Natrium muriaticum
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Natrium muriaticum
Copyright - Hinweis: Die Texte sind urheberrechtlich geschützt! © www.sonja-becker-naturheilpraxis.de - Sonja Becker (Hiemer) Natrium muriaticum - Das Kochsalz Natrium muriaticum - das Kochsalz Vortrag von Sonja Becker am 5.10.1988 in Bad Boll Ich möchte anfangen mit dem, wo Salz vorkommt, was wir von Salz so schon wissen: Tn.: Das Meer Tn.: In den Zellen Es ist gleichermaßen wichtig für die Erde als ganzes in den Meeren und für den einzelnen Organismus in den Zellen. Tn.: In der Küche Es kann ein Kristall sein, hart, oder im Meer gelöst und unauffindbar. Tn.: Zum Auftauen. Tn.: Streusalz Das gilt für Temperaturen bis minus 10 Grad: Wenn das Salz das Eis geschmolzen hat und es dann minus 20 Grad gibt es eine spiegelglatte Oberfläche. Tn.: Einlegen, Pökeln, Konservieren, es brennt. Salz auf Wunden streuen heißt, den alten Schmerz wieder auffrischen – es tut dann noch einmal weh. Tn.: Durst Was hat Salz mit Durst zu tun? Tn.: Es zieht Wasser, bindet Wasser, hält das Wasser. Tn.: In der Wüste, eine Salzwüste, sie ist unfruchtbar wegen der Trockenheit Tn.: Totes Meer, viel Salz drin, Tn.: Salzsäulen Das sind alles schon mal wichtige Themen für das Natrium muriaticum, wenn wir uns einfach so angucken, wo es das Salz auf der Erde gibt und was es tut. Das kann man sich schon mal alles merken, das sind alles zentrale Angelegenheiten auch vom Arzneimittelbild Natrium muriaticum. Tn.: Salz war eins der wichtigsten Handelsgüter im Mittelalter. Salz konserviert ja, Viele Kaufleute haben ihr Vermögen dadurch erworben, dass sie mit Salz gehandelt haben. Es gab Salzstraßen, an denen entlang dieses Salz transportiert wurde und es war so was wie Geld. Tn.: Salzlager in der Erde. Tn.: Schweiß und Tränen, sind salzhaltig. Das können wir uns alles merken, es wird wieder auftauchen. Ich möchte anfangen mit dem Zurückhalten von Wasser. Salz bindet Wasser. Salz hält das Wasser zurück. Ein Mensch, der viel mit Salz zu tun hat, der hält auch was zurück in sich, und zwar im Wesentlichen seine Gefühle, und davon noch mal im besonderen seinen Schmerz, seine Tränen. Das Wasser, was man aus sich rauslassen kann, beim Wasserlassen, das Weinen, das wird in sich zurückgehalten und es wird nicht geweint. Was sind das für Situationen, wir stellen sie uns einmal vor, wo jemand eigentlich weinen müsste, von seiner Traurigkeit her, eigentlich etwas Trauriges erlebt und Weinen müsste, weinen würde, was man so erwartet, und es nicht tut. Was müssten das für Situationen sein? Tn.: Todesfälle, Trennungen, Scheidung, Verhärtung, Schockartiges, Es sind Situationen: Trennung, Abschied im Wesentlichen: Durch den Tod oder dadurch, dass sich die Lebenswege trennen oder dadurch dass man einfach nicht mehr zusammen gehört, das macht nicht den Unterschied. Es ist sowohl für Menschen, die z. B. im Krieg gewesen sind und da ihre Freunde und Angehörigen verloren haben, als auch für Kinder von Eltern, die sich scheiden lassen haben, oder wo einfach das Thema Trennung / Scheidung eine Weile lang in der Luft war. Das klingt nun wie ein sehr großer Unterschied, Krieg oder einfach Schwierigkeiten zwischen den Eltern, aber vom Erleben von Natrium muriaticum ist es das Gleiche. Beides kann Natrium-muriaticum-Krankheit hervorrufen oder verstärken. Tner: es zeigt ja auch keine positiven Gefühle. Erstmal nicht. Erst einmal ist es so, dass jeder Gefühlsausdruck schwer fällt. Die halten ihre Gefühle zurück, und was besonders schwer fällt ist der Ausdruck über die Sprache. Jemandem sagen: „Ich liebe Dich“ ist ganz ´was Schweres. Tner: Lieber: „ich mag dich leiden.“ Mit dem Leiden kennen sie sich besser aus. (Gelächter) Aber wie sie ihre Gefühle ausdrücken können ist mit den Augen und mit dem Herzen. Also wenn man das wahrnehmen kann, kann man das schon erkennen. Gut, diese Zurückhaltung, sich zurück nehmen auch in allen möglichen anderen Situationen: Wenn wenn etwas in der Gruppe geschieht: Das sind die, die am Rand sitzen, weil sie sich zurückhalten, die sich nicht in das Geschehen einbringen und mittendrin sind, wie wir uns das von Sulfurikern vorstellen können, sondern die am Rand sitzen und gut zugucken, gut beobachten. Und zwar kennen sie sich aus mit Verletzungen. Sie sind selber verletzt worden, diese Verletzungen gehen sehr tief, sie sind sehr empfindsam für Verletzungen, für Schwierigkeiten zwischen Menschen, zeigen davon aber nichts, mögen sich nicht zeigen in ihrer Betroffenheit. Sie weinen dann z.B. nur ganz alleine. Kinder, die in ihrem Zimmer sitzen, Weinen, und so wie sie die Eltern die Treppe hochkommen hören hören sie auf zu weinen. Und wenn dann einer reinkommt und fragt: „na, wie geht es Dir?