Eine Zeitungslandschaft im Umbruch - WAN-IFRA
Transcrição
Eine Zeitungslandschaft im Umbruch - WAN-IFRA
Schwerpunkt April 2001 zeitungstechnik< Länderreport: Großbritannien und Irland Eine Zeitungslandschaft im Umbruch Mike Fairhead, von einem längeren Auslandsaufenthalt nach England zurückgekehrt, stellt fest: In fünf Jahren hat sich in der Zeitungsindustrie Großbritanniens und Irlands manches verändert > S. 13. Die zahlreichen Zusammenschlüsse in jüngster Zeit können auch zukünftige Fusionsaktivitäten beeinflussen. > S. 18. Immer mehr Zeitungen entscheiden sich dafür, einen Teil ihrer Titel im Lohndruck produzieren zu lassen. Wird der Trend anhalten oder sich umkehren? > S. 22. Die Newspaper Society liefert ihr AdFast-System für die digitale Anzeigenübertragung an Hunderte von Zeitungen Großbritanniens, aber es gibt auch Alternativen. > S. 26. 12 zeitungstechnik April 2001 Der vorliegende Länderreport bildet den Auftakt zu einer neuen zeitungstechnik-Serie. Diese Berichte werden Themen und Trends beleuchten, die in den betreffenden Ländern eine aktuelle Rolle spielen, und der Frage nachgehen, wie die Verleger dort auf diese Herausforderungen reagieren. Wir hoffen, mit dieser Serie Verlagen und Zulieferern weltweit wertvolle Einblicke und Erfahrungen vermitteln zu können. Der erste Länderreport ist Großbritannien und Irland gewidmet. Er wurde von Mike Fairhead verfasst, dem für diese Region zuständigen Ifra-Repräsentanten. Wer in einer Branche tätig ist, die täglich vollen Einsatz fordert, verliert leicht aus den Augen, was um ihn herum passiert. Doch wenn er die gewohnte Umgebung einmal eine Zeit lang verlässt, erkennt er bei der Rückkehr umso leichter, was sich verändert hat. Ich hatte diesen Vorteil, da ich unlängst in die europäische Zeitungsindustrie zurückkehrte, nachdem ich fünf Jahre lang in Nairobi tätig gewesen war, wo ich die Verlagsgruppe Nation Newspapers bei der Installation moderner Technik unterstützte. Mit gemischten Gefühlen In den späten 90er-Jahren hat sich vieles stark verändert. Es gibt aber auch einiges, was sich entgegen meiner Erwartungen nicht verändert hat. Begrüßenswert ist zweifellos, dass die Newstec wieder in Brighton stattfindet. Die Konferenz wird jetzt von der Ifra organisiert und alles deutet auf gute Besucherzahlen hin. Das Konferenzprogramm ist äußerst attraktiv und greift Themen auf, die viele Zeitungsleute nach eigenem Bekunden derzeit stark beschäftigen. Am auffälligsten ist, wie sich die Besitzverhältnisse in der Zeitungsbranche verändert haben. Der Trinity Mirror hat sich durch die Fusion mit Midland Independent Newspapers und dem Daily Mirror und durch die Übernahme der restlichen Titel der Regionalzeitungsgruppe Thomson Regional Newspapers (TRN) in England stark vergrößert. Aus den Reed-Regionalzeitungen entstand die Newsquest-Mediengruppe, die den Verlag Westminster Press, die expandierte Verlagsgruppe Southern Newspapers und andere Unternehmen aufkaufte und schließlich selbst übernommen wurde – vom US-Konzern Gannett. Johnston Newspapers schnappte sich Verlage in Mike Fairhead Schwerpunkt Halifax, Wakefield und weiteren, nördlich davon gelegenen Städten und übernahm den Löwenanteil am alteingesessenen EMAP-Konzern sowie die Verlagsgruppen Portsmouth und Sunderland Newspapers. Die Northcliffe-Gruppe übernahm Aberdeen Newspapers von TRN, konsolidierte aber ihre Produktion und offeriert heute eines der größten Angebote an qualitativ hochwertig gedruckten Zeitungen, mit denen sie finanziell sehr erfolgreich ist. In Irland hat Independent Newspapers ihre dominierende Marktstellung durch die Übernahme des