf seinen Rottenführer Alpha) auf ihr Ziel eindrehten ...- und jetzt kam meine vierte „nonstandard-situation“: Trotz ständiger Zielzuweisung meldete mir der Rottenführer fehlenden Radarkontakt zum Ziel („Kunststück“, dachte ich mir, „der wird wahrscheinlich Murphy’s Gesetz und seiner Größe entsprechend von deinem Radar auch nur als Vogel behandelt und ist dem gleichen Gesetz folgend wahrscheinlich weit jenseits des Auf- II/2005 FLUGSICHERHEIT fassungskegels der Phantom-Radarkeule“) - wenig später war der Grund klar: Alpha meldete den kompletten Systemausfall seines Radars. Nun muss man eins wissen - die Gewährleistung der Flugsicherheit geht über den Luftverteidigungsauftrag. Wir befinden uns im tiefsten Frieden - und Menschenleben gehen vor! Der unmotivierte Zusammenstoß zwischen Jäger und Gejagtem ist nicht der Sinn eines Abfangeinsatzes - sondern die Gewährleistung der Sicherheit im Luftraum. Die reine Flugsicherheit steht also über der Erfüllung des Einsatzauftrags zur Wahrung der Lufthoheit. Auf der einen Seite stand ich vor der Aufgabe, dieses Flugzeug schnellstmöglich abzufangen - und nach getaner Sicht-Identifizierung weitere Entscheidungen der lufthoheitlich verantwortlichen Stellen (CAOC auf NATO-Seite, FüZNatLV8 auf nationaler Seite) zu erwarten, auf der anderen Seite hatte ich die Flugsicherheit zu gewährleisten. Es nützt niemanden, wenn vielleicht der gute Wille da ist, aber durch einen Crash in der Luft Opfer zu beklagen sind. Das waren sie also - meine drei Probleme: Der Auftrag, die Gegebenheiten in der Luft und mein Ziel ... und alles ist unter einen Hut zu bringen. Bis jetzt waren alle drei Flugzeuge auf meinem Radarschirm sicher horizontal gestaffelt, doch mit dem Sinkflug des Zieles und der höheren Geschwindigkeit der Phantoms war es notwendig geworden, zusätzlich eine vertikale Staffelung zu gewährleisten. Inzwischen ging der Rottenführer in eine Linkskurve, um seine Radarprobleme zu lösen und nicht in brenzlige Situationen mit diesem ungewissen Propeller-Flieger zu kommen. Genau jetzt war der Bravo in einer taktisch sehr günstigen Position zum Ziel, er konnte mit seinem wesentlich genaueren Jäger-Radar unser Luftziel sehen und im Sinkflug der Propellermaschine hinterherfliegen. Nachdem dieses „Sortieren“ dann abgeschlossen war, meldete Bravo erneut Zielauffassung (diesmal unter der vermuteten Wolkenuntergrenze) und setzte den Anflug fort - sein Auftrag lautete ja Sichtidentifizierung. Ohne eine verlässliche Aussage über die genaue Höhe und Position des Ziels darf und kann man den Jäger aber nicht an das Ziel heranführen. Deshalb verglich ich ständig die Radarhöhen der QRA mit der bodenseitig bestimmten Höhe des Kleinflugzeuges und gab diese an die Piloten weiter. Dabei wäre automatisch eine „inflight-separation“, also eine räumliche Trennung der beiden Phantoms her- 27 Flugsicherheit gestellt worden: Bravo auf Westkurs (hoch) hinter dem Ziel, Alpha (tief) auf Ostkurs. Nach der Anfrage, ob der Rottenflieger Bravo das Abfangen übernehmen könnte, folgte dieser seinem Alpha - was dazu führte, dass der (durch Radarausfall und Wolken komplett „erblindete“) taktische Führer in der Luft (Alpha) nun ein sinkendes Flugzeug zu verfolgen hatte, von dem ich keine exakte Höhe, geschweige