ADAC Reisemagazin - ADAC

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ADAC Reisemagazin - ADAC
.ADAC Reisemagazin
å∂åç Reisemagazin
SÜDENGLAND
Nr. 154 September / Oktober 2016 € 8,10 (D); € 9,10 (A); CHF 15,80 Bootstour — Auf der Themse nach Windsor
Hotels — Geisterstunde in schaurig-schönen Häusern
London — Architektur auf die Spitze getrieben
B 2149 F
MI T
K A N A L IN
SELN
Jersey,
Guernsey
& Co.
Südengland
Jetzt erst recht!
€ 9,50 (BeNeLux); € 10,20 (F, I, E, SK)
Inhalt
030 Stromlinie: Ganz gemütlich lässt sich Südengland mit einem Hausboot auf der Themse erkunden
120
Sprühregen: Nach den Prüfungen wird an den
Colleges in Oxford herrlich unvornehm gefeiert
062
Aufgemodzt: In Brighton ist für alle Platz,
auch für die gestylten Mods, die seit den
Sechziger­jahren auf ihren Rollern unterwegs sind
102
Ganz schön schräg: Londons Architektur
des dritten Jahrtausends zeigt eigenwillige Formen
074
Augenweide: Ein Nationalpark
­bietet rund 150 Exmoor-Ponys Auslauf
Strand, gut: Auf Jersey – hier
die Beauport Bay – und den anderen
Kanal­inseln fühlen sich Urlauber mancherorts ans Mittelmeer versetzt
4 å∂åç Reisemagazin
Foto:
126
Fotos: Marc Wittowski, Philipp Ebeling, Richard James Taylor, Alex Mirtschink, Arnhel de Serra, Thomas Butler, Reinhard Hunger
082 Lamm fromm: In den Pubs der Cotswolds
genießen Dorfpfarrer den Sonntagsbraten, im Wild
Rabbit z. B. Lammrücken mit Zucchiniblüte
008Menschen
Ein Schwanenzähler, eine Graffitikünstlerin, eine Butlerin, eine
Kanalschwimmerin, ein Schiffsarchäologe, ein innovativer Gärt­
ner, eine Perückenmacherin und eine ultraschnelle Managerin
020Heimat
Käse auf der Überholspur, eine Auszeit für Big Ben und zum
Frühstück Muffins: Interessantes, Kurioses, Wissenswertes
028Kolumne
In der Grafschaft Wiltshire bemerkte Hans Zippert, welch wohl­
tuenden Einfluss Kornkreise auf die Menschheit haben können
030Tour
nser Autor Peter Stäuber und seine Freundin befuhren mit
U
einem Narrowboat den schönsten Abschnitt der Themse
044Hotels
Mitbewohner: In etlichen Hotels in Südengland, so heißt es,
mischen sich manchmal Geister unter Gäste und Belegschaft
056Sport
S chlagzeilen: Die englische Cricket-Kapazität Lawrence Booth
­verrät die zehn Gebote dieses undurchschaubaren Spiels
062Seebad
Im bunten Brighton trifft man an jeder Ecke auf perfekt gestylte
Exzentriker – Stadttheater allenthalben
072Essay
er Feuilletonist Alexander Menden beleuchtet den subtilen,
D
meist politisch unkorrekten englischen Humor
074Natur
iehervereinigung: Im Exmoor-Nationalpark unterstützen
W
­engagierte Tierliebhaber eine sehr rar gewordene Ponyrasse
082Kulinarik
Wenn sich in den hügeligen Cotswolds die Dorfpfarrer den
S­ onntagsbraten schmecken lassen, werden alte Kindheitserinne­
rungen geweckt
092Gärten
V irginia Woolf und andere literarische Kapazitäten ließen sich
von prächtigen Gärten inspirieren, die es heute noch gibt
100Tee
eutelkunst: Der Five o’Clock Tea ist auch nicht mehr das, was
B
er mal war – zum Glück, denn neuerdings gibt es dazu modische
Accessoires in Kuchenform und eine Teemischung für Hunde
102Architektur
ochmut: Gurke und Käsereibe – Londons futuristische Wolken­
H
kratzer wecken nicht immer schmeichelhafte Assoziationen
112Sekt
Französischer Champagner war gestern – jetzt rinnt Schaumwein
aus Sussex sogar durch königliche Kehlen
120Universität
Der akademische Alltag an den Edelcolleges von Oxford stellt
S­ tudierende vor so manche Herausforderung
126Inseln
E igenleben: Laisser-faire und Dolce Vita – die Kanalinseln sind
ein ganz spezieller Zacken in der englischen Krone
137O-Ton
ier kommen Touristen zu Wort, diesmal über dem Nullmeridian
H
in Greenwich
138Heimatkunde
Adressen, Telefonnummern, Karte: Nützliches kompakt
146Souvenir
rünzeug: eine Rasensaat-Dünger-Mischung für Klein- und
G
Kleinstgärtner
Rubriken
003 Editorial
143 Impressum
144 Rückblick und Vorschau
å∂åç Reisemagazin 5
Menschen in Südengland
TEXT: Daniel
Zylbersztajn
Artz
FOTOS: Andrea
DER FEDERLESER
David Barber, 66, ist eigentlich Marinabesitzer, seit
23 Jahren aber auch königlicher Schwanenzähler. Die
Position eines hauptamtlich
für den Schwanenbestand
Verantwortlichen gibt es seit
gut 800 Jahren. Einst dienten
8 å∂åç Reisemagazin
die stolzen ­Vögel den Menschen als ­Nahrung, bis heute
gehören sie im ganzen Land
der ­Krone. Mit Vorschlägen
zu Erziehungsarbeit und
­Tier­schutz hat sich Barber
seinerzeit für den Posten beworben. „Beim Zählen haben
wir auch die Möglichkeit,
­verletzte Schwäne zu verarzten“, e­ rzählt der Mann in
Rot-Weiß. Einmal im Jahr
­rudert ihn sein Team fünf
Tage lang ­entlang der oberen
Themse durch Windsor und
Oxford­shire, wo er Bestand
und ­Gesundheit vor allem
der Jungschwäne dokumentiert. Wenn das Wasser­ so
­verschmutzt ist, dass es die
Schwäne krank machen
könnte, lässt er die Wasser-
qualität überprüfen und
v­ erständigt die Behörden.
