OB-Kandidaten auf der Couch

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OB-Kandidaten auf der Couch
11
Nr.
Dez. 2007
Jan. 2008
50 CENT
„Psycho-Test“ Wohnen
OB-Kandidaten
auf der Couch
Seite 13 bis 15
Rückblick 2007
Bilder des Jahres
Seiten 8 / 9
Kein Durchblick
Kulturskandal bei der Event
Was bewegt Sie in der Stadt?
Seite 7
Telefon 0851 9346649 – E-Mail: [email protected]
2
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Dezember 2007 / Januar 2008
BILDUNGSBLICK
3
St. Nikola fast ganz neu
Schule mit den
schönsten Aussichten
Blick auf Oberhaus, Dom
und Altstadt: Schulklasse im
neu erbauten Obergeschoss.
Die Volksschule St. Nikola liegt vielen Passauern am
Herzen, weil sie ein Stück ihrer Vergangenheit ist oder sie
dort ihre Kinder gut aufgehoben wissen. Zum „Tag der
offenen Tür“ nach der Sanierung kamen die Generationen
zusammen und gratulierten: Eine echte Wohlfühl-Schule ist
St. Nikola geworden! Sie strahlt nach außen und nach innen.
Die Klassen im neuen Dachgeschoss werden um die phantastische Aussicht beneidet.
Nach dem Rundgang sprechen zwei junge Mütter aus
Büchlberg spontan im Sekretariat vor. „Wir möchten unsere Mädchen gerne an ihre
Schule schicken. Am besten
sofort - geht das?“.
Es ist ein beeindruckendes
Kompliment für eine der ältesten Passauer Schulen, in denen auch dank einer gelungenen Sanierung ein frischer
Geist weht.
„Andere Länder haben reiche Bodenschätze, wir haben
als höchstes Gut unsere Kinder. Weil sie immer weniger
werden, müssen wir sie hüten
und pflegen wie einen
Schatz“, sagt eine Lehrerin,
die seit seit 25 Jahren hier unterrichtet.
Lernen fürs Leben. An St.
Nikola war dies offenbar nie
ein leeres Sprichwort. Ein
Schwarz-Weiß-Bild an der
Wand aus dem Jahre 1927
zeigt junge Mädchen, wie sie
im Schulhof an langen Tischen arbeiten. Sie bereiten Köder vor, um beim Kampf gegen eine Rattenplage zu helfen.
80 Jahre später gibt es andere Aufgaben: Sie lernen in
der Praxis mit Energie und
Materialen
wirtschaftlich
umzugehen.Die eigene Schule wird zum Testprojekt für
Klimaschutz: Wo lässt sich
Strom sparen? Von den Ergebnissen lernen dann zuhause auch die Eltern.
Ganz und gar nicht altmodisch geht´s auch um so praraktische Dinge wie Servietten zu falten, Menue-Bestecke und Gläser richtig anordnen. Dazu das volle Programm, vom Einkaufen bis
zum Kochen.Wer die gedeckten Tische im kleinen Speisesaal sieht,glaubt sich in einem
Nobelrestaurant.
„Und wer zahlt das alles?“,
will ein Herr bei der Führung
wissen.
Für die Mahlzeit werden
pro Tag und Schüler 1,80 kassiert, 1,60 Euro Zuschuss gibt
es von der Stadt, rechnet eine
Lehrerin vor. Das Geld reicht
locker.
Was haben Stadträte und
Medien auf die Nikoaschule,
Architekten und ihre Handwerker eingeprügelt, weil der
Etat gewaltig gesprengt wurde. Aber letzendlich haben
knapp 500 Schüler und 50
Lehrkräfte nur profitiert.
Eine Schule im Zentrum
der Stadt braucht keine
Schulbusse, weil der öffentliche Nahverkehr in alle Richtungen funktioniert. Das ist
ein Standortvorteil. Dafür
fehlen Freiräume für einen
Sportplatz.„Da bleibt nur der
Weg über den Fünferlsteg
hinüber zur Innstadt,aber das
nehmen wir gerne in Kauf“,
sagt eine Lehrerin.
Mangelndes Selbstwertgefühl, zerrüttete Familien, kaputte Seelen.Natürlich gibt es
auch Problemkinder in St.Nikola. Auch hier geht man
neue Wege: der „Raum der
Ruhe“.
„Wenn einer austickt und
stört oder einfach nur eineAuszeit braucht,dann wird er nicht
die Ecke gestellt,sondern kann
sich hier im abgedunkelten
Zimmer bei Kerzenlicht und
leiser Musik entspannen“, erklärt der Schulpsychologe. Er
ist zum Zuhören da und nicht
zum Tadeln.
„Das Angebot wird von
Schülern gerne angenommen“, weiß eine Führungskraft.
Dort, wo früher der Speicher war, befindet sich heute
das ausgebaute Dachgeschoss
mit neuen Klassenzimmern.
Und das ist der neue Höhepunkt für jeden Besucher.
„Unsere Aussicht ist noch
schöner als die vom Turm“,
sagt ein Lehrer. Und die Kinder pflichten ihm eifrig bei.
„Ich habe auch mit meiner
Kamera schon viele Fotos gemacht“, erzählt stolz ein 12jähriger dem Fotoreporter.
Im Nebenraum haben sie der
„schönen Aussicht“ sogar eine Fotogalarie gewidmet.
St. Nikola und ihre Lehrer
haben Generationen von
Passauern begleitet. Nach
prominenten Schülern gefragt :Verlegerin Simone Tucci-Diekmann (Neue Presse
Verlag) und Schlagersängerin
Vivian Lindt („Mir geht´s
gut“).
Zwei Dutzend kleine Gitarrenspielerinnen und -spieler: Musikunterricht gehört
offenbar
zu
den beliebtesten Fächern.
Die Aula der
Schule atmet Geschichte:
Die
Grundmauern
vom alten Stadtturm am Karolinentor wurden
freigelegt
und
konserviert.
„Wegen
der
Denkmalschützer
haben wir die halbe
Fläche der Mensa
verloren“, sagt Direktorin Petra Seibert. Aber das ist
schon ihre einzige
Klage.
FOTOGRAFENBLICK
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Dezember 2007 / Januar 2008
Größenwahn einer Provinzstadt
Tschüss Passau, ich wünsche
dir einen guten Therapeuten
Sieben Jahre war die
Dreiflüssestadt für den
Frankfurter Tim Lilling
Wahlheimat. Mit Diplom
und einem reichen Schatz
an Bildern in der Tasche hat
er Anfang Dezember Passau
den Rücken gekehrt, um im
Norden ins Berufsleben
einzusteigen. Seine Bilder
lassen spüren, dass er Passau
lieben lernte. Warum er ihm
der Abschied zum Schluss
dann doch nicht so schwer
gefallen ist, beschreibt er in
in diesem Beitrag.
