Lust auf Geschichte(n)

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Lust auf Geschichte(n)
Blankeneser Frauen
Lust auf Geschichte(n)
Folgende Bibelworte bestimmten die Rollenverteilung – auch in Blankenese – so lange der Mann an Land war.
Die Frauen seien untertan ihren Männern als dem Herrn. Denn der Mann ist des Weibes Haupt …Eph. 5, 22
Fuhr der Mann jedoch zur See, war die Frau auf sich gestellt, musste selbständig handeln und entscheiden.
Das Leben der Frauen bis 1826
Blankeneser mussten über Jahrhunderte darben.
Ihr einziger Broterwerb war der Fischfang mit kleinen Booten.
Abhängig von Jahreszeiten, Wetter und Absatzmöglichkeiten.
Schrecklich gefährlich! Viele kehrten nicht zurück.
Frauen mussten den Familienvater ersetzen.
Sie hatten Sorge zu tragen für:
Haus und Hof, Erziehung der Kinder, Versorgung der Alten,
Bestellung des Kohlhofs (Nutzgartens), Unterhalt des Kleinviehs,
Beschaffung des Heizmaterials (Treibholz) aus der Elbe,
Spinnen von Garnen für Wollsachen, Netze, Taue und Leinwand,
Weben von Segeln, Stricken und Flicken der Netze…
Zusätzliche emotionale Belastung der Frauen:
Bangen um die Heimkehr des Familienvaters, Bruder, Sohnes,
um einen guten Fang und günstige Absatzmöglichkeiten.
Sorge um die Kinder.
Angst vor kriegerischen Heerscharen, die immer wieder mordend,
plündernd und vergewaltigend durch den Fährort Blankenese zogen.
Dazu die Belastung, Entscheidungen allein treffen zu müssen.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Es blieb den Blankeneser
Fischerfrauen gar nichts anderes übrig, als stark zu sein. Was sollte
aus ihren Kindern und den Alten werden, wenn sie nicht durchhielten,
wenn sie nicht den Ernährer, den Erzieher und Beschützer ersetzten?
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Besonders während der napoleonischen Kriege zwischen 1806 und 1815 ging es vielen Familien so katastrophal,
dass ihre Kinder betteln mussten, wie Zeitgenossen erschüttert berichteten. In dieser Zeit zog eine bemerkenswerte
Frau nach Blankenese:
Wohltäterin und Mäzenin
Frederike Klünder
1776 bis 1848
Ehefrau von Rütger Klünder, der den Hesse-Park anlegen und
das Hesse-Haus bauen ließ.
• „Die schöne Frau vom Berge“ ging in die Hütten, sah das Elend und sann auf Abhilfe.
• Eigenhändig impfte sie zwischen 1805 und 1832 mehr als 2.000 Kinder aus
Blankenese und Umgebung gegen Pocken.
• Sie verstand es, arbeitslosen und hungernden Blankenesern Hilfe zur Selbsthilfe zu
geben, indem sie sie zum Spinnen und Weben von Leinwand anregte und diese
vermarktete.
• Ihr Mann und sie errichteten für die arbeitslosen Fischer eine Oelmühle im Kahlkamp, die Lohn und Brot gab.
• Nach der Feuersbrunst von 1826/27 half sie den Obdachlosen unmittelbar. Dazu sammelte sie in ihrem großen Freundeskreis
Hilfsgelder für die Bedürftigen.
• Sie scherte sich nicht um Standesunterschiede und Geschlecht. Für sie stand immer nur der Mensch als Gottes Geschöpf
im Vordergrund.
Zeit der Frachtfahrer 1826-1870
1826 – 1870
• Nach 1848 war politischen Vereinen die Aufnahme von
Frauenspersonen, Schülern und Lehrlingen verboten. Auch
durften diese Personen nicht an Veranstaltungen und Sitzungen
teilnehmen, bei denen politische Themen behandelt wurden.
• 1865 gründeten einige Damen den „Allgemeinen Deutschen
Frauenverein“. Sie forderten die Erschließung von Bildungsmöglichkeiten für Frauen, Recht und Anspruch auf Arbeit und das
Recht der freien Berufswahl.
• Die Mehrzahl der Hochseefischer wurde Frachtfahrer
• Man fuhr zu immer entfernteren Fahrzielen (Lateinamerika, China), die Fahrzeiten wurden immer länger (bis zu 7 Jahren).
• Während der langen Fahrenszeit der Männer erhielten die Frauen keine Heuer, keinerlei finanzielle Unterstützung.
• Trotzdem mussten sie die Familie ernähren, Alte pflegen, Kinder aufziehen.
• Blieben die Männer auf See – oder waren nach ihrer Rückkehr erwerbsunfähig – mussten die Frauen den Unterhalt ein
Leben lang verdienen.
• 42% der Seeleute ertranken, verunglückten tödlich oder starben unterwegs an Krankheiten. Manche brachten Tropen- oder
Geschlechtskrankheiten mit nach Hause.
• Frauen suchten deshalb händeringend nach Verdienstmöglichkeiten.
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Frauen daheim hatten es unsäglich schwer
Sie wusste nicht mehr weiter
Catharina Kröger
Vermutlich 1845 – 1876
Kapitän und Schiffseigner Hinrich Kröger ging 1876 mit seinem Schiff Annie in der Nordsee unter. Seine
Frau verzweifelte, denn sie stand mit fünf Kindern ohne Ernährer da und der Kreditgeber des Schiffes
drängte auf Rückzahlung seines Geldes. Daraufhin beging sie Selbstmord und machte ihre ein bis zehn
Jahre alten Kinder zu Vollwaisen.
Kapitänswitwe
Gesa von Ehren
1805 – 1866
vermietete ihren Wohnbereich 1863 an Johannes Brahms.
Gesa (Gesche) von Ehren wird während dieser Zeit im Waschhaus oder auf dem Dachboden geschlafen
haben So wie sie vermieteten viele Blankeneser Frauen ihre Wohnungen
notgedrungen an Sommerfrischler.
Ladenbetreiberin
Metta Wichmann
1808 – 1884
Schneider Peter Wichmann war früh verstorben. Seine Frau Metta musste ihre Kinder allein versorgen und gründete 1855 einen kleinen
Lebensmittelladen. Für einige Waren-Einkäufe lief sie zwei Mal wöchentlich nach Altona. Jeweils neun Kilometer hin und zurück mit
eingekaufter Ware auf dem Rücken. Das Geschäft führten Sohn und Enkel bis 1964 weiter.
Korrespondenzreederin
Catharina Margaretha Hülsen
1827 – 1888
1864 verstarb ihr Mann Hans-Peter am Gelben Fieber auf dem Rückweg von Curacao an Bord
seiner Schonerbrigg Theodor. Um ein kleines monatliches Entgelt zu erhalten, arbeitete sich
Frau Hülsen in das Reedereigeschäft ein und konnte die Reederei ihres Mannes als
Korrespondenzreederin weiter führen. Etliche Blankeneser Witwen, deren verstorbene Männer
ein oder mehrere Schiffe hinterlassen hatten, handelten ebenso.
1874 ging die Theodor im Kanal verloren. Catharinas 19 Jahre alter Sohn gehörte gottlob zu
den Geretteten.
Sie warf ihn einfach raus
Catharina Kühn
1836 – 1922
Jürgen Kühn verlor seine Schonergaleasse Caesar 1872 vor Gibraltar. Offenbar war das Boot nicht
ordnungsgemäß versichert, denn er bekam kein Geld erstattet, prozessierte darum jahrelang.