denn eine Sinkrate bestimmen konnte. Jetzt aber befanden sich die beiden Maschinen in einer Situation, die Alpha (sehr richtig aus seinem situativen Bild) als sehr gefährlich einschätzte. Da vorher versäumt wurde, ein koordiniertes Airborne-TACAN9 in den beiden Maschinen einzustellen, kannte er die Position seines Flügelmannes nicht und beharrte auf der Herstellung einer Höhenstaffelung durch mich, den Radarleitoffizier. Zu keiner Zeit aber war die Staffelung der beiden Flieger (die ich ja auch zu überwachen habe) ein Problem, da sich aus den beiden (sehr guten) Radarkontakten die horizontale Separierung ableiten ließ. Dem Wunsch kam ich trotzdem nach, indem ich mir von Bravo den Radarkontakt zum Rottenführer bestätigen ließ und anschließend ein Steig- und ein Sinkflugkommando erteilte, das den Bravo nach unten, Alpha hingegen nach oben brachte. Damit hätte ich dann mit dem „sehenden“ Flugzeug die noch tiefer fliegende Propellermaschine erreichen können, ohne noch einmal die Flughöhen „meiner“ Flieger zu kreuzen. Auf Wiedersehen unter den Wolken... Der Anflug erfolgte nach den ICAORegeln10 mit wenigen Knoten Fahrtüberschuss - welches anscheinend genau die Minimalgeschwindigkeit der Phantom war - und endete mit einer Sichtidentifizierung. „Super“, dachte ich, „ab hier haben wir endlich wieder Standardverfahren!“ - erst mal 28 das Ergebnis der Identifizierung ans CAOC übermitteln, in der Zwischenzeit den Kampfjet nebenher fliegen lassen und dann die Entscheidung der vorgesetzten Dienststellen wieder an die QRA übermitteln. Doch auch hier machte mir Murphy einen Strich durch die Rechnung. Der geplante Seite-an-Seite-Flug der Piper Malibu (Geschwindigkeit: geschätzte 150 Knoten) und der Phantom war in der Form nicht möglich. Bravo flog Kurven, um seine zu hohe Fahrt in mehr Weg zu investieren und damit effektiv langsamer zu werden, scheiterte aber daran und brach wieder nach links weg, um eine Verzögerungskurve zu fliegen. Im selben Moment aber übernahm der von hinten anfliegende Alpha wieder den Einsatz und flog - mit dem „Gott sei Dank“ wieder funktionsfähigen Radar - von hinten an das Target. Unterdessen - so erfuhr ich jetzt hatte der Pilot der Propellermaschine über Handy Verbindung mit Stuttgart Tower aufgenommen. Er bat darum, von den ihn umkreisenden Kampfjets zum Flugplatz geführt zu werden. Scheinbar war ein elektrischer Fehler im Cockpit schuld an dem Ausfall desselben - inklusive aller Navigationseinrichtungen und Hilfssysteme. „Upps!“ dachte ich, „das kann ja heiter werden mit solch einem Geschwindigkeitsüberschuss!“ Doch die QRA löste das Problem ganz elegant mit Hilfe eines Racetrack-Pattern - also ständig abwechselnd am Ziel vorbeifliegen, um dem Piloten so den Weg zu weisen. Nach dem Einflug in den Zuständigkeitsbereich der Stuttgarter Anflugkontrolle koordinierte ich mit eben diesem Radararbeitsplatz das weitere Vorgehen. Diese sehr gute Zusammenarbeit war beeindruckend. Mir wurden alle „Wünsche“ erfüllt und anschließend die „Kontrolle und Kommunikation“ mit der Alarmrotte übernommen. Zeit zum Durchatmen - dachte ich. Das Flugverhalten der Phantoms unter ziviler Kontrolle kam mir recht merkwürdig vor für den Anflug auf Stuttgart. Diverse Anrufe bei Stuttgart Tower aber ließen mich