Verlauf und Ergebnisse - Evangelisch in Herten
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Verlauf und Ergebnisse - Evangelisch in Herten
Evangelisch in Herten Extrae Ausgab Welche Kirche brauchst Du? In einer sich verändernden Gesellschaft verändert sich auch die Kirche. Aber wohin? Was erwarten die Menschen von ihrer Gemeinde? Das waren Themen am Samstag, 21. März 2015, im Gemeindezentrum an der Ackerstraße. Patentlösungen gab es - wie zu erwarten war - nicht. Aber spannende Diskussionen. Denn in Veränderungen gibt es immer Akteure, die schieben, und andere, die bremsen. Gemeindebrief Extra: März 2015 Zukunftswerkstatt in Langenbochum 50 Interessierte diskutierten fünf Stunden lang intensiv über Perspektiven für die evangelischen Kirchengemeinden in Herten. www.evangelisch-in-herten.de Zukunftswerkstatt Rückblick: Was bisher geschah Die vier evangelischen Kirchengemeinden in Herten leisten ihre Arbeit unter sich verändernden Bedingungen: Dieser Rahmen ist durch sinkende Gemeindegliederzahlen, tendenziell rückläufige Steuereinnahmen und schwindende gesellschaftliche Bedeutung bestimmt. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Pfarrerinnen und Pfarrer ab, während in einer alternden Gesellschaft die Belastung zum Beispiel durch Beisetzungen steigt. Da bleiben nur wenig Ressourcen für neue, attraktive Angebote, die aber wichtig wären, etwa um junge Menschen an die Kirche zu binden oder die Zahl der Gottesdienstbesucher zu erhöhen. Angesichts dieser Herausforderungen rücken die Hertener Gemeinden enger zusammen. Ein Anlauf zur Bildung einer Stadtgemeinde scheiterte Ende 2010, stattdessen entschieden sich die vier Presbyterien für eine Kooperation. Ausdruck dieser Zusammenarbeit sind der gemeinsame Gemeindebrief „Evangelisch in Herten“, der gleichnamige gemeinsame Internet-Auftritt, abgestimmte Gottesdienstzeiten, Zentralgottesdienste an Feiertagen und in den Ferien, Vertretungsregelungen für Gottesdienste und Amtshandlungen sowie besondere Projekte wie das erste gemeinsame Tauffest, das am 31. Mai 2015 am Hertener Schloss stattfinden soll. 2 Die Kooperation wird gesteuert von einem Lenkungsausschuss, der aus Vertretern aller vier Gemeinden gebildet wurde. Dieser Ausschuss hat sich zum Ziel gesetzt, trotz der schwierigen Rahmenbedingungen neue inhaltliche Akzente zu setzen, um die evangelische Kirche in Herten attraktiver und zukunftsfähig(er) zu machen. Dabei sollen Anregungen und Wünsche aus den Gemeinden aufgenommen werden, um Angebote zu entwickeln, die dem Bedarf der Menschen entsprechen. Deshalb empfahl der Lenkungsausschuss die Durchführung einer Zukunftswerkstatt, zu der neben Pfarrern und Presbytern ausdrücklich auch interessierte „Nicht-Funktionäre“ willkommen waren. Für die Veranstaltung wurde Pfarrer i.R. Karl-Heinz Heidbreder (Marl) als Moderator gewonnen. Die Öffentlichkeit wurde über Gemeindebrief, Internet, Abkündigung in den Gottesdiensten sowie per Tageszeitung informiert. Diese Zukunftswerkstatt fand am Samstag, 21. März 2015, von 10 bis 15 Uhr im Gemeindezentrum an der Ackerstraße in Langenbochum statt. Verlauf und Ergebnisse sind in dieser Extra-Ausgabe des Gemeindebriefes dokumentiert. Redaktion: Ernst zur Nieden Titelfoto: Nailia Schwarz / fotolia Evangelisch