Je länger sich der Prozess hinzog, desto mehr sprach er dem Alkohol zu. Schließlich setzte seine
Frau Catharina den Trunkenbold vor die Tür.
Sie zog ihre zwei kleinen Kinder allein groß, indem sie in Altona Bücklinge einkaufte und vor ihrem
Haus in der unteren Hauptstraße beim „Bückelgang“ zum Verkauf anbot.
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Sieben Jahre fern der Heimat – nie ein Brief?
Beinahe die Hälfte aller Blankeneser, die vor Mitte des 19. Jahrhunderts geboren waren, konnte weder lesen noch
schreiben. Nicht die Frauen daheim – noch die Männer auf See! Kontakte zwischen den Seeleuten und den Lieben
in Blankenese, die zu dieser großen Gruppe zählten, gab es deshalb nicht.
Nach der Hochzeit: Frau an Bord
Damit sich das Paar kennen lernen konnte, nahm so mancher Kapitän seine Braut mit auf die erste/n Fahrt/en nach
der Hochzeit. Nicht selten erlebten und erlitten die jungen Frauen die volle Härte des Seemannberufs.
Mit Säugling auf Felsen gerettet
Katharina Margareta Stehr
1831 – 1865
Die Adonis zerschellte 1865 an Spaniens Küste. Ein Teil der Besatzung ertrank. Kapitän Stehr, seine Ehefrau Katharina mit ihrem drei Tage
zuvor geborenen Baby konnten sich auf einen Felsen retten. Doch die steigende Flut riss die total erschöpfte Frau samt ihrem Kind zurück in
die See, in der sie ertrank.
Verschollen
Marianne Breckwoldt
1857 – 1877
1877 segelte die Oceanus von Taiwan nach Sidney. Seitdem ist das Schiff verschollen. Und mit ihm Marianne Breckwoldt, Ehefrau des
Kapitäns, und ihr sieben Monate altes Kind. Ob das Schiff im Taifun unterging oder von Piraten gekapert wurde, ist unbekannt.
Niedergekommen im Orkan vor Kap Horn
Metta Breckwoldt
1859 – 1910
Metta war seit ihrer Hochzeit mit Kapitän David Breckwoldt im April 1879 an Bord der Nautik, als sie im
Orkan vor Kap Horn mit Sohn Theodor niederkam. Doch durch die ins Schiff stürzenden Wassermassen
wurde auch die Kapitänskabine bis zu 90 Zentimeter hoch überflutet. Deshalb bettete sie den Säugling
in die Schublade einer eingebauten Kommode.
Der kleine Theodor wurde später selbst Kapitän, dann Lotse und zum Berufsende sogar Ältermann der
Lotsenbrüderschaft.
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Blankeneserinnen im Kaiserreich 1871 bis 1918
• 1891 wurde das erste Arbeiterinnenschutzgesetz verabschiedet, Frauenarbeit unter Tage verboten, der 11- Stunden-Tag sowie vier
Wochen bezahlte Ruhezeit nach einer Entbindung eingeführt.
• 1900 trat das BGB mit seinen Regelungen zu Ehe und Familie in patriarchalischer Tradition in Kraft. Der Ehemann übte nach wie vor das
Entscheidungsrecht in allen Ehe- und Familienfragen aus.
• 1912 wurde die Witwen- und Waisenrente eingeführt.
• 1913 studierten an deutschen Hochschulen 3.900 Studentinnen. Das waren 4,3% aller Studierenden.
• 1914 – 1918 mussten die meisten Arbeitsplätze in Landwirtschaft, Industrie, Handel und Verwaltung mit Frauen besetzt werden.
• In Artikel 3 der Weimarer Verfassung von 1918 wurde die Gleichberechtigung von Mann und Frau festgelegt. Doch dem übergeordneten
Grundrecht folgten keine untergeordneten Gesetze, sodass das Gesetz praktisch ohne Folgen blieb.
Schriftstellerin
Charitas Bischoff geb. Dietrich
(Tochter der Naturforscherin Amalie Dietrich)
1848 – 1925
• In Siebenlehn/Sachsen geboren. Mutter Amalie ist Kräutersammlerin und Naturforscherin.
• Da die Eltern ständig auf Sammel- und Verkaufstour sind, wird Charitas immer wieder in fremde Familien
zur Betreuung gegeben.
• Sie erlebt eine einsame, oft grausame Kindheit.
• Mit fünfzehn wird sie von ihrer Mutter nach Hamburg beordert. Die hat von Caesar Godeffroy 1863 den
Auftrag erhalten, Australien naturwissenschaftlich zu erforschen.
• Charitas besucht ein Kindergärtnerinnen-Seminar. Anschließend wird sie zur Lehrerin ausgebildet, um an
der Schlossschule von Wolfenbüttel zu unterrichten. Danach verbringt sie zwei Jahre als Gouvernante in London.
• 1873 kehrt Mutter Amalie – nach 10 Jahren – aus Australien heim. Sie hat die größte je von einer Einzelperson gesammelte Kollektion
zusammengetragen.
• Zur gleichen Zeit heiratet Charitas den Pastor Christian Bischoff, der eine Pfarre in Roagger/Nordschleswig erhält.
• Das Paar bekommt drei Kinder.
• Später wechselt Bischoff in eine Rendsburger Gemeinde, wo er bei einem Kutsch-Unfall 1894 ums Leben kommt.
• Die Witwe zieht nach Hamburg und weiter nach Blankenese.
• Hier entsteht u.a. die Biographie ihrer Mutter. Da sie Amalies Briefe verbrannt hat, verfasst Charitas das Buch anhand von Berichten eines
anderen Australienforschers. Die Fälschung fliegt auf.
• Die trotzdem erfolgreiche Autorin verstirbt 1925 im Alter von 77 Jahren in der Bergstraße 2, die 1928 in Charitas-Bischoff-Treppe
umbenannt wird.
Unternehmerin
Elisabeth Harmstorf
1852 – 1935
• Sie heiratet 1871 den Witwer Friedrich Harmstorf, der zwei Söhne mit in die Ehe bringt.
• Harmstorf ist Taucher und zieht mit Familie und Betrieb 1877 nach Blankenese.
• Elisabeth hat im Laufe der Jahre 13 Geburten, von denen sieben Kinder überleben.
• Da sie Gastwirtstochter ist und ständig Besuch hat, eröffnet sie 1882 das Hotel mit Gaststätte
„Zum Falkenthal“.
• Es gelingt ihr innerhalb kurzer Zeit, die etwa gleich große Besucherfrequenz wie der Süllberg zu erzielen,
indem sie ein wahres Feuerwerk von Angeboten bietet: Sie baut zwei Dampfer-Anlegebrücken für die
auswärtigen Gäste, legt einen Teich an, in dem es Tauchvorführungen und die Nachstellung der
Seeschlacht von Eckernförde gibt. Außerdem entwirft Schnellmaler Moretti Gemälde unter Wasser.
Über dem Teich balanzieren Seiltänzerinnen. Es gibt Tanz, Konzerte, Missionsangebote, erste Kinovorführungen, Feuerwerke und so weiter.
• 1897 erwirbt sie den in Konkurs geratenen Nachbar-Betrieb „Elbhotel Westerbad“. Vorher gehört sie zu den Gründungsmitgliedern einer
„Höheren Töchterschule“ für ihre eigenen Kinder.
• 1903 verwitwet, übernimmt sie obendrein die Geschäftsführung des Taucherbetriebs ihres Mannes, unterstützt von zwei Söhnen.
