Embolisation von Gebärmutter
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Embolisation von Gebärmutter
Embolisation von Gebärmutter-Myomen (synonym: Uterusarterienembolisation / UAE, Uterine Fibroid Embolisation / UFE, Myomembolisation) Allgemeines über Myome Ein Myom ist ein gutartiger Tumor des Muskelgewebes der Gebärmutter (Uterus), der bei etwa 20% aller Frauen vorkommt, die älter als 30 Jahre sind. Ein Myom kann einzeln oder multipel auftreten (Uterus myomatosus). Bei entsprechender Größe und Lage können Myome behandlungsbedürftige Beschwerden auslösen, z.B. verlängerte und schmerzhafte Regelblutungen, Druckgefühl und Schmerzen in Unterleib und Lenden, Unfruchtbarkeit. Myome können unter der Schleimhaut (submukös), in der Wand (intramural), oder unter der den Uterus umgebenden Serosa (subserös) sitzen. Manchmal sind Myome über einen Gewebe-Stiel mit der Gebärmutter verbunden (gestieltes Myom). Abbildung: Schema eines Uterus mit Myomen Die Embolisation stellt eine Alternative zu den bisher üblichen Behandlungsverfahren dar, wie z.B. die andauernde Einnahme von Schmerzmedikamenten, Hormontherapie, chirurgische Entfernung des Myoms (Myomektomie) oder der gesamten Gebärmutter (Hysterektomie). Vorteilhaft bei der Myom-Embolisation ist: kein operativer Eingriff, keine Allgemeinnarkose, keine Periduralanästhesie, keine Operationswunde, kurzer stationärer Aufenthalt, geringeres Risiko schwerer Komplikationen als bei einer offenen Operation, die Gebärmutter bleibt erhalten, eine spätere Schwangerschaft ist nicht ausgeschlossen. Durch die Embolisation der Arterie, die das Myom versorgt, wird dieses von der Blutzufuhr ausgeschlossen und schrumpft langsam innerhalb der folgenden Monate. Eventuell mitversorgtes gesundes Gebärmutter-Gewebe reagiert mit einer schnellen Erholung auf die verringerte Blutzufuhr. Mit dem Untergang des Myoms werden in den meisten Fällen auch die belastenden Symptome geringer. Der Eingriff: Embolisation Allgemein bezeichnet man als Embolisation den gezielten Verschluß von Blutgefäßen durch Einbringen von organischen oder anorganischen verklumpenden Flüssigkeiten, kleinen Spiralen oder Kunststoff-Teilchen (Sammelbegriff: Embolisat). Der Zweck einer Embolisation ist in den meisten Fällen, einen Tumor von der Blutversorgung auszuschließen, um ihn sozusagen "auszuhungern" oder "auszutrocknen". Das behindert sein weiteres Wachstum und bewirkt seine Schrumpfung oder seinen Untergang. Dies kann vor einer geplanten Operation angebracht sein, um die Operation zu erleichtern oder den Blutverlust während der Operation zu verringern. Eine Embolisation kommt in bestimmten Fällen aber auch als einzige Therapiemaßnahme zur Anwendung. Abbildung: Prinzip der TumorEmbolisation Dieses Prinzip kommt auch bei Uterus-Myomen zum Einsatz. Nach örtlicher Betäubung der rechten oder der linken Leiste wird die Leistenarterie mit einer Hohlnadel (Kanüle) punktiert. Unter Röntgen-Durchleuchtung wird ein Katheter (dünner Schlauch) in die Arterie eingeführt und bis in die Gebärmutter-Arterie (Arteria uterina) vorgeschoben, die das Myom mit Blut und Nährstoffen versorgt. Zur Darstellung der Blutversorgung auch über kleine Verzweigungen der Arterie wird unter Verwendung eines Kontrastmittels eine Angiographie (Darstellung der Blutgefäße) durchgeführt. Nach zielgenauer Platzierung des Katheters in der Gebärmutterarterie werden dann kleine Partikel mit einer Größe von etwa 0,5 bis 1 mm durch den Katheter eingebracht. Diese verstopfen die myom-versorgenden Arterien, indem die Embolisationspartikel mit dem Blutfluß in die kleineren Gefäße geschwemmt werden. Der Effekt wird angiographisch kontrolliert und es werden solange Partikel eingebracht, bis der Blutfluß zum Myom fast zum Stehen kommt. Meistens ist es möglich, beide Seiten über nur einen Katheter zu behandeln; dies erfordert nur die Punktion