Heimerziehung
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Ausgabe 7 Heimerziehung Aufsicht und Beratung Impressum Herausgeber: Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg Öffentlichkeitsarbeit Lindenspürstraße 39 70176 Stuttgart www.kvjs.de Verantwortlich: Stefan Wiegandt Mit Beiträgen von: Gabriele Addow (add) Monika Kleusch (mok) Sylvia Rizvi (syr) Titelfoto: Fotolia Druck: Pfitzer, Renningen Kontakt: Telefon 0711 6375-232 oder -389 [email protected] Foto: heppner fotografie Juli 2010 spezial Heimerziehung Inhaltsverzeichnis 4Vorwort Hintergrund 5 „Wir brauchen regionale Jugendhilfekonzepte“ Praxis 8 Aufsicht sichert Qualität 10 Betriebsformen von Einrichtungen 11 Lokaltermin in Philadelphia 14 Am Anfang steht das Hilfeplanverfahren 15 Krisenintervention: Gewusst wie 16 KVJS-Berichterstattung: Das Daten-Fundament für die Jugendhilfeplanung 18 Zielgruppengerechte Erziehung: Für jeden das passende Angebot 20 Ressourcen im Sozialraum suchen und vernetzen 21 „Es darf keine Geheimnisse geben“ 22 „Geschlossene” Unterbringung - die letzte Chance? 24 „Kompetent beraten, bestens informiert“ 25 „Der KVJS setzt auf Beteiligung“ Aus- und Fortbildung 26 Berufsbegleitende Ausbildung Jugend- und Heimerzieher/in 27 Pluspunkt Fortbildung Information 29 Zum Weiterlesen KVJS spezial y 3 spezial Heimerziehung Liebe Leserin, lieber Leser, Heimerziehung hat heute die Aufgabe, positive Lebensorte für Kinder und Jugendliche zu bilden, wenn diese vorübergehend oder auf Dauer nicht in ihrer Familie leben können. In diesem Heft erfahren Sie, wie der KVJS als kompetenter Partner für öffentliche und freie Jugendhilfeträger diese bei ihren Aufgaben in den stationären Hilfen zur Erziehung unterstützt – von der Aufsicht und individuellen Beratung vor Ort über die Bedarfsplanung bis hin zu einem breiten Angebot an Fortbildungen für Fachkräfte. Einen ausgezeichneten Ruf genießt wegen der bewährten Verzahnung von Theorie und Praxis die berufsbegleitende Ausbildung zum/zur Jugend- und Heimerzieher/in in der KVJS-Fachschule für Sozialwesen in Flehingen. Alle Einrichtungen, die junge Menschen unter 18 Jahren aufnehmen wollen, brauchen zuvor eine Betriebserlaubnis des KVJS-Landes jugendamtes. Sie garantiert den Jugendämtern und Familien, dass die Heime in Baden-Würt temberg auf einem vergleichbaren strukturellen Qualitätsniveau arbeiten. Bei rund 470 Einrichtungen achten die Mitarbeiter des KVJS-Landesjugendamtes darauf, dass die Rahmenbedingungen stimmen. Denn ob Konzeption, Personal oder Räumlichkeiten: Ohne die richtigen Rahmenbedingungen keine Qualität. Als bloßer Gesetzeshüter möchte sich der KVJS allerdings nicht verstanden wissen. Genauso wichtig ist der Beratungsaspekt. Das Know-how unserer Regionalberaterinnen und -berater ist gefragt, sei es bei der Entwicklung bedarfsgerechter Angebote, konzeptionellen Fragen oder wenn es zum Beispiel darum geht, die passende Einrichtung bei einer bestimmten Problemlage zu finden. Ein solides Datenfundament für die örtliche Jugendhilfeplanung liefert das KVJS-Landesjugendamt mit seinen landesweiten Berichten zur Entwicklung und Inanspruchnahme erzieherischer Hilfen. Die jüngsten Fallzahlen weisen auf eine Trendwende hin: Die Heimunterbringung nimmt wieder zu, nachdem sie viele Jahre lang rückläufig gewesen ist. Hier zeigt sich, liebe Leserin und lieber Leser, dass es trotz des forcierten Ausbaus ambulanter Angebote in unserem Land immer Kinder und Jugendliche gibt und geben wird, für die die stationäre Hilfe die passgenaue und deshalb auch die richtige Hilfe ist. Nicht zuletzt ist es von großer Bedeutung für alle Beteiligten, sich kontinuierlich weiterzubilden. Für die vielfältigen Herausforderungen im Alltag bietet der KVJS ein umfassendes Fortbildungsangebot in Form von Seminaren, Diskussionen und Fachtagungen. Dabei legt die KVJS-eigene Ausbildung den Grundstein dafür, dass den Einrichtungen auch künftig qualifizierte Heimerzieher und Heimerzieherinnen zur Verfügung stehen. Ihre Karl Röckinger Verbandsvorsitzender 4 y KVJS spezial Senator e.h. Roland Klinger Verbandsdirektor Hintergrund Heimerziehung „Wir brauchen regionale Jugendhilfekonzepte“ Die Jugendhilfe hält in Belastungs- und Krisensituationen vielfältige Unterstützungsformen bereit. Eine davon ist die Heimerziehung. Die Betriebserlaubnis des KVJS-Landesjugendamtes garantiert den Jugendämtern und Familien, dass die Heime in Baden-Württemberg auf einem vergleichbaren Mindestniveau arbeiten. Gabriele Addow sprach mit Dr. Jürgen Strohmaier, Leiter des Referats Hilfen zur Erziehung, Heime, Aufsicht und Beratung beim KVJS-Landesjugendamt. Dr. Jürgen Strohmaier: „Jede Einrichtung muss sich an ihrer Konzeption messen lassen.“ Foto: KLeusch Dem Landesjugendamt des KVJS ist der Schutz in über 470 Einrichtungen über tragen. Ein strenger Gesetzeshüter, der für Recht und Ordnung sorgt? Würde man uns als krude Gesetzeshüter wahrnehmen, bedeutete das eine Verkürzung unserer Aufgaben und Aktivitäten. Natürlich haben wir bei unserer Arbeit eine fundierte Rechtsgrundlage für unsere Aufsichts- und Beratungspraxis – in erster Linie das Kinderund Jugendhilfegesetz. Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass Erziehungskonzepte und Einrichtungsstrukturen so gestaltet werden, dass Kinder und Jugendliche dort geschützt leben und lernen können. Neben aufsichtsrechtlichen Fragen spielen aber auch konzeptionelle Aspekte eine wesentliche Rolle. Jede Einrichtung muss sich an ihrer Konzeption messen lassen, sie ist gleichzeitig maßgebende Vorraussetzung für die Betriebserlaubnis. Unsere Fachkräfte brauchen deshalb rechtliches und pädagogisches Know-how, aber auch Fingerspitzengefühl im Spannungsfeld von Aufsicht und Beratung. Mit Strenge und Ordnungssinn allein könnte die Arbeit nicht ausgefüllt werden, Heimaufsicht erfordert vielmehr den differenzierten Blick auf die Vorgänge vor Ort. » KVJS spezial y 5 Hintergrund Heimerziehung Foto:Kleusch lung, mit einem Leistungsspektrum, das sich auf komplexe Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen aus belasteten Familien einstellen muss. Stationäre Einrichtungen müssen Kindern kurzfristig Schutz und Sicherheit bieten; sie müssen mittelfristig ein Ort sein, an dem Kinder zur Ruhe kommen, solange sie nicht zurück in ihre Herkunftsfamilien können. Und bei längerfristigen Aufenthalten müssen Heime familien ersetzend arbeiten und auf Kontinuität bauen – im sozialen, sozialräumlichen, schulischen und beruflichen Interesse der ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen. Nach wie vor haftet der Heimerziehung im Spektrum der Jugendhilfemaßnahmen ein negatives Image an. Was soll und kann Heimerziehung heute leisten? Ein Image, das die Heimerziehung diskreditiert, müssen wir historisch erklären und verstehen. Wo Repressionen und Ausbeutung für Schutzbefohlene in einzelnen Einrichtungen an der Tagesordnung waren, bildet sich verständlicherweise ein negativer Erfahrungshintergrund heraus. In den vergangenen 20 - 30 Jahren hat die Heimerziehung in Baden-Württemberg einen Prozess von der Fürsorgeerziehung zur Partizipations pädagogik durchlaufen. Dazu hat wesentlich das neue Kinder- und Jugendhilfegesetz beigetragen. Wir müssen deshalb einen roten Faden aus der Geschichte der Heimerziehung heraus entwickeln, um Heimen, die gut gearbeitet haben, auch Wertschätzung für das Geleistete und für die heutigen Leistungen entgegen zu bringen. Die Ausgestaltung der Heimerziehung ist Ausdruck einer gesellschaftlichen Entwick6 y KVJS spezial Die stationären Hilfen legen wieder zu. Gleichzeitig gibt es dort immer mehr Kinder und Jugendliche mit hochkomplexen Problemen. Heime und Personal sind daher immens gefordert. Was ist Ihrer Ansicht nach zu tun? Wir brauchen regionale Jugendhilfekonzepte, die mit den zuständigen Jugendämtern und weiteren Akteuren erarbeitet werden. Das Landesjugendamt des KVJS ist ein gefragter Partner, wenn es etwa um konzeptionelle Fragen und Entwicklungen vor Ort geht. Aber auch in Form von überörtlichen Tagungen und unserer Berichterstattung bieten wir ein Forum für aktuelle Diskurse. Die pädagogischen Fachkräfte aus den Einrichtungen und den Sozialen Diensten müssen die Eltern gezielt in die Erziehungsprozesse einbinden. Die Verantwortung für Kinder und Jugendliche darf nicht nur den sozialen Unterstützungssystemen übertragen werden, Eltern sollten möglichst Teil der Hilfe sein. Das erfordert mancherorts auch ein Umdenken der Fachkräfte und hat viel mit der angesprochenen partizipativen Erziehungsarbeit zu tun. Idealerweise arbeiten interdisziplinäre Teams in den Einrichtungen und auch in den