Erfahrungsbericht HongKong HKUST
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Erfahrungsbericht HongKong HKUST
Erfahrungsbericht über ein Auslandssemester in Hongkong 1. Motivation und Wahl des Studienorts und der Universität Asien hat mich schon immer fasziniert, denn der Kontinent stand für mich symbolisch für eine exotische, ferne Welt, die in den westlichen Medien in letzter Zeit mit steigendem Interesse betrachtet wurde. Besonders fasziniert hat mich China, dessen Jahrtausende alte Kultur und der rasante Aufstieg in den letzten Jahrzehnten. Ich hatte damals neben den typischen europäischen Urlaubsländern und ein paar Städtereisen kaum Länder bereist, und wollte das in meiner Studentenzeit nachholen. Es stand für mich also schon deutlich vor meiner tatsächlichen Bewerbung fest, dass mein Auslandssemester, wenn es möglich ist, mich nach Asien führen wird. Ich hatte mich für das weltweite Austauschprogramm der Technischen Universität München, „tum exchange“, entschlossen, und anhand der Liste an möglichen Partneruniversitäten einen Überblick über meine Möglichkeiten erlangt. Ich wollte gerne noch eine andere Sprache lernen, gleichzeitig aber mein Englisch aufbessern und einige Prüfungsleistungen für mein Studium ablegen. Das schränkte die Auswahl schon deutlich ein, da an vielen Universitäten in Landessprache unterrichtet wird und es damit oft unmöglich macht, ohne Vorkenntnisse Prüfungen erfolgreich zu bestehen. Dies nebenbei bemerkt schreckt auch viele motivierte Studenten aus dem Ausland ab, nach Deutschland zu kommen. Neben der Hongkong Unversity of Science and Technology (HKUST), für die ich mich dann entschied, kamen noch zwei andere englischsprachige Universitäten in betracht, die Nanyang Technological University Singapore sowie die National University of Singapore. Sehr reizvoll wäre auch die Qinghua University in Peking gewesen, ihres Zeichens beste Universität Chinas, wo allerdings in Physik nur wenige Vorlesungen auf Englisch angeboten werden. Die Wahl viel dann auf Hongkong, nachdem ich mich etwas genauer mit der Geschichte, der Gegenwart und den jeweiligen Universitäten in Hongkong und Singapur beschäftigt habe. Ich wollte ja schließlich chinesische Kultur kennenlernen, und das multikulturelle, internationale Singapur erschien mir nicht als passende Wahl. Von Hongkong erhoffte ich mir einen Einblick in die chinesische Lebensweise, wenn auch deutlich westlich geprägt. Wenn ich noch einmal die Gelegenheit hätte, würde neben Singapur auch Taiwan in die engere Wahl kommen. Aus akademischer Sicht sind die Universitäten sowohl in Hongkong als auch in Singapur auf einem ähnlich hohen Niveau, und das Vorlesungsangebot in höheren Semestern ist ähnlich. In Singapur legt man allerdings mehr wert auf Theorie, während an der HKUST alles eher praktisch ausgerichtet war. Schließlich hatte ich noch, wie nahezu alle Austauschstudenten die ich kennengelernt habe, die Wahl zu treffen, ob ich für ein Semester oder für ein ganzes Jahr im Ausland studieren möchte. Ich habe mich für ein Semester entschlossen, da ich im Anschluss lieber noch ein Auslandspraktikum machen wollte. 