Otto Bachmanns „Welt der Frauen“, zum 70. Geburtstag
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Otto Bachmanns „Welt der Frauen“, zum 70. Geburtstag
Seite 1 Ferienjournal Nr. 244/1 von April 1985 Otto Bac h m a n ns „Welt der Frauen“, zum 70. Geburtstag des Malers Peter P. Riesterer Am 25. März ist Otto Bachmann (Ascona) 70 Jahre alt geworden. In Luzern geboren, lernte ich ihn in den Wirren des Zweiten Weltkrieges in Zürich kennen. In den Literaten- und Künstlercafés „Odeon“, „Select“ traf man sich. Das Schauspielhaus hatte seine hohe Zeit mit der Schar bester, aus Nazideutschland vertriebener Schauspieler. Namen, die jeder kennt, standen im Gespräch: Jo Mihaly, Leonard Steckel, Erwin Kalser, Heinrich Gretler, Wolfgang Langhoff, Maria Becker, Kurt Hirschfeld, Leopold Lindtberg, J.R. Humm, Max Frisch, Albin Zollinger, Jakob Bührer, Max Rychner, Walter Lesch... Als eine der geistig fruchtbarsten Epochen für Zürich zu Ende ging, zog es Otto Bachmann, längst bekannt und geschätzt, „für immer“ nach Ascona. Hier wirkt er als „eher ein Stiller, abseits vom hektischen Kunstbetrieb und Tourismus“, arbeitet sechs Stunden im Tag an seinen Werken, die von renommierten Kunstgalerien in Europa und Übersee ausgestellt (und verkauft) werden. Gelegentlich trifft man ihn in einem der bekannten Cafés. Wer kulinarisch mit ihm in Beziehung treten möchte, kann im „al Pontile“ auf der Piazza die berühmte Pilzsuppe à la Bachmann goutieren. Er isst gerne und gut und man bezeichnet ihn als einen der besten Weinkenner, deren Gilde er angehört. Bachmann wurde mit seinen Illustrationen zu Goethes „Faus“ früh bekannt. Seine bevorzugten Themenkreise der Malerei sind Zirkus-Strassentheater-Bühne, Mythologie-Geschichte-Religion, Gesellschaft, Muse-Maler-Modell, die Frauenbildnisse und Akte mit den prallen, grossen Brüste und aufgeblasenen Hintern miteinbezogen. Ich erinnere mich, wie vor Jahren, als Bachmann in Asconas AAA-Galerie ausstellte, sich eine Frau aus bürgerlichem Mittelstand von einer „Gelageszene“ mit den Worten abwandte: „Dem Mann geht jedes Schamgefühl ab!“ Sie erfasste nicht, was dieses Bild aussagen wollte, sah nicht genau hin, um zu erkennen, dass das nackte Leben solche Situationen schreibt, der Mensch mit allen seinen Unzulänglichkeiten sich darin produziert und ein zu schauen verstehender Maler nur den Pinsel anzusetzen braucht, um das geistige Spiegelbild in aller Deutlichkeit auf der Leinwand festzuhalten. Die Frau ist oft das Lustobjekt, für da sie sich hält und hingibt, das erotische Weib, mit allen Verführungskünsten gesegnet, die Männer irritierend, mit ihnen spielend, und Bachmanns gnomenhafte, senil wirkende Männergestalten in einer solchen Szene: die Genarrten, nur auf das Fleisch verfressene ahnungslose Objekt männlicher Geil- und Dummheit. Das versteht Bachmann meisterhaft sarkastisch darzustellen. Selten erscheint das Weib als Nyphomanin, nie zeigt er ihre neurotische Verhaltensweise und gesteigerte Aktivität ohne echte Befriedigung – was die Nymphomanin auszeichnet-. Da ist vielmehr Lust, Freude, restlose Hingabe beim Spiel drin. Selbst dort, wo das männliche Wesen als Faun oder Pan, in der Gestalt des bulligen Minotauros erscheint. Wer den „Faust“, den „Westöstlichen Divan“, die Mythen der griechischen und biblischen Sagenwelt wohl gelesen, aber nicht verstanden hat, wird nicht hinter Bachmanns Aussagen kommen, wird ihn falsch interpretieren und möglicherweise wie jene Frau reagieren, die aus der AAA-Galerie lief. Dann wieder zeichnet (und malt) er die Frau als vergeistigtes Wesen (z.B. Gretchen aus „Faust“, das Licht erkennend), als vollumfassende Schönheit aus Leib und Seele, die Edle, Gütige, Liebenswerte, die vom echten Eros beflügelte. Frauen, in die man sich verlieben kann und lieben möchte. Es gibt solche Bilder von aufrichtiger Überzeugungskraft, z.B. eine Zeichnung der Hena, eine gesunde Erotik ausstrahlend. Nymphen und Nixen versinken in Teichen, im Brachwasser. „Liliane“ fühlt sich im Wasser in totaler Geborgenheit, „Melusin“, deren Kopf aus regnerischem Sumpf herausschaut wie im Fruchtwasser des Mutterleibes – das ist gemalte Symbolik. Mit Christian Morgensterns Worten darf man sagen: „Der echte Künstler schildert nie, um nur zu gefallen, sondern um zu zeigen.“ Das trifft auf Bachmann zu.