Jugendämtern, damit Perspektivenwechsel etwa im Hilfeverlauf besser gelingen. In der Jugendhilfe müssen knappe Ressourcen wirkungsvoll und zielgerichtet eingesetzt Hintergrund Heimerziehung Wie sehen Sie die Weiterentwicklung in der Heimerziehung? Die Weiterentwicklung der Heimerziehung ist meines Erachtens abhängig von regionalen Prozessen. Eine wichtige Funktion wird nach wie vor die Kommunikation innerhalb der öffent lichen und freien Jugendhilfe haben, aber auch zwischen Jugendhilfe und Schulen oder Kindertagesstätten. Schließlich kommt der Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und sozialpsychiatrischen Einrichtungen beziehungsweise Kliniken immer mehr Bedeutung zu, weil etwa psychische Erkrankungen bei Kindern leider zugenommen haben. Außerdem dürfen wir gespannt sein, welche Inklusionsperspektiven sich für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen im Hinblick auf die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ergeben. Der stationäre Bereich mit seinen diversen Ausformungen ist ja als kostenintensive Hilfe form besonders im Focus der Kommunen. Gerade in dieser Hinsicht besteht die Chance, sich qualitativ zu verbessern und zu unterstreichen, dass bestimmte bedarfsgerechte, stationäre Hilfen für die Entwicklung junger Menschen notwendig und förderlich sein können. Das bedeutet insgesamt, dass sich Heimerziehung nicht unabhängig von anderen sozialen Systemen entwickeln kann und darf. Heimerziehung wird nach wie vor ein wichtiger Bestandteil im System der Jugendhilfe sein. Sie bewegt sich dabei im Spannungsfeld zwischen individualisierendem Reparaturbetrieb und nachhaltiger gesellschaftlicher Verantwortungsgemeinschaft für junge Menschen, die zu eigenverantwortlichen Personen heranwachsen sollen. add „Die Ausgestaltung der Heimerziehung ist Ausdruck einer gesellschaftlichen Entwicklung“, sagt KVJSJugendhilfe-Experte Dr. Jürgen Strohmaier Foto: Kleusch werden. Die Wirkungsorientierung ist daher ein wichtiges Thema. Wie lässt sich der Erfolg stationärer Erziehungshilfen messen? In der Heimerziehung hat sich herausgestellt, dass eine kooperative und partizipative Hilfe planung zwischen Jugendamt, Heim und Bewohnern plus deren Eltern die Qualität der Hilfe fördert. Grundvoraussetzung dabei ist, dass Heime und Jugendämter gut zusammen arbeiten. Ein gegenseitiges Verständnis für die jeweilige Arbeit, der regelmäßige Austausch und die gemeinsame Reflexion zu Hilfeverläufen sind von Vorteil. Das hat auch das Bundesmodell projekt „Wirkungsorientierte Jugendhilfe“ in seinen Ergebnissen herausgestellt. Wie sich der Erfolg stationärer Erziehungshilfen generell messen lässt – dazu möchte ich keine pauschale Antwort geben. Tatsache ist, dass es eine Vielzahl quantitativer und qualitativer Methoden gibt, derer sich auch Heime bedienen. So gibt es zum Beispiel Landkreise und Städte, die nicht nur mit Eltern und Jugendlichen nach der Beendigung der Hilfe eine Auswertung vornehmen, sondern auch die beteiligten Fachkräfte nach ihrer Einschätzung fragen. Daraus können dann Schlüsse für den Erfolg und die zukünftige Gestaltung der Erziehungshilfen gezogen werden. KVJS spezial y 7 Praxis Heimerziehung Aufsicht sichert Qualität Konzeption, Personalstärke und -qualifikation, Räumlichkeiten: Ohne die richtigen Rahmenbedingungen keine Qualität. Das KVJSLandesjugendamt achtet in seiner Funktion als Aufsichtsbehörde darauf, dass die Rahmenbedingungen in Heimen für Kinder und Jugendliche stimmen. Foto: Kleusch Die Träger und Leitungskräfte von Einrichtungen sollen in allen Fragen des Betriebs der Einrichtung beraten werden. „Wenn Mängel in der Betreuung der Kinder und Jugendlichen festgestellt oder auch nur befürchtet werden, steht allerdings die Aufsicht im Vordergrund“ erklärt Annette Steimer. „Der Schutz der jungen Menschen hat immer Vorrang.“ Steimer ist als eine von 13 landesweit tätigen Regional beraterinnen und -beratern für die Einrichtungen in den Städten Heilbronn und Stuttgart zuständig. Der Schuh muss passen eine vielfältige Angebotsstruktur ist in der Jugend hilfe wichtig 8 y KVJS spezial Standards prüfen Als „Aufpasser“ verstehen sie sich eher nicht, die Fachleute vom Referat „Hilfe zur Erziehung, Heime, Aufsicht und Beratung“ beim Landesjugendamt des KVJS. Aber sie haben einen starken Auftrag: „Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen“ – so formuliert es der Gesetzgeber im Achten Sozialgesetzbuch - Kinder und Jugendhilfe (SGB VIII). Früher sprach man auch schlicht von „Heimaufsicht“, heute wäre vielleicht eher der Begriff „Qualitätskontrolle“ angebracht. Mit der Ablösung des alten Jugendwohlfahrtsgesetzes (JWG) durch das aktuelle Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) hat sich auch Auftrag und Selbstverständnis der „Heimaufsicht“ geändert. Alle Einrichtungen, die junge Menschen unter 18 Jahre aufnehmen wollen brauchen zuvor eine Betriebserlaubnis des KVJSLandesjugendamtes. Rund 470 Einrichtungen – vom großen Heim bis zur kleinen Wohngruppe – fallen in die Zuständigkeit des KVJS-Landesjugendamtes. Heime der Erziehungshilfe machen hier den Großteil der Einrichtungen aus. Hinzu kommen die Wohnbereiche von Internaten, Behindertenheime, Jugend- und Schülerwohnheime. „Wir achten darauf, dass das Konzept zur Zielgruppe passt, die Räume geeignet sind und genügend qualifizierte Fachkräfte dabei sind“, erklärt Annette Steimer. Das KVJS-Landesjugendamt besteht auf fachlichen und perso- Praxis Heimerziehung Beratungsaspekt wichtig Bei der Vielzahl der Einrichtungen in BadenWürttemberg ist es nicht möglich, alle Heime regelmäßig aufzusuchen. Dies ist vom Gesetzgeber auch nicht vorgesehen. So statten die Regionalberaterinnen und -berater ihren Besuch anlassbezogen ab: 239 Besuche waren es 2009. Hinzu kommen telefonische oder schriftliche Kontakte sowie Gespräche im Landesjugendamt. „Die meisten Träger oder die Einrichtungsleitungen melden uns Vorkommnisse wie sexuelle Übergriffe oder Gewaltprobleme prompt und bitten um unsere Unterstützung bei der Klärung und künftigen Vermeidung solcher Vorkommnisse“, so Annette Steimer. „Wir prüfen dann als erstes ob eine unmittelbare Gefährdung für einzelne oder alle Kinder und Jugendlichen besteht und handeln dann entsprechend.“ So kann das KVJS-Landesjugendamt Auflagen erteilen oder beispielsweise die Beurlaubung eines Mitarbeiters bis zur Klärung von Vorwürfen verlangen. „Ansonsten beraten wir die Einrichtung zum weiteren Vorgehen“, so Steimer. Denn der Gesetzgeber hat festgelegt, dass zunächst immer eine Beratung des Trägers erfolgen muss, wie er Mängel in der Einrichtung abstellen kann. Reagiert der Träger nicht entsprechend oder besteht eine akute Gefährdungssituation, stehen dem KVJSLandesjugendamt rechtliche Instrumente zur Verfügung, die bis zur Tätigkeitsuntersagung für einzelne Mitarbeiter oder sogar zum Entzug der Betriebserlaubnis für die gesamte Einrichtung reichen. „Bei der Entwicklung von bedarfsgerechten Angeboten hat unsere Beratung und Begleitung einen großen Stellenwert bei den Trägern“, betont Steimer. Auch die örtlichen Jugendämter nehmen die Fachleute des KVJSLandesjugendamtes in Anspruch, beispielsweise wenn es darum geht, die passende Einrichtung bei einer bestimmten Problemlage zu finden. Das KVJS-Landesjugendamt informiert vor Ort auch über Bedarfsfragen oder Gesetzesänderungen im Bereich Kinderschutz. Ferner kann das Beratungspaket durch speziell zugeschnittene Fortbildungen ergänzt werden - zu einer runden Sache aus Aufsicht und Beratung. mok Heimerziehung heißt feste Ansprechpartner, klare Stukturen - für viele Kinder zum ersten Mal Foto: Kleusch nellen Mindestvoraussetzungen - schließlich muss es im Rahmen seines Schutzauftrags gewährleisten, dass die untergebrachten Kinder und Jugendlichen angemessen beaufsichtigt und betreut werden. Jeder Personalwechsel muss deshalb von den Einrichtungen an das KVJS-Landesjugendamt gemeldet werden. Dafür steht den Einrichtungsträgern seit 2010 ein neues Internet-Portal zur Verfügung. Sobald eine Online-Meldung erfolgt, wird der oder die Zuständige beim KVJS-Landesjugendamt durch das Programm per E-Mail informiert, dass die Einrichtung eine neue Meldung abgegeben hat. So bleiben die Fachleute des KVJS-Landesjugendamtes immer auf dem Laufenden über „ihre“ Einrichtungen. KVJS spezial y 9 Praxis Heimerziehung Betriebsformen von Einrichtungen Betreuung über Tag und Nacht und an Teilen des Tages Das KVJS-Landesjugendamt erteilt eine Betriebserlaubnis und überwacht diese für Träger mit Einrichtungen, die folgende Angebote zur Verfügung stellen: y In der Jugendhilfe Alle Formen der stationären und