„Und wieso bist Du in Passau?“ werde ich seit sieben
Jahren gefragt, wenn ich erzähle, dass ich hier studiere.
Ich sollte vielleicht anmerken, dass meisten dabei das
Wort „Passau“ so aussprechen,als handele es sich dabei
um einen Ort,an den man sich
lieber nicht begeben sollte
oder eine schlimme Krankheit. Oder beides zusammen.
Anfangs war meine Antwort,dass ich Diplom-Kulturwirt studiere und dass es diesen Studiengang nur hier gäbe. Dafür müsse ich in Kauf
nehmen,im hintersten Niederbayern zu leben.
Doch nach und nach wich
meine Skepsis gegenüber dieser Stadt und ihren Bewohnern. Jemand, der sehenden
Auges durch sie streift, wird
schnell begeistert sein.
Vor allem, weil in den letzten Jahren viele Gebäude liebevoll renoviert wurden: der
Schaiblingsturm, auf welchem das Stadtwappen wieder erstrahlt, der illuminierte
Brunnen am Residenzplatz,
der mit seinem sanften Plätschern Touristen und Einheimische dazu einlädt, noch ein
zweites Glas Rotwein beim
Italiener zu bestellen.
Der Rathhausturm mit seinem reich verzierten Ziffernblatt, das von den Paulinern
herausgeputzte Kloster Ma-
Fotograf
Tim Lilling
Tim Lilling, gebürtiger
Frankfurter,
Jahrgang
1978, kam 2000 als Student
der Kulturwirtschaft nch
Passau. Als Fotojournalist
ist er für verschiedene Zeitungen und Magazine tätig.
Er gehört auch zu den
Gründungsmitgliedern des
Bürgerblick.
Seine Fotoarchiv ist zu finden auf www.dokufoto.de
Mit solchen ungewöhnlichen Perspektiven will Fotograf Tim Lilling zeigen, welche Fremdkörper sich Passau in seine Stadtlandschaft geklotzt hat. Der Blick mit einem Zoombjektiv
entstand vom Hügel des Klosters Mariahilf.
riahilf, der wieder weiß strahlende Dom - die Liste ist lang.
Just, als ich dies alles lieb
gewonnen hatte, begann die
Diskussion um die Neue Mit-
te. Für mich als Frankfurter
war es von Anfang an unverständlich, wie diese bezaubernde Barockstadt auch nur
darüber nachdenken konnte,
sich einen Konsumtempel in
das Herz der Stadt zu setzen.
Die Niha musste weg - zu
alt, zu unpraktisch, zu belastet. Einige sagen heute: Da
hat man den Teufel mit dem
Beelzebub ausgetrieben. Das
ist falsch: die Neue Mitte ist
schlimmer!
Im Gegensatz zur Niha
überragt der Kapfingerturm
alle umliegenden Gebäude.
So ist er weithin sichtbar, fast
aus jeder Perspektive, und erschreckt den Betrachter, der
sich über das sonst prächtige
Stadtbild freut.
Passau hat zweifellos immer noch seine schönen Seiten.Allerdings ist es für Fotografen mittlerweile eine kleine Herausforderung geworden, diese „Postkarten-Ansichten“ so zu komponieren,
dass keine Bauten der Neuen
Mitte darauf erscheinen.
Als „Visionär und Macher“, wie in einem Zeitungsbeitrag zu lesen war, haben
die
Oberbürgermeister
Schmöller und Zankl die Verantwortung für die Bausünden übernommen. Dem Beifall der Mehrheit bekommen
sie dafür sich nicht.
Ob Geltungssucht oder
Geldmangel der Grund dafür
waren, den Investoren freie
Hand zu lassen,kann ich nicht
beurteilen.Passau wollte vielleicht so toll wie München
und so modern wie Frankfurt
werden - und hat mit diesem
Experiment verspielt, was es
für mich liebenswert gemacht
hat. Die nächste Generation
braucht einen guten Therapeuten.
Bei einer Ballonfahrt wurde mir bewusst, welch große Bedeutung die drei Flüsse auf das
Leben und die architektonische Gestaltung der Stadt haben. Sie in der Verschiedenheit ihrer Farben aus der Luft zu sehen, ist sicherlich unvergesslich.
Bayerische Bräuche, wie hier der Tanz der Perchten, waren für mich als Frankfurter neu
und deshalb sehr beeindruckend. Das Spektakel fand auf dem ersten Christkindlmarkt am
Domplatz statt.
Zufällig war ich der einzige Fotograf in diesem historischen Augenblick. Am 19. Februar
2004 um 11.34 Uhr stürzte die Frontfassade der Nibelungenhalle in sich ein. In einigen Jahren wird die Neue Mitte Altlast sein, der man sich gerne entledigen möchte.
FOTOGRAF LILLING: MEINE ERINNERUNGEN AN PASSAU
Die Passauer Domorgel ist ein wichtiges Wahrzeichen. Auch wenn ich kein Freund klassischer Musik bin, hat mich ihr Spiel verzaubert. Die Orgelnacht, in der sie von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang tönt, ist ein Muss.
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RÜCKBLICK
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STADTBLICKE
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Unsere Verkehrsplaner zeigen wenigstens Humor
So viele Schilda,
so wenig Sinn
Busparkplätze nennen sich Einbahnstraßen, auf Ringstraßen müssen wir Haken schlagen,
an einer Ausfahrt der Zentralgarage herrscht Linksverkehr und der Kreisverkehr in der
Neuen Mitte geht gar nicht. Passau und seine Verkehrsplaner sind immer gut für lustige
Schlagzeilen. Fast wie bei den Bürgern von Schilda.
17 Verkehrsschilder sind auf diesem
Bild zu sehen - und das sind nocht nicht
alle an der Fritz-Schäffer-Promenade.
Im Licht der Abendsonne
strahlt der Schilderwald entlang der Donaulände am
schönsten: Dutzende Taferl
in Rot und Blau, als hätte sie
der Ordungsamtschef als
Sonderangebot im Baumarkt
bekommen.
Links die Einbahnstraßen,
rechts die Parkverbote. Jedes
Hotel bekam eine Extrawurst
für seine Gäste und die Stadt
verfolgte ihre Strategie: kein
kostenloses Parken.
Schilda schlägt zu, damit
die Parkhäuse r zu Geld kommen und die Autofahrer das
Hirn nicht mehr einschalten
müssen.
Im Kreis oder geradeaus? Es ist ein Chaos.
Die Großen dürfen sich alles erlauben, die Kleinen nicht
„Deutschlands dümmster
Kreisverkehr“, schrieb die
Bayerische Staatszeitung
groß über das obige Bild.
Das war nicht gerade fein.