in Herten Die Werkstatt: Wege in die Zukunft (1) Mit einer kurzen Morgenandacht eröffnete Pfarrerin Renate Leichsenring die Versammlung mit 50 Teilnehmern - zur Hälfte „Nicht-Funktionäre“. Pfarrer Andreas Wilkens, Vorsitzender des Lenkungsausschusses, skizzierte die Ausgangssituation (siehe Rückblick), Moderator Karl-Heinz Heidbreder stellte den geplanten Tagesablauf vor. Zum Einstieg äußerten sich zehn zufällig ausgewählte Teilnehmer zu ihren Erwartungen an die Werkstatt; genannt wurden: • Anregungen, Ideen „über den Tellerrand“ der eigenen Gemeinde hinaus; • kreative Ideen zur praktischen Umsetzung; • Ansatzpunkte, um selbst etwas zu tun; • Lösungen, bei denen Gemeindegrenzen keine Rolle (mehr) spielen; • Bewahren, aber auch moderate Veränderung; • Zukunft für evangelisches Leben in Herten; • Streben nach einer Gesamtgemeinde; • anregende Diskussionen, praktische Vorschläge; • nicht auf Probleme fokussieren, sondern mit Mut und Fantasie nach vorn schauen - für ganz Herten. In der sich anschließenden ersten Arbeitsphase wurden die Teilnehmer auf fünf Gruppen aufgeteilt. Sie sollten sich jeweils selbst organisieren und innerhalb einer Stunde Ideen und Vorschläge zu Bewahrungszielen, Veränderungszielen und Vermeidungszielen erarbeiten; mögliche Umsetzungshindernisse sollten außer Acht gelassen werden. Die zusammengetragenen Ziele sollten anschließend mit Klebepunkten bewertet werden, um pro Ziel-Gruppe die drei am höchsten bewerteten Ideen zur Präsentation im Plenum herauszufiltern. Die so entstandenen Ziele-Listen wurden im „Plenarsaal“ aufgehängt und von den einzelnen Gruppen kurz erläutert. Gleich geht‘s los: Mit einer kurzen Morgenandacht begann die Werkstatt. 3 Zukunftswerkstatt Bewahrungsziele (Plenum): • Bei allen neuen Ideen das Wesentliche nicht aus den Augen verlieren: das Evangelium • Christliche Werte nicht aufgeben • Klare Verkündigung des Evangeliums • Zum Kerngeschäft zurück (Abschied vom Vereinswesen) • Regelmäßiger Gottesdienst in der Gemeinde • Klassische Gottesdienste an definierten, ausgesuchten Orten • Gottesdienste für die Menschen gestalten • Offenere Gestaltung von Kirche als Ruhepol • Vorhandene Stärken in den jeweligen Gemeinden bewahren • Kirche auch im Dorf lassen, Ältere mitnehmen. • Unterschiedlichkeit erhalten In Arbeitsgruppen wurde intensiv über die Zukunft der Kirche diskutiert. 4 • Raum für alle Altersgruppen geben • Neue Medien, Musik, Lieder einsetzen, Junge gewinnen, Alte nicht verprellen, sondern abholen • Jugendarbeit • Gemeindebrief gemeinsam • Das Interesse an Kirche bewahren Bewahrungsziele (weitere Nennungen): • Seelsorgerische Sprechstunden • Menschen wieder verstärkt dem Glauben zuführen • Internetauftritt • Beerdigungen durch Pfarrer/innen • Liturgie bewahren • Angebote im/nach Gottesdienst, z.B. Seelsorge • Verknüpfungen zwischen allen Altersgruppen erhalten • Bewährt Strukturen erhalten • Erkennbare Verbindungen zwischen Kirche und Kindergarten bzw. anderen Einrichtungen • Raum für Sonderaufgaben (z. B. Polizeiseelsorge erhalten) • Kindergarten, Spielgruppe, Krabbelgruppe, Spur 8 • Phasen der Ruhe (Meditation) beibehalten • Kinder und Jugendliche ernst nehmen • Ich will herausgefordert, in Frage gestellt werden. • Fester Pfarrer für einen