29.10.2004 Lehrstellencoaching
Transcrição
29.10.2004 Lehrstellencoaching
14 WIRTSCHAFT Neue Luzerner Zeitung Neue Urner Zeitung Neue Schwyzer Zeitung Neue Obwaldner Zeitung Neue Nidwaldner Zeitung Neue Zuger Zeitung Freitag, 29. Oktober 2004 / Nr. 253 Neuunternehmer des Monats Outsourcing entlastet die Lehrmeister Beat Weingartner coacht junge Automechaniker-Lehrlinge in kniffligen Aufgaben. Damit entlastet er die Lehrmeister. Ein Modell, das Schule machen könnte. EXPRESS Beat Weingartner bildet als externer Coach an bestimmten Tagen Lehrlinge aus. Das Modell bewährt sich. Weingartner erhält Anfragen aus der ganzen Schweiz. VON ALICE CHALUPNY Der Vorsteher des Amtes für Berufsbildung des Kantons Luzern ist voll des Lobes. Josef Widmer nennt die Dienstleistung von Beat Weingartner «eine Investition, die sich lohnt». Mehr noch: Eine Idee, welche die Unterstützung seitens der Berufsbildung verdiene. Tatsächlich ist das «Lehrstellen-Coaching», vom Gelfinger Unternehmer ab 2001 selbst entwickelt, ein Modell, das Schule machen könnte. Der 37-Jährige arbeitet seit rund 20 Jahren als Automechaniker, zuletzt als Werkstattchef und Lehrlingsausbilder in einem Betrieb in Baldegg. «In dieser NACHGEFRAGT Phase stellte ich fest: Als Werkstattchef ist es kaum möglich, das Tagesgeschäft, die Lehrlinge und die Administration gleichzeitig und vor allem auf hohem Qualitätsniveau zu betreuen», erinnert sich Weingartner. Tagesgeschäft und Administration können nicht auf morgen verschoben werden, die Fragen der Lehrlinge hingegen schon. Auf den ersten Blick. Warum fiel der Entscheid auf das «Lehrstellen-Coaching»? Alex Bruckert: Ein Jungunternehmer hat eine Marktlücke entdeckt, die er gekonnt und ausbaubar füllt. «Lehrlinge kosten viel Zeit» Im Gespräch mit anderen Werkstattchefs erkannte Weingartner, dass die meisten in den ersten beiden von vier Lehrjahren zu wenig Zeit in die Ausbildung ihrer Lehrlinge investieren – weil die Lehrlinge im Tagesgeschäft eingesetzt werden. «Dafür absolvierten die Lehrlinge im dritten und vor allem im vierten Lehrjahr riesige Ausbildungsblöcke in ihren Betrieben», so Weingartner. Ein Fehler, wie der ehemalige Werkstattchef erkannte: «Im letzten Lehrjahr könnten rechtzeitig und gut ausgebildete Stifte produktiv eingesetzt werden. Stattdessen kosten sie den Lehrmeister viel Zeit, weil er mit ihnen viel Ausbildung nachzuholen hat.» Die Praxis führte zur Idee Beat Weingartner, der seit 1997 auch als Berufsschullehrer an der Berufsschule Luzern in einem Teilpensum tätig ist, führte seine praktischen Erkenntnisse mit dem pädagogischen Know-how zusammen. Das führte ihn bei Alex Bruckert, Beirat «Eine Marktlücke» Alex Bruckert, Direktor der Zentralschweizerischen Handelskammer, ist Mitglied des Beirates des «Neuunternehmers des Monats». Er begründet den Entscheid des Beirats für Beat Weingartner und sein «LehrstellenCoaching». Beat Weingartner (Mitte) coachte im September in der Garage Felder in Baldegg die Automechaniker-Lehrlinge Roger Eiholzer (links) und Remo Müller (rechts). BILD GUIDO RÖÖSLI Ab 2001 startete Weingartner mit zur Idee des «Lehrstellen-Coaching». Regelmässig soll ein externer Coach seinem Projekt – und stiess als Erstes Lehrlinge aus jeweils benachbarten auf Widerstand. «Viele Garagisten waGaragen ausbilden. «Die Lehrlinge ren skeptisch», erinnert sich Weingartkonsumieren an diesem Tag nicht pas- ner. Weingartner leistete im ersten Jahr siv eine gute Ausbildung, sondern erar- viel Überzeugungsarbeit – mit Erfolg. beiten selber die vom Coach gesteck- Bald sahen die Lehrmeister ein, dass ten Ziele», erklärt Weingartner. Zwi- sie entlastet wurden und die Lehrlinge ihre Ausbildung in schen den Ausbilgleichmässigeren Abdungssequenzen schnitten absolviermüssen Aufgaben «Die Lehrlinge erarbeiten ten. Kurz: Unter