„Intelligenter Ausweg aus
einer Fehlplanung“ wäre ein
netterer Titel gewesen.
Sogar der „Passauer Tölpel“
regte sich über diese Berichterstattung auf und ein
Herr im Rathaus griff gereizt
zum Telefon. Er fragte beim
Chefredakteur nach, ob die
Wahl des Passauer Korre-
spondenten wirklich die
richtige sei.
An der Sache ändert das
nichts: In der Neuen Mitte
läuft bekanntlich nicht alles
rund.
DieVerkehrsplaner schufen am Busbahnhof einen
Kreisverkehr,der seinen Namen nicht verdient. Ausgerechnet die häufigsten Verkehrsteilnehmer an dieser
verzwickten Stelle, die Regional - und Stadtbusse,kriegen die Kurve nicht.
Warum wurde der Radius
zu klein?
„Eine
Tiefgaragenausfahrt wurde verlegt, weil die
Bauarbeiter auf massives
Granitgestein stießen. Der
Ausbau nach Plan wäre zu
teuer geworden“, erklärt ein
Fachmann.
Wirklich dumm gelaufen,
aber wie im wahren Leben:
Die Kleinen müssen sich an
die Gebote halten, die
Großen dürfen sie ignorieren.
Dittlmann-Drama
Glückwunsch zur
„staaden Adventszeit“!
Elisabeth Bock bezeichnet
sich als „alte Passauerin“,
die seit 40 Jahren nur noch
besuchsweise in ihre Heimatstadt kommt. Umso aufmerksamer verfolgt sie alle
Veränderungen, die sie
zunächst durch die Tagespresse oder persönlich in Augenschein nimmt. Zur Abwicklung des Spielwarenhauses Dittlmann schrieb
sie Bürgerblick einen Leserbrief mit bitteren Untertönen.
Das war schon erschreckend zu lesen, wie
einseitig über die Schließung des Spielwarenhauses
Dittlmann berichtet wurde!
Prima, dass 20.000 Artikel
pro Tag verkauft wurden!
Toll, dass nur in drei Wochen der frühere Weihnachtsumsatz
gemacht
wurde! Hervorragend, dass
täglich 1.800 Kunden bedient wurden.
Wer hat das alles geleistet?
Kein Wort des Dankes von
Seiten der Brüder Dittlmann an das Personal, das
doch die Kunden zur Zufriedenheit bedient hat,dem
Kassenstand nach zu urteilen. Kein Wort des Bedauerns an die Angestellten für
die spontane, und für die
Angestellten
erschrekkende Entscheidung, das
Geschäft zum Jahresende
2007 zu verkaufen. Keine
Auskunft darüber, was mit
den neun Angestellten in
Zukunft passiert, die vielleicht ab Dezember arbeitslos sind, weil sie z. B. zu alt
sind für neue Arbeitsverhältnisse.
Das freut den Leser zu erfahren, dass die Mietinteressenten für das DittlmannHaus Schlange stehen.
Schlange stehen werden
auch die ab Dezember arbeitslosen
Angestellten,
aber bei der Bundesagentur
für Arbeit.
Von Herzen wünscht man
Stefan Dittlmann, dass er es
schafft,bis Ende November
das Spielwarenhaus abzuwickeln, dann spart er das
Weihnachtsgeld für seine 32
Angestellten.
Aber vielleicht haben sich
die Brüder Dittlmann doch
noch eine echte „Weih-
nachtsüberraschung“ für
die Angestellten ausgedacht,worüber sie in der Tagespresse nicht sprechen
wollten, nach der Devise:
„Tut Gutes, redet aber nicht
darüber!“
In diesem Sinne wünsche
ich den Angestellten des
Spielwarenhauses
Dittlmann eine „staade Adventszeit“ und fröhliche
Weihnachten!
Elisabeth Bock, Voßkuhlstrasse, 44797 Bochum
Wettbewerb mit
US-Konzern gefürchtet
Andreas Dittlmann gab
Bürgerblick eine Stellungnahme.
Er sagt: „Für die Berichtserstattung der PNP kann ich
nichts.“ Die Verdienste seiner Mitarbeiter habe er sehr
wohl erwähnt, aber das sei
im Artikel ausgeklammert
worden.
„Wenn 80 Prozent wieder
eine neue Stelle haben, ist
das doch positiv“ .
Den
Kündigungstermin
(sieben Monate Frist) zum
31. November habe man
nicht gewählt, um das Weihnachtsgeld zu sparen, sondern um dem harten Wettbewerb durch die Eröffnung
von Toys ´R´ Us zu entgehen.
Toys ´R´ Us ist eine amerikanische Spielwarenkette,
die Anfang November auf
2.000 Quadratmeter ihre 58.
deutsche Niederlassung in
Passau an der Äußeren Spitalhofstraße eröffnet.
Der Konzern wurde vor
Kurzem weltweit mehrfach
zu Rückrufaktionen gezwungen, weil hohe Schadstoffkonzentrationen von in
China gefertigten Produkten publik wurden. Bereits
2005 boykotierte das Unternehmen „Stiftung Warentest“.
Spielwaren Dittlmann gab
es seit 1929 in der dritten
Generation. Die Inhaber
gaben die Immobilie auf,
weil sie als Baustein des
neuen Kommerzzentrums
wertvoll wurde wie nie.
Toys ´R ´Us übernahm keinen einzigen DittlmannMitarbeiter, denn die Kette
suchte angeblich nur ungelehrte Kräfte für 6,40 Euro
Stundenlohn“.
Dezember 2007 / Januar 2008
KULTURBLICK
Zum Glück klappt das 400.000-Euro-Projekt „Alles im Fluss“ trotzdem
Trauriges Zeugnis für Event:
Für hohe Kultur ungeeignet!
Als Geigerin erobert die Passauerin Annette Reisinger mit
dem Kölner Quartett Minguet die Bühnen der Welt. Ihr
großartiger Erfolg, mit Fördermitteln aus Berlin ein neues
Kulturprojekt in Passau anzusiedeln, wäre fast gescheitert
- an den Funktionären der städtischen Event GmbH!
Sie erwiesen sich als Banausen und liebäugelten nur mit
dem Geld.
Der Feuilleutonist der Passauer Neuen Presse rieb eher
zurückhaltend der städtischen Event GmbH unter die
Nase, dass sie „auf dem
Holzweg ist“.Im Klartext lautet seine Kritik: Die Stadtmanager dort verstehen nichts
von ihrem Kerngeschäft, der
Kultur.
Was ist passiert? Die engagierte Musikerin Annette
Reisinger,eine gebürtige Passauerin, gewann für ihre Heimatstadt eine Ausschreibung
der Kulturstiftung des Bundes: das deutschlandweite
Projekt soll den Menschen
die Neue Musik, also Werke
zeitgenössischer Komponisten, näher bringen.
