EY Restructuring Insights, Ausgabe 2 März 2015
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EY Restructuring Insights, Ausgabe 2 März 2015
Ausgabe 2 März 2015 EY Restructuring Insights Thema im Fokus 3Das Mindestlohngesetz (MiLoG) – was ändert sich wirklich 8Interview mit Stefan Körzell, Bundesvorstand des DGB Audit 13Passivierung von Gesell schafterdarlehen bei Rangrücktrittsvereinbarung Branche im Fokus 15Die Restrukturierung notleidender Stadtwerke Tax 18Neuregelung zur Erhebung der Gewerbesteuer auf einen Sanierungsgewinn Daten, Fakten, Sonstiges Editorial Mit Spannung haben wir Ihre Rückmeldungen zur Erstausgabe unseres Newsletters Restructuring Insights erwartet. Das vielfältige positive Echo und die interessanten Anregungen gaben uns einen Motivationsschub für diese zweite Ausgabe. Bestätigt fühlen wir uns in der Kombination fachübergreifender Aspekte der Restrukturierung in unserer Publikation und werden dieses Format konsequent weiterverfolgen: Unser „Thema im Fokus“ beschäftigt sich mit dem Mindestlohn. Seit Anfang 2015 gelten die neuen Regelungen. Frau Sibel Bagci berichtet in ihrem Praxisbeitrag über ihre Erfahrungen und Eindrücke aus der Einführungsphase. Zudem konnten wir Herrn Stefan Körzell, den zuständigen DGB-Vorstand, für unser Experteninterview gewinnen. Der „Branchenartikel“ erläutert die Herausforderungen im Umfeld der Stadtwerke. Die Liberalisierung des Strommarktes hat zu einer (negativ) veränderten Erlösstruktur geführt. Sie ist zusätzlich durch den zunehmenden Ökostromanteil unter Druck geraten. Basierend auf einem Praxisfall gibt Dr. Gunnar Gerig Ihnen Hinweise, wie Unternehmen darauf am besten reagieren sollten. Aus dem Bereich Steuern und Wirtschaftsprüfung finden Sie zwei restrukturierungsrelevante Beiträge zum Rangrücktritt und zum Sanierungsgewinn. Der erste knüpft an ein Urteil vom 12. Juni 2014 an, das sich mit der korrekten handels- und steuer bilanziellen Berücksichtigung von Darlehen beschäftigt, die mit einem Rangrücktritt versehen sind. Der zweite stellt Ihnen die Neuregelung des § 184 Abs. 2 Satz 1 AO vor, die eine Vereinfachung der Besteuerung von Sanierungsgewinnen zum Ziel hat. Redaktion Bernd Richter Partner Transaction Advisory Services Restructuring Ein kurzer Nachtrag zur letzten Ausgabe: Dort hatten wir in einem Fallbeispiel zur operativen Restrukturierung dargestellt, wie ein EY-Team nach erfolgreicher finanzieller Stabilisierung umfangreiche Optimierungen in Fertigung, Einkauf und Overhead erarbeitete. Inzwischen wurde das Unternehmen nicht zuletzt aufgrund der von uns identifizierten Sanierungshebel an einen Investor veräußert. Diese Erfolgsmeldung freut uns sehr – für das Projektteam und selbstverständlich auch die Mitarbeiter des Unternehmens. Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre, bitten Sie auch weiter um Rückmeldungen und wünschen Ihnen und Ihren Familien bereits an dieser Stelle ein schönes Osterfest. [email protected] Dr. Jörg Sandow Partner Transaction Advisory Services Restructuring [email protected] Bernd Richter Wirtschaftsprüfer und Steuerberater und leitet als verantwortlicher Partner das Restrukturierungsteam in Deutschland, Österreich und der Schweiz. EY Restructuring Insights, Ausgabe 2 | 2 Thema im Fokus Das Mindestlohngesetz (MiLoG) ist mit Wirkung zum 1. Januar 2015 in Kraft getreten. Durch die Gesetzeseinführung ergeben sich neue A nforderungen bezüglich Ent lohnungsstrukturen und Dokumen tationspflichten. Wir geben einen Überblick über die rechtlichen Leit linien und berichten über erste Erfahrungen seit der Einführung. Das Mindestlohngesetz (MiLoG) – was ändert sich wirklich? Gesetzliche Regelung Anwendungsbereich des MiLoG Dauerhafte Ausnahmen Arbeitnehmer, die in Deutschland beschäftigt sind, haben gemäß § 1 Abs. 1, 2 MiLoG ab dem 1. Januar 2015 einen Anspruch auf den Mindestlohn von 8,50 Euro brutto pro Zeitstunde. Der gesetzliche Mindestlohn gilt unabhängig vom Sitz des Arbeitgebers und erfasst alle bestehenden wie auch neu geschlossenen Arbeitsverhältnisse. Der Mindestlohn gilt neben Vollzeitbeschäftigten uneingeschränkt auch für Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse sowie für geringfügige (450,00 Euro pro Monat) und für kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse. Das MiLoG gilt nur für Arbeitnehmer und somit nicht für selbstständig Tätige. Das Gesetz beinhaltet jedoch auch einige dauerhafte Ausnahmen bei Arbeitnehmern: Abweichungen vom gesetzlichen Mindestlohn sind während der Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2016 für Branchen zulässig, für die tarifvertragliche Mindestlöhne auf der Grundlage des Arbeitnehmerentsendegesetzes (AEntG) erlassen worden sind. Tarifvertragliche Branchenmindestlöhne haben während dieser Frist Vorrang vor dem gesetzlichen Mindestlohn, wobei ab dem 1. Januar 2017 in jedem Fall 8,50 Euro pro Stunde zu zahlen sind. Die Sonderregelung aufgrund tarifvertraglicher Branchenmindestlöhne kommt z. B. im Friseurhandwerk, der Fleischwirtschaft oder der Land- und Forstwirtschaft zur Anwendung. Die erstmalige Anpassung des gesetzlichen Mindestlohnes in Höhe von 8,50 Euro brutto pro Zeitstunde soll mit Wirkung zum 1. Januar 2017 umgesetzt werden. Der zuständigen Mindestlohnkommission gehören neben einem Vorsitzenden je drei Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter sowie zwei wissenschaftlich beratende Mitglieder an. • Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung, • Auszubildende, • ehrenamtlich Tätige, • Langzeitarbeitslose im Sinne von § 18 Abs. 1 SGB III, die mehr als ein Jahr arbeitslos waren (in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses) sowie • Pflichtpraktika im Rahmen einer Ausbildung oder eines Studiums sowie freiwillige Orientierungspraktika mit einer Dauer von bis zu drei Monaten. Zudem gibt es eine Ausnahme für Zeitungszusteller und auslän dische Lkw-Fahrer im Transitverkehr. Es findet jedoch Anwendung für Lkw-Fahrer bei Be- und Entladen der Fahrzeuge in Deutschland. Umfang und Auszahlung des gesetzlichen Mindestlohns Der Mindestlohn ist pro Zeitstunde zu zahlen; Stücklohnverein barungen bleiben grundsätzlich möglich, müssen allerdings entsprechend auf Stundenlohn umgerechnet werden. EY Restructuring Insights, Ausgabe 2 | 3 Thema im Fokus Bei dieser Umrechnung darf der Stundenlohn in Höhe von 8,50 Euro brutto nicht unterschritten werden. Problematisch sind Arbeitsverhältnisse, bei denen sich erst aus der Anrechnung von mehreren Vergütungsbestandteilen ein Stundenlohn von 8,50 Euro brutto ergibt. Das Mindestlohngesetz regelt nicht explizit, welche Arbeitgeberleistungen im Einzelnen auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden dürfen. Grundsätzlich sind ausschließlich Vergütungsbestandteile auf den Mindestlohn anrechenbar, die das Verhältnis zwischen Leistung des Arbeitnehmers und Gegenleistung nicht verändern. Ausschlaggebend ist dabei der Zweck der Zahlung. Variable Arbeitgeberleistungen wie Zulagen oder Zuschläge, die eine Gegenleistung für die mit dem Mindestlohn zu vergütende geleistete Arbeit darstellen, sind anrechenbar. In Einzelfällen ist daher die Anrechenbarkeit von Boni oder Prämien zu prüfen. Nicht anrechenbar sind hingegen Vergütungsbestandteile, die nicht als Gegenleistung für die erbrachte Arbeit dienen. Dazu gehören insbesondere vermögenswirksame Leistungen sowie Nacht- oder Sonntagszuschläge, da Letztere als Erschwerniszulage gezahlt werden. Überstundenzuschläge für Arbeitszeiten ab der 43. Arbeitsstunde pro Woche können ebenfalls nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden. Unklar ist, wie Arbeitgeberleistungen mit Mischcharakter wie z. B. Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu berücksichtigen sind. Für die Anrechenbarkeit ist hierbei neben dem Zweck auch die Auszahlungsmodalität entscheidend. Hier ist eine Anrechnung nur möglich, wenn die Auszahlung zu dem für den Mindestlohn maßgeblichen Fälligkeitsdatum geleistet wird. Das Arbeitszeitkonto muss mit dem Arbeitnehmer schriftlich vereinbart worden sein. Die aufgeführten Stunden dürfen maximal 50 % der vereinbarten monatlichen Arbeitszeit betragen und müssen innerhalb von 12 M onaten durch Zeitausgleich oder Zahlung des Mindestlohns pro Überstunde ausgeglichen werden. Überstunden, die 50 % der vereinbarten monatlichen Arbeitszeit übersteigen, sind bereits nach § 2 Abs. 1 MiLoG spätestens am Ende des Kalendermonats fällig. Durchsetzung des Anspruchs Jegliche Vereinbarung, die den Mindestlohn unterschreitet oder den Verzicht auf diesen beinhaltet, ist unwirksam. Die Zahlung des Mindestlohns zu einem späteren als dem in § 2 Abs. 1 Nr. 2 MiLoG genannten Zeitpunkt stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit Bußgelder von bis zu 500.000 Euro und der Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge geahndet werden. Die Einhaltung des Mindestlohns wird durch die Behörden der Zollverwaltung überprüft. Arbeitnehmer können ihren Anspruch auf den Mindestlohn innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist bis zum Ende des Kalenderjahres geltend machen; Ausschluss- und Verfallfristen gelten insoweit nicht. Das Gesetz sieht ferner die Anwendung der Generalunternehmerhaftung für den Beschäftigten bei einem Nachunternehmer oder weiteren Nachunternehmern in einer Kette gemäß § 13 i. V. m. § 14 AEntG vor. Auftraggeber, die einen Subunternehmer Werkoder Dienstleistungen erbringen lassen, haften somit auch für die ordnungsgemäße Einhaltung des Mindestlohns beim Auftragnehmer. Der Mindestlohn wird spätestens zum Ende des auf die Arbeitsleistung folgenden Kalendermonats fällig. Länger vereinbarte Fristen sind unwirksam. Somit sind nur Arbeitgeberleistungen zu berücksichtigen, die monatlich anteilig gezahlt werden. Liegt der anrechenbare Stundenlohn unter dem Mindestbetrag von 8,50 Euro, kann die Differenz nicht durch eine jährliche Einmalzahlung ausgeglichen werden. Über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleistete Arbeitsstunden müssen auf einem entsprechenden Arbeitszeitkonto geführt werden, um eine Nutzung für Umgehungstatbestände auszuschließen. EY Restructuring Insights, Ausgabe 2 | 4 Thema im Fokus Nicht gezahlte Mindestlohnansprüche von Arbeitnehmern können daher auch gegen beauftragende Unternehmer gerichtet werden. Die positive Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von einer Nicht einhaltung durch den Auftragnehmer kann ebenfalls beim Auftraggeber mit Bußgeldern bis zu 500.000 Euro geahndet werden. Aufzeichnungspflicht Nach Abs. 1 und 2 MiLoG müssen Arbeitgeber der Branchen, die in § 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz genannt sind, sowie Arbeitgeber, die geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer einsetzen, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit spätestens eine Woche nach Erbringung der Arbeitsleistung aufzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre aufbewahren. Die aktualisierten Aufzeichnungen müssen stets zur Einsicht vorliegen. Diese Dokumentationspflicht entfällt nach der Mindestlohndokumentationspflichten-Verordnung (MiLoDokV) hinsichtlich der Arbeitszeiten von Arbeitnehmern, die mehr als 2.958 Euro monatlich verdienen, sofern alle Arbeitszeiten aufgezeichnet werden, die acht Stunden pro Werktag überschreiten. Die Mindestlohnaufzeichnungsverordnung (MiLoAufzV) regelt eine weitere Erleichterung bzgl. der Dokumentationspflicht, sofern es sich um eine ausschließlich mobile Tätigkeit handelt, keine Vorgaben zur konkreten täglichen Arbeitszeit (Beginn und Ende) bestehen bzw. sich der Arbeitnehmer seine tägliche Arbeitszeit eigenverantwortlich einteilen kann. In diesen Fällen genügt der Arbeitgeber seiner Aufzeichnungspflicht, wenn nur die Dauer der tatsächlichen täglichen Arbeitszeit aufgezeichnet wird. Erste Erfahrungen aus der Praxis Bundesweit haben nach Angaben des Arbeitsministeriums rund 3,7 Millionen Menschen seit dem 1. Januar 2015 Anspruch auf den Mindestlohn. Die vorab laut und kontrovers diskutierte Einführung des flächendeckenden Mindestlohns ist dennoch zum Jahreswechsel für viele Branchen geräuschlos erfolgt. Das liegt zum Teil daran, dass der Mindestlohn bereits vor der gesetzlichen Einführung zum 1. Januar 2015 eine Wirkung erzeugt hat. Per 1. Januar 2015 lagen die untersten Gehaltsstufen in elf von 18 Branchen mit tarifvertraglichen Mindestlöhnen bundesweit bereits über dem gesetzlichen BruttoMindestlohn von 8,50 Euro. Weiterhin gelten durch die Übergangsregelung bis 31. Dezember 2016 Sonderregelungen für tarifvertragliche Branchenmindestlöhne unter 8,50 Euro, die die Wirkung auf Branchen, die zum Kern der Niedriglohnbeschäftigung zählen, per 1. Januar 2015 deutlich abschwächt. Die direkten Auswirkungen lassen sich auf einzelne Branchen eingrenzen. So ist etwa das Hotel- und Gaststättengewerbe am stärksten von der Mindestlohneinführung betroffen. Laut Schätzungen lag bei ca. 41 % der Beschäftigten im Gastgewerbe der Stundenlohn bis zum 1. Januar 2015 unter 8,50 Euro. Ebenso betroffen sind beispielsweise Angestellten im Einzelhandel, Kurier- und Taxifahrer sowie Werbungsausträger. Die Presse berichtet seit Jahresbeginn im Zusammenhang mit diesen sogenannten Niedriglohnbranchen wiederholt von „Tricksereien“ der Arbeitgeber, die Pausen und Arbeitszeiten kürzen, Lohnabzüge für Sachwerte vornehmen, Trinkgelder einbehalten oder Feiertagszuschläge streichen. Dennoch hat das Mindestlohngesetz in einigen Punkten branchenübergreifende Relevanz. Wir haben im Rahmen unserer Projektpraxis drei wesentliche Aspekte beobachtet, mit denen eine Vielzahl von Unternehmen konfrontiert ist: Anrechenbarkeit von Gehaltsbestandteilen und Dokumentation Für die Prüfung und Dokumentation der Einhaltung des Mindestlohns ist in der Praxis die Unterscheidung nach Arbeitgebertypen relevant. Während bei Gehaltsempfängern eine Vollzeitbeschäftigung mit einer Monatsarbeitszeit von 173,33 Stunden (entspricht 40 Wochenstunden) grundsätzlich mit einem Bruttogehalt ab 1.473,31 EUR entsprechend der Mindestlohnvorgabe vergütet ist, stellt die Umrechnungspflicht von Stück- und Akkordlöhnen auf Stundenlohn eine Herausforderung dar. Darüber hinaus bleibt der Gesetzestext bei der Frage nach der Anrechenbarkeit einzelner Lohn- und Gehaltsbestandteile vage. Zwar gilt der Grundsatz, dass nur Gehaltsbestandteile in die Mindestlohnkalkulation einbezogen werden dürfen, die eine Gegenleistung für die vertraglich vereinbarte Regelleistung des Arbeitsnehmers darstellen, und somit jegliche Sonderleistung zusätzlich vergütet werden muss, dennoch ist die Abgrenzung in der Praxis nicht in allen Fällen eindeutig. EY Restructuring Insights, Ausgabe 2 | 5 Thema im Fokus erfolgt typischerweise im Folgemonat und berücksichtigt lediglich solche Gehalts bestandteile, die nach der aktuellen Auffassung uneingeschränkt anrechenbar sind. Etwaige Differenzen zum Mindestlohn können somit noch fristgerecht mit der Folgeabrechnung ausgeglichen werden. Diese Methode ist für alle Arten von Arbeitsverträgen, also bei der Vergütung von G ehalts- wie auch von Stundenlohnund Stücklohnempfängern, umsetzbar. Lohn- und Gehaltsstrukturen bleiben bei dieser Variante unverändert. Allerdings stellt eine entsprechende Vorgehensweise auch g ewisse Qualitätsanforderungen an den Abrechnungsprozess. Ohne die vollständige und korrekte Zuordnung von Lohn arten wird die Berechnung verfälscht. Auch bei Geschäftsbetrieben, deren Abrechnung durch häufige Korrekturläufe bzw. Rückrechnungen geprägt ist, wird die Erstellung einer entlastenden Dokumentation stark erschwert. Ein erstes Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 5. März 2015 hat nun die Anrechenbarkeit von jährlichen Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld auf den Mindestlohn ausgeschlossen (Az.: 54 Ca 14420/14). Demnach sind auch Änderungskündigungen, die eine Anpassung des Lohnniveaus zulasten von Sonderzahlungen erwirken sollen, unwirksam. Unstrittig ist weiterhin, dass Akkord- und Qualitätsprämien sowie Erschwerniszulagen nicht angerechnet werden dürfen, ebensowenig wie vermögenswirksame Leistungen, Zahlungen zur betrieblichen Altersvorsorge oder Trinkgelder. Unternehmen gehen mit der latenten Restunsicherheit bezüglich der Anrechenbarkeit einzelner Gehaltsbestandteile und der Notwendigkeit einer lückenlosen Dokumentation der Einhaltung des Mindestlohns unterschiedlich um. Eine Möglichkeit bietet die Weiterentwicklung von Zeitwirtschaftssystemen und/oder Zeiterfassungs- und Abrechnungsprozessen. Hier werden mittels einer sogenannten Nebenrechnung sämtliche geleistete Arbeitsstunden eines Arbeitnehmers in Beziehung zur im Abrechnungsmonat gezahlten Vergütung gestellt. Daraus lässt sich ein Stundenlohn rechnerisch dokumentieren. Die Berechnung Eine zweite Möglichkeit ist die Anpassung der Gehaltsstruktur. So ist etwa die Umstellung von Stücklöhnen auf Stundenlöhne zur Vereinfachung der Abrechnungsprozesse zu beobachten. Anpassungen werden zudem insbesondere auch bei Beschäftigungsverhältnissen vorgenommen, die einer Vergütung nach Stundenlohn unterliegen, der sich aus fixen und variablen Komponenten, die der regulären Arbeitsleistung dienen, zusammensetzt. Typisches Beispiel hierfür sind Erfolgsprovisionen für Vertriebsagenten in Callcentern. Hier liegt das fixe Grundgehalt teilweise isoliert unter 8,50 Euro pro Stunde; der Mindestlohn wird erst mit den variablen Komponenten überschritten, die teilweise allerdings bis zu 50 % der Gesamtvergütung ausmachen. Im Sinne einer transparenten Dokumentation der Einhaltung des Mindestlohns und einer Vereinfachung der Abrechnungsstruktur wird z. T. das fixe Grundgehalt auf 8,50 Euro pro Stunde angehoben; ein Anstieg der Personalkosten wird durch eine analoge Reduzierung der variablen anrechenbaren Lohnbestandteile gekürzt. Da diese Maßnahme nicht durch Änderungskündigungen durchsetzbar ist, können