• 1912 verpachtet sie die Gaststättenbetriebe und setzt sich zur Ruhe.
• 1917 gibt der Restaurant-Pächter kriegsbedingt auf. Elisabeth muss die Betriebe abermals übernehmen, die sie 1920 an den
baltendeutschen Holzkaufmann Ferdinand Nather verkauft.
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Mäzenin und Frauenrechtlerin
Ida Dehmel, geb. Coblenz, gesch. Auerbach
1870 – 1942
• Als viertes Kind einer reichen jüdischen Familie in Bacharach geboren.
• 1892 lernt sie den jungen (christlichen) Stefan George kennen, mit dem sie bald eine tiefe Freundschaft
verbindet.
• 1895 arrangiert ihr Vater - vielleicht Georges wegen - Idas Ehe mit dem jüdischen Tuchhändler und
Konsul Leopold Auerbach. Das Paar zieht nach Berlin und bekommt einen Sohn, den sie Heinz-Lux
nennen.
• In Berlin kommt Ida mit den berühmten Berliner Salons in Kontakt und trifft dort den Schriftsteller
Richard Dehmel.
• Dehmel, der ihr sehr gefällt, ist verheiratet und hat drei Kinder. Er gilt vor dem 1. Weltkrieg als einer
der bedeutendsten deutschsprachigen Lyriker.
• Als Auerbach wegen eines betrügerischen Konkurses ins Gefängnis kommt, ist das für Ida ein willkommener Anlass, sich von ihrem Mann
zu trennen.
• Bald darauf zieht Ida in die Nähe von Familie Dehmel und geht mit Richard ein Liebesverhältnis ein.
• 1900 willigt Paula Dehmel endlich in die Scheidung ein. Ida und Richard heiraten nach längerer Reise im Oktober 1901.
• Als Wohnort haben sie Blankenese an der Elbe gewählt, denn nicht weit davon entfernt lebt Richards bester Freund Detlev von Liliencron.
• In den nächsten Jahren reist das Paar zu zahlreichen Vorträgen durch den gesamten deutschsprachigen Raum.
• Ida trägt die von Dehmel entworfenen „Reformkleider“, gibt weiter große Gesellschaften und unterstützt junge Talente.
• 1913 können Dehmels ein weitgehend von Freunden finanziertes, nach eigenen Wünschen gestaltetes Haus an der heutigen
Richard-Dehmel-Straße beziehen.
• 1914 meldet sich Richard freiwillig zum Kriegsdienst, 1916 wird er wegen einer Venenentzündung ausgemustert und stirbt an deren
Folgen 1920.
• Idas Sohn Heinz Lux fällt 1917 in Frankreich.
• Schon seit langem sympathisiert Ida mit der Frauenbewegung und bemüht sich um Verbesserung der Frauenrechte.
• 1916 gründen Ida und Rosa Schapire den „Frauenbund zur Förderung deutscher bildender Kunst“, der sich zum Ziel gesetzt hat, Kunst
und Künstlerinnen durch Frauen professionell zu unterstützen.
• 1921 gründet Ida obendrein die Dehmel-Gesellschaft und Dehmel-Stiftung. Sie veröffentlicht eine Sammlung von Dehmels Briefen und
archiviert alle Texte ihres Mannes.
• Ida entwickelt den von ihr mit gegründeten Frauenbund weiter. Mit der GEDOK (Gemeinschaft deutscher und östereichischer
Künstlerinnenvereine und Kunstgattungen) entsteht das größte Netzwerk europäischer Künstlerinnen.
• Nach der Machtergreifung 1933 wird die Jüdin Ida Dehmel von den Nazis aus der GEDOK gedrängt, die in Reichs-Gedok umbenannt wird.
• Ida kann sich nicht zur Emigration entschließen, weil sie Dehmels Werk nicht im Stich lassen mag.
• Schließlich verbietet ihr die Reichsschrifttumskammer, die Dehmel-Rechte weiter wahr zu nehmen und drängt sie aus Dehmel-Gesellschaft
und -Stiftung.
• Nun konzentriert sie sich auf Vollendung ihres 1920 angefangenen Romans „Daija“.
• Isolierung, Krankheit und Angst vor Deportation, führen schließlich dazu, dass sich Ida Dehmel am 29. September 1942 in ihrem Haus in
Blankenese das Leben nimmt.
Von der ersten Republik zur Kapitulation
Kapitulation
1945
119-1945
• Die Demobilisierungsverordnung von 1919 wies alle deutschen Unter
nehmen an, zur Integration von Soldaten, Frauen nach einer Dringlichkeitsreihenfolge zu entlassen.
• 1934/35 erließ die NSDAP die Erwerbsbeschränkung für verheiratete
Frauen (Doppelverdiener-Einschränkung) und einen Numerus Clausus für
Studentinnen.
• 1937 wurde das Gesetz zur Beschränkung der Frauenarbeit wieder
gelockert, um mehr Frauen zur Arbeit in Rüstungsbetrieben verpflichten
zu können.
• Ab 1939 wurden – wie schon im 1. Weltkrieg – Frauen eingesetzt, eingezogene Männer in der Wirtschaft zu ersetzen.
Zarte Frau buckelt Kohlensäcke
Maria von Ehren
1876 – 1964
• Maria heiratet mit 22 Jahren den Fischer Jürgen von Ehren.
• Er erkrankt an offener TB.
• Trotzdem bringt Maria noch kurz vor dessen Tod ein neuntes Kind zur Welt.
• Zwei Wochen vor dem Ableben ihres Mannes verunglückt obendrein ihr ältester Sohn
als Schiffsjunge tödlich.
• Da Maria für ihre Kinder und sich sorgen muss, trägt sie Kohlen und Holzfeuerung bis
1920 im Treppenviertel aus, obwohl sie sich auch mit TB infiziert hat und klein und zart ist.
• 1918 stirbt ihre 10-jährige Tochter Mariechen an Diphtherie.
• 1920 erbt Maria den kleinen Lebensmittelladen ihres Schwiegervaters in der Hauptstraße, der ihr
kümmerliche Einkünfte sichert.
• 1942 gibt Maria den Laden auf und lebt zusammen mit Sohn und Schwiegertochter bis 1964.
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Malerin und Künstlerin
Lore Feldberg-Eber
1895 – 1966
• 1914 beginnt Lore ihre künstlerische Ausbildung in der Hamburger Kunstschule Gerda
Koppel, um ihr Studium in München und Berlin abzuschließen.
• 1922 heiratet sie Moritz Eber, arbeitet aber als freischaffende Künstlerin weiter.
• 1927 erwirbt Moritz ein großes Grundstück in der Schenefelder Landstraße, direkt neben
der vier Jahre später erbauten Kirche Maria Grün. Auf dem hinteren Grundstücksteil
errichtet der Bauhausarchitekt Karl Schneider ein Atelierhaus für Lore.
• Das Haus Eber wird bald Treffpunkt für Künstlerkollegen. Richard Goldschmidt beeindruckt
mit Klavierkonzerten. Die Maler der Hamburger Sezession kommen, diskutieren und malen
gemeinsam Akt.
• Es gibt inzwischen drei Töchter, die von einer Kinderfrau betreut werden. Ein Gärtner pflegt
die Anlage, eine Köchin und viel Personal umsorgen die Familie.
• „Sie ist den wenigen Malern zuzurechnen, die es mit der Kunst männlich ernst nehmen. ( ... )
Diese Frauenkunst ist das Gegenteil vom Amateurhaftem!“ schreibt Karl Scheffler 1925.