Gemeindebezirk Evangelisch in Herten Veränderungsziele (Plenum): • Ideenaustausch mit anderen Gemeinden • Regelmäßige Kontakte • Aufbrechen starrer Bezirks- und Gemeindegrenzen • Eine Gemeinde (= Miteinander!) • Breite Gottesdienstlandschaft • Differenzierte Gottesdienstangebote/ Zielgruppen • Gottesdienstangebote: Jugend, Familien/Singles, Senioren, offen! • Monatlich ein stadtweiter und attraktiver Gottesdienst für Teens und Twens • Generation „ Sandwich“ (Jung und Alt zusammenbringen) • Profiliertes Angebot für Jugendliche (zentralisiert) • Rudelsingen • Zeigen, dass Kirche gesellschaftliche Verantwortung übernimmt • Kirche muss mehr in den Alltag • Unterstützung im Leben/Alltag • Menschen dort abholen, wo sie stehen • Kirche als helfende öffentliche Einrichtung! • Neubürger ansprechen • Öffentlichkeitsarbeit stärken • Kommunikation nicht nur nach innen Veränderungsziele (weitere Nennungen): • Gleiche Liturgie für alle Gemeinden • Gemeinsame Gesangbücher • Zentraler Gottesdienst als Standard • Gemeinsame Chorprojekte • Anderes, aktuelleres Liedgut • Gottesdienste gestaffelt mit Fahrmöglichkeit • Weniger Gottesdienste am Sonntagmorgen • Weniger Predigtstätten (verbleibende gewinnen größere Bedeutung) • Professionalität (Musik, Technik) • Hochzeit im Rahmen des Gottesdienstes • Aktualisierung der Aufgaben/ Angebote • „Alte“ Strukturen identifizieren und überprüfen • Eine kompetente Person für Kinderund Jugendarbeit in ganz Herten • Eigener Jugendgottesdienst • Konfirmandenunterricht vernetzen • Kirche für Jugendliche öffnen • Gesprächskreise mit Jugendlichen • Gemeinsame Projekte, gemeindeübergreifend (Alt und Jung) • Monatliches Kinderbibelfrühstück • Das „Mittelalter“ aktivieren • Integration stärken (Alt und Jung) • Gesellschaftliche Veränderungen in unserer Stadt berücksichtigen • Aktuelle Themen aufgreifen und bearbeiten • Gesprächsangebote am Bedarf orientieren (z B. Burn-out, psychische Belastung) • Praktische Lebenshilfe (Nachhilfe, Erziehungsberatung) 5 Zukunftswerkstatt (weiter: Veränderungsziele:) • Angebote für Eltern „besonderer“ Kinder • Bildungsangebote für Gemeindeglieder • Mehr Zusammenarbeit (Gemeindegruppen) • Beteiligungsformate ohne (mit weniger) Verpflichtung • Eventcharakter stärker betonen (Chor, Geselliges, Gartenarbeit) • Kirche als Ort ohne Verpflichtung, aber mit Sicherheit • Öffentlichkeitsarbeit intensivieren • Kirche für Randgruppen öffnen • Ökumene vertiefen • Interreligiösität • Überforderung von Ehrenamtlichen • Kirche wirkt piefkig • Kirche darf kein Kaffeeclub werden • Rückzug aus den Ortsteilen • Keine Schließung von Kirchen Vermeidungsziele (weitere Nennungen): • Ängste vor Veränderungen ernst nehmen • Exklusivität • Kirchliche Reformitis vermeiden • Immer die gleichen Gottesdienste. Vermeidungsziele (Plenum): • Wertschätzung und positive Darstellung der Arbeit in allen Gemeinden • Bei Veränderungen die Gemeinde mit einbeziehen • Vermeiden, dass die Kirche als „closed shop“ erscheint • „Tal der Tränen“ ab Konfirmation • Kirche dar nicht überaltern • Dass die Kirche Generationen verliert • Überall alle Angebote für alle • Nur noch ein „Verein“ neben vielen (Verlust christlicher Botschaft) • Untragbare Arbeitsbe- oder überlastung der Pfarrer/innen durch Gottesdienste 6 Karl-Heinz Heidbreder führte durch den Werkstatt-Tag in Langenbochum. Evangelisch in Herten Jede Menge Ideen: Im Kirchraum wurden die Ergebnisse der Arbeitsgruppen zusammengetragen. Mittagspause: Bei leckerer Arabischer Linsensuppe konnten sich die Teilnehmer stärken. 