dem von ihnen selbststän- selber die vom Coach Strich profitierte der dig gelöst werden, ganze Betrieb von damit das Gelernte gesteckten Ziele.» B E AT W E I N G A R T N E R , der Dienstleistung. gefestigt wird. «Über«LEHRSTELLEN-COACHING» dies können sich die Lehrlinge auch vorab Viele Anfragen beim Coach melden, Für das laufende damit bei Schwierigkeiten mit konkre- Schuljahr hat Weingartner bereits neun ten Themen gezielt interveniert wer- Gruppen mit je vier Lehrlingen gebilden kann», so der Unternehmer. det. Zusammen mit seinem 30-ProDas Schulungsmaterial bringt der zent-Pensum an der Berufsschule, das Coach selbstverständlich mit. Wein- er kürzlich zu Gunsten des Coaching gartner verfügt gar über zwei umge- reduziert hat, ist der Ausbilder nun baute Schulungsfahrzeuge, an denen ausgelastet. Die Betriebe, aus denen er die Lehrlinge simulierte Fehlfunktio- Lehrlinge coacht, verteilen sich auf die nen aufspüren und beheben müssen. Innerschweiz und auf das deutschspra- chige Mittelland. Weingartner erhält mittlerweile auch Anfragen aus der West- und der Ostschweiz. Er ist deshalb auf der Suche nach einem Partner, der wie er ausgebildeter Werkstattchef ist und über Erfahrungen im Ausbildungsbereich verfügt. Ein Modell für weitere Branchen? Beat Weingartner ist sich bewusst, dass seine Idee leicht von Mitbewerbern kopiert werden kann. Er will deshalb nicht stehen bleiben und denkt bereits über weitere Dienstleistungen nach. Denkbar ist beispielsweise eine Ausweitung seines Modells auf andere Branchen. «Die Entlastung der Ausbildungsverantwortlichen dürfte noch in zahlreichen weiteren Branchen ein Thema sein», vermutet Beat Weingartner. HINWEIS Beat Weingartner, «Lehrstellen-Coaching», Wassergasse 8, 6284 Gelfingen, Telefon 041 918 05 36; E-Mail: [email protected] Internet: www.lehrstellen-coaching.ch Was ist am Angebot innovativ? Bruckert: Die Zusammenfassung von Lehrlingen über ein KMU hinaus mit einem externen Lehrer und unter gleichzeitiger Mitwirkung der Lehrmeister ergibt Qualitätsverbesserungen bei der Ausbildung und bringt Zeitersparnisse für die Lehrmeister. Andere Anbieter könnten diese Idee zwar kopieren, doch die Person des Preisträgers Beat Weingartner spielt eine wesentliche Rolle. Welche Überlebenschancen geben Sie dem «Lehrstellen-Coaching»? Bruckert: Auch dieses Unternehmen steht und fällt mit der Weiterentwicklung der Idee. Bald werden Nachahmer diesen Erfolg kopieren. Die berühmte «eine Nasenlänge voraus» kann nur gehalten werden, wenn weitere, zusätzliche Dienstleistungen angeboten werden. Andernfalls droht Stillstand oder Rückschritt. Was kann verbessert werden? Bruckert: Beat Weingartner muss sich selber ein Zeitmanagement auferlegen und sich bei Vertragsverhandlungen konsequent verkaufen. ac Weiterer Bewerber Brunos Salatsauce erobert Küchen Bescheiden ist Bruno Arnold nicht: «Unsere Salatsauce ist die beste», meint er. Und weist stramme Wachstumszahlen vor. Bruno Arnold hält sich nicht gerade zurück, wenn es um sein Produkt geht. Darf er auch nicht, schliesslich ist die Konkurrenz auf seinem Geschäftssegment enorm: Arnold produziert eine Salatsauce, und zwar «die vielleicht beste auf dem Schweizer Markt», wie er sagt. Der Obwaldner führte bis vor einigen Jahren einen Gastrobetrieb in Kerns OW, dessen gute Küche bestens bekannt war. Besonders angetan waren manche Gäste aber von der delikaten Salatsauce. Sie fragten bei Arnold an, ob sie wohl ein Fläschchen für daheim kaufen könnten. «Das war natürlich kein Problem», schmunzelt Arnold. «Nachfrage stieg schnell» Er füllte die selber hergestellte Sauce in Plastikflaschen ab und verkaufte sie im kleinen Lädeli, das dem Restaurant angeschlossen war. Dass die Salatsauce neuerdings auch ohne Gaststättenbesuch erhältlich war, sprach sich rasch herum. «Die Nachfrage