• Nach 1933 darf Lore wegen ihrer jüdischen Abstammung nicht mehr ausstellen. Bilder stapeln sich im Atelier.
• Studien- bzw. Urlaubsreisen kann sie als Jüdin nur noch ins Ausland unternehmen, weil deutsche Ferien-Orte „judenfrei“
sein wollen.
• Das Familien-Vermögen ist um 1938 weitgehend eingezogen, die Immobilien zu Schleuderpreisen verkauft.
• Als ihr Mann von SA bedrängt werden soll, erhält er einen Tipp und kann in letzter Sekunde entkommen. „Moritz, ich will mit dir
leben, nicht mit dir sterben!” lautet Lores Flehen. Doch Moritz will immer noch nicht emigrieren.
• Zum Jahreswechsel 38/39 schaffen Lore und zwei Töchter die Flucht. Moritz gelangt drei Wochen später nach England, ebenso
die dritte Tochter, die aus der Schweiz ins Königreich flieht.
• Moritz wird nach Kriegsbeginn als Deutscher (Jude) auf der Isle of Man interniert. Mit Portraitmalerei fristen Lore und ihre Töchter
ein armseliges Dasein in Cambridge.
• Hunderte zurückgelassene Gemälde und Zeichnungen lassen die Nazis mit Pritschen-LKW abholen. „Das ist ja doch alles nur
Feuerholz“ pöbelt einer der Schergen.
• In Lore „war etwas zerstört durch das Verbrechen an ihren Bildern“.
• Familie Feldberg-Eber bleibt in Großbritannien.
• Ende des 20. Jahrhunderts tauchen ein paar der abtransportierten Werke auf Flohmärkten wieder auf.
• Der Kritiker Rudolf Klutmann meint: „Es besteht kein Zweifel, dass Frau Eber, schon lange vor Hitler, zu den stärksten und
echtesten Hamburger schaffenden Künstlern gehörte und dass die Hitlerzeit ihre künstlerische Arbeit auf eine schwerwiegende
Weise unterbrochen hat.“
Mutter des Modezaren
Elisabeth Lagerfeldt geb. Bahlmann
1897 – 1978
• Sie wird in Sigmaringen als Tochter von Heinrich Bahlmann geboren, der später Landrat
im Münsterland wird.
• Nach der Schule lockt Elisabeth das pralle Leben von Berlin.
• Sie wird Verkäuferin für Lingeriewaren (Unterwäsche) in einem Damenmodengeschäft.
• 1929 lernt sie den 16 Jahre älteren Otto Lagerfeldt kennen, Gründer und Lenker der
Glücksklee-Milchwerke, und heiratet ihn. Lagerfeldt ist Witwer und bringt eine Tochter in
die Verbindung.
• Ihre Jahre in Berlin überdeckt Elisabeth mit Schweigen.
• Lagerfeldts erwerben 1930 eine Villa im Blankeneser Baurs Park und bekommen zwei
Kinder: Christel 1931 und Karl-Otto 1933.
• Für die Kinder gibt es Schwester Meta, denn Elisabeth hat weder Lust auf Kinderspiele
noch Kindergeschwätz. Auch körperliche Nähe zu den Kindern ist ihr zuwider.
• Ihren Sohn ermahnt sie immer wieder: „Sprich schneller, damit du mit dem Stuss, den du redest, bald zu Ende kommst!“
• „Meine Mutter war frech wie Straßendreck, der Vater selten zu Hause, und wenn, dann mit Distanz zu uns Kindern!“ beschreibt
Karl-Otto seine Eltern.
• 1935 ziehen Lagerfeldts nach Gut Bissenmoor bei Bad Bramstedt.
• Für die Schule brauchen Elisabeths Kinder nicht zu lernen, denn sie ist der Auffassung: „Ihr müsst die Zusammenhänge kennen.
Der Rest steht im Lexikon!“
• Als sie ein Lehrer nach dem Krieg auf die unmöglich lange Mähne ihres Sohnes anspricht, zieht ihm Elisabeth die Krawatte aus
dem Sakko, schleudert sie ihm ins Gesicht und stellt lakonisch fest: „Sie sind wohl immer noch Nazi?“
• 1953 nimmt Elisabeth den schulisch gescheiterten Karl-Otto unter ihre Fittiche und geht mit ihm - nach verschiedenen fehlge
schlagenen Versuchen - nach Paris, wo der begabte Modezeichner eine fundierte Ausbildung erhält.
• Später besucht Elisabeth ihren Sohn, der inzwischen Chef von Chloé ist. „Schade, dass du dich nicht über den Hof gehen siehst,
sonst könntest du erkennen, was für einen dicken Hintern du gekriegt hast!“ stellt sie sarkastisch fest.
• Auch wirft sie sein 1953 begonnenes Tagebuch fort, das sie in seinem Schreibtisch fand. „Es braucht nicht jeder zu wissen,
wie doof du bist!“
• Nach Otto Lagerfeldts Tod kauft Sohn Karl für sich und seine Mutter ein Schloss in der Bretagne und erinnert: „Als Ehefrau war
meine Mutter unmöglich. Mein Vater hatte genug Probleme mit ihr. Toll fand ich, dass die gute Frau in ihrem Leben nie etwas
getan hat. Dafür konnte sie alle Leute, auch ihr Personal, in Sklaven verwandeln!“
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Deutschlands erste Blumenbindemeisterin
Paula Rahloff
1897 – 1980
• Als Paula 15 Jahre alt ist, stirbt ihr Vater.
• Paulas Mutter Susanne, verwöhnte Tochter des vormaligen Opernsängers I.W.O. Meyer,
übernimmt das Blumengeschäft des Vaters zwar, kommt damit aber nicht zurecht.
• Jetzt steigt Paula in den Betrieb ein - nach nur einem Jahr Ausbildung.
• Die Geschäftsfelder sind vielfältig: Blumenarrangements, Schmuck für Beerdigungen,
Kränze und vieles mehr.
• Drei Jahre später beginnt der Weltkrieg und Paula wird vor neue Aufgaben gestellt,
denn es gibt kaum Personal und so gut wie keine Blumen. Trotzdem gelingt es ihr, mit
viel Improvisation und Tauschgeschäften über die Kriegsjahre zu kommen.
• Die nächste Krise heißt Inflationszeit, die sie deshalb meistert, weil sie mit dem
Prokuristen Rahloff verlobt ist, der sein Geld in wertstabilen Gulden bei einer
niederländischen Bank verdient und ihr unter die Arme greift.
• 1930 beschäftigt Paula schon sechs Mitarbeiter. Für ihren Ehemann Hermann Rahloff ist das der Moment, in ihr Geschäft
einzusteigen.
• Mit 40 Jahren macht Paula als erste Frau in Deutschland ihren Blumenbindemeister, obwohl sie den Blumenladen weiter
betreibt, sieben Kinder zu versorgen hat und im Prüfungsjahr ihre jüngste Tochter verliert.
• Der 2. Weltkrieg bringt die gleichen Schwierigkeiten wie der vorangegangene. Kaum Personal, kaum Ware.
• 1943 werden Wohnhaus und Laden durch eine Luftmine schwer in Mitleidenschaft gezogen. Paula muss versuchen, beides
wieder aufzubauen, während ihr Mann und zwei Söhne im Feld sind.
• Seit 1944 wird ihr ältester Sohn in Rumänien vermisst.
• Kurz vor Kriegsende wird die Commerzbank in ihr Ladenlokal mit einquartiert, ihr Mann kommt mit Typhus aus der
Gefangenschaft. Als Sohn Oskar 1948 ebenfalls aus der Gefangenschaft kommt, soll gerade der Restteil des Ladens an
Juden vergeben werden, die den Holocaust überlebt haben.