Altverträge nur einzeln mit Zustimmung des Arbeitnehmers geändert werden. Der Aufwand für die entsprechende Auseinandersetzung mit Arbeitnehmern und etwaigen Arbeitnehmervertretern ist dabei nicht zu unterschätzen. Häufig werden in der Praxis beide Maßnahmen, also die Einführung einer Nebenrechnung zur Dokumentation des Mindestlohns und eine Anpassung der Gehaltsstruktur, miteinander kombiniert. EY Restructuring Insights, Ausgabe 2 | 6 Thema im Fokus Arbeitgeberhaftung Vergütung geringfügig Beschäftigter Gemäß § 13 MiLoG reicht die Haftung eines Unternehmers über die gesetzeskonforme Vergütung der eigenen Arbeitnehmer hinaus und erstreckt sich auch auf die Verpflichtung seiner Subunternehmer zur Zahlung des Mindestlohns. Dabei schützt selbst die Unkenntnis nicht vor Haftung. Während reguläre Jobs deutlich seltener betroffen sind, kommen Niedriglöhne branchenübergreifend verstärkt bei sogenannten Minijobs, also bei Beschäftigungsverhältnissen auf 450 Euro-Basis, vor. Zu beachten ist dabei, dass sich die Auftraggeberhaftung auf die gesamte Nachunternehmerkette erstreckt; das heißt, Unternehmen haften sowohl für selbst beauftragte Subunternehmer als auch für vom Subunternehmer beauftragte Subunternehmen und vom Subunternehmer oder dessen Subunternehmer(n) beauftragte Ver leiher. Daher sollten Auftraggeber entsprechende Vorkehrungen treffen, um das Haftungsrisiko zu minimieren. Neben der gewissenhaften Prüfung des beauftragten Unternehmens vor Auftragsvergabe fordern Auftraggeber in der Praxis verstärkt schriftliche Erklärungen von ihren Subunternehmern ein, in denen diese versichern, die Pflichten aus dem Mindestlohngesetz (ggf. auch aus dem Arbeitnehmerentsendegesetz) zu erfüllen. Je nach Risiko sind weitere Schutzmechanismen sinnvoll. Dies können etwa Sonderkündigungsrechte, die Stellung einer Bürgschaft und Überprüfungsrechte sein. Den Einsatz von weiteren Subunternehmern unter Zustimmungsvorbehalt zu stellen kann ebenfalls zur Risikominimierung beitragen. Zur Sicherstellung der Einhaltung der maximal zulässigen monat lichen Arbeitszeit gelten für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse verschärfte Dokumentationspflichten. So führt die vorgeschriebene Aufzeichnung von Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit insbesondere in personalintensiven Betrieben zu einem nicht zu unterschätzenden administrativen Mehraufwand, der teilweise durch die bestehenden Prozessabläufe nicht erfüllt wird. Dadurch kann sich die Kosten-Nutzen-Einschätzung für entsprechende Beschäftigungsmodelle verschieben. So wird der Einsatz geringfügig Beschäftigter in einigen Branchen aufgrund des hohen Administrationsaufwands zulasten der Lohnkostenflexibilität eingeschränkt. Analog zu geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen ist auch bei Praktika, die unter den gesetzlichen Mindestlohn fallen, auf eine Einhaltung von Arbeitszeiten zu achten. Neben einer pauschalen Erhöhung von Praktikantenvergütungen werden in der Praxis Regelungen zur Abgeltung von Mehrarbeit im Praktikum eingeführt. III Kontakt Sibel Bagci Manager Transaction Advisory Services Restructuring Telefon +49 211 9352 14024 [email protected] Martina Buhr Senior Manager Associate Tax Telefon +49 211 9352 28164 [email protected] EY Restructuring Insights, Ausgabe 2 | 7 Interview „Geschäftsmodelle, die allein auf Lohndumping beruhten, werden vom Markt verschwinden“ Interview mit dem DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell zur Einführung des Mindestlohns in Deutschland Stefan Körzell, Jahrgang 1963, ist seit Mai 2014 Mitglied im geschäftsführenden Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Er begann seine berufliche Laufbahn mit einer Ausbildung zum Maschinenschlosser bei den Rotenburger Metallwerken (RMW). Bereits mit 17 Jahren trat er 1980 in die IG Metall ein. 1990 wurde er DGB-Organisationssekretär in Fulda und kann heute auf eine lange, erfolgreiche DGB-Karriere zurückblicken. EY Restructuring Insights, Ausgabe 2 | 8 Interview Der DGB hat sich für das Thema „Min destlohn“ in den letzten Jahren nachhal tig eingesetzt und die Einführung sehr aktiv gefordert. Wie beurteilen Sie insge samt die Einführung zum 1. Januar 2015? Stefan Körzell: Die Gewerkschaften haben tatsächlich seit fast zehn Jahren für die Einführung des flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns gekämpft und sind froh, dass er nun endlich im Gesetz steht. Allerdings haben wir von Anfang an die Ausnahmen für Minderjährige, bestimmte Praktikantengruppen und Langzeitarbeitslose, die Sonderregelungen für SaisonarbeiterInnen sowie die Abschläge vom Mindestlohn bei ZeitungszustellerInnen kritisiert. Je mehr Ausnahmen man schafft, desto schwerer ist ein Gesetz zu kontrollieren. Stichwort Kontrolle: Es hapert noch an der ausreichenden Zahl von Kontrolleuren bei der Finanz kontrolle Schwarzarbeit, die beim Zoll angesiedelt sind. Erst 2019 sollen die versprochenen zusätzlichen 1.600 Beschäf tigten komplett am Start sein. Außerdem gibt es derzeit eine unnötige Diskussion über den vermeintlichen Bürokratieaufwand wegen der Dokumentationspflichten. Es gab in der Vergangenheit schon verschiedenste Pflichten, die Arbeitszeiten zu erfassen, was offenbar bisher unterblieben ist. Wegen der „drohenden“ Kontrollen kommt diese unsaubere Praxis jetzt ans Tageslicht. Das ist aber nicht dem Mindestlohn anzulasten. Im Vorfeld wurden Befürchtungen ge äußert, dass es zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit kommen werde. Die Ent wicklung am Arbeitsmarkt mit weiter steigenden Beschäftigtenzahlen zeigt dies aktuell nicht. Wie schätzen Sie die lang fristigen Folgen ein? Stefan Körzell: Wir rechnen nicht mit nennenswerten Jobverlusten – auch nicht auf lange Sicht. Derzeit zeigen die Arbeitsmarktstatistiken etwa für Thüringen vielmehr rückläufige Arbeitslosenzahlen in den debattierten Branchen wie z. B. Hotel- und Gaststättengewerbe. Geschäftsmodelle, die allein auf Lohndumping beruhten, werden vom Markt verschwinden, und das ist auch gut so. Insgesamt werden viele Unternehmen froh sein, dass mit der unteren Lohngrenze auch der Schmutzkonkurrenz ein Riegel vorgeschoben wird. Schließlich gelten die 8,50 Euro als Minimum für alle Mitbewerber. Auch die Erfahrungen mit unseren Branchenmindestlöhnen sowie die Erfahrungen unserer europäischen Nachbarn mit ihren Mindestlöhnen zeigen, dass die Beschäftigung unterm Strich stabilisiert wird. Beobachtung der Reaktionen „Geschäftsmodelle, die allein auf Lohndumping beruhten, werden vom Markt verschwinden, und das ist auch gut so. Insgesamt werden viele Unternehmen froh sein, dass mit der unteren Lohngrenze auch der Schmutzkonkurrenz ein Riegel vorgeschoben wird. “ Sie haben eine Hotline zum Thema Mindestlohn geschaltet. Welche Themen stehen dort aktuell im Fokus? Stefan Körzell: Die Resonanz auf unsere Hotline ist überwältigend. Das zeigt, wie verunsichert viele Beschäftigte sind, auch weil das Gesetz an vielen Stellen so vage gehalten ist. Es rufen uns vor allem Minijobber quer durch alle Branchen an, die wissen wollen, ob der Mindestlohn auch für sie gilt. Auch die Regeln für die PraktikantInnen sind kompliziert und lösen viele Fragen aus. Zudem kommen Nachfragen zu den Branchenmindestlöhnen. Diese gelten natürlich weiter, auch wenn sie höher liegen als die 8,50 Euro pro Stunde. Haben Sie bisher im Rahmen der Einfüh rung Ausweichreaktionen wahrgenommen, z. B. eine Umstellung von Stundenlohn auf Stücklohn, Arbeitsverdichtung o. Ä.? Stefan Körzell: Manche Anrufer berichten unserer Hotline leider von kreativen Um gehungsstrategien der Arbeitgeber, die Zuschläge und Sonderleistungen sowie Trinkgelder in den Mindestlohn einrechnen wollen. Einige Arbeitgeber wollen sogar einen Teil des Lohns in Naturalien wie Essens- oder Kinogutscheinen „auszahlen“. Sehr häufig werden den Beschäftigten auch Verträge mit reduzierten Arbeitsstunden vorgelegt, wobei aber erwartet wird, dass die Arbeit im alten Umfang erledigt wird. Hier können wir die Beschäftigten nur ermutigen, für sich selbst auf einfachen Arbeitszeiterfassungsbögen die Arbeitszeiten und vielleicht noch die Tätigkeiten zu notieren, um notfalls vor Gericht Belege zur Hand zu haben. Beschäftigte können bis zu drei Jahre, nachdem ihr jeweiliger Anspruch auf Mindestlohn entstanden ist, ihren ausstehenden Lohn vor Gericht einklagen. Branchen/Berufsgruppen Welche Branchen stehen nach Ihrer Beob achtung bisher im Fokus der Auswirkun gen des Mindestlohns? Sehen Sie dort Differenzierungen nach Berufsgruppen? Stefan Körzell: Die Auswirkungen des Mindestlohngesetzes auf alle Branchen sollten beobachtet werden. Dazu stehen demnächst die Branchendialoge mit dem BMAS an. Es sollte insbesondere überprüft werden, ob die bestehenden Ausnahmeregelungen beispielsweise für Langzeitarbeitslose, SaisonarbeitnehmerInnen oder unter 18-Jährige nicht dazu führen, dass solche Beschäftigtengruppen gezielt eingestellt