Allerlei über die Liebe - Arten und Illusionen
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Allerlei über die Liebe - Arten und Illusionen
Allerlei über die Liebe - Arten und Illusionen - C. G. Jung fasst dies in einen Satz: «Die Liebe ist eine der großen Schicksalsmächte, die vom Himmel bis zur Hölle reichen.» . Liebe ist weder eine Fertigkeit, noch hat sie etwas zu tun mit Raffinesse und technisch Können. Sie ist jene geistige Fähigkeit, die es uns ermöglicht, positive Werte zu wollen. Liebe ist also zunächst eine Fähigkeit des Wollens. Dieser Aussage entspricht am sinnvollsten die italienische Liebeserklärung: « Ti voglio bene - Ich will Dir gut ». Wenn sich zwei Menschen, Mann und Frau, für eine Dauerbindung zusammenfinden, ist dies eine risikoreiche Entscheidung. Hätte ich ein Paar zu trauen, würde ich die beiden Liebenden allen Ernstes fragen: «Seid ihr gewillt, miteinander den Karren der Ehe durch den Sumpf und Morast des Lebens zu schleppen?» Damit möchte ich die beiden nicht entmutigen, sondern ihren Mut erproben, ohne den ein jahrzehntelanges Zusammenleben kaum denkbar ist. Denn es braucht Mut, immer wieder aufs neue an die Liebe bei sich und seinem Partner zu glauben, sich darum zu bemühen und nicht einfach die eheliche Gemeinschaft als selbstverständlich und gottgegeben hinzunehmen. Elli Jürgenson: «Wer im Lande der Liebe lebt, der wandert getrost über steinige Wege des Lebens. Wer nach den höchsten Zielen strebt, der ringt und kämpft nicht vergebens. » Zusammengetragen von K.D.H., Quellen: die Bibel, B.Imhof, Wolf/Merkle, A.Längle u.a. Arten der Liebe: 1. Sexus: die begehrende Liebe Menschliche Sexualität kann vieles sein: Paarungstrieb, Quelle der Lust und der Entspannung, Ausdruck zärtlicher Zuneigung und ekstatisches Erleben zwischen zwei Menschen. Sexualität und Liebe gehören ihrem Wesen nach nicht unbedingt zusammen. Es wäre also falsch, die Sexualität mit der Liebe gleichzusetzen. Liebe ist weit mehr als sexuelle Betätigung. Es gibt Liebe ohne Sex und Sex ohne Liebe. Sexuelle Befriedigung lässt sich sogar erpressen oder erkaufen. Niemals aber die Liebe. 2. Eros: Die hingebende Liebe Eros ist das altgriechische Wort für Liebessehnsucht. Erotische Liebe ist nicht Brunst, sondern Inbrunst. Der Eros ist begeistert, entflammt, ergriffen von dem Verlangen, mir einem anderen Menschen sich liebend zu verbinden. Und zwar nicht nur körperlich, sondern auch und vor allem seelisch. Es geht dabei um den ganzen Menschen, nicht bloß um einen Teil von ihm. Während die Sexualität mehr auf der körperlichen Ebene erlebt wird, kann der Eros auf der beseelten Sinnes- und Gefühlsebene wahrgenommen werden, so wie die Dichterin Annette von Droste-Hülshoff dies meinte, als sie ihrem jugendlichen Freund Levin Schücking schrieb: «An gleicher Lust und gleichem Sinnen reich.». 3. Philia: die freundschaftliche Liebe Philos heißt auf griechisch der Freund. Philia kann übersetzt werden mir Freundschaft. Kommt zum Sexus und Eros in einer Zweierbeziehung die Freundschaft als Drittes hinzu, so ergibt sich daraus die Möglichkeit, dass der Balanceakt zwischen Sehnsucht nach Zweisamkeit und dem Wunsch nach Eigenständigkeit gelinge. In der Freundschaft gewährt man dem anderen einen persönlichen Freiraum, man nimmt ihn, so wie er ist und gibt es auf, ihn ständig verändern und verbessern zu wollen. Zusammengetragen von K.D.H., Quellen: die Bibel, B.Imhof, Wolf/Merkle, A.Längle