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8. Jahrgang Nr. 6/2003 Das ist Anne EVP: 1 Euro Die Andere Unabhängige Bürgerzeitung für Marzahn-Hellersdorf Sie war drei Wochen Praktikantin bei jot w.d.; mehr über sie auf Seite 3 und von ihr in dieser Ausgabe. Bald „Jagd“ auf Enten über’m Kaulsdorfer See? Inhalt Als hierzulande noch niemand die Beatles kannte, waren sie schon Stars. Mittlerweile haben die „Sputniks“ sogar Eingang ins Rekordbuch gefunden. jot w.d. besuchte einen der Mitbegründer. Legende. 4 Rübermachen Unsere Wuhle: Bewohner des Sanierungsgebietes Marzahn Nord haben keine Lust mehr, sich vom Senat verschaukeln zu lassen. Sie wollen nach Brandenburg „abhauen“. jot w.d. weiß aber auch, dass sie, sollte dieses Unterfangen gelingen, bald wieder eingesackt werden würden. Schade. Verloren? S. 10 Unsere Platte: 7 Abwehren Das wollen sich die Menschen rund um den Elsensee nicht bieten lassen, dass dort eine Wasserski-Anlage gebaut wird. Sie befürchten Lärm, Dreck und zugeparkte Wege. jot w.d. erlebte eine hitzige Debatte um die mögliche „Ausnahmegenehmigung unter Berücksichtigung der Belange des Gemeinwohls“. Wer sind die Gemeinen? Gesprengt? S. 4/5 Unsere Kinder: Vergessen? S. 8 10 Austrocknen Unser Krankenhaus: 12 Vergammeln Wer streift nicht alles durchs langsam staubig werdende Wuhletal: Spaziergänger, Jogger, Hundebesitzer. Und immer mehr Politiker auf der Suche nach blühenden Landschaften. jot w.d. lässt mehrere Stimmen zu Wort kommen. Auch mit trokkener Kehle. Ein ganz kleines „Auferstanden“ von Seite 6 kann nicht darüber hinwegtäuschen: Es wachsen und mehren sich die Ruinen im Bezirk. jot w.d. startet eine Serie über die neuen Schandflecken. Neue Chance? S.11 Liebe Leser, ein Freibad an traditionellem Ort schließt in der Hochsaison seine Pforten, ein anderes (mit Trendsport) soll an einem Ort gebaut werden, der eigentlich nicht dafür geeignet scheint. Beliebte Jugendklubs werden geschlossen, weil dem Bezirk sogar das Geld für die Betriebskosten fehlt, doch gleich nebenan werden zwei neue gebaut (für die dann sogar Miete und Betriebskosten gezahlt werden müssen). Den lange geplanten Krankenhaus-Neubau streicht der Senat über Nacht, obwohl er mit privaten Mitteln gebaut werden könnte. Die Verordneten der BVV 1-16.p65 3 Dauerrocken 16 lehnen mehrheitlich den Spar-Haushaltsplan des Bürgermeisters ab und werfen ihm gleichzeitig ungenügenden Sparwillen vor. Intakte Wohnungen sollen abgerissen werden, aber marode leere Kitas und andere Bauruinen bleiben stehen. Der Senat will Geld für den Abriss der Platte lockermachen, nicht aber für deren Sanierung. Haben die „Landesfürsten“ den 12. Bezirk „janz weit draußen“ etwa schon abgeschrieben? jot w. d. versucht auch in dieser Ausgabe – gemeinsam mit engagierten Bürgern – Fragen zu stellen und Anregungen zu geben. Nehmen Sie sich ruhig etwas Zeit zur Lektüre. Und reden Sie mit. Ihr jot w. d.-Team 03.08.2003, 11:16 13 Abstürzen Als wäre das Geldloch nicht schon groß genug, droht dem Bezirk ein weiteres Ungemach: jot w.d. erfuhr, dass geplante und versprochene Straßen, Schulen und Einrichtungen in Biesdorf Süd nicht gebaut werden und Anwohner sich mit Halbfertigem begnügen müssen. 2 Schuld und Sühne Woher die Schulden des Bezirkes kommen Wer ist denn nun daran Schuld, dass der einzige Bezirk Berlins, der mit Antritt der SPD-PDSRegierung unter Zwangsverwaltung (im hauhaltsdeutsch: „vorläufige Haushaltswirtschaft“) steht? Die Vorwürfe zwischen den politischen Parteien im Bezirk gehen dabei hin und her. Mag die Strategie der Mehrheits-Partei PDS, mittels einer besonderen Förderung der Kinder- und Jugendlichen, angesichts fehlender Mittel gescheitert sein, wie deren Kritiker behaupten. Echte Sparvorschläge sind von der selbst ernannten „Opposition“ aus SPD und CDU jedoch auch nicht zu hören. Neben der politischen Verantwortung – auch des Bezirksbürgermeisters – für die katastrophale Haushaltslage wird zunehmend ausgeblendet, dass die Große Berliner Koalition und deren rosa-rote Erben im Umgang mit den Bezirken den Ton mittels Kürzungen und unsachgemäßen Sparvorgaben eher verschärft haben. So sieht die Verschuldungsbilanz 2002 des Bezirkes Marzahn-Hellersdorf aus: Nicht abgebaute Schulden aus 2000: 6 Mio, Überziehung Pflichtausgaben Soziales/Jugend: - 19 Mio, Überziehung Personal: -1 Mio, Überziehung steuerbarer Ausgaben Schulen, Kitas: - 12 Mio, Unzureichende Einnahmen aus Kitas u.a.: -3 Mio, Gutschrift aus nicht getätigten Investionen: + 7 Mio. Macht zusammen 28 Millionen Euro. Rechnet man die Schulden des Jah- Termine: Über sein neues Buch „Intellektuelle im Krisenjahr 1953“ spricht Historiker Siegfried Prokop am 12. Juni, 18 Uhr, in der Peter-Weiss-Bibliothek, Tangermünder Straße 90. Ein öffentliches gesundheitspolitisches Forum am 17. Juni, 14 Uhr, im Restaurant „Mittelpunkt der Erde“ (Mahlsdorfer Straße) widmet sich der Zukunft der solidarischen Finanzierung im Gesundheitswesen. Um „Widerstand in 40 Jahren DDR“ geht es am 19. Juni, 13 Uhr, im AudiMax der AliceSalomon-Fachhochschule. Zur planungsrechtlichen Sicherung von Kleingartenanlagen informieren am 18. Juni im Rathaus am Alice-Salomon-Platz Bezirksstadtrat Heinrich Niemann sowie die Vorsitzenden der Kleingartenanlagen. Nach dem großen Zuspruch auf Grund des jot w.d.-Artikels (30 neue Mitglieder) sucht der SV Motor Ost nun weitere Wanderfreunde, um die nunmehr zwei Gruppen aufzustocken. Info Tel. 56 37 904. res 2000 noch hinzu, beträgt das Defizit 34 Mio. Damit ist der Bezirk voll „im Trend“, da das Land Berlin ebenfalls über eine solche Schieflage aus Einnahmen und Ausgaben verfügt. Der Bezirk kann im Gegensatz zum Land keine Defizite in dieser Höhe ausgleichen. Seine „Schulden“ werden ihm nicht abgenommen. Eine Nettoneu- verschuldung mittels Kreditaufnahme ist ihm nicht gegeben. Dem Bezirk war und ist auch heute nur erlaubt, das äußerst Notwendige zu tun. Die Chance, Steuergelder zum Fenster hinaus zu schmeißen, ist dem Bezirk also seit dem 1.1.2002 nicht gegeben. Wo also liegt der Hase im Pfeffer? Bezirksamt und BVV haben 2002 freie Träger mit 2 Mio Euro mehr gefördert als der Senat gestattet hat. Diese „Überförderung“ trug mit nicht einmal 6 Prozent zur Überschuldung des Bezirkes bei. Tatsächlich sind die steigenden sozia- len Kosten von Arbeitslosigkeit und komplizierter werdenden Familienverhältnissen mit 19 Mio (das ist mehr als die Hälfte der Verschuldung) die Hauptlast kommunaler Verschuldung. Immer wieder im Fokus sind die angeblich steuerbaren Ausgaben, die mit 13 Mio Euro ein Drittel zur Verschuldung im Jahre 2002 beitrugen. Doch ist die Verschuldung in diesem Bereich wirklich steuerbar? Betriebskosten für Schulen und Kitas, Unterhalt der Straßen, Wachschutz, Reinigung usw. – steuerbar? Wo ist noch etwas rauszuholen? Was ist immer noch zu viel? Die Schuldenlast, die alleine durch die notwendige, aber dennoch sehr bescheidene Unterhaltung unserer Schulen entstanden ist, beträgt fast 6 Mio Euro, knapp die Hälfte des Mankos aus „steuerbaren“ Ausgaben. Selbst hart gesottene Finanzer des Landes Berlin glauben nicht mehr an gewaltige Sparbeträge in diesem Bereich. Sollen die gesetzlichen Leistungen der Sozialhilfe, der Eingliederungshilfe für Behinderte oder Maßnahmen der Erziehungshilfe für Kinder- und Jugendliche zum neuen Konsolidierungsschlachtfeld werden? Vieles deutet darauf hin. Die Substanz des Sozialstaates beginnt zu bröckeln. Höchste Zeit, über Verschuldung und Möglichkeiten, ihr zu entkommen, offen zu diskutieren – ohne die kommunale Daseinsfürsorge aufzugeben. Uwe Klett Bezirksbürgermeister Zeitdruck Bis 1. Juli muss Jugendhilfeausschuss Schließungen absegnen Marzahn-Hellersdorf – Nun stehen nur noch 469 000 Euro für die Schulen, Kitas und Jugendzentren zur Verfügung. Eigentlich hätte Marzahn-Hellersdorf auch mehr zur Verfügung. Eine genaue Zahl kann man hier nicht nennen, doch die besteht, soweit man weiß, aus Millionen. Aber diese sind gesperrt, da unser Bezirk zu viele Schulden hat. Erst wenn diese Schulden abgebaut sind, kann man wieder mit einem größeren Betrag für die Jugendhilfe rechnen. Jetzt stehen erstmal nur 469 000 Euro zur Verfügung. Wie nutzt man nun am besten dieses wenige Geld? Diese Frage stellten sich auch die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses. In einer Sitzung diskutierten sie darüber, wie man die leer stehenden Kinderund Jugendeinrichtungen verwalten könnte. Schon alleine das Datum „1.7.2003“ löste bei den meisten Mitgliedern ziemlichen Trubel aus. Denn bis zu diesem Tag soll der Ausschuss die Gebäude entweder an freie Träger übergeben haben oder schließen. Wichtig ist nämlich für den Ausschuss, dass nur die Einrichtungen erhalten werden, die auch dringend notwendig sind. Außerdem gibt es da noch ein Problem. Die Kitas haben ja bekanntlich zwei Etagen (ohne Erdgeschoss). Doch die obere kann nicht mit benutzt werden, weil man dazu (wiedermal) einen Antrag stellen muss. Für die Träger ist das viel zu teuer, also lassen sie es bleiben mit dem Antrag. So gehört die zweite Etage also dem Bezirksamt. Das muss nun die Hälfte des Gebäudes bezahlen. „Schwachsinn“ denken jetzt einige. So ist es auch. Kein Wunder, dass MarzahnHellersdorf in Schulden versinkt. Die 55. und 56. Kita sollen bis zum 1. August an freie Träger übergeben werden. Schafft man das in so kurzer Zeit? Die Chancen stehen schlecht. In knapp zwei Monaten ist Termin. Nun steht Zeitdruck auf der Tagesordnung. Diesen kann man nur schwer abarbeiten. Anne Platsch Aktuell Kommentar zum Zeitgeschehen Man könnt’ schon sparen, wenn man wollt’ Ein neuer Jugendklub, wo ein fast neuer keine 300 Meter weit weg ist. Festhalten an Grundstücken (für geplante, aber unbezahlbare, gleichwohl notwendige Sportplätze) mit Jahreskosten von fast 150 000 Euro. Hyperteure Anmietungen, wo in der Nähe öffentliche Gebäude abgerissen werden. Verzögern der Überleitung von Kitas in freie Trägerschaft. Versenkte Millionen für einen unrealistischen Schulneubau. Und dann klagen, man hätte zu wenig Geld. Und dann selbst die geringsten Einsparmaßnahmen blockieren, boycottieren. Ist das die realistische Finanzpolitik in Marzahn-Hellersdorf? Sicher sind die „Einsparsummen“ gering im Vergleich zu den überbordenden Kosten des sozialen Lebens. Aber wäre es nicht an der Zeit, die Vorstellungen vom „nie versiegenden Füllhorn Staat“ auf den Prüfstand zu stellen? Kritik, harsche Kritik an den Geldversenkern des Senates ist durchaus angebracht. Man darf sich auf der „untersten Ebene“ auch nicht alles bieten lassen. Doch aus dem Schneider kommt nur, wer seine Trümpfe auch ausspielt. Daran fehlt es den Politikern aller Parteien im Wuhlebezirk. Wer’s nicht glaubt, überzeuge sich in BVV und ihren Ausschüssen. Ralf Nachtmann Was hat die „Säuberungsaktion“ der Ameri... äh, Koalition der Willigen bewirkt? Immerhin wurden alle irakischen Massenvernichtungswaffen zerstört. Dass deren Zahl sich bis dato auf Null beläuft, haben die westlichen Medien kurz registriert – mehr nicht. Was hat dieser Krieg der Allianz des blinden Aktionismus‘ denn nun wirklich gebracht? Mehr Hass. Massive Bombenanschläge in Saudi Arabien, Kenia und Marokko. In Israel sowieso. Den Kampf gegen den internationalen Terrorismus als Kampf gegen „Schurkenstaaten“ zu begreifen, war und ist ein Denkfehler, denn kein Staat unterstützt Terrorismus. Es sind Einzelpersonen: Der Präsident, König, Scheich oder Emir schustert seinem Schwager einen Millionenauftrag zu. Dieser Schwager unter- stützt mit seinen Gewinnen die islamische Gesellschaft eines entfernten Cousins seines Neffen (steuerlich absetzbar), die Koranlesungen abhält, zwei Schulen und einen Brunnen baut, deren extremistischer Flügel jedoch Verbindungen zu einer Gruppe unterhält, die einer Zelle von Al Queda nahe steht, welche wiederum mal eben 100000 Dollar für Waffen und Sprengstoffe benötigt. Das sind nur drei Tassen Tee von der gemeinnützigen Spende bis zum Anschlag. Dieserart Ketten lassen sich nur durch kluge deeskalative Außen- und Entwicklungshilfepolitik sprengen, nicht durch Militärgewalt. Wasser statt Waffen, Nahrung statt Negierung, Bildung statt Bush, Toleranz statt Arroganz. Es sieht also schlecht aus ... Alpha O‘Droma Früchte des Zorns IMPRESSUM jot. w. d. Die Andere Bürgerzeitung für Marzahn-Hellersdorf Herausgeber: Verein zur Unterstützung öffentlicher Diskussion am nordöstlichen Stadtrand e. V. Anerkannt gemeinnützige Körperschaft Müllerstraße 45, 12623 Berlin Telefon: 567 83 41, 56 58 70 99, Fax: 566 72 58, 56 58 71 25, E-Mail: [email protected], [email protected] Redaktion: Ingeborg Dittmann (V.i.S.d.P.), Ulrich Clauder, Ellen Deubler, Ralf Nachtmann Autoren dieser Ausgabe: A. Gaedecke, T. Preußing Druck: Tribüne Druck-GmbH Anzeigenleitung: Ralf Nachtmann, Tel. 0179-6987186 Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 7 vom 20. April 2003 Erscheinungsweise: monatlich Verkaufspreis 1 Euro, Abo-Preis: 1 Euro, Rechtsanspruch auf Belieferung haben nur Abonnenten Nächste Ausgabe: Dienstag, 1. Juli 2003 Nächste öffentliche Redaktionssitzung: Freitag, 13. Juni, 20 Uhr, Redaktionssitz, Müllerstraße 45, Mahlsdorf-Süd Redaktionsschluss: 24. Juni 2003, Anzeigenschluss: 26. Juni 2003 Die Redaktion behält sich das Bearbeiten von Beiträgen vor. Keine Haftung für eingesandte Beiträge und Fotos. Namentlich gezeichnete Beiträge stimmen nicht in jedem Falle mit der Meinung der Redaktion überein. Vereins- und Spendenkonto: Deutsche Bank, BLZ 100 700 00, Kontonummer 49 66 222 jot w.d. entsteht in gemeinnütziger, ehrenamtlicher Arbeit als Bürgerzeitung für Biesdorf, Hellersdorf, Kaulsdorf, Mahlsdorf und Marzahn. Redakteure und Mitarbeiter erhalten dafür kein Entgelt. Die Redaktion freut sich über Ihre Spenden für die Herausgabe dieser Zeitung genauso wie über Ihre Kritiken, Anregungen, Informationen, Briefe, Artikel, Fotos... Leute „Wir waren schon vor den Beatles da“ 3 Vor 40 Jahren entstanden die „Sputniks“ als erste Beatgruppe der DDR Mahlsdorf – Wenn die „Sputniks“ im Biergarten spielen, weiß Holger Böhme, der Chef vom Gasthaus St. Hubertus am Hultschiner Damm 1-5, Ecke Kohlisstraße: Es gibt viel zu tun. 40 Jahre nach ihrer Gründung im Jahr 1963 ziehen die Mannen um Henry „Cott’n“ Kotowski noch immer Jung und Alt mit ihrer handgemachten Gitarrenmusik an. So auch zum Open-Air-Konzert am 29. Mai auf diesem besonders schönen Fleckchen von Mahlsdorf. „Eigentlich schlug die Geburtsstunde der Band ja schon 1962“, erzählt Cott’n, der damals Mitbegründer der „Telstars“ war. Doch als AMIGA im Jahr darauf im legendären Twist-Keller in Treptow Titel für zwei Singles mitschnitt, wurde den Jungs nahe gelegt, sich doch besser nach der „östlichen“ Variante der Weltraumsatelliten zu benennen: Sputniks. „Mit diesem Kompromiss konnten wir gut leben“, erinnert sich der heute 58-jährige, in Mahlsdorf lebende Bandchef . Mit anderen – der staatlichen Einmischung in musikalische Angelegenheiten, Habitus oder Überwachungen der Konzerte – nicht. So löste Kotowski seine Die Sputniks in der Urbesetzung der 60er Jahre und heute (beim Konzert am 29. Mai in Mahlsdorf). Der Fotograf von letzterem Foto, Peter Thoms, leitet übrigens den Sputnik-Fan-Club, in dem weitere Mitglieder willkommen sind. Den Club gibt’s seit Mitte der 90-er, die Mitgliedschaft ist kostenlos. Und wer mal ein ausgesuchtes Foto der Sputniks haben möchte – Thoms’ Archiv ist schon ziemlich umfangreich. Schauen Sie doch mal rein unter: www. sputniks-kotowski.de oder: www.sputniks.bei.t-online.de. Fotos: Thoms, Archiv Band bereits 1966 auf, ein Jahr, nachdem Ulbricht auf dem 11. ZK-Plenum seine Genossen beschwor, mit dem „Yeah, Yeah, Yeah und wie das alles heißt“ Schluss zu machen. Cott’n spielte fortan u. a. in der Klaus Lenz Bigband, im GerdMichaelis-Chor, bei Modern Soul, der Schikora-Band und gründete mit Peter Paulick das Duo „Cott’n & Co“. Nach „zehn Jahre Westen“ zog es den Drummer, Gitarristen, Sänger und Komponisten an seine Wurzeln zurück. Nicht nur rein geografisch, sondern vor allem musikalisch. 1996 meldeten sich die „Sputniks“ zurück. Seither touren die vier in der Besetzung Henry Kotowski (Gesang, Gitarre), Dieter Kopf (Gitarre), Harald Waldherr (Schlagzeug, Gesang) und Axel Gröseling (Bassgitarre, Gesang) wieder mit großem Erfolg durch die Lande. Zu den Fans aus alten Zeiten sind neue dazu gekommen. „Mehr noch als hier kennt man uns inzwischen in England, Holland oder Schweden“, sagt Cott’n. „Unsere Ende vergangenen Jahres erschienene CD – Sputniks Big Beat - Surf, Twang & Rock’n Roll – erhielt dort herausragende Kritiken in Fachblättern.