Belfast Telegraph weiter ausgebaut, aber die Irish Press wurde bedauerlicherweise eingestellt. Man fühlt sich unweigerlich an das astronomische Phänomen eines „schwarze Lochs“ erinnert, dessen Gravitationskraft alles, was in seine Nähe kommt, unerbittlich anzieht und auf immer verschlingt. Man fragt sich zwangsläufig, wann und wo das Ganze enden wird! Was mich zuversichtlich stimmt, ist, dass es nach wie vor eine Vielzahl von kleinen, robusten Unternehmen gibt. Ihnen ist sehr zu wünschen, dass sie auf Dauer bestehen können. tet, aufgrund der vermehrten Vor- und Sammelproduktion. Daher sind Investitionen in Rotationsmaschinen, die durchgängig vierfarbig drucken können, außerordentlich wichtig: Zum einen um der Farbnachfrage gerecht zu werden, zum anderen um die Stückkosten zu verringern und drittens um die Produktionszeiten zu verkürzen, da jetzt spätere Redaktionsschlusszeiten gefordert werden, die durch die elektronische Übertragung von Farbanzeigen auch realisierbar sind. Bei den regionalen Abendzeitungen hat sich der Trend zu Wochenendausgaben mit höheren Seitenumfängen, verglichen mit dem Wochenanfang oder Samstag, fortgesetzt. Ihre Auflagen sind weiter zurückgegangen, während die Einnahmen aus dem regen Anzeigengeschäft gestiegen sind. Den kostenpflichtigen Wochenzeitungen geht es nach wie vor ausgesprochen gut und die kostenlosen Zeitungen sind wie erwartet rationalisiert worden und haben expandiert. Der ausbleibende Auflagenund Seitenanstieg bei den Sonntagszeitungen deutet darauf hin, dass der Sonntag seine traditionelle Rolle als Familientag verliert, während das explosionsartige Wachstum der Samstagszeitungen den kulturellen Wandel widerspiegelt, der sich derzeit in Großbritannien vollzieht: Der Samstag entwickelt sich immer mehr zum freien Tag, der Sonntag hingegen zum Einkaufstag. Die kostenlosen Metro-Zeitungen haben sich in den größeren Städten erfolgreich etabliert. Das Angebot wird jedoch bewusst knapp gehalten. Da die Verkehrsbetriebe darauf bestanden, dass diese Zeitungen geheftet werden, sind in den Druckereien zahllose Inline- und OfflineHeftmaschinen installiert worden. Dies hat sich jedoch bisher nicht auf die Herstellung anderer Produkte ausgewirkt. Der erwartete Trend zu höheren Seitenumfängen, seriöser werdenden doch für die breite Masse der Leser weiterhin sehr attraktiven überregionalen Morgenzeitungen, einer Zunahme der kostenlosen Blätter und der Wochenzeitungen, welche die Abwanderung aus den Städten widerspiegelt, hat sich bestätigt, wie auch der Trend zu mehr Farbe. Ernsthaft in Betracht gezogen werden nur noch Druckmaschinen, die durchgehend vierfarbig drucken können. „Schließlich liefert mein Bürodrucker fotografische Konkurrenzfähig bleiben Der Schrumpfprozess unter den Verlagen, die den Mut haben, Zeitungen zu machen, geht einher mit einer fortschreitenden Nutzung höherer Datenübertragungsraten zur Rationalisierung des Drucks. Durch den Einsatz von PDF ist die regionale Druckproduktion überregionaler Zeitungen bedeutend einfacher geworden, die Zeitspanne zwischen dem Redaktionsschluss und dem Versandtermin hat sich verkürzt und die Kosten haben sich verringert. Ich freue mich über aktuellere Zeitungsnachrichten am Frühstückstisch, die jetzt besser mit lokalen Rundfunknachrichten konkurrieren können. Diese Entwicklung wurde insbesondere von der Daily Mail genutzt, welche die größten Auflagenzuwächse verzeichnen konnte. Die steigende Nachfrage nach Farbanzeigen und der Mangel an Farbdruckkapazitäten haben dazu geführt, dass mehr vorgedruckt, eingesteckt und in Sammelproduktion gedruckt wird. In den letzten fünf Jahren