Der Mindestlohn und die Gebäudereinigung
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Der Mindestlohn und die Gebäudereinigung
'25.$34:%ª$%2ª"%3#(!&&5.'ª5.$ª6%2'!"% Der Mindestlohn und die Gebäudereinigung Vorgabe kalkulatorischer Untergrenze unzulässig – Eine Handreichung Dieter Huland, Ltd. Stadtverwaltungsdirektor, ehemaliger Leiter Zentrale Dienste Stadt Köln Bei der Vergabe von Reinigungsleistungen müssen öffentliche Auftraggeber besonders aufmerksam sein. Wird der gesetzliche Mindestlohn der Branche nicht eingehalten, droht auch den Auftraggebern eine Haftung nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz. Vorgaben für eine kalkulatorische Untergrenze beim Stundenverrechnungssatz verstoßen gegen das Vergaberecht. Auskömmlichkeit und Plausibilität des Angebotes sind dezidiert bei der Wertung zu prüfen. Mit dem angebotenen Stundenverrechnungssatz müssen sich Vergabestellen eingehend befassen. Das verdeutlicht die aktuelle Rechtsprechung. Eine Handreichung für die Praxis. Neue Rechtsverordnung zum Branchenmindestlohn Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat Ende Dezember 2011 die Dritte Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Gebäudereinigung veröffentlicht, die zum 01.01.2012 in Kraft getreten ist. Hierin sind die Mindestlöhne für die Jahre 2012 und 2013 festgelegt. Die neuen Entgeltuntergrenzen gelten für alle der rund 900.000 in Deutschland in der Gebäudereinigung beschäftigten Arbeitnehmer, einschließlich der nach Deutschland entsandten Beschäftigten von Arbeitgebern der Branche mit Sitz im Ausland. In der Innen- und Unterhaltsreinigung (Lohngruppe 1) beträgt der Mindestlohn ab 01.01.2012 8,82 €, ab dem 01.01.2013 steigt er auf 9,– €. In den neuen Bundesländern beläuft sich der Mindestlohn auf 7,33 € bzw. 7,56 €. Die Mindestlöhne in der Glas- und Außenreinigung (Lohngruppe 6) bleiben wie bisher, nämlich 11,33 € für die Jahre 2012 und 2013 für die alten Bundesländer incl. Berlin und 8,88 € für die neuen Bundesländer. Einzige Ausnahme: Ab Januar 2013 steigt der Mindestlohn dort auf 9,– €. Die Geltungsdauer der Rechtsverordnung ist bis zum 31.10.2013 befristet. Die Rechtsnormen des Tarifvertrages zur Regelung der Mindestlöhne für gewerbliche Arbeitnehmer in der Gebäudereinigung sind nicht nur für die Auftragnehmer bindend. Auch die Auftraggeber haVergabe Navigator 3 · 2012 ben die gesetzlichen Regelungen zu beachten. Die Prüfung der Einhaltung der Mindestlohnbedingungen erfolgt durch die Hauptzollämter, Abteilung Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS). Wird von der FKS ein Verstoß bei einem Reinigungsunternehmen festgestellt, z.B. durch Unterschreitung des Mindestlohnes, wird beim Auftraggeber geprüft, ob dies schon bei der Auftragsvergabe hätte erkannt werden können oder gar vorsätzlich unterblieben ist. In diesem Zusammenhang spricht der Zoll von der sog. „mittelbaren Täterschaft“. Das Gesetz sieht bei Verstößen eine Geldbuße bis zu 500.000,– € vor. Zollverwaltung: Kritische Grenze bei 70 % Kalkulationsaufschlag Die Bundesfinanzdirektion West als Zollbehörde hat am 14.02.2012 in einem Schreiben sowohl gegenüber der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) wie auch gegenüber dem Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks (BIV) zum Ausdruck gebracht, dass wie bisher für die Kontrolle der Einhaltung der Arbeitsbedingungen nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz ein Kalkulationsaufschlag von rund 70 % von besonderem Interesse ist. Dieser Betrag ergibt sich aus dem Mindestlohn und den Soziallöhnen und darauf zu entrichtende Sozialversicherungsabgaben. Der Zoll ist der Ansicht, dass ein Angebot, das den Tabellenwerten entspreche oder nur knapp darüber liege, in Anbetracht der weiteren anfallenden Kosten kaum auskömmlich sei. Der Aufschlag von 70 % könne dabei wegen unterschiedlicher betrieblicher oder regionaler Gegebenheiten oder unterschiedlichen Anteils von Vollzeitkräften und geringfügig Beschäftigten im Einzelfall niedriger, aber auch höher sein. Lohngruppe 1 West Lohngruppe 6 West Lohngruppe 1 Ost Lohngruppe 6 Ost Produkti- Aufschlag von rd. ver Stun- 70 % auf Stundendenlohn lohn für lohngeab 2012 bundene Kosten 8,82 € 15,00 € 11,33 € 19,30 € 7,33 € 12,50 € 8,88 € 15,10 € Musterkalkulation des Bundesinnungsverbandes Zum Verständnis der Diskussion um die Höhe des Stundenverrechnungssatzes ist auf die Broschüre des BIV „Kalkulation in der Gebäudereinigung – Beispielberechnung von Stundenverrechnungssätzen Unterhalts- bzw. Innenreinigung“ hinzuweisen. In der Broschüre wird die Kalkulation am Beispiel eines Musterbetriebes erläutert. Der BIV merkt ausdrücklich an, dass die beispielhafte Berechnung in keinem Fall die individuelle Kalkulation auf Basis • der jeweils anzuwendenden rechtlichen und tariflichen Vorgaben und • betrieblicher Kennziffern und Daten, wie Krankenstand, Materialverbrauch, etc. ersetzt. • In der Praxis sind daher in Abhängigkeit von den Objekt- und betrieblichen Gegebenheiten z.T. erhebliche Abweichungen möglich. Die Kenntnis der aktuellen Broschüre, Ausgabe 2012, gehört nach Auffassung des Verfassers zum unverzichtbaren Know-how einer jeden Vergabestelle, die Reinigungsleistungen ausschreibt. Regelmäßige Bestandteile der Kalkulation eines Stundenverrechnungssatzes sind: I. Lohn- und lohngebundene Kosten 1. Fertigungslohn/Tariflohn (= produktiver Stundenlohn) 2. Lohngebundene Kosten • Soziallöhne: Gesetzliche Feiertage, Urlaubsentgelt, zusätzliches Urlaubsgeld, bezahlte Arbeitsfreistellung, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, AG-Anteil Sozialversicherung auf Lohn und Soziallohn: Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversiche5 '25.$34:%ª$%2ª"%3#(!&&5.'ª5.$ª6%2'!"% rung, Mutterschaftsaufwendungen, gesetzliche Unfallversicherung, Insolvenzgeld, • Zusätzliche lohngebundene Kosten wie Haftpflichtversicherung, Kosten für Arbeitskleidung, Sanitätsmittel, betriebliche Altersvorsorge, andere freiwillige Leistungen des Arbeitgebers. II. Lohnunabhängige Kosten 3. Sonstige auftragsbezogene Kosten (z.B. Fahrtkosten, Material, Geräte) 4. Unternehmensbezogene Kosten (z.B. Verwaltung, Fuhrpark, Betriebsrat, Steuern) 5. Gewinn und Wagnis Ausgehend vom produktiven Stundenlohn (= 100 %) und den derzeitigen Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung und den anderen Aufwendungen für die zusätzlichen lohngebundenen Kosten wird in der Broschüre beim Musterbetrieb insgesamt ein Kalkulationsaufschlag von rund 67 % dargestellt. Hinzuzurechnen sind allerdings die auftrags- und unternehmensbezogenen Kosten für z.B. Materialverbrauch, Aufsichten und betrieblichen Overhead mit ca. 50 % des produktiven Lohnes sowie Zuschläge für Gewinn und Wagnis. Bei Minijobbern ergibt sich insgesamt ein höherer