2. Vorbereitung und Anreise 2.1 Bewerbung für TUM exchange Den überwiegenden Anteil der Vorbereitungszeit hat die Zusammenstellung aller Bewerbungsunterlagen für die TUM in Anspruch genommen. Wie bei anderen Bewerbungsverfahren wie Stipendien waren die bürokratischen Hürden so hoch gelegt, dass schon einmal ein paar potentielle Bewerber abgeschreckt wurden. Besonders schwer war es, Professoren für ein Gutachten zu finden. Davon wurden sogar zwei benötigt, die Problematik lag darin, dass Studenten im 4. Semester in einem Jahrgang mit 300 Studenten naturgemäß keinen sehr engen Kontakt mit ihren Professoren haben. Zudem sind die meisten Professoren sehr beschäftigt, aber generell sehr hilfsbereit und freundlich wenn man es schließlich schafft sie zu erreichen. Allen Studenten mit großen Jahrgängen kann ich deshalb nur zu Hartnäckigkeit raten. Das persönliche Auswahlgespräch fand etwa einen Monat nach der Abgabe der Unterlagen in sehr angenehmer Atmosphäre statt. Zeitnah danach kam dann auch die Zusage. 2.2 Bewerbungsformalitäten an der HKUST und Visum Während Austauschstudenten in der Volksrepublik ihr Visum ganz auf sich alleingestellt im Konsulat beantragen mussten und dabei in der Regel entsprechende Dokumente vorzulegen haben, bekam ich von meiner Gastuniversität einen dicken Brief mit allen wichtigen Formularen zugeschickt, darunter Antragsformulare für den Studienplatz, das Wohnheim und das Visum. Ich musste nur die ausgefüllten Formulare mit Passfoto nach Hongkong zu meiner Gastuniversität schicken, meine Kreditkartendaten angeben und absehbare Zeit später bekam ich die offizielle Bestätigung meines Studienplatzes sowie das Visum per Post zugeschickt. Post von Deutschland nach Hongkong dauert mehr als eine Woche, deshalb ist es ratsam, falls man fürchtet eine Frist zu versäumen, die unterschriebenen Unterlagen einzuscannen, der UST per Email zu schicken und anschließend noch per Post. Die Bewerbung für ein Studentenvisum ist allerdings nur in Hongkong so einfach, Studenten die nach China gehen haben es da schwerer. Allerdings hat man mit einem Visum für Hongkong noch keine Erlaubnis nach China einzureisen. Dazu benötigt man zusätzlich noch ein Touristenvisum, was Vorort in Reisebüros oder direkt in der Visastelle der Volksrepublik in Wan Chai beantragt werden kann. Wer sich das sparen möchte, kann gleich in Deutschland in die chinesische Botschaft oder Konsulat vor Ort gehen, und es dort beantragen. Dann bekommt man in der Regel ein Visum mit unbegrenzter Anzahl von Einreisen, welches extrem nützlich ist, denn China ist ja sozusagen vor der Haustüre. Wenn man es erst in Hongkong beantragt, ist nur ein Visum für zweifache Einreise möglich, es sei denn man besitzt eine Hongkong-ID-Card (entspricht unserem Personalausweis). Die ID kann jeder Bewohner von Hongkong beantragen und ist für Austauschstudenten, die ein Jahr bleiben, Pflicht. Ich war ja nur ein Semester dort und habe den bürokratischen Aufwand gescheut. Doch dafür musste ich mir dann mehrere chinesische Visa besorgen, sodass ich im Nachhinein lieber die ID Card beantragt hätte. 2.3 HKUST Emailkonto und Lehrveranstaltungswahl Das wichtigste am Bewerbungsprozess ist jedoch, sich das Benutzer- bzw- Emailkonto der HKUST einzurichten, denn damit wird dort das komplette Leben und Studieren auf dem Campus kommuniziert. Bis zu meiner Abreise aus Hongkong habe ich über 1000 Emails bekommen, davon war aber nur ein Teil davon nützlich. Eine Anleitung zur Einrichtung liegt dem Begrüßungsschreiben bei. Man sollte sich schon zuhause in Deutschland angewöhnen die Emails regelmäßig zu lesen, dann ist man über das Leben auf dem Campus, Events und den Lehrbetrieb bestens informiert. Für den Anfang sind aber nur die Wahl der Lehrveranstaltungen sowie die Bewerbung für das Wohnheim von Bedeutung, die ebenfalls über Email organisiert werden. Man bekommt für die Wahl der Lehrveranstaltungen dann ein Zeitfenster mitgeteilt, und kann seine Kurse in einem Webportal registrieren. Dies läuft bei vielen deutschen Universitäten nicht anders, doch im Gegensatz zur TUM scheint es in Hongkong reibungslos zu funktionieren. 