erfahren, dass die Piper Malibu auch Probleme hatte, ihr Fahrwerk auszufahren und deswegen mehrere Anflüge abbrechen musste. Währenddessen drehten „meine Phantoms“ über Stuttgart Kreise und ließen die immer noch suspekte Maschine nicht aus den Augen. Auch die Parameter für die Rückführung der QRA nach Neuburg wurde in diesen Minuten koordiniert - sowie die eine oder andere Nachfrage unserer vorgesetzten Dienststellen weitergeleitet, Nachfragen der Phantoms an mich beantwortet und nicht zuletzt auch militärische Flugverfahren mit dem Anfluglotsen besprochen - an dieser Stelle sieht man schon, wie hier Stress aufgebaut werden kann. Ein Luftnotfall mit Landeproblemen, zwei Kampfflugzeuge auf der Frequenz und dutzendweise Telefonate mit dem Kollegen von der Luftverteidigung. Meinem Kollegen bei der zivilen Flugsicherung ging es nicht anders als mir! Der lange Weg nach Hause ... Für die Rückführung nach Hause ging mein Plan auch an Murphy zugrunde. Die gemeldete Landung der Piper in Stuttgart kam nicht so schnell bei der Führung an, wie ich wieder Funkkontakt zur Alarmrotte hergestellt hatte. Den bei mir im Kopf abgeschlossenen Einsatz wollte ich nun durch die Rückführung nach Neuburg beenden, als aus dem CAOC der Auftrag kam, weiterhin über Stuttgart zu kreisen. Also wieder Approach anrufen, diesem mein Anliegen klarmachen (Kreise ziehen), Piloten zum Frequenzwechsel auffordern, zurücklehnen - gerade nach dem Wechsel der Kontrollfrequenz erging dann der nächste Befehl zum Heimflug. Anruf, kurze Darstellung der neuen Situation, LK56 zurück auf meine II/2005 FLUGSICHERHEIT Frequenz11. Keine Minute später wird dann der Schutzflug aber auch noch in einen Übungsschutzflug umgewandelt. Diesen darf ich aber nicht über Flugfläche 100 kontrollieren (dieser Luftraum „gehört“ der zivilen Flugsicherung), da fast alle Sonderrechte der Maschinen hinfällig werden. Der letzte Anruf nach Stuttgart, zum Schluss ein „Sorry, für die Umstände ...“ und das sichere Gefühl, mein Gesprächspartner hat gerade so viel Falten in der Stirn wie ich unter den Augen ... Die QRA setzt ihren Heimflug nach dem ich-weiß-nicht-wievielten Frequenzwechsel in der letzten Viertelstunde ohne Probleme unter Münchner Kontrolle fort und schließt diese Mission mit einer normalen Landung dort ab ... ... wenigstens gab es etwas Normales - die sichere Landung meiner Pantoms - an diesem Pfingstmontagabend. Um 18:00 Z konnte die Nachtschicht beginnen ... Fazit Auch wenn der Einsatz der Luftverteidigung seit Bestehen der Bundeswehr fast täglich geübt wird, auch wenn es beinahe wöchentlich zu Einsätzen der Alarmrotte auf suspekte Flugziele im Luftraum kommt - man darf nie in festgefügte Schemen verfallen. Jede Mission hat ihre Eigenheiten. Und auch wenn man denkt, alles in irgendeiner Form schon einmal erlebt zu haben, sollte man nicht damit rechnen, dass mal für alle Fallkombinationen das passende Denkschema parat hat. Der Abfangeinsatz unter Instrumentenflugbedingungen auf ein sehr langsames Flugzeug - mit einem nur ungenauen Radarbild kann meines Erachtens nach schon als „worst-casemission“ angesprochen werden. Ich habe daraus gelernt, dass meine Ausbilder sehr gut daran getan haben, mir Flugsicherheit als oberstes Gebot zu verinnerlichen. In dieser