„Das ist letztlich Natur-, ­Artenund Wasserschutz über den
Umweg der Schwäne“, erklärt
Barber. In England wird
eben nicht nur die Queen beschützt. Der ist ­David Barber
natürlich auch schon begegnet, gezählt hat es aber nicht.
www.royalswan.co.uk
DIE GERÜSTIGE
Beim Street-Art-Event
­„Upfest“ in Bristol hatte
­Gemma Compton, 33, dieses
Jahr die Ehre, Frontmalerin
zu sein, als erste Frau überhaupt. „Frauen sind in der
Szene selten“, meint Gemma
bedauernd. Ihre Kunstwerke
spielen mit der Zerbrech­
lichkeit des Lebens. Wunderschön skizzierte Falter und
detailreiche Blumen und
Klein­vögel verknüpfen sich
mit menschlichen Schädeln.
Es ist ihre eigene Geschichte:
„Als ich 18 war, erlitt ich
bei einem schweren Auto­
unfall einen mehrfachen
­Wirbelsäulenbruch“, erzählt
Gemma. Noch heute leidet
sie deswegen oft an Schmerzattacken. Ihre Kunst nennt
sie Therapie, die Motive
ihrer Arbeit verraten dabei
ihre englischen Wurzeln. Viele
­Bilder erinnern an viktorianische Natur­sammlungen, die
Gemma regelmäßig ­besucht.
Wandmalereien auf h
­ ohen
Gerüsten indes seien eine
physische und oft auch psychische Herausforderung,
weil sie den öffentlichen Auftritt eigentlich scheue. Ihre
Wandbilder versteht Gemma
als Mittel zur Kommunikation mit der Stadt, zwar nicht
so politisch wie Banksy, doch
mit klaren Botschaften: und
zwar von einer der ­wenigen
Frauen, die sich so was trauen.
www.gemmacompton.co.uk
10 å∂åç Reisemagazin
å∂åç Reisemagazin 11
DIE TISCHDAME
Sarah Whites Einsatz als
­ utlerin im Goodwood
B
House in Chichester, einer
prunkvollen Villa aus dem
17. Jahrhundert, ist vielfältig.
Mit dem Staubwedel reinigt
die 50-Jährige nicht nur
­Ölgemälde, sondern steigt zur
Schmutzentfernung an ent­
legenen Stellen auch unerschrocken auf ein Baugerüst.
Mit Gummistiefeln sieht
man sie in der Landhütte des
4850 Hektar großen Guts,
wenn sie den Teilnehmern einer Autorallye den Lunch
­serviert. Fein herausgeputzt
ist sie bei Empfängen, wenn
sie eine Truppe ausgebildeter
Haushaltshilfen lautlos mit
Kopfbewegungen in die
­richtigen Positionen dirigiert.
„Ich liebe es, zu Diensten zu
stehen, auch wenn es eine
14-Stunden-Schicht ist“,
­beteuert White. Der Butlerjob
hat für sie etwas von den
­Aufgaben einer Mutter in einer Großfamilie. „Es ist meine Natur, andere Menschen
­zufriedenstellen zu wollen“,
erklärt Sarah White mit voller
Überzeugung. Das Geheimnis
einer guten Butlerin sei es,
„sich selbst und anderen
­gegenüber treu zu bleiben“,
verrät die Frau, während sie
unweit der legendären
­Goodwood-Rennstrecke
­englischen Tee in feinstem
Porzellan serviert.
www.goodwood.com
12 å∂åç Reisemagazin
å∂åç Reisemagazin 13
DIE
KANALISIERTE
„Nicht weit von hier gehe
ich ins Wasser“, sagt Sam
Jones beim Treffen in ihrem
Lieblingscafé an der Strandpromenade von Dover.
Beim letzten Mal, im September 2014, ­verschlang sie ­sofort
nach der Ankunft in Calais
14 å∂åç Reisemagazin
e­ inen Döner und verbrannte
sich die Zunge. „Nach fast
17 Stunden Salzwasserschwimmen sind Zunge und
Mund stark gereizt“, erklärt
die 44-Jährige. Sam, Re­zep­ti­
onistin und ehrenamtliche
Rettungsschwimmerin,
schwamm 2008 zum ­ersten
Mal die 34 Kilometer nach
Calais. Damit ist sie eine
von gut 1600 Menschen, die
es seit 1875 schafften, dem
Pionier Matthew Webb
­nachzueifern. „Beim Training
werden wir vom Coach oft
­erbarmungslos ins Wasser
­zurückgestoßen. Die Schmerzen und Versuchungen, einfach aufzugeben, müssen wir
mit ­Willenskraft bekämpfen“,
weiß Sam Jones, die seit
­Jahren auch auf den Begleitschiffen der Schwimmer
a­ rbeitet. Sie will dieses Jahr
sogar ein drittes Mal den
­Kanal überqueren und hilft
nebenbei einer Freundin
beim Ultramarathontraining.
Der Lebenssinn? „Spaß
­haben, denn man lebt nur
einmal!“ Und schwimmen –
obwohl der ­Döner ­danach
mitunter etwas anders schmecken kann.
www.cspf.co.uk
DER
SEESÜCHTIGE
Schon als Junge träumte der
heutige Marinehistoriker Ian
Friel von Schiffswracks. Als
er 1980 eine Luftaufnahme
der Grace Dieu aus der Flotte
Henrys V. im südengli­schen
Fluss Hamble betrachtete,
fiel ihm ganz in der Nähe ein
Oval im Boden auf. Friel
fragte sich, ob dies die
­ver­lorene Holy Ghost derselben Flotte sein könnte.