2.4 Auslandskrankenversicherung und Reiseberatung Des Weiteren habe ich mir eine gute Auslandskrankenversicherung zugelegt. Ich habe mich für die Hanse Merkur entschlossen, dort gibt es einen Tarif für Studenten, der mir passend erschien. Hier muss man berücksichtigen dass viele der Anbieter von sehr günstigen Tarifen nur Auslandsreisen mit einer Dauer von bis zu 30 Tagen versichern. Man sollte deshalb die Bedingungen des Tarifs genau überprüfen. Vom ADAC habe ich auch gutes gehört. Ebenfalls ratsam ist eine Reiseberatung beim Hausarzt. Dort wurden mir noch Impfungen nahegelegt, allerdings nicht für Hongkong, sondern um für Reisen in die angrenzenden Länder vorbereitet zu sein, inklusive der ländlichen Gegenden Chinas. 2.5 Flugticket und die eigentliche Anreise Die Anreise ist nicht weiter schwer, der Hongkong International Airport ist eine der größten der Welt, um ein günstiges Ticket zu bekommen sollte man jedoch etwa zwei Monate vorher buchen, am besten gleich mit festem Rückflugtermin. Ich habe mich damals für einen Flug mit Qatar Airways entschieden, von München für ca. 570 Euro inkl. Rückflug und war sehr zufrieden. Für den günstigen Preis muss man allerdings einen 6stündigen Aufenthalt in Doha einkalkulieren. Ähnlich günstige Tickets mit Aufenthalt in Dubai gibt es von Emirates, Direktflüge der Lufthansa und Cathay Pacific sind deutlich teurer. Aeroflot über Moskau und Air China über Peking waren zum Zeitpunkt meiner Buchung ebenfalls günstig. Vom Flughafen zur Universität kommt man am besten mit dem Taxi. Dazu sollte man die Wegbeschreibung auf der HKUST-Homepage ausdrucken, dann habt ihr auch gleich die Adresse in chinesischen Schriftzeichen. Die Taxifahrer können in der Regel nur wenig Englisch. Die Universität heißt auf kantonesisch „fo dai“, falls ihr euer Glück auf kantonesisch versuchen wollt. Alternativ kann man auch mit dem Airport-Express nach Central fahren, dann in die Ubahn, die in Hongkong „MTR“ heißt, umsteigen, bis zur Station „Hang Hau“ (Tseung Kwan O-Linie). Von der U-Bahnhaltestelle direkt zur HKUST fahren allerdings nur die grünen Minibusse. Zug, MTR und Minibus ist zwar günstiger, für die erste Anreise auf unbekanntem Terrain mit Gepäck würde ich auf alle Fälle das Taxi empfehlen. Haltet Ausschau nach anderen Studenten, ich hatte Glück und gleich am Flughafen zwei gefunden und mit ihnen ein Taxi geteilt. 2.6 Dinge die ins Reisegepäck gehören - Passfotos: Man benötigt in seinen ersten Tagen für den Wohnheimsausweis, für den Ausweis fürs Fitnessstudio und für die Beantragung des Studentenrabatts für die U-Bahn (spezielle „student octopus card“) jeweils ein Foto (zur Not steht auf dem Campus auch ein Automat bereit). - Steckdosenadapter für Großbritannien - typische Erkältungsmedizin: Von den Austauschstudenten die ich kenne haben die meisten mindestens eine Erkältung von den viel zu kalt eingestellten Klimaanlagen oder auf Reisen bekommen. - eine international gültige Kreditkarte: Damit kann man möglichst kostenlos weltweit Geld abheben und zahlt nur geringe Gebühren auf Auslandstransaktionen. Im Gegensatz zu Deutschland und China kann man in Hongkong überall mit Kreditkarte bezahlen, und zum