hat sich das Gewicht der Daily Telegraph on Saturday fast verdoppelt. Trotz insgesamt rückläufiger Auflagen sind die Druckmaschinen heute besser ausgelas13 Schwerpunkt Mike Fairhead kostengünstig mit Zeitungen beliefern zu können und sein Monopol auszubauen. Glücklicherweise gingen die Zeitungsverlage und die kleinen Zeitungshändler, bei denen viele Leser ihre Zeitung weiterhin kaufen möchten, aus dieser Kraftprobe als Sieger hervor. Die gute Nachricht aus dem Vertriebsbereich ist, dass die meisten Fahrzeuge jetzt mit GPS (Globales Positionierungssystem) und Zwei-Wege-Funk ausgestattet sind, sodass Verkehrsstaus rasch umfahren werden können. Die kundenspezifische Software, für die man 1995 noch 30 000 £ zahlen musste, wurde durch Produkte ersetzt, die heute nur ein paar Hundert Pfund oder weniger kosten. Die meisten Stadttaxis sind inzwischen standardmäßig mit diesen Anlagen ausgestattet. Auswahl britischer Regionalzeitungen. Druckqualität. Warum kann eine Zeitung das nicht auch bieten?“ Solche Druckmaschinen sind sehr teuer und die stark differierenden Seitenumfänge zwischen Wochenanfang und Wochenende bedeuten, dass die Maschine genügend Kapazität bieten muss, um die umfangreicheren Produkte am Ende der Woche produzieren zu können. Mit Druck voran In den vergangenen fünf Jahren wurden zahlreiche Druckmaschinen installiert, die als reine Turmkonfigurationen konzipiert sind und noch höhere Geschwindigkeiten und noch mehr Farbkapazitäten bieten. Daneben war in vielen Druckereien ein Trend zur Aufrüstung älterer Druckmaschinen zu verzeichnen, um dem Wunsch nach mehr Farbseiten und größeren Sektionen nachkommen zu können. Die abenteuerlichste Installation habe ich in Bradford ge- Preiskampf im Zeitungsvertrieb Es kam zu einem Preiskrieg zwischen den Zeitungsverlagen und Zeitungshändlern auf der einen Seite und der Buch- und Zeitungsladenkette WHSmith auf der anderen. WHSmith wollte En-gros-Lieferungen zu einem günstigeren Preis durchsetzen, um Supermärkte und seine eigenen Filialen > Fakten zur britischen Zeitungsindustrie Die fünf größten Tageszeitungen: The Sun, The Daily Mail, The Daily Mirror, The Daily Telegraph und Daily Express. (Alle genannten Titel haben Durchschnittsauflagen von mindestens einer Million Exemplaren pro Tag.) Der größte Zeitungskonzern: Trinity Mirror. Er besitzt u. a. die Zeitungen The Mirror und Racing Post sowie Regionalzeitungen wie die Daily Post in Liverpool. Eigentumsverhältnisse: Die 20 größten Verlage besitzen derzeit 84 % der Regional- und Lokalzeitungen. Trend: Nach einer Veröffentlichung im Ifra Trend Report Nr. 84 sind die Auflagenzahlen der britischen Broadsheet-Zeitungen zwar seit dem Aufkommen der Tabloid-Zeitungen (Boulevardzeitungen) kontinuierlich zurückgegangen, erfreuen sich aber in der Online-Welt weitaus größerer Beliebtheit. So hatte beispielsweise das Boulevardblatt The Sun im Januar eine mittlere Druckauflage von 3,6 Millionen Exemplaren, während die renommierte Zeitung The Guardian lediglich 410 000 Exemplare druckte. Die Website Guardianunlimited registrierte im Januar jedoch 25,9 Millionen Zugriffe, wohingegen die Website der Sun nur ein Drittel so viele Besucher hatte. Nach Auffassung der Kolumnistin Sally West hat dieser Unterschied demografische Ursachen. Tabloid-Leser sehen in der Regel sehr viel mehr fern, während Broadsheet-Leser häufiger das Internet nutzen und daher auch eher die Website ihrer Zeitung konsultieren. 