“ „gut.“ Fertig, dann geht er wieder raus, er hat das schon verstanden, dass man in Ruhe gelassen werden wollte. Aber: andererseits auch nicht. Sie stehen in der Spannung zwischen Zurückweisung der anderen, sich zurück nehmen, das geht zurück, Kontakt findet nicht statt, oder nur schwer, aber sie haben eine große Sehnsucht nach Harmonie, Zusammengehörigkeit, Gemeinsamkeit. Eigentlich die Sehnsucht des Salzes nach dem Meer. Sie kriegen das aber nicht ausgedrückt. Und nun sitzen sie also in ihrem Zimmer, schicken jeden weg, der kommt, sind für sich allein, aber sehnen sich danach, dass endlich einer kommt, der sie versteht. Wenn aber einer kommt, schicken sie ihn aber wieder weg. Auch nicht so, dass sie sagen: “geh weg!“, sondern so, dass sie sagen: „mir geht es gut, es ist nichts.“ Und in dieser Spannung sind sie ständig. Ständig unter emotionaler Spannung, ständig dabei, ihre Gefühle zu unterdrücken, den Ausdruck ihrer Gefühle. Sie sind sehr empfindlich, sie empfinden sehr viel, aber nehmen das immer zurück und brauchen dafür viel Energie. Das Zurücknehmen kann soweit gehen, wenn es einen ganzen Menschen betrifft in seiner Tiefe, dass Kinder spät sprechen lernen, spät gehen lernen, dass sie sich von vorn herein in ihrer Entwicklung zurück nehmen. Und dann auch bei Erwachsenen: Sich festhalten an dem, was jetzt ist, das Traumatische Erleben mit den Eltern können Natrium-muriaticum-Menschen sehr lange in sich festhalten. Z. B. Menschen, die eine Analyse machen, um die Traumatischen Erlebnisse aus ihrer Kindheit aufarbeiten zu können. Eine Analyse wäre eine Möglichkeit, daran zu kommen, aber über den Kopf. Intellektuell sind diese Menschen eher stark, weil sie gut aufpassen, bei den anderen gut beobachten, wie das mit dem Emotionalen geht: Wann wird verletzt, in welchen Situationen und wie? Das Beobachten sie sehr genau, kennen sich gut damit aus, auf dieser intellektuellen Ebene, nicht so sehr vom Empfinden her. Vom Fühlen her ist es so, dass sie alle Energie aufbringen, um sich vor Verletzungen zu schützen. Eine Devise wäre: Nicht verletzt werden wollen und deshalb nicht verletzen. Auch das ein weiterer Grund, sich zurückzuhalten: Man könnte ja etwas sagen, wenn man sich nicht zurück hält, was irgendwen verletzen könnte. Also sich in seiner Entwicklung zurückhalten, sich an Altem Festhalten, bei diesem Alten bleiben. Zurückkommen auf vergangene unangenehme Ereignisse. Sie können noch weinen, wenn sie jetzt an Schlimmes von früher denken. In der Anamnese ist es häufig so, dass man sich wundert, wie dieser erwachsene Mensch, der in seinem Leben steht, selber Kinder hat zum Beispiel, selbst ein aktives Leben führt, wie der einmal auf sein Elternhaus angesprochen oder gefragt: „Haben Sie einmal eine schlimme Enttäuschung erlebt?“ dann in diesem Ding stecken bleibt. Und man fragt sich nach einer Stunde Gespräch: „Wie kann es angehen, dass der eine Stunde lang darüber erzählt, wie ihn seine Mutter damals behandelt hat. Hat der nicht was, was jetzt in seinem Leben los ist, was ihm Sorgen macht oder ihn beschäftigt? Oder wo er Hilfe dabei braucht, wie es weitergehen kann?“ Er bleibt stecken an alten Geschichten. Das zeigt sich dann z.B. in Träumen: Träume davon, den Zug zu verpassen, Wir haben in Freiburg eine Arzneimittelprüfung gemacht, da haben einige geträumt (was sehr witzig war beim Zusammentragen: Was, Du auch?) Die waren nachts alle unterwegs, der eine wollte ein Flugzeug kriegen, der andere einen Zug, sie wollten ihren Anschluss nicht verpassen, haben das aber, weil sie ihr ganzes altes Kram noch nicht eingepackt hatten. Die waren also dabei, Koffer zu packen, und einer noch nen Koffer, hat die mit Schubkarren zum Flughafen kutschiert, und hat aber sein Zeug nicht mitgekriegt und dann den Anschluss verpasst. Das ist ein schönes Bild dafür, was bei Natrium-muriaticum-Menschen los ist im Leben. Dies kann man sich als Ausgangssituation vorstellen, auch als einen Traum, den ein Patient erzählt in der Anamnese. Auch durchaus wiederholte Träume. Immer wieder die gleiche Geschichte träumen, dann wissen sie schon, das bedeutet was. Und trotzdem können sie nicht weiter. Mit Natrium muriaticum, wenn sie das dann kriegen, kriegen sie den Zug. Lassen ihr Kram da irgendwo liegen, kriegen den Zug, erstmal nur auf`m Trittbrett, gerade eben und eben: Das war knapp. Dann, wenn es besser wird, sind sie rechtzeitig da, können einsteigen in den Zug, sitzen aber rückwärts. Das ist ein schönes Bild für Natrium muriaticum, finde ich: Normalerweise sagen wir: Die Zukunft liegt vor uns, die