Reisingers Konzept muss
sehr überzeugend gewesen
sein: Passau bekam als kleinste Stadt den Zuschlag unter
15 so namhaften Städten wie
Hamburg, Berlin, Dresden
und Köln. „Alles im Fluss“
nannte sie ihr Thema für ein
Festival in der Dreiflüssestadt.
„Als Partner hab ich mir
die städtische Event geholt“,
erzählt sie. Die Empfehlung
kam von Bürgermeisterin
Dagmar Plenk und Kulturamtschef Dr. Max Brunner.
Es stellte sich als Mißgriff
heraus.
Denn, als die Frist für die
Unterlagen,
die
Berlin
benötigte, immer näher rückte, machten die Damen und
Herren der Event Sommerpause. Dann kam die Holzmesse. „Jetzt geht es gerade
wirklich nicht“, so ähnlich
wurde die Geigerin, die unter
Zeitdruck stand, vertröstet.
Bald stellte sich heraus:Die
Event hatte sich wenig Gedanken über Inhalt und Bedeutung dieses neuen Festivals gemacht. Sie schielte offenbar nur auf die Zuschüsse
schielte. Berlin sagte für das
400.000-Euro-Spektakel 70
Prozent Fördermittel zu, also
280.000 Euro.
Selbst die Verantwortlichen in Berlin trauten ihren
Augen nicht: Eine Summe
von 249.000 Euro veranschlagten die Kulturmanager
Photos: Jan Röhrmann
Herausgeber und
verantwortlicher Redakteur:
Hubert J. Denk
Kapuzinerstr. 19, 94032 Passau,
Telefon (0851) 93 46 649,
Fax (0851) 93 46 801;
Internet: www.buergerblick.de;
E-Mail: [email protected].
Redaktion:
Anna Brunner, Benjamin Gigl,
Matthias Sonnleitner, Tim Lilling;
Technische Umsetzung:
Sandra Bachl Layouts
Vertrieb: Marko Topic
Druck:
Tutte Druckerei GmbH, Salzweg
Was bringt eine Stadtbahn für
Passau und Umland? Konkrete Vorschläge liefert Matthias
Stribiech vom Verkehrsclub
(VCD) in Bayern. Georg Nowak-Hertweck vom Karlsruher Verkehrsverbund berichtet vom Erfolg der Schiene
und wie Passau profitieren
könnte.
Montag, 14.Jan ar, 19 Uhr
Hörsaal 9, Uni Passa .
Die Linzer AVE übernimmt
unsere Müllabfuhr ab Juni,
aber die ersten weißen ÖsiWagen machen jetzt schon
Testfahrten. „Wenn unsere
Verbrennungsanlage in Wels
ausgebaut ist. können wir den
Abfall auch über die Grenze
bringen“, sagt der bayerische
Geschäftsführer
Armin
Huhn. Dann wird aus Passauer Müll Ösi-Strom.
„Freuen wir uns auf das neue Festival. Die
Erfahrungen mit der Event möchte ich
ganz schnell vergessen“, sagte vor ihrem
Aufbruch zu einer Kaukasus-Tournee die
Passauer Geigerin Annette Reisinger.
264 beileidigte Ossis
Bei der Eröffnung des ersten Leberkäs'-Empfangs in
der Dreiländerhalle bewies
der Passauer Oberbürgermeister wieder besonderes
Feingefühl: Er begrüßte die
neuen Studenten „aus dem
Süden, Westen, Norden und
anderswo aus Deutschland.
Da zuckte ich unwillkürlich zusammen und glaubte
in der Menge ein Raunen zu
Karlsruhe stellt seine
Stadtbahn vor
Unser Müll wird
zu Ösi-Strom
Bayerischer Leberkäse und
IMPRESSUM
Stadtblicke
hören. Wieder eine Ausgrenzung der Ostdeutschen?
Für die Grenzstadt Passau
ist diese Tonart deshalb so
bemerkenswert, weil sie
sich doch selbst als Tor zum
Osten erklärt. Der erste
DDR-Wagen, der mit der
Flüchtlingswelle in den Westen kam, traf doch angeblich
in Passau ein?
Herr Zankl, ich habe mich
für Sie schlau gemacht, wie
viele Ossis in Passau studieren: 264 (die Berliner nicht
eingerechnet). Das entspricht immerhin 10 Schulklassen der ostdeutschen
Elite. Und jetzt sagen Sie ja
nicht, wir Ossis sind wieder
mal zu empfindlich.
Steffen Abend,
Kuwi-Student aus Cottbus
der Stadt für ihre eigenen
Dienstleistungen!
Der große Kuchen für den
Event-Pleiteladen und einen
Krümel für die Kunst?
Als die Berliner dann auch
noch erfuhren, dass die Stadt
nicht einmal bereit war, ihren
Anteil von 30.000 Euro jährlich beizusteuern, bekamen
sie Mitleid mit der Geigerin.
Sie gaben ihr die Chance, sich
nach neuen Partnern umzusehen. Das ist zum Glück gelungen: Jazzveranstalter Paul
Zauner, Chorleiter Martin
Steidler, Café-Museum-Betreiber Jürgen Waldner und
als Projektleiterin Elke Burmeister haben mit Annette
Reisinger die Organisation
des Festivals „Alles im Fluss“
übernommen. Ein privater
Bürge kam auch dazu.
Fazit: Das Passauer Kulturnetzwerk funktioniert hervorragend. Das Kulturereignis ist - wie vorgegeben - auf
vier Jahre gesichert.
Wetten, dass Event-Chef
Joseph Gevatter sich nach
dem Christkindlmarkt wieder brüstet, wie toll sein Betrieb alles bereitet hat?
Zur Erinnerung: Maidult
und Christkindlmarkt gab es
lange vor der Event. Klopfen
wir auf Holz, dass ihre Unfähigkeit keinen weiteren
Schaden anrichtet.
JAHRESRÜC
8
Bilder, die uns bewegten
Passauer A
Ein wild gewordenes Eichhörnchen fiel in
der Innstadt im Juni drei Menschen an
und brachte Passau weltweit in die
Schlagzeilen.
Die
österreichische
Kristallerbin Fiona Swarovski taufte im
Mai die neue „MS Donau“, jetzt KitschKönigin der Wurm&Köck-Flotte. Es gab
Schönes und Schreckliches 2007. Nicht
alles was uns bewegte, können wir in diesem Album zeigen. Bürgerblick wünscht
seinen Lesern ein gesundes Neues Jahr.
Als Hindernislauf Vo
Mord an der schönen Caro
Am 8. Januar nächsten Jahres stehen ihre Killer vor dem Passauer Landgericht: Jan Hertrampf (19, oben) und sein Komplize Andreas Stranninger (29,
unten). Die Bilder zeigen sie beim Gefangenentransport im Ferienflieger.