u.a. «Ich liebe dich nicht darum, weil du so bist, sondern weil ich so bin, wenn ich bei dir sein kann. Ich liebe dich nicht wegen all dem, was du alles aus dir gemacht hast, sondern für das, was du aus mir machst Ich liebe dich um meines bessern ich’s willen, das du hervorzukehren weißt. Ich liebe dich, weil du Hand anlegst an mein übervolles Herz und alle Leichtfertigkeiten und Schwächen übersiehst, die man nicht übersehen kann, und dafür alles, was schön und gut ist, zum Vorschein bringst, das zu finden kein anderer tief genug geblickt hat. Ich liebe dich, weil du deine Ohren vor den Missklängen in mir verschließest und statt dessen durch ehrfürchtiges Lauschen die Musik in mir verstärkst. Ich liebe dich, denn du hilfst mir, auf dem Bauplan meines Lebens nicht ein Gasthaus, sondern einen Tempel zu errichten, so wie du auch mithilfst, dass meine täglichen Worte nicht Vorwurf, sondern Gesang sind. Ich liebe dich, weil du mehr zu meinem Glück beigetragen hast, als irgendein anderer hätte tun können, und du tatest es ohne eine Berührung, ohne ein Wort, ohne ein Zeichen. Du tatest es einfach dadurch, dass du selbst bist. Und wahrscheinlich ist es das, was man unter Freundschaft versteht.» 4. Agape: Die anteilnehmende Liebe Agape ist die ungezwungene Bereitschaft der Partner, einander anerkennend und wohlwollend zu begegnen. Sich dem anderen zu eröffnen, mit ihm seine Gefühle, Wünsche, Hoffnungen und Befürchtungen zu teilen. Sie macht aber auch empfänglich für sein Wesen, um ihn einfühlsam zu verstehen, ihm Vertrauen zu schenken und ihn mit Güte anzunehmen, so wie er ist, und mit ihm Gemeinsames zu pflegen. Agape ist mehr als leidenschaftliche Sinnlichkeit und wärmende Zärtlichkeit. Zusammengetragen von K.D.H., Quellen: die Bibel, B.Imhof, Wolf/Merkle, A.Längle u.a. 5. Caritas: Die erbarmende Liebe Bei den Römern verstand man unter Caritas die Wertschätzung und das achtungsvolle Wohlwollen des Hausherrn gegenüber seinen Untergebenen. Heute bedeutet Caritas allgemein die mitmenschliche Liebe. Die Nächstenliebe im Sinne der Fürsorge für Hilfsbedürftige. Wir können zwei Arten von Caritas unterscheiden: die humane und die religiöse. Die humane Nächstenliebe ergibt sich aus der Tatsache, dass der Mensch in der Gesellschaft anderer lebt und mit diesen eine Gemeinschaft bildet, in der alle mehr oder weniger aufeinander angewiesen sind. Gottfried Herder fasst diesen Gedanken in folgenden Satz: «Das Menschengeschlecht ist ein Ganzes. Wir säen und ernten, wir dulden und leiden miteinander.» Der große Menschenfreund Albert Schweitzer hat für diese Solidarität eine zutreffende Begründung gefunden, wenn er schreibt: ..Wer viel Schönes im Leben erhalten hat, muss auch entsprechend viel dafür hingeben. Wer vor eigenem Leiden verschont blieb, hat sich verpflichtet zu fühlen, anderen zu helfen. Wir alle müssen an der Last von Weh, die auf der Welt liegt, mittragen... 6. Pietas: Die verehrende Liebe Das lateinische Wort „Pius / pia.. heißt: fromm, gütig, verehrungswürdig. Pietas bezeichnet dementsprechend die verehrende Liebe. Bei den Römern verstand man darunter das ungetrübte gegenseitige Einvernehmen der Menschen mit den Göttern, aber auch die Ehrfurcht vor den Eltern und anderen der Verehrung und Bewunderung würdigen Personen. Das deutsche Wort «Pietät» ist hierfür der zutreffende Ausdruck und meint das achtungsvolle, ehrerbietige und dankbare Verhalten gegenüber Respektspersonen. Die