Kalkulationsaufschlag. Haftungsgrund nach § 23 Abs. 2 Arbeitnehmerentsendegesetz Wie in der Praxis bekannt sein dürfte, handelt ordnungswidrig, wer Werk- oder Dienstleistungen in erheblichem Umfang ausführen lässt, indem er als Unternehmer einen anderen Unternehmer beauftragt, von dem er weiß oder fahrlässig nicht weiß, dass dieser bei der Erfüllung dieses Auftrags nicht den durch Rechtsverordnung festgelegten Mindestlohn zahlt. Wie der Zoll ausdrücklich hervorhebt, ist Unternehmer im vorgenannten Sinne auch die Öffentliche Hand als Auftraggeberin, soweit sie fiskalisch tätig ist. Der Arbeitgeber kann sich, wenn er den Mindestlohn nicht zahlt und Sozialversicherungsbeiträge nur auf der Grundlage des tatsächlich gezahlten Lohnes und nicht des Mindestlohnes entrichtet, zudem wegen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen strafbar machen. „Erheblicher Umfang“ meint dabei Werk- oder Dienstleistungen mit einem Wert von über 10.000,– €, „Wissen“ meint tatsächliche (positive) Kenntnis und „fahrlässiges Nichtwissen“ liegt vor bei außer Acht lassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Der Haftungsgrund kann gegeben sein, wenn der vereinbarte Preis erkennen 6 lässt, dass er nicht zur Zahlung des Tariflohnes und der gesetzlichen Abgaben ausreicht. Ein zu niedriger Stundenverrechnungssatz könnte Indiz für Zahlungen abweichend von Mindestlohn- und Rahmentarifvertrag sein, oder keine ordnungsgemäße Kalkulation der Sozialabgaben, oder Beschäftigung von Kräften ohne gültige Arbeitserlaubnis oder Verstöße gegen sonstige Schutzgesetze. Vorsicht geboten: Besondere Regelungen zur Tariftreue Die Vergabestellen agieren im Umgang mit den Vorgaben aus dem Arbeitnehmerentsendegesetz und der Rechtsverordnung sehr unterschiedlich. Teilweise verpflichten die Vertragsbedingungen den Auftragnehmer unter Hinweis auf die Bestimmungen des Arbeitnehmerentsendegesetzes ausdrücklich auf die Einhaltung des geltenden Mindestlohntarifvertrages etc. Teilweise werden Eigenerklärungen verlangt, wonach der Bieter sich verpflichtet, die Beschäftigten mindestens nach dem jeweils geltenden Mindestlohntarif zu entlohnen. Gerade § 4 Abs. 1 des neuen Tariftreue- und Vergabegesetzes NRW verlangt nach einer solchen Praxis. Hiernach muss sich der Auftragnehmer bei Aufträgen im Anwendungsbereich des Arbeitnehmerentsendegesetzes schriftlich bei Angebotsabgabe verpflichten, den Beschäftigten bei der Ausführung des Auftrags wenigstens die Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Entgelts zu gewähren, die durch allgemein verbindlichen Tarifvertrag oder durch eine Rechtsverordnung nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz vorgegeben worden sind. Diese Verpflichtung gilt darüber hinaus für Nachunternehmer und Verleiher. Mindestverrechnungssatz als Untergrenze ist unzulässig Eine Regelung in den Vergabeunterlagen, die unter Hinweis auf die kritischen 70 % der Zollverwaltung einen Mindeststundenverrechnungssatz als Untergrenze vorgibt, ist nicht vergaberechtskonform. Darauf hat die Vergabekammer (VK) des Bundes in einem Beschluss vom 27.12.2011 (VK 1 – 159/11) hingewiesen. Sie stellt in dem Beschluss ausdrücklich fest, dass eine Vorgabe, wonach bei der Kalkulation ein bestimmter Stundenverrechnungssatz nicht unterschritten werden dürfe, vergaberechtlich unzulässig ist. Im konkreten Fall hatte der öffentliche Auftraggeber zunächst auf die Zweite