Situation kommt man schnell an einen Punkt, in dem der innere Schweinehund namens „Ehrgeiz“ versucht, den Auftrag mit allen möglichen Mitteln durchzuführen. Und hier muss man sich selbst zurückpfeifen. Der Auftrag „Sicherstellung der Integrität des Luftraums“ (also einer eher abstrakten Größe) muss unter solchen Voraussetzungen zurückstehen, bis die konkrete Größe „Flugsicherheit“ nicht mehr gefährdet ist. Gegenseitige Hilfe ist hier kein Zeichen von Unprofessionalität, sondern einfach das bestmögliche Ausnutzen aller zur Verfügung stehenden Mittel. Als Einsatzführungsoffizier habe ich den Gesamtüberblick über die Situation, überwache den Anflug an das Ziel, stelle die Trennung der beiden F-4F untereinander sicher und beobachte den Luftraum um das „Theater“. Daneben bin ich für die taktische Leitung des Gesamteinsatzes zuständig. Die Piloten haben, mit ihren wesentlich höheren Abtastraten am Flugzeugradar aber das bessere Detailbild. Wenn wir nun gegenseitig die vollen Fähigkeiten der jeweiligen Systeme kennen und im Ernstfall auch deren Grenzen beachten - dann können wir das Optimum für den Einsatz (eine schnelle Identifizierung) und die bestmögliche Flugsicherheit gewährleisten. Wir müssen die Kommunikation zwischen den Piloten und Einsatzführern intensivieren. Jeder Nutzer militärischer Radarführung sollte sich im Klaren sein, welche Informationen (mit welcher Glaubwürdigkeit) er vom CRC erwarten kann, genauso wie wir uns in das Cockpit des Abfangjägers versetzen müssen. Dazu gehören nicht nur die obligatorischen telefonischen Besprechungen vor und nach jeder Mission, sondern auch regelmäßige Besuche beim jeweils anderen - zum Kennenlernen der Systeme. Menschenleben gehen über alles. Unsere Piloten in den F-4F haben ihres riskiert, um der Besatzung der Piper Malibu zu helfen. Das Risiko kann nur minimiert werden - und dafür müssen wir alle lernen, den anderen besser zu verstehen. 1) QRA – Quick Reaction Alert, Alarmrotte zur Luftverteidigung. Deutschland hält je zwei bewaffnete Abfangjäger in einer fünfzehnminütigen Bereitschaft in Wittmundhafen und Neuburg an der Donau. 2) Notice to Airmen – Nachrichten für Luftfahrer 3) LOOP ist die Fernsprechkonferenz, in der alle diensthabenden CRCs und CAOCs miteinander Informationen von allgemeinem Interesse austauschen 4) aktives Gerät, welches auf die Abfrage eines bodenseitigen Radars einen vierstelligen Zahlencode und die Flughöhe übermittelt und damit die Identifizierung ermöglicht. Die zivile Flugsicherung arbeitet fast ausschließlich mit Sekundärradarzielen. 5) d. h. die Radarwelle wird nur vom Objekt reflektiert, von der hierbei ermittelten Position und Höhe abgesehen, werden keinen weiteren Informationen bereitgestellt 6) CAOC – Combined Air Operations Center, vorgesetzte NATO-Dienststelle der Luftverteidigung, die übergreifend alle CRCs und diensthabende Alarmrotten der Jagdgeschwader führen 7) CRC – Control and Reporting Center, militärische Radarüberwachungsstation und Flugleitstelle 8) FüZNatLV – Führungszentrum nationale Luftverteidigung, eine Koordinierungsstelle, die nach dem 11. September eingeführt wurde, um bei Bedrohungen aus der Luft Vertreter der Ministerien für Inneres, Verteidigung und Verkehr zu haben. Stationiert in Kalkar leistet dieser „Krisenstab“ auf Abruf 24 Stunden Dienst an sieben Tagen in der Woche – also genau wie wir im CRC. 9) Airborne TACAN – System, das ermöglicht, Richtung und Entfernung zum eingestellten Sender abzulesen. Wird benutzt, um bei der Auftrennung („split“) einer Rotte und Verlust des Sichtkontakts dessen Position genau bestimmen zu können. 