REISE 11

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REISE 11
REISE
11
Ausgabe 23 / 16. November 2007
Gesundheit und mehr...
INDONESIEN
Zwei Welten an der Straße von Badung
Nusa Lembongan liegt nur zwölf Seemeilen von Bali entfernt, trotzdem sind die Gegensätze groß. Statt Discos und Menschengetümmel bietet die Insel einsame Sandstrände.
uf Bali tobt der Bär.
Tausende Indonesier
und Touristen drängen sich durch die engen
Gassen Poppies Lane 1 und
2, und auf der Legian Street
stauen sich knatternde Motorräder und qualmende
Autos: Kuta, der Haupturlaubsort der Insel. Hier
gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder man liebt das
Chaos, das sich mit einer jugendlichen
Ferienatmosphäre, balinesischem Dolce
Vita und buntem Strandleben mischt – oder man
hasst es.
A
In der Espresso Bar stimmt
die Band „Welcome to my
Paradise“ an, es gibt kein
Halten mehr. Briten, Franzosen, Deutsche und Indonesier tanzen ausgelassen,
und der hochprozentige
Palmwein Arak fließt in
Strömen. Giuseppe aus Sizilien ist dabei, ebenso wie
Antonia aus Großbritannien
und Ashley aus Sydney – die
drei gehen heute jedoch etwas früher ins Bett, denn sie
alle haben für den nächsten
Tag einen Ausflug auf Balis
Nebeninsel Nusa Lembongan gebucht.
Als sich der riesige weiße
Katamaran am Morgen
nach eineinhalbstündiger
Fahrt dem kleinen Eiland
nähert, ist sofort klar: Mit
lautem Getümmel, Hupkon-
zerten und Discos haben die
Menschen hier nicht viel am
Hut. Ein weißer Strand erwartet die Gäste, bunte Fischerboote wiegen sich im
lauen Wind, und nur das
Plätschern der Wellen ist zu
hören. „Wow, ist das
schön!“, entfährt es Antonia.
Nusa Lembongan liegt rund
zwölf Seemeilen von Bali
entfernt in der Badung Straße, ganz in der Nähe der Inseln Nusa Penida und Nusa
Ceningan. Die Insel ist nur
4 mal 2,5 Kilometer groß
und befindet sich direkt an
der so genannten WallaceLinie – der biogeographischen Trennlinie zwischen
asiatischer und australischer Flora und Fauna. Sie
ist nach dem Naturwissenschaftler Alfred Russel Wallace benannt, der die Inseln
zwischen 1854 und 1862
erforschte. Nusa Lembongan bietet nicht nur herrliche Schnorchel- und Tauchgebiete, makellose Strände
und sauberes türkisfarbenes
Wasser, sondern auch einmalige Ausblicke auf Balis
Götterberg Gunung Agung.
Die meisten Gäste buchen
einen Tagesausflug auf die
Insel. Dort geht es gleich
sportlich los: Auf Mountainbikes radeln sie zunächst
über holprige Wege. Zwar
sind die Räder schon etwas
heruntergekommen, aber
die Urlauber nehmen es mit
einem Lächeln. Erster Stopp
sind die Mangrovenwälder
von Lembongan. Auf klei-
auf Matten getrocknet, bevor sie nach Bali zur Weiterverarbeitung verschifft werden. Die Pflanzen sind vor
allem in der Kosmetikindus-
Gute Tauch- und Schnorchelgebiete – tropische Fische
und türkisblaues Wasser warten auf die Touristen.
nen Booten schippern die
Touristen durch den dichten
Dschungel, es ist still, feucht
und heiß. Anschließend
wartet die Hauptattraktion:
der Algen-Anbau.
Der Rohstoff ist die Haupteinnahmequelle der Insel.
Knietief im Wasser stehend
setzen die Einheimischen
junge Schösslinge aus, nach
einem Monat werden die Algen geerntet. Anschließend
werden sie mehrere Tage
trie begehrt, werden aber
auch für Nahrungsmittel –
etwa bei Sushi – verwendet.
Wer länger auf Lembongan
bleibt und in einem der luxuriösen Resorts absteigt,
kann sich eine Algen-Packung oder eine Algen-Massage gönnen.
Nach einem typisch balinesischen Mittagsbüfett wartet
ein weiterer Höhepunkt:
Von einer vorgelagerten
Plattform aus können die
Gäste eine Stunde lang die
Unterwasserwelt von Nusa
Lembongan erforschen –
und die hat einiges zu bieten. Kleine Riffe mit bunten
Korallen und Schwärme von
tropischen Fischen erwarten die Schnorchler. Wer
Glück hat, kann sogar mit
dem riesigen Bali Mondfisch
(Mola Mola) tauchen – mit
fast 3,50 Metern der größte
Knochenfisch der Welt. Zudem gibt es fünf gute Surfspots an der Nordwestküste,
die
auf
Namen
wie
Shipwreck oder Lacerations
getauft wurden.
Als der Katamaran am
Nachmittag wieder in Richtung Benoa auf Bali startet,
beneidet so mancher die
verliebten Paare, die einen
mehrtägigen Aufenthalt auf
Nusa Lembongan gebucht
haben. Das Eiland wirkt so
abgeschieden von der Welt,
dass die Folgen der Attentate, von denen Bali 2002 und
2005 erschüttert wurde,
hier kaum zu spüren sind.
Anders ist das auf Bali
selbst.
Nur langsam erholt sich die
Tourismusindustrie
von
dem Schock der Anschläge,
die selbst eingefleischte
Indonesien-Fans in aller
Welt verunsichert haben.
Dennoch: Angst ist bei den
Urlaubern, die sich für eine
Reise auf die kleine Sunda-
Fotos: dpa
Insel entschieden haben,
nicht zu spüren. Auch amerikanische Fast-Food-Restaurants und Cafés in Kuta
und Sanur werden weiter
gut besucht: „Wenn es einen
trifft, dann passiert das sowieso, drum können wir ja
jetzt nicht ständig überall
auf der Welt in Angst leben“,
sagt Giuseppe aus Palermo.
Lediglich einige elegante
Restaurants tasten die Gäste
am Eingang mit Metalldetektoren ab. „Auch in den
großen Hotels wird jeder
kontrolliert, und Autos werden auf Bomben untersucht“, sagt Kim, ein Taxifahrer aus Sanur. Die Balinesen machen auch auf kuriose Weise ihrem Ärger
über die Attentate Luft. An
den Kleider-Shops prangen
T-Shirts mit Aufschriften
wie „Osama don’t surf“, was
übersetzt so viel heißt wie:
Osama ist überhaupt nicht
cool.
Ein Abstecher zur Gedenkstätte für die 202 Opfer des
Bombenanschlags auf die
Disco Sari Club ist ein Muss
für Bali-Besucher. Jeder einzelne Name ist auf der Tafel
mitten auf der Legian Street
verzeichnet. Links davon
liegt eine grüne Wiesenfläche – dort, wo einst BaliFans aus der ganzen Welt
die Nächte durchtanzten.
Carola Frentzen