Rechtsverordnung des Bundesarbeitsministeriums hingewiesen. Wörtlich teilte sie weiter mit: „Aufgrund der Vorgaben des Arbeitnehmerentsendegesetzes, der Vorschriften über die Zahlung des Arbeitgeberanteils an den Sozialversicherungsbeiträgen sowie entsprechender Vorgaben der Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Bundesfinanzverwaltung geht die Vergabestelle davon aus, dass bei einem Angebot für Reinigungstätigkeiten der Lohngruppe 1 mit einem Stundenverrechnungssatz von weniger als 14,55 Euro (Anmerkung: 8,55 € Mindestlohn 2011 plus Zuschlag von rd. 70 % alte Bundesländer incl. Berlin) die gesetzlichen Verpflichtungen zur Zahlung des Mindestlohnes sowie der Sozialversicherungsbeiträge nicht erfüllt werden können. Daher kann der Zuschlag auf ein entsprechendes Angebot mit einem Stundenverrechnungssatz von weniger als 14,55 Euro nicht erteilt werden. Angebote, in denen diese Vorgabe missachtet wird, werden gemäß § 16 Abs. 3 lit. d VOL/A bzw. § 19 Abs. 3 lit. d VOL/A-EG von der Wertung ausgeschlossen (Änderung der Verdingungsunterlagen).“ Wie die Kammer ausführt, ist der in einer solchen Vorgabe vorgegebene Automatismus in dieser Form nicht in der VOL/A geregelt. Durch die Verknüpfung von Stundenverrechnungssatz und zwingendem Ausschluss bei Nichteinhaltung eines bestimmten Betrages hat die Vergabestelle eine zwingende Vorgabe zur Preishöhe gemacht. An die Preishöhe (nicht an Preisangaben) anknüpfende Ausschlusstatbestände kennt das Vergaberecht nur bei einem offenbaren Missverhältnis von Preis und Leistung gem. § 19 Abs. 6 Satz 2 VOL/A-EG oder im Falle der Missachtung gesetzlicher Preisvorgaben wie z.B. Mindestlohnregelungen aufgrund einer Rechtsverordnung, Sozialversicherungsbeiträge etc. Demgegenüber gilt der Grundsatz, dass jeder Bieter in seiner Kalkulation grundsätzlich frei ist und der Preis ein wesentliches Wettbewerbselement bei der Vergabe öffentlicher Aufträge darstellt. Aufschlüsselung des Satzes bzw. Angabe einer Aufgreifschwelle Wenn die Vergabestelle mit Blick auf die ordnungsgemäße Kalkulation eines Angebotes Zweifel hat, sollte sie den Angebotsinhalt aufklären. Die Möglichkeit sieht § 18 VOL/A-EG ausdrücklich vor. Bei der Vergabe von Reinigungsleistungen dürfte dies vor allem dann der Fall sein, wenn der angebotene Stundenverrechnungssatz unterhalb oder nur gering über der „kritischen Grenze“ der Bundesfinanzdirektion West liegt. Ein probates Mittel der Aufklärung ist es, sich die Kalkulation auf dem entspreVergabe Navigator 3 · 2012 '25.$34:%ª$%2ª"%3#(!&&5.'ª5.$ª6%2'!"% chenden Formblatt der Innung des Gebäudereiniger-Handwerks aufschlüsseln zu lassen. Dieser Vordruck ist in der gesamten Branche bekannt und jedem Unternehmer geläufig. Die Vergabestelle sollte im Aufklärungsverlangen deutlich fordern, dass der Vordruck in allen Positionen auszufüllen ist und 0,00-EuroPositionen unbedingt zu erläutern sind. Gleichzeitig sollte die Vergabestelle konkret folgende kalkulationsrelevante Angaben erbitten: • Anzahl verrechenbare Arbeitstage • Anzahl produktive Arbeitstage • Anzahl kalkulierte Urlaubstage • Anzahl Tage tarifliche Arbeitsfreistellung • Anzahl Tage Lohnfortzahlung im Krankheitsfall • Anzahl Tage unbezahlte Ausfallzeit Mit diesen Eckdaten und entsprechenden Belegen lässt sich die Kalkulation des Unternehmers rechnerisch und inhaltlich nachvollziehen, besonders wenn die Angaben von der „Musterkalkulation“ abweichen. Berechnung des Stundenverrechnungssatzes für die Unterhaltsreinigung an Werktagen (Die folgende Aufstellung ist der Information "Lehrmaterial Kalkulation in der Gebäudereinigung", Stand: Dezember 2011, des BIV entnommen.) Voll Sozialverspflicht. Minijobber Personal % 1.00 Fertigungslöhne 2.00 Lohngebundene Kosten 2.10 Sozialversicherungsbeiträge 100,00 € % € 100,00 2.11 Krankenversicherung 2.12 Rentenversicherung 2.13 Arbeitslosenversicherung 2.14 Pflegeversicherung 2.15 U2 Mutterschaftsaufwendungen Summe Arbeitgeberanteil Sozialversicherungsbeiträge 2.16 Gesetzliche Unfallversicherung 2.17 U3 Insolvenzgeldumlage Zwischensumme der Positionen unter 2.10 2.20 Soziallöhne 2.21 Gesetzliche Feiertage Sozialversicherung auf Pos. 2.21 2.22 Urlaubsentgelt Sozialversicherung auf Pos. 2.22 2.23 Arbeitsfreistellung Sozialversicherung auf Pos. 2.23 2.24 Lohnfortzahlung im Krankheitsfall Sozialversicherung auf Pos. 2.24 2.25 Zusätzliches Urlaubsgeld Es stößt nicht auf vergaberechtliche Bedenken, wenn ein öffentlicher Auftraggeber bereits in den Vergabeunterlagen bei dem Stundenverrechnungssatz eine „Aufgreifschwelle“ angibt, bei deren Erreichen oder Unterschreiten die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohnes im Rahmen der Angebotsaufklärung näher untersucht wird, vgl. hierzu auch die Entscheidung der VK Bund, VK 3-56/11 vom 10.06.2011. Prüfungsmaßstab für einen möglichen Angebotsausschluss muss es sein, ob der Bieter plausibel darlegen kann, dass er seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohnes und der entsprechenden Sozialversicherung nachkommt. Jedenfalls erfolgt so keine Preisvorgabe, bei der automatisch ein Angebotsausschluss sanktioniert wird. Angebotsausschluss bei Verstoß gegen Vorgaben Soweit die Bieter bei der Angebotsabgabe Kalkulationsunterlagen vorlegen, in denen auftragsbezogen die geforderten Leistungsparameter zum Ausdruck kommen, erfolgt die formale Prüfung der Plausibilität bereits auf der ersten Wertungsstufe. Nach der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 08.09.2011 (VII – Verg 80/11) ist ein Angebot wegen unvollständiger Preisangaben nach § 19 Abs. 3 lit a) in Verbindung mit § 16 Abs. 3 VOL/A-EG auszuschließen, wenn der vom Bieter zugrunde gelegte Stundenverrechnungssatz erVergabe Navigator 3 · 2012 Sozialversicherung auf Pos. 2.25 Zwischensumme Soziallöhne inkl. SV-Beiträge auf Soziallöhne Summe Sozialversicherungsbeiträge + Soziallöhne 2.30 Zusätzliche lohngebundene Kosten 2.31 Haftpflichtversicherung 2.32 Sonstige Personalkosten Summe lohngebundene Kosten (¦ 2.10 - 2.30) 3.00 Sonstige auftragsbezogene Kosten 3.10 Löhne für Aufsichten / Vorarbeiter inkl. sozialer Folgekosten (soweit nicht gesondert berechnet; dann separat im Gesamtpreisblatt ausweisen, s. S. Fehler! Textmarke nicht definiert.) 3.20 Fahrtkostenzuschuss 3.30 Fertigungsmaterial, Maschinen und Geräte, Afa, etc. 3.40 Sondereinzelkosten Zwischensumme auftragsbezogene Kosten (¦ 3.10 – 3.40) 4.00 Unternehmensbezogene Kosten 4.10 Gehälter 4.11 Gehälter Technische Angestellte, incl. Lohnfolgekosten 4.12 Gehälter Kaufmännische Angestellte, incl. Lohnfolgekosten 4.20 Fuhrparkkosten 4.30 4.31 Fertigungshilfskosten Löhne Hilfsdienste, incl. Lohnfolgekosten 4.32 Sonstige Betriebskosten 4.40 Schwerbehindertenabgabe 4.50 Sonstige Verwaltungskosten 4.60 Betriebsratskosten 4.70 Sonstige Kosten (Verbandsbeiträge, Zertifizierung, etc.) 4.80 Gewerbesteuer Zwischensumme unternehmensbezogene Kosten (¦ 4.10 - 4.80) 5.00 Selbstkosten (¦ 1.00 bis 4.80) 6.00 Wagnis- / Gewinnaufschlag auf die Selbstkosten Stundenverrechnungssatz in % v. FL und in € Summe (¦ 5.00 - 6.00) Kalkulationszuschlag auf die Fertigungslöhne (Stundenverrechnungssatz - Ziffer 1.00) Lohnkostenanteil am Preis in % Lohnkostenanteil = {[Lohn + lohngebundene Kosten (inkl. Ziffer 3.10, 4.11, 4.12, 4.31)] x 100} / Stundenverrechnungssatz 7 '25.$34:%ª$%2ª"%3#(!&&5.'ª5.$ª6%2'!"% kennen lässt, dass von den gesetzlichen und allgemeinverbindlichen Vorgaben abgewichen wird. Unterschreiten nämlich die angesetzten Kosten die nach der Leistungsbeschreibung notwendigen oder angebotenen Leistungen, ist dies entweder zurückzuführen auf eine untertarifliche Entlohnung der Arbeitnehmer oder auf den fehlenden Willen des Bieters, die angebotenen Leistungen vollständig zu erbringen. Beide Gründe führen zum Ausschluss des Angebotes. In dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall ging es um die kalkulierten Kosten für die geforderte Qualitätskontrolle durch eine Objektleitung mit den entsprechenden Nachweispflichten. Die Vergabestelle hatte in den Vertragsbedingungen die Einweisung und laufende Kontrolle der Reinigungsergebnisse vorgegeben, was entsprechend zu dokumentieren war. Die Bieter mussten mit Angebotsabgabe eine Kalkulation vorlegen, deren Stundenverrechnungssatz erkennen ließ, dass die Kosten für das erforderliche Personal auch insoweit vom Umfang her nachvollziehbar im Preis der Reinigungsstunde berücksichtigt wurden. Da der Unternehmer diese Vorgabe nicht erfüllte, hatte die Vergabestelle das Angebot zu Recht ausgeschlossen. shop.bundesanzeiger-verlag.de Fachinformationen bequem online bestellen. Besuchen Sie unseren Online Shop: Informieren Sie sich nun im neuen Layout über das aktuelle Programm, Neuerscheinungen und elektronische Angebote. Mit der überarbeiteten Suchfunktion finden Sie nun noch schneller und gezielter Ihre gewünschte Fachliteratur. Alles komfortabel und übersichtlich! Fazit Bei der Vergabe von Reinigungsleistungen müssen öffentliche Auftraggeber kritisch sein. Die Forderung von Tariftreue und Zahlung des Mindestlohnes z.B. in Form einer Eigenerklärung ist vergaberechtlich zulässig. Ebenso darf diese Obliegenheit als zusätzliche Bedingung für die Ausführung des konkreten Auftrages verlangt und im Vertrag formuliert werden, vgl. § 97 Abs. 4 Satz 3 GWB. Hierzu legitimiert die auf der Grundlage des Arbeitnehmerentsendegesetzes erlassene Rechtsverordnung. Die Auftraggeberhaftung erfordert Aufmerksamkeit und Sensibilität bei der Prüfung des Angebotspreises. Öffentliche Auftraggeber sind gut beraten, wenn sie sich im Zuge der Angebotsprüfung mit dem Stundenverrechnungssatz ausgiebig auseinandersetzen und insofern eine „Aufgreifschwelle“ konkret vorgeben. Entweder sie lassen sich bereits mit dem Angebot die notwendige Kalkulation vorlegen, oder es erfolgt hierzu eine besondere Aufklärung. Das Formblatt des Bundesinnungsverbandes bietet eine gute Grundlage hierfür. Nicht vergaberechtskonform ist allerdings die Vorgabe einer konkreten Untergrenze für den Preis der Reinigungsstunde. Die Auskömmlichkeit ist von vielen betrieblichen Faktoren abhängig und immer nur am jeweiligen Einzelfall zu beurteilen. 8 Recht vielseitig! Vergabe Navigator 3 · 2012