• Es gelingt ihnen, ihren Ladenteil zu behalten, die Commerzbank zieht nach Jahren wieder in angestammte Räume und
das Blumengeschäft beginnt abermals zu florieren. Sohn Oskar wächst als nächste Generation ins Geschäft und übernimmt
es 1958.
Gründerin von Behrmanns Hotel
Olga Behrmann
1904 – 1996
• Sie verlebt ihre Jugend zusammen mit vier Geschwistern auf dem elterlichen Bauernhof
an der Elbchaussee.
• Olga wird von den Eltern mit der Hofarbeit vertraut gemacht und auf die Rolle als Hausfrau
und Mutter vorbereitet.
• 1923 – als 18-Jährige - wandert sie mit ihrem älteren Bruder Albert nach den USA aus,
trennt sich aber schon in New York von ihm. Während er zu einer Farm in den Mittleren
Westen fährt, verdingt Olga sich – ohne Sprachkenntnisse – in einem deutsch-jüdischen
Haushalt an der Ostküste.
• Hier kommt sie in Kontakt mit der feinen Küche und büffelt Englisch.
• Nachdem sie sprachlich fit ist, wechselt sie in eine große Wäscherei und lernt dabei ein
wichtiges Segment des Hotelgewerbes kennen.
• Nebenbei betreibt sie einen Frisiersalon.
• Obwohl sparsam, macht sie weite Reisen durch die USA, auch mal zum Bruder nach Wichita. Zwei Mal fährt sie in die
alte Heimat.
• Bei Kriegsausbruch 1939 ist sie gerade in Deutschland. Der Weg zurück in die USA ist abgeschnitten.
• Doch Olga hält es nicht im provinziellen Dockenhuden. Sie geht nach Berlin und eröffnet dort die Pension „New York“.
• In der Pension wird Olga von ihrer Schwester Herta unterstützt, die ihre kleine Tochter Olga (benannt nach ihrer Tante)
dabei hat.
• Doch 1943 wird die Pension durch einen Luftangriff schwer beschädigt und kann nur notdürftig wieder hergerichtet werden.
• Kurz vor Kriegsende flüchtet Herta mit Tochter nach Holstein, während Olga ihre noch existierenden Besitztümer gegen
marodierende Sowjetsoldaten zu verteidigen sucht.
• In der Nachkriegszeit gelingt es ihr, aus Berlin zu retten, was zu retten ist.
• Kurz vor der Währungsreform eröffnet sie im elterlichen Bauernhaus an der Elbchaussee ein Hotel garni.
• Hier hilft Herta abermals, das Haus zu bestellen.
• Das Geschäft brummt und Olga erreicht - trotz mehrfacher Ausbauten - eine Auslastung von 80%. Eine Traummarke.
• 1964 überträgt Olga das Hotel ihrer Nichte Olga, macht endlich eine Weltreise und setzt sich in Spanien zur Ruhe.
• Als sich 20 Jahre später körperliche Gebrechen einstellen und sie häufiger einen Arzt aufsuchen muss, wechselt sie nach
Hamburg und verbringt ihre letzten Jahre in der Seniorenresidenz Falkenbergsweg in Neugraben.
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Schauspielerin
Elisabeth Flickenschildt
1905 – 1977
• Sie wird in Blankenese als Tochter eines Lotsen geboren,
besucht eine Hamburger Oberrealschule und liebt es, Gedichte aufzusagen.
• Mit 17 fasst sie den Entschluss, Schauspielerin zu werden. Die Eltern sind entsetzt.
• Auf ihr Drängen absolviert sie zunächst eine Lehre in einem Hamburger Modegeschäft.
• Mit 23 Jahren beginnt sie mit dem Schauspielunterricht und erhält mit 26 kleine Rollen
am Hamburger Thalia-Theater.
• 1932 wird die Flickenschildt NSDAP-Mitglied.
• Nach schwierigen Hamburger Jahren führt ein Engagement an den Münchener
Kammerspielen unter Otto Falckenberg zu ersten Erfolgen.
• Jetzt geht es in großen Sprüngen die Karriereleiter aufwärts:
• 1936 holt Heinz Hilpert die Flickenschildt ans Deutsche Theater nach Berlin.
• 1939 ruft Jürgen Fehling sie ans Berliner Staatstheater. Höher geht es nicht. Hier spielt die Elite deutscher Schauspieler,
darunter Gustav Gründgens.
• 1936 heiratet Elisabeth den Theaterwissenschaftler, Dramaturgen und persönlichen Gründgens-Assistenten
Rolf Badenhausen. Die Ehe hält bis 1944, die Freundschaft lebenslang.
• Schon früh wird Elisabeth für den Film entdeckt. Der erste bedeutende Filmerfolg ist „Romanze in Moll“ mit Emil Jannings.
Zahlreiche weitere Filme folgen.
• Von 1941 bis 1945 spielt sie zusammen mit Gründgens und wird in der Endphase des 2. Weltkriegs in die Liste der unersetzlichen Schauspieler aufgenommen (zynisch „Gottbegnadetenliste“) und kommt deswegen nicht in die Kriegswirtschaft.
• Gründgens holt sie 1947 in sein Düsseldorfer Ensemble. 1955 geht sie mit ihm nach Hamburg ans Schauspielhaus.
• Es folgen acht legendäre Theaterjahre mit Gründgens und seinem Hamburger Schauspielhaus-Ensemble.
• 1963 stirbt Gründgens in Manila. Seitdem empfindet sich Elisabeth als künstlerisch heimatlos.
• 1964 wird ihr der Professoren-Titel vom Land Nordrhein-Westfalen verliehen.
• Sie erhält das „Filmband in Gold“ und wird mit dem „Bambi“ ausgezeichnet.
• 1975 verleiht ihr die Bundesregierung das Große Bundesverdienstkreuz.
• In späten Jahren kehrt Elisabeth zurück an die Elbe und erwirbt im Guderhandviertel einen Hof. Hier stirbt sie 1977 an
den Spätfolgen eines Autounfalls.
Das Leben der Frauen von 1945 bis heute
Lehrerin und Kapitänin
Anneliese Teetz
1910 – 1992
• Sie ist schon „als Kind verrückt nach Wasser“ und mustert – als Junge verkleidet - mit
14 Jahren auf einem Fischdampfer an. Aber nur für die Ferien.
• Sie macht das Abitur und soll Lehrerin werden.
• In ihrer Feizeit ist Anneliese wasserbegeistert, paddelt z.B. mit dem Faltboot nach
Helgoland.
• Nach dem Examen für das höhere Lehramt heuert sie als Fischdampfermatrose an.
Danach geht sie in die Fischverarbeitung in den Altonaer Fischhallen. Dort ertrotzt sie
sich eine höhere Lohngruppe, will sich mit niedrigen Frauenlöhnen nicht zufrieden geben.
Schließlich arbeitet sie wie ein Mann.
• Zwischen 1939 und 1943 fährt sie als Matrose auf einem Kümo in Nord- und Ostsee und
erwirbt ihr Steuermannspatent.
• Nach dem Krieg gibt es für Seeleute keine Arbeit. Anneliese wird Lehrerin für Geschichte, Erdkunde und Schwimmen an
der Kahlkampschule.
• Schwimm-Unterricht erteilt sie im Luftschutzbecken Hessepark. Beim Sportunterricht lässt sie die Kinder – in Ermangelung
einer Sporthalle – zur Elbe und an ihr entlang laufen. Sie selbst rennt barfuss vorweg und turnt mit den Kindern am Strand.