10) Von hinten dem Ziel nähern und mit 20 Knoten „Überholgeschwindigkeit“ bis an dessen Position herankommen, anschließend verlangsamen und parallel fliegen. 11) da ein Schutzflug von mir als Militärlotsen geführt wird, sollte die zivile Flugsicherung ihn nur so wenig wie nötig kontrollieren, um das Übermitteln von Führungsentscheidungen so schnell wie möglich zu ermöglichen II/2005 FLUGSICHERHEIT 29 Dieser Artikel wurde von Capt P. Geelen, RNlAF erstellt, in Veilig Vliegen 04/2003 veröffentlicht und von OStFw d.R. Karl Heinz Weiß übersetzt. Turkish delight... Der in diesem Artikel beschriebene Vorfall spielte sich Anfang der neunziger Jahre auf der Konya AFB in der Türkei ab. Hauptdarsteller war eine NATO E-3A Sentry (AWACS). Die - aus fünf Nationen zusammengesetzte - Besatzung machte sich auf den Weg zu einem neun Stunden dauernden Überwachungsflug. Staffel - hatte viel Flugerfahrung und der Navigator (schon lange in der Staffel) hatte sehr viel Erfahrung auf diesen Typ. Soviel zur Besatzung, kommen wir nun zur Beschreibung der Ereignisse von AnAnfang an. An Bord waren 17 Personen, davon vier von der Flight Crew. Der Kommandant war auf diesem Luftfahrzeugtyp sehr erfahren und schon recht lange Zeit bei der betroffenen Staffel. Dagegen war der Co-Pilot neu in der Einheit und hatte nur wenig Erfahrung auf diesem Luftfahrzeugmuster. Der FlightEngineer - ebenfalls neu in der 30 Die Ouvertüre Nach der Landung auf Konya AFB wurden während des Roll-Outs heftige Vibration im Bugfahrwerk gefühlt. Bei der Inspektion am Boden konnten jedoch keine Besonderheiten festgestellt werden. Um das Bugrad auf eventuelle Vibrationen zu checken, beschloss man zusammen mit der Technik, vor dem folgenden Flug einen High Speed Taxi Run durchzuführen. Absicht war dies während des Rollvorgangs zum Start zu tun. Blieben dabei die Vibrationen aus, sollte in den Take Off für die neun Stunden dauernde Mission übergegangen werden. Bei Auftreten von Vibrationen sollte zum Liegeplatz zurückgekehrt werden. Um Zeit zu sparen beschloss der Kommandant, den High Speed Taxi Run gegen die Landerichtung auf der Runway auszu- führen. Bei Ausbleiben der Vibrationen - wenn alles für gut befunden wurde - sollte dann nach einer 180°-Kehre in den Take Off übergegangen werden. Bei der Flugplanung wurde ein maximales Startgewicht von 325.000 lbs zu Grunde gelegt. Auch die Maximalgeschwindigkeit für den Taxi Run wurde mit dem Ziel festgelegt, innerhalb der Limits der Bremsanlage zu bleiben. Am Tag des geplanten Fluges war ziemlich viel lokaler Flugverkehr durch II/2005 FLUGSICHERHEIT Bild: Archiv GenFlSichhBw Flugsicherheit Fighter. Es war sehr mühsam, dem Controller auf dem Tower wegen dessen schlechter Beherrschung der englischen Sprache - Stückchen für Stückchen - die Absicht der Crew zu übermitteln. Kurz um, beim ersten Run zeigte sich, dass es noch zu Vibrationen am Bugrad kam - dieses Mal aber bei einer