14 April 2001 zeitungstechnik sehen, wo sich die Druckeinheiten in unglaubliche Höhen stapeln. Die meiner Meinung nach interessanteste Meldung kam jedoch vom Daily Telegraph, der mit einer bewährten Tradition bricht, um kanallos mit einer Platte im Umfang zu drucken, was zwar enorme Einsparungen an Papier und Druckplatten ermöglichen dürfte, aber einen Unsicherheitsfaktor birgt, da die Zylinderumdrehungsgeschwindigkeiten einer solchen Druckmaschine bedeutend höher sind als bei Maschinen herkömmlicher Bauart. Wie werden sich die Druckmaterialien weiterentwickeln, um diesem Umstand Rechnung zu tragen? Mit der zunehmenden Komplexität der Druckereien wächst auch der Bedarf an Automatisierungslösungen zur Makulaturverringerung. Mit Erstaunen stellte ich fest, dass bei der Automation sehr viel weniger Fortschritte gemacht wurden als erwartet. Wenn wir ein Automobilwerk zu leiten hätten, würde es uns nicht im Traum einfallen, die Produktqualität menschlichem Gutdünken zu überlassen. Massenproduktion erfordert absolute Konstanz und auf Anhieb erzielbare fehlerfreie Ergebnisse. Die Technik für die Automatisierung von Farbzufuhr, Wasserzufuhr, Register, Farbeinstellung, Rollenlogistik, Lagerbestandskontrolle (mittels funkgestützter Erfassung von elektronischen Identifizierungsmarken) und anderen Prozessen ist jedenfalls verfügbar. Warum hat unsere Branche so lange gebraucht, um elektronische Farbregelungssysteme zu entwickeln? Ein Problem, das Manager aller Zeitungen nach wie vor beschäftigt, ist der Farbabrieb an den Händen der Zeitungsleser. In den 80er-Jahren wurde bereits festgestellt, dass sich diese unangenehme Begleiterscheinung durch die Verwendung von höherwertigen, sprich teureren Druckfarben vermeiden lässt. Nicht nur das – der Farbverbrauch pro Quadratmeter wurde um fast die Hälfte reduziert und die Rotationsmaschinen blieben sauberer, was sich positiv auf die Bahnbruchstatistik und die Makulaturrate (Senkung um bis zu einem Prozent) auswirkte. Die Zeitpläne ließen sich leichter einhalten; die Stückkosten sanken trotz eines verdoppelten Mengenpreises der Druckfarben und man profitierte von der etwas besseren Umweltverträglichkeit der Pflanzenölfarben. Stückkosten ermittelt heute so gut wie niemand mehr. Die Kosten zeitungstechnik April 2001 für Massengüter werden fortlaufend gesenkt, aber niemand macht sich die Mühe, die Herstellungskosten pro Produkteinheit zu ermitteln. Vielleicht ist ein neuer Ansatz in der Kostenrechnung vonnöten, der Zeitungsbetriebe mit anderen Industriebetrieben vergleichbar macht. Bevor wir den „Schwermaschinen“Teil dieses persönlichen Berichts verlassen, möchte ich noch erwähnen, dass ich ernüchtert festgestellt habe, dass Zeitungsrotationen zwar mit Geschwindigkeiten von 70 000 bis 80 000 Ex/h (Doppelproduktion) gefahren werden können, aber selten die ganze Nacht auf vollen Touren laufen. Die Produktionsgeschwindigkeit liegt meist bei 50 000 bis 60 000 Ex/h und die Nettoleistung bei 40 000 bis 50 000 Ex/h. Auf Computer-to-Plate umstellen oder nicht, das ist die Frage, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis Montagebogen und Mike Fairhead Schwerpunkt ver-Technologie und arbeiten zumeist mit Standard-Software. Die Gemeinkosten für den Betrieb dieser Systeme sind enorm gestiegen. In den IT-Abteilungen einiger Verlage sind heute mehr Mitarbeiter beschäftigt als vor der „Rationalisierungswelle“ in den 80er-Jahren. Die Kosten für SoftwareUpgrades (z. B. für QuarkXPress) sind immens, wenn man rund 500 Arbeitsplätze auszustatten hat. Ich sehe bei vielen Verlagen die dringende Notwendigkeit, Software- und Personalkosten zu reduzieren. Da scheint die Umstellung auf ein Betriebssystem wie Linux, das geringe Gemeinkosten aufwirft, durchaus logisch. Es war also ein Schritt in die richtige