• Zwischen Jungen und Mädchen macht sie keinen Unterschied: Boxen oder Strümpfe stopfen für beide Geschlechter, Taue
spleißen und richtiges Hinfallen.
• Vor dem Unterricht schwimmt die Teetz immer splitterfasernackt über die Elbe. Auch wenn sie im Winter scharfkantige
Eisschollen stören.
• Sie beteiligt sich an handfesten Auseinandersetzungen um das Osterfeuer-Baumaterial.
• Mitte der 50er Jahre besucht Anneliese die Seefahrtsschule, um als erste Frau Deutschlands ihr A6 Patent, Kapitän auf
großer Fahrt, abzulegen.
• Danach fährt sie lange als erster Offizier bei der Friesecke-Reederei.
• 1952 erwirbt sie mit ihrem Mann ein Eigenheim am Wittenbergener Ufer, das südlich der Promenade hochwassergefährdet
liegt. Für Notfälle hat sie am Schornstein ein Beiboot vertäut.
• Sie hat selbst mit Kaffeekochen Schwierigkeiten. Auch fehlt ihr jedes Interesse für Äußerlichkeiten. Dafür paddelt und segelt
sie auch als Rentnerin für ihr Leben gern.
• 1991 stirbt Anneliese Teetz den Seemannstod, als ihr Kajak bei einem Unwetter kentert.
Förderkreis Historisches Blankenese
Blankeneser Frauen
Lust auf Geschichte(n)
Bildhauerin, Malerin, Erfolgs-Autorin, Sport-Ass
Vera Mohr-Möller
1911 – 1998
• Sie stammt aus großbürgerlichem Kieler Elternhaus.
• Weil sie während der Schulzeit mit ihrem Gerechtigkeitssinn aneckt, wird sie auf ein
Internat am Starnberger See geschickt. Dort genießt sie die Sportmöglichkeiten und
erste künstlerische Förderung.
• Von 1929 bis 1932 besucht sie die Hamburger Hochschule für bildende Künste und
heiratet nach Abschluss den Hausmakler Wilhelm H.C. Möller.
• Das Paar zieht zur Geburt des ersten Kindes in NRV-Clubräume am Alsterufer.
Vera arbeitet künstlerisch weiter.
• Auf dem NRV-Bootssteg kommt sie mit Klein-Erna-Witzen in Berührung, die sie sammelt.
• 1939 formuliert und illustriert sie ihre Klein-Erna-Geschichten und gibt sie in Buchform
heraus. Die Auflage von 1.000 Stück ist rasch vergriffen, ein Verleger greift zu.
Eine Gesamt-Auflage von 2 Millionen Stück wird verkauft.
• Die junge Mutter von inzwischen zwei Kindern wird vom zehn Jahre jüngeren Wolfgang Borchert verehrt, der ihr schwülstige
Liebesbriefe schreibt. Sein Werben bleibt unerhört. Nach dem Krieg gelingt dem schwerkranken Borchert der künstlerische
Durchbruch mit „Trümmerliteratur“, wie dem Theaterstück „Draußen vor den Tür“.
• 1945 ziehen Möllers ins Hirschparkhaus (Witthüs Teestuben).
• Um zu überleben schnitzt Vera Puppenköpfe. Die fertigen Puppen bietet sie in ihrem Atelier zum Verkauf an.
Die meisten Puppen werden an englische Besatzungssoldaten verkauft. Eine Puppe für eine Stange Lucky Strike.
• Nach diesem Erfolg entwickelt sie Kuscheltiere auf rollbarem Untersatz, den Kleinkinder hinter sich herziehen können.
Sie fährt selbst zu Steiff nach Baden-Württemberg und handelt für ihre Idee einen stolzen Preis aus.
• Vera erhält viele künstlerische Auftragsarbeiten und geht dabei immer wieder neue Wege.
• Die Familie zieht vom Hirschparkhaus in das 1950 von den Engländern wieder freigegebene Landhaus Pepers Dieck 12.
• 1950 tritt Familie Möller dem Golfclub Falkenstein bei, der ebenfalls von der britischen Besatzungsarmee in deutsche
Hände zurückgegeben ist.
• Sie erreicht Handycap 3 und erringt viele nationale und internationale Golf-Titel und Preise, genau wie ihre beiden Kinder.
• Die Familie stellt bis Anfang der 1960er Jahre die deutschen Meister dieser Sportart.
• Vera Mohr-Möller hat ihr ganzes Leben mit „Freude am Tun“ erfüllt“.
Komponistin
Felicitas Kukuck
1914 – 2001
• Ihr Vater ist der Arzt und Physiologe Prof. Dr. Otto Cohnheim, der seinen jüdischen
Nachnamen 1916 in Kestner ändert.
• Seine Tochter wächst deshalb als Felicitas Kestner auf.
• Die Eltern fördern die musikalische Begabung ihres Kindes, lassen sie die reformpädagogische Lichtwarkschule besuchen. Nach einem Zwischenspiel auf Juist legt
Felicitas das Abitur auf der Odenwaldschule ab.
• Trotz Diskriminierung kann sie in Berlin Klavier und Flöte und bei Paul Hindemith
Komposition studieren.
• 1939 heiratet sie ihren langjährigen Freund Dietrich Kukuck.
• Die Eheschließung eines Ariers mit einer 3/8 Jüdin ist nicht erlaubt. Erschwerend
kommt hinzu, dass Kukuck als Offizier der Kriegsmarine einen absolut sauberen
Ahnenpass besitzen muss.
• Durch einen neuen Geburtsschein und einen menschlichen Standesbeamten gelingt
das Unmögliche.
• Ein Jahr später wird Sohn Jan geboren.
• Trotz Verbot als Jüdin gibt Felicitas 1941 Kompositionsabende.
• 1942 erscheinen drei Instrumentalwerke von ihr im Schott-Verlag. Auch tritt sie trotz aller Verbote weiter öffentlich auf.
• Sie bringt sich zusätzlich in Lebensgefahr, indem sie einer Jüdin Unterschlupf gewährt.
• Am 3. Mai ´45 wird ihre Berliner Wohnung zerstört, Sohn Jan und ihre Partituren kann sie retten.
• Im November 1945 kommt sie – vom Hunger ausgezehrt - zurück nach Hamburg.
• Bald darauf kehrt auch ihr Mann Dietrich aus dem Krieg nach Hause.
• 1946 werden ihre Zwillinge Margret und Irene geboren, 1948 Sohn Thomas.
• Von 1948 bis zu ihrem Tod 2001 lebt und komponiert Felicitas Kukuck in Blankenese, Am Hang 9.
• 1947 lernt sie Gottfried Wolters, Leiter des Norddeutschen Singkreises und Lektor des Mösler-Verlages kennen, der einen
starken Einfluss auf Felicitas ausübt und sie zur Vokalmusik führt.
• Sie komponiert daraufhin zahlreiche Liedsätze für „Das singende Jahr“, die Wolters mit seinem Chor aufführt.
• Die Komponistin hat in über sechs Jahrzehnten neben Instrumentalstücken ein reiches Werk weltlicher und geistlicher
Vokalmusik mit sehr eigenem Stil geschaffen.
• Felicitas ist kompromisslos in ihrem musikalischen Werk, dafür aber liberal auf zwischenmenschlichem Gebiet und sieht
ihrem Mann manche Eskapade mit dem weiblichen Geschlecht nach.