Laut Vorwurf der Staatsanwaltschaft haben sie im Februar die 21-jährige Medienstudentin Caroline B. in der Badewanne ihrer Wohnung in einem Hochhaus in Haidenhof erstochen. Die Täter hatten drei Tage Vorsprung und
schlugen sich bis ins Baskenland durch, wo sie zwei Monate später verhaftet
wurden.
Friedensglocke
In „Assisi“ läutet die erste Glocke, deren Inschrift die Weltreligionen verbindet: gegossen im Juni im Auftrag
von Künstler Gerhard Kadletz (60, r.)
bei der Firma Perner in Hacklberg.
Bahnhofstraße, Dr.-Hans-Ka
Große Klingergasse, Exerzierpl
das Jahr der Baustellen. Der U
trum Neue Mitte hat uns allen v
leute klagen über mangelnde Ku
ren sich über schmutzige Schuh
tofahrer verzweifeln sowieso, we
Wenn der letzte Baukran abmon
füllt ist,werden wir das Ergebnis
Das Gesicht unserer Stadt hat sic
lungenhalle nicht zum besseren
noch so viele Brünnlein zum Plä
Julia kämpft
gegen Bohlen
Film ab für den jungen Förster
Auch der junge Falkenau-Förster, Hardy Krüger jr., hier mit Filmpartnerin
Bordihn, hält Passau die Treue. Im Juli drehte das ZDF in der Altstadt vor
dem Juwelierladen. Um Mitternacht gab es Anlass zum Feiern: Die Hauptdarstellerin feierte Geburtstag und Jodlerwirt Sepp Eichinger (61) brachte
spendabel Blutwurz herbei.7,5 Millionen Zuschauer beweisen die Beliebtheit
der Serie.
Im Februar fieberten ihre Fans
wochenlang, wie weit es die Fachoberschülerin Julia Falke
(18) bei Fiesling Bohlen bringt.
Das schwarzhaarige Mädchen
mit der starken Stimme schaffte es nicht ins Finale der „Superstar-Sendung“, aber mit
ihrem niederbayrischen, bescheidenen Charme in die Herzen von Millionen TV-Zuschauern.
Geistertankstelle
lockt mit Biosprit
Manuel Putz (26,Foto) und sein Opa Ludw
Oktober die erste Zapfsäule der Region
verzweifelter Versuch, ihre Tankstelle, d
Grenze liegt,wieder zum Laufen zu bring
billigen Ösi-Sprits seit drei Jahren links
Putz-Tanke ist beliebt bei TV-Teams, we
mus geht. Das macht sie berühmt, aber ni
RÜCKBLICK
9
Album 2007
le
rit
Ludwig (74) eröffneten im
egion für Bioethanol. Ein
lle, die 100 Meter vor der
bringen. Sie wird wegen des
links liegen gelassen. Die
ms, wenn es um Tanktourisber nicht reicher.
Die größte Brandtragödie der
Stadt erlebte in diesem Jahr Wirt
Andreas Vilsmeier (36) vom Café
Nyhavn in der Theresienstraße.
Zum Glück hat seine Mutter Jutta
(65, Foto) einen leichten Schlaf. Sie
weckte alle sieben Hausbewohner,
als früh um zwei das Lokal in Flammen stand. 300.000 Euro Schaden .
Ursache war ein elektrischer Defekt. Nach langer Bedenkzeit startet Vilsmeier jetzt einen Neuanfang mit einer Buddha-Bar.
Beckstein weiht
Busbahnhof ein
Drei wichtige Männer blicken vom Büroturm-Café Diwan im März in die
Tiefe. Am Tag, als der zukünftige Ministerpräsident Beckstein kam, um den
Busbahnhof einzuweihen, begehrte OB Zankl eine Blitz-Ampel für das
Schlupfloch „Ringstraße“. Polizeichef Mannichl unterstützte ihn. Beckstein
stellte sich für das Thema taub, obwohl er sein Hörgerät eingeschaltet hatte.
Der kleine Gott
der Volksmusik
Mein Gott, wer hätte damals gedacht, dass er
die Welt der Volksmusik einmal so glücklich
macht: Florian Silbereisen, vom kleinen Quetschenspieler zum großen Quotenkönig, feiert
in der ARD die Feste wie sie fallen. Millionen
TV-Fans können nicht irren: Flori hat Charme
wie Peter Alexander, Humor wie Rudi Carell
und den Takt von Moik, Moik, Moik...
Panne im Peschlzelt
Ob es OB Zankls letzter Maidultanstich war, wissen wir nicht.Aber ein gutes
Omen war es sicher nicht, als ihm bei der Eröffung im Peschlzelt nach mehreren vergeblichen Schlägen der Schlegel abbrach. Der Bürgerblick-Fotograf
hätte das Holzdrumm beinahe abbekommen.
Photos: Tim Lilling, Matthias Gieselmann, Patrick Schirmer-Sastre, Hubert Denk, RTL.
Volkssport wurde
s-Kapfinger-Straße, Frauengasse,
ierplatz, Neuburger Straße - es war
er Umbruch für das Kommerzzenllen viel zugemutet: Die Geschäftsde Kundschaft,die Kunden beschwechuhe und versperrte Wege, die Auso, wenn sie nicht ortskundig sind.
bmontiert und das letzte Bauloch geebnis sehen.Keiner kann es leugnen:
hat sich rund um die ehemalige Nibeseren verändert; da kann OB Zankl
m Plätschern bringen.
Feuerdrama in der
Theresienstraße
KULTURBLICK
10
Dezember 2007 / Januar 2008
Dieser Kleinkunstpreis krönt unseren Ruf als weltoffene Kulturstadt
25 Jahre Scharfrichter-Beil
Ausblicke
Bei Benefizgala
„neuen B“
begrüßt
Es war wohl ein gewollter
Versprecher: Ex-Leopoldiner Bernhard Braun, Moderator der Benefizgala
von Claudia Gugger-Bessinger („Passauer Runde“)
begrüßte Jürgen Dupper
(SPD) als „zukünftigen
Oberbürgermeister“. Betretenes
Schweigen.
Schirmherr MdL Franz
Meyer und „Nikolaus“
Gerhard Waschler (beide
CSU) dürften heftig geschluckt haben. Freuen
dürfen sich über eine fünfstelligen Betrag die Behindertenschule in Grubweg
und die Brasilienhilfe der
PNP.
Der Heilige Nikolaus verteilte die Preise: Hinter
dem Rauschebart verbirgt sich Kabarettist Rudi
Klaffenböck, der Mann mit Beil und bösem Blick
ist der Gewinner des Künstlerwettstreits, Matthias
Egersdörfer (38).