Richtung, Daten mit PDF und ähnlichen Ansätzen geräteund softwareunabhängig zu machen. Techniken für den Bildempfang von Agenturen oder anderen Quellen sind kein Thema mehr – der Bildempfang ist überall vollständig automatisiert. Viele Zeitungen Fish4 (www.fish4.co.uk) ist ein Portal in Großbritannien, über das auf über 80 % der regionalen Zeitungen zugegriffen werden kann. Negative zu den Linotype-Setzmaschinen ins Museum wandern. Frontend Von Frontend-Systemen spricht in den Redaktionen heute niemand mehr. Die heutigen Systeme basieren auf Client-Ser- 15 Schwerpunkt Mike Fairhead Das Portal-Konzept gewinnt jetzt auch im Anzeigenverkauf an Boden. Die Überlegung, wie man dem Kunden die Suche vereinfachen kann – beispielsweise nach einem neuen Haus, einem neuen Auto, einer neuen Stelle – und die steigende Mobilität der Arbeitnehmer schaffen einen Bedarf an landesweiten und sogar internationalen Datenbanken und Wirtschafts-Netzwerken. Der Verkauf über Internet-Anzeigen wird eines Tages landesweit erfolgen, daher ist es erforderlich, die Anzeigen auf nationaler Ebene zusammenzuführen. Wenn die Zeitungsverlage zusammenarbeiten und die Anzeigen ohnehin von den Zeitungen bereitgestellt werden, ist es bedeutend einfacher und kostengünstiger, eine nationale Datenbank einzurichten. Eine Portal-Strategie kann auch bedeuten, dass derjenige, dem das Portal gehört, bestimmt, was Sache ist. Zurzeit gibt es zwischen den verschiedenen Gruppen eher Kooperation als Konflikte. Fish4 (www.fish4.co.uk) ist ein gutes Beispiel. Die Fish4-Websites gingen im Oktober 1999 ans Netz, unterstützt von der britischen Regionalpresse. Sie stehen für eine bedeutende Investition in interaktive Medien. Fish4cars, Fish4jobs und Fish4homes bieten eine Vielzahl von Online-Anzeigen zum Kfz-, Stellen- und Immobilienmarkt. Unter der Dachmarke Fish4 sind insgesamt 1,9 Millionen Unternehmen vertreten, darunter 80 % der britischen Regionalzeitungen, also mehr als 800 regionale Tagesund Wochenzeitungen. Die Nachrichtenpräsentation im Internet wird immer ansprechender und es wächst die Begeisterung, ein neues Medium zu kreieren und in der Gestaltung eigene Wege zu gehen. Das Web ist ein dynamisches Medium, das nicht den engen Grenzen der Print-Publikation unterliegt, sondern eine Fülle neuer Möglichkeiten – von Ton über bewegte Bilder bis hin zu vollkommen neuen Inhalten und Präsentationsformen – bietet. Multiple-Media folgt dem Internet unmittelbar auf den Fersen. Erstaunlich ist jedoch, dass der Wandel in Richtung echter Multiple-Media-Redaktionen bei den Journalisten in Großbritannien und Irland noch keine rechte Begeisterung geweckt hat. Im hiesigen Markt können nur wenige Zeitungen als echte MultipleMedia-Verlagshäuser bezeichnet werden, und diejenigen, die diese Bezeichnung für sich in Anspruch nehmen können, müssen verwenden zudem eigene Digitalbilder. Bei der Archivierung gibt es indes noch einiges zu tun. Auch augenfällige Qualitätsprobleme müssen noch gelöst werden, z. B. wenn die enthusiastische Bildvergrößerung wieder einmal über das hinausgeht, was der Fotograf an Bilddaten eingefangen hat. Zeitungen, die es versäumen, ihre Journalisten darin zu schulen, Bilder im Hinblick auf die Tonwertzunahme anzupassen, haben erhebliche Farbqualitätsprobleme. Bei Schwarzweißbildern macht sich dieses Problem in der Regel noch stärker bemerkbar. Verlage, die großen Wert auf Schulungen legen, erzielen sehr viel bessere Ergebnisse, haben geringere Kosten und weniger Terminprobleme. Einigen gelingt sogar die Aufnahme in den International Newspaper Color Quality Club, dem von der Ifra und NAA durchgeführten