Vergangenheit hinter uns. Für Natrium muriaticum ist es anders herum: Die Vergangenheit liegt vor ihnen, die haben sie nämlich im Blick. Was erst kürzlich geschehen ist ist hier (zeigt seitlich neben sich) man hat es noch gut im Blick, und was schon lange her ist, das liegt dahinten, aber man kann es auch noch gut sehen. Und die Zukunft, die kommt von hinten. Da weiß man nicht, was geschieht. Also: Zurücknehmen, Rücksicht, rückwärts, das sind Natrium muriaticum Geschichten. Und wenn sie nach der traditionellen Weise durch das Leben gehen, nämlich vorwärts, dann üben sie Rücksicht. Dann gucken sie nämlich hinter sich, was in der Vergangenheit los war. Rücksichtsvolle Menschen, die sich zurücknehmen, um andere nicht zu beeinträchtigen. Was sie nicht gut können, wie schon gesagt, ist Sprechen. Sie haben hohe Ansprüche, an sich und an andere, hohe Ideale darüber, wie die Harmonie zwischen Menschen auszusehen hat, wie die Liebe zwischen Menschen auszusehen hat. Sie messen dann an diesen Maßstäben und sind entsprechend unglücklich, weil es so, wie sie es sich vorstellen, nicht zwischen den Menschen geht. Nur was sie dann nicht können ist, das anzusprechen. Sie haben einen Anspruch statt etwas anzusprechen. Was ihnen besonders schwerfällt anzusprechen sind ihre eigenen Bedürfnisse. „Ich möchte gerne…“ „Würdest Du bitte für mich….“ Ihre Bitten äußern fällt ihnen ganz schwer. Sie möchten was von anderen Menschen aber sie kriegen es nicht über die Lippen und fühlen sich dann zurückgewiesen, wenn die anderen das nicht an ihren Augen gesehen haben und ihnen dann geben. Was natürlich auch ein bisschen schwierig ist. Es gibt ein Märchen, das viel mit Nat. mur. Zu tun hat, das ist die kleine Meerjungfrau von Andersen (später eher zu Magnesium muriaticum zugeordnet). Ein sehr trauriges Märchen. Ich kenne einige, die es nicht zu ende lesen können, weil sie dann weinen, weil es so traurig ist: Die kleine Meerjungfrau liebt diesen Prinzen, sie hat eine wunderschöne Stimme und der einzige Weg für sie als Meerjungfrau zu den Menschen zu kommen, Beine zu bekommen, ist, zu einer Hexe zu gehen, die sie verwandeln kann. Und diese Hexe schneidet ihr die Zunge ab. Und sie lässt sich darauf ein, damit sie Beine bekommt. Das ist insofern eine Natrium-muriaticum-Geschichte: nichts sagen können. Wie wenn die Zunge abgeschnitten wäre. Stumm. Stockfische. Bestenfalls machen sie große Augen. Aber auch das nicht unbedingt, weil sie wissen, dass aus ihren Augen ihre Seele spricht, und gucken dann weg. Sie vermeiden Blickkontakt. Gucken nach unten. Das kann man in einer Anamnese-Situation auch gut beobachten: Wenn der Patient den Blickkontakt vermeidet. Und zwar nicht, indem er unruhig hin und her guckt, das wäre wieder etwas anderes, sondern indem man merkt: er guckt einen nicht an. Wenn er einen mal anguckt, dann guckt er schnell wieder weg, und am besten nach unten. Angucken ist etwas, das Weinen auslösen kann. Und sie weinen überhaupt nicht gern vor anderen Menschen. Das hätte ja was mit Gefühle zeigen zu tun. Nicht ihr Ding. Das geht nur allein. Angucken verschlechtert in diesem Sinne, es löst weinen aus. Angesprochen werden kann auch weinen auslösen. Man kann sich vorstellen: in einer Anamnese-Situation werden sie angesprochen, ob man will oder nicht. Wenn man selber ein gutes Gefühl für Natrium muriaticum hat ist das häufig schon ausreichend, dass man das merkt: Der schaut weg, der weicht dem Blickkontakt aus. Was man in der Atmosphäre gut spüren kann: Ich nenne das Verdrucksheit. Sie sind verdruckst. Man merkt, sie haben etwas und sie sagen das nicht. Aber es gibt auch andere, die das gut überspielen. Es sind burschikose, freundliche Leute, bei denen es eher schwierig ist, das Gefühl zu bekommen, dass da noch etwas dahinter steckt, was nicht ausgedrückt wird. Sie wissen sich auch zu tarnen. Man hat fröhlich und locker zu sein, dann wird man auch nicht angesprochen auf etwas. Noch eine Situation, in der sie anfangen zu weinen ist, wenn sie das Gefühl haben bedauert zu werden. Sie wissen um ihr Leid. Sie wissen darum, dass die Menschen auch mit Mitleid miteinander umgehen, und das mögen sie überhaupt nicht haben. Sie wollen ernst genommen werden. Auch in der Anamnese-Situation: Wenn sie dann tatsächlich mal weinen, auch in die Enge getrieben, mit dem Rücken an der Wand, so ein Gefühl haben sie häufig dabei, angeguckt, angesprochen, womöglich noch auf die schlimmen Enttäuschungen, auf das, was früher Schlimmes war, dann wollen sie weiterhin im Gespräch ernst genommen werden. Eine Pause darf schon sein, in der sie erst einmal ein bisschen weinen können. Sie reißen sich häufig schnell