“ Wer allerdings die legendären Sputnik-Songs von damals wie den Gitarren Twist, Shazam, Nordlicht oder Etage 8 hören will, der sollte sich auch mal zu einem Live-Act der Band auf den Weg machen. Seit die vier im März diesen Jahres bei den „Stars of the 60th“ im Londoner Palladium dabei waren, will Cott’n die Show unbedingt im Herbst nach Berlin holen. „In den Friedrichstadtpalast oder einen anderen großen Veranstaltungsort“, hofft er. Ingeborg Dittmann Aktuelle CD zu gewinnen jot w. d. verlost die aktuelle CD „Sputniks Big Beat“, wenn Sie unsere Preis-Frage beantworten: Wie hieß der Auftrittsort, an dem die Sputniks 1963 bekannt wurden? Schreiben Sie an: jot w. d., Müllerstr. 45, 12623 Berlin. Einsendeschluss: 17. Juni 2003. Zwischen Text und Bild das Chaos beherrschen Anne Platsch (15) aus Hellersdorf war drei Wochen als Praktikantin in der Redaktion von jot w.d. Herbst 2002: Ein Brief erreicht die jot w.d.-Redaktion. Darin fragt ein Mädchen der 9. Klasse der Erich-Maria-RemarqueSchule an, ob es im Mai 2003 sein Schülerpraktikum bei der Zeitung absolvieren könne. Es war Anne Platsch. Ich staunte ein wenig und war mir nicht sicher, ob das funktionieren würde. Aber ich lud Anne zu einem ersten Gespräch ein, erklärte ihr, wie die Redaktion arbeitet – nämlich ehrenamtlich, in der Freizeit, zu Hause. Doch das schreckte „die Kleine“ nicht. Nur Mut. Im Mai also kam sie. Munter, immer guter Laune. Die ließ sich Anne auch nicht verderben, wenn es hier wieder mal etwas chaotischer zuging. Denn die Zeitungsarbeit hat nichts mit „Schönschreiberei“ zu tun. Da lag ein Stapel unerledigter Archivarbeiten, da funktionierte plötzlich der Computer nicht mehr richtig, da musste kurzfristig ein Termin wahrgenommen werden. Selbstorganisation als größte Herausforderung für eine Schülerin, die sonst einen geregelten Tagesablauf kennt. Da kann auch mal was daneben gehen, zumal bei uns in Mahlsdorf Süd nicht alle fünf Minuten Bus oder Straßenbahn fahren. Die Redaktionsarbeit ist zuweilen auch recht trocken. Wenn man Meldungen, die per Fax einlaufen, nicht nur abschreiben, sondern auch in ein verständliches Deutsch „übersetzen“ muss. Wenn man den passenden Ansprechpartner in Ämtern und Behörden nicht gleich findet. Und Spaß macht auch nicht alles. Langweilige Sitzungen von Politikern, etwa in der BVV, die man nach einer Weile nicht mehr versteht, weil sie „Fach-Chinesisch“ herum debattieren. Das sollte denen auch mal zu denken geben. Und dann die Enttäuschung, wenn man mit „Herzblut“ einen Artikel geschrieben hat, der dann doch nicht in die Zeitung kommt. Manches hat Anne in den drei Wochen gelernt. Auch, dass eine ehrenamtliche Redaktion nicht mit den großen Verlagen zu vergleichen ist. Dass Zeitungsarbeit ein 24-Stunden-Job ist. Dass Engagement und Zuverlässigkeit, Mut und steter Zweifel an Gesagtem und Geschriebenem Voraussetzung sind. In dieser und in der kommenden Ausgabe finden Leser eine Reihe von Texten, die Anne für jot w.d. geschrieben hat. Wer es auch einmal versuchen möchte, kann sich bei uns melden. Ralf Nachtmann Aus Annes Tagebuch Der erste Tag war garnicht schlecht. Ich kriegte einige Termine und erfuhr, was ich alles in den drei Wochen so erleben werde. Das wird sicher alles sehr interessant und ich werde mich bemühen, so gut wie möglich darüber zu berichten. Ich archivierte Zeitungen, was mir richtig Spass machte. So erfuhr ich mehr über die Zeitung und über das, was sie so schrieb. Ein paar Artikel faszinierten mich richtig. Meine erste BVV-Sitzung: Ich erlebte hautnah, wie die Politker sich zum Thema „Haushalt“ unterhielten. Sonderlich beeindruckt war ich hinterher aber nicht. Interview mit Alfhild Böhringer: Sie war sehr nett und wir unterhielten uns eine halbe Stunde richtig gut. Viel Schreibtischarbeit hatte Anne während ihres Praktikums zu bewältigen. Dazu gehörte auch ein Blick in den Landespressedienst. Die 15-jährige Schülerin merkte auch: Die Klischees vom Reporter, wie sie manche Filme zeigen, stimmen nicht. Foto: RN Wieder einmal BVV-Sitzung: War aber nicht so spannend. Ab und zu hörte ich einfach nicht mehr hin. Manches verstand ich so oder so nicht. Mein letzter Tag als Praktikantin bei jot w. d. Mir hatte die Arbeit richtig Spaß gemacht. 4 Stadtumbau Schnauze voll von Strieder & Co. Marzahner wollen Brandenburger werden Bitte um Angliederung von Marzahn Nord an Ahrensfelde – Eingemeindungspläne Berlins außer Acht gelassen Marzahn Nord – Wie verzweifelt müssen die Bewohner des Abrissgebietes sein, wenn sie ihre „Heimat“ einer „fremden Macht“ anvertrauen wollen? So geschehen, als der Bewohnerbeirat in einem Brief den Amtsleiter des Amtes Blumberg, Bernhard Wollermann, um Aufnahme ins Brandenburgische bat. Marzahn Nord wolle künftig Ahrensfelde Süd sein. „Das war durchaus kein Gag“, versichern Petra Oelsner und Torsten Preußing, die Sprecher des Beirates. Sie fühlen sich und ihr Quartier von Berlin (und besonders von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder) verraten, schimpfen über eine „entsolidarisierte Hauptstadt“ und suchen die „Obhut einer den Menschen zugewandten dörflichen Gemeinschaft“. Dass sich Ländlichkeit und Plattenbauten vertragen können, zeigt die Geschichte so mancher Gemeinde in der Ex-DDR. Allerdings wäre auch dann der nötige Umbau der Siedlung zwingend. Der Abgeordnete aus Marzahn Nord Wolfgang Brauer nannte den Vorstoß des Bewohnerbeirats auf dessen Sitzung am 27. Mai eine „äußerst unkonventionelle Idee“, mit der er sich solidarisiere. „Die Fusion mit Ahrensfelde unter den Fittichen des märkischen Adlers ist der grobe Keil, der auf den groben Klotz der Striederschen Ignoranz gehört“, fand Brauer markige Worte in Richtung Senator. Thies-Martin Brandt, Chef der Degewo, die verzweifelt ihre Mit der Sezession von Marzahn Nord könnte eine Bewegung ausgelöst werden, an deren Ende sich die Damen und Herren Politiker aus Bundes- und Landesregierung die „Neue Mitte Berlins“ als Rest teilen können. Wowereit agiert dann als Markgraf in „Berlin/Cölln“, die Bezirksfürsten hingegen könnten ihren Traum von rechtlich selbständigen Gemeinden verwirklichen. Zeichnung: uc Als raunten die indischen Affen Schweigen im BVV-Bauausschuss Manch einer kann das Thema schon nicht mehr hören: Stadtumbau Ost. Und doch wird darüber geredet, muss darüber geredet werden, wie jüngst im Bauausschuss der BVV. Allerdings zum Teil mit betretener Miene. Namentlich an der Stelle, als Stadtrat Dr. Heinrich Niemann recht missmutig berichtete, dass er aus der zuständigen Senatsverwaltung noch immer keine Antwort erhalten habe. Mit anderen Worten: Senator Peter Strieder sitzt weiter auf dem Geld für 501 geplante Reko-Wohnungen in Marzahn Nord und bietet die traurig-groteske Kopie der berühmten indischen Stammesgenossen auf den Bäumen: „Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen!“ Abgeordnete wie Gäste vom Bewohnerbeirat Marzahn NordWest und der dortigen Mieterinitiative kamen sich 4-5-rot.p65 4 Schwarz auch ziemlich belämmert vor. Wer soll auch eine offenkundige Funkstörung zwischen den direkt zuständigen Verantwortungsträgern in Senat und Bezirk und Repräsentanten der Regierungsparteien verstehen? Gerade jetzt müssten sie nicht nur einen direkten, sondern sogar einen heißen Draht zueinander haben. Statt dessen sieht sich der Bezirksdezernent gezwungen, wie ein Kaffeesatzdeuter in Zitatfragmenten eines Zeitungsartikels zu stochern. Immerhin hatte eine Berliner Zeitung Strieders Staatssekretärin namhaft gemacht, die gesagt haben soll, das fragliche Geld gebe es erst, wenn weitere Abrisspotenziale benannt seien. Also noch mehr Platten im Plattenbezirk platt machen! Man kann das auch Erpressung nennen. T. Preußing Wenig später sprach Strieder dann doch, siehe rechts. Umbaupläne bei Strieder durchzubringen versucht, bot den Mietern sogar an, „bei Bedarf auch einen Kontakt zum brandenburgischen Bauminister“ anzubahnen. Bezirksstadtrat Heinrich Niemann allerdings will „weiterhin unerschütterlich um eine zufriedenstellende Lösung für Berlin kämpfen“. Mittlerweile ließ Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm ausrichten, er halte „einen für den Anschluss notwendigen Staatsvertrag für ausgeschlossen“. (Man beachte die Wortwahl!) Eines wäre den tapferen Marzahnern zu wünschen gewesen: dass die Senatsverwaltung sich äußert. Denn dann hätte sie vielleicht endlich zugegeben, dass seit mehreren Jahren fertige Pläne in ihren Schubladen liegen, welche der brandenburgischen Gebiete nach der Länderehe (Anschluss?) sowieso Berlin einverleibt werden sollen. Dazu zählen (im Bereich des Wuhlebezirkes) neben Ahrensfelde und Eiche auch Hönow, Dahlwitz-Hoppegarten, Münchehofe, Teile von FredersdorfVogelsdorf, Neuenhagen, Schöneiche und Woltersdorf. Vielleicht hätten Berlin und Brandenburg doch auf dieses „Experiment“ eingehen sollen. Es wäre ein guter „Testlauf“ für künftige umgekehrte Angliederungen gewesen. Und dabei wären die Marzahner ja sowieso zurück gekommen – womöglich dann ein zweites Mal „vom Regen in die Traufe“. Ralf Nachtmann jot w.d. dokumentiert: Aus einer Antwort von Senator Strieder im Abgeordnetenhaus ... Wenn wir aber abreißen müssen, macht es wenig Sinn, die wenigen noch nicht sanierten Wohnungen jetzt zu sanieren, um andere, sanierte Wohnungen abzureißen. ... Man kann jetzt schon prognostizieren, dass wir dann, wenn die Bedingungen so anhalten, wie sie gegenwär tig eingeschätzt werden, in Berlin dazu kommen werden, Plattenbauten abzureißen, die erst vor kurzem saniert worden sind. Das ist betriebswir tschaftlich und volkswir tschaftlich unsinnig. Diese Entscheidung, ob Mittel bereitgestellt werden, um 500 weitere Wohnungen zu sanieren, muss sorgfältig geprüft werden. ... Es geht um die Frage, ob es richtig ist, 1700 Wohnungen abzureißen, oder ob es richtig ist, 1200 Wohnungen abzureißen und 500 Wohnungen zu sanieren. Das Vorhaben der WBG Marzahn besteht darin, 11-geschossige Gebäude auf vier Geschosse zurückzubauen. Man könnte auch auf Null zurückbauen und alles abreißen. Das macht aber nur einen Sinn, wenn man weiß, dass die Wohnungen nicht mehr gebraucht werden. Umgekehrt macht es auch nur dann einen Sinn, Wohnungen zu sanieren, wenn man weiß, dass man sie brauchen wird. ... Wir wissen aber, dass es ausgehend von der gegenwärtigen Bevölkerung insbesondere im Bereich Hellersdorf-Marzahn einen weiteren erheblichen Einwohnerrückgang geben wird. ... Darüber zu entscheiden, ob man vorhandenen, volkswirtschaftlich wertvollen Wohnraum abreißen soll, fällt mir schwer. Aber mir fällt es auch schwer, einfach zu sagen: „Ist doch egal, was es kostet. Große Teile davon sind Bundesmittel. Wir sanieren jetzt erst einmal.“, um dann in vier Jahren festzustellen, dass wir diese Wohnungen auch nicht mehr brauchen können. ... Das, was wir unter dem Stichwort „Stadtumbau Ost“ zurzeit diskutieren, besteht zum einen aus Abriss und zum anderen aus der Neuanlage von Grünmaßnahmen oder anderen Dingen. ... Für die Entscheidung, 500 Wohnungen zu sanieren, müssen wir auch sicher sein, dass wir diese 500 Wohnungen brauchen und sie nicht übermorgen auch noch abreißen müssen, nachdem sie saniert worden sind. 01.06.2003, 02:40 Aus dem Brief an den Amtsdirektor Sehr geehrter Herr Wollermann, ... Wie Sie wissen, weht seit mehr als einem Jahr durch viele Städte der neuen Bundesländer ein straffer Wind, der „Stadtumbau Ost“ geheißen wird. Auch Marzahn Nord, der äußerste Zipfel des Berliner Bezirks Marzahn-Hellersdorf, wurde davon erfasst. Mehr als 1600 Wohnungen müssen komplett abgerissen werden und über 2000 Mietparteien das Quartier verlassen. ... Allein bis heute ist es bei tausenden guten und ebenso vielen harten Worten geblieben. Nur die Bewohner, die blieben nicht. Und trotz des Engagements der Bezirksvertreter, mehrerer Briefe und Petitionen von dort und von hier an die zuständige Senatsverwaltung sowie Appellen an die Öffentlichkeit, blieben die Berliner Stadtväter schweigsam wie ein Grab und tatenlos auf den notwendigen Geldern sitzen. Der Bewohnerbeirat kann sich des Gefühls nicht erwehren, Marzahn NordWest ist von der Hauptstadt bereits abgeschrieben. ... Deshalb an Sie die Frage, sehr geehrter Herr Wollermann: Inwieweit ist es uns als Bürger möglich, unter Ausnutzung der aktuellen brandenburgischen Gemeindereform die Abtrennung des Zipfels Marzahn NordWest von Berlin und seine Aufnahme in die Gemeinde Ahrensfelde bzw. den Amtsbereich Ahrensfelde/Blumberg zu begehren? Selbstverständlich interessiert uns ... auch, wie Sie einem solchen Ansinnen gegenübertreten würden und welche Chancen Sie ihm einräumen. Stadtentwicklung statt Abrissbirne! Die PDS-Fraktion der BVV will sich offensiv für die Weiterführung von Konzepten zur sozialen Sicherung und der abgestimmten Stadtentwicklung einsetzen und mit der Landesebene die Auseinandersetzung für die kommunale Daseinsfürsorge im Bezirk suchen. Das sagte Fraktionschef Klaus Jürgen Dahler. Er fordert, dass im Rahmen des Projektes Stadtumbau Ost ein tatsächlicher Umbau und die Sanierung der betroffenen Stadtteile zu finanzieren sind. Die bisherige Position des Senates zur Entwicklung von Marzahn-Nord weist seine Fraktion zurück und unterstützt die Haltung der WBG Marzahn, solange nicht mit dem Abriss von Häusern zu beginnen, bis auch Geld zum Umbau von Wohnhäusern und zur Entwicklung der Quartiere bereitgestellt wird. Die geplante Modernisierung von 500 Wohnungen in Marzahn-Nord sei unbedingt zu sichern. Der Stadtumbau Ost im Bezirk dürfe von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung unter Senator Peter Strieder nicht zu einem reinen Abrissplan umfunktioniert werden! Ost Komplett-Abriss wäre ein negatives Signal 5 Zu den Umbauplänen der WBG Marzahn gibt es derzeit keine vernünftige Alternative Das werden auch jene erkennen, die sich zurzeit noch sperren, sagt WBG-Chef Hartmut Meuter Die Debatten um den Stadtumbau in Marzahn Nord (und nicht nur dort) reißen seit Monaten nicht ab. Nun verschärfte Bausenator Peter Strieder den Ton. Er will die Sanierungsmittel, mit denen die WBG Marzahn ihr Projekt an der Havemannstraße (jot w.d. berichtete mehrfach) realisieren möchte, nicht frei geben. Dazu sprach jot w.d. mit dem Chef der Wohnungsbaugesellschaft, Hartmut Meuter. jot w.d.: Herr Meuter, wird Marzahn Nord jetzt weg gesprengt? Meuter: Wie kommen Sie denn darauf? jot w.d.: Der Senat blockiert das Geld für Ihre geplanten Sanierungen, will nur abreißen lassen. Lohnt sich der Umbau nicht? Meuter: Das sehe ich anders. Wir haben hier in Marzahn ein sehr eingeschränktes Angebot, das niedrigste Haus hat fünf Geschosse. Unsere Analysen der Wegzüge haben ergeben, dass ein nennenswerter Anteil derjenigen, die Marzahn verlassen, in kleinere Häuser mit Mietwohnungen ziehen, auch in teurere. Wir wollen dieser Gruppe etwas bieten. Deshalb haben wir die bekannten Pläne zur Umwandlung von Elfgeschossern in drei- bis fünfstöckige Häuser mit interessanten, vielfältigen Wohnungen. Andererseits müssen schon heute die Grundsteine dafür gelegt werden, dass sich die Großsiedlungen auch in den kommenden zwanzig Jahren in vernünftigen Bahnen bewegen. Unser Projekt ist darauf ausgerichtet. jot w.d.: Wenn Senator Strieder das Geld weiter verweigert, könnten Sie den Umbau nicht aus eigener Kraft bewerkstelligen? Meuter: Ausgeschlossen. Schauen Sie in andere ostdeutsche Städte wie Leipzig, Chemnitz, Dresden oder die kleineren. Kein derartiges Projekt läuft privat. Und die Umbaumittel sind schließlich da. jot w.d.: Strieder verlangt aber, dass Sie noch mehr abreißen als die bisher geplanten 1600 Wohnungen. Er befürchtet sanierten Leerstand. Meuter: Der Senator meint: „Ihr kriegt doch da gar keine Mieter rein.