Letzte Zigarette
an Silvester
Bewerbern geht der Franke
mit dem grimmigen Blick als
Bester hervor: Matthias
Egersdörfer.
Diesen Namen wird man
sich merken müssen“, sagen
danach die Zuhörer.
Stimmt: Wer das Passauer
Scharfrichterbeil, den wohl
berühmtesten
deutschen
Kleinkunstpreis errang, startete nicht selten eine steile
Karriere: Hape Kerkeling
(Preisträger 1983), Urban
Priol (1986), Günter Grun-
wald (1988), Luise Kinseher
(1999), Hagen Rether (2004),
Zärtlichkeit mit Freunden
(2006).
Illustres Kunstvolk traf sich
zum 25-jährigen Jubiläum im
Kellergewölbe,
plauderte
über Pläne und alte Zeiten.
Zu den Stiftern des Preises
gehören nicht, wie man annehmen möchte, lokale Medien, sondern Münchener:
der Bayerische Rundfunk und
die Abendzeitung.
Hintergrund: Das Scharf-
BR-Film in der Redoute:
Kulisse für den Kommerz
Am Wochenende, als Regensnburg seine offiziellen
Eintrag in die UNESCO-Liste als Weltkulturerbe feierte,
schreckte Passau vor dem
Fernseher auf:
Ein Beitrag des preisgekrönten Filmjurnalisten Dr.
Meinhard Prill, stach tief in
eine Wunde: „Kulisse für den
Kommerz“.
"Manche Städte wollen mit
aller Macht modern wirken
und verstümmeln sich dabei
so, dass sie aufs Spiel setzten,
was ihren Charme ausmacht",kommentiert der Autor des Bayerischen Fernsehens die Entstehung der Neuen Mitte und den Bau des gigantischen
Einkaufszentrums ECE.
Damit hat er vielen Passauern aus dem Herzen gesprochen und die Verantwortlichen gerüffelt. PNP-Redakteur Stefan Rammer beeilte
sich, den Schaden wiedergut-
zumachen und schrieb in seinem Kommentar von der beeinflussenden „Macht der
Bilder“.
Damit sich jeder selbst ein
Bild machen kann: Forum
Passau, ödp, Grüne und Bürgerblick zeigen den TV-Film
mit freundlicher Genehmigung des Senders am Dienstag, 18. Dezember, 19.30 Uhr
im Großen Redoutensaal.
Eintritt frei.
richterhaus, 1977 von Walter
Landshuter und Edgar Liegl
gegründet, wurde anfangs
von der Kirche bekriegt, der
CSU bekämpft und der PNP
totgeschwiegen. Zu provokant und gotteslästerlich waren die Auftritte der ersten
Lokal-Kabarettisten, die da
hießen Sigi Zimmerschied,
Bruno Jonas und Rudi Klaffenböck. 30 Jahre ist es her.
Zum Scharfrichterbeil war
das Trio wieder komplett vertreten - Ehrensache.
ternacht Rauchverbot in allen Lokalen. Für immer
mehr Nikotinsüchtige ein
Grund endlich ganz aufzuhören.
Anschlag auf kalte Mitte
Einsatz für Elektriker: Mit vier Schnitten durchtrennte ein
Unbekannter die Kabel des Lichterbaums, der den kahlen
Nibelungenplatz erwärmen soll. 100 Euro Schaden.
Photos: Gregor Killing. Hubert Denk, Bayerisches Fernsehen
Einmal im Jahr rollt das
Scharfrichterhaus den roten
Teppich aus: Beil-Gala.
Kabarettisten kämpfen mit
Mimik, Tönen und Worten
um den begehrtenPreis.
Ein frecher Franke mit
Halbglatze und rotem Hemd
spielt kleinkariertes Hirn. Er
frozzelt und fegt, dass die
Leute feuchte Augen bekommen. Nicht wegen seiner
Spucke, die meterweit fliegt,
sondern der Lachtränen.
Im Finale der sechs von 80
Wenn die Proteste der
Kämpfer für den Wirtshausqualm erfolglos bleiben,gilt an Silvester ab Mit-
Dezember 2007 / Januar 2008
STADTBLICKE
Auch der Zug der Zukunft schafft es nicht unter zwei Stunden
Bügeleisen mit Bullaugen Bummelbahn nach München
Lirex heißt er. Das klingt windig wie die alte italienische
Währung. Genau genommen
ist er gar kein richtiger Zug,
sondern ein Triebwagen.
Warum müssen wir im Regionalexpress nach München
mehr Sitzfleisch aufbringen als ein Opa mit Hut, der über
die Autobahn fährt? Das Traurige: Es wird nicht schneller,
auch wenn der Zug der Zukunft, der Lirex, kommt.
Photos:Tim Lilling, Hubert Denk
Wir haben es schon immer
gewußt: Passau liegt näher an
Österreich als an Bayern. Die
Bahn bringt den entgültigen
Beweis: Nach Wien pendelt
der ICE, nach München nur
ein Regionalexpress.
Der Ruf mancher Stadtpolitiker nach einer wirklich attraktiven Verbindung in die
Landeshauptstadt darf ruhig
noch lauter werden.
Fahrplan Januar 2008: Der
neue ICE rast im Zweistunden-Takt in weniger als drei
Stunden in die österreichische Millionenmetropole
(2.51 Stunden, knapp 300
Kilometer). Um bei Beckstein auf einen Kaffee vorbeizuschauen, müssen wir
uns ohne Bistro und Speise-
wagen weit über zwei Stunden (2.15 Stunden, knapp
200 Kilometer) langweilen.
Der neue „Donau-Isar-Express“ vom Typ Lirex
(„Leichter innovativer Regionalexpress“) , der ab
Dezember 2009 PassauMünchen verbindet, bringt
auch nicht mehr Tempo: 2.10
Stunden, maximal 160 km/h.
Wenigstens hat er Klima und
Steckdosen fürs Laptop.
Was die wenigsten noch
wissen: 1980 schaffte es der
Schnellzug unter zwei Stunden (1.58 Minuten). Den Rekord hält der Regierungszug
mit dem damaligen Kanzler
Helmut Schmidt: 1 Stunde
45 Minuten.
Viele Gleise führen aus dem Passauer Hauptbahnhof gen Westen. Aber auf der Fernstrecke
Richtung München wird es eng. Ab Freising teilen sich S-Bahn, Personen- und Güterzüge
ein Gleis- der Hauptgrund für die lange Reisezeit in die Landeshauptstadt.
Bürgerinitiative Neustift, Heining, Schalding
Bürgerinitiative Innstadt
Der Westen will weg
vom DDR-Niveau
2. Brücke allein
bringt gar nichts
Wenn die Lokalpolitik versagt, wachsen Bürgerinitiativen wie Pilze.