teilstationären Hilfen zur Erziehung mit allen Ausdifferenzierungen in den Angeboten, z.B. Wohngruppen, Tagesgruppen, Betreutes Einzelwohnen y Im Bereich Schulische Bildung und Berufliche Ausbildung mit angeschlossenem Wohnen: Wohnheime, Internate, Konvikte / Kollegs y Im Bereich der Eingliederungshilfe: Stationäre Eingliederungshilfe für Minderjährige, z.B. Wohngruppen in Behinderteneinrichtungen Ihr Ansprechpartner Willi Igel Stellvertretender Leiter des Referats Heimerziehung beim KVJS-Landesjugendamt Telefon: 07 11 63 75-431 [email protected] 10 y KVJS spezial Praxis Heimerziehung Lokaltermin in Philadelphia Rüdiger Arendt ist schon seit dem Morgen in der evangelischen Einrichtung. Nein, um es vorwegzunehmen, es ist nichts passiert. Der Stuttgarter ist gekommen, um sich bei der Philadelphia-Kinderheimat vorzustellen. Er hat von einem Kollegen die Heimaufsicht und -beratung im Rems-Murr-Kreis übernommen. Bis gerade eben saß der Mann vom KVJSLandesjugendamt mit Vertretern der Heimleitung, der Geschäftsführung und des örtlichen Jugendamtes beisammen. Die fünfköpfige Runde erfuhr: Arendt ist für den Schutz von Kindern und Jugendlichen in allen 29 Einrichtungen der Landkreise Rems-Murr, Böblingen und Hohenlohe zuständig. Er bot an, wie seine Vorgänger die Einrichtung bei pädagogischen, organisatorischen und strukturellen Fragen zu beraten. In der Runde gab es zustimmendes Kopfnicken. Mitarbeiter der Kinderheimat hatten sich schon in der Vergangenheit an das Landesjugendamt gewandt. Nun aber wird Rüdiger Arendt von den Heimleiterinnen Ute Haußmann und Emma Fluhrer durch das kleine Heim geführt. Hannah (Name geändert) wartet schon. Das vierjährige Mädchen ist die jüngste Bewohnerin und will dem Mann vom Landesjugendamt ihr Zimmer zeigen. Sie greift nach der Hand von Ute Haußmann und lächelt scheu. Dann zeigt die Kleine ihre Spielzeugfarm mit Pferden, Katzen und Foto: Rizvi Aus den Räumen dringen Kinderstimmen. Rucksäcke und Jacken hängen im Flur des verschachtelten Hauses. Rüdiger Arendt ist heute zum ersten Mal im Kinderheim des Philadelphia-Vereins. 14 Jungen und Mädchen leben hier in Murrhardt. Der Mitarbeiter des KVJS-Landes jugendamtes ist mitverantwortlich für ihr Wohl und Wehe. Hunden. Das Mädchen lebt mit ihrer neunjährigen Schwester in der Kinderheimat. Vielleicht können die beiden bald wieder zu ihrer Familie zurück. Vielleicht. Kinder wie Hannah haben viel durchgemacht. Die einen kommen aus Familien, in denen die Eltern an der Flasche oder der Nadel hängen. Andere lebten bei ihrer alleinerziehenden Mutter, die psychisch krank und unter der Last des Alltags zusammengebrochen war. Wieder andere waren von einem Tag auf den anderen auf sich allein gestellt: Unfall, Krankheit, Tod – es gibt viele Katastrophen, die über das Leben von Menschen hereinbrechen. Im Heim sollen sich die vier- bis 17-jährigen Jun- » Ein Treffen, um das Wohl der jungen Menschen zu schützen ((v. l. n. r.): Rüdiger Arendt (KVJS-Landesjugendamt), Holger Gläss (Jugendamt Rems-Murr-Kreis), Ute Haußmann (Leiterin Philadelphia-Kinderheimat), Harald Wundel (Geschäftsführer Philadelphia-Verein e. V.) und Emma Fluhrer (CoHeimleiterin PhiladelphiaKinderheimat). KVJS spezial y 11 Quelle: philadelphia-Kinderheimat, Murrhardt Praxis Heimerziehung gen und Mädchen stabilisieren. Arendt vom KVJS-Landesjugendamt berät Einrichtungen mit dem jeweils zuständigen Jugendamt, damit dies gelingt. „Wir befinden uns in einer Verantwortungsgemeinschaft mit den fallzuständigen Jugendämtern“, erklärt Arendts Kollege Olaf Hillegaart im Stuttgarter Büro des KVJS. Das örtliche Jugendamt gewährleiste, dass jedes Kind die notwendige Hilfe erhalte. Das KVJS-Landesjugendamt achte darauf, dass die Rahmenbedingungen und Strukturen im Heim auch wirklich hilfreich und schützend seien. Heime benötigen zum Beispiel ein stimmiges Betreuungskonzept, ausreichend Fachpersonal sowie genügend kind- und jugendgerechte Räume. Beide Behörden arbeiten eng zusammen. Arendt überwacht, dass die Vorschriften des Achten Sozialgesetzbuches eingehalten werden. In der vorigen Gesprächsrunde schnitten Rüdiger Arendt und Holger Gläss vom Jugendamt des Rems-Murr-Kreises daher Fragen zur Betriebserlaubnis des Heimes an. Die Kinderheimat will ihr Konzept weiterentwickeln. Das Ergebnis soll nach dem Willen des Gesetzgebers mit dem Landes- und dem Kreisjugendamt abgestimmt werden, erfuhren die Heimverantwortlichen von Arendt. Zudem verschaffte sich 12 y KVJS spezial Arendt in der Gesprächsrunde einen Eindruck, ob die Kinderheimat genug Mittel für Personal, Verpflegung und Betreuung hat. Neue Entgeltverhandlungen mit den Kostenträgern der Jugendhilfe stünden an, berichtete daraufhin der Geschäftsführer des Philadelphia-Vereins Harald Wundel. Arendt informierte ihn über neue Gesetze und wichtige Details. Poster von Popikonen Hannah spielt wieder mit ihren Freundinnen. Rüdiger Arendt wird von den Heimleiterinnen durchs erste Stockwerk geführt. Helle, freundliche Zimmer gehen vom Gang ab. Die jungen Bewohnerinnen und Bewohner haben ihr Reich liebevoll eingerichtet. Manche Teenies haben Poster von Popikonen an ihre Zimmertüren gepinnt. In rosafarbenen Schmuckschatullen ringeln sich grüne und weiße Halsketten. Fans des Runden Leders erkennt Arendt an grasgrünen Tagesdecken mit Fußballmotiv oder rot-weißen VfB-Stuttgart-Kissen. Über einem Bett klebt an der Wand ein Zettel: „Wecker stellen“. Wichtig ist für Arendt, die Balance zwischen partnerschaftlicher Beratung und behördlicher Aufsicht zu wahren. „Wir haben weder Kumpel noch Polizist zu sein“, sagt er. Im Vordergrund stehe die Fachlichkeit. „Und es ist wichtig, sich gegenseitig wertzuschätzen.“ Und so hat auch Arendt bei der vorhergehenden Gesprächs runde aufmerksam zugehört. Ute Haußmann hat von ihren Sorgen berichtet. Zwei Personalstellen mussten neu besetzt werden. Weil es nur wenig qualifizierte Kräfte gibt, hat es recht lange gedauert. Drei schwer belastete Kinder wurden neu aufgenommen. Und die Heimleiterin sprach von den Erfolgen in der Kinderheimat. Manche der Kids seien zum Beispiel Klassensprecher geworden. „Ein Junge wurde gar Schulsprecher.“ Zudem pflege die Kinderheimat eine intensive Elternarbeit. Väter und Mütter könnten ihre Söhne und Töchter in der Einrichtung jederzeit besuchen. Manche kämen selbst bei tiefstem Schnee und Eis. „Wir haben eine Reihe von Eltern, die eigentlich selbst Eltern brauchen“, erklärte die Heimleiterin. „Sie sind froh über die Unterstützung, weil sie selber ein Stück weit hilflos sind.“ Mit Fäusten bedroht Nicht alle Termine verlaufen so harmonisch. Manchmal heißt es für Arendt Nerven behalten. In seiner über zwölfjährigen Aufsichtstätigkeit ist er schon von Heimleitern beschimpft und mit Fäusten bedroht worden. „In solchen Fällen ziehe ich mich erst mal zurück“, sagt er. Allerdings kann jeder sicher sein: Er kommt wieder. Es ist sein Job, die Probleme anzupacken. Rund 250 Mal besuchten die 14 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des zuständigen Referats vom Landesjugendamt letztes Jahr vollstationäre Einrichtungen in Baden-Württemberg. 60 Mal davon hatte es „besondere Vorkommnisse“ gegeben. „Die Fälle reichen von schweren Straftaten über Unfälle von Heimbewohnern bis hin zu Zimmerbränden“, sagt Olaf Hillegaart. Auch Misshandlungen und sexuelle Übergriffe durch Erzieher wurden gemeldet. Über 85 Prozent aller „besonderen Vorkommnisse” wurden von den Heimleitungen selbst gemeldet. Manchmal wandten sich Nachbarn, Foto: Rizvi Praxis Heimerziehung Eltern oder die untergebrachten Kinder an das Landesjugendamt. Die Mitarbeiter des KVJS gingen allen Hinweisen nach. Nach dem Grundsatz „aus Fehlern lernen“ berieten sie die Einrichtungen, zum Beispiel durch Erarbeitung eines Konzeptes zum besseren Schutz von Kindern vor sexuellen Übergriffen. Zeigt sich ein Heimträger „beratungsresistent“, kann der KVJS Auflagen und Weisungen erteilen oder ungeeignetem Betreuungspersonal die Tätigkeit untersagen. Greifen all diese Maßnahmen nicht, werden die Rücknahme der Betriebserlaubnis und Schließung der Einrichtung geprüft. Denn: „Der Schutz der untergebrachten Kinder und Jugendlichen hat Vorrang vor allen anderen Interessen der Beteiligten“, sagt Hillegaart. In der Philadelphia-Kinderheimat in Murrhardt musste letztes Jahr niemand intervenieren. Es gab keine besonderen Vorkommnisse, weiß Arendt aus seinen Akten. Arendt und die Heimleiterin beenden ihren Rundgang. Ein deftiger Geruch von Sauerkraut und Schupfnudeln hängt über dem Flur. Es ist Mittagessenzeit. Von der Eingangstüre hallen Stimmen und Schritte herüber. Die Kinder kommen aus der Schule