verehrende Liebe besteht in der bewundernden Zuneigung für den Partner, ohne die eine dauerhafte Beziehung mit all den abverlangten Verzichten und Rücksichtsnahmen einfach nicht denkbar ist. Diese Bewunderung, die zwei Liebende einander entgegenbringen, ist gewiss ein tragfähiger Grund, auf dem eine Dauerbeziehung erst möglich wird. Zusammengetragen von K.D.H., Quellen: die Bibel, B.Imhof, Wolf/Merkle, A.Längle u.a. 7. Sanctitas: Die heiligende Liebe Sanctus heißt heilig, geheiligt. Das lateinische Hauptwort Sanctitas kann übersetzt werden mir Heiligkeit, Heiligung, auch mit Heilung im Sinne von Unversehrtheit und Reinheit. Auch die menschliche Liebe bedarf der Heilung und Heiligung, wenn sie dem Menschen zum Heil gereichen soll. Auf dieser siebten Stufe erstrebt die Liebe höchste sittliche Werte und zielt auf die geistige Wertschätzung des geliebten Partners hin. Sanctitas ist jene Liebesform, die als „Platonische Liebe.. oder «Himmlische Liebe.. bezeichnet werden kann, nämlich als das Erahnen und Bewundern des Guten und Schönen in den unsterblichen Zuständen des Geistes. Nach Platon ist dies die edelste Form der Liebe. Die auch die Liebe zu allen Geschöpfen mir ein schließt aus Ehrfurcht vor aller Kreatur. Nur wenn Menschen in ihrem weltanschaulichen Denken und in ihrer religiösen Grundhaltung übereinstimmen, besteht die Gewähr, dass ihre Liebe auch die schwersten Krisen und Erschütterungen überdauern kann. Sie stellen ihr gemeinsames Bemühen sozusagen unter den Schutz einer höheren, göttlichen Kraft und wissen sich geführt und getragen von jenen Mächten, die ich die „Himmlischen“ nenne. Christian Morgenstern hat diesen Gedanken in ein sinnreiches Gedicht gefasst: Unsichtbare Bande weben zwischen uns geheime Mächte, wirken in ein einzig Leben. Unsere Tage, unsere Nächte. Und so wachsen wir zusammen, bis wir ganz uns selbst entglitten. Über unseren Häuptern flammen schon die Augen eines Dritten. Zusammengetragen von K.D.H., Quellen: die Bibel, B.Imhof, Wolf/Merkle, A.Längle u.a. Illusionen der Verliebten: Nietzsche wusste: «Die Zeit zur Ehe kommt viel früher als die Zeit zur Liebe.» «So manche Ehe ging in Brüche, weil der Mann Ehemann wurde, bevor er Mann wurde.» Umgekehrt lässt sich dies auch von der Ehefrau sagen. 1. Die Illusion vom dauerhaften Glück R. Rilke bemerkt hierzu: ..Es fällt niemandem ein, von einem einzelnen zu verlangen, dass er glücklich sei, heiratet aber einer, so ist man sehr erstaunt, wenn er es nicht ist. 2. Die Illusion als Projektion In der Verliebtheit wird ein unbewusstes Sehnsuchtsbild auf den Partner übertragen. Verliebtsein ist nur auf Grund von Projektionen möglich. Projiziert wird jenes unbewusste Vorstellungsbild, das C.G.Jung umschreibt mit den Begriffen Animus und Anima. Er bezeichnet sie in seiner Psychologie als Archetypen. Animus entspricht demnach jenem Urbild, das sich im Verlauf von Jahrhunderttausenden im Unbewussten der Frau um das Wesen des Mannes gebildet hat, und Anima ist das entsprechende Gegenstück im Manne. 3. Die Illusion, den Partner ändern zu können Hier dazu eine Symbolgeschichte: Eine Frau, die gar unzufrieden war mit ihrem Mann, kam zu einem Priester und beklagte sich über ihr Eheschicksal. Dabei ließ sie keinen guten Faden an ihrem Angetrauten und wusste viel zu berichten, wo und wie er sich zu ändern hätte. Nachdem der Geistliche ruhig und geduldig zugehört hatte, meinte er: «Eure Ehe könnte wesentlich besser sein, wenn Du, meine Tochter, eine bessere Ehefrau wärest. „Und wie könnte ich das werden“, wollte diese wissen. „Indem du dich nicht Zusammengetragen von K.D.H., Quellen: die Bibel, B.Imhof, Wolf/Merkle, A.Längle u.a. länger darum bemühst, aus deinem Mann einen besseren Ehemann zu machen.» 