buchen von Reisen in umliegende Länder hat sie sich auch bewährt. - ein Netbook oder ein Smartphone (kann man auch günstig in Hongkong kaufen): Denn auf dem Campus gibt es überall drahtloses Internet, und auch sonst gibt es in der Stadt an jeder Ecke die Möglichkeit, ins Internet zu gehen. - Lonely Planet für Hong Kong & Macao: Diesen Reiseführer, der eher ein Buch ist, am besten gleich auf Englisch kaufen, der ist definitiv der beste Reiseführer und jeden Cent wert (gibt’s natürlich auch in allen großen Hongkonger Buchläden) 2.7 Dinge die man sich gleich nach der Ankunft kaufen sollte - Handykarte: beispielsweise von Peoples, gibt es in jedem 7 Eleven, beim Kauf auf die internationale Variante achten, dann kann man für umgerechnet 2,5 Eurocent pro Minute vom Handy ins deutsche Festnetz telefonieren. - Octopus Card: Mit dieser smart card kann man das komplette öffentliche Nahverkehrsystem von Hongkong benutzen und darüber hinaus in Kinos, Supermärkten, 7Eleven und den Kantinen an der Uni bezahlen. Damit ist Bargeld in weiten Bereichen des Hongkonger Lebens faktisch abgeschafft. Ich kenne keine Stadt der Welt in der das so konsequent umgesetzt wurde, und ich wünsche mir so etwas auch für ganz Deutschland. Die Karte gibt es an allen MTR Stationen, am Flughafen beispielsweise an der Station des Airportexpress und kann überall dort aufgeladen werden, wo auch damit bezahlt werden kann. - Bettwäsche und andere Sachen für das Zimmer gibt es in vielen Einkaufscentern oder bei IKEA, dazu am besten einen fragen der sich auskennt. 3. Leben und Studieren an der HKUST 3.1 Das Leben auf dem Campus Ich hatte ein Zimmer direkt auf dem Campus in einem der Wohnheime, für ca. 500 Euro pro Semester. Austauschstudenten werden bevorzugt dort untergebracht, und ich kann es sehr empfehlen. Durch den engen Kontakt mit anderen Studierenden hat man schnell Freunde gefunden. Besonders unter all den Austauschstudenten, die ja alle anfangs kaum Leute kennen, findet man schnell Anschluss. Aber auch unter den Chinesen kann man mit etwas Engagement Freunde finden. Ich musste mir zwar mein kleines Zimmer mit einem Mitbewohner teilen, die Zimmer waren aber einigermaßen neu eingerichtet und die Bäder sauber, sodass mir dies nicht so schwer fiel. Nur das Bett hätte bequemer und größer sein können, aber selbst daran gewöhnt man sich. Ich wurde glücklicherweise einem der neuesten Wohnheime zugeteilt (UG Hall VI). Im Übrigen verbringt man in der Regel nicht viel Zeit in seinem Zimmer. Dazu ist der Campus einfach zu schön, selbst die Bibliothek hat Meerblick. Der Campus liegt direkt am Meer, man hat eine wunderbare Aussicht auf eine Bucht und die nahegelegene Sai Kung Halbinsel. Man könnte dort fast vergessen dass man sich in einer der am dichtesten besiedelten Städte der Welt befindet, sondern eher in einem Ferienort. Desweiteren befindet sich ein Friseur, ein Supermarkt, ein Hallenbad sowie ein swimming pool, ein Fitnesscenter und viele weitere Sportanlagen auf dem Campus. Essen kann man in vielen Kantinen und Restaurants für umgerechnet ca. 2 Euro. Die Qualität des Essens ist dabei weitaus besser als in den Münchner Mensen, wenngleich man immer noch einen Unterschied zu einem richtigen chinesischen Restaurant feststellen kann. Dafür gibt es in den Wohnheimen keine Kochmöglichkeit, abgesehen von einer Mikrowelle in den Gemeinschaftsräumen der Wohnheime. Zumindest gibt es dort Kühlschränke und warmes und kaltes Trinkwasser umsonst. Es gibt auch eine kleine