werden, um die Pflicht zur Zahlung des Mindestlohns zu umgehen. Solche Entwicklungen konnten in den Niederlanden beobachtet werden, EY Restructuring Insights, Ausgabe 2 | 9 Interview wo es Ausnahmen vom Mindestlohn für Jugendliche gibt: An den Kassen in niederländischen Supermärkten sind nur noch Jugendliche eingesetzt. Solche Verwerfungen wollen wir in Deutschland verhindern. Diverse Branchen sind aktuell aufgrund von Tarifverträgen noch vom Mindest lohn ausgenommen. Werden negative Effekte in diesen „Problembranchen“ somit erst bei Auslaufen dieser Sonder regelung Ende 2016 zutage treten? Stefan Körzell: Es stimmt, einige Branchen sind aufgrund von allgemein verbindlich erklärten Tarifverträgen vom Mindestlohn ausgenommen. Wir erwarten hier aber keine negativen Effekte des Mindestlohns, wie wir auch sonst nicht von negativen Effekten ausgehen. Dafür gibt es keinerlei empirische Belege. Im Gegenteil, wir haben bisher sehr gute Erfahrungen gemacht mit zahlreichen allgemein verbindlichen Branchenmindestlöhnen. Diese gibt es seit 1996 (zu Beginn nur für die Baubranche, danach kamen weitere Branchen hinzu) und sie liegen überwiegend über 8,50 Euro pro Stunde. Im Baugewerbe z. B. liegt der branchenspezifische Mindestlohn für Fachwerker (Berlin) derzeit bei 14,05 Euro pro Stunde. Auch der Bereich der Gebäudereinigung liegt derzeit über 8,50 Euro pro Stunde. Für diese Branchenmindestlöhne konnten Studien im Auftrag des BMAS nachweisen, dass es hier keine negativen Beschäftigungseffekte gegeben hat. Dort, wo die Löhne noch unter 8,50 Euro pro Stunde liegen (z. B. Friseurhandwerk, Fleisch industrie), ist eine schrittweise Anhebung der Löhne geplant, damit die Branchen Zeit haben, sich auf die Zahlung der höheren Löhne einzurichten. Auch hier erwarten wir keine negativen Effekte. Wie gehen Sie mit der Gefahr um, dass – in Anlehnung an Plattformlösungen wie „uber“ oder „airbnb“ – sich künftig bei spielsweise Friseurkräfte als Selbststän dige stundenweise in Friseurgeschäfte einmieten und somit der Mindestlohn umgangen werden wird? Das ist im Übri gen im Taxigewerbe auch kein fernlie gender Gedanke. Stefan Körzell: Diese neuen Entwicklungen beobachten wir genau. Sobald in solchen Fällen ein Arbeitsverhältnis begründet wird, ist natürlich der Mindestlohn fällig. Sollte „Wir finden die aktuelle Debatte um das so genannte ,Bürokratiemonster‘ Mindestlohn sehr unsachlich.“ es sich um Selbstständige handeln, muss geprüft werden, ob es sich um einen Fall von Scheinselbstständigkeit handelt. Ansonsten findet der Mindestlohn keine Anwendung. Öffentliche Wahrnehmung Die Diskussion zum Thema Mindestlohn hat sich seit Inkrafttreten von der in haltlichen Auseinandersetzung hin zum „Verwaltungsaufwand“ verlagert. Was ist Ihre Meinung dazu? Stefan Körzell: Wir finden die aktuelle Debatte um das sogenannte „Bürokratiemonster“ Mindestlohn sehr unsachlich. Sie führt weg vom eigentlichen Problem. Zum einen gibt es überhaupt nur für bestimmte, im Schwarzarbeitsgesetz genannte Branchen und gewerbliche Minijobs Meldeund Aufzeichnungspflichten. Hinzu kommt, dass diese Pflichten gegen unseren Widerstand auch schon durch zwei Verordnungen des Finanzministeriums eingeschränkt wurden. Zum anderen liegt das Problem nicht bei diesen Pflichten, sondern bei den zahlreichen Umgehungsversuchen durch Arbeitgeber. Davon berichten uns täglich Betroffene in unserer DGB-Mindestlohn-Hotline. Wir brauchen die Pflichten zur Aufzeichnung der Arbeitszeiten, damit Verstöße gegen das Mindestlohngesetz aufgedeckt werden können – sie sind die Grundlagen der Kon trollen durch den Zoll. Im Übrigen gibt es auch bisher verschiedenste Aufzeichnungspflichten: nach dem Arbeitszeitgesetz, für EY Restructuring Insights, Ausgabe 2 | 10 Interview die Branchenmindestlöhne nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz oder bei Minijobs. Diejenigen, die sich über das angebliche „Bürokratiemonster“ Mindestlohngesetz aufregen, entlarven sich nur selbst, nämlich darin, dass sie schon die bisherigen Aufzeichnungspflichten nicht eingehalten haben. Ein weiteres strittiges Thema ist die Regelung bezüglich Subunternehmern. Halten Sie die Kontrollverantwortung der Auftraggeber für sinnvoll und in der Praxis umsetzbar? Welchen Vorteil sehen Sie in dieser Regelung gegenüber einem zeitnahen Anruf der betroffenen Arbeitnehmer bei der Gewerbeaufsicht bzw. dem Zoll als Aufsichtsbehörde? Stefan Körzell: Für die abhängig Beschäftigten hat die Generalunternehmerhaftung nach dem Vorbild im AEntG den Vorteil, dass sie ihren Anspruch besser realisieren können, entweder gegenüber ihren eigenen Arbeitgebern oder gegenüber den Auftraggebern in der Auftragskette. Zugleich hat dies aber auch den Vorteil, dass aufgrund dieses möglichen Anspruchs, der an den jeweiligen Subunternehmer oder den Generalunternehmer gestellt wird, diese selbst darauf achten, dass sich ihre Vertragspartner gesetzeskonform verhalten und keine Wettbewerbsvorteile über Lohndumping und Gesetzesverstoß anstreben. Diese Selbstregulierung in der Wirtschaft kann dazu beitragen, dass das Gesetz tatsächlich zur Geltung kommt. Die Generalunternehmerhaftung zu begrenzen hätte zur Folge, dass man den Schwarzen Peter dem Subunternehmer zuschiebt, der aber nicht mehr unter die Haftung fiele. Eine „Enthaftung“ würde den Unternehmen erleichtert, was für die Durchsetzung des Mindestlohns durch die Betroffenen kontraproduktiv ist. Dass die Generalunternehmerhaftung in der Praxis umsetzbar ist, zeigen uns die Erfahrungen bei den Branchenmindest löhnen nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz, wo dieses Instrument schon seit Langem besteht. „Diejenigen, die sich über das angebliche „Bürokratiemonster“ Mindestlohngesetz aufregen, entlarven sich nur selbst, nämlich darin, dass sie schon die bisherigen Aufzeichnungspflichten nicht eingehalten haben.“ Tarifverträge Für den Laien verwirrend: Weihnachtsbzw. Urlaubsgeld darf als „Treueprämie“ nicht in die Berechnung der 8,50 Euro eingerechnet werden, Trinkgelder in der Gastronomie wahrscheinlich auch nicht, ein 13. Gehalt ggf. schon und (normali sierter) Stücklohn mit Sicherheit. Erwar ten Sie in den nächsten Tarifverhand lungen Versuche, Gehaltsbestandteile in Richtung „mindestlohnanrechenbar“ zu verschieben? Stefan Körzell: Zur Frage, was anrechenbar ist und nicht, gibt es Rechtsprechung der Gerichte, die zugrunde zu legen ist. Davon dürfen auch die Tarifvertragsparteien nicht abweichen. So hat sich z. B. der Europäische Gerichtshof verschiedentlich zur Frage der Anrechenbarkeit von Leistungen in den Mindestlohn geäußert. Danach sind nur solche Leistungen anzurechnen, die in ihrer Zwecksetzung dem Mindestlohn gleichwertig sind. Nicht anzurechnen sind daher solche Vergütungsbestandteile, die das Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung verändern. Für die Zahlung des Weihnachtsgeldes z. B. heißt das: Wenn das Weihnachtsgeld anteilig jeden Monat tatsächlich und unwiderruflich gezahlt wird, kann es zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt des Mindestlohns angerechnet werden. Ähnlich ist es beim zusätzlichen Urlaubsgeld: Die Funktion des Urlaubsgeldes liegt nicht in der Vergütung der Normalleistung. In diesem Sinne erging auch das jüngste Urteil EY Restructuring Insights, Ausgabe 2 | 11 Interview des Arbeitsgerichts Berlin vom 4. März 2015 (A.d.R.: Aktenzeichen 54 Ca 14420/14), das wir sehr begrüßen. Darin erklärt das Gericht die Anrechnung von zusätzlichem Urlaubsgeld und einer Jahressonderzahlung im Rahmen einer Änderungskündigung für unzulässig, da diese Leistungen nicht dem Zweck dienen, die Arbeitsleistung des Beschäftigten zu vergüten. „Uns kann niemand erzählen, dass es bürokra tischer ist, Anfang und Ende der Arbeitszeit zu n otieren, als etwa ein ausgeklügeltes Paketverfolgungsprogramm zu entwickeln, bei dem man stündlich am Computer abfragen kann, wo sich die Bestellung gerade befindet.“ Die politische Zukunft „Man soll von der Arbeit leben können.