anderen Geschwindigkeit als beim ersten Mal. Der Bitte an den Tower, die Runway am Ende verlassen zu können, wurde mit Cleared for take-off? beantwortet. Mittlerweile kamen aber Fighter auf dem Taxiway entgegen, was für die E-3A ein Verlassen der Runway nicht mehr ermöglichte! Der Kommandant beschloss deshalb, das Luftfahrzeug mit einer 180°Drehung auf der Bahn zu wenden, beim ersten Rollweg die Bahn zu verlassen und zum Liegeplatz zurückzurollen. Nach dem Wenden schob er die Gashebel nach vorn um zu rollen, um sie dann überraschend auf beinahe Volllast zu schieben! Dies zusammen mit der Bemerkung: “Lasst uns sehen, wann nun die Vibration beginnt“. Es spricht für sich selbst, dass dieses Manöver jeden im Cockpit erstaunte ... Am anderen Ende der Bahn angekommen, fragte der Tower, ob es Probleme gab und ob Hilfe erforderlich sei, was durch den Kommandanten verneint wurde. Das wiederum stürzte den Tower-Controller sichtlich in Verwirrung. Von diesem Moment an hielt er sich (in türkischer Sprache) allein an seine Fighter im Traffic Pattern. Auf unsere Calls reagierte er darauf nicht mehr! Beim Zurückrollen erklärte uns der Kommandant, dass er diesen extra Run gemacht habe, um präzise festzustellen, was mit diesem Flugzeug los sei. Auf die Frage, ob er die zusätzliche Beanspruchung der Bremsen berechnet habe, reagierte er mit einem Bremsversuch, um diese zu checken. Sowohl Co-Pilot als auch Bordingenieur waren sich einig, dass die Limits der Bremsanlage bei wei- II/2005 FLUGSICHERHEIT tem überschritten wurden! Es musste mit Hot Brake - und allem was dazu gehört - gerechnet werden. Versuche, über den Tower Hilfe von der Feuerwehr zu erhalten, wurden ignoriert. Der Controller beschäftigte sich noch immer in türkischer Sprache mit dem Airborne Traffic. Die MissionCrew der AWACS wurde per Intercom auf eine eventuelle Evakuierung des Flugzeuges auf Weisung des Kommandanten vorbereitet. Nun befand sich also eine soeben abgestellte NATO E-3A Sentry mit Hot Brakes und vollgetankt auf dem Liegeplatz. Zu großen Erstaunen der Crew sahen diese - noch bevor dazu ein Zeichen gegeben wurde - ein Mitglied der Mission-Crew weglaufen! Darauf folgte - auf Weisung des Kommandanten – ein Emergency Ground Egress für den Rest der Mission Crew. Derweil neigte sich das Flugzeug zur Seite, was auf einen (oder mehrere) drucklose(n) Reifen hin deutete. Vor dem Abschalten der Bordspannung wurde noch versucht, über Ground Control die Feuerwehr zu verständigen, was aber auch vergeblich war. Draußen am Fahrwerk zeigte sich, dass bei acht Hauptfahrwerkrädern um eine Explosion der Reifen wegen Überdruckszuverhindern-dieSchmelzsicherungen ausgelöst hatten. Der Rauch, der sich durch das Schmelzen der Sicherungen wegen der Überhitzung der Felgen entwickelte, wurde durch die türkische Ground Crew als Brandherd interpretiert. Sie beschlossen, diesen Brand mit Hilfe von kaltem Wasser zu löschen, was gemäß Vorschrift wegen der Explosionsgefahr des Reifens und der Felge ausdrücklich verboten ist! Gott sei Dank konnte der Bordingenieur das Löschen mit Wasser aber verhindern. Nachdem die Räder auf natürliche Weise abgekühlt waren, wurde eine Inspektion des Fahrwerks durchgeführt. Es zeigte sich, dass mehrere Reifen platt waren und einige Felgen