stieg schnell», erinnert sich Arnold. Der Restaurator benannte seine Sauce mit «Brunos Salatsauce» und trat an erste Partner heran – die ersten drei Kunden waren der Frischgemüseanbieter Friedli in Luzern, der Arnold Zentrum Markt in Altdorf und der Coldebella in Stans. «Die Sauce schlug dort ein wie eine Bombe», freut sich Arnold heute. Dieser Erfolg legte den Grundstein für das heutige Unternehmen «Bruno’s Best». dem Rezept und der Frische auch die Tatsache, dass keinerlei künstliche Zusatzstoffe verwendet werden. «Wir produzieren Just-in-time», erklärt der Unternehmer. «Wir nehmen jeweils am Montag die Bestellungen entgegen, produzieren anschliessend bis zur Wochenmitte und liefern noch in derselben Woche aus.» Das Unternehmen beschäftigt bereits zwölf Mitarbeiter, die sich 600 Stellenprozente teilen. Bis heute 150 Kunden überzeugt Doch noch war Bruno Arnold Restaurator, der sich in erster Linie um seine Gaststätte zu kümmern hatte. Ende 2001 schliesslich entschied sich Arnold, das Restaurant zu verpachten. «25 Jahre lang Einsatz von morgens früh bis abends spät, das reichte mir und meiner Frau Hildegard», begründet Arnold den Schritt. Beflügelt von den Erfolgen mit der Salatsauce, entschied sich Arnold, sich voll auf dieses Geschäft zu konzentrieren. Heute zählt «Bruno’s Best» rund 150 Kunden, die vornehmlich aus der Innerschweiz stammen. Das Unternehmen füllt wöchentlich rund 5000 Flaschen ab. Das Geheimnis der Sauce ist laut Bruno Arnold neben Bald kommt ein neues Produkt Arnold lässt sich mit der Entwicklung neuer Produkte Zeit. Schliesslich könne er sein Spitzenprodukt nicht so schnell mit einem neuen überbieten. Dennoch soll bald eine weitere Sauce auf den Markt kommen: «In den nächsten Monaten lancieren wir eine italienische Salatsauce mit Olivenöl», so Arnold. Im Frühling 2005 schliesslich will der Unternehmer seiner Kundschaft eine weitere Kreation anbieten. ALICE CHALUPNY HINWEIS Brunos Best, Kägiswilerstrasse 18, 6060 Sarnen, Telefon 041 662 03 06; Fax 041 662 03 07; E-Mail [email protected]; Internet www.brunosbest.ch Die Partner zum Erfolg Die Aktion «Neuunternehmer des Monats» läuft unter dem Patronat der «Neuen Luzerner Zeitung» mit ihren Regionalausgaben und von Hewlett- unter anderem auf Innovationsgrad, Ausgereiftheit und Erfolgschancen beurteilt. Detaillierte Businesspläne werden nicht verlangt. Die Beurteilung der Bewerbungen erfolgt durch einen Beirat, dem folgende Vertreter angehören: Jörg Lienert (Jörg Lienert AG, Luzern), Rita Misteli (IFU, Präsidentin FDP-Fraktion Grosser Stadtrat), Werner Bründler (Direktor Gewerbeverband Kanton Luzern), Alex Bruckert (Direktor Zentralschweizer Handelskammer), Hanspeter Schneeberger (Luzerner Gewerbe-Treuhand), Markus Hinnen (Hewlett-Packard Schweiz GmbH, Dübendorf), Mark Bachmann (4B Bachmann AG, Hochdorf), Ruedi Suter (Optixx AG, Luzern), Christof Born (Businesspark Zug), Hanspeter Weibel (Weibel Consult, Bottmingen), Stefan Ragaz («Neue Luzerner Zeitung»). Packard (HP). Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit sich ein Unternehmen bewerben kann: ● Firmensitz in der Zentralschweiz ● Gründung innerhalb der letzten drei Jahre ● Eintrag im Handelsregister ● Innovatives Marktangebot ● Potenzieller Kundenkreis in der Zentralschweiz. Bedingungen, Bewerbungsunterlagen und präsentierte Firmen sind unter www.neuunternehmer.ch zu finden. Die eingereichte Geschäftsidee wird Preis der Gewerbe-Treuhand Firmen, die sich für den «Neuunternehmer des Monats» bewerben, können auch am Neuunternehmer-Preis der Luzerner Gewerbe-Treuhand mitmachen. Der Preis, der seit 1994 verliehen wird, ist mit 10 000 Franken dotiert. 2004 wurde die MangeRie in Egolzwil ausgezeichnet. Informationen: Telefon 041 319 92 92 oder Internet [email protected]. Anmeldefrist ist der 30. Juni 2005. red