“ Ist Deutschland diesem Ziel mit dem Mindestlohngesetz nähergekommen? Wie ist die „Aufstockersituation“ künftig weiter zu verbessern? Stefan Körzell: Es ist noch zu früh für eine Bilanz, die ersten Auswertungen der Arbeitsmarktdaten die Wirkung des Mindestlohns betreffend werden erst im Frühsommer zu erwarten sein. Es gibt allerdings schon erste Berechnungen der Bundesagentur für Arbeit zu den Einsparungsmöglichkeiten bei den „Aufstockern“. Hier rechnet die BA mit einer Reduzierung der Ausgaben für allein lebende Hartz-IV-Empfänger mit einer Vollzeitstelle um jährlich 600 bis 900 Millionen Euro. Diese Gruppe der sogenannten Aufstocker wird danach künftig deutlich weniger Arbeitslosengeld II zusätzlich zu ihrem Lohn benötigen. Gleichzeitig weist die BA darauf hin, dass es für die Horrorprognosen des Münchener Ifo-Instituts, dass mit dem Mindestlohn über eine Million Arbeitsplätze ver loren gehen, bislang keine Hinweise gibt. Wir gehen davon aus, dass viele – insbesondere weibliche, allein stehende – ostdeutsche Beschäftigte in Dienstleistungsberufen unabhängig werden von Hartz IV. Dennoch müssen wir uns nichts vormachen: Natürlich kann man mit 8,50 Euro pro Stunde keine großen Sprünge machen, sodass insbesondere Familien sicherlich auch weiterhin auf staatliche Unterstützung an gewiesen sein werden. Die Anhebung des Mindestlohns ist für den 1. Januar 2017 vorgesehen. Aber das ist eben nur eine Anstandsgrenze nach unten. Unser Ziel bleibt es, ordentliche Tarifverträge abzuschließen mit Löhnen weit oberhalb von diesem Minimum. Aktuell steht bei Ihnen mit im Fokus, dass der Mindestlohn wirksam umge setzt und kontrolliert wird. Wo sehen Sie hier die Schwerpunkte? Stefan Körzell: Zunächst einmal müssen die versprochenen 1.600 zusätzlichen Stellen beim Zoll rasch besetzt werden, damit genügend Kontrolleure am Start sind. Denn die Arbeitgeber sollten merken, dass Missbräuche geahndet werden. Umso schneller halten sich wirklich alle daran. Und das A und O der Kontrolle ist natürlich die Aufzeichnung der Arbeitszeiten. Hier darf es keine weiteren Aufweichungen geben. Gerade Minijobs sind missbrauchs anfällig. Sie dürfen auf keinen Fall aus der Dokumentationspflicht herausgenommen werden. Uns kann niemand erzählen, dass es bürokratischer ist, Anfang und Ende der Arbeitszeit zu notieren, als etwa ein ausgeklügeltes Paketverfolgungsprogramm zu entwickeln, bei dem man stündlich am Computer abfragen kann, wo sich die Bestellung gerade befindet. Zum Abschluss: Welche Vorschläge würden Sie Frau Nahles zur weiteren Ver besserung der Mindestlohnregelung auf den Weg mitgeben? Stefan Körzell: Es braucht Klarheit über die Frage der Anrechenbarkeit von Zuschlägen, Sonderleistungen und Prämien. Denn es kann nicht sein, dass die Beschäftigten erst auf dem Klagewege, der lange dauern kann, zu ihrem Recht kommen. Zudem hoffen wir, dass die Evaluierungen ergeben, dass bestimmte Ausnahmen vom Mindestlohn – z. B. für Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten nach Wiederaufnahme einer Beschäftigung – auch arbeitsmarkt politisch verfehlt sind und korrigiert werden. Die wissenschaftliche Begleitung des Gesetzes und seiner Wirkung muss rasch angeschoben werden. Vielen Dank für das Gespräch. EY Restructuring Insights, Ausgabe 2 | 12 Audit Passivierung von Gesellschafterdarlehen bei Rangrücktrittsvereinbarung Das FG Niedersachsen hat mit Urteil vom 12. Juni 2014 (6 324/12, NZG 2014, S. 1198) entschieden, dass eine Verbindlichkeit im Jahresabschluss auch dann passiviert werden muss, wenn sie nur aus einem künftigen Handelsbilanzgewinn oder einem etwaigen Liquidationsüberschuss zu erfüllen ist. Gegenstand der Klage war die ertragsteuerliche Beurteilung einer zwischen der Klägerin (K) und ihrer Alleingesellschafterin (M) getroffenen Vereinbarung über einen Rangrücktritt folgenden Inhalts: „Die M tritt als alleinige Gesellschafterin mit ihrem Anspruch auf Tilgung und Verzinsung des der K gewährten Darlehens im Betrag von 7 Mio. Euro dergestalt im Rang hinter die Forderung sämt licher anderer Gläubiger, einschließlich aller in § 39 Abs. 1 und § 39 Abs. 2 InsO genannten Gläubiger, zurück, dass sie Tilgung und Ver zinsung des Darlehens nur aus einem künftigen Bilanzgewinn oder aus einem etwaigen Liquidationsüberschuss verlangen kann. Für den Fall der Insolvenz tritt die M auf den Rang des § 199 S. 2 InsO zurück.“ Mit dieser Vereinbarung konnte für die Klägerin eine Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung (§ 15a Abs. 1 InsO) vermieden werden: Darlehensforderungen von Gesellschaftern, für die gemäß § 39 Abs. 2 InsO der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter die Forderungen aller übrigen Gläubiger vereinbart worden ist, sind zur Beurteilung des Vorliegens einer Überschuldung nicht als Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu berücksichtigen (§ 19 Abs. 2 Satz 2 InsO). Unabhängig davon hat jedenfalls der handelsrechtliche Jahresabschluss der Gesellschaft aufgrund des Vollständigkeitsgebots unter anderem sämtliche Schulden zu enthalten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (§ 246 Abs. 1 Satz 1 HGB). Schulden sind ausdrücklich „in die Bilanz des Schuldners aufzunehmen“ (§ 246 Abs. 1 Satz 3 HGB), getrennt von dessen Eigenkapital auszuweisen (§ 247 Abs. 1 HGB) und mit ihrem Erfüllungsbetrag anzusetzen (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB). Eine Verbindlichkeit muss daher in der Bilanz als solche ausgewiesen werden, solange nicht der Gläubiger dem Schuldner die Schuld gemäß § 397 BGB erlassen hat oder sich ergibt, dass die Verbindlichkeit aus sonstigen Gründen (etwa Verjährung) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erfüllt werden muss. Auch Darlehen, die der Alleingesellschafter einer in der Krise befindlichen Gesellschaft anstelle einer an sich gebotenen Eigenkapitalzuführung gewährt hat, werden vom Gesellschafter bewusst nicht als Eigenkapital, sondern rechtlich ausdrücklich als Fremdkapital mit der Bestimmung einer Rückzahlungspflicht zur Verfügung gestellt. Selbst wenn der Gläubiger das Darlehen wie bei einem Rangrücktritt vereinbarungsgemäß nur unter bestimmten Voraussetzungen fällig stellen kann, handelt es sich mithin grundsätzlich um eine passivierungspflichtige Verbindlichkeit der Gesellschaft. Das gilt im Prinzip auch für die Steuerbilanz (siehe BFH-Urteil vom 30. März 1993, BStBl. II 1993, S. 502); nur sogenannte „haftungslose Darlehen“ sind nicht zu passivieren (BFH-Urteil vom 20. Oktober 2004, BStBl. II 2005, S. 581). Für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, sind daher in der Steuerbilanz Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind (§ 5 Abs. 2a EStG). Aufgrund dieser Regelung vertrat die bei der Klägerin durchgeführte steuerliche Außenprüfung die Auffassung, EY Restructuring Insights, Ausgabe 2 | 13 Audit dass die nachrangige Darlehensverbindlichkeit der K gegenüber der M einschließlich der aufgelaufenen Zinsen in der Steuerbilanz nicht passiviert werden dürfe und der zu versteuernde Gewinn durch Ausbuchung des Postens entsprechend zu erhöhen sei. Das FG Niedersachsen ist dem entgegengetreten und hat entschieden, dass die Klägerin im Streitfall gleichwohl verpflichtet gewesen sei, die Darlehensverbindlichkeit in ihrem Jahresabschluss und auch in der Steuerbilanz zu passivieren. Die Passivierungspflicht sei durch die vorliegende Rangrücktrittsvereinbarung nicht entfallen. Der Passivierung stehe auch § 5 Abs. 2a EStG nicht entgegen. Zwar sei nach dieser Vorschrift eine Verbindlichkeit bei vereinbartem Rangrücktritt in der Weise, dass die Forderung des Gläubigers hinter die Forderungen aller übrigen Gläubiger zurücktritt und nur aus künftigen Jahresüberschüssen zu erfüllen ist, nicht auszuweisen, weil es in diesem Fall an einer gegenwärtigen wirtschaftlichen Belastung der Gesellschaft fehle. Im Streitfall hänge die Verpflichtung zur Rückzahlung aber nicht von einem künftigen Jahresüberschuss ab, sondern vom Entstehen eines künftigen Bilanzgewinns. Der handelsrechtliche Begriff „Bilanzgewinn“ entspreche aber nicht den steuerrechtlichen Begriffen „Jahresüberschuss“ oder „Gewinn“, sondern sei weiter gefasst. Während der Gewinnbegriff des § 5 Abs. 2a EStG allein an das erzielte Ergebnis der Geschäftstätigkeit anknüpfe, ergebe sich der Bilanzgewinn nämlich nicht allein aus dem Jahreserfolg, sondern auch aus den in § 158 Abs. 1 AktG im Einzelnen aufgeführten Maßnahmen der bilanziellen Eigenkapital- und Ergebnisverwendung. So könne beispielsweise eine Entnahme aus der Kapitalrücklage in einem Jahr, in dem kein Jahresüberschuss erwirtschaftet wurde, zu einem Bilanzgewinn führen, der den Gläubiger dann berechtige, in Höhe dieses Betrags Erfüllung seiner nachrangigen Darlehensforderungen zu verlangen. Bei der Beurteilung dürfe auch nicht unbeachtet bleiben, dass ein Rangrücktritt die Anwendung des § 5 Abs. 2a EStG ausschließt, soweit die Vereinbarung die Möglichkeit einer Bedienung aus anderem freien Vermögen vorsieht (BFH-Urteil vom 30. November 2011, BStBl. II 2012, S. 332 unter II 2 b bb; ebenso BMF vom 8. September 2006, BStBl. I 2006, S. 497). „Freies Vermögen“ in diesem Sinne ist das die übrigen (nicht nachrangigen) Verbindlichkeiten des Schuldners übersteigende Vermögen, das im Übrigen bilanztechnisch nicht nur durch künftige Jahresüberschüsse, sondern auch durch Gesellschaftereinlagen entsteht. Der Umstand, dass ein Schuldner seine Verbindlichkeiten mangels ausreichenden Vermögens möglicherweise nicht oder nur teilweise zurückzahlen kann, lasse die wirtschaftliche Belastung des Vermögens des Schuldners nicht entfallen (BFH-Urteil vom 9. Februar 1993, BStBl. II 1993, S. 747). Entscheidend sei vielmehr, dass das vorhandene Vermögen der Klägerin aufgrund der geschlossenen Rangrücktrittsvereinbarung weiterhin wirtschaftlich belastet ist. Ferner darf nach Ansicht des Gerichts nicht