• Sie unterstützt ihre Tochter, die mit 15 Jahren ein Kind bekommt, zieht den kleinen Christoph mit auf. Sie kann auch damit
umgehen, dass sich ihr Mann von ihr trennt.
• Ihr Gesamtwerk umfasst mehr als 1.000 Kompositionen.
• Das Spätwerk wird bestimmt von existentiellen Fragen unserer Zeit, wie Krieg und Frieden, Auschwitz, Hiroshima
und Tschernobyl.
• Bis ins hohe Alter komponiert sie täglich – und das meist draußen.
• „Ich bin in Sehnsucht eingehüllt“ lautet das Motto von sieben Klavierliedern auf Gedichte des jüdischen Mädchens
Selma Meerbaum-Eisinger an ihren Freund, die 18-jährig in einem Konzentrationslager starb.
• „Ich bin in Sehnsucht eingehüllt“ könnte man auch als Lebensmotto von Felicitas Kukuck bezeichnen.
Förderkreis Historisches Blankenese
Blankeneser Frauen
Lust auf Geschichte(n)
Pianistin, Komponistin, Sängerin
Lya Bendorff
1914 – 2008
• Das ungarndeutsche Ehepaar Seifert kommt aus Budapest und hat drei ansehnliche
musikalische Töchter namens Clari, Gisi und Lya.
• Vater Desider Seifert ist Berufsmusiker, spielt Gitarre, singt und komponiert.
• 1928 zieht er mit seinen beiden älteren Töchtern unter dem Namen „Sisters Rialto“ als
Unterhaltungsmusiker durch Deutschland.
• Zwei Jahre später stößt Lya zum Familienterzett, das sich jetzt unter dem Namen
„Geschwister Seifert“ präsentiert.
• Die drei Schwestern treten in Berlin und Breslau an drei Flügeln auf, genau wie in Prag,
Dresden, Leipzig, Hamburg und an vielen anderen Plätzen des Reichs. Sie werden die
Goldmädels ihres Vaters, so viel Geld verdient er mit ihnen.
• Seifert erwirbt das Restaurant „Jägereck“ in Blankenese, das zum Familiensitz wird.
• Doch das Quartett löst sich schon 1934 auf, da eine Tochter nach der anderen heiratet.
• Lya ehelicht den Hamburger Unternehmer Egon Brandt von Fackh. Aber die Ehe bricht schon nach kurzer Zeit auseinander.
• Sie beginnt ein Gesangstudium zur Koloratursopranistin und singt bald Titelrollen in Hagen, Weimar, Kassel, Lübeck usw.
• Bei einem Gastspiel in Weimar begegnet sie dem noch verheirateten Operettenbuffo Siegfried Bendorff-Leis, den sie nach
dessen Scheidung heiratet.
• Nach der Besetzung Frankreichs kommen beide zur Truppenbetreuung , wo Tochter Monika in Lille geboren wird.
• Lya und Monika gelangen nach dem deutschen Rückzug aus Frankreich nach Blankenese. Lya, die abermals schwanger ist,
erleidet eine Fehlgeburt. Siegfried gerät in Gefangenschaft, wird aber schon 1945 nach Blankenese entlassen.
• 1946 wird den beiden Sohn Joachim geboren.
• Da das „Jägereck“ für die britische Armee reserviert ist, treten Lya und Siegfried mit Chansons und Kabarett in
Musikkneipen auf.
• Es folgen Auftritte in den vier Besatzungszonen, bei Peter Ahrweiler im Rendevouz und im damaligen NWDR.
• 1956 erweitert Desider Seifert die Gaststätte „Jägereck“ durch einen Anbau für Lya und Siegfried. Dort singt sie, er “schnarrt”
auf der Gitarre, aus Tochter Monika wird „Topsy“ und aus Sohn Joachim „Benny“. Das Familienquartett tritt als
„Die vier Bendorffs“ auf.
• Im Anbau, der jetzt „...bei Bendorffs“ heißt, gibt Lya bunte Abende als Alleinunterhalterin, während Siegfried Würstchen für
die Gäste grillt. Doch er hat in den letzten Jahren dem Alkohol so exzessiv zugesprochen, dass er 1966 verstirbt.
• 1979 verpachtet Lya ihre Gaststätte und verlegt ihre musikalischen Auftritte in andere Etablissements.
• In reiferen Jahren gründet sie mit zwei anderen Damen das Kabarett-Ensemble „Die drei Frivoldies“. Mit entsprechend
frechen Texten tritt Lya noch bis kurz vor ihrem Tod mit 94 Jahren auf.
Gründerin der Blankeneser Trachtengruppe
Lore Hülsen
Geb. 1925
• Sie wächst in Dockenhuden auf und macht 1944 das Abitur.
• Ihr Berufsziel ist Kostümbildnerin. Nach einer Schneiderlehre besucht sie die
Kunstschule Armgartstraße.
• Als sie ihren zukünftigen Mann Hans-Peter Hülsen trifft, verzichtet sie auf den Abschluss
und entscheidet sich für die Ehe.
• Nachdem ihre drei Kinder aus dem Haus gegangen sind, übernimmt sie die Leitung der
Tanzsportabteilung im BMTV.
• 1983 plant sie eine Feier im Blankeneser Gemeindesaal, zu der der „Hamburger Ring
für Heimattanz“ eingeladen ist.
• Die Feier wird ein Erfolg, doch Lore wurmt, dass ausgerechnet der Hamburger Ring für
Heimattanz in Blankeneser Tracht auftritt.
• Sie gewinnt 14 Damen für die Idee einer Blankeneser Trachtengruppe und beginnt, mit ihnen Trachten anzufertigen.
• Doch schon die Suche nach Stoffen gestaltet sich schwierig, führt Lore nach Bayern und Venedig.
• Auch einen Goldschmied aufzutreiben, der Hartjes (silberne Verlobungsbrosche) und Silberknöpfe anfertigt, ist langwierig
und schwierig.
• Inzwischen melden sich immer mehr Interessenten – auch Herren – der Trachtengruppe beizutreten.
• Um ihre Trachten vorführen zu können, werden Volks-Tänze eingeübt.
• 1987 tritt die Blankeneser Gruppe beim Turnfest in Berlin auf und begeistert rund 100.000 Zuschauer im Olympia-Stadion.
• Bald darauf nimmt man an der Steuben-Parade in New York teil und wird sogar von New Yorks Bürgermeister empfangen.
• Einladungen häufen sich. Nicht nur im Blankeneser Umfeld.
• Aus Anlass der Städtepartnerschaft wird die Trachtengruppe drei Mal nach St. Petersburg eingeladen, dazu reist sie zu
besonderen Anlässen nach Norwegen, Riga, Tallin und sogar nach Namibia.
• Ein weiteres Betätigungsfeld von Lore Hülsen ist der kirchliche Besuchsdienst, für den sie 26 Jahre arbeitet.
• 1998/99 geht sie unter die Filmemacher und dreht die Streifen „Blankenese – gestern und heute“ gefolgt von „Blankenese heute und gestern“, die ein interessiertes Publikum erfreuen.
• Zum Blankeneser Jubiläumsjahr 2001 veranstaltet sie einen Neujahrsempfang für 300 ausgewählte Gäste. Zwei Jahre später
ruft sie einen plattdeutschen Wettbewerb ins Leben, für den sie auch die Preise stiftet.
• Lore Hülsen hat sich in besonderer Weise um Blankenese und die Pflege seiner Tradition und Bräuche verdient gemacht.