Im Westen ballt sich etwas
noch Gewaltigeres zusammen als in der Innstadt.
„Während auf der grünen
Wiese neue Gewerbegebiete
geplant werden, fällt die Lebensqualität in den Stadtteilen
auf
DDR-Niveau
zurück“, klagen die Gebrüder Schießl, die Initiatoren
aus der Neustifter Straße.
Das klingt nach lange angestautem Frust - und Widerstand gegen die geplante
Spange „Thann“.
Die Schießls schieben auch
für ihre Nachbarn in Heining
und Schalding an und teilen
die Befürchtungen der Anwohner am Doblsteinerweg.
Dauer-Schandfleck Heininger Brandrunie: Josef (42)
und Klaus Schießl (44)
kämpfen gegen die Verödung der West-Stadtteile.
Neue Gewerbegebiete ziehen nur Verkehr an und mindern die Wohnqualität. Mit
dem steigenden Altersdurchschnitt wäre eine gute Nahversorgung wichtiger.
„Der einzige Treffpunkt
der Heininger Jugend ist die
Bushaltestelle“, schimpfen
sie und fordern ein Bürgerhaus für Jung und Alt.
Die Vorwürfe treffen im
Kern: Anstelle aktiver Stadtentwicklung laufe die WGP
dem Geld hinterher und vermarkte Grundstücke.
„Was brauchen wir einen
neuen Bau- und Gartenmarkt, wenn Hornbach nur
fünf Autominuten entfernt
ist?“, fragen sie.
Bei der „Initiative lebenswerte Innstadt“ (ili) wird bei
den Monatstreffen der größte
Stammtisch im Innbräu zu
klein.
Die Innstädter debattieren
über Verbesserungen (Busfahrplan),
Zukunftsmusik
(Stadtbahn) und alte Planspiele (zweite Brücke).
„Wenn die Brücke wirklich
kommt, wie Zankl versprochen hat, dann muss die Innstadt verkehrsberuhigte Zone werden“, sind sich die meisten ili-Mitglieder einig.
Sonst sei nichts gewonnen.
Bürger, die sich zu Interessensgruppen zusammenschließen, sind stärker als sie ahnen. Lokalpolitiker reagieren
sofort aufgeschreckt, weil sie
ein schlechtes Gewissen ver-
spüren.
Mit ili pflegt Zankl mittlerweile rege, aber vom Inhalt
her nicht immer zufriedenstellende Korrespondenz.
Schärfer als ili gehen die
Innstädter
Geschäftsleute
den OB an,weil ihre Umsätze
leiden. „Wenn wir das StauImage nicht loskriegen,
sieht`s düster aus“, klagen sie.
Der Seniorchef Chef vom
Elektrounternehmen Vogl
(30 Beschäftigte) drohte bei
der
Innstadt-Bürgerversammlung der CSU: „Wir
können nicht vor Gericht klagen, aber die Gewerbesteuer
verweigern!“
Zankl
versprach
die
Brücke: „Der Stadtrat muss
nur einmal richtig abstimmen, den Rest erledige ich“.
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EINBLICKE
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Jürgen Dupper macht keinen Hehl
daraus, dass er gerne am Herd steht.
„Es geht nichts über frische Pasta!“,
sagt der Familienvater.
Jürgen Dupper, OB-Kandidat der SPD
Hier hat der Mann
die Schürze an
Photos: Tim Lilling
Zeige mir, wie du wohnst, und ich sage dir, wer du bist.
Bürgerblick
legte
dem
ersten
bayerischen
Wohnpychologen Uwe Linke Bilder von drei
Räumlichkeiten vor. Er wußte nicht, um welche Nutzer es
sich handelt. „Die Analyse“, so sagt er selbst, „muss man
auch mit einen Augenzwinkern sehen“. Denn, wer weiß
schon bei einem Pärchen, wo Mann oder Frau in die
Einrichtung eingegriffen hat. Lesen Sie hier, wie er den
Lieblingsraum von OB-Kandidat Dupper deutet: ein natloser Übergang von Küche, Essen und Wohnen.
Das Foto zeigt einen Essund Wohnraum mit hellen
Cottofliesen
und
einer
Möblierung mit Couch, Sessel und Sideboard in einem Lförmigen Raum
Der Bewohner scheint
durch die schlicht-reduzierte
und
geradlinig-proportio-
nierte Möblierung sowohl
dem Traditionellen als auch
der Moderne anzuhängen:
Nussbaumholz, Leinenvorhänge, Cottoboden.
Die Einrichtung wirkt luftig und aufgeräumt, ist mit
kleinen Details überschaubar
ins Szene gesetzt. Da mag ein
aufgeräumter und moderner
Mensch wohnen,möchte man
gleich vermuten. Ein wenig
fällt auf, dass trotz der warmen Farben wenig Kuscheliges oder Textiles zu finden ist.
Quasi eine Männerwohnung,
in der alles seinen Platz hat
und dort scheint es auch bleiben zu müssen.
Auffällig ist auch die gepflegte Sauberkeit der Anordnung und die großen
Freiflächen, die sich im
Wohnzimmer zeigen.
Fast in die Ecke gedrängt
und dem Geschehen entzogen hat sich die Sitzecke, die
auf dem nackten Fliesenboden wenig gegenüber hat.Die
Materialien und Strukturen
(Leder, glatte Oberflächen, Das Licht. Es fehlen LeuchEinfarbigkeit) lassen ein we- ten für verschiedene Stimnig Distanziertheit erkennen, mungen. Es gibt nur die einweisen aber auch auf Zuver- gebauten Deckenstrahler.
lässigkeit hin.
Die Leichtigkeit bietet
wenig
Angriffsfläche.
Klarheit wird
großgeschrieben.
Die Prinzipien die hier
gelten, sind
konsequent
und traditionell verankert.
Nur eines ist Edle Vitrine: „Ich liebe Nussbaum und
unauffindbar: seinen Holzgeruch“, sagt der Politiker.
Das meint Dupper zur Deutung
Ich finde es wirklich eine witzige Idee und habe mich
beim Lesen der Betrachtung wieder gefunden.
Meine Frau und ich haben die Wohnung zwar gemeinsam eingerichtet, aber sie entspricht ganz meinem Geschmack.
„Nur eines fehlt, das Licht“, schreibt der Wohnpsychologe. Sollte es vielleicht eine Anregung sein, bei ihm ein
paar schöne Lampen zu kaufen.
Aber so eintönig ist die versteckte Deckenbeleuchtung
gar nicht, sie lässt sich dimmen.
