D. Berndt - Ignatia Ignatia
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D. Berndt - Ignatia Ignatia
D. Berndt Gelebte Homöopathie Reading excerpt Gelebte Homöopathie of D. Berndt Publisher: Barthel Verlag http://www.narayana-verlag.com/b525 In the Narayana webshop you can find all english books on homeopathy, alternative medicine and a healthy life. Copying excerpts is not permitted. Narayana Verlag GmbH, Blumenplatz 2, D-79400 Kandern, Germany Tel. +49 7626 9749 700 Email [email protected] http://www.narayana-verlag.com Ignatia Es ist folgerichtig, wenn das Arzneimittelbild von Ignatia unmittelbar nach Natrium muriaticum erörtert wird. Denn Natrium muriaticum wie unsere Pflanze zeigen in ihrem Seelenbild sehr vergleichbare Züge, und die Verwechslung bei der Arzneimittelwahl kommt nicht selten vor. Indessen kann man in der Therapie die beiden nicht miteinander vertauschen. -Andererseits gibt es eine alte Erfahrungsregel zahlreicher homöopathischer Ärztegenerationen: Wenn man Ignatia mit therapeutischem Einschlag gegeben hat und der Abstand der Recidive schließlich doch immer geringer wird, dann ist Natrium muriaticum zu geben, wie auch manchmal umgekehrt. Es scheint tatsächlich so zu sein, daß das Ignatia-Bild bei Frauen und Mädchen häufiger vorkommt als bei Männern, ausgenommen das Kleinkindesalter. Vielleicht ist hier ein Vergleich erlaubt: Was Natrium muriaticum in Moll ist, das finden wir bei Ignatia in schrillem Dur. Die Vergiftung zeitigt tetanische Krämpfe und Tod in Atemnot. - Im feintoxikologischen Versuch, also in der vorsichtigen Arzneimittelprüfung steht zunächst eine den Gesamtorganismus betreffende, hochgradige Sensibilitätssteigerung im Vordergrund. Die reaktive Folge davon sind plötzliche Zuckungen, Kontraktionen und Spasmen. - In dritter Stufe treten dann Anaesthesien auf, weiter allgemeine Depressionen, welche jedoch zeitweilig, meist kurzfristig, von einer Art manischen Zustandes unterbrochen werden können. - Soweit die wichtigsten Daten. Schon in Natrium muriaticum hatten wir ein „an Paradoxien reiches Mittel" erkannt. Aber was jetzt zu beschreiben ist, das stellt einen Superlativ hierzu dar! 67 Die häufigsten Ursachen des veränderten Seelenbildes sind vorausgegangener Kummer oder Gram, gleich worum es dabei ging. Überempfindlichkeit gegen alles, was die Umwelt bietet. - Reizbare Schwäche ist überhaupt das Wesenskennzeichen, neben ständigen Wechsel der Symptomatik. Unbegreifliche Launenhaftigkeit. - Zänkisch, höhnisch, boshaft; leicht empört oder zornig beim kleinsten Widerspruch. - Weint aus geringfügiger Veranlassung, auch Jammern, Schluchzen, Schreien. - Unbeständig, ungeduldig, unentschlossen, zaghaft, ängstlich, hypochondrisch, glaubt nie mehr heilen zu können. Gleichgültig, stumpfsinniges Insichgekehrtsein, mag sich nicht unterhalten. Ignatia kann aber ebensogut auch fröhlich und heiter sein, selbst witzig. Sie besitzt ein sehr zartes, feinfühliges Wesen, ist erfüllt von einem Drang zu fast übertriebener Gewissenhaftigkeit und bisweilen von religiösen Gedanken durchdrungen. Zeitweilig treten Denkhemmung auf und Gedächtnisverlust, sie täuscht sich dann leicht, macht alles verkehrt. Weiter besteht eine unbegreifliche Eile, gerade in der Verrichtung völlig unwichtiger Dinge. Fixe Ideen verfolgen sie unaufhörlich und tauchen — immer wiederholt - in ihren Reden auf. Die allgemeine Verwirrung, welche mit dieser Darstellung gestiftet worden sein mag, könnte zu dem Ausruf Anlaß geben: Verrückt, einfach hysterisch. Das darf man aber nicht so ohne Weiteres sagen: Ignatia ist nach pseudohysterischen Ausbrüchen leicht bereit, sich zu genieren, sich zu schämen, sich zu entschuldigen. Für die echte Hysterie aber gilt, daß man eher stolz auf sich ist und es bleibt —, um seine Mitmenschen möglichst ununterbrochen noch mehr zu schikanieren. Die echte Hysterie heißt nicht Ignatia. 