“ Deshalb haben wir ein umfangreiches externes Gutachten anfertigen lassen. Aus ihm geht hervor, dass es sehr wohl eine entsprechende Nachfrage in Marzahn-Hellersdorf nach Wohnungen, wie wir sie jetzt planen, gibt. Für die 114 Wohnungen, die wir im so genannten Teil 2 des Umbauprojektes rekonstruieren wollen, haben wir bereits 40 Vorverträge abgeschlossen und weitere 25 Interessenten in der Kartei. jot w.d.: Obwohl die Wohnungen nicht gerade billig sind... Meuter: Wir wollten von vorn herein kein Billigangebot machen. Nur vielfältige Wohnungen halten auch eine vielfältige Bewohnerschaft. jot w.d.: Das Gros der Mieter, sowohl Ihre als auch der bei den Genossenschaften, steht ja grundsätzlich hinter Ihren Plänen. Fürchten Sie nicht, durch Strieders Weigerung den Rückhalt in der Bewohnerschaft zu verlieren? Meuter: Das kann in der Tat ganz schnell gehen. Ich glaube aber, dass es zu unseren Plänen keinerlei vernünftige A l ternative gibt. Das werden auch Jene noch erkennen, die sich zurzeit sperren. Denn was wäre denn sonst möglich? Die nun leeren Häuser können wir ja nicht mehr vermieten, sie vollständig zu sanieren wäre Unsinn. Bliebe maximal der Komplett-Abriss. Aber das ist ein negatives, falsches Signal. Sozial und städtebaulich. Und außerdem: Was wird aus den dann leeren Flächen? jot w.d.: Wieso erstrecken sich Strieders Abriss-Forderungen allein auf die WBG? Müssten bei so großen Leerständen die entsprechenden Rückbauforderungen nicht auch an andere Vermieter gehen? Meuter: Es ist schon erstrebenswert, dass auch die anderen Vermieter Rückbauten prüfen. Aber die haben ihre Häuser ja für teures Geld gekauft und fast alles saniert. Unser Vorteil ist, dass wir unsanierte Häuser haben, auf denen allein die Altschulden ruhen, die ja durch das Stadtumbauprogramm erlassen werden. Außerdem hat eine städtische Gesellschaft eine besondere Verantwortung. jot w.d.: Arbeiten Sie denn mit den anderen Vermietern gut zusammen? Meuter: Wir kooperieren in unterschiedlicher Art und Weise. Bei dem jetzigen Projekt machen wir ja eine Art Sozialplan, um den ausziehenden Mietern eine neue Bleibe zu bieten, am liebsten natürlich bei uns. Wir helfen den Betroffenen aber auch, bei anderen Vermietern unter zu kommen. Da könnte die Zusammenarbeit allerdings noch besser funktionieren. Mancher versucht ausschließlich, sich die Situation zu Nutze zu machen. jot w.d.: Erweisen sich nun die vergangenen Privatisierungen nicht als Pferdefuß? Meuter: Keineswegs. Sie haben uns erst einmal Geld in die Kasse gebracht, das wir dringend nötig hatten. Außerdem ist dadurch eine Vielfältigkeit an Vermietern entstanden, die den unterschiedlichen Wünschen der Menschen besser gerecht werden kann. jot w.d.: Und Ihre Übernahme durch die Degewo? Meuter: ... hatte einen positiven Effekt. Die Degewo ist eine schlagkräftige Truppe, mit der wir einige notwendige, weiter führende Programme vereinbart haben, beispielsweise die Aufwertung im bereits sanierten Bestand. In der gesamten Frage des Stadtumbaus Ost muss man auch erst mal sehen, wie das weiter geht. Die Sichtweise des Bundes ist ja hauptsächlich auf kleinere Städte orientiert. Die großen wie wir werden immer wieder Rückbaufragen zu beantworten haben. Und beachten Sie doch einmal die Dimension. Die Großsiedlung Marzahn-Hellersdorf hat fast 100 000 Wohnungen. Wir wollen jetzt 1600 abreißen. Das sind nicht mal zwei Prozent. Auch beim Abriss muss es heißen „Klasse statt Masse“. Nicht umsonst sind die Fördermittel des Bundes an städtebauliche Konzepte gebunden. Wir jedenfalls haben eines. jot w.d.: Herr Meuter, hätten Sie denn gern Staatssekretär Frank Bielka, der Degewo-Geschäftsführer werden will, als Chef? Meuter: Natürlich. Warum nicht? Fragen: Ralf Nachtmann Auf dem Bild steht Hartmut Meuter zwischen alt und neu – einem Gemälde vom Helene-Weigel-Platz und seinen Plänen in Marzahn-Nord. Foto: RN Bauforum Berlin besuchte Marzahn These vom „Paradigmenwechsel“ nicht bestätigt – Jetziger Stadtumbau löst die Probleme nicht Es ist schon alles gebaut, was nötig ist, meint Bundespräsident Johannes Rau. Wir haben Häuser mit Heizung, Küche und Innentoilette, wir haben Parkplätze, Grünanlagen, Kindergärten und Schulen bis zum Abwinken gebaut. Die Ansprüche des vergangenen Jahrhunderts – Licht, Luft und Sonne zum Leben – sind Wirklichkeit geworden. Die Probleme, auf die diese Siedlungen eine Antwort gaben, nämlich Wohnungsnot, sind nicht mehr da. Das Wohnungsproblem als soziale Frage ist gelöst. Deshalb hat sich die Struktur der Großsiedlungen und ihrer Bauten, wie es Senatsbaudirektor Hans Stimmann ausdrückt, überlebt. Weil aber nicht halbe Städte einfach wieder abgerissen werden können, setzen Politik und Planung den schrumpfenden Städten einen Stadtumbau entgegen. Ist der Stadtumbau jedoch der notwendige „Paradigmenwechsel“, der „Umbruch und Aufbruch“, wie ihn das Bauforum 2003 der Technologiestiftung Berlin ins Zentrum ihrer Debatten mit Fachleuten aus ganz Deutschland stellte? Von Umbruch und Aufbruch – zumindest davon, was man 4-5-rot.p65 5 Schwarz in Marzahn darunter versteht – wollten sich gut 40 Teilnehmer des Bauforums in Marzahn Nord ein eigenes Bild machen und setzten sich mit den dortigen Umbauplänen der Wohnungsbaugesellschaft auseinander. Jörg Schüttauf zeigte mit seinem Vorhaben „Ahrensfelder Terrassen“ eine Möglichkeit der Veränderung auf. Beseitigung von Leerstand, der die Wohnungsunternehmen extrem finanziell belastet, ist der Kernansatz des Stadtumbaues, wie er derzeit in Berlin projektiert wird. Die Marzahner Pläne fanden grundsätzlich Zustimmung, wenngleich sich der eine oder andere Besucher aus dem Westen Deutschlands für einen massiven Komplettabriss aussprach. Denn einige Probleme werden selbst nach den Umbauten – für die noch immer nicht die staatliche Finanzhilfe bewilligt ist – bleiben. Beispielsweise wird dann zwischen Vier- und Fünfgeschossern eine massive Straße verlaufen (Havemannstraße), deren stadträumliche Existenz an Elfgeschossern ausgerichtet war. Und dem aktuellen Grundwiderspruch der Großsiedlung, der überlebten Tren- nung von Wohnen und Arbeiten, kann der Umbau auf diese Art und Weise überhaupt nicht begegnen. Es wird an Symptomen gedoktort, die Ursachen werden marginalisiert. Schließlich findet sich ja in unmittelbarer Nähe eines der größten Gewerbegebiete Berlins. Dass es dort kaum Arbeitsplätze gibt, ist keine Frage der Stadt- und Raumplanung. Natürlich auch nicht der Familienplanung, die es in unserer postmodernen Ellenbogen-Gesellschaft längst nicht mehr gibt. Die Kleinfamilie mit drei bis vier Personen existiert nicht mehr (als überwiegende Grundstruktur der Gesellschaft); demnach sind die dafür typischen Familienwohnungen mit drei oder vier Zimmern nicht mehr nötig. Davon wissen auch die Vermieter ein Lied zu singen, die Wohnungen mit vier oder fünf Zimmern (am Stadtrand) als schlicht unvermietbar bezeichnen, auf der anderen Seite jedoch trotz des immensen Leerstandes auf lange Wartelisten für Ein- und Zwei-Raum-Wohnungen verweisen. Inwiefern die Gesellschaften selbst für Fehlentwicklungen verantwortlich sind, geben sie in den seltensten Fällen zu. Zu zögerlicher Wohnungsumbau (der erst dann begonnen hat, als man der Leerstände nicht mehr Herr werden konnte) ist ein Problem, die fehlende Marzahner Umbaupläne lösen die Probleme nur teils. Repro: Archiv 01.06.2003, 02:40 Bereitschaft, neue Wege in der Vermarktung zu gehen (beispielsweise Mietpreise für die Zahl der Zimmer und nicht die der Quadratmeter anzubieten), ein zweites. Eine im Nachhinein teils chaotisch anmutende Art der Privatisierung öffentlicher Bestände (wozu auch die „Ausgründung“ von Genossenschaften zählt), ein weiteres. Quartier-, Kiez-, Identitätsbildung wird mit Äußerlichkeiten (Anstriche) gesucht, nicht jedoch mit Enttypisierung im Großen und Nachempfindbarkeit im Detail. Was bleibt, ist ein Jammern über Fortzüge, fehlende Staatsfinanzierung und das Betonen einer (Schein-) Konkurrenz zwischen Stadt und Land auf der einen, Außen- und Innenstadt auf der anderen Seite. Unbeachtet dabei bleibt das problematische Verhältnis von Miete und Eigentum, unbeachtet ebenso die nötige „Demokratisierung“ der Siedlungen. Die Stadt wird von Politikern und Planern weiterhin als etwas „den Menschen zu Gebendes“ verstanden. Ein Paradigmenwechsel hinsichtlich der Großsiedlungen findet also nicht statt. Ralf Nachtmann 6 Dem Vergessen entrissen Siedlungsgebiete Ausstellung über Verschwundene Kirchen in Berlin im Turmmuseum Kaulsdorf – Wieder einmal haben sich die Kaulsdorfer Heimatforscher Karin und Gerhard Satke der Aufspürung aus dem Stadtbild Berlins verschwundener historischer Bauten verdient gemacht. In einer Ausstellung im kleinen Turmmuseum in der Kaulsdorfer Jesuskirche erzählen sie die Geschichte von fünf Kirchen, die durch Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg zerstört und zwischen 1949 und 1964 abgerissen oder gesprengt wurden. Ausstellungsinitiator Gerhard Satke während der Eröffnung am 14. Mai in der Empore der Jesuskirche. Fotos: Dittmann jot w. d. Garten-Ecke: Bei Wachswetter reichen oft wenige Tage und das „Unkraut“ ist auf dem Vormarsch. Nun sollte man aber nicht gnadenlos alles ausreißen und hakken. Zuerst ein kurioses Beispiel: Im vergangenen Frühjahr hatte ich vorschriftsmäßig zeitig und wie im Jahr davor so genannte Wildtomaten im Zimmergewächshaus angesät. Die Pflänzchen blieben recht zart. Zwei Monate später fand ich im Freien Keimlinge an den Tomatenplätzen des Vorjahres, die sich schnell entwickelten und bald die mühselig in Töpfen gehegten überflügelten. Die Selbstaussaat findet vor allem in Gärten statt, in denen der Zufall eine Chance bekommt, bei dichtem vielfältigem Bewuchs und „ natürlicher Unordnung“. Es wird nicht alles Verblühte sofort entsorgt, Samenstände bleiben über den Winter stehen. Dann muss man lernen, so früh wie möglich die kleinen Ankömmlinge zu identifizieren, um auszuwählen. Einjährige Blumen (zum Beispiel Ringelblumen, Sonnenblumen, Jungfer im Grünen, Borretsch) und Zweijährige (Fingerhut, Vergissmeinnicht) tauchen so jedes Jahr wieder auf. Aber auch Stauden und Kräuter (Zitronenmelisse, Agastache, Katzenminze, Gelber Lerchensporn) verbreiten sich, wenn ihnen der Garten gefällt. Manchmal kommen durch Wind und Vögel ganz neue Artgenossen an. Wenn dieser kostengünstige Nachwuchs zu üppig wird, kann man ihn ja verschenken oder notfalls kompostieren. Es lohnt sich auf jeden Fall, einmal genauer hinzusehen, was da so „zwischendrin“ wächst. Katrin Birkner, Biesdorf 6-7.p65 6 Schwarz Zur Ausstellungseröffnung am 14. Mai erinnerten Karin und Gerhard Satke und Joachim Klee, Initiator des Turmmuseums, mit sehr persönlichen Berichten und Zeitzeugenaussagen an die Bombennächte zwischen 1940 und 45 in Berlin, in denen nicht nur Tausende Menschen ihr Leben lassen mussten, sondern auch die Stadt in ein Trümmermeer versank. Unter Trümmern begraben wurden damals auch zahlreiche Gotteshäuser, die zwischen dem 13. und 19. Jahrhundert entstanden: Die Andreaskirche (1854 in der Stralauer Vorstadt erbaut), die Jerusalems-Kirche (1726 in der Friedrichstadt errichtet), die Georgenkirche (1278 als Kapelle, 1894 als Gotteshaus am Georgkirchplatz erbaut), die Luisenstadt-Kirche (1753 geweiht) und die Markuskirche (1848 an der Weberstraße errichtet). Die Andreaskirche brannte am 8. Mai 1944 nach einem Bombenangriff völlig aus. Am 12.1. 1949 wurde die Ruine gesprengt. Die Jerusalems-Kirche wurde am 3. Februar 1945 fast völlig zerstört und am 9. Mai 1961 gesprengt. Der Backsteinbau mit dem 105 Meter hohen Turm der Georgenkirche wurde während drei Bombardierungen kurz vor Kriegsende zerstört. Die Ruine wurde am 18. Juni 1950 gesprengt. Bis zum 29. Mai 1964 stand die im Februar 1945 zer- Die Andreaskirche brannte 1944 aus und wurde 1949 gesprengt. Kieke mal in „Kiekemal“ Mahldorf – Im Juni vor 250 Jahren holte Friedrich der II. Einwanderer nach Berlin und gewährte ihnen hier Bleiberecht. Auf der Suche nach geeignetem Land für die Kolonisten ritt der Preußenkönig von Friedrichshagen her kommend in Richtung Mahlsdorf Süd. Dort – an der heutigen Grenze zu Köpenick – angekommen, prägte er, auf die unbewohnten Ländereien weisend, den legendären Satz „Na kiek er mal! Das wird wohl langen für euch!“ Damit war die Kolonie Kiekemal gegründet. Soweit die Legende. An die Kolonistensiedlung erinnern heute nur noch die Kiekemaler Straße und der Name der ehemaligen 32. Grundschule, die seit kurzem Kiekemal-Schule heißt. Bis vor ein paar Jahren gab es auch noch eine Gaststätte gleichen Namens, deren Gebäude Mitte der 90er Jahre zum Wohnheim für bosnische Flüchtlinge wurde. Vor ca. drei Jahren wurde auch dieses Haus abgerissen; eine Einfamilienhaussiedlung entstand. Der 250. Jahrestag von „Kiekemal“ wird am 29. Juni zünftig im historischen Gasthaus St. Hubertus am Hultschiner Damm 1-5 gefeiert. Mit dabei sind Kinder der KiekemalSchule, der Mahlsdorfer Männerchor, ein Fanfarenzug und andere. Michael Wiedemann, Vorsitzender des Festkomitees, verspricht einen abwechslungsreichen Tag, an dem die Besucher auch einiges über die Geschichte von Kiekemal erfahren können. Unterstützt wird die Veranstaltung u.a. vom Heimatverein, dem Lions Club Wuhletal, Gewerbetreibenden vom Hultschiner Damm, St. Hubertus und der Bürgerinitiative „Charlottenbrunnen“. Beginn: 11 Uhr, Eintritt frei. ID Auferstanden ... Früher, ja was ist schon früher! Früher jedenfalls gehörte das Café Pinguin zu den weit über Mahlsdorf hinaus bekanntesten Etablissements. Im Sommer gab’s Eis, im Winter Kaffee und Grog. An keiner Haltestelle der Straßenbahn fiel das Warten so leicht. Nun ist Pinguin wieder da, allerdings am Hultschiner Damm. Mit jeder Kugel Eis, mit jeder Tasse Kaffee kommt auch ein Stück Erinnerung mit auf den Tisch. Es war nicht alles schlecht ... Foto: Dittmann 01.06.2003, 02:41 störte Luisenstadt-Kirche noch als Mahnmal. Dann wurde auch dieses Kulturdenkmal abgerissen. Die Ruine der im Revolutionsjahr 1848 errichteten Markuskirche wurde 1957 gesprengt. Die Daten und Fakten suchten Satkes in akribischer Kleinarbeit in Archiven und Museen zusammen. In nicht vorhersehbarer Weise erfahre diese Ausstellung einen „schmerzhaften Bezug auf das aktuelle Weltgeschehen“, meinten die Protagonisten in Bezug auf die sinnlose Zerstörung im Irakkrieg anno 2003. Im Juli vergangenen Jahres hatten die Heimatforscher bereits das Schicksal der Petri-Kirche, der Böhmischen-, der Dreifaltigkeits-, der Dorotheen- und der Garnisionskirche dokumentiert, die in den Bombennächten über Berlin ebenfalls zu Schutt und Asche wurden. Im heutigen Stadtbild erinnert kaum noch etwas an diese historischen Bauten. Sie sind nicht nur verschwunden, sondern auch vergessen. Um so verdienstvoller ist diese in Berlin einmalige Dokumentation im Kaulsdorfer Turmmuseum. Gelegenheit zum Ausstellungsbesuch im Museum der Kaulsdorfer Jesuskirche, Dorfstraße 12, ist immer sonntags ab 11 Uhr oder nach Vereinbarung (Telefon: 567 72 33). Ingeborg Dittmann 120 PS auf Rasen, Sand und Wasser Hoppegarten – Ein ganz besonderes Spektakel ist zu Pfingsten (7., 8. und 9. Juni) auf der Galopprennbahn Hoppegarten zu erleben. Dann trifft sich die internationale Hovercraft-Spitze zur Endrunde um die Europameisterschaften. Die „schwebenden“ Fahrzeuge (in den 60er Jahren von Bastlern in England entwickelt) fliegen mit bis zu 120 PS über Rasen, Sand und zwei Riesen-Wasserbecken. Nach dem Rennen erwarten die Besucher eine Offroud-Messe, Beach-Volleyball-Wettkämpfe und eine Open-Air-BeachPool-Party. Pfingstsonntag spielen Purple Schulz und Dirk Michaelis. Eintritt: 5/3 Euro, Kinder bis 12 Jahre frei. ID Blau-Weiß lädt zum Pfingstfest Mahlsdorf/Waldesruh – Zum Fest für die ganze Familie lädt der FSV Blau-Weiß Mahlsdorf/ Waldesruh traditionell am Pfingstsonntag auf den Sportplatz Waldesruh, Köpenicker Allee 1a, ein. Ab 9 Uhr ist ein Männer-Fußball-Turnier zu erleben, um 10 Uhr beginnt ein buntes Bühnenprogramm. Außerdem: Ponyreiten, Torwandschießen, Bungee-Running, Bogenschießen und die Schlangenkönigin El Pythonia; Kuchenbasar, Grillstände und kleiner Trödelmarkt. Von 10 Uhr an kann das Tanzbein geschwungen werden. ID Siedlungsgebiete Freibad? Wasserski? Beides? Oder Biotop? 