wieder zusammen, und dann geht es weiter. Trost, das ist etwas ganz Typisches für Nat. mur., Trost, den sie sich eigentlich ersehnen, können sie sehr schwer annehmen. Aber wenn es doch mal einen gibt, der genügend feinfühlig auf sie eingeht, und liebevoll und zart, am besten wäre mehr symbolisch als tatsächlich Trost spendet, dann verschlimmert das das Weinen. Dann kommen sie eigentlich erst recht in Kontakt mit ihrem eigenen Gefühl und das ist ja, was sie versuchen wegzuhalten. Je mehr sie Schmerzen und Verletzungen vermeiden desto weniger spüren sie sich dann selber. Ihre eigenen Gefühle werden immer weiter weggedrückt, und in dieser Trostsituation kommen sie da wieder `ran. Ein schöner Satz dafür ist: Liebe löst Schmerz aus. Liebe und Schmerz ist für Nat-mur.-Menschen etwas ganz Ähnliches. Weint beim Koitus. Bei Trost wird das Weinen also erst einmal noch schlimmer, aber dann geht es ihnen besser. Trost verschlechtert steht im Repertorium. Und eben, dass sie Trost normalerweise einfach nicht annehmen. Annehmen ist überhaupt ein Problem: Hilfe annehmen, Liebe annehmen, sie geben lieber. Hilflose Helfer können das sein. Die Rolle im Freundeskreis ist häufig Menschen, die gut zuhören können, hören sich bei den anderen die schlimmen Geschichten an: ein gutes Mittel für Therapeuten: sich selbst dem Leben nicht so stellen, sondern das Leben lieber aus zweiter Hand erfahren. Second hand live. Aus Büchern, aus Kinofilmen, aus Patientengeschichten. Vithoulkas (ein griechischer Homöopath) beschreibt das so, dass sie sich auf diese Weise natürlich immer besser auskennen mit den Möglichkeiten, wie die Menschen verletzend miteinander umgehen, und sich immer mehr zurücknehmen und immer mehr meinen, sich schützen zu müssen. Kinder sind häufig brav, artig, haben Angst, die Liebe ihrer Eltern zu verlieren. Mit Liebesentzug kann man sie tief treffen. Sie reagieren schon auf nen bösen Blick, das genügt schon dicke. Sie versuchen es ihren Eltern recht zu machen. Sie halten sich auf diese Weise in der Täuschung über die Liebe ihrer Eltern zu sich. Sie machen es ihnen immer recht, und fragen sich: lieben die mich nun, weil ich so artig bin oder lieben die wirklich mich. Das ist deren eigentliche Frage: Liebt der wirklich mich? Sie halten sich in einer Situation dadurch, dass sie artig sind und die Erwartungen ihrer Eltern erfüllen und klären das normalerweise nicht. Entweder sind sie dann artig, artig, artig, als Erwachsene idealisieren sie dann häufig ihr Elternhaus, leiden aber darunter, sich nicht wirklich geliebt zu fühlen, oder sie werden patzig, aggressiv, gehen gegen die Eltern vor, und sagen: „Wenn Du mich nicht so liebst wie ich bin, dann will ich eben überhaupt nicht geliebt werden.“ Entweder ganz oder gar nicht. Und wenn Du mich ganz liebst, dann musst du mich auch lieben, wenn ich ätzend bin (später her Acidum nitricum). Das ist eine schöne Methode, sich selbst zu Suppe zu versalzen in Beziehungen mit anderen Menschen: man weist sie zurück, stößt sie zurück, ist heftig, abweisend, ablehnend, und dabei erwartet Liebe zu bekommen. Wenn Geschwister geboren werden, sind Natriums eigentlich sehr eifersüchtig, nur zeigen sie das nicht so. Es gibt ja Kinder, die ganz deutlich sind und sagen: „Wo hast du den her? Aus dem Krankenhaus? Bring den da doch wieder hin! (Gelächter)“ Es gibt auch Kinder, die ihre Eifersucht nicht zeigen, dann artig sind, das tun, was ihre Eltern erwarten, auch noch aufpassen womöglich, aber eifersüchtig sind, neidisch sind auf die Zuwendung, die dieser Neue nun bekommt, und dann heftig werden wenn keiner guckt, dafür aber ein ungeheuer schlechtes Gewissen haben, weil sie genau wissen: das sollen sie nicht. Sich schuldig fühlen ist ein anderes Zentrum von Nat. mur. Sich schuldig fühlen eigentlich dafür, Ich zu sein, Bedürfnisse zu haben, Gefühle zu haben, dafür, selbst etwas zu möchten. Was nun aber passiert wenn sie immer das tun was die anderen von ihnen verlangen bzw. erwarten, außer dass sie immer in der Täuschung leben aus der sie immer wieder enttäuscht werden – Enttäuschung ist für sie etwas ganz Schlimmes, bedeutet ja aber, dass sie sich ständig und gern täuschen, die Wahrheit nicht in aller Klarheit sehen, sondern das Verletzende da heraushalten wollen. Mit der Schuld: Wenn sie sich an die gegebenen Gebote halten, dann machen sie sich nicht schuldig in dem Sinne, nicht zu tun was sie sollen, aber ihre Ansprüche an sich selbst sind sehr hoch: Sie haben manchmal andere Gedanken, sie haben manchmal dieses kleine Geschwister doch wieder los zu werden und dafür fühlen sie sich z. B. schon schuldig. Oder sie fühlen sich schuldig für die