68 Nun kommen wir zu den Modalitäten, Leitsymptomen und Sondersymptomen. — Diese lassen das widerspruchsvolle Bild von Ignatia fast ebenso hervorleuchten, wie die eben beschriebenen Seelenzeichen. Verschlimmerung durch: Sorge, Kummer, Ärger, Verdruß, Aufregung; Nikotin, Kaffee, Alkohol; Kälte, durch leiseste Berührung. Besserung durch: Wärme, starken Druck; Lage Veränderung, z.B. auch durch rastloses Umherwandern. Die Verschlimmerungszetfert liegen morgens (aber evtl. auch abends). Die rechte Seite wird vorwiegend betroffen. Nun kommen die Leitsymptome (Bitte beachten Sie auch hier einige Paradoxien): Muskelkontraktionen. Spastische Obstipation, gerade bei dünner Stuhlkonsistenz. Emotionelle Durchfälle. Hämorrhoidalschmerz verschwindet während Stuhlentleerung, gerade wenn der Stuhl hart ist. Amenorrhoe. Hypermenorrhoe, meistens zu früh, mit Koliken. Starkes Geschlechtsverlangen - ohne Orgasmus. Globus hystericus, der beim Schlucken verschwindet. (Synonym hierzu: sehr dolente Angina, schmerzhaft nur beim Nichtschlucken oder beim Leer- oder Flüssigkeitschlucken; wird was Festes geschluckt, vergeht der Schmerz.) Übertriebene Steigerung der Geruchsempfindlichkeit. Hat oft Heißhunger (öfter nachts) - Essen bessert aber nicht! Kongestionen im Kopf - mit oder ohne Schmerz — . 69 Die Symptome wechseln häufig den Ort oder den Charakter. Weiterhin wurde eine deutliche Periodizität in zahlreichen Fällen beobachtet: Beschwerden immer zur selben Stunde (also nicht immer nur Cedron) oder alle 2, 3, 4, Tage, z.B. bei Neuralgien Der Schmerzcharakter ist so unterschiedlich und ebenfalls so wechselhaft, daß es überflüßig erscheint, Details zu geben. Nur die Besonderheit des Kopfschmerzes an einer kleinen, umschriebenen Stelle sei hier erwähnt. Ein ganz sonderbares Symptom, das nicht allzu selten vorkommt, muß noch hinzugefügt werden: Periodisches Seufzen. - Es ist nicht zu überhören und sehr hinweisend auf Ignatia. Gerade in der Kleinkinderpraxis mit all ihren Tücken bezüglich der Arzneifindung kann man gelegentlich darauf stoßen, und man wird dann von dem Ignatiaeffekt erstaunt und erfreut sein. Auch die Mutter. - Vor etwa 3 Jahren traf das auf eine befreundete Bäuerin zu. Das war so: Nachtruf: Vier von neun 1-tägigen Ferkeln waren bereits verhungert. Die Sau lag friedlich auf der Seite und stieß die bekannten Lockrufe aus. Sowie die restlichen, schon sehr geschwächten 5 Ferkel die Zitzen berührten, wälzte sie sich ganz behutsam um und preßte die Zitzen ins Stroh. Nach einigem Zuschauen war ich genauso ratlos wie die Bäuerin, bis ich endlich dieses Seufzen bemerkte, etwa alle '/2 Minuten. Man überlege: Welche Paradoxien: 1. Lockt und läßt nicht ran. 2. Fehlender Mutterpflegetrieb und dazu dieses ungewöhnli che Seufzen. — Ich hatte von Tiefpotenzen nur eine D 12 von Ignatia in Globuli bei mir. Höher wollte ich nicht hinaus, ich weiß nicht, warum! - (Vielleicht zu müde.) 10 Körner in l Tasse Wasser gelöst, mit Gummibällchen aufgenommen und der Sau in die Backentasche gedrückt, (Das haben aber die Anderen gemacht). Nach etwa 10 Mi70 nuten drehte sich die Sau, die zunächst sehr unruhig geworden war, ganz zur Seite und schlief tief ein. Die Zitzen waren frei. Die 5 stürzten sich quiekend daran und man konnte zusehen, wie sie sich sättigten. Nachdem wir noch l Stunde zugeschaut hatten, allemann gähnend, meinte plötzlich die Bäuerin sinnig: Ach Herr Doktor, das bleibt bestimmt jetzt so! - Das sah ich ein und fuhr schleunigst heim. Es war kurz vor 2 Uhr morgens. Die 5 sind normal groß geworden. - Auch ein Beitrag zum grünen Plan! Zum Schluß noch einige klinische Hinweise allgemeiner Art, wobei Wiederholungen nach Möglichkeit vermieden werden sollen; Jede Art von spastischer Diathese. Der funktionelle Rectum - Prolaps bei Kindern (ein Kreuz, auch für Praktiker und Chirurgen). - sollte immer Anlaß sein, auf sonstige, mögliche Ignatia-Zeichen zu achten. Incontinentia urinae (vor allem bei heranreifenden Mädchen). Das sogenannte „Wegbleiben" der Kinder nach Klaps oder nach Schreck. Trockener Kehlkopfhusten. Die Ignatia-Dyspnoe unterscheidet sich von den Andersnamigen durch die Blässe des Gesichts (sonst rot oder blau). Über die Dosierungsfrage spreche ich ungern. Ich erlaube mir nur die kleine Ketzerei des Rates: Bloß nicht zu tief! Tiefer gehen kann man im Zweifelsfalle immer noch. Falls Interesse an der Botanik und Pharmakologie der Ignatia besteht, bitte ich bei Mezger nachzulesen. Der beschreibt's am besten. Ignatia - Fälle sind sehr häufig, was kein Wunder dünkt, in diesem chronisch überreizten Zeitalter. Meine Damen und Herren! Sollte es gelungen sein, Ihnen — trotz der befristeten Zeitkürze - ein möglichst einprägsames Wesensbild darzubieten, dann wäre dem Vortragenden das eine große Freude! Vortrag, Gelle, 1966 Narayana Verlag, Blumenplatz 2, D-79400 Kandern, www.narayana- verlag.de D. Berndt Gelebte Homöopathie Kasuistiken, Arzneimittelbilder, Standpunkte 484 pages, hb publication 2000 More books on homeopathy, alternative medicine and a healthy life www.narayana-verlag.com