7 Anwohner und Naturschützer wehren sich gegen kommerzielle Nutzung des Elsensees Kaulsdorf – Haubentaucher ziehen gemächlich ihre Kreise auf dem See an der Elsenstraße zwischen Mahlsdorf und Kaulsdorf Süd. Sogar die seltene Rohrweihe hat – wie nun schon einige Jahre – wieder im Schutze des Schilfgürtels gebrütet. Vor allem seit der Förderbetrieb am Kiessee vor ein paar Jahren eingestellt wurde, hat sich eine wertvolle Biotop-Landschaft rund um den See entwickelt. Am eingezäunten Elsensee hatten Tier- und Pflanzenwelt Ruhe und Schutz, anders als in dem nahe gelegenen Butzer See und dem Habermannsee, an denen sich im Sommer Tausende Badelustige tummeln – und ihre Spuren hinterlassen. Genau so wie wilde Camper oder frei laufende Hunde. Und das, obwohl die Seen in der Trinkwasserschutzzone liegen und Baden dort gar nicht gestattet ist. Die Behörden kommen dagegen jedoch nicht an. „Schließlich können wir die Seen nicht einzäunen“, heißt es im Amt. Auf dem Plan seit 1992 Nein, am Elsensee ist die Welt noch in Ordnung. Noch. In nicht all zu langer Zeit könnten sich allerdings wahre Fahrzeugkolonnen zum Reservat zwischen Elsen-, Goldregenstraße und Kressenweg auf den Weg machen. Möglicherweise wild am Wegesrand parken. Offizielle Parkplätze gibt es im Landschaftsschutzgebiet (noch?) nicht. Der Grund? Dort, wo einst Kies gefördert wurde, soll jetzt ein Freibad nebst einer Wasserskianlage entstehen. Der Plan zum Bau eines Schwimmbades geht schon auf das Jahr 1992 zurück. Um die beiden Seen nahe des Wasserwerkes zu entlasten, hatte das Abgeordnetenhaus am 7. Mai 1992 den Beschluss gefasst, den Elsensee nach Ablauf der Schürfrechte als natürliches Freibad auszubauen. So ist es seit 1994 auch im Berliner Flächennutzungsplan ausgewiesen. Lange suchte das Bezirksamt nach einem Investor für das Vorhaben, für das es selbst kein Geld hat. Dann kam einer, doch der wollte eigentlich nur eine elektrische Wasserskianlage (mit allem Drumherum) errichten – die Wasserski Ruhlsdorf GmbH. Weil der Bezirk auf dem Schwimmbad bestand und nun auch einen entsprechenden Beschluss zum Bebauungsplanverfahren „Elsensee“ (XXIII34) fasste, wurde ein Kompromiss ausgehandelt. Protest von Anwohnern Als dies Anwohnern und Naturschützern zu Ohren kam – leider schaukelten auch viele Gerüchte die Stimmung hoch, weil das Amt die Pläne hinter verschlossenen Türen hielt – machten diese mobil. Die Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz e.V. (BLN) erstellte ein mehrseitiges Gutachten über das Areal. Eine Wasserskianlage verstoße gegen Paragraph 26 a des Naturschutzgesetzes (Schutz von Biotopen), sagen die Naturschützer. Eine ins Leben gerufene Bürgerinitiative der Anwohner sammelte bereits mehr als 500 Unterschriften. „Wir wollen nahe unserer Grundstücke weder eine Wasserskianlage, noch ein Schwimmbad“, sagt BI-Chef Rougé Lüloff. Entsprechend hoch schlugen auch die Wellen während einer ein solches Vorhaben, das dann noch mehr Freizeittouristen anlocken würde als es jetzt schon die Kaulsdorfer Seen tun. Baustadtrat Svend Simdorn, der in Vertretung von Stadtentwicklungsdezernent Heinrich Niemann gekommen war, hörte sich geduldig die Argumente der Anwohner an und verwies auf die Tatsache, dass die Entschei- Das einzige Freibad in Hellersdorf, das Wernerbad, wurde von den Bäderbetrieben auch noch geschlossen. Foto: Nachtmann gemeinsamen Sitzung der BVV- dung letztlich in der Hand der Ausschüsse Siedlungsgebiete, Bezirksverordneten läge. In eiUmwelt und Natur sowie Öko- nigen Wochen werde der B-Plan logische Stadtentwicklung am öffentlich ausliegen und die Bür27. Mai im Gymnasium am ger könnten ihre Argumente für Elsengrund. Mehr als 50 An- oder gegen den Plan schriftlich wohner waren zu Gast und for- formulieren. Bevor es jedoch so mulierten ihre Bedenken. Sie weit ist, muss durch ein unabfürchten durch Bad und hängiges Gutachten geklärt werWasserskianlage nicht allein die den, ob für das Vorhaben eine Lärmbelästigung, sondern auch Ausnahmegenehmigung (siehe um die Qualität des Wassers Paragraf 26 a ) durch die Untere (viele beziehen ihr Trinkwasser Naturschutzbehörde „unter Beaus Tiefbrunnen). Die Infra- rücksichtigung der Belange des struktur (schlechte Straßen, kei- Gemeinwohls“ erteilt werden Ingeborg Dittmann ne Parkmöglichkeiten) verbiete kann. jot w. d. kommentiert: Rund 250 000 Einwohner hat unser Bezirk. Richtwerte des Landes Berlin besagen: Auf jeden Einwohner muss statistisch 1 Quadratmeter Badefläche entfallen. Nun gibt es im Großbezirk aber nur ein einziges Freibad – das Wernerbad in Mahlsdorf. Und selbst das ist seit diesem Jahr geschlossen, weil die Berliner Bäder-Betriebe bislang noch keinen Pächter für das Bad an der Ridbacherstraße fanden. Seit eh und je wird in den Kaulsdorfer Seen und im Baggersee Biesdorf gebadet. In ersteren ist baden eigentlich nicht erlaubt, letzterer hat eine sehr schlechte Wasserqualität. Beim Bau der beiden Großsiedlungen hätte das bedacht werden müssen. Wurde aber nicht. Nun soll der kleine Elsensee die Rettung sein. Für 250 000? Und Zugereiste, die durch eine Wasserskianlage angezogen werden? Der Grundgedanke, durch ein Schwimmbad im Elsensee (mit Eintritt und begrenzter Kapazität) die „illegalen“ Badelustigen von den beiden anderen Kaulsdorfer Seen fern zu halten, geht wohl nur „auf dem Papier“ auf. Wer zahlt schon freiwillig Eintritt für ein an heißen Sommer tagen überfülltes Bad, wenn er’s nebenan für umsonst und mit mehr Freizügigkeit haben kann? Dazu kommen die berechtigten Bedenken des Naturschutzes, auch die der Anwohner. „Gemeinwohl“ gegen all diese Faktoren auszuloten – dieses Vabanquespiel zu meistern, wird in den kommenden Monaten eine ernsthafte Herausforderung für unsere Volksvertreter in der BVV werden. I. Dittmann Workshop und erste „Messe“ vom Siedlungsverbund Jahrestage sind Anlass, Bilanz zu ziehen und Ausschau zu halten. Ein Jahr nach dem Start des Siedlungsverbundes führte das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf gemeinsam mit dem Siedlungsverbund einen Workshop durch, um die Ergebnisse der bisherigen Arbeit vorzustellen und über die weiteren Arbeitsschritte zu beraten. Bezirksstadträtin Dagmar Pohle konnte bei der Eröffnung des Workshops auf konkrete Ergebnisse verweisen. Das wichtigste: Bürgerinnen und Bürger können nunmehr bei der Geschäftsstelle nach Anbietern nachfragen oder unter www.siedlungsverbund.de nachschauen. Sie finden dort für fast jede Leistung mehrere Unternehmen, die in der Unternehmerplattform des Siedlungsverbundes ihre Leistungen anbieten. Damit ist er aus der Planungs- und Vorbereitungsphase herausgetreten und zur Realität geworden. Vorgestellt wurden die Ergebnisse einer im Auftrag des Siedlungsverbundes vom Sozialwissenschaftlichen Forschungszentrum Berlin-Brandenburg e.V. / Frau Heidrun Schmidtke erarbeiteten Marktanalyse zur 6-7.p65 7 Schwarz Konnten sich über erste Erfolge „ihres“ Projektes freuen: Frank Uelze, Erika Maier, Brigitte Schwope und Bernd Schönitz (v.l.n.r.) bei der ersten Messe im Siedlungsgebiet. Foto: Nachtmann Nachfragesituation im Siedlungsgebiet Biesdorf-KaulsdorfMahlsdorf, der eine Befragung der Bevölkerung und dort ansässigen Unternehmen vorausging. Durch die Befragung wird bestätigt, dass es sehr wohl einen Markt im Siedlungsgebiet für die von den Unternehmen des Siedlungsverbundes angebotenen Leistungen gibt. Differenziert nach Branchen und Stadtteilen werden z.B. Defizite an Leistungsangeboten, Wünsche nach zusätzlichen Angeboten, Kriterien bei der Entscheidung für den einen oder anderen Leistungsanbieter (Preis-Qualität-Nähe), die Ausstattung und Nutzung von Computertechnik/ des Internets – und das wiederum differenziert nach Familien mit Kindern, Rentnern, Singles – nachgewiesen. Die Erkenntnisse der Marktanalyse werden nach dem Workshop mit den Unternehmen des Verbundes branchenkonkret ausgewertet. Im zweiten Teil des Workshops wurden von Prof. Erika Maier Ergebnisse der 80 Unternehmergespräche, die im Prozess der Formierung der Unternehmerplattform des Siedlungsverbundes geführt wurden, präsentiert. Diese Ge- 01.06.2003, 02:41 spräche brachten wichtige Erkenntnisse über die Lage und Kompetenzen der Unternehmen, ihre Erfahrungen mit Kooperationen, ihre Erwartungen an den Siedlungsverbund, aber auch an die Ämter im Bezirk. Kernproblem ist für alle die Verbesserung die Auftragslage, wofür vom Siedlungsverbund kräftige Unterstützung durch Lobbyarbeit in den Siedlungsgebieten, aber auch bei Investoren und Wohnungsunternehmen erwartet wird. In dem anschließenden Werkstattgespräch – geschickt moderiert von Prof. Dr. Stieler-Lorenz, Geschäftsführerin der Core Business Development – wurden Handlungsempfehlungen erarbeitet. Bernd Schönitz von der G.U.T. Consult GmbH skizzierte – angeregt durch eine Anfrage von Herrn Müller/Arbeitsamt Ost – Vorschläge für die schrittweise Eigenfinanzierung des Verbundes. Erika Maier, Sprecherin des Siedlungsverbundes Weitere Informationen zum Regionalen Netzwerk Siedlungsverbund siehe www.siedlungsverbund.de bzw. telefonisch über die Geschäftsstelle 54 98 13 79. 8 „Das Sparschwein“ Komödienaufführung im Springpfuhl Am 8. und 9. Mai hieß es „Bühne frei“ für die 18-köpfige (mit Zweitbesetzung) „Schauspielgemeinde“, die sich aus Schülern der Oberschule am Elsengrund zusammensetzte. Sie spielten die Komödie „Das Sparschwein“ von Eugéne Labiche, in der es um einen Spielverein geht, der nach jahrelangem Einzahlen in ein Sparschwein sich nun mal etwas von dem Geld gönnen wollte. Doch schon bei der Überlegung und bei der danach anstehenden Abstimmung mit Baucantin (gesp. von Henriette), dem Steuereinnehmer und später auch Erzähler, was sie mit dem Geld machen würden, trennten sich die Meinungen der Kameraden. Der Landwirt Colladan (gesp. von Johanna) wollte mit dem Geld auf einen Jahrmarkt fahren, Apotheker Cordenbois (gesp. von Dana) lieber eine gebratene Gans kaufen. Léonida (gesp. von Nadine) wollte eine Reise nach Paris machen, weil sie da ein Rendezvous mit einem „Unbekannten“ hat. Sie überredet ihren Bruder Champbourcy (gesp. von Josefine) und ihre Nichte und Champbourcy’s Tochter Blanche (gesp. von Katrin), für die Reise nach Paris zu stimmen. Blanches Geliebter Félix (gesp. von Alexander) wurde auch noch überredet, und so wurde die Parisreise mit Mehrheit gewählt. Dort erwartet sie ein „Alptraum“ aus Missverständnissen, Polizeiverhaftungen und anderen Verwicklungen. Das Stück endet damit, dass alle gesund und munter nach Hause fahren. Das Publikum reagierte mit lang anhaltendem Applaus auf das Stück und war sichtlich begeistert. Immer wieder gab es Jubelrufe und kleine Lacher zwischendurch. Das Stück war gut inszeniert und kam dem Original sehr nahe. Die Rollen waren top besetzt, und auch, wenn mal ein Versprecher kam – dem Stück schadete es nicht. Ganz im Gegenteil, das machte das Stück noch lebhafter und sie fielen auch gar nicht mal weiter auf. Es gab weder Passagen, die schlecht gesprochen waren, noch solche, wo man nicht den Inhalt verstand. Die Schüler spielten mit sehr viel Leidenschaft und man merkte schon am Anfang, dass sie sich richtig für das Stück reingekniet haben. Doch auch die Kleidung war der damaligen Zeit gut angepasst. Nicht zu übertrieben, aber auch nicht zu „lumpig“. Kurz gesagt: Eine gelungene Aufführung mit großartigen „Schauspielern“ und einem Publikum, das danach ganz aus dem Häuschen war. Anne Platsch Die Jugend-BVV hat ihre Arbeit aufgenommen. Junge Leute wollen sich in die Politik einmischen. jot w.d. sprach über diese Art der Beteiligung mit Alfhild Böhringer. Sie ist Pressesprecherin der Jugend-BVV. Juni 2003 um 17 Uhr im Ratssaal Hellersdorf. jot w.d.: Wieviele Mitglieder sind das und wer ist darunter? Alfhild: 48 Mitglieder sind angemeldet, aus den einzelnen Parteien – zum Beispiel Bjoern Tielebein aus der PDS – aber auch aus Schulen und Klubs. Was macht die Jugend-BVV? jot w.d.: Was wird überhaupt gemacht in der Jugend-BVV und wie geht es weiter? Alfhild: Es sind verschiedene Aktionen gegen Probleme geplant. Welche Aktionen, ist noch nicht festgelegt. Die Jugend-BVV muss sich da noch beraten. Der Termin für die zweite BVV-Sitzung ist der 3. jot w.d.: Wie funktioniert die Jugend-BVV? Alfhild: Eigentlich so ähnlich wie bei der „richtigen“ BVV. Nur hier gibt es keine feste Form. Das heisst, die Mitglieder werden nicht direkt in Parteien aufgeteilt. Es geht halt alles etwas lockerer und jugendlicher zu. jot w.d.: Welche Ziele gibt es? Alfhild: Im Vordergrund stehen bei uns die Rechte für Jugendliche, die in den Ausschüssen konkret besprochen werden. jot w.d.: Gibt es spezielle Ansprechpartner? Alfhild: Ansprechpartner sind immer die Sprecher der Ausschüsse und der Vorstand. jot w.d.: Sind die Sitzungen öffentlich? Alfhild: Ja. Da kann jeder kommen. Fragen: Anne Platsch Jugend Kisten-Info Juni Hallo Kisten-Freunde, ich bin Alex, 18 Jahre alt und seit gut einem dreiviertel Jahr im ehrenamtlichen Klubaktiv der Kiste dabei. Ich bin hier als Praktikant und kümmere mich eigentlich um alles, also um den Tresen, die Filmvorführung, die Öffentlichkeitsarbeit und was eben so anfällt. Besonders kümmere ich mich um die Veranstaltungen des Trägervereins „Steinstatt e.V.“, wie die Soli-Konzerte, die ein wenig zusätzliches Geld in unsere leeren Kassen bringen sollen. Später möchte ich Erzieher werden oder Sozialpädagogik studieren. Dafür habe ich bereits einige Praktika gemacht. Wenn Ihr mehr erfahren wollt, kommt doch einfach mal vorbei, wir brauchen immer wieder neue Mitstreiter. Und hier ein Auszug unseres Programms für den Juni: FILM: „Herr Wichmann von der CDU“ 5.-11. Juni: Der Top-DokFilm über einen ambitionierten, aber chancenlosen Wahlkämpfer. Und ein Stück Aufklärung über „deutsche“ Demokratie. Diskussion am 10. Juni, 18 Uhr. „Give me back my youth“ am 17. Juni im Filmklub – vorgestellt von Chung-Noh Gross vom Korean Council in Berlin. MUSIK: „Tabbo“ & „Dropped Science“, 6. Juni, 21.30 Uhr: PunkRock und Metal aus Berlin ETC.: Der Top Act des Monats: The Doors am 20. Juni ab 20 Uhr. Zunächst der Doors-Film von 1990, anschließend Konzert mit der Doors-Revival-Band „the lizard kings“ Anlässlich 15 Jahre Steinstatt: 27. Juni ab 20 Uhr mexikanischer Abend, u.a. mit dem Film „Frida“ und der Gruppe „Mariachi dos Mundos“; 28. Juni ab 17 Uhr schwedische Mittsommernacht mit den Filmfiguren Michel, Pippi und Ida. Am 29. Juni Film-Flohmarkt: Programmhefte, Plakate, Fotos etc. Kiste, Heidenauer Straße 10, Tel. 998 74 81 Für Mädchen am Vormittag Der Mädchenklub „Hella“, Tangermünder Str. 2a – die einzige kommunale Jugendfreizeiteinrichtung in Marzahn-Hellersdorf, die ausschließlich mit Mädchen arbeitet – hat jetzt auch vormittags für junge Frauen ab 16, die ohne Ausbildung bzw. ohne Lehrstellenplatz, schwanger oder bereits Mütter sind und Arbeit suchen, geöffnet für Kontakte und Meinungsaustausch. -rosi Kinder – Die Vergessenen unserer Gesellschaft? Fachdebatte über „Kindsein in Marzahn-Hellersdorf“ benannte Defizite „Hätte nie gedacht, mit wieviel Problemen Kinder konfrontiert sind bzw. bewältigen müssen“, so formulierte eine Beobachterin des Fachgesprächs „Kindsein in Marzahn-Hellersdorf“ am 16. Mai ihren Eindruck. Dazu hatte das seit nunmehr 10 Jahren im Bezirk tätige Kinderund Jugendbüro Zuständige aus Ämtern und Praktiker aus Lebensbereichen von Kindern eingeladen, um öffentliche Verantwortung für das gesunde Aufwachsen der Kinder im Bezirk zu diskutieren und Erfordernisse kindorientierten Handelns in Zeiten dramatischer Finanzkürzungen abzustecken. Kindheit heute bedeutet: ungesicherte soziale Bindung, Wettbewerbs- und Konkurrenzgesellschaft schon in der Grundschule, kommerzialisierter Bildungsmarkt und Freizeitwelt, Verstädterung infolge Verknappung von Spiel- und Erfahrungsräumen, gesundheitsschädliche Umwelteinflüsse, zunehmende soziale Differenzierung, nachhaltige Beeinflussung durch Medien. Andere Fachstudien konstatieren, dass ein Drittel der So ist es nur ein Spaß; werden Kinder jedoch weiterhin allein gelassen und an den Rand der Gesellschaft gedrängt, können aus Wasser-Pistolen schnell auch „echte“ werden. Foto: Nachtmann Kinder bereits stresskrank ist, 30 Prozent ständig Medikamente nehmen, ein Viertel belastet ist durch Allergien. Die leitende Ärztin des Kinderund Jugendgesundheitsdienstes Marzahn-Hellersdorf stellte aktuelle Ergebnisse der Einschulungsuntersuchungen vor: Demnach sind bereits 12 Prozent der Fünfjährigen übergewichtig, 17 Prozent haben Defizite der motorischen Fähigkeiten, 20 Pro- zent weisen Sprachstörungen auf, jedes zweite Kind wächst in Raucherfamilien auf, jedem Dritten wurde hinsichtlich psychischer Fähigkeiten wie Konzentration pädagogischer Förderbedarf attestiert. Der Schulrat für Grund- und Sonderschulen beschrieb die veränderten Bedingungen und Anforderungen für das Lernen von Kindern. Strukturveränderungen sprich Schulschließun- gen infolge sinkender Schülerzahlen haben ihre Wirkung auf Kinder, das neue Schulgesetz mit veränderter Schuleingangsphase braucht pädagogische Konzepte und deutlich engere Zusammenarbeit von Kita, Eltern, Schule und Jugendhilfe. Die Schulpsychologin erläuterte den deutlichen Anstieg von Anmeldungen mit Schwerpunkt Verhaltensauffälligkeiten und Schulverweigerung, der von nur drei Fachleuten kaum bewältigt werden kann. Notwendige Lern- und Verhaltenstherapien kosten Geld. Das Jugendamt hat dafür wie auch für andere dringende Erziehungshilfen immer weniger. Alarmierend sind die Feststellungen im Sozialhilfebericht, wonach jedes vierte Kind unter 6 Jahren im Bezirk von Armut betroffen ist (vgl. jot w.d.