nach Hause. syr Zimmer eines Fußball-Fans. KVJS spezial y 13 Praxis Heimerziehung Am Anfang steht das Hilfeplanverfahren Foto: Kleusch Sieht das Jugendamt eine Erziehungshilfe für nötig an, wird gemeinsam eine Lösung gesucht und ein Hilfeplan erstellt. KVJS-Teambesprechung: Peter Hoffmann, Dr. Jürgen Strohmaier, Sylvia Domon (v.l.n.r.) 14 y KVJS spezial Der Hilfeplan enthält wichtige Informationen über die Ausgangssituation für eine Hilfe, die Gründe für die Einleitung einer Hilfe, die Hilfeart, den Leistungserbringer der Hilfe, Angaben über Beginn und Dauer der Hilfe, die Ziele der Hilfe, die Pflichten der Beteiligten, sowie den Zeitpunkt der nächsten Überprüfung. Auch Veränderungen werden dokumentiert. „Die Mitwirkung der Leistungsempfänger sowie die frühzeitige Einbeziehung der Leistungserbringer sind die Voraussetzung für den erfolgreichen Verlauf einer Hilfe“, betont Dr. Jürgen Strohmaier vom KVJS. In einem kooperativ gestalteten Aushandlungsprozess sollen sich Fachkräfte und Familie auf eine geeignete Hilfeform einigen. Fällt die Entscheidung für eine stationäre Betreuung, haben Eltern und betroffene Kinder und Jugendliche grundsätzlich ein gesetzliches Wunsch- und Wahlrecht, das es ihnen ermöglicht, unterschiedliche Einrichtungen anzusehen und aus dem bestehenden Angebot auszuwählen. Doch die Suche nach einem passenden Heim gestaltet sich in der Praxis manchmal schwierig. Vermag das eher klassische „Erziehungsheim“ den spezifischen Anforderungen seines potenziellen Bewohners gerecht zu werden oder ist dafür etwa eine therapeutische Wohngruppe besser geeignet? „Die Fachkräfte im Jugendamt sehen sich immer mehr mit jungen Menschen konfrontiert, die hochkomplexe Probleme haben und wenden sich dann mit der Frage nach einer geeigneten Einrichtung ratsuchend an das KVJS-Landesjugendamt“, so Strohmaier. So mancher Einrichtungsträger hat sich inzwischen auf ein deutlich schwieriger werdendes Klientel in der Jugendhilfe eingestellt und feilt an seinem Konzept. „Da geht es etwa darum, besondere Formen des Betreuten Wohnens zu erarbeiten, um maß geschneiderte Lösungen anbieten zu können“. Auch auf diesem Gebiet bringt der KVJS sein Fachwissen mit ein. Wichtige Impulse für Kommunikations- und Kooperationsprozesse vor Ort liefert der KVJS schließlich mit Fortbildungsveranstaltungen, wie zum Beispiel „Lösungsorientiertes Arbeiten in der Beratung“. Bedeutsam für den aktuellen Diskurs zur Heimerziehung sind unter anderem die jährlich stattfindenden Tagungen für Einrichtungsleiter und -leiterinnen der Erziehungshilfe. add Praxis Heimerziehung Krisenintervention: Gewusst wie In jeder sozialen Einrichtung gibt es brenzlige Situationen, die ein schnelles und fachlich fundiertes Handeln erforderlich machen. Winfried Fritz, Sozialpädagoge und ehemaliger Leiter des Kriseninterventionsteams eines Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD), referiert regelmäßig bei Fortbildungen des KVJS zum Thema „Umgang mit Menschen in akuten Krisen“. „Für eine erfolgreiche Krisenintervention ist es wichtig, dass die Fachkräfte Handlungssicherheit im Umgang mit Ereignissen wie Gewalt, Unfällen, Tod oder Suizid gewinnen“, beschreibt Sylvia Domon vom Landesjugendamt des KVJS. Und wie erkennt man überhaupt eine akute Krise? Denn: „Davon hängt das fachliche Handeln ab“, so Domon. „Also im Einzelfall d ie Entscheidung, ob und in welcher Art sofortige Maßnahmen zu ergreifen sind oder ob etwa ein einzelnes Beratungsgespräch genügt“. Gute Organisation und gute Kommunikation sind in einer stationären Einrichtung die Grundlagen für die professionelle Bewältigung einer Krise: Gibt es verlässliche Strukturen? Gibt es Krisenpläne? Wer ist zum Beispiel nachts im Krisenfall erreichbar? Wie geht die Einrichtung mit suizidalen Problemen, wie mit Gewalteskalation um? „Sinnvoll sind unterschiedliche fachliche Schwerpunkte etwa für Psychotraumata, Trauerbegleitung oder Elternarbeit bei den Mitgliedern eines Teams“, so Krisenexperte Fritz. So kann man auf ein vielfältig qualifiziertes Kriseninterventionsteam zurückgreifen. Für kleinere Einrichtungen ist es sinnvoll, sich entsprechend untereinander zu vernetzen. mok Foto: www.polizei-beratung.de Das seit Jahren gefragte KVJS-Seminar zur Krisenintervention stellt die methodischen Grundlagen vor und deren Umsetzungsmöglichkeiten in den ambulanten und stationären Hilfen zur Erziehung. „Ein Mensch gerät in eine Krise, wenn es ihm in einer belastenden Situation nicht mehr gelingt, durch Anpassungsmechanismen und Problemlösungsstrategien sein seelisches Gleichgewicht aufrecht zu erhalten“, erklärt Winfried Fritz vom Jugendamt Sigmaringen. „Krisen sind immer individuell, aber man kann Strukturen zur Bewältigung von Krisen schaffen.“ Dazu zählt eine gute interdisziplinäre Vernetzung mit Psychiatrie, Rettungswesen, Beratungsstellen und Polizei, eine entsprechende Organisation mit internen und externen Partnern und das Wissen um die eigenen Grenzen. KVJS spezial y 15 Praxis Heimerziehung KVJS-Berichterstattung: Das DatenFundament für die Jugendhilfeplanung Alle vier Jahre legt der KVJS landesweite Berichte zu Entwicklungen und Rahmenbedingungen der Inanspruchnahme erzieherischer Hilfen sowie zu Hilfen zur Erziehung in Heimen, sonstigen betreuten Wohnformen und Tagesgruppen in Baden-Württemberg vor. Jährlich werden zudem die aktuellen Daten zu den jüngsten Fallzahlentwicklungen vorgestellt. Entwicklung der Fallzahlen der Hilfen in Heimerziehung und sonstigen betreuten Wohnformen (§ 34 SGB VIII) in Baden-Württemberg (Hilfen am Stichtag 31.12.) Mit seiner Berichterstattung zu den Veränderungen im Hilfebedarf für junge Menschen und deren Familien bietet der KVJS eine Gesamtschau der Entwicklungen in BadenWürttemberg sowie detaillierte Grundlagen für Analysen zur Situation in jedem der 44 Stadt- und Landkreise. „Wir wollen vor Ort Diskussionen anregen, wie Familien und Kinder gut und effizient unterstützt werden können. Dafür liefern wir den örtlichen Trägern Standortbestimmungen und Impulse, die sie nutzen können, um ihre Jugendhilfeangebote zielgerichtet zu qualifizieren“, erläutert Dr. Ulrich Bürger, der diese Berichte des KVJS-Landesjugendamtes erarbeitet. 7.000 6.000 6.779 6.563 6.571 6.726 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 0 2005 16 y KVJS spezial 2006 2007 2008 Ebenfalls im Vier-Jahres-Rhythmus erscheint der landesweite Bericht zu Hilfen zur Erziehung in Heimen, sonstigen betreuten Wohnformen und Tagesgruppen in Baden-Württemberg, den der KVJS erstmals 2007 vorlegte. Dort wird die Angebots- und Belegungsstruktur der baden-württembergischen Einrichtungen der stationären und der teilstationären Heimerziehung zum Stichtag 31.12.2005 vorgestellt, einschließlich der Personalstruktur und deren Qualifikationsprofile. Der Bericht untersucht, in welchem Umfang die unterschiedlichen Angebote in Anspruch genommen wurden, welche Entwicklungstrends sich abzeichnen und welche fachplanerischen Konsequenzen sich für die freien Träger und auch für die örtlichen Jugendämter daraus ergeben. Eine neue Tendenz: Heimunterbringung nimmt wieder zu Das KVJS-Landesjugendamt veröffentlicht darüber hinaus jährlich Auswertungen zu den aktuellen Fallzahlentwicklungen in den 44 Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs, die auf Erhebungen des Landesjugendamtes bei den örtlichen Trägern basiert. 2009 zeigte sich im Vergleich zum Vorjahr eine Zuwachsrate von zehn Prozent bei den Fallzahlen der Hilfen zur Erziehung. Fünf Prozent mehr Heimunterbringungen, sieben Prozent mehr Praxis Heimerziehung Fortschreibung der Berichterstattung Die umfassenden Berichte des KVJS-Landesjugend- amtes werden in einem Vierjahreszyklus fort geschrieben. Nachdem der erste landesweite Bericht zu Entwicklungen und Rahmenbedingungen der Inanspruchnahme erzieherischer Hilfen in BadenWürttemberg 2008 veröffentlicht wurde, wird der Folgebericht im Jahr 2012 auf der Datenbasis 2011 erscheinen. Der zweite landesweite Bericht zu Hilfen zur Erziehung in Heimen, sonstigen betreuten Wohnformen und Tagesgruppen in Baden-Württemberg wird voraussichtlich im Jahr 2011 vorliegen. Alle Berichte auch unter www.kvjs.de/publikationen/ jugendhilfe.html Foto: fotolia Vollzeitpflege, zwölf Prozent mehr Fälle bei den nicht-stationären Hilfen für Kinder und Jugendliche im Vergleich zu 2007 – so sah die letzte „Jahresbilanz“ des KVJS aus. Eine neue Tendenz zeigt sich dabei im Bereich der stationären Hilfen. Nachdem diese Fallzahlen über viele Jahre rückläufig gewesen waren, hielten sie sich im Vergleich der Jahre 2006 und 2007 etwa konstant. Im Anschluss daran ergab sich erstmals wieder eine deutliche Fallzahlsteigerung zum Jahr 2008. Dabei hat Baden-Württemberg bundesweit immer noch die niedrigste Quote bei der Heimerziehung. „Eine Ursache dafür liegt darin, dass die ambulanten und die teilstationären Angebote in Baden-Württemberg so stark ausgebaut wurden wie in keinem anderen Bundesland“, erklärt Dr. Bürger. „Und das wirkt sich erkennbar auf die Begrenzung stationärer Fallzahlen aus. Gleichwohl gelangt man natürlich auch dabei an einen kritischen Punkt, an dem die Arbeit mit nicht-stationären Hilfen an ihre Grenzen kommt, zumal es immer Kinder und Jugendliche gibt und geben wird, für die die stationäre Hilfe die passgenaue und deshalb auch die richtige Hilfe ist.