Förderkreis Historisches Blankenese
Blankeneser Frauen
Lust auf Geschichte(n)
Bürgervertreterin und Unternehmerin
Monika Lühmann
Geb. 1940
• Sie heiratet 1965 Uwe Lühmann und zieht ins schwiegerelterliche Haus nach
Blankenese.
• Ihr Schwiegervater betreibt einen Großhandel für Rohwolle, Textilien und
ungegerbte Felle. Doch Märkte ändern sich und Lühmanns treffen den Entschluss, ihre Waren im Direktverkauf anzubieten.
• Ihr Ladengeschäft liegt im „Schmiedeviertel“ der Bahnhofstraße. Dort ist ein
Abriss und ein sechsgeschossiger Neubau geplant.
• Die Klein-Gewerbehäuser aus dem 19. Jahrhundert hat ein Wedeler Bauunternehmer 1979 erworben. Das Bauvorhaben wird
von den Behörden wohlwollend gefördert.
• Monika wird Sprecherin der Bürgerbewegung zum Erhalt des Schmiedeviertels.
• 1980 erreicht sie, dass der Milieuschutz des Treppenviertels bis zum Schmiedeviertel ausgedehnt wird.
• Dennoch stimmt die Bezirksversammlung 1982 dem zerstörerischen Großprojekt zu.
• Daraufhin verstärkt sich der Druck des Bürgerprotests, an dessen Spitze Monika Lühmann steht. Sie entlarvt
Behördenschmu, besorgt sich Fachkenntnis, kompetente Mitstreiter und jede Menge Unterstützer.
• Nach 10-jährigem Einsatz gelingt es ihr 1989, dass die historischen Häuser erhalten bleiben und der Neubau bescheidener
und der Umgebung angepasst ausfällt.
• 1988 hat sie ihrer Handelsfirma eine Teestube angegliedert und ist in die Blankeneser Landstraße verzogen.
• „LühmannsTeestube“ mausert sich zum internationalen Geheimtipp. Die Handelssparte wird allmählich eingestellt.
• Im Jahr der Wiedervereinigung 1990 wird eine Patenschaft Dresden-Loschwitz mit Hamburg-Blankenese ins Leben gerufen,
für die sich Monika bis in die Gegenwart immer wieder engagiert. Ihre Erfahrungen in Sachen Bürgerbegehren sind bei den
Loschwitzern sehr gefragt.
• Als 1990 der Süllberg verkauft und später abgerissen werden soll, setzt sie sich für dessen Erhalt ein, sammelt 25.000
Unterschriften und organisiert einen viel beachteten Fackelzug. Die Baupläne platzen und 2000 übernimmt die Dresdner Bank
mit Sternekoch Hauser das Traditionslokal auf Hamburgs höchster Erhebung.
• Zur 700-Jahr-Feier von Blankenese realisiert sie den Plan, den historischen Hamburg-Süd-Frachter „Cap San Diego“ nach
Blankenese zu holen.
• Monika Lühmann unterstützt ab 2001 den frisch gegründeten „Verein zur Erforschung der Geschichte der
Blankeneser Juden“.
• Dem gelingt 2004 die weltweit beachtete Ausstellung „Viermalleben – Jüdisches Schicksal in Blankenese“.
• Die Ausstellungsmacher haben die Schicksale der jüdischen Bevölkerung Blankeneses weitgehend erforscht und
konfrontieren Ausstellungsbesucher mit vier exemplarischen Lebensläufen.
• Es folgen Einladungen an die „Kinder von Blankenese“. Mitinitiatorin ist Monika Lühmann. Bei diesem Projekt wurden
jüdische Menschen wieder nach Blankenese eingeladen, die sich in der ersten Nachkriegszeit als Kinder und Jugendliche in
Blankenese unter englischer Obhut von ihren entsetzlichen Erlebnissen erholen konnten, bevor sie ins damalige Palästina
gebracht wurden.
• Bei der Bahnhofsbebauung, einer schier unendlichen Planungsgeschichte, versucht der Bauträger, Monika für seine Sache
als Mediatorin gegenüber der Bevölkerung zu gewinnen. Doch selbst die in Aussicht gestellte Entlohnung von 5.000 DM
monatlich kann Monika nicht verführen. Nein, Monika ist nicht korrumpierbar!
• Doch sie ist kämpferisch bis zur Erschöpfung, wenn es um Vorhaben geht, die sie als ungerecht oder schädlich empfindet.
Juristin, Frauenrechtlerin und Politikerin
Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit
Geb. 1932
• Lore Peschel-Gutzeit ist Hamburgerin und Tochter eines Generalmajors und einer
Lehrerin.
• Ihre Mutter gibt abends Politikkurse an der Volkshochschule und erörtert die
Verfassung der jungen Bundesrepublik auch zuhause mit beiden Töchtern.
• Schon Lore Marias Großmutter ist frühzeitig emanzipiert und leitet als Prokuristin
Fabrikation und Vertrieb der familieneigenen Peddigrohr-Möbelfabrik, während sich
ihr Mann gut die Hälfte des Jahres um die Peddigrohrproduktion in Singapur kümmert.
• Mit der praktischen Umsetzung des Artikels 3 unserer Verfassung von 1949 hapert
es. Erst neun Jahre später gibt es erste Schritte in Richtung einer Lösung.
• Noch beinahe 40 Jahre später, also um 1989, kämpft Frau Peschel-Gutzeit mit
anderen Juristinnen um Ergänzung des Art. 3 Abs. 2 unseres Grundgesetzes.
• 1994 wird die folgende Formulierung im Bundestag endlich verabschiedet, deren hart umkämpfte Passagen von uns
herausgehoben sind:
Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf Beseitigung
bestehender Nachteile hin.
• 1962 heiratet die junge Witwe Lore Maria Gutzeit den Richter Horst Peschel. Mit ihm hat sie drei Kinder.Ihr erster Mann ist
kurz nach dem Assessorexamen 1959 verstorben.
• 1968 bringt sie das Lex Peschel auf den Weg, das Beamtinnen aus familiären Gründen Teilzeitarbeit ermöglicht.
• 1972 ist sie Richterin am Hanseatischen Oberlandesgericht und wird drei Jahre später Vorsitzende Richterin am
gleichen Gericht.
• Von 1977 bis ´83 zudem Vorsitzende des Deutschen Juristinnenbundes.
• 1990 promoviert sie in Freiburg mit dem Thema „Das Recht zum Umgang mit dem eigenen Kind. Eine systematische
Darstellung.“
• Zwischen 1991 bis 1993 ist sie Justizsenatorin von Hamburg. 1994 wird sie Justizsenatorin von Berlin und 1997 übernimmt
sie abermals das Justizressort von Hamburg.
• Ihrer Initiative ist es zu verdanken, dass die bis dato noch gültigen über 400.000 Urteile des Reichsgerichts und des
Volksgerichtshofs endlich 1998/99 durch ein Aufhebungsgesetz für ungültig erklärt werden.
• Sie kämpft erfolgreich für die Abschaffung der Gerichtsferien, die 1877 eingeführt worden waren.
• „Ja, ich habe an vielen Brettern mit gebohrt!“ meint die heute 80-Jährige. Sie habe immer gern gearbeitet, so arbeite sie
immer noch an sechs Wochentagen als Anwältin in einer Berliner Kanzlei.
• Doch ihr Zuhause ist Blankenese. „Wer sich hier nicht wohlfühlt, hat selber schuld!“ meint Lore Peschel-Gutzeit,
obwohl sie nicht am Strandweg, sondern „high and dry“ in der Ortsmitte wohnt.
Förderkreis Historisches Blankenese