-Bericht in Ausgabe 12/2002). Immer mehr Kinder brauchen pädagogische Freizeitbetreuung, Sozialarbeit und Lebenshilfe, weil Eltern und Schule Defizite nicht bewältigen. Das stellte ein Praxisreport des Kinderringes in Marzahn-Nord fest. Umso problematischer die Tatsache, dass seit Jahresbeginn insbesondere Kinderprojekte infolge Spardiktats schließen mussten. Das Kinderbüro machte Quantität und Auswirkungen dieser Entwicklung deutlich, belegte exemplarisch anhand des Projekts Kiezdetektive, wie Spielund Sportmöglichkeiten für Kinder eingeschränkt wurden. Streetworker benannten, wie infolge der Schließung von Kinder- und Jugendfreizeitklubs die Präsenz der 10- bis 14-Jährigen auf den Straßen bis in die Nachtstunden zugenommen hat. Trotz erstaunlicher Datenvielfalt gibt es eine ressortübergreifende Unkenntnis. Deshalb müssen das Zusammenwirken möglichst vieler Akteure und Verantwortlicher stärker vernetzt, Informationen effektiver bearbeitet und Ressourcen stärker gebündelt werden. Wenn im Herbst das Forum „MarzahnHellersdorf – Aktions- und Bewegungsraum für Kinder“ stattfindet, wird bilanziert, was sich bis dahin getan hat - zum Wohle der Kinder. Ina Herbell Kinder- und Jugendbüro Kultur CD für Liebhaber: „Mutter“ von Rammstein Als ich mir diese nun mittlerweile dritte CD von Rammstein kaufte, verließ ich mich vor allem auf solche gut in den Hitparaden des Rundfunks dotierten Titel wie „Sonne“ und „Ich will“. Aber dieses Album bietet viel mehr als guten Hardrock, der durchaus auch melodiös ist. Aufwänidge Arrangements mit Streichereinlagen, Kinderchor und Sopranfrauenstimmen runden den Hörgenuss ab. Etwas nachdenklich hingegen haben mich die Texte mit ihrem zumeist düsterem Inhalt, und das ganz besonders im Hinblick auf Jugendliche gestimmt – ganz egal, ob von einem scheintoten Kinde, einer Rabenmutter oder dem letzten Kuss eines alten Ehepaares (bevor die Frau stirbt) die Rede ist. Alles in allem ist diese CD aber ein gelungenes Album, welches auch für ältere Jahrgänge empfehlenswert ist. Lutz Schuchert 9 Mann und Frau im Plattenbau Cartoon-Ausstellung in der Hellen Mitte Hellersdorf. Bei Gerd Wessel kommt die viel geschmähte „Platte“ bunt und ARTenreich daher – als Schmetterling, Kater, Hahn, Schnecke und sogar in Gestalt einer vollbusigen Frau. Zuweilen läuft ein riesiger Hase über die Häuserfassaden. BMXer und Skateboarder nutzen abgestufte Dächer zur rasanten Abfahrt. Auf einer Dachterrasse bittet ein Mann seine Frau „Komm auf die Schaukel, Luise“. Im „Hellersdorfer Stilleben“ sind zwei Hochhäuser als Stühle verkleidet. „Kommt her, nehmt Platz, hier lebt es sich gut“, so Wessels Aussage. Jedes der knapp zwei Dutzend Cartoons, die seit dem 12. Mai in der Ausstellung „ART-gerecht wohnen“ an der Henny-PortenStraße 10-12 (Helle Mitte) zu sehen sind, ist eine Art Liebeserklärung an die Neubausiedlung Hellersdorf. 18 Monate lang (bis Dezember 2002) war der Neuköllner Architekt und Zeich- Begehrte Signets Schlangestehen erinnert an alte Zeiten. Doch im CineStar gings nicht um Bananen, sondern Puhdys-Autogramme. Foto: Dittmann Hellersdorf – Wer hätte das gedacht: Am 13. Mai strömten Hunderte Fans zum CineStar in der Hellen Mitte. Diesmal nicht, um sich einen Film anzusehen, sondern um persönlich Autogramme der Puhdys zu ergattern, mit ihren musikalischen Lieblingen ins Gespräch zu kommen oder zum Vorzugspreis die neueste Puhdys-Scheibe „undercover“ (siehe jot w.d. 5/2003) zu erwerben. Dieter „Maschine“ Birr, Dieter „Quaster“ Hertrampf, Peter „Eingehängt“ Meyer, Peter „Bimbo“ Rasym und Klaus Scharfschwerdt beantworteten zwei Stunden lang viele Fragen ihrer Fans zwischen 7 und 70 und schrieben sich die Finger wund. Schon wenige Tage nach Erscheinen des Albums gelangte es auf Platz 18 der TOP 20 der deutschen Albumcharts. Am 7. Mai wurde der Kultband aus dem Osten, die nächstes Jahr ihr 35. Bühnenjubiläum feiert, innerhalb der ARD-Sendung „Festival des Deutschen Schlagers“ die „Goldene Europa 2003“ für ihr Lebenswerk verliehen. Die Goldene Europa ist der älteste deutsche Musikpreis. ID Komposition in Licht und Zeit Theaterpremieren im Springpfuhlhaus Marzahn – Im Anschluss an die Grafikausstellung „Freie Linie“ (noch bis 11. Juni, Galeriegespräch am 6. Juni, 18 Uhr) gibt es in der Galerie „Klin“ an der Ahrensfelder Chaussee 144 gleich eine neue Exposition. Die russlanddeutsche Gruppe Klin zeigt vom 13. Juni bis zum 2. Juli eine „Komposition in Licht und Schatten“. Die Galerie ist montags bis freitags zwischen 15 und 19 Uhr geöffnet. ID Marzahn – Zwei Premieren allein im Juni meldet das Springpfuhlhaus am Helene-WeigelPlatz. Am 16. und 17. Juni zeigen Schüler der Otto-NagelSchule „Alles Liebe oder was“, „Der letzte Wunsch“ und „Für alle Delta-Team!“; am 19. Juni lädt „Pina Colada“ erstmals zur Aufführung der klassischen Komödie „Viel Lärm in Chiozza“ ein. Am 27. Juni gibt’s wieder Impro-Theater. RN Ex-Stadtzeichner Gerd Wessel während der Ausstellungseröffnung in der Hellen Mitte. Foto: Dittmann ner Gerd Wessel Hellersdorfs Stadtzeichner. Und er hat in dieser Zeit mit viel Witz, Phantasie und einem Augenzwinkern seine Vorstellungen vom „Stadtumbau Ost“ mit Pinsel und Zeichenstift aufs Papier gebracht. „Eigentlich war die Großsiedlung ja schon immer so geplant“, sagt Wessel mit Schalk in den Augen. „Wir bauen die Platte nur zu Ende.“ Am besten, Sie machen sich selbst ein Bild von den humorvollen Bildern des 65-Jährigen. Gelegenheit dazu haben Sie noch bis Ende Juni, jeweils montags 13-17, dienstags und donnerstags 9-17 und freitags 9-15 Uhr. I. Dittmann Auch fast 14 Jahre nach der Wende sind Ausstellungen von Arbeiten ehemals führender DDR-Künstler nicht unbedingt Alltag im Kunstgeschehen. Daher ist es durchaus verdienstvoll, dass Klaus Arnd und Hannelore Hintersdorf in ihrer Galerie im Kunsthof an der Oranienburger Straße – im absoluten Szeneviertel Berlins – nun Werke von so bekannten Malern und Grafikern wie Fritz Cremer, Arno Mohr, Herbert Sandberg oder Gabriele Mucchi zeigen. Das besondere daran ist, dass es sich um „Arbeiten aus dem Nachlass“ handelt; zumeist Blätter, die teils noch nie, teils schon sehr lange nicht mehr öffentlich gezeigt wurden. Eine Sonderstellung in der Verkaufsschau nimmt die Mahlsdorfer Künstlerin Johanna Jura ein. Darauf wies auch Prof. Peter H. Feist in seiner Einführung am Abend der Vernissage hin. Johanna Jura ist als einzige Frau neben sechs Männern vertreten. Sie wurde als einzige Bildhauerin unter lauter Malern ausgewählt. Dies verdeutlicht, dass sie wohl zu Unrecht in den vergangenen Jahren unbeachtet blieb, wie auch in den 80-er Jahren der DDR. Wem die Darstellung einer Auswahl ihrer Werke auf Fotografien im Klub JoyIn (siehe jot w.d. 3/ 2003) gefallen hat, der wird sich an den Originalen noch mehr erfreuen. Ein Besuch bei Hintersdorfs lohnt also nicht nur wegen der teils witzig-ironischen Bilder eines Herbert Sandberg, der melancholischen Zeichnungen eines Heinrich Ilgenfritz oder der kräftigen Liebespaare von Fritz Cremer. RN Späte Ehre Friederike Krusche: Malerei, Drucke und Objekte Seit dem 18. Mai zeigt die Galerie M, Marzahner Promenade 13, die Ausstellung „Friederike Krusche“ (Malerei, Drucke und Objekte). Ob Lithographie, Gouache und Wachs, Siebdruck, Druck-Collagen oder Radierung – das dafür verwendete Material reicht von verschiedenen Stoffen bis hin zu den unterschiedlichsten Papierarten und lässt sich kaum benennen. Doch auch ohne Farben zu benutzen, verwandelt Friederike Krusche einen weißen Stoff in ein Gemälde, indem sie mittels Ausbreitung abstrakte Schlupflöcher schafft, die vom Tageslicht durchflutet werden können. Im Verlauf ihrer jahrzehntelangen Arbeit hat sie eine eigene Sprache entwickelt, mit Symbolen, die den Betrachter unmittelbar bis in sein tiefstes Unterbewusstsein ansprechen. Als Beispiel seien hier die Werke „Begegnung“, „Austausch“, „Zwischenräume, die „Verschlüsselung“ oder der immer wieder auftauchende „Skorpion“ genannt. Auf eine subtile Art und Weise wird man fast unbemerkt in neue räumliche Welten hineingezogen, die fast schon hypnotisch wirken. Das Geheimnis könnte in der Vielschichtigkeit der Farben liegen, die sich zwar vereinen, aber nie wirklich miteinander vermischt werden. Neben der Malerei und der Lithographie waren es vor allem immer wieder der Siebruck und die Wachsmalerei, die die Künstlerin faszinierten. Symbolischen Zeichen und geometrischen Formen verlangt sie deren innewohnende Magie ab und eröffnet neue Einsichten. Friederike Krusche wurde 1964 in Lückendorf (Kreis Zittau) geboren und studierte an der Kulturakademie Berlin und an der Kunsthochschule BerlinWeißensee. Nach ihrem Diplom 1997 avancierte sie zur Meisterschülerin bei Prof. Max Görner. Claudia Udenta Noch bis 22. Juni, Öffnungszeiten: sonntags bis donnerstags von 13 bis 18 Uhr bzw. nach Vereinbarung. Tel. 54 50 294 jot w.d. Buchtipp Ich gebe zu Protokoll – Lotte Ulbrichts Erinnerungen Seit wenigen Wochen erst auf dem Buchmarkt und schon auf der Bestseller-Liste weit vorn: Das Buch Lotte Ulbrichts „Mein Leben“, herausgegeben von der Berliner Verlagsgruppe Neues Leben, Edition Ost und Eulenspiegelverlag. Lotte Ulbricht hat ein zusammenhängendes Manuskript hinterlassen, seit 1996 diktiert und fein säuberlich redigiert. In ihren Lebenserinnerungen wehrt sich Lotte Ulbricht insbesondere gegen den Vorwurf, sie habe Walter Ulbricht dominiert und seine politischen Entscheidungen wesentlich bestimmt. Will man ihren Aussagen glauben, haben die beiden kaum über die Politik von SED-Führung und DDR-Regierung gesprochen. Einer zweiten Verleumdung, sie habe nach dem Tod von Walter Ulbricht die DDR verlassen und die Schweiz um Asyl bitten wollen, tritt sie energisch entgegen. Vermutlich hätte die neue Parteiführung unter Honecker sie gern außer Landes gesehen und totgeschwiegen. In diesem Buch stoßen Leser auf interessante und zuweilen auch belustigende Begebenheiten. Für Lotte Ulbricht war das Lesen wichtig und ein Hochgenuss. Korrespondenzen mit Wissenschaftlern anerkennen ihren Wissensdrang und ihr Werturteil. Ob das vielfach gescholtene Wort vom „Überholen ohne einzuholen“ etwas mit Lotte Ulbrichts wissenschaftlichen Überlegungen zu tun hat, muss der Leser selbst herausfinden. Noch im hohen Alter reiste sie an die Mosel und nach Paris. Ein vorlauter Mitreisender meinte, dass sie sicher sehr froh darüber sei, nach dem Fall der Mauer nun endlich nach Paris reisen zu können. Prompt antwortete sie: „Männeken, ich war schon in Paris, da gab es Sie noch gar nicht!“ Von Frank Schumann, Herausgeber des Buches, war überdies zu erfahren, dass Lotte Ulbricht auch noch in die USA reisen wollte; die seien doch gar nicht so weit weg. S. Birkner 10 Wie wertvoll ist uns das Wuhletal? Planung für den Landschaftsraum hätte längst erfolgen müssen Mindestens 5000 Jahre menschlicher Besiedlung haben das Gebiet unseres heutigen Bezirkes geprägt, auch den Landschaftsraum Wuhletal. Menschliche Eingriffe machten das Gebiet dieser nacheiszeitlichen Schmelzwasserrinne zu einem Stück Kulturlandschaft. Und so kann es auch bei den aktuellen Diskussionen nach der Schließung des Klärwerksableiters (auch „Neue Wuhle“ genannt) nicht um die Bewahrung oder Wiederherstellung irgendeiner „Wildnis“ gehen. Jetzt sollte es darum gehen, wie der Landschaftsraum Wuhletal künftig gestaltet sein soll und inwieweit Platz gelassen oder geschaffen wird für erlebbare Natur. In wertvollen Biotopen wie dem Weidengrund, den Anstaubereichen in der Nähe des Kienberges und den Kaulsdorfer Teichen finden sich heute noch Vorkommen zahlreicher auf der Roten Liste stehender bedrohter Pflanzen- und Tierarten; die Rotbauchunke, die Rohrweihe und der Eisvogel seien nur beispielhaft erwähnt. Diese zu erhalten, ist eine politische Verpflichtung. Meine Vision des Landschaftsraumes Wuhletal ist die einer „Erholungslandschaft mit dem besonderen Wert erlebbarer Natur“. Das Bezirksamt hingegen, namentlich Umweltstadtrat Heinrich Niemann, bleibt – wie auch eine dem Umweltausschuss übergebene Vorlage – bei Allgemeinplätzen stehen. Seit Wochen erhitzt die Diskussion um das Wuhletal die Gemüter im Bezirk und darüber hinaus. Um diese Diskussion zu versachlichen und das Problembewusstsein zu schärfen, hatte der Kreisverband Marzahn-Hellersdorf von Bündnis 90/Die Grünen zu einer geführten Wanderung durch das Wuhletal eingeladen. Dabei erinnerte Nickel von Neumann an Versäumnisse des Senats, der seit 1995, seit dem Beschluss, das Klärwerk Falkenberg zu schließen, keine konkreten Schritte unternommen habe, die Folgen der Schließung für das Tal wenigstens abzumildern. „Wir können aber nicht mehr abwarten, bis die Schäden sichtbar werden, dann kann es für Reparaturen schon zu spät sein“, sagte er. Maria Hartwig wollte mit dieser Wanderung Probleme bewusst machen, klären, was überhaupt möglich ist, und wo die Grenzen der Zuständigkeit des Bezirksamts liegen. Sie erinnerte daran, dass Alte und Neue Wuhle als Gewässer II. Ordnung in die Zuständigkeit des Senats fallen. Das Bezirksamt ist nur zuständig für die Feuchtbiotope und die stehenden Gewässer rechts und links des Laufs der Wuhle. Deren Zustand hängt aber auch am Zu- 10-11.p65 10 Schwarz Für die wertvollen Biotope, die laut seiner Aussage „möglichst erhalten bleiben sollen“, hätten schon vor längerer Zeit Maßnahmen vorbereitet werden müssen und können. Die Entscheidungen darüber werden bis heute ausgesessen. Den Bau bzw. Ausbau des Wuhlewanderweges sehe ich als einen wichtigen Beitrag, das Wuhletal als Landschaftsraum einer behutsamen Erholungsnutzung zu erschließen. Aber die Wegeerschließung ist noch kein Wert an sich. Wanderwege könnte man auch an „englischem Rasen“ vorbeiführen, ohne dass der Laie Mangel empfindet. Wir sollten zu einer Geschäftsgrundlage bezüglich des Wuhletales finden, auf der nach Mitteln und Wegen gesucht wird, die Artenvielfalt zu erhalten und behutsam erlebbar zu machen. Hierzu bedarf es einer Verständigung zu politischen Prioritäten im Rahmen der Entwicklung des Landschaftsraumes, auch in der Arbeitsgruppe, die besagte Bezirksamtsvorlage qualifizieren soll. Frank Beiersdorff Vors. Umwelt-Ausschuss Wuhletal Grüne Jugend: Niemann soll Bedenken ernst nehmen Verwunderung herrscht bei der Grünen Jugend MarzahnHellersdorf über Umweltstadtrat Heinrich Niemann. Hatte dieser doch im Hinblick auf das Wuhletal u.a. festgehalten: „Als Biotoptyp sind nicht dauerhaft wasserführende Gewässer aufgrund ihrer Seltenheit wertvoller als ganzjährig wasserführende Teiche. ... Eine Gefährdung der Amphibien durch Schließung des Klärwerks ist damit ausgeschlossen.“ Diese Einschätzung erscheint uns sehr fragwürdig. Sowohl Vor-Ort-Besuche als auch die Analyse durch Fachleute der IG Wuhletal, des NABU und der Lokalen Agenda widersprechen dieser Niemannschen Ansicht. Deshalb wird Niemann aufgefordert, die Bedenken ernst zu nehmen und seiner Verantwortung für Umwelt und Bürger gerecht zu werden. Bio-Idee im Bezirksamt verschollen Trockenheit unterm Brückenbogen – immer weniger Naturfreunde glauben den Verheißungen des Bezirksamtes, das Wuhletal werde nicht völlig austrocknen. Foto: Nachtmann Die Zeit drängt Ortstermin der Bündnisgrünen im Wuhletal stand der Wuhle. Diesen Zusammenhang gelte es zu sehen. Auch die Kappung des Zuflusses aus dem Klärwerk nach seiner Stillegung ist eine Nutzungsänderung, für deren Fol- Millionen Euro jährlich von den Wasserwerken eingenommen habe. Die für das Wuhletal im Haushalt eingestellten 1,3 Millionen müssten auch tatsächlich für den Erhalt dieser für Berlin Ob Heinrich Niemann jemals wieder so fröhlich vom Kienberg ins Wuhletal schauen wird? Foto: jot w.d.-Archiv/Deubler gen der Senat nach Paragraf 26a einmaligen Naturlandschaft einBerliner Naturschutzgesetz die gesetzt werden. Dr. Niemann Verantwortung trägt. Er hat da- sah sich veranlasst, vor „Panikfür zu sorgen, dass Folgeschä- mache“ zu warnen. Trotz niedden so gering wie möglich blei- rigem Wasserstand gebe es grüben und die Artenvielfalt erhal- ne Auenwiesen. ten wird. Die bange Frage „Wie lange Umweltstadtrat Heinrich Nie- noch?