4. Die Illusion, immer gleicher Meinung zu sein Es kann nicht ausbleiben, dass sich manchmal Zwistigkeiten und Kritik einschleichen. Meinungsverschiedenheiten können eine Beziehung bereichern. Erst deren Verheimlichen oder Verdrängen macht diese böse und gefährlich. Daher sollte man diesen nicht feige ausweichen. Man muss den Mut aufbringen, dem Partner auch gelegentlich zu bekräftigen: «Ich bin nicht wie Du, und ich will auch nicht sein wie Du.» 5. Die Illusion, keine Geheimnisse voreinander zu haben Alles in totaler Offenheit bereden und besprechen wollen, lässt dem anderen keinen persönlichen Freiraum für seine eigenen Gedanken und Gefühle. Wir alle sind in einem gewis5en Sinne Geheimnisträger auch in der liebe. Es wäre unsinnig, dem anderen bedenkenlos alles und jedes mit zuteilen. So manches müsste ihn nur belasten oder verletzen. Es geht da nicht bloß um bewusst verschwiegene Heimlichkeiten. Wer um das Dunkel in der eigenen Seele weiß, der verschont den Partner vor jenem Abgründigen und Unheimlichen, das sich uns etwa in den Träumen kundtut. 6. Die Illusion, Eifersucht sei ein Liebesbeweis Eifersucht entspringt dem Willen, den Partner für sich allein zu besitzen und kommt aus der Angst, ihn zu verlieren (Minderwertigkeitsgedanken !!). Der Eifersüchtige meint, sein Partner sei ausschließlich für ihn allein da, als wäre er ein Stück von ihm. Zusammengetragen von K.D.H., Quellen: die Bibel, B.Imhof, Wolf/Merkle, A.Längle u.a. 7. Die Illusion, „Ohne dich kann ich nicht leben“ Verliebte können einander beteuern: ..Du bist mein Ein und Alles..; Ich brauche dich. Weil ich dich liebe; mein Leben wäre leer und sinnlos ohne dich... Dieses besitzergreifende Denken kann höchst gefährlich werden, weil es den einen Parmer in eine Opferrolle drängt und dem andern die Möglichkeit gibt, Macht auszuüben und zu verlangen, dass der andere für ihn stets verfügbar ist. 8. Die Illusion, immer alles gemeinsam zu tun Eine weitgehende Gemeinsamkeit in einer Partnerschaft ist äusserst anspruchsvoll. Liebes- und Ehepaare können nicht auf die Dauer miteinander in einer Art Symbiose verschmelzen. Es ist nicht zu erwarten, dass sie ständig die gleichen Interessen verfolgen, die nämlichen Bedürfnisse haben und den selben Neigungen nachleben. Es gibt nun einmal tiefgreifende Unterschiede zwischen den Menschen, weil jede Person etwas Einmaliges und Einzigartiges verkörpert; sie ist ein Individuum und daher, wie das Wort sagt, unteilbar. Ein verheiratetes Paar fragte einen Weisen: „Was sollen wir tun, damit unsere Liebe von Dauer ist?“ Er antwortete: „Liebet gemeinsam andere Dinge.“ Erich Fried hat diese seltsame Unsicherheit in folgende Worte gefasst: «Es ist Unsinn, sagt die Vernunft. Es ist, was es ist, sagt die Liebe. Es ist Unglück, sagt die Berechnung. Es ist nichts als Schmerz. Sagt die Angst. Es ist aussichtslos, sagt die Einsicht. Es ist, was es ist, sagt die Liebe. Es ist lächerlich, sagt der Stolz. Es ist leichtsinnig, sagt die Vorsicht. Es ist unmöglich, sagt die Erfahrung. Es ist, was es ist, sagt die Liebe... » Zusammengetragen von K.D.H., Quellen: die Bibel, B.Imhof, Wolf/Merkle, A.Längle u.a.