ignoriert werden, dass der bilanziellen Darstellung des Vermögens einer Kapitalgesellschaft nicht ohne Weiteres dessen tatsächlicher Wert zu entnehmen ist. So sind Gesellschaften beispielsweise nicht berechtigt, einen originären Firmenwert anzusetzen oder stille Reserven im Buchwert von Vermögensgegenständen aufzudecken. Vor diesem Hintergrund sei die Formulierung der streitbefangenen Rangrücktrittsvereinbarung dahin gehend auszulegen, dass eine Tilgung des Darlehens auch aus dem sonstigen freien Vermögen des Schuldners vorgesehen ist. Aus Sicht der Klägerin stelle sich der Rangrücktritt als Vereinbarung dar, die zwar zu einer veränderten Rangordnung, nicht hingegen zu einer Minderung ihrer Verbindlichkeiten insgesamt führt. Die Verbindlichkeiten seien daher bilanziell weiterhin als solche auszuweisen. Fazit Die Entscheidung des FG Niedersachsen ist unseres Erachtens zu begrüßen: Es erscheint nicht gerechtfertigt, die vorliegende Rangrücktrittsvereinbarung einem Forderungsverzicht mit Besserungsschein gleichzusetzen und die Verbindlichkeit einfach auszubuchen. Die am Bilanzstichtag rechtlich zweifellos bestehende, wenn auch nachrangige Verbindlichkeit ist auch nicht per se „haftungslos“, denn die am Bilanzstichtag vorhandene Substanz des Vermögens des Schuldners kann durch die nachrangige Darlehensverbindlichkeit auch belastet sein, soweit die tatsächliche Höhe des Vermögens am Abschlussstichtag infolge stiller Reserven bilanziell (noch) nicht ausgewiesen werden konnte. Zum Vermögen des Schuldners gehören auch die am Bilanzstichtag vorhandenen stillen Reserven. Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das Gericht die Revision zugelassen, die zwischenzeitlich beim BFH anhängig ist. Es bleibt daher abzuwarten, wie der BFH die Rechtslage im Streitfall beurteilen wird. III Kontakt Manfred Kropp Senior Manager Assurance Telefon +49 6196 996 27641 [email protected] EY Restructuring Insights, Ausgabe 2 | 14 Branche im Fokus Die Restrukturierung notleidender Stadtwerke Im Rahmen eines Stadtwerke-Querverbundes bündeln Städte defizitäre kommunale Auf gabenbereiche wie den ÖPNV mit traditionell profitablen Beteiligungen, etwa im lokalen Energieversorgungsunternehmen (EVU). Allerdings gefährdet der Einspeisevorrang für erneuerbare Energien im Zuge der Energiewende die Profitabilität von EVU mit eigenen Erzeugungskapazitäten und damit von vielen Stadtwerke-Verbünden. Deren Geschäftsmodell muss daher grundlegend restrukturiert werden. Erste Stadtwerke-Insolvenzen verdeutlichen den akuten Handlungsbedarf. Entwicklung der Stadtwerke Die meisten „Stadt- und Gemeindewerke“ entstanden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Damals begannen die Kommunen, grundlegende Versorgungsleistungen unter staatliche Kontrolle zu stellen, um sie so allen Bürgern zugänglich zu machen. Im Laufe der Jahre wurden diese Versorgungssparten mit weiteren Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge in Querverbünden zusammen gefasst. Heute firmieren Stadtwerke als öffentlich-rechtliche Betriebe, aber auch privatwirtschaftlich als Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Neben dem Betrieb von Infrastruktureinrichtungen wie der Beleuchtung von Straßenverkehrsnetzen und öffentlichen Gebäuden (etwa Schwimmbädern) umfasst der Aufgabenbereich der Stadtwerke klassischerweise den öffentlichen Personennahverkehr sowie Versorgungs- und Entsorgungsleistungen (siehe Abbildung 1). Auch steuerliche Vorteile lassen sich durch die Verbindung defizitärer und profitabler Tätigkeitsbereiche in Querverbünden nutzen. Bis in die 1980er-Jahre waren Stadtwerke vor allem in geschützten Märkten tätig, in denen es nur einen regionalen Versorger gab, nämlich die jeweiligen lokalen Stadtwerke. Während die Zentralisierung des Bereichs Information und Kommunikation bereits früh erfolgte (Deutsche Post und Telekom), wurde die Monopolstellung in den Geschäftsfeldern Abfallentsorgung bzw. Energieversorgung erst nach und nach aufgehoben. So wurden zur Sanierung der Haushalte in den 1990er-Jahren oftmals profitable Aufgabenbereiche wie Energieversorgung oder Entsorgung ausgegliedert und vollständig oder teilweise an privatwirtschaftliche Unternehmen veräußert. In den letzten Jahren ist hingegen eine Rekommunali sierungstendenz zu beobachten, die vor allem Unternehmen der Energieversorgung (etwa Netzgesellschaften) betrifft. Diese Rekommunalisierungen werden oft von Volksentscheiden oder Bürgerbegehren unterstützt. Abbildung 1 | Klassische Betätigungsfelder der Stadtwerke Stadtwerke Versorgungsleistung Infrastruktur Öffentlicher Verkehr Energieversorgung (Strom, Gas, Fernwärme) Transport- und Verkehrsinfrastruktur Busverkehr Wasserwirtschaft (Wasser, Abwasser) Gewässerwirtschaft Schienenverkehr/-netz Information und Kommunikation Öffentliche Gebäude Wasserverkehr/-straßen Entsorgung (Abfall, Abfallbehandlung) Wohnungsbau Flugverkehr/-plätze EY Restructuring Insights, Ausgabe 2 | 15 Branche im Fokus Kurzfristige Stabilisierung • Umfangreiche Ausgabenkürzungen • Anpassung der Investitionsstrategie • Verkauf einzelner Vermögensgegenstände • Sale-and-lease-back-Finanzierungen • Stundungen (Partner, Gesellschafter) • Beiträge der Kommunen Mittelfristige Restrukturierung • Portfolio-Screening und ggf. Anpassung • Re-Dimensionierung des Angebots von öffentlichen Versorgungsleistungen • Nachhaltige Kostensenkungen • Heben von Synergien im SW-Verbund • Optimierung Unternehmensfinanzierung Langfristige, strategische (Neu-)Ausrichtung • Ausdehnung und Diversifizierung der Ertragsbasis durch Erschließung neuer, profitabler Geschäftsfelder • Prüfung und ggf. Anpassung bestehender Geschäftsbereiche • Eingehen von Kooperation • Entwicklung einer langfristigen Investitions-, Finanzierungs- und Auschüttungsstrategie mit dem Gesellschafter Nachhaltige Profitabilität Abbildung 2 | Mit einem umfangreichen Maßnahmenpaket Insolvenzrisiken entgegentreten Sinkende Margen im Energiebereich In den letzten Jahren haben sich die Rahmenbedingungen im Bereich der Stromverteilung und -erzeugung signifikant geändert. Aufgrund der Energiewende sind viele Investitionen in konventionelle Erzeugungsanlagen defizitär geworden. Der Einspeisevorrang für erneuerbare Energien hat zu sinkenden Börsenpreisen für Strom geführt. Dadurch sind die Gewinne herkömmlicher Energieträger rückläufig. Insbesondere der Einsatz von Gaskraftwerken ist derzeit nicht kostendeckend. Neben sinkenden Margen drücken laufende und zusätzliche hohe Einmalinvestitionen zur Umsetzung der Energiewende auf die Profitabilität. Der aktuelle Cashflow reicht bei vielen Stadtwerken daher nicht mehr aus, um bestehende Verbindlichkeiten zu bedienen. Durch die gesunkene Profitabilität der EVU ist die Quersubventionierung der kommunalen Aufgaben innerhalb eines StadtwerkeVerbundes nicht mehr sichergestellt. Dies gilt besonders dann, wenn die Stadt als Gesellschafter diese nicht direkt etwa durch Verlust ausgleiche finanzieren kann und keine Bürgschaften, Patronats erklärungen oder sonstige Sicherheiten zu bieten hat. Bei vielen Städten in strukturschwachen Gebieten beispielsweise in Ostdeutschland oder im Ruhrgebiet ist das der Fall. Trotz derzeit noch ausreichender Eigenkapitalquoten erschweren Ausschüttungen an (kommunale) Gesellschafter Neuinvestitionen, auch weil die Aufnahme von Fremdkapital schwieriger geworden ist. Einige kommunale EVU erhalten bereits heute keine Kredite mehr, vor allem wenn die Kreditwürdigkeit der Stadt als Gesellschafter begrenzt ist. Die Anforderungen der Banken – auch von lokalen Volksbanken und Sparkassen – hinsichtlich Sicherheiten zur Finanzierung von Investitionen sind deutlich gestiegen. Damit befinden sich viele Stadtwerke in einer existenzgefährdenden Lage, in der die Aufrechterhaltung des Status quo ein Insolvenzrisiko birgt. Mit umfassenden Kostenkürzungen gegen Insolvenzrisiken Um ihr Unternehmen wieder zukunftsfähig zu machen, müssen Stadtwerke-Manager kurz-, mittel- und langfristige Lösungsansätze verfolgen (siehe Abbildung 2). Um kurzfristig Insolvenzrisiken abzuwenden, helfen oft nur noch eine radikale Kostenkürzung und der (Not-)Verkauf einzelner Vermögensgegenstände oder Geschäftsbereiche. Darüber hinaus kann es notwendig sein, die direkte Finanzierung defizitärer kommunaler Bereiche zumindest kurzfristig durch die Kommune zu erwirken. Ferner lassen sich unter Umständen Stundungen von Geschäftspartnern oder Minderheitsgesellschaftern in Tochtergesellschaften erreichen. EY Restructuring Insights, Ausgabe 2 | 16 Branche im Fokus Mittelfristig gilt es, die laufenden Kosten nachhaltig zu senken und bestehende Synergien zu heben. Kostenkürzungen beschränken sich dabei explizit nicht auf die privatwirtschaftlichen Bereiche, sondern betreffen auch die kommunalen Dienstleistungen. Ein Beispiel ist hier die Ausdünnung des ÖPNV-Fahrplans auf einen finanzierbaren Umfang. Synergien bestehen häufig in den