“ stellte sich am völlig mann betonte, dass das Land ausgetrockneten Karpfenteich Berlin für die Nutzung des Tal- und auch bei der Wanderung raums durch den Klärwerksab- entlang der Kaulsdorfer Klärleiter über Jahre hinweg 8,5 teiche, die bis auf eine Rest- feuchte am mittleren Teich völlig ausgetrocknet waren. Während Dr. Niemann immer wieder auf die extreme Trockenheit der vergangenen Monate hinwies, sahen die Naturschützer darin auch eine Folge des gesunkenen Wasserspiegels. Für Dr. Niemann kann es nicht darum gehen, den Zustand vor der Schließung des Klärwerks wieder herzustellen. Vielmehr gelte es, den natürlichen Zufluss durch Niederschläge behutsam zu steuern. Das Wasser soll einerseits langsam abfließen, um den Talraum feucht zu halten, andererseits in Bewegung bleiben, damit es nicht fault. Solche Bewegung ließe sich schon durch einfache und vergleichsweise billige Baumaßnahmen erreichen, wie z.B. Findlinge im Flusslauf oder kleine Stautreppen wie in der Mündung der Alten in die Neue Wuhle, erläuterte Frau Gittel vom Bezirksumweltamt. Die Frage, ob nicht etwa die tiefer gelegene Sohle des Klärwerksableiters wie ein Entwässerungsgraben wirke, könne derzeit nicht beantwortet werden, meinte Dr. Niemann. An dieser Stelle zog Maria Hartwig das Fazit dieser Ortsbesichtigung: Wir dürfen nicht warten, bis das Wuhletal austrocknet. Bernward Müller 01.06.2003, 12:31 zum jot w.d.-Artikel „Schildbürger im Wuhletal“ Seit dem September 1998 liegt dem Bezirksamt Marzahn (heute Marzahn-Hellersdorf) eine Studie über die weitere Verwendung des Klärwerkes Falkenberg unter dem Titel „Kompost 2002 aus der Biotonne – Vergärungs- und Kompostierungsanlage auf dem Gelände der Kläranlage Falkenberg“ vor. Sie wurde vom Ing.-Büro Bio Tech Umweltprojekte unter Leitung von Dr.Wolfgang Tentscher erarbeitet. Dazu fanden öffentliche Beratungen bis ins Jahr 1999 statt. Teilnehmer waren unter anderem: Arbeitsamt, Bezirksamt Marzahn, Ing.-Büro BioTech, Mitarbeiter des Klärwerkes. Dieses Pilotprojekt für Berlin fand allgemeine Zustimmung. Die Berliner Wasserbetriebe sind mit einer Nutzung einverstanden, dies ist in der Einleitung des Projektes festgehalten. Die Zielsetzung war, „ ... eine Lösung, die umweltgerecht ist und die Interessen der Beteiligten berücksichtigt. Es sollen nicht nur Technologien zum Einsatz kommen, die Arbeitsplätze schaffen, sondern es sollen im Wohnungsbereich Einsparungen bei der Restmüllverwertung und möglichst auch im Verwaltungsablauf der Wohnungsgesellschaften erzielt werden. Die Struktur der Firma, die die Biotonnenanlage betreibt, soll eine transparente Gebührenstruktur zur Folge haben. ... Die umweltgerechte Lösung liegt in der Erzeugung von Biogas und Kompost.“ Warum diese Idee nicht weiter verfolgt wurde, ist und bleibt wohl ein Geheimnis des Stadtbezirkes Marzahn. F. Friedrich Gesundheit Auf dem Rücken der Kranken Kein Ersatzbau für Klinikum Hellersdorf Biesdorf – Erleichterung, dass das Hellersdorfer Krankenhaus bleibt, aber auch Enttäuschung darüber, dass die Entscheidung über den dringend benötigten Ersatzbau auf 2006 verschoben wurde, machten sich am 23. Mai beim Podiumsgespräch über die Zukunft des Klinikums Hellersdorf breit. Die Plakate im Saal ließen keinen Zweifel an dem, was Vivantes, Krankenhausmitarbeiter, Bürger und Politiker vor Ort vom Senat fordern: „unendlichen Geschichte“ bewies. Noch im vergangenen Jahr hatte das Land Berlin das Strategiekonzept von Vivantes (mit Ersatzbau) bestätigt! Bei der Entscheidung gegen den Neubau am Standort Kaulsdorf wird gerne auch argumentiert, dass es in der Nordostregion ja das supermoderne Unfallkrankenhaus Berlin in Marzahn gäbe. Vergessen werde dabei allerdings, so Czaja, dass das ukb nicht für die medizinische Während der Podiumsdiskussion am 23. Mai auf dem Gelände des Griesinger-Krankenhauses in Biesdorf. Foto: Dittmann „Spart nicht an der falschen Stel- Basisversorgung der 250 000 le! Marzahn-Hellersdorf braucht Marzahn-Hellersdorfer, sonsein Krankenhaus!“ dern als Krankenhaus der BeWie berichtet, hatte die Rot- rufsgenossenschaften (bundesRote Koalition auf Interventi- weit) für die Versorgung von on von Berlins Regierendem Unfallopfern zuständig sei. Klaus Wowereit und Senator Neue Aufgaben Peter Strieder den seit Jahren für das Klinikum geplanten (und bereits bestätigten) 45 Millionen Euro teuren Auch Bürgermeister Uwe Klett Ersatzbau am Standort Kauls- äußerte sein Unverständnis über dorf im April abgelehnt. Erst im die Senatsentscheidung. „Wesneuen Krankenhausplan (ab halb die Verschiebung auf 2005/ 2006) soll das Thema wieder auf 2006? Gibt es denn neue Erder Tagesordnung stehen. kenntnisse?“ Ein Arzt aus dem Was der SPD-Fraktionschef im Westteil der Stadt befürchtete: Abgeordnetenhaus Michael „Dieses Hinauszögern könnte Müller mit Sparzwängen be- Vivantes in die Insolvenz treigründete, bezeichnete sein Ab- ben.“ Schließlich müsse nun erst geordnetenhaus-Kollege Mario einmal in die maroden Gebäude Czaja als „faulen Kompromiss“. investiert werden. Um sie dann Denn der Bau hätte laut Vivan- vielleicht doch abzureißen? tes privat errichtet werden kön- Ermutigend für die Anwesenden nen, hätte sogar zusätzlich Ein- war das klare Votum für Hellerssparungen aufgrund der redu- dorf von Vivantes-Chef Schäfer. zierten Bettenanzahl (statt 693 Das Klinikum soll innerhalb des nur noch 371) gebracht. landeseigenen KrankenhausKlärungsbedarf? verbundes sogar neue Aufgaben übernehmen. So wird der BeWie lange noch? reich Sucht-Entwöhnung im Doch diese Argumente wie auch Griesinger Krankenhaus nicht an das Votum der zuständigen Se- einen anderen Ort verlagert, wie natorin Heidi Knake-Werner für ursprünglich erwogen, sondern den Bau in einer unterversorgten vor Ort sogar um zwei Häuser Region Ost wischte der Senat erweitert. In Angriff genommen vom Tisch. Dass der Kom- werden soll zudem ein privat erpromiss, so Michael Müller, die richtetes Ärztehaus am StandChance biete, „ganz in Ruhe“ ort Kaulsdorf, um die stationäüber die Zukunft des Klinikums re und ambulante Betreuung der nachzudenken (da gäbe es noch Patienten besser zu vernetzen. viele Fragen und Klärungsbedarf Dass der Ersatzbau dennoch in der Fraktion), löste bei den kommen muss, bekräftigte Schämeisten Anwesenden indes fast fer am Ende der mehr als zweischon wieder Heiterkeit aus. stündigen Diskussion. „Wir Geht das Tauziehen um den bleiben dran und warten nicht Neubau doch schon seit Jahren auf 2006.“ Optimistische Wor(genauer gesagt seit 1995), wie te, die nicht nur die 1200 BeVivantes-Chef Wolfgang Schä- schäftigten wieder etwas gelasfer denn auch in einer akribisch sener in die Zukunft blicken lasdargebotenen Chronologie der sen. Ingeborg Dittmann 10-11.p65 11 Schwarz „Nichts über uns ohne uns“ 11 Hilfe und Anerkennung für Menschen mit Behinderungen Die EU hat das Jahr 2003 zum „Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen“ erklärt. In Deutschland steht es unter dem Motto „Nichts über uns ohne uns“. Ziel ist, Problemen und Interessen behinderter Menschen mehr Aufmerksamkeit und eine größere Öffentlichkeit zu schaffen. Marzahn – Nichts kann das Leben eines Menschen so abrupt verändern wie die Folgen eines schweren Unfalles. Wenige Sekunden genügen – und nichts ist mehr so wie es war. Unfälle im Straßenverkehr, auf dem Weg zur Arbeit, in der Freizeit oder im Haushalt können zu lebenslangen körperlichen Behinderungen führen. Allein durch Arbeitsunfälle erleiden in Deutschland in jedem Jahr mehr als 20 000 Menschen dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigungen. Als es Jan Fabis traf, war er gerade mal 22 Jahre jung. Der Bauarbeiter stürzte auf seiner Arbeitsstelle vom Gerüst. Seitdem fesselt ihn eine komplette Querschnittslähmung an den Rollstuhl. Der junge Mann wurde nach seinem Unfall in der Klinik für Urologie und im Zen- Seit seinem Arbeitsunfall vor acht Jahren ist Jan Fabian an den Rollstuhl gefesselt. Seit zwei Jahren ist er stolzer Vater von Zwillingen. Foto: Dittmann trum für Rückenmarkverletzte des Unfallkrankenhauses Berlin (ukb) in Marzahn medizinisch betreut. Seine Berufsgenossenschaft kümmerte sich um RehaMaßnahmen, beruflichen Wiedereinstieg und gab finanzielle Hilfe beim Bau eines behindertengerechten Einfamilien- hauses. Seit zwei Jahren ist Jan stolzer Vater von Zwillingen. Stefan Peter erlitt vor viereinhalb Jahren während einer Reise in der Dominikanischen Republik einen schweren Unfall. Ein herabstürzender Ast führte auch bei ihm zu einer Querschnittslähmung. Seitdem sitzt der mehrfache deutsche Schwimmmeister und Journalist im Rollstuhl. In der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Marzahn habe er jede erdenkliche Hilfe erhalten, erzählt der 38-Jährige. Dazu gehörten bei ihm auch außergewöhnliche Hilfsmittel wie ein Reise- und ein Stehrollstuhl, sagt Prof. Dr. Axel Ekkernkamp, ärztlicher Direktor des ukb. „Seit über einem Jahr kann ich nun sogar wieder in meinem Beruf als Reisejournalist arbeiten“, freut sich Stefan Peter. „Durch ganzheitliche RehaMaßnahmen wollen wir behinderten Menschen ermöglichen, so gut und selbstbestimmt wie eben möglich wieder am sozialen Leben teilzunehmen, ihnen Akzeptanz und Anerkennung verschaffen“, sagt Dagmar Schittly vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften. I. Dittmann Monat der jungen Alten Im Juni gibt’s die Seniorenwochen Marzahn-Hellersdorf – Im Rahmen der Berliner Seniorenwochen vom 7. bis 26. Juni findet am 19. Juni von 10 bis 13 Uhr ein „Festival des Seniorensports“ statt. Im Freizeitforum an der Marzahner Promenade 55 wird zum sportlichen Wettbewerb eingeladen. Unter anderem in den Sparten Gymnastik, Bowling, Schwimmen, Koronarsport und OstereoporoseGymnastik. Nebenbei werden am gleichen Ort auch neue Sportgeräte vorgestellt. Wer will, kann sich fachlichen Rat zur Gesundheit einholen. Eine Woche zuvor, am 12.Juni, lädt Peter Bosse unter dem Motto „Wir schwelgen in Erinnerungen“ zu einer Filmplauderei ins Kreativzentrum an der Senftenberger Straße 12/14 (26. Kita) ein. Beginn 14 Uhr, Eintritt 1 Euro. Musikalisch-literarisch geht es am 17. Juni, ab 14.30 Uhr in der Seniorenfreizeitstätte „Pestalozzi-Treff“ ZITIERT: Das intensive Ringen um den Ersatzbau für das Klinikum Hellersdorf bedeutet, den Anspruch unserer Bürger auf bedarfsgerechte wohnortnahe Krankenhausversorgung ernst zu nehmen. Der Streit um die Zukunft der Berliner Krankenhauslandschaft und der damit verbundene Bettenabbau darf nicht zu Lasten der Hellersdorfer und Marzahner gehen, einer Region, die ohnehin im Berliner Vergleich unterversorgt ist. Dr. Manuela Schmidt Gesundheitsstadträtin Marzahner und Hellersdorfer Senioren sind immer aktiv und mittenmang. Foto: Dittmann zu. Zu Gast in der Pestalozzistraße 1 a ist der Sänger Gunter Wutell. Zu einem außergewöhnlichen Konzert bittet am 25. Juni die „Harmonika Dance-Combo Berlin“ in das Kulturforum Hellersdorf an der Carola-NeherStraße 1. Die „Musik am Nachmittag“ beginnt um 14.30 Uhr, Eintritt 4 Euro. Übrigens: Die Eröffnungsveranstaltung zu den Berliner Seniorenwochen findet am 7. Juni zwischen 10 und 17 Uhr auf dem Alex statt – u.a. mit Chordarbietungen, einer Senioren-Talente-Show, Theater, Volkstänzen und einer Seniorentrommelgruppe. I. Dittmann Ehrung für Karin Büttner-Janz Als zweite deutsche Turnerin (nach Maxi Gnauck) wurde jetzt Dr. Karin Büttner-Janz in die internationale „Hall of Fame“ in Oklahoma City aufgenommen. Die weltberühmte Turnerin ist seit vielen Jahren Direktorin der Klinik für Orthopädie im Vivantes Klinikum Hellersdorf. Karin Büttner-Janz gewann zwischen 1957 und 72 bei Olympischen Spielen, Weltund Europameisterschaften 15 01.06.2003, 12:31 Medaillen, darunter allein sieben bei den Olympischen Spielen in Mexiko-City und München.Ihren stärksten Wettkampf bestritt die Berlinerin 1969 in Landskrona, wo sie vierfache Europameisterin wurde. Zwischen 1957 und 72 war sie 20 Mal DDR-Meisterin. Nach Beendigung ihrer sportlichen Laufbahn wurde Karin Büttner-Janz zu einer anerkannten Orthopädin und Wirbelsäulen-Spezialistin. ID 12 Ein Bezirk und sein Image Ruinen in Marzahn-Hellersdorf, Teil 1: Das ehemalige Gebäude des Weiten Theaters Die Großsiedlung Hellersdorf war vor knapp drei Jahren Vorzeigeprojekt bei der Weltausstellung Expo 2000. Zu recht. Denn der „Bezirk im Grünen“ hat in den 90er Jahren an Attraktivität gewonnen. In der einst tristen Schlafstadt wurden Grünanlagen gebaut, Wohnungen saniert, Fassaden farbenfroh gestaltet, schöne Spielplätze und Wohnhöfe gebaut. Schicke Jugendklubs wie Anna Landsberger (Marzahn) oder Eastend (Hellersdorf), Begegnungsstätten für Jung und Alt (wie das Haus am Hultschi 98) entstanden. Doch inzwischen stehen immer mehr öffentliche Gebäude leer, sind dem Verfall preisgegeben – vor allem Kitas, Schulen, Bibliotheken oder Jugendklubs (wie der „Renner“ in Marzahn oder das „Studio Hellersdorf“), aber auch Gebäude, in denen bis vor wenigen Monaten noch Leben herrschte. Wie im „Weiten Theater“ an der Louis-Lewin-Straße. Ein Sonnabend Abend im Mai. Der „Theaterplatz“ an der Louis-Lewin-Straße ist verwaist. Kein Mensch sitzt an diesem lauen Frühsommertag auf den Bänken des vor gar nicht allzu langer Zeit hergerichteten Platzes. Kein Wunder, der Anblick des unordentlichen Baulagers nebenan (alte Fenster, Bauschutt) ist nicht eben beschaulich. Genau so wie der Anblick des Hauses, in dem das einst über die Grenzen des Bezirkes bekannte „Weite Theater“ seine Spielstätte hatte. Seit Monaten steht es leer und gammelt Deutsches Exil in Frankreich Lesetheater mit Bildern Am 10. Mai jährte sich zum siebzigsten Mal der Tag, an dem die Nationalsozialisten unter dem Gejohle eines sich „Studenten“ nennenden Pöbels auf dem heutigen Bebelplatz in Berlin die Bücher ihnen missliebiger, nichts desto trotz weltbekannter Autoren verbrannten. Der Lernbereich „Soziale Kulturarbeit“ der Alice-SalomonFachhochschule nahm das Jubiläum zum Anlass, Ausschnitte aus den Werken der bekanntesten der damals gebrandmarkten Autoren zu gestalten. So konnten die Zuhörer bekannte Autoren wie Ludwig Marcuse, Marta und Lion Feuchtwanger, Erika Mann und Alfred Kantorowicz an Hand ihrer vorgetragenen Texte erleben. Dabei ging es um Autoren, die während der NS-Diktatur zeitweilig Asyl im französischen Sanary sur Mer fanden. Erlebnisberichte, politische Reflektionen und persönliche Befindlichkeiten, musikalisch umrahmt durch Kompositionen von Günther Discher, wechselten einander ab. Eingeblendete Bilder aus dem Zufluchtsort versetzten den Zuhörer in die damalige literarische Emigrantenwelt. A. Gaedecke 12-13-rot.p65 12 Schwarz vor sich hin. Das Theater – ein Stück Image von Hellersdorf – hat sich eine andere Spielstätte gesucht – außerhalb des Bezirkes. Wo sich noch vor wenigen Monaten Jugendliche zu den beliebten Bandabenden einfanden oder Familien zum Theatertag – dort herrscht jetzt gähnende Leere. Jugendliche scheint es an diesem Ort genug zu geben. Aus dem nebenstehenden Neubaublock dringt Stimmengewirr und laute Musik. „Was soll das?“, beschwert sich ein Mieter eine Etage tiefer. Wenige Meter weiter, vor einem Supermarkt, haben sich ca. 20 junge Leute ver- sammelt. „Was macht ihr hier“, frage ich. „Na quatschen und Musik hören“, sagt ein Mädchen. „Um diese Zeit waren wir früher immer zum Bandabend im Weiten Theater“, sagt einer der Jungs. Doch das bezirkseigene Haus steht leer. Die Kommune hat kein Geld, es weiter zu betreiben. Immer mehr nicht genutzte Immobilien werden dem Liegenschaftsfonds Berlin zwecks Vermarktung übergeben. Doch der wird sie nicht los, bemüht sich wahrscheinlich nicht mal darum. Genauso wie um die leeren Kitas und Schulen und Bibliotheken. Die Grundstücke sind ja auch nicht so lukrativ wie die in der City. Eine „Puppenstube“ wollte WoGeHeChef Rudi Kujath aus Hellersdorf einst machen. Wenn der kulturelle und soziale Abbau, wie er sich derzeit andeutet, weiter fortschreitet, könnte Marzahn-Hellersdorf in ein paar Jahren nicht mal mehr in die Zeiten der „Schlafstadt“ zurückfallen, sondern zur Geisterstadt werden. Inge Dittmann Eigentlich müsste der „Theaterplatz“ vor dem ehemaligen Weiten Theater wieder umbenannt werden, denn das Theater gibt es hier nicht mehr. Fotos: Dittmann, Montage: Nachtmann links und Zehn Jahre SOS-Familienzentrum Hellersdorf – Zuckerwatte für Kinder, genügend Getränke für die Besucher und ein vielfältiges Bühnenprogramm, was das Publikum zum Jubeln brachte. All das erlebte man am 17. Mai im SOS-Familienzentrum, das sein 10-jähriges Bestehen feierte. Wie schon im Vorfeld angekündigt, gab es ein abwechslungsreiches Bühnenprogramm. Die Gitarrengruppe spielte Hits wie „Lady in Black“ und andere „Lagerfeuersongs“. Der Chor faszinierte das Publikum mit dem Lied „We Have A Dream“ von den „Deutschland sucht den Superstar“-Finalisten. Die Tae Kwon Do-Gruppe zeigte einige Verteidigungsarten und ließ die Besucher mit Gebrüll vor Angst erstarren. Ein gelungenes Fest, fanden die Besucher. Auch die Kinder hatten genügend Spaß. Kein Wunder, wenn man die ganze Zeit auf einer Hüpfburg herumspringt, an Bastelständen die verschiedensten Sachen schneidet, verklebt und bemalt oder Zuckerwatte bis zum Umfallen bekommt. Und was sagen die Veranstalter zu dem gelungen Fest? Die freuen sich über die zufriedenen Besucher und planen schon die Fete zum 20-jährigen Bestehen. Anne Platsch SOS-Familienzentrum Alte Hellersdorfer Straße 77 12629 Berlin Tel. 56 89 100 Der Froschkönig wacht im Hof der Sinne Hellersdorfer Grüninspektoren überzeugten sich auf ihrem Frühjahrsspaziergang: Nach Wohnungssanierung im „Roten Viertel“ werden Wohnhöfe neu gestaltet Kerstin Beyer erläutert den Grüninspektoren die Pläne für den „Garten der Sinne“; anschließend überzeugte sich die Mieterinitiative vom Fortgang der Bauarbeiten in den Höfen. Hellersdorf – Inmitten des Wohnhofes an der Lily-BraunStraße 84-96 – umgeben von Hecken, Murmelbahnen, Klangsteinen und einem Glockenbäumchen – steht der Froschkönig. Sein Reich ist der „Hof der Sinne“, 4500 Quadratmeter mit duftenden Blüten, Sträuchern, Pflanzinseln, Weglabyrinthen und Spielräumen. Noch sind die Arbeiten am Hof nicht abgeschlossen. Doch die Hellersdorfer Grüninspektoren, ei- ne Mieterinitiative der Wo GeHe, richtet schon jetzt ihre besondere Aufmerksamkeit auf das Kleinod in Kaulsdorf Nord. Während des traditionellen Frühjahrsrundganges der Inspektoren machten Landschaftsplaner Stefan Rampelmann und WoGeHe-Chef Rudolf Kujath auch auf zahlreiche Mietergärten aufmerksam, die hier entstanden. Insgesamt wurden im Roten Viertel rund um den Cecilienplatz 2000 Quadratmeter mit Rosen bepflanzt. 