Farbqualitätswettbewerb, der jetzt auch von der PANPA in Australien unterstützt wird. Wie ich feststellen konnte, beginnen jetzt auch die überregionalen Zeitungen, GCR (Unbuntaufbau)- und andere druckrelevante Korrekturtechniken anzuwenden, die bei den Regionalzeitungen schon seit Mitte der 80er-Jahre üblich und im UKONS-Standard verankert sind. Der nächste Schritt, so ist zu hoffen, wird die breite Annahme der ISO-Norm 12647-3 sein, die unter der Leitung der Ifra entwickelt wurde, um einen einheitlichen internationalen Standard zu schaffen und den Zeitungsdruck nicht nur bis zum Proof, sondern bis zur Druckmaschine zu standardisieren. Ich sehe hoffnungsvoll der Zeit entgegen, wo anstelle von „Verkehrsampeln“ Graubalance-Kontrollmarken die Norm sein werden. Stichwort „E-. . .“ Allem ein „E-“ voranzustellen, war fast so etwas wie eine Modeerscheinung. Heute geht man etwas besonnener dabei vor; im Vordergrund steht nicht mehr so sehr das Bedürfnis, „politically correct“ oder „trendy“ zu sein wie noch vor fünf Jahren. Heute fragen sich Unternehmer vielmehr, wie sie das Internet am besten einsetzen, um damit Geld zu verdienen, und meinen nicht mehr beweisen zu müssen, dass auch sie in der Lage sind, eine Website zu kreieren. Was nun gebraucht wird, sind Portals zur Kontrolle und Vernetzung von Wirtschaftsbranchen. Wie wichtig Indexiersysteme sind, wird jetzt jedem klar, der etwas Bestimmtes sucht. 16 April 2001 zeitungstechnik sich noch aus der Zwangsjacke des vertikalen Managements befreien. Ifra Technologies Editor Kerry Northrup wird auf der Newstec berichten, wie Unternehmen in verschiedenen Regionen der Welt mit Multiple-Media-Nachrichtenquellen und -Produkten arbeiten. Auf diesen Vortrag darf man sehr gespannt sein. Der technologische Wandel, der heute die Möglichkeit bietet, alles über das Internet zu verbreiten, hat die Schlagzeilen bestimmt und den Informationsanbietern, die über die erforderlichen Breitband-Übertragungsmöglichkeiten verfügen, ermöglicht, Internet-Radio ohne Grenzen zu betreiben. Bis zur nächsten Newstec wird auch das Fernsehen im Internet verfügbar sein und es ist mit revolutionären Entwicklungen bei Hardware, Software und Programmen zu rechnen, sodass Rundfunk, Fernsehen, Internet, Datenverarbeitung, Bibliotheken und andere Informationsquellen noch enger miteinander verschmelzen werden. Demnächst werden wir über „Wetware“ reden. Wetware bezeichnet die Verbindung aus Computerchips und menschlichem Gehirn zur Steigerung der Gedächtniskapazität, Assoziationsfähigkeit und Denkgeschwindigkeit. Ich persönlich halte diese Entwicklung für erschreckend, aber im Labor hat sie bereits begonnen. Mit Zuversicht in die Zukunft Mehr noch als vor fünf Jahren bin ich heute beeindruckt, dass diejenigen Zeitungsverlage, die auf die Wünsche ihrer Kunden in puncto Journalismus und Anzeigen eingegangen sind und sich nicht der selbsterfüllenden Prophezeiung des Niedergangs hingegeben haben, wieder auf Wachstumskurs sind. So manche Unternehmensführung hat aufgegeben, aber es ist nicht zu übersehen, dass positiv eingestellte Unternehmen einen Aufschwung erlebt haben. Sie sind Qualitätsprobleme angegangen, haben Makulatur und sonstige interne Abfälle verringert, sich mit Selbstvertrauen dem Markt gestellt und Erfolg gehabt. Den Typ des monetaristischen Buchhalters, der eine Aura des Scheiterns um sich verbreitet, gibt es zur Genüge. Aber ich begegne auch vielen Zeitungsmanagern, die von der Schwarzmalerei genug haben und mit einer positiven Einstellung in das neue Jahrtausend gehen. 2001 sollte das Jahr der Medien sein, nicht das Jahr des Missmuts! <