Verwaltungsbereichen, wenn bislang kaufmännische Tätigkeiten in diversen Unternehmensbereichen des Verbundes durchgeführt wurden. Langfristig müssen neue, innovative Geschäftsfelder erschlossen werden. Sämtliche in den Stadtwerke-Verbund eingegliederten Geschäftsfelder gehören in Zusammenarbeit mit dem (kommunalen) Anteilseigner auf den Prüfstand. Dabei ist die Entwicklung einer langfristigen und umfänglichen Unternehmensstrategie mit der Kommune eine besondere Herausforderung. Konzept für eine strategische Neuausrichtung Das Unternehmenskonzept sollte eine Fokussierung auf die Kernkompetenzen und -kunden des Stadtwerke-Verbundes umfassen, die profitabel bedient werden können. Diese Produkt- und Kundensegmente unterscheiden sich von Region zu Region und sind häufig abseits des Privatkundengeschäfts der großen Energie konzerne zu finden. Folgende neue Geschäftsfelder sind unter anderem denkbar: dezentrale Erzeugung, Erwerb von Konzessionen, Dienstleistungen als Energieberater von Geschäftskunden, Telekommunikation im „Internet der Energie“ oder der Einsatz virtueller Kraftwerke und Stromspeichersysteme zum Ausgleich von Spitzen, Spannungsabfällen und Schwankungen. Einen finanzierbaren Weg in diese neuen Geschäftsmodelle sowie zur Erschließung von Synergien finden Stadtwerke regelmäßig durch Kooperationen. Dafür kommen andere Stadtwerke-Verbünde, Wettbewerber oder Unternehmen aus Telekommunikation, Technologie und Geräteherstellung infrage. Kooperationen können auch hilfreich sein, um den erforderlichen Personalbedarf für eine zukünftige dezentrale und intelligente Energieversorgung zu gewährleisten, etwa in einer gemeinsamen IT-, Netz- oder MeteringGesellschaft. Auch kann es nötig sein, sich von Teilen des Portfolios zu trennen, um sich finanziellen Freiraum zu schaffen. Alternativ kommt die Beschaffung neuer Finanzierungsmittel über in- oder ausländische Infrastrukturfonds infrage. Dies ist jedoch regelmäßig mit höheren Anforderungen an die Transparenz der Finanzberichterstattung und die Corporate Governance verbunden. Besondere Herausforderungen von Stadtwerke-Restrukturierungen Die Restrukturierung von Stadtwerken hat immer eine hohe Öffentlichkeitswirksamkeit und die Moderation des in der Regel politisch geprägten Entscheidungsprozesses verlangt Fingerspitzengefühl. Besonders die vorwiegend politisch besetzten Aufsichtsräte der Stadtwerke und ihrer Tochterunternehmen sind häufig einer tief greifenden Restrukturierung des Geschäftsmodells abgeneigt. Widerstreitende Interessen können auch auf der (politischen) Ebene des kommunalen Anteilseigners bestehen. Hier gilt es, alle Stakeholder zeitnah in den Restrukturierungsprozess einzubinden und mit einer belastbaren Zahlenbasis von der Notwendigkeit der Sanierungsmaßnahmen zu überzeugen. Fazit Der Energiesektor befindet sich in einem Stadium tief greifender Transformation, die die nächsten Jahre andauern wird. Die angeschlagenen Stadtwerke sollten diese Situation nutzen, um sich neu aufzustellen und den Weg zurück zu einem nachhaltig profitablen Geschäftsmodell zu beschreiten. Hierbei erfordert die Komplexität und Vielzahl der in einem Querverbund zusammengefassten Geschäftsmodelle den Einsatz eines multidisziplinären Beraterteams. In diversen Stadtwerke-Projekten demonstrierten wir bereits, dass unsere Teams die entscheidende Branchenkompetenz für die unterschied lichen Geschäftsfelder von Stadtwerken mitbringen und mit Souveränität die Vielzahl der involvierten Stakeholder erfolgreich moderieren können. III Kontakt Dr. Gunnar Gerig Executive Director Transaction Advisory Services Restructuring Telefon +49 40 36132 12358 [email protected] Alexander Gerdenitsch, CFA Manager Transaction Advisory Services Restructuring Telefon +49 40 36132 15235 [email protected] EY Restructuring Insights, Ausgabe 2 | 17 Tax Neuregelung zur Erhebung der Gewerbesteuer auf einen Sanierungsgewinn Der neu geregelte § 184 Abs. 2 Satz 1 AO schafft seit Beginn des Jahres 2015 neue Möglichkeiten zur gewerbesteuerlichen Behandlung eines Sanierungsgewinns und soll dadurch für mehr Rechtssicherheit bei Unternehmenssanierungen sorgen. Forderungsverzichte von Gläubigern sind durchaus übliche Maßnahmen, um Unternehmen in Krisensituationen zu unterstützen. Ein solcher Forderungsverzicht reduziert nicht nur die ausgewiesenen Verbindlichkeiten des angeschlagenen Unternehmens, sondern führt im Gegenzug auch zu einem steuerpflichtigen Sanierungs gewinn. Dieser wird im ersten Schritt im Rahmen der bekannten Regelungen mit bestehenden Verlustvorträgen verrechnet. Da es sich bei dem genannten Sanierungsgewinn i. d. R. um einen rein kalkulatorischen Wert handelt, stellt er gerade keinen liquiditätswirksamen Zufluss in das Unternehmen dar. Der Unternehmer erlangt durch den Sanierungsgewinn demnach keine Verbesserung seiner – in einer Krisensituation – bereits angespannten Liquiditätssituation. Eine zusätzliche Besteuerung dieses Gewinns würde die Situation weiter verschärfen. Einkommen- und körperschaftsteuerliche Behandlung Als Korrektiv für die formal greifende Besteuerung hat das BMF bereits im Jahr 2003 den sogenannten Sanierungserlass (BMF vom 27.03.2003, BStBl. I 2003 S. 240 = DB 2003 S. 796) verabschiedet. Dieser erlaubt es, die entsprechende Steuer auf Antrag des Schuldners nach § 163 AO abweichend festzusetzen und nach §§ 222, 227 AO zu stunden bzw. zu erlassen, sofern die Besteuerung für den Steuerpflichtigen eine erhebliche Härte darstellte. Zwischenzeitlich ist es gelebte Praxis der Finanzbehörden, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung des Sanierungserlasses ein Sanierungsgewinn nicht besteuert wird. Gewerbesteuerliche Behandlung Während durch den Sanierungserlass die einkommen- und körperschaftsteuerliche Behandlung des Sanierungsgewinns im Sinne der angestrebten Sanierung gelöst werden kann, traf und trifft dies bisher in Bezug auf die Gewerbesteuer nicht zu. Gerade bei der Sanierung von Unternehmen mit steuerlich relevanten Betriebsstätten führte dies zu großen Unsicherheiten und erheblichen Problemen. Nach bisheriger Auffassung des BFH lag nämlich die Entscheidung über eine gewebesteuerliche Behandlung eines Sanierungsgewinns allein bei der jeweils veranlagenden Gemeinde bzw. den veranlagenden Gemeinden. Insbesondere war in der Praxis anerkannt, dass die hebeberechtigte Gemeinde nicht an eine vorherige Entscheidung der Finanzbehörde in einem konkreten Fall gebunden war. Waren also die Voraussetzungen für den Sanierungserlass erfüllt und wurde dieser von den Finanzbehörden einkommen- und körperschaftsteuerlich angewendet, so konnten jeweils hebeberechtigte Gemeinden unabhängig voneinander die Gewerbesteuer auf den Sanierungsgewinn festsetzen und im Zweifel auch erheben. In der Praxis kam es hier bei einigen Gemeinden tatsächlich zu einer Besteuerung des Sanierungsgewinns. EY Restructuring Insights, Ausgabe 2 | 18 Tax Die Gründe hierfür waren vielschichtig und reichten von einer kategorischen Weigerung über komplizierte Abstimmungen in einem erschwerten politischen Umfeld und das Fehlen zeitnaher Sitzungen der zuständigen Haushalts-/Finanzausschüsse bis hin zu einer durch das Vorliegen eines Haushaltssicherungsgesetzes beschränkten Entscheidungsbefugnis. Lösungsansatz des Gesetzgebers Ende des Jahres 2014 hat die Bundesregierung mit dem „Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“, kurz ZollKodexAnpG, diesem Umstand Rechnung getragen. Hierfür wurde der § 184 Abs. 2 Satz 1 AO so gefasst, dass die Befugnis, Realsteuermessbeträge festzusetzen, auf die Befugnis zu Maß nahmen aus § 163 Satz 1 ausgeweitet wurde, sofern für solche Maßnahmen in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung, der obersten Bundesfinanzbehörde oder einer obersten Landesfinanzbehörde Richtlinien aufgestellt wurden. Ziel war hierbei ausdrücklich, eine Klarstellung für Billigkeits regelungen aus sachlichen Gründen im Bereich der Einkommenoder Körperschaftsteuer insbesondere in Bezug auf die Festlegung des Steuergegenstands oder der Gewinnermittlung im Sinne des Sanierungserlasses zu schaffen. Dies sollte die rechtliche Unsicherheit bezüglich der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags beseitigen, indem nun bereits ein BMF-Schreiben (wie etwa der Sanierungserlass) die Finanzämter ermächtigen soll, Maßnahmen im Sinne des § 163 Satz 1 AO auch für Gewerbesteuermessbeträge anzuwenden. Hierdurch könnte man Gemeinden hinsichtlich der Höhe der Gewerbesteuerfestsetzung verbindliche Vorgaben machen, wodurch weitere (nachfolgende) Billigkeitsmaßnahmen von ihrer Seite entbehrlich würden. Kontakt Prof. Dr. Jochen Vogel Partner Transaction Advisory Services Restructuring Telefon +49 211 9352 24760 [email protected] Jörg Schlüter, MBA Senior Manager Business Tax Advisory Telefon +49 231 55011 10946 [email protected] Fazit Mit der im ZollKodexAnpG vorgenommenen Anpassung der AO hat der Gesetzgeber einen richtigen und längst