3,5 km Hecke und 2200 weitere Pflanzen kommen dazu. Die 31 Grüninspektoren, die in diesem Monat auf erfolgreiche zehn Jahre zurückblicken können, sorgen hier wie in weiteren 27 Wohnhöfen, fast 80 Spielplätzen und 15 Bolz- und Streetballplätzen für Ordnung und Sauberkeit. Bei ihren regelmäßigen Rundgängen im Kiez registrieren sie Müllecken, Schäden an Pflanzen oder Bäumen, Graffiti-Schmierereien, zerstörte Bänke oder Spielgeräte. Jedes Detail wird in Beobachtungsbögen schriftlich erfasst und weiter gemeldet, so dass schnell Abhilfe geschaffen werden kann. 01.06.2003, 02:45 „Mädels – ihr könnt mich küssen!“ Fotos: Dittmann „Solchem Bürgersinn für das Gemeinwohl begegnet man heutzutage viel zu selten“, sagt Kujath, der stolz auf die rührige Mieterinitiative ist. Klubleiter Lothar Brückner: „Um die insgesamt 60 Wohnhöfe regelmäßig inspizieren zu können, brauchen wir noch mehr Mitstreiter.“ Na denn: Willkommen im Klub! Wer Interesse hat, kann sich unter Telefon 99 01 559 melden. Ingeborg Dittmann rechts der Wuhle Zuchterfolg auf dem Tierhof Alt-Marzahn Auf dem Alt Marzahner Tierhof (neben der Windmühle) wurde Ende April Aurora, ein Stutenfohlen der Rasse „Altdeutscher Hausesel“ geboren. Es ist das dritte Eselsfohlen dieser extrem vom Aussterben bedrohten Rasse, das auf dem Tierhof aufwächst. Jetzt, nachdem die Ruhepause für das Muttertier vorüber ist, kann das sehr lebendige und flauschige Eselsmädchen bestaunt, bewundert und fotografiert werden. Der von der „Agrarbörse Deutschland Ost“ betriebene Tierhof verfügt über die größte Zuchtgruppe dieser Edelrasse im Nordosten Deutschlands und sichert mit seinem Zuchterfolg das Weiterbestehen dieser Nutztierrasse. Auch zahlreiche in den zurückliegenden Wochen geborene Schaf- und Ziegenlämmer, frisch geschlüpfte Hühner-, Entenund Putenküken sorgen auf dem Tierhof Alt Marzahn für viel Arbeit, Freude und besondere Aufmerksamkeit. Umsorgt von jungen Auszubildenden im Freiwilligen Ökologischen Jahr und Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaften finden sie das besondere Interesse der Besucher. Albrecht Voigt Tierhof Alt Marzahn Bürgerwille missachtet? 13 Anwohner der Südspitze wollen Parkplätze – Verantwortliche weichen aus Marzahn – Das politisch nicht uninteressante Pilotprojekt der Stadtentwicklung Ost „Südspitze Marzahn“ sollte ein Vorzeigeobjekt werden. Nach dem Abriss des Hochhauses Marchwitzastraße 1-3 sollte die entstehende Fläche mit Mitteln des Senats in etwas „nachhaltig Verbessertes“ umgewandelt werden. Die renommierte Landschaftsarchitektin Birgit Hammer gewann den ausgelobten Wettbewerb. Doch schon nach den ersten Bürgerzusammenkünften 2002 wurden Kritiken gegen das Grünflächenkonzept in der an- gedachten Form offenkundig (jot w.d. berichtete). Denn der vorhandene, hochfrequentierte Hochhausparkplatz soll entsiegelt werden. Ein Gutachten besagt jedoch, dass 150 Parkmöglichkeiten im Wohngebiet Marchwitza-/Luise-Zietz-Straße fehlen. Die von verschiedenen Beteiligten als unflexibel beschuldigte Landschaftsarchitektin Birgit Hammer hinterließ bei einem Gespräch den Eindruck von Konsensfähigkeit. Die WBGMarzahn behauptet, das Konzept sei vorgegeben und sie könne mit dem Parkplatz gut leben, weigere sich aber, neue Parkplätze mit zu finanzieren. Auch Frau Antoni vom Stadtplanungsamt argumentiert eher kontra Bürgerwünsche. Für Parkplätze muss der Bezirk nicht sorgen, in der Innenstadt hat man auch keine Parkplätze und so weiter. Nun wird die Zeit knapp. Bereits im Mai sollte die Entsiegelung des Parkplatzes erfolgen. Das würde vollendete Tatsachen schaffen. Dabei hatte sich der Gebietsbeirat in einer Abstimmung mit großer Mehrheit hinter die Wünsche der Bewohner gestellt. Sie wollen ja keinen Stückwerk Süd riesigen Parkplatz; es sollen jedoch einige Stellplätze erhalten bleiben. Auch der Bauausschuss zeigte sich gegenüber dem Anliegen der Bewohner aufgeschlossen. Stadtrat Heinrich Niemann hat „aus planerischer Sicht keine Einwände, wenn die Privatbesitzer mitmachen“. Soll heißen: Die WBG soll bauen. Letzte Auskunft von Herrn Pfeifer war jedoch, es verlaufe alles „nach Plan“. Es hat den Anschein, als wollte jeder Beteiligte das Problem einem anderen zuschieben. Bewohnerwünsche bleiben dabei auf der Strecke. Ulrich Brettin Trotz Unfertigkeit sollen Teile des Entwicklungsgebietes Biesdorf Süd aus der Entwicklungsmaßnahme „entlassen“ werden – Ursache Geldmangel? Sommerkonzert im Kirchgarten Biesdorf – Am Pfingstsonntag, dem 8. Juni, um 21.30 Uhr, lädt das ev. Gemeindezentrum Biesdorf Süd an der Köpenikker Straße 165 zu einem Sommerkonzert ein. Das Ensemble „Esprit“ bringt Salonmusik zu Gehör, das „Saxophon-Quadrant“ lateinamerikanische Musik, Pop-Improvisationen sowie Volkslieder von Brahms. Nähere Infos Tel. 514 63 54. ID Ein Herz für Hunde Marzahn – Trotz des bisher vom Bezirksamt abschlägig beschiedenen Willens der BVV, im Bezirk ein Hundeauslaufgebiet einzurichten, unternimmt Baustadtrat Svend Simdorn gemeinsam mit seiner Kollegin vom Wirtschaftsressort, Dagmar Pohle, einen erneuten Anlauf in dieser Frage. Es soll am südlichen Nordring in Marzahn entstehen. „Es ist ein unhaltbarer Zustand, wenn Hunde in der Stadt nur noch mit Maulkörben und an der Leine laufen dürfen“, kritisiert Simdorn die sich stetig verschärfenden Bedingungen für Hundebesitzer. „Die Tiere haben einen Anspruch auf artgerechte Haltung“, verleiht er seiner Forderung Nachdruck. Problematisch wird der Bau des Hundeauslaufs allerdings durch die Notwendigkeit einer Einzäunung. Simdorn – selbst Besitzer zweier stolzer Tiere – hat jedoch bisher kein Geld für sein Vorhaben gefunden. RN 12-13-rot.p65 13 Schwarz Sollten jetzt bekannt gewordene Pläne des Senates Realität werden, drohen dauerhafte Brachflächen, Trampelpfade statt Straßen und Wege und ein absoluter Mangel an Infrastruktur im Entwicklungsgebiet Biesdorf Süd. Derzeit verhandeln die Beteiligten aus Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bezirksamt und des Entwicklungsträgers „Baugrund“ über eine vorzeitige Entlassung großer Teile aus der Maßnahme. Dies, obwohl eine Reihe im städtebaulichen Vertrag zwingend vorgeschriebener Erschließungsbauten nicht erstellt wurden. Dazu zählen Straßen und Wege, eine Schule, gestaltete Freiflächen und mehr. Hintergrund des Senatsansinnens scheint ein eklatanter Geldmangel des Entwicklungsträgers zu sein. Wie bekannt, geht die Vermarktung der Einfamilien- und Reihenhäuser nur sehr schleppend voran. Einige Baufelder werden angesichts der Marktlage vermutlich überhaupt nicht mehr bebaut werden. Den „Schwarzen Peter“ hätten dann jedoch die bereits ansässigen Bewohner gezogen. Foto: Nachtmann Extrem weise Nur wenige Meter vom „bedrohten“ Klub „Anna Landsberger“ lässt das Bezirksamt einen neuen Jugendklub bauen – mit zwiespältigen Begründungen Marzahn – Kommt man an der Landsberger Allee ungefähr in der Höhe des Betriebshofes der BVG vorbei, fällt einem stadteinwärts auf der rechten Seite ein Schild auf, welches die Botschaft vom Neubau des Jugendklubs „Extremweit“ verkündet. Nanu, ist mit einem Mal nun doch der Wohlstand ausgebrochen, mag sich der von Agenda 2010 und der Schließung kommunaler Einrichtungen geplagte Bürger fragen. Zumal der einige hundert Meter weiter befindliche, gerade vor einigen Jahren mit viel Geld aus dem Steuersäckel eingerichtete Klub „Anna Landsberger“ ebenfalls ums Überleben kämpft. Sven Kohlmeier fragte in der Sitzung der Bezirksverordneten nach, Jugendstadträtin Manuela Schmidt verwies darauf, dass der Investor die Einrichtung auf eigene Rechnung erbaue und sie dann kostenlos dem Bezirk zur Verfügung stellen wolle. Soviel Selbstlosigkeit im Zeitalter der neoliberalen Globalisierung? Nein, das Grundstück des alten „Extremweit“ geht nämlich an eben jenen Investor, wie Stadtentwicklungsdezernent Heinrich Niemann mitzuteilen wusste. Nun ist gegen einen solchen Deal in Zeiten knapper Kassen nicht unbedingt etwas einzuwenden, bliebe da nicht die Frage nach der Ausstattung der neuen Einrichtung. Zwar sind die Betriebskosten von 15 000 Euro jährlich eingestellt, doch gibt es keinen müden Cent für die Einrichtung. Stadträtin Manuela Schmidt widersprach sich ein paar Mal selbst. Einen Umzug der bisher im Klub „Extremweit“ betriebenen Projekte verneinte sie mit dem Hinweis, dass diese nicht in die dortige Struktur passten. Doch warum soll dann das Musikprojekt aus dem „Renner“ in den neuen „Extremweit“ ziehen? Passt dessen Profil hierher? Auch der Hinweis auf die Aufwertung des Stadtraumes durch den neuen Klub oder der Hinweis auf dessen „Insellage“ überzeugte nicht. Einige hundert Meter weiter zu laufen, um beispielsweise den Klub „Anna Landsberger“ zu erreichen, kann nicht zuviel verlangt sein. Wegen der fehlenden Ausstattung des neuen „Extremweit“ hofft die Stadträtin auf Sponsoren. Auf welche denn in wirtschaftlich schwierigen Zeiten? Während sich der Bezirk hier den Luxus eines Neubaus leistet, werden anderswo gut erhaltene und funktionierende Einrichtungen wie der Klub 01.06.2003, 02:45 „Treibhaus“ an der Allee der Kosmonauten 170 aus dem kommunalen Bestand heraus genommen und das, obwohl sich hier die Sponsoren schriftlich bereit erklärten, alle Bewirtschaftungskosten zu übernehmen. Frau Schmidt gab hier die jährlichen Kosten mit 28 000 Euro an, sie betragen aber nur 15 000, wie beim geplanten Neubau in der Landsberger Allee. Zu diesem sprach die Stadträtin vom Interessenbekundungsverfahren zum gegebenen Zeitpunkt. Doch müssten potenzielle Interessenten nicht schon jetzt einbezogen werden? Vielleicht hätten die ja dann auch eine Idee, wo die fehlende Innenausstattung herkommt. Alles in allem eine Posse, die eher nach Schilda, aber nicht in einen Bezirk der Bundeshauptstadt gehört. André Gaedecke 14 Postkasten / Vereine Sozialberatung Korbflechten Hellersdorf – An jedem 2. und 4. Dienstag im Monat bietet das SOS-Familienzentrum, Alte Hellersdorfer Straße 77, von 16 bis 18 Uhr Sozialberatung an. Es gibt Hilfe bei persönlichen oder materiellen Notlagen sowie gesundheitlichen Schwierigkeiten. Angeboten wird auch Unterstützung beim Klären von Ansprüchen und Ausfüllen von Anträgen. Dienstags können auch Grundtechniken der Korbflechtkunst von 15.30 bis 18.30 Uhr erlernt werden. Info und Anmeldung Tel. 56 89 100. AP Frauenunion hat einen neuen Kreisvorstand Die Frauenunion Wuhletal hat einen neuen Kreisvorstand gewählt. Neben der Kreisvorsitzenden Sabine Bünger gehören Roswita Kirschniok, Karin Portner, Uta Köchermann und Elke Zielisch zum Team. Interessenten erreichen die Frauenunion Wuhletal über das Büro der MIT, c/o Norbert Eyck, Blumberger Damm 16. -bü Das Wort der Verfolgten Steffen Mensching las in der ASFH Den Ausklang der Veranstaltung „Hochschule im Dialog“ zur Erinnerung an die Bücherverbrennung vor 70 Jahren in Berlin bildete die Lesung aus einem Buch, das in besonderer Weise menschliche Schicksale im 20. Jahrhundert lebendig werden lässt. Der Autor Steffen Mensching las im Auditorium maximum der Alice-Salomon-Fachhochschule vor Studierenden und Lehrenden der Hochschule, Leserinnen und Lesern der Peter-Weiss-Bibliothek und interessierten Gästen aus seinem neuen Roman „Jacobs Leiter“. Tagebuchhaft wird über eine Studienreise des Erzählers in die USA berichtet. Freilich wurde diese Reise im Jahr 1998 zu einer Zeitreise in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Jacobs Leiter stand in einem New Yorker Antiquariat. Von ihr aus besichtigte der Erzähler Bücher, die deutsche Emigranten in den 30er Jahren mit ins US-amerikanische Exil gebracht hatten. Dabei interessierten ihn weniger die Texte. Was er in den Büchern fand, weckte seine Aufmerksamkeit: Das waren Lesezeichen, Zeitungsausschnitte, Spielkarten, auch Klee- blätter, Exlibris und andere Buchzeichen... Sie wurden zu Ausgangspunkten für umfangreiche Recherchen und gaben Anregungen für Geschichten über die Vorbesitzer dieser Bücher. A l t e Menschen vom Emigrantenstammtisch halfen dabei. So konnte Steffen Mensching einen lesenswerten Roman schreiben, der in der Peter-Weiss-Bibliothek entliehen werden kann. Zu einem Höhepunkt der Lesung wurde die Übergabe eines im amerikanischen Antiquariat gefundenen Buchs über die Sozialarbeit der Alice Salomon an die Leiterin des Alice-SalomonArchivs, Frau Adriane Feustel. Dabei fiel das nachdenkenswerte jüdische Sprichwort: „Dinge, die man braucht, soll man weitergeben.