“ Deshalb muss die Angebotslandschaft flexibel und facettenreich gestaltet sein, um auf geänderte Bedarfslagen reagieren zu können. Die Fachleute des KVJS-Landesjugendamtes gehen davon aus, dass die Entwicklung der Fallzahlen bei der Inanspruchnahme erzieherischer Hilfen noch nicht auf ihrem Höhepunkt angelangt ist. Wenn beispielsweise die Finanzund Wirtschaftskrise verstärkt auf den Arbeitsmarkt durchschlägt, wenn sich Arbeitslosigkeit oder Angst vor Jobabbau auch bei vielen Familien als Belastung auswirkt, dann werden auch die Rahmenbedingungen des Aufwachsens für die jungen Menschen riskanter. „Einzelne Probleme kann eine Familie noch tragen“, meint Dr. Ulrich Bürger. Wenn sich die Probleme aber verdichten und überlagern, steigt das Risiko der Überforderung und damit letztlich auch der Bedarf an Erziehungshilfe. „Soweit wir das nach den bisherigen Rückmeldungen der Jugendämter einschätzen können, hat sich im Jahr 2009 eine weitere Fallzahlsteigerung ergeben.“ mok KVJS spezial y 17 Praxis Heimerziehung Zielgruppengerechte Erziehung: Für jeden das passende Angebot Foto: fotolia Hilfeplanung muss bedarfsorientiert sein. Einer zielgruppen spezifischen Pädagogik, wie etwa der geschlechtersensiblen Erziehung von Jungen und Mädchen, kommt daher große Bedeutung zu. Die sozialpädagogische Diagnose und die Wünsche und Vorstellungen der Familien und ihrer Kindern bilden auch bei der Auswahl von stationären Hilfeformen einen zentralen Ausgangspunkt. Denn: „Kinder und Jugendliche sollen ja im richtigen und ihrer Lebenssituation angepassten Umfeld leben und 18 y KVJS spezial lernen können“, betont Dr. Jürgen Strohmaier. Zielgruppengerechte Erziehung sei daher eine wesentliche pädagogische Herangehensweise im Hinblick auf individuelle, soziale und kulturelle Bedürfnisse von jungen Menschen, die im Rahmen von Erziehungshilfen stationär oder teilstationär untergebracht sind. Praxis Heimerziehung Im Rahmen seiner Aufsichts- und Beratungstätigkeit, aber auch in Form von Fortbildungen und Tagungen für öffentliche und freie Träger hat das KVJS-Landesjugendamt ein breites und spezialisiertes Fachwissen für zielgruppengerechte Erziehungsfelder und -bereiche im Gepäck. So bietet der KVJS zum Beispiel in Kooperation mit der LAG Jungenarbeit Baden-Württemberg für Sozialpädagogische Fachkräfte öffentlicher und freier Träger in den stationären, teilstationären und ambulanten Formen der Hilfen zur Erziehung eine berufsbegleitende längerfristige Weiterbildung zum Jungenarbeiter an. Die Veranstaltung ist modular aufgebaut. Die Teilnehmer erhalten am Ende der Weiterbildung ein Zertifikat. Nähere Auskünfte erteilt Irma Wijnvoord vom KVJS, Telefon 0711 6375-429, Irma.Wijnvoord@ kvjs.de Nachfolgend einige Statements: Seelisch behindert: wichtig sind inklusive Angebote „Förderung von behinderten jungen Menschen zur Teilhabe am Leben in Gemeinschaft bedeutet keine Ausgliederung durch ‚Sondergruppen‘, sondern die Entwicklung inklusiver Strukturen und Angebote. In der Heimerziehung ist die Versorgung in integrativen Gruppen unter besonderer Berücksichtigung des Einzelfallbedarfs behinderter junger Menschen dementsprechend. Auch bei Gruppenangeboten mit konzeptioneller Ausrichtung auf besondere Bedarfe ist es ein Hauptziel, die (Wieder-)Eingliederung und Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu fördern.“ Gisela Köhler, KVJS Mädchen haben spezifische Probleme „Mädchen sind in den stationären Hilfen deutlich unterrepräsentiert und sie äußern ihren Hilfebedarf nicht so offensiv wie Jungen. Mädchen haben spezifische Problemlagen, auf die auch mit mädchenspezifischen Angeboten reagiert werden sollte, um die Hilfen wirksam und nachhaltig zu gestalten. In einer geschlechtshomogenen Gruppe können Mädchen ihre Bedürfnisse thematisieren und geschlechtsspezifische Zuschreibungen im geschützten Rahmen kritisch reflektieren, ohne sich gleich gegenüber den Jungen in der Gruppe positionieren zu müssen.“ Sylvia Domon, KVJS Identität als Junge bilden „Jungen in Heimerziehung sind häufig geprägt durch fehlgelaufene Beziehungs- und Partnermodelle in der Familie. Sie reagieren darauf mit Bindungsarmut, Entwicklungsverzögerungen und unrealistischen Vorstellungen über gelebtes Mann sein. Erziehung im Heim und in Wohngruppen bietet Schon-, Schutz-, Entwicklungs- und Rückzugsraum, in dem sie sich in der Gruppe als Jungs erleben und außerhalb der bisher gelebten Beziehungsmodelle ihre Identität als Junge bilden können. Konzeptionell an Jungenthemen orientierte Übungsfelder in einem geschlechtsheterogenen Team berücksichtigen dabei ihren Entwicklungsstand und ihr Leistungsvermögen.“ Michael Weinmann, Waldhaus Hildrizhausen Interkulturelle Kompetenz erforderlich „Die gesellschaftliche Realität einer ethnischen, kulturellen, religiösen und sprachlichen Vielfalt findet sich auch in der Heimerziehung. Für die Methodik der pädagogischen Arbeit bedeutet dies, dass von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen interkulturelle Kompetenz und kultursensibles Handeln gefordert sind. Inhaltlich muss sich pädagogisches Handeln jedoch immer am Kindeswohl ausrichten. Deshalb ist in der Heim erziehung eine am Wohl des jungen Menschen orientierte Pädagogik erforderlich, die alle wesentlichen Merkmale der Biographie achtet und angemessen einbezieht.“ Annette Steimer, KVJS add KVJS spezial y 19 Praxis Heimerziehung Ressourcen im Sozialraum suchen und vernetzen Foto: Waldhaus Das Prinzip der Sozialraumorientierung gewinnt bei den Hilfen für Erziehung immer mehr an Bedeutung. Das Waldhaus Hildrizhausen betreut sozial und individuell benachteiligte Jugendliche und junge Erwachsene in den Bereichen stationäre erzieherische Hilfen, ambulante erzieherische Hilfen, kommunale Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit und Jugendberufshilfe 20 y KVJS spezial Für die Heimerziehung bedeutet dies, sich stärker als bisher im Lebensort der Kinder und Jugendlichen zu vernetzen, dort Koopera tionen zu suchen und Ressourcen zu finden. Eine intensive Netzwerk-Arbeit leistet zum Beispiel das Waldhaus in Hildrizhausen, eine sozialpädagogische Einrichtung der Jugendhilfe im Landkreis Böblingen mit eigenem Ausbildungsbetrieb, die sich um schwierige Jugendliche und straffällig gewordene junge Menschen und deren Familien kümmert. Vor rund 15 Jahren öffnete sich das Waldhaus nach außen. Seither sind die Waldhaus-Jugendlichen auch beim Dorffest und beim Weihnachtsmarkt mit von der Partie, erleben den ganz normalen Alltag aus Leben und Arbeiten. Das Waldhaus arbeitet eng mit den Schönbuchgemeinden sowie Behörden und Ämtern des Landkreises Böblingen zusammen. Ebenso bestehen enge Kooperationen mit Betrieben, Kammern und Handels- und Gewerbevereinen, um den betreuten Jugendlichen eine berufliche Perspektive zu eröffnen. „Hier werden kreative Ideen entwickelt“, lobte Landrat Roland Bernhard die Jugendhilfeeinrichtung bei einem Besuch. Im Bereich der Stationären Hilfen hat das Waldhaus einen Teil der Wohngruppen dezentralisiert und mit dem Eichenhof und dem Haus Johannes Angebote vor Ort in Leonberg geschaffen. In der Gemeinde Hildrizhausen trägt der Jugendreferent, der gleichzeitig ein Mitarbeiter des stationären Bereiches ist, zur Integration der Heimjugendlichen und der Vernetzung zwischen stationären Hilfen und Jugendsozial arbeit im Dorf bei. Dies ist fest konzeptionell verankert. Erfreulich und wegweisend ist der Aufbau des Familien- und Jugendhilfezentrums in Herrenberg. Hier finden sich alle Hilfen unter einem Dach. Neben präventiven Angeboten werden stationäre und ambulante Hilfen hier zukünftig eng im Lebensumfeld der Jugendlichen verknüpft sein. Der KVJS fördert und unterstützt sozialräumliche Aktivitäten in den Hilfen zur Erziehung durch Fortbildungen, Fachtagungen, Projektförderung sowie durch seine überörtliche Berichterstattung. add Praxis Heimerziehung „Es darf keine Geheimnisse geben“ Zu den