Beide Schiffe warteten hier
im 15. Jahrhundert nach
erfolgrei­chem Einsatz, der
zur ­Er­oberung Frankreichs
geführt hatte, auf ihre Restaurierung. Doch stattdessen
­zerfielen die Schiffe. Nun
wurden zur Überprüfung von
Friels ­Vermutung aufwendige
­ -D-Scans hergestellt. „Die
3
Holy Ghost war nicht nur
ein Stück britischer Geschichte. Ihr Rumpf stammte aus
­Spanien, und die Kämpfe mit
Frankreich wurden mithilfe
euro­päischer Söldner ­gewon­­nen, von denen manche sogar
aus Dresden kamen“, erzählt
Friel. Wo Funde nicht aus­
reichen, lässt er seine Fantasie
walten. So schrieb er
mit einem ­Komponisten das
­Musical „Billy Bow“ über
eine junge, schwarze Frau,
die sich 1815, als Mann
­ver­kleidet, auf ein britisches
Kriegsschiff geschmuggelt
hatte. „Viele Menschen wissen nicht, wie sehr ihr Leben
mit der See verbunden ist.“
Ian Friels ­Leben ist es allemal.
www.ianfriel.co.uk
å∂åç Reisemagazin 15
DER GRÜNE
Nach unzähligen Forschungsreisen zu Teeplantagen weltweit versuchte Jonathan Jones,
45, als Gärtner des idyllischen,
700 Jahre alten Landguts
­Tregothnan, auch dort, mitten
in Cornwall, Tee anzubauen.
„Viele hielten es für unmöglich, hier, zwischen viktori­
anischen Kamelien, Tee wachsen zu l­assen“, gesteht er.
Er hörte nicht auf die Stimmen und machte lieber seine
eigenen Erfahrungen. Bereits
fünf J­ ahre nach der Erstbepflanzung war klar, dass Tee
im Südwes­ten Englands sogar
äußerst gut gedeiht. Gutsbesitzer ­Viscount Boscawen, ein
Nachfahr von Earl Grey,
nach dem der berühmte, mit
Bergamottöl aromatisierte Tee
benannt ist, zögerte nicht lang
und ließ den Anbau in grö­
ßerem Stil zu. In Tregothnan
lassen sich heute allerlei
­Teesorten bestellen, während
Jones – der „Teemann“, wie
er häufig genannt wird –
­weiter mit neuen Teepflanzen
experimentiert. Trotzdem ist
er kein Enthusiast feiner
­Teetrinkerkultur. Er bezeichnet sie sogar als Hindernis
für s­ einen nächsten Plan, eine
moderne Teehauskette auf­
zubauen. „Ich will, dass der
­Genuss englischen Tees
­genauso selbstverständlich
und modern wird wie der
des ­Kaffees.“
www.tregothnan.co.uk
16 å∂åç Reisemagazin
å∂åç Reisemagazin 17
DIE HAARIGE
Nein, Sandra Bartlett
(rechts) ist keine Kostüm­
bildnerin für monumentale
His­torienfilme. Die 57-Jährige
sitzt vielmehr eine Etage
­unter dem Laden von
Ede & Ravenscroft, der königlichen Schneiderei für
­Zeremonien- und Gerichts­
18 å∂åç Reisemagazin
gewänder in London.
Dort arbeitet sie an einem
­alten Holzschädel, über
den eine halb fertige Perücke
aus ­weißem, gelocktem
­Pferdehaar gestülpt ist. Mit
Fingerhut und Nadel zwingt
sie die Haarreihen in das
Deckgewebe. Ihre Werkzeuge
sind dabei dieselben, die
die vielen Generationen von
Perückenmachern vor ihr
auch schon verwendet haben.
„Bei der Stecherei fließt auch
mal Blut“, erklärt sie klaglos
mit Südlondoner Akzent.
„Für mich sind die Perücken,
an denen ich bis zu acht
­Wochen arbeite, Kunstwerke.“
Das macht sie nun seit ihrem
16. Lebensjahr und kann
­deshalb auch überhaupt nicht
verstehen, warum man
in Großbritannien über Jahr-
zehnte hinweg darüber ­
streitet, ob diese – wie sie
­findet – schöne Tradition
noch fortgeführt werden soll.
Und wie ist ihr persönlicher
Beitrag zu dieser Diskussion?
Sie glaubt weiterhin an die
weiße Haarpracht und lehrt
ihre Tochter diesen ehrenwerten Beruf.
www.edeandravenscroft.com
DIE
EISENHARTE
Die Unterschiede zwischen
einem 675 LT und einem
P1 GTR kann Donna
­Fal­coner, 37, ohne Probleme
detailreich ­er­klären. Bei
McLaren in ­Woking ­verant­wortet sie den Bereich Produktvermarktung und ­befasst
sich damit, wie die größtenteils männlichen Käufer
die Fahrzeuge des Sportwagenherstellers – die hier
­gebaut werden und nicht nur
sehr schnell, sondern auch
sehr teuer sind – wahrnehmen.
Eine Mammut­aufgabe.
Be­hilflich ist ihr bei diesem
Job i­mmer mal wieder das
­Klettern: „Probleme ­bei der
Arbeit werden zur Kleinig-
keit, wenn man schon einmal
frierend in einer hohen Steilwand ­verzweifeln wollte – und
dann doch ­irgendwie weitermachte“, ­erklärt die studierte
­Ingenieurin. Und es dann,
wie man ihr leicht glauben
mag, auch schafft. Wie sie
über ihre B
­ edeutung als Frau
bei McLaren denkt? Donna
lächelt: „Da müssen Sie
schon meine zumeist männ-
lichen Kol­legen fragen.
Für mich sind schwierige
­Aufgaben wie diese ­irgendwie
­befreiend, so wie das
Rennrad­fahren und meine
demnächst erste Teilnahme
am Halb-Ironwoman“,
­versichert sie spontan und
selbst­sicher. ­Kaum einer
mag diese Haltung auch nur
ansatzweise bezweifeln.
www.mclaren.com
å∂åç Reisemagazin 19
Heimat Passgenau: In die Steilküste Cornwalls
wurde das Minack Theatre hineingebaut.
Auf dem Spielplan in der Saison 2016
steht u. a. „Peter Pan“
Was für
ein Theater
Südengland und die Kanalinseln. Südengland umfasst 21 sogenannte Ceremonial Counties, hier
leben
ca. 26,5 Mio. Menschen, davon 8,54 Mio. im
Großraum L
­ ondon. Der
zählt mit bis zu 14
Sehr bescheiden waren die Anfänge der
schönsten Freilichtbühne Englands: Auf einer Wiese,
eine Meile von der Küste bei Land’s End entfernt,
hatten Laiendarsteller 1929 Shakespeares „Sommernachtstraum“ aufgeführt. Mit großem Erfolg. Davon
angespornt, wuchtete die Theaterenthu­
siastin Rowena Cade, die in Minack House oberhalb der Steilküste lebte, mit ihrem Gärtner eigenhändig Schubkarre um Schubkarre Granitbrocken und Erdklumpen
aus den Klippen unterhalb des Hauses. So entstand
eine Art Amphitheater mit dem Atlantik als grandiosem Bühnenhintergrund. Im August 1932 fand die
erste Vorstellung statt, wieder ein Shakespeare-Werk:
„The Tempest“ („Der Sturm“). Längst wird der
­Theaterbetrieb professionell gemanagt, die Ensembles kommen aus Brighton und Cambridge, und von
Mai bis September besuchen jedes Jahr rund 80 000
Menschen die Aufführungen. Shakespeares Dramen
und Komödien sind im Minack Theatre ein Dauerbrenner geblieben, dazu kommen Storytelling-Shows
für die Kleinen, in denen es u. a. um die Schmuggler
geht, die an der Küste Cornwalls lange Zeit ein blühendes Gewerbe betrieben.