einer Leistenarterie. Eine zweite Punktion der anderen Leistenarterie wird nicht benötigt. Nach Entfernung des Katheters wird die Punktionsstelle in der Leiste vom Arzt manuell komprimiert, bis die Einstichstelle abgedichtet ist. Danach wird in der Leiste ein Pflasterverband angelegt. Der gesamte Eingriff dauert normalerweise etwa 60 bis 90 Minuten. Etwa 4 Stunden nach dem Eingriff darf die Patientin das Bett verlassen und z.B. zur Toilette gehen. Der Eingriff wird im Rahmen eines kurzen stationären Aufenthaltes durchgeführt, da die Embolisationstherapie insbesonders direkt nach dem Eingriff starke, regelähnliche Schmerzen und Krämpfe verursachen kann, häufig kombiniert mit Übelkeit, Brechreiz und leichtem Fieber (Postembolisations-Syndrom). Wegen dieser Symptome werden schon vor dem Eingriff beruhigende und schmerzstillende /entzündungshemmende Medikamente gegeben; nach der Behandlung wird diese Therapie fortgesetzt, wobei die Patientin die Art und Menge der Schmerzmittel selbst steuern kann. Im Diakonissenkrankenhaus Karlsruhe-Rüppurr besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen der Klinik für Interventionsradiologie und der Klinik für Gynäkologie des Hauses. Die Betreuung der Patientinnen mit Gebärmutter-Myomen erfolgt interdisziplinär durch den Interventionsradiologen und den Gynäkologen des Hauses, sowie im Rahmen der Schmerztherapie durch die Abteilung für Anästhesie. Abbildung: Durch mehrere Myome stark vergrößerter Uterus. Hier wurde zuerst auf der linken Seite, dann über den selben Katheter auf der rechten Seite embolisiert. Angiographie auf der rechten Seite vor Embolisation: stark durchblutete, große Myome Angiographie auf der linken Seite vor Embolisation Angiographie nach Embolisation der rechten Arteria uterina: die kleinen Blutgefäße, die die Myome versorgen, sind verstopft und stellen sich nicht mehr dar Angiographie nach Embolisation der linken Arteria uterina Das Embolisat und seine Wirkung auf das Gebärmuttergewebe Die Partikel (das Embolisat), die zur Embolisation in die Arterien eingebracht werden, bestehen aus kunststoffartigen Verbindungen, zumeist auf der Basis eines PolyvinylAlkohols. Solche Materialien werden schon seit sehr vielen Jahren für die Embolisation von anderen Tumoren oder von Blutungen verwendet (lange bevor es die Technik der Myomembolisation gab). Der Stoff ist als Implantat in der Medizin bekannt und gilt nach heutigem Wissensstand als "inert" in Bezug auf Gewebe, d.h. von diesen Stoffen ausgehende Nebenwirkungen oder Folgen sind auch auf lange Sicht betrachtet nicht bekannt. Das Prinzip der selektiven Wirkung des Embolisates auf die Myome beruht darauf, daß die Myome zum einen sehr viel stärker durchblutet sind als das umgebende gesunde Gebärmuttergewebe, und zum anderen auf eine Unterbrechung der Blutzufuhr sehr viel empfindlicher reagieren als das gesunde Gewebe. Durch die eingeschwemmten Partikel werden zwar beide Hauptarterien der Gebärmutter "verstopft", dennoch werden dadurch nur die stärker durchbluteten Myome "ausgetrocknet". Das übrige, d.h. gesunde Gewebe der Gebärmutter wird nur kurzzeitig und vorübergehend einer Minderdurchblutung ausgesetzt, aber auf Dauer nicht geschädigt, da es weiterhin ausreichend Blut aus zahlreichen kleineren Nebengefäßen erhält. Dies zeigen kernspintomographische Untersuchungen mit Perfusionsmessungen des Myometriums (Messung der Durchblutung der Muskelschicht der Gebärmutterwand). Ergebnisse der Embolisation Obwohl die eigentliche Technik der Embolisation schon seit langer Zeit in der Interventionellen Radiologie bekannt ist, wird sie zur Behandlung von Gebärmuttermyomen erst seit Mitte der neunziger Jahre angewandt. Weitreichende Ergebnisse liegen aus Europa und den USA vor, wo bis heute über mehr als 10.000 Fälle berichtet wird. Umfangreiche kontrollierte Studien belegen eine technische