Missbrauchsvorfällen in Internaten, Schulen und Wohnheimen äußert sich KVJS-Referatsleiter Dr. Jürgen Strohmaier. Pädosexuelle in Einrichtungen gibt es leider auch heute noch. Welche Konsequenzen zieht das KVJS-Landesjugendamt daraus für die Heimaufsicht? Wir sind auf diese Problemstellung vorbereitet. Unser Referat verfügt über die fachliche Kompetenz, kontinuierlich zu beraten und in kritischen Situationen vor Ort mit aufsichtsrechtlichem Know-how rasch zu reagieren. Dafür steht uns durch Beschluss des KVJSVerbandsausschusses in Kürze eine weitere Stelle zur Verfügung. Allerdings müssen auch die örtlich Verantwortlichen und Angehörigen uns schnell informieren, wenn es auffällige Situationen gibt. Außerdem thematisieren wir diese Problematik auf unseren Tagungen und Konferenzen, insbesondere natürlich bei unserer Beratung zur Betriebsführung von Einrichtungsträgern. Was unternehmen Sie darüber hinaus, um sexuellen Missbrauch schon im Vorfeld zu verhindern? Zunächst einmal haben wir kräftig an einer präventiven Struktur gearbeitet. So haben wir Musterverträge, in denen das Vorgehen bei vermuteter Kindeswohlgefährdung beschrieben wird, gemeinsam mit den Kommunalen Landesverbänden und der freien Jugendhilfe erstellt, die inzwischen auf örtlicher Ebene abgeschlossen wurden. Den vorgesehenen Einsatz von „Insoweit erfahrenen Fachkräften“ bei der Gefährdungsabschätzung hat der KVJS durch ein intensives Qualifizierungsangebot maßgeblich vorangebracht. Im Rahmen unseres Programms „Impulse für den Kinderschutz“ haben wir mit Landesmitteln in den vergangenen 2,5 Jahren über 26000 Fachkräfte in der Jugendhilfe weiter qualifizieren können. Grundsätzlich sensibilisieren wir Einrichtungen dafür, dass sie ihre Fachkräfte zur transparenten Arbeit befähigen. Es darf keine Geheimnisse geben. Foto: www.polizei-beratung.de Anfang des Jahres wurden zahlreiche Fälle von Kindesmissbrauch in Einrichtungen aufgedeckt. Wie sind Ihre Erfahrungen damit? Sexueller Missbrauch wird heute nicht mehr verschwiegen, sondern es wird aktiv dagegen vorgegangen. Die Vorkommnisse in Erziehungs heimen, Internaten und Wohnheimen – auch wenn sie bereits älteren Datums sind – bekräftigen uns mehr denn je, Position zu Beteiligungsrechten und -formen für Schutzbefohlene zu beziehen. Unser Fokus richtet sich deshalb auf fachliche Standards, wie etwa systematische Hilfeplanung, offensive Elternarbeit, kontinuierliche Gesundheitsförderung und alltagsbezogene Bildungsarbeit. Und darauf, ob die genannten Institutionen diese Standards aktiv umsetzen. Diese Position vertreten wir auch in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landes jugendämter (BAGLJÄ), die mit am „Runden Tisch Heimerziehung“ in Berlin vertreten ist. add KVJS spezial y 21 Praxis Heimerziehung „Geschlossene“ Unterbringung die letzte Chance? Foto: Michael Weiß/Heinrich-Wetzlar-Haus Seit den siebziger Jahren wird diese Form der Erziehungshilfe in der allgemeinen wie der fachlichen Öffentlichkeit leidenschaftlich und kontrovers diskutiert: „Geschlossene Unterbringung“ – das klingt wie Knast für Kids. Doch eigentlich soll sie genau das verhindern: das endgültige Abrutschen junger Menschen in die Kriminalität. Freiheitsentziehende Maßnahme heißt nicht ständiger Stubenarrest „In der Jugendhilfe gibt es eine große Diskussion, ob freiheitsentziehende Maßnahmen zulässig sind oder nicht“, bestätigt Willi Igel vom Landesjugendamt des KVJS. „Wir vertreten eine pragmatische Sichtweise: Wir müssen auch Betreuungsformen finden für Jugendliche, die sich entziehen.“ Entziehen heißt vor allem Weglaufen, aber auch durch hohe Aggressionsbereitschaft kann man pädagogische Maßnahmen ins Leere laufen lassen. Jede freiheitsentziehende Maßnahme muss von einem Richter angeordnet werden. Dies gilt auch in der Jugendhilfe. In Baden-Württemberg gibt es insbesondere jeweils drei Einrichtungen für Mädchen und für Jungen, die solche Maßnahmen durchführen. Doch wer glaubt, dass vor allem aggressive männliche Intensivtäter „geschlossen“ untergebracht werden, irrt: Für Jungen stehen 34 und für Mädchen 42 Plätze zur Verfügung. Mehr Mädchen betroffen 2009 wurden in Baden-Württemberg insgesamt 97 Mädchen zwischen 14 und 17 Jahren in einer „geschlossenen“ Gruppe betreut, wobei der Altersdurchschnitt bei 14,5 Jahren lag. Von ihnen kamen 47 Prozent aus anderen Bundesländern. Die Betreuungsdauer lag zwischen 4,5 und 9,2 Monaten – im Durchschnitt 7,4 Monate. Die durchschnittliche Genehmigung für Frei- 22 y KVJS spezial heitsentzug bei den Jungen lag hingegen bei 6,1 Monaten. Allerdings war hier die Zeitspanne der Unterbringung von 1,5 bis 17 Monaten erheblich weiter. Insgesamt 36 Jungen im Alter zwischen 11 und 17 Jahren waren betroffen – auch hier kam ein erheblicher Anteil aus anderen Bundesländern. „Bundesweit sind mehr Mädchen in freiheitsentziehenden Maßnahmen untergebracht“, erklärt Willi Igel. Der Grund ist der oft hohe Grad an Selbstgefährdung, bedingt durch eine Abwärtsspirale aus einem Leben auf der Straße, Drogensucht und Prostitution. Igel schätzt zudem, dass etwa die Hälfte der betroffenen Mädchen Psychiatrie-Erfahrung haben. Ein abgeschlossenes Umfeld soll dazu beitragen, den gefährdeten jungen Frauen eine feste Struktur und damit Halt zu geben. Unterschiedliche pädagogische Konzepte Die Gruppen bestehen bei freiheitsentziehenden Maßnahmen aus maximal sechs Jungen oder Mädchen. „Geschlossene Unterbringung“ heißt dabei nicht, dass die Jugendlichen in ihre Zimmer eingesperrt werden, sondern dass die Tür zur Gruppe abgeschlossen ist. Unterschiedliche Einrichtungen setzten das ihnen richterlich zugestandene Mittel des Freiheitsentzugs auch unterschiedlich ein. Die einen beginnen die Maßnahme relativ „offen“ und Praxis Heimerziehung setzen engere Grenzen, wenn es Probleme gibt. Bei den anderen dürfen die Jugendlichen beispielweise während der ersten sechs Wochen die Gruppe nicht ohne Mitarbeiter verlassen. Danach greifen allmähliche Lockerungen. „Beide arbeiten aber im Prinzip ähnlich, meist mit einem Punktesystem“, erklärt Igel. Je besser der persönliche Punktestand, desto mehr Freiheiten. Bei zwei Einrichtungen war das Landesjugendamt an der Konzept-Entwicklung beteiligt. Die Herausforderung war, den Tagesablauf so zu strukturieren „dass die Jugendlichen kein Bedürfnis haben, abzuhauen“, meint Igel. Noch eine Chance Auch hier kommen einige Jugendliche aus anderen Bundesländern, was die Elternarbeit schwierig macht. Denn: „Es ist zwingend notwendig, auch mit den Eltern zu arbeiten“, erklärt der erfahrene Pädagoge Michel. „Ein Großteil der Jugendlichen hat Probleme mit dem familiären Umfeld, hat hilflose Eltern oder stammt aus nicht funktionierenden Familien.“ Wer sich im Heinrich-Wetzlar-Haus gut macht und eine gute Prognose bekommt, hat eine reelle Chance auf eine Bewährungsstrafe. Auch wer zu einer Haftstrafe veruteilt wurde, In Baden-Württemberg verliert man auch bei straffälligen Jugendlichen den pädagogischen Ansatz nicht aus dem Auge. In der Jugendeinrichtung Schloss Stutensee steht mit dem Heinrich-Wetzlar-Haus eine Einrichtung für Jungen im Alter zwischen 14 und 17 Jahren zur Verfügung, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind. „Unsere Aufgabe besteht darin, die Zeit vor der Hauptverhandlung erzieherisch zu gestalten“, so die Konzeption des HeinrichWetzlar-Hauses. Die maximal zwölf Jugendlichen sollen positives soziales Verhalten üben und sich mit ihrer Straftat auseinander setzen. Das KVJS-Landesjugendamt übt auch hier die Heimaufsicht aus. Den Unterbringungsrahmen legt hierbei aber das zuständige Gericht oder die Staatsanwaltschaft fest, die beispielsweise Kontaktsperren verhängen können. „Wir achten darauf, dass die Rechte der Jugendlichen gewahrt werden“, beschreibt Markus Michel, der beim KVJS-Landesjugendamt für dieses besondere Angebot zuständig ist. Er kennt die Einrichtung von Grund auf, denn er hat selbst - mit einer Unterbrechung – sieben Jahre dort gearbeitet. Zu diesen Rechten gehören etwa eine adäquate Unterbringung und die notwendige pädagogische Betreuung. Foto: Michael Weiß/Heinrich-Wetzlar-Haus Heim statt Untersuchungshaft kann noch auf eine Chance hoffen: Beim „Projekt Chance“, initiiert vom baden-württembergischen Justizministerium und getragen von einem Verein. In zwei Einrichtungen in Creglingen und Leonberg bekommen die jugendlichen Täter eine intensive sozialpädagogische Betreuung und die Chance, einen Schulabschluss zu machen oder eine Lehre. Auch nach Ende der eigentlichen Haftzeit werden sie in einem „Nachsorgeprojekt“ weiter betreut, bis sie eine einmal begonnene Ausbildung abgeschlossen haben – als