überfälligen Schritt getan, um die Zuständigkeit für Billigkeitsmaßnahmen nach dem Sanierungserlass bei den Finanzämtern zu konzen trieren. Die Gemeinden könnten nunmehr ihre Entscheidungen auf die vorangegangene Entscheidung der Finanzämter stützen. Leider hat sich bereits die OFD NRW hierzu ablehnend posi tioniert. Für die Praxis bleibt jedoch zu hoffen, dass sich diese restriktive Auffassung innerhalb der Finanzverwaltung nicht durchsetzt. Im Interesse der sanierungsbedürftigen Unternehmen sollte tatsächlich unmittelbar von der neuen Ermächtigung Gebrauch gemacht werden. III EY Restructuring Insights, Ausgabe 2 | 19 Wirtschaftliche Rahmendaten 1,4 % Wirtschaftswachstum Deutschland BIP Stand Prognosedurchschnitt 2015 2016 1,4 % 1,7 % Bundesregierung Januar 2015 1,5 % EU-Kommission Februar 2015 1,5 % 2,0 % IWF Januar 2015 1,3 % 1,5 % OECD Januar 2015 1,3 % 1,8 % Bundesbank Dezember 2014 1,0 % 1,6 % DIW Januar 2015 1,4 % 1,7 % IfW Januar 2015 1,7 % 1,9 % IWH Dezember 2014 1,3 % 1,6 % Trend Wirtschaftswachstum wird durchschnittlich für 2015 in Deutschland erwartet. Dabei geht die Bundesregierung und die EU-Kommission von höheren Wachstumsraten als im letzten Herbst aus. Quelle: IWF, EU-Kommission Ausgewählte BIP Prognosen 2015 (Stand: März 05 2015): Frankreich 0,9 % Italien 0,4 % Großbritannien 2,7 % EU 1,2 % Mio. 3,5 % 7,0 3,0 6,5 2,5 6,0 2,0 5,5 1,5 5,0 1,0 4,5 0,0 4,0 Arbeitslosenzahl (in Mio.) durchschnittl. Arbeitslosenquote (LTM) 12.15 0,5 12.14 Beschäftigte sind im Februar 2015 arbeitslos (6,6 %). Damit zeigt sich der Arbeitsmarkt weiter in stabiler Verfassung. Arbeitsmarkt Deutschland 01.13 02.13 03.13 04.13 05.13 06.13 07.13 08.13 09.13 10.13 11.13 12.13 01.14 02.14 03.14 04.14 05.14 06.14 07.14 08.14 09.14 10.14 11.14 12.14 01.15 02.15 3,0 Mio. USA 3,6 % Kanada 2,3 % Japan 0,6 % Arbeitslosenprognose Institut Kiel (Quartal) Arbeitslosenprognose Bundesregierung (Jahresschnitt) Quelle: Bundesagentur für Arbeit (Ist), IfW Kiel (Plan, per Mrz11 2015), Bundesregierung (Plan, per Sep08 2015) eurostat, tradingeconomics Ausgewählte Arbeitslosenzahlen per Februar 27 2015: Deutschland 6,6 % Frankreich 10,4 % Italien 12,6 % Großbritannien 5,7 % EU 9,8 % USA 5,7 % Kanada 6,6 % Japan 3,6 % Indizes 250 Rohstoffe Öl 160 Stahl (Monatsdurchschnitt) Kupfer Weitere Kosten Shanghai Freight Rate Index Strom USD 140 200 120 150 100 100 80 50 60 0 01.13 02.13 03.13 04.13 05.13 06.13 07.13 08.13 09.13 10.13 11.13 12.13 01.14 02.14 03.14 04.14 05.14 06.14 07.14 08.14 09.14 10.14 11.14 12.14 01.15 02.15 01.13 02.13 03.13 04.13 05.13 06.13 07.13 08.13 09.13 10.13 11.13 12.13 01.14 02.14 03.14 04.14 05.14 06.14 07.14 08.14 09.14 10.14 11.14 12.14 01.15 02.15 40 Quelle: : onvista.de, finanzen.net, EEX (PHELIX base load), LME (steel billet), Shanghai Shipping Exchange Preise in € (Stand Februar 27/28 2015): Öl/Barrel 44,01 Stahl/to (global steel) 263,67 Kupfer/to 5.267,48 Strom/Gwh 29,51 Für 1 EUR: USD 1,12; CHF 1,07; JPY 133,93 EURIBOR (3M) 0,05 % EY Restructuring Insights, Ausgabe 2 | 20 Auszüge aus der Insolvenzstatisik 7,3 % Unternehmen 35.000 31.998 30.099 30.000 28.297 25.000 25.995 24.085 20.000 15.000 10.000 5.000 0 2010 2011 2012 2013 2014* Um 7,3 % gingen die Unternehmensinsolvenzen im Zeitraum J anuar bis Dezember 2014 gegenüber dem Vorjahr zurück. Damit wird der langjährige Trend fortgesetzt (durchschnittlicher Rückgang seit 2010 um 6,9 % p.a.). Quelle: destatis.de Ausfallwahrscheinlichkeit Die Ausfallwahrscheinlichkeit ist branchenspezifisch deutlich unterschiedlich. In allen betrachteten Branchen sind g egenüber dem Vorjahr Rückgänge feststellbar, insbesondere im Verarbeitenden Gewerbe und im Bereich Verkehr/Lagerei. Branchen % 1,8 2013 2014 1,6 1,4 1,2 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 Handel (inkl. KFZ) Bau gewerbe Gast gewerbe Verarb. Gewerbe Verkehr/ Lagerei Weitere Quelle: destatis.de Ausgewählte EY-Publikationen In unserer EY-Bibliothek unter www.ey.com/de/de/home/library finden Sie Newsletter, Studien und weiteres Leadership-Material von EY. Nachstehend stellen wir Ihnen eine Auswahl interessanter Publikationen vor: Studien Dezember 2014Private Equity – Der Transaktionsmarkt in Deutschland 2014 > zur Studie Januar 2015Verbraucher in Deutschland: Aktuelle wirtschaftliche Lage und Ausblick 2015 > zur Studie Januar 2015Trendbarometer Immobilien-Investmentmarkt Deutschland 2015 > zur Studie Januar 2015Technologie-Start-ups in Deutschland 2010–2014 > zur Studie Januar 2015Mixed Leadership Barometer – Januar 2015 > zur Studie Februar 2015Entwicklung der kommunalen Realsteuern 2005 –2014 > zur Studie März 2015 Global Corporate Divestment Study (Englisch) > zur Studie März 2015Prognoseänderungen im Prime All Share > zur Studie März 2015Deutscher Energiewende Index Winter 2014/2015 > zur Studie März 2015Digitalisierung: Wer investiert und profitiert – wer verliert? > zur Studie Newsletter/Magazine Februar 2015Accounting Magazine, u. a. zum Thema neuer Standardentwurf zur Beurteilung der Insolvenzreife (IDW ES 11) > zum Magazin Februar 2015Corporate Law Newsletter, u. a. zum Thema Stromkostenreduzierung durch Pooling > zum Newsletter März 2015EY Healthcare News, u. a. zum Schwerpunktthema Sanierung (Englisch) > zum Magazin EY Restructuring Insights, Ausgabe 2 | 21 EY-Veranstaltungskalender EY | Assurance | Tax | Transactions | Advisory In unserem Veranstaltungskalender unter www.ey.com/DE/de/About-us/ EY-Veranstaltungskalender finden Sie eine Übersicht unserer Veranstaltungen von EY und zugehörige Ansprechpartner, an welche Sie sich gerne für Anmeldungen oder Fragen wenden können. Nachfolgend stellen wir eine Auswahl von Veranstaltungen dar: 14.–15. April 2015, Frankfurt am Main Gipfelgespräch für Familienunternehmen 15.–16. April 2015, Düsseldorf Gesundheitskongress Health 3.0: Innovation – Qualität – Nachhaltigkeit 20. April 2015, Nürnberg Brennpunkt Umsatzsteuer 22.–24. April 2015, Frankfurt am Main 11. Handelsblatt Jahrestagung, Restrukturierung 2015 April–Mai 2015, München/Hannover/Frankfurt am Main EY Scout für die Finanzindustrie (IFRS 9 Standard) April–Juni 2015, u. a. Hamburg/Frankfurt am Main/München Roadshow: Arbeitnehmerzuwendungen im Lohn- und Umsatzsteuerrecht Hamburg Frankfurt Bernd Richter [email protected] Matthias Beck [email protected] Detlev Bremer [email protected] Daniel Mair [email protected] Michael Weimar [email protected] Jakob Weyres von Levetzow [email protected] Dr. Cornelia Brucklacher [email protected] Düsseldorf München Dr. Jörg Sandow [email protected] Christoph Elzer [email protected] Fotos: Fotolia, Thinkstockphoto, iStockphoto © 2015 Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft All Rights Reserved. SRE 1503-394 ED None Stuttgart Berlin Prof. Dr. Jochen Vogel [email protected] Die globale EY-Organisation besteht aus den Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young G lobal Limited (EYG). Jedes EYG-Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen. Ernst & Young Global Limited ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht und erbringt keine Leistungen für Man danten. Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com. In Deutschland ist EY an 22 Standorten präsent. „EY“ und „wir“ beziehen sich in dieser Publikation auf alle deutschen Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited. Ansprechpartner Dr. Gunnar Gerig [email protected] Die globale EY-Organisation im Überblick Die globale EY-Organisation ist einer der Marktführer in der Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Transaktionsberatung und Managementberatung. Mit unserer Erfahrung, unserem Wissen und unseren Leistungen stärken wir weltweit das Vertrauen in die Wirtschaft und die Finanzmärkte. Dafür sind wir bestens gerüstet: mit hervorragend ausgebildeten Mitarbeitern, starken Teams, exzellenten Leistungen und einem sprichwörtlichen Kundenservice. Unser Ziel ist es, Dinge voranzubringen und entscheidend besser zu machen – für unsere Mitarbeiter, unsere Mandanten und die Gesellschaft, in der wir leben. Dafür steht unser weltweiter Anspruch „Building a better working world“. Diese Publikation ist lediglich als allgemeine, unverbindliche Information gedacht und kann daher nicht als Ersatz für eine detaillierte Recherche oder eine fachkundige Beratung oder Auskunft dienen. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, besteht kein Anspruch auf sachliche Richtigkeit, Voll ständigkeit und/oder Aktualität; insbesondere kann diese Publi kation nicht den besonderen U mständen des Einzelfalls Rechnung tragen. Eine Verwendung liegt damit in der eigenen Verantwortung des Lesers. Jegliche Haftung seitens der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und/oder a nderer Mitgliedsunternehmen der globalen EY-Organisation wird ausgeschlossen. Bei jedem spezifischen Anliegen sollte ein g eeigneter Berater zurate gezogen werden. www.de.ey.com EY Restructuring Insights, Ausgabe 2 | 22