EINBLICKE
14
Dezember 2007 / Januar 2008
Urban Mangold, OB-Kandidat der ödp
Alles im Blick und immer
bedacht auf Harmonie
Helle Möbel, Ahornparkett, Sisalteppich. Urban Mangold
von der ökologisch-demokratischen Partei wohnt in einem
loftähnlichen Dachgeschoss. Der Wohnpsychologe entdeckt, dass diesen Raum jemand gestaltet hat, der Arbeit
vor Privatleben stellt. Ein Relikt seiner Junggesellenzeit.
Ein großer zusammenhängenderWohn-Ess-Arbeitsbereich. Wenn man den Raum
betritt,steht links ein Schreibtisch, geradeaus eine Ess-Tafel und rechts davon eine
Couchgruppe mit TV.
Der Raum scheint auf den
ersten Blick hell, freundlich
und einladend. Auf den zweiten Blick mag ein wenig der
Mut zu Farbe, zur Bekenntnis
fehlen. Hier wird gerne mit
Großzügigkeit inszeniert, mit
Klarheit beeindruckt und mit
lieblichen Details - war hier
eine weibliche Hand im
Spiel? - die recht nüchterne
Strenge aufgelockert.
Der Arbeitsbereich scheint
alles im Blick und unter Kontrolle haben zu wollen; ihm
ordnet sich der Privatbereich
unter und wird über einen
starken (Licht-) Draht in
Kontakt gehalten.
Die "gemütliche Seite" ist
auf die Verbindung zur Öffentlichkeit, dem Fernseher
ausgerichtet, der wie ein Gegenüber den Raum bewacht.
So ergibt sich eine imaginäre
Achse des TV zum Schreibtisch wie eine kaum wahr-
nehmbare, aber bedeutende
Dominanz.
Die verwendeten Materialien lassen auf einen eher aufHarmonie bedachten Bewohner schließen, wobei auffällt, dass der Abstand der
Gegenstände ungewöhnlich
groß ist. Man bevorzugt eine
gewisse Distanz.
Was Mangold dazu sagt
Harmonie, Großzügigkeit
und Klarheit, das sind doch
ganz gute Voraussetzungen
für das Amt des OB und das
wohltuende Gegenteil von
kompromissloser Härte und
mangelnder
Transparenz.
Eins bleibt auch nach unserem Umzug: der Blick auf unsere traumhafte Stadt, die
Menschen mit Geschmack
und Zurückhaltung braucht".
Er deutete die
drei Wohnungen
Uwe
Linke,
Jahrgang
1965, ist
seit 1988
Inhaber
des Einr i c h tungshauses Loft (Markthallen
am Hauptbahnhof).
Für die Oktober-Ausgabe
des Magazins H.O.M.E.
deutete er drei Wohnungen
unbekannter Nutzer. „Der
Wohnpsychologe hat drei
analytische Volltreffer gelandet!“, bescheinigte ihm
die Redaktion.
Für Bürgerblick wiederholte Linke das Experiment
bei drei OB-Kandidaten
und bat, die Sätze nicht auf
die Goldwaage zu legen.
www.wohnpsychologie.com
DerWohnbereich:Nahezu einfarbig gestaltet mit „weiblichen“ Deko-Details.
Die Einrichtung stammt zum Großteil
aus seiner Junggesellenzeit: Urban
Mangold plant mit Ehefrau Katrin
2008 den Umzug in die Innstadt dann wird einiges anders werden.
Photos: Tim Lilling
Der Essbereich:Tafel aus Holz und Glas, in
der Ecke ein Elefantenfuß-Baum.
EINBLICKE
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Kleine Katze und großes Kuschelsofa:
Erika Träger genießt die bunte Vielfalt
ihrer Wohnwelt, die sie mit Einzelstücken von Flohmärkten und Reisen
angereichert hat.
Erika Träger, OB-Kandidatin der Grünen
Hinein in die gute
gemütliche Stube
Photos: Tim Lilling
Ein Kandelaber aus der Türkei an der Decke, ein bequemes Ledersofa im Lesezimmer,
Häckeldeckchen und Tischchen. Hier sammelt jemand für sein Leben gerne Sachen aus
allen Zeiten und Kulturen. Genießen, gewähren lassen, in den kleinen Details den
Zusammenhang fürs Ganze sehen? Lesen Sie, wie der Wohnpsychologe die gute Stube
der OB-Kandidatin Erika Träger empfindet.
Für diese Deutung kommt
ein Speisezimmer mit Esstisch und ein Wohnzimmer
mit angeschlossenem Lesezimmer zur Betrachtung.
Hier wird gleich klar, dass
der Bewohner großen Wert
auf Tradition legt.Allerlei gesammelte und offenbar liebgewonnene Stücke verzieren
die Zimmer, auch wenn dadurch die Raumsituation
recht eng wird.
Eine liebliche Mischung
aus Großmutters Nähkäst-
chen und Toskana- Stil gesellt ren Menschen trifft.
sich zu antiken
Regulatoren.
Ein liberaler
und im besten
Sinn konservativer Mensch mag
der Besitzer sein
und so liberal
kann dann auch
seine Gesinnung
sein, solange er
auf die gleichen
Sicherheitskon- Das Sommer-Wohnzimmer: Helle Ratzepte bei ande- tanstühle, Platz für viele Gäste.
Die Aufnahmen könnten
auch vor 50 Jahren gemacht
worden sein und es mag sich
die Frage auftun, warum jemand mit solcher Konsequenz am Alten festhält.
Die Materialien sind entweder samtweich oder grobstrukturiert, die Farben eher
dunkel akzentuiert. Sie vermitteln eher Enge als Offenheit oder Zukunftslust.
In dieser Beharrlichkeit
liegt auch sicher eine Stärke
der Standhaftigkeit und der
Verteidigung der guten Werte. Nur brav und ordentlich
müsste es schon sein.
Was die vielen Stühle übe-
Das Winter-Wohnzimmer
lädt zum Lesen ein: Bücher,
Vasen, alte Wanduhr.
rall bedeuten, bleibt offen.
Die Anhäufung von Dekoration und liebevoll drapierten
Erinnerungen lassen Sammelleidenschaft und gewisse
Angepasstheit erkennen.
Sicherheit wird hier groß
geschrieben - in Beziehung
und Werten. Leere Stellen
werden nicht geduldet.
Wie Erika Träger
die Analyse sieht
Es stimmt schon, dass
ich auf Bewährtes vertraue
statt Neuerungssucht um
jeden Preis. Alte Möbel
finde ich behaglich. Sie
stammen größtenteils vom
Flohmarkt.
Die Stühle sind einfach
erklärt:Ich lade gerne Gäste ein und liebe geselliges
Beisammensein in den eigenen vier Wänden.
Verschiedene Stilrichtungen können harmonisieren - wie in Leben und
Politik. Dies spiegelt sich
im Sammelsurium meiner
Wohnung wider.
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