Startkapital für ein neues Leben. mok Zimmer im HeinrichWetzlar-Haus KVJS spezial y 23 Praxis Heimerziehung „Kompetent beraten, bestens informiert“ Foto: privat Für freie Jugendhilfeträger ist der KVJS ein gefragter Partner. Dr. Matthias Hamberger und seine Mitarbeiter etwa schätzen besonders die Kompetenz in konzeptionellen und aufsichtsrechtlichen Fragen sowie die zeitnahe Versorgung mit fachlichen Informationen. Hamberger ist Leiter der Martin-Bonhoeffer-Häuser in Tübingen. Dr. Matthias Hamberger, Leiter der Martin-Bonhoeffer-Häuser in Tübingen. Die dezentral strukturierte Einrichtung der Erziehungshilfe hat zum Beispiel vier vollstationäre Wohngruppen und gehört zum Tübinger Verein für Sozialtherapie bei Kindern und Jugendlichen e.V.. 24 y KVJS spezial Welche Erwartungen haben Sie ganz allgemein an Ihre Kooperationspartner? Kooperation gelingt meiner Erfahrung nach dann am Besten, wenn es um eine gemeinsame Sache geht und die Zusammenarbeit von Respekt und gegenseitiger Wertschätzung geprägt ist. Darüber hinaus ist es wichtig, tragfähige Vereinbarungen und eine strukturelle Absicherung der Kooperation zu entwickeln. Und: die einzelnen Kooperationspartner brauchen die entsprechenden Ressourcen für die Zusammenarbeit. dem Institut für Soziale Arbeit in Münster eine sehr gelungene Fortbildung durchführen. Im Rahmen des Projekts „Wirkungsorientierung“ sind wir einer von vier Standorten in Baden-Württemberg, die durch die Unterstützung des KVJS wissenschaftlich begleitet werden. Das ist eine ganz wichtige Unterstützung, um die Kooperation von Jugendhilfe und Ganztagsschule voranzubringen. Um die gemeinsamen Ziele nicht aus dem Auge zu verlieren ist die Vor-Ort-Moderation nicht nur sehr hilfreich, sondern notwendig. Worin unterstützt Sie der KVJS in besonderer Weise? Ich schätze zum einen die gezielten Fachinformationen, die uns Jugendhilfeträgern vom KVJS zeitnah zur Verfügung gestellt werden. Die möchte ich nicht missen. Zum anderen finde ich im Landesjugendamt des KVJS kompetente Ansprechpartner, wenn es um Fragen der Aufsichtspflicht und um konzeptionelle Entwicklungen geht. Im letzten Jahr haben wir als Einrichtung ganz konkret von den Landesmitteln in Sachen „Kinderschutz“ profitiert. Mit fünf anderen Trägern aus der Region Tübingen, Reutlingen und Böblingen konnten wir in Kooperation mit Was wünschen Sie sich noch zusätzlich vom KVJS? Die gute Berichterstattung des Landesjugendamtes zur Inanspruchnahme von Jugendhilfe leistungen und sozialstrukturellen Rahmenbedingungen im Kreisvergleich sollte in den nächsten Jahren flankiert werden von einer kritischen Sozialberichterstattung, die sich den individuellen Lebenslagen der Adressaten und Adressatinnen von Jugendhilfeleistungen widmet. Auch würde ich es begrüßen, wenn die Impulsförderung des KVJS für neue Modellvorhaben in der Kinder- und Jugendhilfe ausgebaut und weiter qualifiziert wird. add Praxis Heimerziehung „Der KVJS setzt auf Beteiligung“ Was ist für Sie in einer „Partnerschaft“ generell besonders wichtig? Ganz entscheidend sind für mich Einfühlungsvermögen in die Situation und Sichtweise des Gegenübers sowie Verständnis dafür. Unterschiedliche Auffassungen sollen möglichst akzeptiert oder zumindest toleriert werden. Das bedeutet auch, dass bei Konflikten mein Partner in seiner Person beziehungsweise Persönlichkeit geachtet und nicht verletzt wird. Die eigene Position klar und sachlich vertreten, Gefühle benennen und nicht „unter den Teppich zu kehren“ sind Haltungen, auf die ich persönlich großen Wert lege. Bei Konflikten oder Problemlagen sind die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des KVJSLandesjugendamtes stets konsensorientiert und bemühen sich um Vermittlung. Was schätzen Sie am KVJS? Der KVJS setzt als überörtlicher Träger auf Beteiligung der örtlichen Jugendhilfeträger an allen sie betreffenden Belangen. Standards werden nicht einfach „von oben herab“ gesetzt, sondern sind Ergebnis diskursiver Erarbeitung in eigens gebildeten Fach- und Expertengruppen. Diese starke Dienstleistungs- und Bedarfsorientierung im Sinne der örtlichen Jugendämter, aber auch der Jugendhilfeeinrichtungen freier Träger finde ich sehr lobenswert. Und: Ihre zusätzlichen Wünsche an den KVJS? Ich wünsche mir vor allem, dass der im Rahmen der Berichterstattung begonnene Transfer zur örtlichen Ebene und der Erfahrungsaustausch mit dieser qualitativ wie personell abgesichert sowie intensiviert und ausgebaut wird. add Wie bewerten Sie vor dem Hintergrund knapper Ressourcen die Unterstützung des KVJS in Fragen der wirtschaftlichen Jugendhilfe? Kompetente Beratung und Unterstützung ist hier für die Fachkräfte in den Jugendämtern besonders wichtig. Hervorheben möchte ich, dass dieser Service vom KVJS fachlich immer sehr gut und hilfreich angeboten wird. Foto: privat Die Fachleute aus den Jugendämtern in Baden-Württemberg können immer auf den KVJS zählen. Und sie finden in ihm einen Partner, der Standards nicht von „oben herab“ setzt, wie Wolfgang Schwaab, Leiter des Jugendamtes im Enzkreis, hervorhebt. Im Enzkreis gibt es drei Einrichtungen der Erziehungshilfe: Das Kinderhaus Stromberg in Illingen, die Sozialpädagogische Einrichtung Niefernburg in Niefern-Öschelbronn sowie das Kinder- und Jugendheim Sperlingshof in Remchingen. Wolfgang Schwaab leitet das Jugendamt im Enzkreis KVJS spezial y 25 Aus- und Fortbildung Heimerziehung Berufsbegleitende Ausbildung Jugend- und Heimerzieher/in „Unsere Lehrkräfte sind nicht nur ausgewiesene Fachleute, sondern kennen auch die aktuellen Entwicklungen aus ihrem eigenen Berufsalltag“, sagt der Leiter der KVJS-Fachschule für Sozialwesen Klaus Boch. Die KVJS-Fachschule für Sozialwesen in Oberderdingen-Flehingen (Kreis Karlsruhe) blickt auf über 30 Jahre Lehrerfahrung zurück. Ob Methodenkenntnis, Fachwissen oder Sozialkompetenz – „die Studierenden profitieren von der besonderen Praxisnähe unserer berufsbegleitenden Ausbildung“, sagt der Fachschulleiter Klaus Boch. „Wir haben ausschließlich praxiserfahrene Dozentinnen und Dozenten.“ Psychologinnen, Pädagogen und Ärzte vermitteln Hintergrundwissen aus ihrem Berufsalltag. Juristen führen in die Rechtskunde ein. Erfahrene Lehrende unterrichten nach den modernen Erkenntnissen der Didaktik, Methodik und Medienpädagogik. Duales Lernsystem Zudem erwartet die Auszubildenden in der berufsbegleitenden Ausbildung ein duales Lernsystem aus theoretischem und praktischem Unterricht. In der KVJS-Fachschule wird das theore- KVJS-Bildungszentrum Schloss Flehingen Fachschule für Sozialwesen Gochsheimer Str. 19 75038 Oberderdingen Telefon: 07258 75-62 www.kvjs.de/fachschule-sozialwesen.html 26 y KVJS spezial tische Wissen vermittelt. In sozialpädagogischen Einrichtungen durchlaufen die jungen Frauen und Männer ihren praktischen Ausbildungsteil. Die Ausbildung im Schloss Flehingen genießt wegen der bewährten Verzahnung von Theorie und Praxis bei Arbeitgebern einen ausgezeichneten Ruf. In der Folge ist die mit 250 Euro pro Jahr zudem kostengünstige Fachausbildung äußerst begehrt. „Dieses Jahr waren die zwei Kurse mit je 30 Auszubildenden schon im Februar ausgebucht“, berichtet Boch. Doch noch immer würden sich Frauen und Männer mit Realschulabschluss, Abitur oder einer abgeschlossenen Berufsausbildung bewerben. Die Schule führt eine Warteliste. Die Ausbildung endet mit einer staatlichen Prüfung. Das Regierungspräsidium verleiht die staatliche Anerkennung. syr Foto: Rippmann Foto: Rippmann Jedes Jahr verabschiedet die KVJS-Fachschule für Sozialwesen 50 bis 60 staatlich anerkannte Jugend- und Heimerzieher/innen in die Arbeitswelt. Sie übernehmen Verantwortung in Heimen, Kindergärten oder Horten. Manche der frischgebackenen Fachleute arbeiten im euro päischen Ausland. Manche übernehmen Leitungsaufgaben. Aus- und Fortbildung Heimerziehung Pluspunkt Fortbildung Für die vielfältigen Herausforderungen im Alltag bietet der KVJS ein umfassendes Fortbildungsangebot. Der Verband gehört zu den ersten Adressen im Land. In den KVJS-Bildungszentren Gültstein und Schloss Flehingen treffen sich Fachkräfte zu Seminaren, Diskussionen und Fachtagungen. stehen Seminare zu Weiterentwicklungen bei Themen wie Kinderschutz, Biografiearbeit oder Bindungstheorien. Die Fortbildungsreihe „Leitungskompetenz in der Sozialen Arbeit“ greift » Foto: Rippmann Erfahrene Bildungsexperten haben im Jahr 2010 für Fachleute der stationären und teil stationären Jugendhilfe ein interessantes Programm zusammengestellt. Auf der Agenda KVJS spezial y 27 Foto: Rippmann Aus- und Fortbildung Heimerziehung die Herausforderungen für Führungskräfte auf. Mit der Reihe