Haftungsrisiken in der Entgeltabrechnung reduzieren
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Haftungsrisiken in der Entgeltabrechnung reduzieren
Spezial > Haftungsrisiken ó Haftungsrisiken in der Entgeltabrechnung reduzieren Bei einer „make or buy“-Analyse in der Entgeltabrechnung steht oftmals eine Kostenreduzierung und/oder Konzentration auf das Kerngeschäft im Vordergrund. Häufig wird dabei ein entscheidender Aspekt – die Reduzierung des Haftungsrisikos – vernachlässigt. Durch regelmäßige Lohnsteuer-Außenprüfungen der Finanzämter und Betriebsprüfungen der Deutschen Rentenversicherung werden die meisten Fehler in der Entgeltabrechnung aufgedeckt. Beide Prüfungen werten die Bescheide des jeweils anderen aus und erheben dann eigene Ansprüche nach. Bei einer Verjährungsfrist von vier Jahren kann ein unerkannter Fehler schnell mehrere tausend Euro Schaden verursachen. Wo lauern die Gefahren? Je höher die Komplexität der Abrechnungssachverhalte im eigenen Betrieb, desto höher ist das Risiko fehlerhafter Lohnabrechnungen. Die Vielfalt der Gefahrenquellen entsteht durch die drei Rechtsbereiche in der Lohnbuchhaltung: Arbeits-, Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrecht. Alle beinhalten unterschiedliche Risiken (Tabelle unten). Arbeitsrecht • • • • • Über-‐/Unterzahlung von Entgelten Fehlerhafte bzw. unklare Vertragsunterlagen Fehlerhafte oder Nicht-‐ Anwendung eines Tarifvertrages Fehlerhafte Berechnung von Bruttoentgelten (z.B. Urlaubsabgeltung) Fehler bei der Beurteilung einer betrieblichen Altersvorsorge Einige Unternehmen – insbesondere große Unternehmen – haben Richtlinien und Vorgaben im Rahmen ihres internen Kontrollsystems (IKS) erstellt, um Risiken zu minimieren. Solche Systeme sind jedoch zeitaufwendig und teuer. Zudem müssen sie ständig auf dem aktuellen Stand gehalten werden. Kleine und mittelständische Unternehmen verzichten deshalb meist auf dieses Instrument des Risikomanagements. Im Rahmen der Jahresabschlussprüfung können Unternehmen verpflichtet sein, die Ordnungsmäßigkeit im Personalbereich durch den Wirtschaftsprüfer beurteilen zu lassen. Kann eine externe Lohnbuchhaltung das Risiko reduzieren? Steuerberater aber insbesondere auch reine Lohndienstleister sind Spezialisten und haben ein großes Interesse an fehlerfreien Abrechnungen. Fehler sind nämlich Gift für jede Kundenbeziehung. Sie kosten Vertrauen und erzeugen Unzufriedenheit. Anbieter von Entgeltabrechnungen haben deshalb in der Regel eigene Kontrollstrukturen und halten ihre Mitarbeiter stets auf dem neuesten Stand in der Gesetzgebung Lohnsteuerrecht • • • • • • • Falsche Beurteilung von Entgelten bezüglich der Steuerfreiheit Fehlende Unterlagen, die eine Steuerfreiheit erlauben Unterbliebener Lohnsteuerabzug (z.B. bei Sachbezügen) Fehlerhafte Lohnsteuermerkmale Säumniszuschläge wegen Terminüberschreitung bei Abgabe und/oder Zahlung der Lohnsteueranmeldung Lohnzahlung durch Dritte Gesetzliche Änderungen werden nicht oder zu spät umgesetzt und in der Softwareanwendung. Die Lohnbuchhalter betreuen eine Vielzahl von unterschiedlichen Mandanten und haben deshalb einen sehr großen Erfahrungsschatz. Davon profitiert auch der Kunde. Die meisten Anbieter verfügen über ein großes Netzwerk z.B. mit Prüfern der Deutschen Rentenversicherung und des Finanzamtes und können selbst seltene Fälle richtig umsetzen. Voraussetzung ist immer: Der Kunde hilft mit. Ohne die Hilfe des Arbeitgebers wird kein Anbieter eine korrekte Lohnabrechnung erstellen können. Haftung des Arbeitgebers Bei der Haftung wird zunächst der Arbeitgeber vom Gesetzgeber in die Pflicht genommen. Er haftet für die richtige Berechnung und Abführung der Lohnsteuer (§ 42d EStG) und den Beiträgen zur Sozialversicherung (§ 28e SGB IV). In der Sozialversicherung kann ein unterbliebener Abzug von Arbeitnehmeranteilen nur bei den nächsten drei Lohn- und Gehaltszahlungen nachgeholt werden (§ 28g SBG IV). Im Lohnsteuerrecht bleibt der Arbeitnehmer Schuldner der Lohnsteuer, wodurch eine Korrektur der Lohnsteuer für Zeiträu- Sozialversicherungsrecht • Fehlerhafte Beurteilung einer Beschäftigung (z.B. Mini-‐Jobs, Werkstudenten) • Fehlerhafte Beurteilung einer Krankenversicherungsfreiheit (Private Krankenversicherung) • Fehlende Unterlagen bzw. Angaben der Arbeitnehmer • Säumniszuschläge wegen Terminüberschreitung bei der Abgabe der Beitragsnachweise bzw. Zahlung der SV-‐Beiträge • Gesetzliche Änderungen werden