THEATER.
Tidenhub im Bristol Channel
Metern zu den höchsten weltweit. Von den
15 Nationalparks Großbritanniens befinden sich 4 im
Süden des Landes. Im Tower of London gibt es mehr als
23 500 Juwelen. Hier wurden 22 Menschen hingerichtet,
die letzte Exekution fand am
15. August 1941 statt.
­Alderney, die nördlichste der 5 bewohnten
liegt 95
Kanalinseln,
km südlich der englischen Küste
Völkerverständigung. In Südengland gibt es ganz unterschiedliche Sprachvarianten: Hier hört man das klassische Oxford
English (mit der „Received Pronunciation“, der Standard­aussprache);
in Cornwall wird zum Teil noch Cornic gesprochen, das auf die Kelten
zurückgeht, die von den Angeln nach Westen verdrängt worden waren. Und in London hört man auch heute noch den Cockney-Dialekt –
www.minack.com
als echte Cockneys gelten traditionell diejenigen, die in Hörweite
der Kirchenglocken von St Mary le Bow in der City of London geboren
Kopfarbeit
„v“ ersetzt (fin statt thin) und das „h“ weggelassen (Arm statt Harm).
­Typisch ist außerdem der Cockney Rhyming Slang, der früher auch
MODE. Die etwas kopf­
als Geheimsprache diente: Hier wird ein Wort ersetzt durch eine
bedeckungsmüde gewordenen
Londoner, aber auch Besucher an der Themse möchte
Tamara Williams neu „behüten“. Nach einem ausführlichen Gespräch mit dem
­Klienten bzw. der Kundin
­fertigt sie Modelle wie Panama, Fedora oder Homburg
nach Maß von Hand an, und
nach drei bis sechs Wochen
sind sie zur Abholung bzw.
zum Versand bereit. Für einen
Original-Panamahut sind
595 £ anzulegen, für 795 £
gibt es das Luxusmodell aus
wärmendem Biberpelz.
Wortgruppe, die sich mit diesem reimt (s. u.). Einen guten Eindruck
von Cockney vermittelt das Sprachvideo auf der folgenden Internetseite: http://bit.ly/2aKg0ot
Hier einige Beispiele für den Cockney Rhyming Slang:
Adam and Eve (= believe) Bacon and Eggs (= Legs)
Apples and Pears (= Stairs) Dog and Bone (= Telephone)
Donkey’s Ears (= Years) –
I haven’t seen you in Donkeys
20 å∂åç Reisemagazin
glauben
Beine
Treppe
Telefon
Jahre –
Ich habe dich seit Jahren
nicht mehr gesehen
Vermessen: Ein von
Tamara Williams gefertigter Hut nach Maß
www.thecitymilliner.com
Platz da! Mit 5223 Menschen pro Quadrat­
kilometer ist Greater London das am­
dichtesten besiedelte County Südenglands.
Die geringste Bevölkerungsdichte
dagegen hat die Grafschaft Cornwall
Gloucestershire
274
Bedfordshire
499
BuckingHertforthamshire
shire
Essex 471
404
682
Oxfordshire
251
Greater London
Berkshire 684
Wiltshire
196
Bristol 3906
Devon
169
Kent 463
Hampshire
468
Somerset
218
KELTISCHE SEE
City of London 2548
5223
Surrey 683
Fotos: Steve Farrier, The City Milliner
wurden. Bei der Aussprache wird etwa das „th“ durch „f“ oder
West Sussex
406
Dorset
281
Cornwall
150
Isle of Wight
East Sussex
447
ÄRMELKANAL
Kanalinseln
å∂åç Reisemagazin 21
Gartenkunst
Blühende Fantasie
Schriftsteller wie Virginia Woolf, Winston Churchill und Agatha
Christie haben Bäume gepflanzt und Teiche angelegt. In den Gärten
haben sie geruht, geträumt, geschrieben. Ihre Seele lebt noch dort
In the Orchard
Grünphase: Für Virginia und Leonard
Woolf war der Garten von Monk’s
House der Ort des wahren Glücks
When the breeze blew, her purple dress rippled like a flower attached to a stalk;
Als die Brise kam, kräuselte ihr purpurfarbenes Kleid sich wie eine Blume an einem Stängel;
the grasses nodded; and the white butterfly came blowing this way and that just above her face.
die Gräser nickten; und der weiße Schmetterling wehte dicht über ihrem Gesicht hierhin und dorthin.
Miranda slept in the orchard – or perhaps she was not asleep, for her lips moved slightly,
Miranda schlief im Obstgarten – oder vielleicht schlief sie nicht, denn ihre Lippen bewegten sich leicht,
and then she smiled and let her body sink with all its weight in to the enormous earth which rises,
und dann lächelte sie und ließ ihren Körper mit all seinem Gewicht auf die gewaltige Erde sinken, die sich erhebt,
she thought, to carry me on its back as if I were a leaf, or a queen.
dachte sie, um mich auf ihrem Rücken zu tragen, als wäre ich ein Blatt oder eine Königin.