Trennung der Eltern. Oder sie fühlen sich schuldig am Krieg, wenn sie im Krieg gewesen sind. An allem Schlimmen der Welt fühlen sie sich selber schuldig, nehmen alle Schuld auf sich. Und eigentlich machen sie sich schuldig, wenn man es jetzt aus diesem artig sein heraus versteht, an sich selbst. Sie nehmen ihre eigene Entwicklung zurück, sie nehmen sich zurück, so dass sie ihrem eigenen Gesetz nicht gehorchen. Gutmann hat es beschrieben als Mittel für die Ich-werdung: am liebsten würden sie sich im Meer auflösen, dieses Gefühl gibt es: sich auflösen wollen, nicht ich sein, nicht da sein, sondern weg sein, und leiden darunter, ich zu sein und getrennt zu sein von den anderen Menschen. Sie sehen immer das Trennende und nicht das Verbindende, und leiden darunter. Und wenn man das kann, kann man zwischen allem etwas Trennendes finden. Allerdings können sie in der erlösten Form auch überall das Verbindende sehen: Mensch sein wäre schon Verbundenheit genug. Diese überhöhten Ansprüche im moralischen Sinn führen dazu, sich bei all dem moralisch besser zu fühlen als die anderen. Das ist der Nutzen, den sie davon haben. Das findet sich häufig in der Pubertät: junge Leute, die eine starke Anziehung zur Kirche haben. Sie sind dann Jugendgruppenleiter bei den kirchlichen Pfadfindern. Da ist die Beobachtung für alles was man tut und denkt durch Gott da, und man kann sich umso besser schuldig fühlen. Tner: Als Leiter wären sie wieder im Mittelpunkt. Als Leiter als älterer für die jüngeren, nicht so sehr im Mittelpunkt, sondern für die anderen etwas tun, sich einsetzen. Im schlimmsten Fall: sich aufopfern. Das geht so weit, dass sie sich ständig übernehmen, sind dann ständig erkältet, haben eigentlich ständig die Nase voll, aber machen weiter. Und ändern eben nichts für sich: Was ihnen schwer fällt ist, nein sagen. Es gibt den Satz: sie haben einen Sprachfehler, sie können nicht nein sagen. Wenn jemand an sie herantritt und sie um etwas bittet, das tun sie gern. Erst einmal tun sie es einfach, und zwar tun sie mehr als sie gern tun, und denken dann, der andere müsste das doch merken und dürfte mich nicht um noch etwas bitten, ich habe doch schon so viel getan. Aber was sie nicht gut können ist einfach zu sagen: nein, das möchte ich nicht. Etwas ablehnen, jemand anderen ablehnen, weil sie wissen, wie es ihnen geht, wenn ihnen jemand etwas abschlägt, dann fühlen sie sich als ganzer Mensch abgelehnt. Sind höchst empfindlich darauf, wenn ihnen ein Wunsch abgeschlagen wird, denn sie äußern ja auch sehr selten Wünsche. Und wenn sie soweit gekommen sind, dass sie jemanden gebeten haben: „Würdest Du bitte für mich….“ , was sehr viel Überwindung gekostet hat, und der sagt dann: „nö nö, keine Lust heute“, dann ist es schlecht. Gerhardus Lang: „Dann geht die Klappe runter!“ Ja, den bitten sie nie wieder um etwas. Nie wieder – das ist eine andere Devise von Natrium muriaticum: Das kann man auch in der Anamnese fragen: Gibt es etwas in Ihrem Leben, das sie nie wieder erleben möchten. Gibt es bei Natriums bestimmt! Nie wieder Krieg, wäre so ein Motto, und natürlich kann man sich für den Krieg schuldig fühlen. Jürgen Becker meint, dass Natrium muriaticum für uns in Deutschland das Hauptmittel dafür sei, weshalb wir an den zweiten Weltkrieg nicht herankommen, um ihn für uns, in uns zu verarbeiten, weil die Schuldblockade davor liegt. Wenn wir an unsere Schuld erinnert werden blockieren wir lieber. In diesem moralischen Sinne. Politisch kann man so auch gut arbeiten, moralisch, für alle anderen, für die dritte Welt, für die Umwelt, für die Robben, für alle anderen. Mit dem moralischen Argument, man ist doch ein schlechter Mensch, wenn man sich nicht für all die einsetzt. Nie wieder. Natrium ist ein wichtiges Mittel für Homosexualität oder lesbische Frauen, die eine Beziehung mit einem gegengeschlechtlichen Menschen hatten, die traumatisch verlaufen ist, und wo sie sagen: Nie wieder. Homosexualität aus diesem Grund wäre Natrium. Oder überhaupt als Stellungnahmen zu Beziehungen: Nie wieder. Eine Beziehung gelebt, der hat mich verlassen, und jetzt ist Schluss. Dabei sehen sie ihren eigenen Teil nicht so gern. Erst einmal überhaupt gar nicht. Sie fühlen sich lieber als Opfer als al s Täter. D. h. der andere hat sie verlassen, aber was in der Geschichte zwischen den beiden stattgefunden hat, wo sie durch ihr eigenes Verhalten auch dazu beigetragen haben, dass der andere dann gegangen ist, das wird nicht gesehen. Entweder nehmen sie alle Schuld auf sich, fühlen sich grundsätzlich schuldig, die Erbsünde, dann geht es praktisch so weit, die Schuld aus dem Paradies vertrieben zu sein, sich