Klinik auf dem Campus, die für kleine Krankheiten und Blessuren durchaus geeignet ist. 3.2 Bemerkungen zur Bewerbung für einen Wohnheimplatz Wie schon beim Visumsantrag hielten sich auch die Formalitäten bezüglich der Unterkunft in Grenzen. Wie schon oben unter 2.2 erwähnt, muss man nur ein Formular ausfüllen und nach Hongkong schicken. Dabei kann man die Art des Zimmers wählen, es gibt Doppel- und Dreierzimmer. Des Weiteren kann man seine Präferenz bezüglich des Mitbewohners ankreuzen (exchange / local / mainland chinese ). Ich hab mich für einen Austauschstudenten entschieden, weil Chinesen doch teilweise andere Tagesabläufe haben und war damit auch sehr zufrieden. Es gibt auf dem Campus mehrere Wohnheime, wobei Undergraduate Hall VI und Hall VII die neuesten sind und damit die begehrtesten, während Hall I, II und III schon etwas in die Jahre gekommene Möbel und Bäder haben. Hall IV ist inoffiziell als „party hall“ bekannt, und dementsprechend etwas lauter, aber Beschwerden über die Lautstärke in der Nacht habe ich von mehreren Wohnheimen gehört. Hall VII erfordert eine gesonderte Bewerbung in einer „living and learning community“, ist aber das schönste und komfortabelste aller Wohnheime. Offiziell hat man zwar keinen Einfluss auf die Nummer des Wohnheims, ich habe es aber einfach mal auf das Bewerbungsformular draufgeschrieben und bin auch tatsächlich in Hall VI gekommen. 3.3 Studieren an der HKUST – Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur TUM Verglichen mit der TUM ist die Betreuung an der HKUST viel besser. Der Kontakt zu den Professoren und den teaching assistants ist viel intensiver, man ist aber auch während des ganzen Semesters mit irgendwelchen Projekten, Hausaufgaben, Aufsätzen und Vorträgen beschäftigt. Das zwingt einen zum einen dazu, regelmäßig zu lernen und verteilt die Lernbelastung gleichmäßiger, andererseits fühlt es sich etwas mehr wie Schule an. Es mag auch daran liegen dass die Studenten deutlich jünger sind, und das System deshalb etwas schulischer sein soll. Ich war aus München gewohnt, dass mich die Uni das ganze Semester über mehr oder weniger in Ruhe gelassen hat und ich mich ungestört mit einem guten Buch auf die Prüfung vorbereiten konnte. Das Niveau meiner Vorlesungen war recht hoch, denn ich hatte post-graduate Kurse gewählt, da für mich im 7. Semester des Diplomstudiengangs die meisten undergraduate-Kurse uninteressant waren. Letztere sollen deutlich leichter zu bestehen sein. Ein weiterer Unterschied zur TUM ist das intensive Gemeinschaftsleben auf dem Campus. Da tausende Studenten nicht nur wie zuhause auf dem Campus studieren, sondern dort auch leben, hat man es viel leichter Freunde zu finden und diese Freundschaften auch aufrecht zu erhalten. Zur Freizeitbeschäftigung gibt es eine große Auswahl an Clubs und Societies, denen man beitreten kann und die sich immer wieder freuen, wenn Austauschstudenten sich dort einbringen. Das Angebot deckt von Film und Radio über Band, Tanz, Langstreckenlauf und allen erdenklichen Sportarten bis zu Kochkursen alles ab was man schon immer ausprobieren wollte. Zusätzlich bietet das Language Centre weitere Sprachangebote kostenlos an, und man kann seine Sprachkenntnisse in einigen Sprachgruppen auffrischen. Ich habe wöchentlich die Französische und die Deutsche Sprachgruppe besucht, dort einige Freunde gefunden und auch viel gelernt. Durch das Language Center habe ich auch eine Sprachpartnerin kennengelernt, die mir mit Chinesisch sehr