Laubenbekenntnis: Im Gartenhäuschen
The Lodge schrieb Virginia Woolf Romane
wie „Orlando“ und „Mrs Dalloway“
Blattsammlung: Leonard Woolf führte
Buch über die Blumen, die er pflanzte,
­weiße ­Lupinen, Sterndolden, Goldregen,
­Astern, ­Clematis, Vergissmeinnicht,
­Lavendel, ­Magnolien und Mohnblumen
VIRGINIA WOOLF, 1923
å∂åç Reisemagazin 93
The Glory of the Garden
TEXT: Dagmar Walden
Guenzel
FOTOS: Peter
A
Our England is a garden that is full of stately views
Unser England ist ein Garten voller herrschaftlicher Blicke
of borders, beds and shrubberies and lawns and avenues,
auf Rabatten, Beete und Büsche und Rasen und Alleen,
with statues on the terraces and peacocks strutting by,
mit Statuen auf den Terrassen und herumstolzierenden Pfauen,
but the Glory of the Garden lies in more than meets the eye.
doch die Herrlichkeit des Gartens ist viel mehr, als Augen schauen.
Stilblüten: Mit dem Preisgeld
für den Literaturnobelpreis
legte Kipling seinen Rosengarten und den Teich an
Bachblüten: Kiplings Kinder
fuhren auf dem River Dudwell Kanu, vom Teich zur
Mühle und zur Schleuse
94 å∂åç Reisemagazin
Happy are the painters,
for they never shall be lonely,
Glücklich sind die Maler,
denn sie werden niemals einsam sein,
So many colours on the hillside,
each different in shadow and in sunlight,
So viele Farben an den Berghängen,
jede anders im Schatten und im Sonnenlicht,
Such lovely lights gilding or silvering
surface or outline,
Solch anmutige Lichter, die Oberflächen
oder Umrisse vergolden oder versilbern,
All tinted exquisitely with pale colour,
rose, orange, green or violet.
Alle getönt mit erlesenen Nuancen von
blassem Rosa, Orange, Grün oder Violett.
RUDYARD KIPLING, 1911
m Morgen drängten sie sich vor ih­
rem Schlafzimmerfenster. Pausbä­
ckige Kletterrosen, die Blütenwan­
gen altrosa angehaucht. Als Leonard mit
dem Teetablett vom Garten hereinkam,
war Moschusduft überall. Am 31. Mai
1920 schrieb Virginia in ihr Tagebuch:
„Vollkommene Freude am Garten. Den
ganzen Tag haben wir gejätet, mit einem
verrückten Enthusiasmus, der mich sagen
ließ, das ist das wahre Glück.“
Virginia und Leonard Woolf hatten
Monk’s House, das weiße Cottage an der
Waldmeister:
Rudyard Kipling, Autor
des „Dschungelbuchs“,
fand in Bateman’s
das Idealbild des ­alten
England
Painting as a Pastime
Dorfstraße von Rodmell, 1919 gekauft. Die
Räume in Puppenstubenformat strich
­Virginia erbsengrün. Den Garten bestellte
Leonard, nach einem wilden, künstleri­
schen Prinzip. Heute noch drängen sich
Aberhunderte Blumen zwischen alten Zie­
gelmauern in der Sonne. Gärtnerin Rhian­
non Williams, 34, betrachtet mit scheuer
Liebe die Heerscharen von Sterndolden,
Astern, Clematis, Mohnblumen, Lavendel,
Vergissmeinnicht. „Ich pflanze jetzt wieder
alle Blumen, die Leonard in seinen Tage­
büchern erwähnt.“ Im Obstgarten am
Teich sitzt ein Paar auf der Wiese, das Baby
krabbelt im Gras. Eine Hummel kitzelt
Rhiannon am Ohr. „So ein romantischer
Platz. Im Frühling ein Meer von Narzissen
und Tulpen“, sagt sie und lächelt.
Im Brief an eine Freundin erzählte Vir­
ginia, wie sie morgens quer durch den
Obstgarten zur Lodge ging, ihrer Schreib­
stube im Gartenhaus. Versteckt unter dem
Laubdach der Kastanien saß sie mit dem
Schreibbrett auf den Knien und senkte
sich „vorsichtig wie ein Taucher“ hinab ins
Manuskript. Der Garten spielt auch in der
Kurzgeschichte „In the Orchard“ von 1923
eine Rolle: „Sie atmete mit einer Ekstase
sondergleichen ein, denn sie dachte, sie
höre das Leben selbst rufen, aus dem Wind,
aus den Glocken, aus den gebogenen, grü­
nen Blättern der Kohlköpfe.“
Am 28. März 1941 verließ Virginia mor­
gens allein das Haus. Beim Gartentor
bückte sie sich, packte die Manteltaschen
voll mit Steinen. Ging zum River Ouse und
watete hinein. „Dir will ich mich entgegen­
werfen, unbesiegt und ungebeugt, o Tod!“
Eines Nachmittags, es war der 9. Juni
1908, nahm Rudyard Kipling ein Messer
und ging in den Garten. Noch am selben
Abend schrieb er von seinem Landsitz
Bateman’s an seine zwölfjährige Tochter
Elsie: „Dear Bird, nach dem Mittagessen
habe ich edelmütig das Päonienbeet unter
der Mauer mit einem Messer von Unkraut
befreit. Ich kam ausgezeichnet voran, bis
Mummy kam und mir mit einem kleinen
WINSTON CHURCHILL, 1932
Holzspaten half. Dann zankten und strit­
ten wir uns über unsere verschiedenen
­Methoden des Jätens.“
Im Januar 1907 hatte Kipling, Autor des
„Dschungelbuchs“, als erster Engländer
den Nobelpreis für Literatur erhalten. Er
war nicht mal 42, der jüngste Preisträger
aller Zeiten. Die Sache mit dem Messer
allerdings war noch nicht erledigt. Vier
­
­Jahre später e­rschien „The Glory of the
Garden“, sein Gedicht zu Ehren aller
Gärtner. Auch jene­r Männer, die Unkraut
mit „abgebrochenen Tafelmessern“ jäten.
>
Als habe er auf das Stichwort
Parkhaus: Winston Churchill, der größte
Brite aller Zeiten, sah alles, wagte alles, liebte das Leben und seinen Landsitz
Chartwell. Hier schrieb er jene Bücher,
für die er den Literaturnobelpreis erhielt
å∂åç Reisemagazin 95
gewartet, schiebt Gärtner Andy Simmons,
51, die Jackenärmel hoch. Auf seinem Un­
terarm blühen Blumen, mittendrin die
Verse „Gärten werden nicht gemacht, in­
dem man ‚Oh, wie schön‘ singt und im
Schatten sitzt“. Andy lacht. „Kip­ling wuss­
te, wie es wirklich ist.“ Er streichelt ein Bü­
schel Thymian, das auf der Terrasse zwi­
schen den Muschelkalkplatten wächst.