Erfolgsrate der Methode von ca. 98%, wodurch die Beschwerden der Patientinnen in mehr als 90% der Fälle mit Erfolg behandelt werden können (klinische Erfolgsrate). Dies deckt sich mit unserer eigenen Erfahrung aus den vergangenen 10 Jahren, in denen wir Myomembolisationen durchführten, in den letzten Jahren mit einer Häufigkeit von durchschnittlich 50 Eingriffen pro Jahr. Mehr als 90% der behandelten Frauen berichteten über eine starke Verbesserung der Symptome bzw. Symptomfreiheit, und die meisten Patientinnen würden diese Behandlungsmethode wieder wählen und empfehlen die Methode weiter. Die Myome schrumpfen in ihrer Größe um durchschnittlich 50% nach 3 Monaten, mit einer entsprechenden Verringerung der Gesamtgröße der Gebärmutter. Sehr große Myome mit einem Durchmesser von beispielsweise 10 oder 12 cm schrumpfen nach der Embolisation insgesamt weniger, doch auch eine geringe Abnahme der Größe und eine Änderung der Gewebshärte des Myoms hat in vielen Fällen einen positiven Einfluss auf die Symptome Druckgefühl, Regelschmerz und Blutungsstärke. Ein Rezidiv, d.h. das erneute Wachstum des behandelten Myoms nach einer anfänglichen Schrumpfung, ist sehr selten. Es ist auch möglich, daß sich naturgemäß die Myome im Alter von selbst verkleinern, da ihr Wachstum hormonabhängig ist. Sollten neue Myome an anderen Stellen des Uterus entstehen oder ein Rezidiv auftreten, kann eine Embolisation wiederholt werden. Abbildung: Kernspintomographie (MRT) des Unterleibs einer Patientin aus dem Jahre 1998. vor Embolisation: durch Myome stark vergrößerte Gebärmutter. Symbole: Stern = Gebärmutter Pfeile = Größe der Gebärmutter, Außengrenzen 3 Monate nach Embolisation: die Myome haben sich zurückgebildet, normale Größe der Gebärmutter Mögliche Risiken und Nebenwirkungen Die Embolisation von Myomen gilt als ein sicheres Verfahren, aber Risiken und Nebenwirkungen sind, wie bei fast jeder wirkungsvollen Behandlungsmethode, vorhanden. Die vorübergehende Unterbrechung der Blutzufuhr zum Organ bewirkt Krämpfe und Schmerzen, manchmal auch Übelkeit und leichtes Fieber (Post-Embolisations-Syndrom). Dies sind übliche Nebenwirkungen während der ersten 24 Stunden nach dem Eingriff, die mit geeigneten intravenös verabreichten Medikamenten beherrscht werden können. Im Regelfall ist zur Schmerztherapie kein Periduralkatheter (PDA) erforderlich, bei sehr starken Schmerzen ist dies jedoch eine zusätzliche Option. In welchem Ausmaß Schmerzen auftreten werden, läßt sich vor dem Eingriff leider nicht abschätzen. Manche Frauen verspüren kaum Schmerzen, andere Patientinnen dagegen brauchen eine größere Dosis an Schmerzmitteln. Üblicherweise sind diese Symptome am nächsten Tag schon deutlich besser, sie können jedoch in milder Form für eine längere Zeit andauern. Viele Frauen nehmen nach kurzer Zeit wieder ihre Berufstätigkeit auf. Wir empfehlen, sich noch ein bis zwei Wochen lang etwas zu schonen. Bei manchen Patientinnen bleibt nach der Embolisation vorübergehend die Regelblutung aus, der Zyklus stabilisiert sich aber nach einigen Wochen wieder. Bei einem sehr kleinen Teil der Patientinnen, insbesondere bei Patientinnen, die sich bereits in der Nähe der Menopause (Wechseljahre) befinden, kann der Regelzyklus auch dauerhaft ausbleiben. Dieses Risiko besteht jedoch auch nach einem chirurgischen Eingriff. Risiken, die mit jeder Angiographie verbunden sind, beinhalten allergische Reaktionen auf das verwendete jodhaltige Kontrastmittel sowie Komplikationen durch einen Bluterguss in der Leiste. Relevante Komplikationen sind selten, treten in weniger als 3% aller Fälle auf und müssen bei weniger als 2% der Patientinnen operativ, also mit einer chirurgischen Entfernung des Myoms (Myom-Enukleation) oder einer Hysterektomie (Entfernung der Gebärmutter) behandelt werden. Zu den relevanten Komplikationen zählen: die Ausstoßung eines zugrunde