7 Zukunftswerkstatt Die Werkstatt: Wege in die Zukunft (2) Nach der Mittagspause teilten sich die Anwesenden in neue Kleingruppen auf, die „nach Absprache“ ein gemeinsames Projektinteresse definierten. Die Aufgabe bestand darin, in etwa 45 Minuten eine sogenannte Mind-Map zu erstellen und darin das jeweilige Projekt konkret zu Gruppe: „Jugend in der Gemeinde“ 8 entwickeln: Wie soll das Projekt ausehen? Wer wirkt daran mit? Wo sind mögliche Partner? Wie sieht die Zielgruppe aus? Was soll erreicht werden? Was muss bedacht werden? Wegen der Methode „Mind-Map“ bietet sich die bildliche Dokumentation an. Evangelisch in Herten Gruppe: „junge Kirche Herten“ Gruppe: „Seelsorge-Dienst“ 9 Zukunftswerkstatt Gruppe: „Kirche im Alltag“ Gruppe: „einladende Gemeinde“ 10 Evangelisch in Herten Gruppe: „Zukunftswerkstatt für unter 30-Jährige“ Gruppe: „Kirche“ 11 Zukunftswerkstatt Gruppe: „Gemeindefest am Reformationstag 2015“ Gruppe: „Kirche vor Ort“ 12 Evangelisch in Herten Ausblick: Wie es weitergeht Mindestens zwei Arbeitsgruppen hätten nach dem Ende der Zukunftswerkstatt am liebsten gleich losgelegt: um ein Gemeindefest am Reformationtag 2015 und die nächste Zukunftswerkstatt - in diesem Fall für unter 30-Jährige - sofort in Angriff zu nehmen. Solche Begeisterung und Dynamik freute Moderator und Vorbereitungsteam. Und es spricht ja auch gar nichts dagegen, dass sich Interessierte über Gemeindegrenzen hinweg an einen Tisch setzen, um weiter über konkrete Projekte nachzudenken. Pfarrer Andreas Wilkens, Vorsitzender des Gemeindeverbandes Herten, nannte in einer ersten Bilanz ein wichtiges Ergebnis dieser Werkstatt: „Es war sehr gut und hilfreich, dass wir uns in diesem Kreis ausgetauscht haben! Das bringt unseren Kooperationsprozess voran.“ Weitgehende, gar strukturelle Veränderungen brauchen aber ihre Zeit und Entscheidungen in den dafür zuständigen Gremien. Die Ideen dieser Zukunftswerkstatt werden deshalb in der nächsten Sitzung (am 21. April) Thema im Lenkungsausschuss sein. Auch die Pfarrkonferenz „West-Vest“, in der sich die Hertener Pfarrerinnen und Pfarrer regelmäßig treffen, und die vier Presbyterien werden sich mit den Gedanken und Ergebnissen beschäftigen. Für konkrete Schritte zur Umsetzung von Projekten oder Zielen auf gesamtstädtischer Ebene sind dann Beschlüsse in allen Presbyterien notwendig. Für den Herbst ist ein Presbytertag aller vier Gemeinden geplant, auf dem die Ergebnisse der Zukunftswerkstatt und mögliche Auswirkungen ebenfalls diskutiert werden sollen. Und weil es insbesondere für weitergehende Veränderungen wichtig ist, dass möglichst viele Gemeindeglieder informiert und „mitgenommen“ werden, soll es im Zusammenhang mit der für Februar 2016 angesetzten Presbyteriumswahlen Gemeindeversammlungen geben, bei denen Werkstatt-Überlegungen ebenfalls Thema sein sollen. Schlussrunde nach fünf Stunden voll intensiver Diskussionen. 13 Zukunftswerkstatt Berichterstattung in der „Hertener Allgemeinen“ am Montag, 23. März 2015 14