„Der Garten wählt dich, nicht du den Gar­
ten. Und das ist für immer.“
Kipling ging es genauso. 1902 hatten er
und seine Frau Caroline das Herrenhaus
im Tal des River Dudwell gekauft: „Wir ka­
men rein und fühlten, dass sein Geist gut
war.“ Im Arbeitszimmer, auf dem Schreib­
tisch, eine Dose mit Krokodil und Kiplings
Nickelbrille. Hier schrieb er für Elsie und
den ein Jahr jüngeren John „Puck of Pook’s
Hill“, Elfengeschichten aus der Frühzeit
Bateman’s, als zu Füßen von Pook’s Hill
die Geister römischer Legionäre und nor­
mannischer Ritter von ihren Abenteuern
erzählten. Puck, „das älteste Altwesen in
England“, sitzt noch immer auf der Lich­
tung unter der knorrigen Eiche, auf dem
Kopf seine akeleiblütenförmige Kappe. So
wie Kipling gesagt hat. Ganz bestimmt.
Eines Abends war er wieder da, der
schwarze Hund. Kroch unter der japani­
schen Zeder beim Haus hervor und lief
zum Fischteich. Am anderen Ufer richtete
sich Winston Churchill im Holzsessel auf,
die Zigarre fest zwischen den Lippen. Sein
schwarzer Hund war wieder da, die
Schwermut, die Schwärze. Dagegen half
nur eins: Aus den Farbtuben holte er das
Goldrot der Fische im Teich, das Salatgrün
der Mammutblätter, das Samtgrün der
Bäume. Es war 1932, er malte „The Gold­
fish Pool at Chartwell“. Ein Meisterwerk.
„Manchmal kommt es mir vor, als würde er
immer noch da drüben sitzen und die Fi­
sche füttern.“ Gärtner Tim Parker, 33, sagt
das, als seien sie sich oft begegnet. Damals.
Churchill hatte den Landsitz Chartwell
1922 gekauft. Hier verbrachte er seine
„Wilderness Years“, seine zehn Jahre im
politischen Abseits. Er schrieb Zeitungs­
­
artikel, Reden, Lebensberichte, vier Bände
„The World Crisis“ über den Ersten Welt­
krieg, das vierbändige „Marlborough. His
Life and Times“ über seinen Ahnherrn. Er
schrieb so viel und so gut, dass ihm 1953
der Literaturnobelpreis verliehen wurde.
Außerdem hob er Teiche aus, zog Mauern
hoch, malte. „Pflanzen Sie einen Garten,
in dem Sie sitzen können, wenn die Tage
96 å∂åç Reisemagazin
des Umgrabens vorüber sind“, riet Chur­
chill 1932 in „Painting as a Pastime“.
Manchmal, wenn ein Manuskript fertig
war, ging er mit Mary, seiner jüngsten
Tochter, in den Garten und las ihr vor.
Wenn er merkte, es gefiel ihr nicht, formu­
lierte er um. Im Arbeitszimmer.
Nicht weit vom Stehpult ein Wandregal,
vollgestopft mit Büchern, mittendrin zwei
Stofftiere, ein Löwe und ein Panda. „Zwei
Jungs aus London haben ihm die ge­
schenkt“, sagt ein Gentleman. „Zum Dank.“
Wofür? „Dass er uns im Zweiten Weltkrieg
gerettet hat.“ Er schüttelt
>
Nebelbuhler: Nicht
weit von der Stelle,
wo der River Dart
ins Meer mündet,
steht das Boathouse
von Greenway. Es ist
Schauplatz der ­düs­teren Mord­ge­schichte
mit Schnitzeljagd,
bei der Hercule Poirot
ermittelt
Weißheit: Rhododendron schmückt Agatha
Christies Anwesen
in Greenway
Wasserwerk:
Im ­Farngarten von
Greenway flüstert der
Brunnen seine dunklen ­Geheimnisse
Dead Man’s Folly
As she spoke the boathouse came into view. It jutted out on to
Während sie sprach, kam das Bootshaus in Sicht. Es ragte über
the river and was a picturesque thatched affair. „That’s where
dem Fluss auf und war ein malerisches, strohgedecktes Ding. „Hier wird
the Body’s going to be“, said Mrs Oliver. „And who is going
die Leiche gefunden werden“, erklärte Mrs Oliver. „Und wer soll
to be killed?“ – „Oh, the wife of a young atomic scientist“,
umgebracht werden?“ – „Oh, die Frau eines jungen Atomwissenschaftlers“,
said Mrs Oliver glibly. Hercule Poirot blinked.
sagte Mrs Oliver schlagfertig. Hercule Poirot blinzelte.
AGATHA CHRISTIE, 1956
å∂åç Reisemagazin 97
98 å∂åç Reisemagazin
Info Gartenkunst
Parkmöglichkeiten. Viele ­ken­nen Gartengestalter wie ­Lancelot
,Capability‘ Brown, doch einige
der schönsten Gärten Süd­englands
schufen Schriftsteller, Maler,
­Künstler, Politiker und Banker
AUS DER REPORTAGE
Monk’s House
Virginia und Leonard Woolf
kauften das Cottage aus dem
17. Jh. als Ferienhaus. Als ihre
Londoner Wohnung im Zwei­
ten Weltkrieg zerbombt wurde,
zogen sie ganz nach East
Sussex. Die Zimmer sind vol­
ler Gemälde, Bücher, Kera­
mik. Die Blumenbeete, Teiche,
Wiesen und Obstbäume
­geben eine Ahnung von Virgi­
nias glücklicheren Tagen.
Rodmell, Lewes (bei Newhaven),
East Sussex, BN7 3HF
Tel. +44 (0)1273 / 47 47 60
Geöffnet Mi.–So. 12.30–17.30
Uhr. Eintritt: Erw. 6,10 £,
Kinder 3,15 £ (C 8)*
www.nationaltrust.org.uk/
monks-house
Bateman’s
Der große Geschichtenerzähler Rudyard Kipling fand
in Bateman’s und seiner
­ur­sprüng­­­­lichen Schönheit ein
Gegenstück zu seiner Heimat
Indien. Der Garten, das Bau­
ernland mit Mühle, Weiden
und Hügeln stecken noch heu­
te voller Zauber und Geschich­
ten. Auch das charaktervolle
Herrenhaus des 17. Jh.s ist
noch so wie zu Kiplings Zeiten.