geholfen hat, während ich ihr hoffentlich etwas mehr Sprachpraxis in Englisch geben konnte. Alle diese Angebote sind natürlich vollkommen freiwillig, allerdings bin ich dort immer mit mehr Freude hingegangen als in die Vorlesungen! Für all diese schönen Angebote, bei denen ihr definitiv mehr Leute kennenlernt und mehr für euer Leben und über Hongkonger Lebensart lernt als in jeder Vorlesung, bleibt aber nur Zeit wenn ihr nicht zu viele Vorlesungen wählt. Auch die Ausstattung der Bibliothek und der Computerräume ist besser. Besonders gefallen haben mir die kleinen Lernräume in der Bibliothek, die man sich online mieten konnte. Im Gegensatz zu einer deutschen Uni-Bibliothek lud die Bibliothek der HKUST auch mal dazu ein, sich in der Freizeit in einen der bequemen Sessel oder auf eine Couch am Fenster zu setzen, den Blick aufs Meer zu genießen oder eine DVD anzusehen. Aufgrund der kleinen Zimmer und der Wohnheime ist die Bibliothek hier für viele ein Platz zum leben. In München war ich nie ein Freund der Bibliothek, nicht mal zum lernen, aber in Hongkong hab selbst ich mich von Zeit zu Zeit freiwillig dort aufgehalten. Die Bibliothek war sehr gut sortiert, es gab neben Lehrbüchern, Fachbüchern und Zeitschriften sogar eine CD und DVD-Sammlung. Allerdings gab es die meisten Lehrbücher nur einmal, sodass man das wichtigste Lehrbuch gegebenenfalls kaufen musste, und manchmal nicht einmal die Chance hatte ein Buch kurz auszuleihen. Von der TUM war ich es gewohnt, dass zu den wichtigsten Vorlesungen zahlreiche Exemplare in den Lehrbuchsammlungen vorhanden waren. Einziger Haken am ansonsten wunderschönen Campus war die eiskalt eingestellte Klimaanlage, ein Phänomen das man in der ganzen Stadt beobachten kann. Nach der ersten Erkältung deswegen habe ich mir immer eine Jacke oder einen dicken Pullover mitgenommen wenn ich aus dem Freien in Vorlesungsräume oder die Bibliothek ging, trotz 30 Grad Außentemperatur. Draußen war es während des ganzen Herbstsemester meistens schönes Wetter, und man kann ruhig seine ganzen Sommersachen einpacken, für drinnen empfehle ich aber wegen den Klimaanlagen dringend auch ein paar dünne Wintersachen und Jacken mitzunehmen. Klingt lächerlich, lohnt sich aber echt. Ich würde davon abraten im Sommersemester an die HKUST zu gehen, da ist das Wetter tropisch heiß und feucht, und sehr schwül. Es regnet auch regelmäßig. Im Herbst und Winter dagegen ist das Wetter trocken und kommt einem deutschen Sommer bzw. einem guten Frühling recht nahe. 3.4 Besuchte Lehrveranstaltungen Ich habe mir an der HKUST drei Vorlesungen aus dem post graduate-Angebot im Umfang von jeweils 4 Semesterwochenstunden ausgewählt, dazu noch eine Sprachvorlesung mit ebenfalls 4 SWS. In HKUST-Credits gerechnet ergibt das 12 Credits. Das ist gerade das Minimum, aber bei den deutlich arbeitsintensiveren Vorlesungen als zuhause würde ich auch nicht mehr als 12 Credits empfehlen, ansonsten kommt das Leben und die anderen Aktivitäten (siehe 3.3) zu kurz. Ich war im 7. Semester des Diplomstudiengangs, also in einer Phase in der man sich naturgemäß spezialisieren sollte. Das Angebot an interessanten physikalischen Spezialfächern war leider nicht sehr groß, ich habe mich deshalb auch bei den anderen Fakultäten umgesehen. Meine Auswahl war wie folgt: PHYS 581 Modern Semiconductor Physics Inhaltlich anspruchsvolle Vorlesung über die üblichen Themen der Halbleiterphysik, leider war die Präsentation nicht sehr ansprechend. Die Noten wurden