da schon an Gottes Gesetzen vergangen zu haben, und aus der Einheit, die eigentlich ihr Ziel ist, herausgeworfen worden zu sein und jetzt allein sein zu müssen. Vereinzelt, einsam, allein – das sind Nat mur-Gefühle. Was sie nun wollen ist dahin zurück. Zurück in die Einheit, in´s Gemeinsame, in die Harmonie. Das klappt aber eben leider nicht. Die Schuld, die ganze Schuld nehmen sie auf sich und nicht ihren Teil. Es fällt ihnen ganz schwer, einen einzelnen Teil zu sehen, bei dem sie selber Täter waren. Dann höchstens in der Form, dass sie sagen: Ich stand doch mit dem Rücken an der Wand und konnte nicht anders, jetzt musste ich mich ja wehren. Sie können durchaus heftig verletzend sein, aber aus Notwehr. Sie fühlen sich mit dem Rücken an der Wand und können nicht mehr und dann müssen sie zuhauen. Das können sehr heftige Ausbrüche sein. Wenn man das spüren kann kann man die Not, in der sich dieser Mensch dann befindet spüren. Aber wenn man selbst entsprechend gut getroffen worden ist ist man wohl erst einmal bei sich. Wie kann man mit Schuld umgehen, wenn man sich schuldig fühlt, Was macht ihr? Büßen, in die Kirche gehen, es wieder gut machen, es eingestehen, vergeben, verzeihen, sich entschuldigen. Das sind Dinge, die den Natriums schwerfallen: sich entschuldigen. Sie können es nur, wenn es aus der Tiefe kommt, und aus der Tiefe können sie es nicht und so machen sie es gar nicht. Sie können nicht so nebenbei sagen: ach war nicht so gemeint, entschuldige. So leicht geht es nicht, sie nehmen das ernst, und erst ist eben wieder schwer. Tner: oder manchmal erst nach ein paar Jahren Ja, das gibt dann manchmal absurde Situationen: der andere hat den Vorfall längst vergessen. Sehnsucht nach Vergebung, nach Wiederherstellen der Harmonie. Das sind Menschen, die ihre Ex-Schwiegermutter besuchen, noch nach Jahren. Sie haben auch ein gutes Verhältnis mit ihr, aber natürlich eigentlich schon lange nichts mehr mit ihr zu tun, aber auch da: sie wollen Frieden. Tner.: Lachen bei ernsten Angelegenheiten. (Gelächter) Das ist die Möglichkeit, Gefühle zu äußern, die auch gesellschaftsfähig sind. Manchmal auch am falschen Platz, Lachen bei Beerdigungen, bei Beerdigungen der Eltern, so etwas dann wird schon knapp – (Gelächter) Aber man kann es gut verstehen damit, dass sie nicht weinen können, und irgendwo muss die Spannung doch ´raus! Tner: Lachen und Weinen können ja auch ganz schnell umschlagen bei denen. Ja. Zu lautes Lachen, hysterisches Lachen, das dann schon beinahe ein Weinen ist. Anderen Verzeihen ist ganz schwer. Sie wissen, dass sie es sollen, von ihrem moralischen Anspruch her, sie wollen es auch, und sie können es nicht. Und dann tragen sie diese alten Geschichten mit sich herum. Das sind Menschen, die nach einem Streit eine Woche lang nicht miteinander sprechen. Ich kenne Kinder aus solchen Elternhäusern, wo sie wussten, diese Woche ist zwischen den Eltern kein Wort mehr, aber, die dazwischen stehen. Kinder, die dann versuchen, zwischen den Eltern zu vermitteln. …. Natrium hält Wasser in sich, das hat mit der Spannung zu tun. Wenn man das erwärmt, Salz in der Pfanne, dann spritzt das. Das Wasser wird dann eher warm: Wenn man mit solchen Menschen warm wird, dann kommt da Bewegung hinein. Aber dann kann das Starre, Harte nicht aufrechterhalten bleiben und dann brechen sie zusammen. Das ist auch wovor sie große Angst haben: Zusammenzubrechen. Sie halten sich unter Kontrolle, sind sehr kontrollierte Menschen, kontrollieren sich und ihre Gefühle, und haben große Angst davor, dass diese Kontrolle zusammenbricht. Tner: werden sie dann eher ohnmächtig? Nein, sie brechen zusammen in Weinkrämpfen. Oder sie werden krank. Und dann ist offensichtlich, dass sie so nicht weiter machen können. Tner: Krebs. Tner: Kommt es dann zu Situationen, wo sie unfähig sind zu reagieren? Ja, auf Emotionales. Wenn Du etwas Sachliches mit ihnen diskutieren willst, ist das kein Problem, aber wenn Du emotional mit ihnen umgehen willst, dann können sie so zu sein, dass kein Hin und Her möglich ist. Das Wasser kommt durch die Kristallwand nicht heraus. Ja. Tner.:…. Ja, sie können das Verstehen, sie können darüber nachdenken, sie können in die Einzelheiten gehen, aber sie können es möglichst nicht empfinden. Tner…. Eben mehr über den Kopf, nicht im Nachempfinden, nicht im Mitempfinden, sondern im Sich Auskennen in dem wie das geht. Andererseits liegt darin ihre Qualität, wenn sie diese Angst vor ihrer eigenen Emotionalität überwinden können, dass sie sehr sensibel sein können und sehr fein mitschwingen können mit jeder emotionalen Welle die es gibt. Sehr feines Gespür haben für Disharmonie