Burwash (bei Etchingham),
East Sussex, TN19 7DS,
Bateman’s Lane
Tel. +44 (0)1435 / 88 23 02
Geöff. tgl. 10–17 Uhr. Eintritt:
Erw. 11 £, Ki. 5 £ (C 9)
www.nationaltrust.org.uk/
batemans
01
Chartwell
WEITERE GÄRTEN
Es war der Ausblick auf
die Wälder von Kent, der
Charleston
­Winston Churchill veranlasste, Ab 1916 war Charleston Treff­
punkt der Bloomsbury Group.
­Chartwell zu kaufen. Das
staatsmännische Anwesen, die Vanessa Bell, die Schwester
­Rosengärten, Seen und Teiche, Virginia Woolfs, und ihr
die Zedern, Linden, das Spiel­ Freund Duncan Grant malten
cottage Marycot für die jüngs­ das ganze Haus aus. Was an
te Tochter, das Maleratelier,
Platz blieb, füllen u. a. Gemäl­
de und Geschichten vom
Bibliothek und Arbeitszimmer
erzählen von großer Welt- und
­unkonventionellen Leben der
„Bloomsberries“. Der Garten:
Familiengeschichte.
ein Rausch an Blüten und
Westerham (südöstl. von Oxted),
Kent, TN16 1PS, Mapleton Rd.,
Farben – ein Malergarten.
Firle, Lewes, E. Sussex, BN8 Tel. +44 (0)1732 / 86 83 81
Geöffnet tgl. 10–17 Uhr. Eintritt: 6LL­, Tel. +44 (0)1323 / 81 16 26
Erw. 14,80 £, Ki. 7,40 £ (B 8)
Geöffnet Mi.–Sa. 13–18, Aug. u.
Sept. 12–18, So. 13–17.30 Uhr
www.nationaltrust.org.uk/
chartwell
Eintritt Haus und Garten:
Erw. 13,50 £, Kinder 8 £ (C 8)
Greenway
www.charleston.org.uk
Agatha Christies Ferienresi­
Sissinghurst Castle
denz liegt malerisch am River
Dart, der weiter südlich ins
Einer der berühmtesten Gär­
ten Englands ist das Werk von
Meer mündet. Der Garten
Harold Nicolson und seiner
von Greenway ist üppig wie in
den Tropen, 3000 Pflanzen­
Frau, der Schriftstellerin Vita
Sackville-West – Virginia
arten aus aller Welt gedeihen
hier. Im Kameliengarten steht
Woolfs bester Freundin und
noch Agathas Holzsessel im
zeitweiligen Geliebten. Ab
1930 schufen Vita und Harold
Schatten einer alten Korkei­
che. Die weiße, säulenge­
um die alte Burg ein grünes
Meisterwerk, zehn Gartenzim­
schmückte Villa mit Blick auf
Garten und Fluss ist bis zum
mer zwischen ­Eiben­hecken.
Rand gefüllt mit Porzellan,
Glanzstück: der Weiße Garten
mit 150 Blumenarten.
Gemälden, Krimis und archä­
ologischen Fundstücken.
Biddenden Road (bei ­Cran­brook), Kent, TN17 2AB
Galmpton (westl. v. Brixham),
Devon, TQ5 0ES, Greenway Rd.­ Tel. +44 (0)1580 / 71 07 00
Tel. +44 (0)1323 / 81 16 26
Geöffnet tgl.11–17.30 Uhr
­Eintritt: Erw. 13,30 £,
­Geöff. tgl. 10.30–17 Uhr. Eintr.:
Erw. 11,40 £, Ki. 5,65 £ (D 4)
Ki. 6,45 £ (C 9)
www.nationaltrust.org.uk/
www.nationaltrust.org.uk/
sissinghurst-castle-garden
greenway
* Die Koordinaten beziehen sich auf die Übersichtskarte Seite 140
02
03
01Platzwart: Auf dem Gartenstuhl in Chartwell saß Churchill und fütterte Goldfische
02Heckenschützer: Hauptgärtner Troy Scott
Smith im Garten von Sissinghurst Castle
03Schnittmuster: Den romantischen Hidcote
Manor Garden schuf Lawrence Johnston
04Spiegelbild: Steinbrücke und Pantheon am
See im Landschaftsgarten Stourhead
05Haushaltswaren: In der Villa von Greenway
finden sich Porzellan, Gemälde und Krimis
Fotos: Peter Guenzel (2), Ddp Images / Clara Molden, National Trust Images / Nick Daly,
National Trust Images / Arnhel de Serra
fassungslos den Kopf. Draußen, am Lower
Lake, hält Tim Ausschau nach den schwar­
zen Schwänen. Die Insel da, die hat Chur­
chill 1935 angelegt. Ein Schlamassel, doch
als sie fertig war, fand er sie „truly plea­
sing“. Tim packt die Gartenschere. „Er war
ein liebenswerter Mensch, stark, entschlos­
sen, ein bisschen verrückt manchmal, aber
das muss man sein“, sagt er und geht.
Bleiches Licht liegt auf dem River Dart,
im Wasser treibt die Sonne, grell wie
­gehämmertes Silber. Ab und zu ein Wind­
stoß, die Bäume seufzen leise. Auf einer
­Bastion mit zwei Kanonen liegen schwar­
ze Schatten. Der Garten von Greenway
wartet auf die Nacht. Als Agath­a Christie
den Landsitz 1938 erwarb, waren ihre
­Krimis schon weltberühmt. Nach Green­
way kam sie, um Urlaub zu machen mit
ihrem zweiten Mann, dem Archäologen
Max Mallowan.
Die beiden pflanzten Dahlien, Magno­
lien und Bäume. Agathas Tochter Rosalind
kam zu Besuch. Und eines Tages auch Her­
cule Poirot, denn Agatha hatte Morde ge­
plant, in Greenway. Im Krimi „Dead Man’s
Folly“ spielen die unheilvollsten Szenen im
Garten, am Fluss: „Ein kurzer, steiler Weg
führte zur Tür des Bootshauses, das in den
Fluss ragte, mit einem kleinen Kai und un­
ten einem Lagerraum für Boote. ‚Wir kom­
men nur, um dich aufzuheitern, Marlene‘,
sagte Mrs Oliver beim Eintreten. Poirot
runzelte die Stirn. Sehr sachte schob er
Mrs Oliver beiseite und beugte sich über
das Mädchen am Boden.“
Unten im Bauch des Bootshauses tönt
fröhliches Gebell, dann ein Klatschen.