hauptsächlich über Gruppen- und Einzelvorträge gebildet, was eine gute Übung für spätere Seminare. Diese Vorlesung würde ich weiterempfehlen. ELEC 507 Microelectronic Fabrication Technology Sehr interessante Vorlesung über die Grundlagen der Herstellung von Halbleiterbauteilen, allerdings war mit regelmäßigen Hausaufgaben, zwei Quiz und einem Aufsatz am Ende des Semesters der Arbeitsaufwand sehr hoch. Besonders gewöhnungsbedürftig war, dass die 4 SWS-Vorlesung am Stück gelesen wurden, in den Abendstunden, ohne Pause. Doch der Professor hatte ein perfektes Englisch und eine sehr anschauliche Art Dinge zu erklären, weshalb ich seine Vorlesungen trotz der Bedingungen gerne besucht habe. CHEM 554 Chemistry for Advanced Materials Diese Chemievorlesung hat mir viel beigebracht über LCDs, OLEDs und generelle Vorgänge in der organischen Chemie und ist eine wunderbare Ergänzung zur Halbleiterphysik. Die Note wurde ganz klassisch über zwei Klausuren gebildet, und nur zu einem ganz kleinen Teil aus Anwesenheit und zwei kleinen Quiz. Der Professor gab sich viel mehr Mühe als ein deutscher Professor, er wollte sicher gehen dass es auch jeder verstanden hat. An den starken chinesischen Akzent des Professors musste man sich aber erst gewöhnen. LANG 113 Putonghua for Non-Chinese background students I Dieser Einstiegskurs in die chinesische Hochsprache hat mir sehr viel Spaß gemacht. Die Zuhörer waren fast nur Austauschstudenten und vor allem wegen der netten Dozentin war die Atmosphäre sehr angenehm. Ich finde man sollte versuchen die Sprache eines Landes, das man besucht, zu lernen, und deshalb kann ich den Kurs jedem empfehlen, der gerne Sprachen lernt. Auf den Straßen von Hongkong wird allerdings bevorzugt kantonesisch gesprochen, da bringt es einem nicht viel, aber in China ist es sehr hilfreich, wenn man wenigstens ein paar Wörter und Sätze kann. Der Kurs war wie alle Vorlesungen an der HKUST von vielen kleinen und großen Prüfungen begleitet, die mich irgendwann nur noch genervt haben. Im Nachhinein bin ich aber froh, denn ohne den nötigen Druck hätte ich vermutlich den Kurs nur halbherzig besucht. 4. Das Leben in Hongkong Hongkong ist definitiv eine der aufregendsten Städte der Welt. Durch die dichte Besiedelung der Täler, umgeben von grünen Bergen und dem Meer bekommt die Stadt einen besonderen Charakter. Denn Hongkong verfügt auch über ruhige Strände und ausgiebige Wanderwege im Grünen und ist nicht nur die Stadt mit den vielen Wolkenkratzern und einem großen Industriehafen, für die sie vielleicht international bekannt ist. Selbst für chinesische Verhältnisse sind hier auf den Straßen besonders viele Menschen unterwegs, besonders in der rush hour ist die MTR sehr voll. Dennoch funktioniert das öffentliche Nahverkehrssystem auch zu den Spitzenzeiten tadellos, und man kommt problemlos von einem Ort zum anderen, und kann die geringen Gebühren auch noch bequem bargeldlos per OctopusCard bezahlen. In Hongkong funktioniert alles, die Stadt ist sehr sauber und sicher und Englisch wird dort gut verstanden, wenn auch in den letzten Jahren mit sinkender Tendenz. Gerade diese Eigenschaften lernt man vor allem dann zu schätzen, wenn man von einer Reise aus China zurückkommt. Denn dort ist oftmals das Gegenteil der Fall. Überraschend positiv ist mir die Luftqualität aufgefallen. Ich hatte sie mir schlimmer vorgestellt. Aufgrund der sehr gut ausgebauten öffentlichen Verkehrssysteme gibt es vergleichsweise wenig Autos, und kaum noch Industrie. Kulturell