zwischen den Menschen, und bestenfalls zur Harmonie beitragen können, ohne sich selbst aufzugeben, sich selbst aufzuopfern, sich selbst herauszunehmen, sondern indem sie sich selber mitschwingen lassen, mitfließen lassen. Tner: Das sind oft gute Therapeuten und Therapeutinnen, die gut zuhören können, und das ist oft für sie selbst die beste Therapie. Einfach mal mitschwingen können, sich dabei auch so öffnen können, dass sie dabei ihre eigenen Gefühle dabei auch äußern. Sie suchen oft solche Berufe, die im stillen Kämmerlein, ohne große Öffentlichkeit, unter vier Augen, wo sie optimal ihre Liebe zeigen können. Zu den körperlichen Symptomen: Am Meer geht es ihnen besser, oder auch schlechter, ihre Beziehung zum Meer ist deutlich. Tner: Was nun, besser oder schlechter? Beides. Eigentlich heißt es: Bezug zum Meer, sie reagieren auf das Meer. Der eine so der andere so, das schließt sich nicht aus. Morgens geht es ihnen schlechter, häufig dicke Augen, geschwollenes Gesicht, sehen aus wie verheult. Sind sie nicht, sie haben nicht geheult, aber haben ein so geschwollenes Gesicht. Essen gern Salziges: Pizza, Salami, Kartoffelchips, Man kann fragen: Mögen Sie Butterbrot mit Salz? Es gibt welche, die sagen: „Lecker!“, und es gibt welche, die sagen, das sei das Schäusslichste, das sie sich vorstellen können. Maggibrot. (Gelächter) Oder auch Brühwürfel, aber möglichst wenig Wasser und möglichst viel Brühwürfel. Hefepaste. Lakritze, noch lieber Salzlakritzen aus Holland und Dänemark. Tner: kann auch das andere Extrem auftreten: Abneigung gegen Salz? Ja. Oder, das ist dann auch der Unterschied zwischen den ausgetrockneten Natriums und den Aufgeschwemmten, die einen die Zuviel Salz und Wasser halten, und die anderen, die kein Wasser bei sich halten und austrocknen. Die können nicht auswärts essen, weil überall zu stark gesalzen. Manfred Mainka: Die wollen nicht, dass der Stoffwechsel angeregt wird, dabei ist nicht so Wichtig, ob zuviel oder zuwenig. Entsprechend Durst: ganz viel Durst oder gar kein Durst. Als Erstverschlimmerung häufig Durst. Die haben das Kügelchen Natium im Mund und dann die Flasche Wasser am Hals. Abmagerung. Dünn sein: ein wichtiges Mittel für Anorexie, in der Pubertät oder auch danach, den weiblichen runden Körper nicht haben wollen sondern die Entwicklung zurückhalten und austrocknen. Dieses heftige Zurückweisen der anderen, sich selbst die Suppe versalzen und bloß in keinen emotionalen Kontakt kommen, der halbwegs befriedigend ist. Das habe ich von da mehrfach sehr deutlich gehört. Dass sie das schaffen, jeden Therapeuten so zu vergraulen, dass der keine Lust mehr hat. Gerhardus Lang: Abmagerung am Hals, besonders von hinten. Ja, Abmagerung am Hals, die Schlüsselbeine kommen dann so heraus, Tner: die Räume über den Schlüsselbeinen heißen Salznäpfchen, Salzfässchen im Volksmund. Auslösende Ursachen sind in der Homöopathie ganz wichtig: Folgen von Folgen von Kummer, Liebeskummer, enttäuschter Liebe, unglücklicher Liebe, Tod eines Elternteils, Krieg. Was gibt es noch Schlimmes? Gerhardus Lang: Verlust der Heimat Überall, wo sie nicht wieder zurück können, wo man nicht zurück kann. In diesem Sinne auch: Sich der eigenen Entwicklung sich verpflichten ist etwas unangenehmes, weil man kann dann nicht zurück. Sich lieber jetzt zurück halten als den Schritt gehen und dann nicht zurück können. Insofern auch Verlust der Heimat, sie können nicht wieder dorthin zurück. Das ist das Schlimme. Vithoulkas: Salz ist weiß, viele Ausscheidungen sind weiß: Leukorrhoe wie Eiweiß, die Haut kann sehr weiß sein, durchscheinend, blaß, Schuppen, Auswurf beim Husten, Erbrechen, es kann alles weiß sein. Dann die Trockenheit: Risse in den Lippen, in der Mitte der Unterlippe, in den Mundwinkeln, und genau so wie die Lippen trocken sind auch Trockenheit der Vagina, schmerzhafter Geschlechtsverkehr weil die Vagina so trocken ist. Haarausfall in begrenzten Gegenden Wärme: So wie sie Zwischenmenschliche Wärme nicht gut vertragen können, so können sie die Sonne auch nicht gut vertragen, und zwar besonders auf dem Kopf. Das sind Menschen, die im Schwimmbad auf der Wiese liegen, die Decke so, dass der Kopf im Schatten liegt und der Rest in der Sonne. Kopfschmerzen durch Sonnenbestrahlung. Von 10.00 bis 15.00 Uhr ist alles schlimmer, als Hauptmodalität. Schlaflosigkeit durch Kummer. In ihren Gedanken nachts auf alles Schlimme zurückkommen, was ihnen so geschehen ist, und nicht davon loslassen können, das nicht lassen können, sich nicht lassen können, nicht einschlafen können. Depression, wichtiges Mittel für morgens nicht aufstehen wollen, eigentlich den Tag nicht beginnen wollen, und