Gärtner Simon Akeroyd, 43, tätschelt sei­
nem Kanu die Flanken. „Manchmal ma­
chen wir drei einen Ausflug.“ Während er
die Tür abschließt, flitzen die beiden
Hunde den Pfad bergan durch den Wald.
Oben im Küchengarten plustert eine Blu­
me ihre violetten Hütchen. „Die giftigste
Pflanze der Welt“, sagt Simon vergnügt:
„Eisenhut.“ Die Hunde kläffen. Im Mor­
genzimmer von Greenway das Porträt
eines vierjährigen Mädchens im Sonntags­
kleid. Müde, überdrüssig hängt klein
­Agatha im Sessel. Ein Porträtmaler wird
im Krimi „Five Little Pigs“ ermordet. Ver­
giftet. Mit Bier. Auf der Bastion unten am
Fluss. Der Maler ähnelt Agathas erstem
Mann Archie. Der hatte sie 1926 verlassen,
wegen einer anderen Frau.
.
04
05
Great Dixter
Christopher Lloyd schrieb
viele Gartenbücher und
­gestaltete den Garten seines
Hauses Great Dixter mit
Pflanzen, die nicht nur Bota­
niker begeistern. Berühmt
sind der Obstgarten, die Wild­
blumenwiesen, die Form­
schnitthecken und die lange
Rabatte mit raffinierten Pflan­
zenkombinationen.
Northiam, Rye, East Sussex,
TN31 6PH
Tel. +44 (0)1797 / 25 28 78
Geöffnet Di.–So. 11–17 Uhr
Eintritt: Erwachsene 11,55 £,
Kinder 1,65 £ (C 9)
www.greatdixter.co.uk
Hidcote Manor Garden
Stimmungsvolle Garten­
zimmer, große Sichtachsen,
rote Staudenbeete, originell
geschnittene Hecken: Der
Gartenkünstler Lawrence
Johnston schuf in Hidcote ein
Gartenzauberwerk, das stil­
bildend wirkte. Das Ganze ist
eingebettet in eine friedliche
­Naturlandschaft am Fern­
wanderweg Monarch’s Way.
Hidcote Bartrim (bei Broadway),
Gloucestershire, GL55 6LR
Tel. +44 (0)1386 / 43 83 33
Geöffnet tgl.10–18 Uhr
Eintritt: Erw. 12 £, Kinder 6 £
(A 6) www.nationaltrust.org.uk/
hidcote
Borde Hill Garden
Garten und Park von Borde
Hill bieten schöne Ausblicke
auf die Wälder von Sussex –
und in Nahsicht malerische
Gartenzimmer voller Rhodo­
dendren, Azaleen, Rosen,
­Magnolien und 82 Champion
Trees, alte Baumriesen.
Borde Hill House entstand
1598 im Tudorstil.
Haywards Heath,West Sussex,
RH16 1XP, Borde Hill Lane
Tel. +44 (0)1444 / 45 03 26 ­
Geöff. März–Okt. tgl.10 bis
18 Uhr. Eintritt: Erw. 9 £, ­
Kinder 6 £ (C 8)
www.bordehill.co.uk
Stourhead
Seit dem 18. Jh. gilt Stour­
head als grünes Kunstwerk
höchsten Ranges. Der
­Landschaftsgarten mit See,
Hügeln, klassischen Tempeln,
Grotten, seltenen Bäumen
und ­Rho­dodendren in allen
Farbnuancen war Residenz
des Bankiers und Hobby­
gärtners Henry Hoare II. Sein
Herrenhaus im Stil der ita­
lienischen ­Renaissance folgte
Palladios Prinzipien.
Nordöstl. v. Templecombe,
Wiltshire, BA12 6QF
Tel. +44 (0)1747 / 84 11 52
Geöffnet tgl. 9–18 Uhr. Eintritt:
Erw. 15,60 £, Ki. 7,90 £ (C 5/6)
www.nationaltrust.org.uk/
stourhead
Blenheim Palace
Das Schloss von Blenheim
wurde anlässlich des Sieges
über die Franzosen im Spa­
nischen Erbfolgekrieg erbaut.
Es war ein Geschenk an den
1. Duke of Marlborough, John
Churchill, der am 13. August
1704 die Schlacht von Blen­
heim angeführt hatte.
John war das große Vorbild
Winston Churchills, der in
Blenheim aufwuchs und spä­
ter in Chartwell eine Biografie
über seinen Vorfahren schrieb.
­Berühmt ist Blenheim auch
für das Meisterwerk des Lan­
celot ,Capability‘ Brown: Der
ma­jes­tätische Landschafts­
park ­umfasst formale Gärten,
Rasenflächen, Wasserterrassen,
Wasserfälle, Seelandschaften
und ein Schmetterlingshaus.
Woodstock, Oxfordshire, OX20
1PP­, Tel. +44 (0)1993 / 81 05 30
Geöff. tgl. 10–17.30 Uhr. Eintritt: Erw. 14,90 £, Ki. 6,90 £
(A 7) www.blenheimpalace.com
Goodnestone Park Gardens
Sir Brook Bridges ließ den
Landsitz Goodnestone 1704
errichten. Zum Palast im Stil
Palladios gehören ein Garten
und ein Landschaftspark.
Eine der Brook Bridges, Eliza­
beth, heiratete Edward Austen, den Bruder der Schrift­
stellerin Jane Austen. Diese
verewigte Goodnestone 1796
in ihrem Roman „Pride
and Prejudice“. Auf dem Ser-­
pen­tine Walk kann man auf
Jane Austens Spuren wandeln.
Goodnestone Park Gardens
(südöstl. von Canterbury),
Kent, CT3 1PL
Tel. +44 (0)1304 / 84 01 07
Geöff. Mai–Aug. Mi.–Fr. 11–17,
So. 12–17, April u. Sept.
So. 11–16 Uhr. Eintritt: Erw. 7 £,
Kinder 2 £ (B 10)
www.goodnestoneparkgardens.
co.uk
.
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