gegangenen Myoms, insbesondere eines submukös gelegenen Myoms in die Gebärmutterhöhle hinein oder durch die Scheide nach außen, sowie eine infektiöse oder auch eine ohne Beteiligung von Bakterien entstehende Entzündung der Gebärmutter. Schwangerschaft nach Embolisation Die meisten Frauen haben zum Zeitpunkt der Embolisation ihre Familienplanung schon abgeschlossen. Einige Frauen mit noch vorhandenem Kinderwunsch sind nach einer Embolisation schwanger geworden, haben eine normale Schwangerschaft durchlebt und ein gesundes Kind zur Welt gebracht. Die Embolisation wird jedoch bei uns in Deutschland nicht als erste Wahl bei Patientinnen mit Kinderwunsch empfohlen, da weitreichende Ergebnisse aus kontrollierten Studie noch fehlen und in dieser Hinsicht die Erkenntnisse bezüglich dieser Methode noch nicht als wissenschaftlich abgesichert gelten. Außerdem kann es in seltenen Fällen, bei ungewöhnlichen Blutgefäßverbindungen zwischen Gebärmutter und Eierstöcken, zu einer Durchblutungsstörung der Eierstöcke kommen und dies eine Unfruchtbarkeit verursachen. Bei Frauen mit Kinderwunsch sollte die Entscheidung zur Embolisation also daher im Einzelfall abgewogen werden. Folgende Befunde würden z.B. für eine Embolisation sprechen: Uterus myomatosus mit sehr zahlreichen Myomen, bei dem eine komplette chirurgische Myom-Entfernung als schwierig und risikoreich einzustufen ist; Uterus myomatosus mit sehr großem Myom, bei dem eine gebärmuttererhaltende Operation sehr schwierig oder unmöglich ist; Uterus myomatosus mit Rezidiv-Myom nach vorangegangener chirurgischer MyomEntfernung. Mit einer Schwangerschaft sollte aber, wie nach jedem anderen Eingriff auch, eine Zeit lang abgewartet werden. Tritt eine Schwangerschaft nämlich nur kurze Zeit nach einer Myomembolisation oder nach einer chirurgischen Myom-Entfernung auf, besteht die Gefahr, daß das betroffene Gewebe in der Uteruswand noch zu geschwächt ist, um eine Schwangerschaft bis zum Ende auszutragen. Strahlenschutz In einer von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebenen und unterstützten Studie zur Strahlenbelastung von Patientinnen während der Myomembolisation, wurde in unserer Abteilung festgestellt, dass sowohl geräte-technische Voraussetzungen als auch die Erfahrung des Radiologen entscheidende Faktoren für den Strahlenschutz sind. So konnte bei uns durch den Einsatz eines modernen Gerätes, welche die gepulste Durchleuchtung anwendet und mit speziellen Kupfer- und Aluminium-Strahlenfiltern ausgestattet ist, die effektive Strahlendosis auf die Hälfte bis zu einem Drittel reduziert werden, im Vergleich mit den bis dahin weltweit üblichen Strahlendosen. Im Zusammenspiel damit ist die Strahlendosis auch abhängig von der Erfahrung des Radiologen mit dem Eingriff. Je weniger Angiographien, insbesondere Schrägaufnahmen, benötigt werden und je kürzer der Eingriff dauert, desto geringer ist die Strahlendosis. Die Ergebnisse dieser und anderer Studien in Bezug auf das Strahlenrisiko für den Patienten in Betracht ziehend, kam man zu dem Schluß, dass die Strahlenbelastung durch Myomembolisation keinen Einwand gegen die Durchführung dieser Behandlung darstellt, sofern optimale technische und personelle Voraussetzungen vorliegen. (Die Studie im Original: Vetter S, Schultz FW, Strecker EP, Zoetelief J. Optimisation strategies and justification: an example in uterine artery embolisation for fibroids. Radiation Protection Dosimetry 2005; 117: 50-53) Informationsquellen Fragen zu Ihrer Erkrankung beantworten in erster Linie Interventionsradiologen, die Erfahrung mit dieser Therapie haben. Weitere Fachinformationen finden Sie auch auf folgenden Internet-Seiten: Deutsche Röntgengesellschaft: http://www.myomembolisation.org , Infos, Tipps und Forum Society of Vascular and Interventional Radiology (in englisch): http://www.sirweb.org/patPub/uterine.shtml