abends, wenn der Tag um ist, dann geht’s. Angst vor Einbrechern, vor Räubern, Angst Zusammenzubrechen, Tnerin: Angst vor dem Eindringen. Ja, Angst, dass diese harte Konstruktion von sich selbst aufgebrochen wird. Gerhardus Lang: Oft Junggesellen. Sicherheitshalber. Dann sind sie misstrauisch, nachtragend. So wie sie ihre eigenen Gefühle nicht äußern nehmen sie bei anderen an, dass die auch nicht zeigen wie es ihnen geht und sind ständig auf der Suche: Was meint der wohl eigentlich damit? Das ist das Hauptsächliche dessen, was im Heilungsprozess gelöst werden soll und gelöst werden wird, wenn der harte Kristall zur Welle werden kann, dass sie statt sich abzusichern, Dinge zu vermeiden, zu verhärten, die Kontrolle zu bewahren und sich Mühe zu geben, sich anzustrengen für die anderen, sich aufzuopfern, statt dieser Haltung, sich dem Leben und ihrer eigenen Entwicklung und dem, was ihnen im Leben wohl begegnet vertrauensvoll überantworten. Allein dieses Anliegen: Sich dem Leben vertrauensvoll überantworten ist eine Herausforderung, eine Unmöglichkeit. Man erntet oft Gelächter dafür. Aber das ist, worum es geht. Eigentlich von diesem Kleben an der Vergangenheit, von dem was früher schlimm war und dem vor der Zukunft große Angst haben, vor diesem ganz weit weg sein von jetzt, näher an die Gegenwart kommen, und zu dem, was in der Vergangenheit war sagen: Ab jetzt anders, dann ist es gut. Sie brauchen nicht all das wieder gut zu machen, was sie irgendwann einmal gemacht haben, sondern es ab jetzt anders machen. Gerhardus Lang: Diese hohen Ansprüche, die sie an sich selber stellen, die stellen siedeshalb, weil sie meinen, dass sie damit etwas erreichen. Sie haben es sichvorgenommen: Ich bin so, damit ich bei den anderen einen guten Eindruckmache. Was sie lernen müssen ist, dass sie aus der Situation heraus das richtige tun.Es wird nicht so , dass es amoralisch wird, dass man alle Moral wegwirft, sonderndass man das, was moralisch richtig ist im Moment entscheidet. Denn das ist dieeigentliche Moral und nicht die, die in Fächer oder in Schubladen eingeteilt ist odervom Pfarrer geholt wird. Und da eben das Risiko eingeht, etwas Falsches zu tun. Dasmüssen sie auch lernen. Sie meinen immer, es müsse abgesegnet sein, was sie tun.Nicht aus dem eigenen Herzen die Sicherheit zu finden, mit anderen Menschenumzugehen, sondern irgendwo eine Richtkurve zu haben, nach der sie sich richtenkönnen. Jürgen Becker: Es ist ja bei Natrium oft keine richtige Moral, sondern sie opfern sich auf und kommen sich moralisch vor, sind es aber im eigentlichen Sinne gar nicht. Darauf achten, dass sie das tun, was sie tun, gerne tun, und nicht mehr als das, und dass sie mit sich selbst so umgehen wie mit ihrem besten Freund. Das ist eine Empfehlung, die ich gebe, und die noch am ehesten verstanden wird, so finde ich, weil wenn man ihnen sagt: Sei gut zu Dir selbst, dann wissen sie gar nicht wie das geht. Gerhardus Lang: Sie können sich nicht ausstehen. Wenn sie sich ein wenig mögen würden, das wäre nicht schlecht. Sie können sich nicht leiden. Das müssen sie lernen „Liebe Deinen nächsten“ ist nicht so schwer für sie, „wie Dich selbst“, das ist der Teil des Satzes, der ihnen schwerfällt. Mit sich selbst gut umgehen, für sich selbst gut sorgen, für die eigenen Bedürfnisse einstehen, das äußern, was sie möchten, dazu stehen, wie sie sind, das sind Lernziele. Auch sich der ganzen unbekannten Zukunft anvertrauen und sich vom Leben tragen lassen, so wie das Meer alle trägt, ohne zu leiden, ohne bedrückt zu sein. Gerhardus Lang: Eine gute Übung ist für sie, sich auf´s Wasser zu legen, auf denRücken, und überhaupt keine Bewegungen machen um zu schwimmen, sondern sichtragen lassen und überhaupt keine Angst haben unterzugehen. Ein Traum den ich als Heilungstraum euch vorstellen möchte: Er schwimmt im Meer, mit letzter Kraft, gibt sich Mühe und Mühe und noch ein Zug und noch ein Zug, Land ist weit und breit keines in Sicht, weit und breit nicht, und hat Angst unterzugehen, hat Angst zu ertrinken, (was auch die Art ist, wie Natrium-Menschen Selbstmord machen: ins Meer gehen) Kann dann aber irgendwann nicht mehr und hört auf, zuerst mit den Beinen zu schwimmen, sich vorwärts zu bewegen. Er kommt aus der Schwimmlage heraus, die Beine sinken ab, und er stellt fest: Er steht auf einer Sandbank. Das ist das Gefühl von Natrium, das auch häufig in diesen Worten geäußert wird: Ich habe keinen Grund unter den Füßen. Ich schwimme und finde keinen Halt. Dazu müssen sie nur aufhören, so weiterzumachen wie bisher und sich dem anvertrauen, dass das, was dann kommt, schon gut sein wird. Dank für ihre Aufmerksamkeit.