ist in Hongkong mit Museen, Oper und Theater sowie englischsprachigen Kinos viel geboten, und in Wanchai, Lan Kwai Fong und Tsim Sha Tsui findet man auch zahlreiche westlich ausgerichtete Bars, Kneipen und Diskotheken. Hier muss man jedoch mehr Geld einplanen als zuhause. Kulinarisch gibt es in Hongkong alles was man sich vorstellen kann, von vietnamesisch über koreanisch und italienisch bis zu deutschem Essen kann man alles bekommen. Am besten ist aber das lokale, kantonesische Essen. Nachdem die Bewohner Hongkongs sehr gerne Essen gehen, gibt es natürlich gerade was chinesisches Essen angeht eine große Auswahl zu sehr günstigen Preisen. Es ist nicht schwer ein einfaches chinesisches Gericht abseits der teuren Viertel für 2-3 Euro zu bekommen. Westliches Essen ist relativ teuer. Die Supermärkte in Hongkong haben alles was man zum Leben und überleben braucht, neben amerikanischen und australischen Produkten auch europäische Marken. Das Preisniveau ist ähnlich wie zuhause, für aus chinesischer Sicht exotische Nahrungsmittel wie Milch, Käse, Schokolade und Müsli muss man allerdings deutlich mehr bezahlen. Die ganze Stadt ist ein einziges Einkaufszentrum, fast an jedem Eck findet man ein Einkaufszentrum, in denen Hongkonger ihrer Freizeitbeschäftigung nachgehen oder reiche Chinesen aus Mainland Markenprodukte einkaufen. Aber auch für den kleinen Studentengeldbeutel bietet Hongkong genügend Einkaufsmöglichkeiten. Gesetzliches Zahlungsmittel in Hongkong ist der Hongkong-Dollar, der fest an den USDollar gekoppelt ist und damit den üblichen Schwankungen des Euro unterliegt. Geldautomaten findet man überall, wenn man möchte kann man ein Konto bei einer der vielen Banken eröffnen, meine deutsche Kreditkarte wurde aber überall akzeptiert. 5. Fazit Ich hatte eine tolle Zeit in Hongkong und kann die Stadt als solche sowie die HKUST insbesondere sehr empfehlen. Nirgendwo hat man als Europäer einen so leichten Einstieg in den chinesischen Kulturkreis. Natürlich findet man in Hongkong westliche Einflüsse an jeder Ecke, deshalb sollte man von Erfahrungen in Hongkong nicht auf die Volksrepublik schließen. Den vollen chinesischen Kulturschock bekommt man nur in Mainland China. Doch selbst da sind die Gegensätze sehr groß innerhalb des Landes und von Provinz zu Provinz. Ich habe in Hongkong nicht nur Freundschaften fürs Leben geschlossen, mit Chinesen, anderen Austauschstudenten, aber auch mit ein paar Deutschen die ich womöglich nie zuhause getroffen hätte, sondern es hat mir auch akademisch und persönlich viel gebracht. Nicht zuletzt hat sich mein Englisch verbessert und ich habe die ersten Schritte in Chinesisch gemacht. Mir hat es in Hongkong so gut gefallen, dass ich mich nach meinem Auslandssemester gleich noch für weitere vier Monate in der chinesischen Nachbarstadt Shenzhen, gleich an der Grenze zu Hongkong, niedergelassen habe. Ich mache dort ein Praktikum und bleibe somit noch etwas länger im Großraum Hongkong. 6. Hilfreiche Links HKUST website www.ust.hk/ HKUST Administrative Intranet (u.a. Wahl der Vorlesungen) https://www.ab.ust.hk/as/as_details.htm HKUST library http://library.ust.hk/ HKUST language centre (haben tolle Angebote und kompetente Sprachlehrer) http://lc.ust.hk/ Chinesische Sprache: http://www.mdbg.net/chindict/chindict.php?page=chardict http://www.nciku.com/ Reisen in China www.elong.net für chinesische Inlandsflüge www.zuji.com.hk für sonstige Flüge sowie wikitravel und einschlägige Wikipediaartikel