unterstützen der KVJS und der „Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge“ die Leitungskräfte von öffentlichen und freien Trägern der Sozial- und Jugendhilfe. „Pluspunkte der Fortbildungsangebote des KVJS-Landesjugendamts sind die Praxisnähe und Berufsfeldorientierung sowie die Möglichkeit der Vernetzung für Fachkräfte von freien und öffentlichen Trägern der Jugendhilfe“, sagt die Fortbildungskoordinatorin für die Jugendhilfe, Annette Kurowski. Bewährte Referentinnen und Referenten aus Wissenschaft und Praxis sichern die Qualität der KVJS-Bildungsarbeit. KVJS-Bildungszentrum Gültstein Die KVJS-Bildungsarbeit macht auch Angebote für Verantwortliche in der Hochschulausbildung. Zum Beispiel bietet der KVJS eine Veranstaltung für Praxisanleiterinnen und -anleiter aus Einrichtungen der Hilfen zur Erziehung. Praxisanleiter begleiten Studierende der Sozialen Arbeit während der Praxisphasen. „Der Kontakt und Austausch von Hochschulen und Praxis ist uns besonders wichtig – gerade vor dem Hintergrund der neuen Bachelor- und Master-Studiengänge ‚Soziale Arbeit’“, sagt Kurowski. Alle Veranstaltungen bieten aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse und Erfahrungen aus der Praxis sowie Informationen über rechtliche Änderungen. Bei manchen Themenfeldern können Interessierte zwischen mehreren Angebotsformen wählen. Kurowski: „Das systemische Arbeiten – ein bewährter Ansatz in den Hilfen zur Erziehung – greifen wir zum Beispiel in einzelnen Seminaren, einer flexiblen Fortbildungsreihe sowie in einem längerfristigen Fortbildungsangebot auf“. Im Jahr 2009 buchten über 800 Expertinnen und Experten aus Baden-Württemberg Veranstaltungen des KVJS zum Bereich „Hilfen zur Erziehung, soziale Dienste“. Speziell aus dem Feld der Heimerziehung trafen sich bei der Jahrestagung 128 Führungskräfte von Trägern und Einrichtungen der Hilfen zur Erziehung. Ob Jahrestagungen, Fachtag zu „20 Jahren UNKinderrechtskonvention“ oder spezielle BasisSeminare für Leitungskräfte von Erziehungshilfeeinrichtungen – alle Veranstaltungen sind vielfältig in Methode und Inhalt. syr Foto: Rippmann Ihr KVJS-Ansprechpartner für Fragen 28 y KVJS spezial Willi Igel Telefon: 0711 6375-431 E-Mail [email protected] Alle Veranstaltungen im Internet unter: www.kvjs.de/fortbildung/jugendhilfe.html Information Heimerziehung Zum Weiterlesen Reihe KVJS-Service Jugendhilfe Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen der Hilfen zur Erziehung. Verfahrensweisen des Landesjugendamtes Baden-Württemberg bei der Aufsicht unter besonderer Berücksichtigung des Eingriffs in Freiheitsrechte von Kindern /Jugendlichen Ausgabe 11/2007. KVJS-Landesjugendamt: Hilfen zur Erziehung in Heimen, sonstigen betreuten Wohnformen und Tagesgruppen in Baden-Württemberg 2007 Erster landesweiter Bericht, 12/2007. KVJS-Landesjugendamt: Bericht zur Entwicklung und Rahmenbedingungen der Inanspruchnahme erzieherischer Hilfen in Baden-Württemberg 2008 Ausgabe 9/2008. Adam, Albert / Breithaupt-Peters, Monique Persönlichkeitsentwicklungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen. Ein integrativer Ansatz für die psychotherapeutische und sozialpädagogische Praxis. Stuttgart: Kohlhammer, 2010. Bitzan, Maria / Bolay, Eberhard / Thiersch, Hans Die Stimme der Adressaten. Empirische Forschung über Erfahrungen von Mädchen und Jungen mit der Jugendhilfe. Weinheim: Juventa Verlag, 2006. Budde, Wolfgang / Früchtel, Frank / Hinte, Wolfgang (Hrsg.) Sozialraumorientierung. Wege zu einer veränderten Praxis. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2006. Früchtel, Frank / Budde, Wolfgang / Cyprian, Gudrun Sozialer Raum und Soziale Arbeit. Fieldbook: Methoden und Techniken. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2007. Früchtel, Frank / Cyprian, Gudrun / Budde, Wolfgang Sozialer Raum und Soziale Arbeit. Textbook: theoretische Grundlagen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2007. Günder, Richard Praxis und Methoden der Heimerziehung – Entwicklungen, Veränderungen und Perspektiven der stationären Erziehungshilfe. Freiburg im Breisgau: Lambertus, 2007. Hamberger, Matthias Erziehungshilfekarrieren – Belastete Lebensgeschichte und professionelle Weichenstellung. Frankfurt a.M.: IGFH Eigenverlag, 2008. KVJS spezial y 29 Information Heimerziehung Knab, Eckhart u.a. (Hrsg.) Die vernachlässigten Hoffnungsträger – Beiträge zur Kinder- und Jugendhilfe (Hubertus Junge gewidmet aus Anlass seines 80. Geburtstags am 28.11.2008). Freiburg i.B.: Lambertus, 2009. Foto: fotolia Kuhlmann, Carola „So erzieht man keinen Menschen!“ Lebensund Berufserinnerungen aus der Heimerziehung der 50er und 60er Jahre. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2008. Hast, Jürgen / Nüsken, Dirk u.a. (Hrsg.) Heimerziehung und Bildung. Gegenwart gestalten – auf Ungewissheit vorbereiten. Frankfurt a.M.: IGFH Eigenverlag, 2009. Homfeldt, Hans G. / Schulze-Krüdener, Jörgen (Hrsg.) Elternarbeit in der Heimerziehung. München: Ernst Reinhardt Verlag, 2007. Alle KVJS-Broschüren sind kostenlos zu beziehen bei: Diane Geiger Telefon 0711 6375-406 E-Mail [email protected] Zum Download im Internet www.kvjs.de/publikationen/jugendhilfe.html 30 y KVJS spezial Schwabe, Mathias Zwang in der Heimerziehung? Chancen und Risiken. München: Ernst Reinhardt Verlag, 2008. Stork, Remi Kann Heimerziehung demokratisch sein? Eine qualitative Studie zum Partizipationskonzept im Spannungsfeld von Theorie und Praxis. Weinheim; München: Juventa-Verlag, 2007. Wensierski, Peter Schläge im Namen des Herrn. Die verdrängte Geschichte der Heimkinder in der Bundesrepublik. München: DVA Deutsche Verlags-Anstalt, 2006. Der KVJS setzt sich für Menschen ein Der Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) ist überörtlicher Träger der Sozialhilfe, Jugendhilfe und Kriegsopferfürsorge sowie Träger des Integrationsamtes. Die Behörde mit Sitz in Stuttgart und einer Zweigstelle in Karlsruhe ist ein Kompetenz- und Dienstleistungszentrum für die 44 Stadt- und Landkreise Baden-Württembergs und damit für knapp 11 Millionen Menschen. Verbandsvorsitzender ist der Landrat des Enzkreises, Karl Röckinger, Verbandsdirektor ist Senator e.h. Roland Klinger. Die Kreise tragen und finanzieren die Körperschaft des öffentlichen Rechts. Jugendhilfe Der KVJS y entwickelt und koordiniert Konzepte gegen den steigenden Bedarf an Jugendhilfe, y unterstützt die Jugendämter beim Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung, y bietet Analysen und Analyse-Instrumente zu gesellschaftlichen Entwicklungen, y verantwortet die überörtliche Jugendhilfeplanung und berät und unterstützt die Jugendämter bei der örtlichen Jugendhilfeplanung, y berät und beaufsichtigt über 7.900 Kindertagesstätten mit rund 382.000 Plätzen sowie über 470 Heime für junge Menschen, y ist Servicestelle für betrieblich unterstützte Kinderbetreuung und Träger der zentralen Adoptionsstelle. Integration ins Arbeitsleben Der KVJS y ist Ansprechpartner für rund 269.000 Betriebe in Baden-Württemberg mit 3,8 Millionen Arbeits plätzen in allen Fragen der Integration von behinderten Menschen in das Arbeitsleben, y ist eingeschaltet, bevor ein Betrieb einem schwerbehinderten Arbeitnehmer kündigen kann und y erhebt und verwendet die Ausgleichsabgabe. Soziales, Behinderung und Pflege Der KVJS y verhandelt im Auftrag der Stadt- und Landkreise die Pflegesätze mit den stationären und teilstationären Pflege-, Jugend- und EingliederungshilfeEinrichtungen, y berät und unterstützt die örtlichen Träger mit dem Ziel „ambulant vor stationär“ beim Abschluss von Leistungs-, Vergütungs-, Qualitäts- und Prüfungsvereinbarungen, bei der Planung in der Alten pflege, Gefährdeten- und Behindertenhilfe, y initiiert und begleitet Entwicklungsprojekte der Sozialhilfe, y ist Bewilligungsbehörde für das Land bei der Investitionskostenförderung von Pflege- und Behinderteneinrichtungen, y unterstützt die Kreise beim Fallmanagement, Benchmarking und bei der Sozialplanung, y unterhält einen Medizinisch-Pädagogischen Dienst für behinderte Menschen, y bietet örtlichen Betreuungsbehörden und -vereinen einen fachlichen Service und y finanziert Hilfen für Kriegs-, Wehrdienst-, Gewaltopfer und Impfgeschädigte sowie Hilfen für Deutsche im Ausland. Aus- und Fortbildung Der KVJS y bietet ein breites Spektrum an Schulungs- und Bildungsangeboten in den Bereichen Jugendhilfe, Schwerbehindertenrecht, Eingliederungshilfe für behinderte Menschen und Betreuungsrecht y ist Träger von zwei Fortbildungsstätten und vier Fachschulen. KVJS spezial y 31 Lindenspürstraße 39 70176 Stuttgart (West) Telefon 07 11 63 75-0 www.kvjs.de [email protected]