“ Steffen Mensching hat uns allen mit seinem neuen Roman ein wertvolles Geschenk übergeben, Dank dafür! Siegfried Birkner Grünen-Vorsitzende kam ins Schloss Beim zweiten „Grünen Schlossgespräch“ diskutierten Marzahn-Hellersdorfer Bündnisgrüne mit ihrer Bundesvorsitzenden Angelika Beer über „Bewaffneter Friede – Frieden schaffen ohne Waffen“. Ihre Erlebnisse auf dem Balkan hätten ihr gezeigt, dass es Situationen gibt, wo ihrer Meinung nach von Außen mit Gewalt eingegriffen werden muss. Andererseits kritisierte sie das amerikanische Vorgehen im Irak und wies darauf hin, dass eine friedliche Lösung möglich gewesen wäre. Beer glaubt, die nächsten Konfliktgründe auf der Welt seien der Kampf um die Ressource Wasser. Zum Dank für den Besuch gab’s für Angelika Beer von Nickel von Neumann einen Blumenstrauß, allerdings keine Sonnenblumen. Foto: Stefan Ziller Lebenshilfe auf eine andere Art Klein, aber oho! Der Spotless-Verlag von Klaus Huhn Im Erzählcafé des Klubs 74 und der Peter- Weiss-Bibliothek stellte ein bekannter DDRSportjournalist sich, seinen Verlag und eines seiner Bücher vor: Klaus Huhn vom Spotless-Verlag erzählte Interessantes und Bewegendes aus seiner Lebensgeschichte und las Abschnitte aus dem Erinnerungsbuch „Spurt durchs Leben“. Drei Begebenheiten hatte der Autor ausgewählt und damit den Nerv der Zuhörerinnen und Zuhörer getroffen: Wie Klaus Huhn Journalist wurde, wie er 1956 in Melbourne Filmberichte von den XVI. Olympischen Spielen für das DDRFernsehen „ergatterte“ und wie er 1968 während einer Begegnung mit dem mexikanischen Künstler David Siqueiros von diesem lernte, dass man wohl verlieren können muss, wenn man gewinnen will. Das kannte Klaus Huhn vom Sport her, und nun hat er diese Lebensweisheit persönlich beim hartnäckigen Kampf um die Existenz des 1991 von ihm und seiner Frau gegründeten Spotless-Verlags erfahren. Mehr als 150 Bücher hat dieser kleine Verlag inzwischen herausgegeben. In diesem Zusammenhang berichtete Klaus Huhn über Schwierigkeiten, die beim Verkauf der Bücher auftreten und machte dennoch denen Mut, die selbst schreiben und veröffentlichen wollen. Sicher gehören dazu literarisches Talent und Durchstehvermögen. Glücklich kann der sein, der heutzutage über einen festen Leserkreis verfügt. Und dieses Glück hat wohl der SpotlessVerlag. So war auch Huhns schelmische Feststellung zu verstehen, dass zwei deutsche Verlage über einen Buchklub verfügen, das sind der riesige Bertelsmann-Verlag und .... der kleine, aber feine Spotless-Verlag. Noch viele solcher und ähnlicher Bonbons verteilte Klaus Huhn an diesem Abend. Schade, dass die Zeit für Lesung und Diskussion bemessen war. Gern hätten wir weiter Interessantes aus der Huhnschen „Werkstatt“ erfahren. Siegfried Birkner Wirtschaftsstadträtin unterstützt Gründerinnenzentrum im „Hafen“ Marzahn - Am Abend des 21. Mai trafen sich 19 Existenzgründerinnen, Unternehmerinnen und Geschäftsführerinnen zur dritten RE(E)DEREI seit November 2002 im HafenGründerinnenzentrum an der Schwarzburger Strasse. Erstmalig luden Ines Hecker, Projektleiterin des Gründerinnenzentrums, und Wirtschaftsstadträtin Dagmar Pohle gemeinsam ein. Als monatlicher Jour fixe soll die Veranstaltung künftig den Gründerinnen und Unternehmerinnen als regelmäßiger Termin der Information, des Austausches und der Entspannung dienen. Weitere Interessentinnen sind immer willkommen. Rund um das Thema „Aktuelles aus der Wirtschaft und Beschäftigungsförderung unseres Bezirkes“ mit den Referentinnen Dagmar Pohle und Kerstin Rehmer wurden viele Fragen lebhaft diskutiert: Wen kontakte ich in Förderangelegenheiten? Wie werden regionale Projekte und Netzwerke unterstützt? Wie nutze ich den Lotsendienst für Unternehmen in Krisensituationen? Welche Trends zeichnen sich in der Branchenentwicklung des Bezirkes ab? Die Chance des Abends war, mit der Wirtschaftsförderung ins Gespräch zu kommen, Erfahrungen auszutauschen sowie Antworten von kompetenter Seite oder Gleichgesinnten zu bekommen. Die RE(E)DEREI im Hafen-Gründerinnenzentrum dient der Etablierung eines regionalen Unternehmerinnen-Netzwerkes. Die nächste Gelegenheit zur RE(E)DEREI bei „Windstärke und Wellengang“ bietet sich am 25. Juni, 19 Uhr. Auch Dagmar Pohle will wieder dabei sein. Sigrid Michel, Ines Hecker Psychologische Veranstaltungsreihe der Peter-Weiss-Bibliothek Die Peter- Weiss-Bibliothek (Alternative Bibliothek Hellersdorf) hat eine Veranstaltungsreihe aufgelegt, die die Besucherinnen und Besucher zu einem selbstbewussteren Leben anregen soll. Im Abstand von jeweils vier Wochen werden Sachverhalte und Fragestellungen aus der Psychologie erörtert und Anregungen für die Lebensführung gegeben. Als Fachmann steht der klinische Psychologe Dr. Andreas Peglau zur Verfügung. Bereits die erste Veranstaltung mit ihm war aufschlussreich. Es ging um Unbewusstes und seine Rol- 14-15.p65 14 Schwarz le bei psychischen Vorgängen. Peglau bezog sich stark auf die wissenschaftlichen Ergebnisse und die Theorie des Wiener Psychiaters Sigmund Freud. Dieser Wissenschaftler zählt psychische Inhalte wie Erinnerungen und Erfahrungen, Wünsche, Gefühle und Träume, aber auch Motivationen und Handlungen zum Unbewussten. Da Freud und seine Anhänger den Erwerb des Unbewussten in die frühe Kindheit verlegen, weil von Eltern und Schule kindliche Bedürfnisse unterdrückt werden und es deshalb zu schlimmen Verdrängungen kommt, war es nicht verwunderlich, dass in der Diskussionsrunde die Kindererziehung und der Verdrängungskomplex eine große Rolle spielten. Es gab Übereinstimmung darin, dass auf Erziehung nicht verzichtet werden kann und sollte. Über die strenge Einhaltung von Stillzeiten und Sauberwerden der Kleinkinder machte sich jeder so seine Gedanken, denn da wirkten noch immer die Lügen über den sogenannten staatlich gelenkten Psychoterror, denen die Kinder der DDR angeblich schon im Krippenalter ausgesetzt waren. Siegfried Birkner Bei „Windstärke und Wellengang“ im Gründerinnenzentrum: Dagmar Pohle, Kerstin Rehmer, Ines Hecker und andere. Foto: Michel 01.06.2003, 02:43 15 Partner von jot w.d. Ihr neues Zuhause in Hellersdorf Tel. 99 18 003 Straße/Nummer Lage/WE Branitzer Str. 2 4. OG/501 3 77 Adele-SandrockStr. 3 3. OG/402 4 73 Waldheimer Str. 15 1. OG/202 4 82 Gothaer Str. 54 5. OG/602 3 67 Alte Hellersdorfer 4. OG/501 Str. 41 4 77 Zimmer Größe Ausstattung Für Sammler, Fans und Hobby-Historiker: Die Redaktion hat noch eine Reihe älterer Ausgaben im Archiv. Einzelne Nummern und Jahrgänge abzugeben gegen eine Spende. Die Sonderausgabe „Verfolgung und Widerstand“ für 5 Euro. Komplette Jahrgänge ab 1999 auf CD-Rom, jeweils 20 Euro. Info und Bestellungen: jot w.d. – Müllerstraße 45, 12623 Berlin Öffnungszeiten: Mo. 13 - 17 Uhr, Di/Do. 9 - 19 Uhr, Fr. 9 - 15 Uhr Telefon: (030) 5 41 21 30 oder (030) 9 95 35 08, Telefax: (030) 99 90 15 61 Internet: www:pds-marzahn-hellersdorf.de Bezirksvorstandsberatung *): 3.6. und 17.6.2003, 19.30 Uhr Bürgersprechstunde *): Petra Pau (MdB), 18.6.2003, 13 -15 Uhr Anmeldung unter: 99 28 93 80 Freundeskreis Kuba *): NKM ca. 350 Euro 3 NKM Kaution vollmodernisiert, Balkon Küche mit Fenster mod. Bad, Kabel Straßenbahn Bus NKM ca. 330 Euro 3 NKM Kaution teilmodernisiert, Balkon Küche mit Fenster, Kabel Straßenbahn Bus NKM ca. 350 Euro ohne Kaution vollmodernisiert, Balkon Küche mit Fenster mod. Bad, Kabel Bus NKM ca. 285 Euro 3 NKM Kaution vollmodernisiert, Balkon mod. Bad, Kabel Bus NKM ca. 315 Euro 3 NKM Kaution gibt’s im Abonnement oder an Tankstellen, Kiosken und in Lotto-Läden im Wuhlebezirk. 19.6.2003, 18.00 Uhr Marzahner Sonntagsgepräch: 15.6.2003, 10.00 Uhr, Klubkeller Alt-Marzahn 64 mit Rüdiger Warnstädt „Recht so“ „Deutschlands originellster Richter“ liest aus seinem Buch, in das er 80 der originellsten Strafurteile am Moabiter Kammergericht aufgenommen hat. Moderation: Norbert Seichter Eintritt: 1,50 Euro Politische Bildung: „Linke Positionen zur Außen- und Sicherheitspolitik heute“ 18.6.2003, 19.00 Uhr, Klubkeller Alt-Marzahn 64 Referent: Wolgang Gehrcke (Parteivorstand) Moderation: Prof. Hans-J. Gutjahr Eintritt: 1,50 Euro Alle mit *) gekennzeichneten Veranstaltungen finden in der Henny-Porten-Str. 10-12 statt. 14-15.p65 15 Schwarz Nettokaltmiete vollmodernisiert, Balkon Straßenbahn Küche mit Fenster, Kammer Bus mod. 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Kulinarische Empfehlung im St. Hubertus: jeden Montag „Essen satt“ mit Garnelen, Chicken Wings, Western Haxen, dazu köstlices Dip und Baguette, soviel Sie wollen jeden Mittwoch und Donnerstag „Steak spezial“ für je 6,50 Euro Noch ist Spargelzeit, mit Spargel aus Beelitz 01.06.2003, 02:43 Letzte Seite Am Rande der Gesellschaft, also in Marzahn! Ostermeier hetzt in der Schaubühne gegen den Osten – Ein Boykottaufruf Den Leninplatz im Osten haben sie umgetauft, den Lehniner Platz tief im Westen zum Glück nicht. Dort ist die Schaubühne, in ihr Thomas Ostermeier. Er inszenierte Marzahn-Hellersdorfer Plattenbauten als Projektionsfläche für Georg Büchners „Woyceck“. So weit so gut. Die Rezensionen berichten über ein Programmheft, das Schwarz-Weiß-Fotos des Bühnenbildners Jan Pappelbaum zeigt. Berliner Zeitung, wörtlich: „Aufgenommen in der Landschaft des Betons, in der Landschaft der sozialpolitischen Maßnahmen der SED, vor Heiner Müllers ‘Fickzelten’ ... An der U-Bahn-Linie nach Hönow kann man Vergleichbares betrachten: Ein begehbares Halbrund aus Beton ist der Schaubühnensaal, an die Wände gemalt achtstöckige, kontrastlos langgestreckte Mietskasernen, hohe Überlandleitungen, keine Bäume. Eine gepflasterte Böschung führt hinab zu einem meterdicken Abflussrohr ...“ usw. Das schenken wir uns, denn am Abflussrohr spielt das ganze Stück. Der örtliche Gebührenzahler-Sender Radio 1 mit Späßchen für Intellektuelle bemerkte in seiner Rezension des „Woyzeck“, man fühle sich an den „Rand der Gesellschaft in die Plattenbauten Marzahns, Hellersdorfs oder Hohenschönhausens versetzt“. Na danke, im Namen von einer halben Million am Rande der Gesellschaft dahin Vegetierenden! Ich vermisse in den Berichten über das Stück allerdings ein Bühnenelement: Den tiefen Graben, den es buddelt, um die Vorstadt-Slum-Bewohner hier vor Ort fernzuhalten von den Orten der Berliner Hochkultur. Apropos Hochkultur – am Marzahner Abflussrohr zeigt Ostermeier solche interessanten Details wie die Rasur von Schamhaaren, das sei hier schon mal verraten. Ich jedenfalls möchte über diesen Graben hin zur Schaubühne nicht springen, diese Anstrengung möchte ich mir getrost ersparen. Ohne zivilisatorischen Verlust, schätze ich. An Ghettos habe ich keinen Bedarf. Weder an geistigen, noch realen. U. Clauder Wer gehört hier wann an die Leine? Bei Hunden kenne ich mich aus. Der geschätzte Leser darf erinnert werden, dass ich vor dem Krieg in meiner Heimatstadt Prag eine Hundezucht aus Straßenkötern aufbaute und mich immerhin so recht und schlecht vom Erlös dieser Ich-AG über Wasser hielt. Deshalb merkte ich auf, als in einer großen Zeitung dieser Stadt nach den Meldungen über Geschwindigkeitskontrollen eine kurze Meldung gemeinsame Kontrollen des Hellersdorf-Marzahner Umweltamtes, des Veterinäramtes und der hiesigen Polizeidirektion im Wuhletal, am Seelgraben und den Kaulis mit Zeit und Datum ankündigte. Thema der Aktion: Sind die Hunde angeleint, ist die Steuer bezahlt und tragen gefährliche Rassen einen Beißkorb? Sofort stellte ich mir hoch erfreut den Ablauf der Aktion vor: Ein klitzekleiner Pekinese ist auf dem Weg zum Chinesischen Garten, schwer japsend zwischen Grashalmen drei Schritte hinter seinem nicht minder japsenden Frauchen. Beide älteren Baujahres und wohlbeleibt, aber leider, leider nicht angeleint. Nun ist es just die angekündigte beamtenfreundliche Zeit, wochentags, ab 13 Uhr. Die Kontrolle kommt auf die beiden Subjekte ohne Leine zu, ein bewaffneter und zum Fangschuss bereiter Polizist und zwei mit Strafzetteln bewaffnete Beamte der zuständigen Organe. Die Frau hatte wegen Sehschwäche die Warnung vor den Hundeblitzern nicht gelesen und ist einfach überrumpelt. Sie verteidigt sich noch ein bisschen, dass sie doch gar keine Leine brauche, so schlecht seien ihre Augen ja doch noch nicht. Es hilft alles nichts, das Strafmandat wird schon geschrieben. Der Pekinese knurrt leise, was den Beamten zur Steuerfrage provoziert: “Wieso muss ich Ihnen sagen, ob ich die Steuer bezahle, das macht doch immer mein Mann mit dem Steuerberater”, versucht Frauchen einzuwenden. Voller Diensteifer schreitet der Polizist ein: “Aha, Widerstand gegen die Staatsgewalt und Verweigerung einer Zeugenaussage, macht zusammen 200 Euro und Einzug des Hundes für zwei Wochen! Hier haben Schmuddelkinder? Marzahn-Hellersdorf – Auf einer Sondersitzung musste sich die BVV am 12. Mai erneut mit dem von Bürgermeister Uwe Klett vorgelegten Ergänzungsplan zum Haushalt befassen. Dieser Plan entspricht einer Forderung von Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses und Senatsfinanzverwaltung. Hingegen erhielt er bisher keine Zustimmung der BVV. Deshalb hatte die SPD-Fraktion die mehrere Tausend Euro teure Sondersitzung erzwungen. Wie erwartet, wurde der Plan erneut von den Verordneten in geheimer Abstimmung (nur 14 Ja von 43 Stimmen) abgelehnt. Sprecher aller Fraktionen hatten zuvor auf die Übernahme von Verantwortung im Bezirk hingewiesen. So sieht also Verantwortungsübernahme aus: Unter Bedingungen einer „unrealistischen Zumessung“ von Finanzen könnten die „sachlichen Mindestanforderungen“ im Bezirk nicht erfüllt werden, dem zu Folge könne die PDS-Fraktion, wie Torsten Kläring darlegte, dem Ergänzungsplan ihres Bürgermeisters nicht zustimmen. Das klingt verdächtig nach „Weiter wie bisher“, auch wenn Fraktionschef Klaus Jürgen Dahler sich im Namen seiner Fraktion für „weitere Konsolidierungsbemühungen“ aussprach. Jedoch sei dieser Ergänzungsplan „eine Zumutung“. Faktisch ändert sich nichts im Bezirk; der Plan bleibt für Klett Grundlage des weiteren Handelns. „Was zur Schließung vorgesehen ist, wird auch geschlossen“, erteilte der Bürgermeister vereinzelten Hoffnungen und Forderungen eine klare Absage. Doch auch das weitere „Wirtschaften nach Artikel 89 der Berliner Verfassung“ birgt einige Risiken. Klett deutete leider nur in einem Nebensatz darauf hin, dass der Bezirk MarzahnHellersdorf bereits in Kürze vor der Zahlungs- 1-16.p65 17 unfähigkeit stehen könnte. Dies bedeute dann automatisch die Zwangsverwalltung. Gleiches droht dem Bezirk, darauf hat jot w.d. mehrfach hingewiesen, wenn die Forderung von Senat und Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses, bis 30. Juni einen Haushaltsbeschluss der BVV vorzulegen, nicht erfüllt wird. Daran lässt auch Finanzsenator Thilo Sarrazin keinen Zweifel. Gut möglich, dass SPD und PDS im Abgeordnetenhaus noch einmal über den „Fall MarzahnHellersdorf“ verhandeln müssen. Für Paul Hofmann, den CDU-Fraktionsvorsitzenden, hat sich jedenfalls die Position des Bezirkes erneut verschlechtert. Er sieht seine Kollegen als „Schmuddelkinder der Landes-PDS“ und befürchtet, MarzahnHellersdorf würde das „Schmuddelkind der Berliner Bezirke“. Eindringlich stellte er sich hinter Kletts Pläne. Denn erstmals würde „die Neuverschuldung tatsächlich gestoppt“. Dass dies nicht auf ungeteilte Zustimmung treffen werde, war Hofmann klar. Entsprechend klangen die Forderungen der Ausschuss-Vorsitzenden. Irina Hirseland fürchtet um das Zusammenbrechen der Frauenprojekte, Ute Thomas hält es für „untragbar“, dass es ein halbes Jahr lang keine Spiel- und Beschäftigungsmittel für die Kindergärten gäbe, Peter Bolle sagte ganz einfach: „Wir brauchen Kohle.“ SPD-Fraktionsführer Klaus Mätz bekannte Klett gegenüber: „Irgendwo können Sie mir auch leid tun.“ Mithin werden also die politischen Kämpfe zwischen Land und Bezirk weiter auf dem Rücken der Bewohner ausgetragen. In „richtigen“ Regierungen tritt der Chef zurück, wenn seine eigene Fraktion ihn nicht mehr stützt. Aber ein Bezirksamt ist ja keine Regierung, zumindest keine „politische“. Ralf Nachtmann Sie den Hundeverwahrungsschein für Zelle 284C im Tierheim Falkenberg, wo Ihr Hund mit drei Pit Bulls einsitzen wird!” Nun gut, wenden wir uns an dieser Stelle vom zutiefst deprimierenden Geschehen am Tatort ab und einem weiteren Tatort zu: Am Tage der Kontrolle jogge ich abends durch das schöne, noch nicht ganz trocken gelegte Wuhletal, die Fasanenhähne krähen und die Vögel pipsen, die Frösche sind ob des örtlichen Wassermangels weg, aber die kräftigen jungen Hundebesitzer mit ihren maulkorbfreien Beisslingen größeren Kalibers sind vor Ort. Sie haben Zeitung gelesen und wissen, zu welcher Stunde das Amt seine Aktion dem Feierabend opfert. Ein Hund saust hinter einem Hasen her, der zweite nimmt einen Jogger auf’s Korn. Zum Glück einen anderen. Ich laufe einige Kilometer weiter und sehe eine Dogge am Wuhleteich beim Abendschwimmen. Schön, die verbliebene Tierwelt ungestört von Paragrafen und vielfältigen Verordnungen beim Kampf ums Dasein zu beobachten. Wau oder wow, diese Aktion war also ein voller Erfolg. Die bezirklichen Beamten schwingen sich aber ungeachtet dessen zu neuen Höhenflügen auf: Kontrollen vor und nach der Dienstzeit, um 7 in der Frühe und 16 Uhr am späten Abend, sollen signalisieren: Auch wir tun was, nicht nur die vom Autohaus Ford. Wir tun was für die Natur im Wuhletal. Wir tun was für die leere Stadtkasse. Wir tun was für die Wähler! Freilich noch nicht am Wochenende, weil es da ja neben der Früh- und Spät- auch noch die Sonntagsmehrarbeitszuschlagsverordnung zu beachten gibt. Und schließlich haben ja auch Beamte Hunde, die mal ohne Leine ausgeführt werden wollen ... In diesem Sinne einen Gruß an alle Angeleinten und Angeleimten von Schwejk Aboschein Ja, ich möchte Die Andere Unabhängige Bürgerzeitung für Marzahn-Hellersdorf mit Sicherheit jeden Monat erhalten. Deswegen abonniere ich die Zeitung zum Spendenpreis von 1 Euro im Monat. Das Abo gilt ab Juli 2003 zunächst für ein Jahr und verlängert sich automatisch um ein weiteres Jahr, wenn ich nicht spätestens zwei Wochen nach Erhalt der Juniausgabe 2004 schriftlich gegenüber dem „Verein zur Unterstützung öffentlicher Diskussion am nordöstlichen Stadtrand“ kündige. Den fälligen Betrag überweise ich innerhalb von zwei Wochen an den Herausgeberverein der jot w.d.: Deutsche Bank, Kto Nr. 4966222, BLZ 100 700 00 Mit meiner Unterschrift nehme ich zur Kenntnis, dass ich meine Bestellung ohne Angabe von Gründen innerhalb von 10 Tagen bei der Bestelladresse schriftlich widerrufen kann (Absendung genügt). Bitte liefern Sie an folgende Adresse: Name:................................................................................. Straße:................................................................................ Ort, PLZ:............................................................................... 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