bombenfest auf den Achsen saßen. Lessons learned? Aus diesem Vorfall kann eine Anzahl von Lesson Learned gezogen werden. Weil wir überzeugt sind, dass sie das selbst gut können, belassen wir es dabei. Zwei wichtige Lessons wollen wir ihnen aber trotzdem - zur Abrundung dieses Artikels - nicht vorenthalten: Stick to your plan! Aber wenn davon abgewichen wird oder abgewichen werden muss, dann lassen Sie das die übrigen Besatzungsmitglieder wissen. Be prepaired to raise the bulsh.. flag! D.h.: Weisen Sie darauf hin, dass Ihrer Meinung oder Ihrem Wissensstand nach etwas so nicht geht oder anders sein muss. Dies gilt für jedes Mitglied der Besatzung. 31 Flugsicherheit Wir begrüßen Dezernat C wurde seit dem 01. April 2005 durch Major Norbert Burmeister verstärkt. Im Sommer 1978 trat er in die Bundeswehr ein und durchlief die Ausbildung zum Hubschrauberpiloten. Von 1981 an war er als Einsatzpilot für fast acht Jahre beim HFlgRgt 6 in Itzehoe, es folgte die Versetzung zum mTrspHubschrRgt 15 in Rheine. Hier war er als stv Schwarmführer, S3-Offizier, Schwarmführer und Einsatzstabsoffizier eingesetzt worden. Die gesammelten Erfahrungen, besonders während den beiden Einsätzen im Rahmen ISAF (Kabul und Termez), möchte er in seiner neuen Tätigkeit als Sachbearbeiter CH-53 einfliesen lassen und u. a. mit einem offenen Dialog zur Truppe flugsicherheitsrelevante Probleme lösen. Wir verabschieden Oberstleutnant Eugen Weiss hat zum 31.03.2005 die Bundeswehr verlassen. Sein beruflicher Werdegang in der Bundeswehr begann 1972 mit der Grundausbildung in Fritzlar. Nach der Offizierausbildung an der Infanterieschule Hammelburg absolvierte er ein Hochschulstudium der Wirtschafts- und Organisationswissenschaften in München mit dem Abschluss Diplom-Kaufmann. Für zwei Jahre führte er einen Zug beim PzGrenBtl 142 in Koblenz bevor seine fliegerische Laufbahn begann. Der Hubschraubergrundausbildung in Bückeburg schlossen sich Verwendungen als Verbindungshubschrauberpilot auf dem Luftfahrzeugmuster Al II in Mendig, als Einsatzoffizier einer Al II - Staffel in Niederstetten, als Schwarmführer auf PAH in Roth, mit der Umschulung auf LTH/MTH (incl. die Berechtigung als IFR Rotary Wing Examiner) die Versetzung nach Mendig an. In den Jahren 1991 bis 1996 flog er zahlreiche Einsätze im Irak für UNSCOM und im Kosovo für KFOR. Seit dem Oktober 2000 war er der FlSichhOffz im HFlgRgt 35. Seine letzte Versetzung führte ihn in das Luftwaffenamt, zur Abteilung FlSichhBw. Hier war er Sachbearbeiter für die Unfall- und Zwischenfalluntersuchungen, verantwortlich im Bereich der Hubschrauber für die Waffensysteme CH-53 und UH-Tiger. Wir wünschen für den nun kommenden Lebensabschnitt alles Gute. Frau Brigitte Massa ist in den Ruhestand gegangen, nachdem sie 42 Jahre für die Bundeswehr gearbeitet hat, davon alleine 32 Jahre bei der Dienststelle GenFlSichhBw im Vorzimmer des Generals. Der „Besen der Abteilung“- wie sie sich selbst nannte - hat sich in dieser Zeit besonders als Wächterin aller schriftlichen Ausarbeitungen hervorgetan. Darüberhinaus hat sie mit subtilem Nachdruck die Steuerung der Termine der Führung der Abteilung bewältigt. Im nun folgenden Lebensabschnitt wünscht die Abteilung Gesundheit und Zufriedenheit. 32 II/2005 FLUGSICHERHEIT