nicht oder zu spät umgesetzt Loh n + Ge ha lt Sp ez i a l > August 2012 11 ó Spezial > Haftungsrisiken me, die noch nicht bescheinigt wurden, rückwirkend erfolgen kann. Bei einem fehlerhaften Lohnsteuerabzug für bereits bescheinigte Zeiträume muss der Arbeitgeber eine Meldung zum Betriebsstättenfinanzamt durchführen (§ 41c EStG). Wie vermeidet man Haftungsrisiken? Um die Haftungsrisiken in der Entgeltabrechnung möglichst gering zu halten, sollten Sie einige Grundsätze beachten. Eigene Lohnbuchhaltung • Machen Sie klare, schriftliche Vorgaben gegenüber Ihren Mitarbeitern und prüfen Sie die Einhaltung • Aktualisieren Sie regelmäßig Checklisten und Fragebögen • Nutzen Sie Fachliteratur und lassen Sie Ihre Mitarbeiter regelmäßig schulen • Lassen Sie sich von Behörden, Ämtern und Krankenkassen alle Aussagen schriftlich geben • Lassen Sie im Zweifelsfall mit höchstmöglichen Abgaben abrechnen • Sprechen Sie Fehler offen an und treffen Sie Vorsichtsmaßnahmen zur Fehlervermeidung • Führen Sie Updates und eine regelmäßige Pflege Ihrer Entgeltabrechnungssoftware durch In den meisten Unternehmen führt der Arbeitgeber nicht persönlich die Entgeltabrechnung durch und hat einen Dritten (Mitarbeiter, Steuerberater oder Dienstleister) damit beauftragt. Auf mangelnde persönliche Kenntnis kann er sich in diesem Fall nicht berufen. Nach § 166 Abs. 1 BGB ist dem Vertretenen das Wissen des Vertreters zuzurechnen. Dies gilt selbst dann, wenn z.B. der zuständige Mitarbeiter vorsätzlich falsche Abrechnungen erstellt (BFH-Urteil vom 21.04.2010, VI R 29/08). Ein Arbeitgeber hat also in der Regel die Nachzahlung einer Lohnsteuer-Außenprüfung oder Betriebsprüfung nach Erteilung des Bescheides innerhalb von einem Monat zu begleichen. Ein Widerspruch gegen den Bescheid hat keine aufschiebende Wirkung. Fehlers überfordert oder überlastet? Eine Erstattung des Schadens durch den ArbeitKann der eigene Lohnbuchhalter haften? nehmer – wenn auch nur anteilig – wird Grundsätzlich haftet jeder Arbeitnehmer daher kaum Erfolg haben. nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (§ 241 Abs. 2 und § 280 Abs. 1 Haften Steuerberater und Dienstleister BGB). Die Rechtsprechung unterteilt die für eigene Fehler? Haftung nach Schwere der Fahrlässigkeit Steuerberater haben einen höheren Grad des Arbeitnehmers. Für eine leichte Fahr- an Hilfestellung zu erfüllen als Dienstleis lässigkeit ist die Haftung ausgeschlossen. ter, da dem Steuerberater eine beratende Bei normaler Fahrlässigkeit haftet der Mit- Stellung zukommt. Hier ein Beispiel aus arbeiter anteilig; bei grober Fahrlässigkeit der Rechtsprechung: „Der steuerliche Beoder Vorsatz unbegrenzt. Hierbei sind die rater, der im Auftrag des Arbeitgebers die Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Und Lohnabrechnungen besorgt, muss grundgenau hier wird es schwierig, denn die Be- sätzlich auch prüfen, ob für Arbeitnehmer weislast liegt beim Arbeitgeber. Die ver- eine Befreiung von der Versicherungstragliche Grundlage, der Arbeitsvertrag, ist pflicht in Betracht kommt, wenn Beiträge ein Dienstvertrag und beinhaltet – im Ge- nicht abgeführt werden“ (BGH-Urteil vom gensatz zum Werkvertrag – keinen geschul- 23.09.2004 – IX ZR 148/03). deten Erfolg. Ebenfalls muss sich der Arbeitgeber eigenes Fehlverhalten anrechnen Die Durchsetzung der eigenen Ansprülassen. Hat der Mitarbeiter die notwen- che gegenüber einem Steuerberater oder dige Qualifikation? Konnte der Mitarbeiter Dienstleister lassen sich meist über die überblicken, welchen Schaden er anrichten Haftpflichtversicherung des Auftragskann (z.B. durch Anweisungen)? Wurde die nehmers abwickeln. Ein Steuerberater ist Arbeit kontrolliert und überwacht? Hat der gesetzlich verpflichtet, eine BerufshaftArbeitgeber Vorsichtsmaßnahmen getrof- pflichtversicherung abzuschließen (§ 51 fen (z.B. eine Versicherung abgeschlossen)? DVStB). Die meisten Dienstleister besitzen War der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des für diese Fälle eine betriebliche Vermö12 Externe Lohnbuchhaltung • Prüfen Sie, ob sich der Beauftragte mit allen Sachverhalten in Ihrem Unternehmen sicher auskennt • Beantworten Sie Rückfragen des Beauftragten • Nutzen Sie Checklisten und Fragebögen des Beauftragten • Hinterfragen Sie Abrechnungen, wenn Sie diese nicht verstehen • Korrespondieren Sie ausschließlich schriftlich • Lassen Sie im Zweifelsfall mit höchstmöglichen Abgaben abrechnen • Sprechen Sie Fehler offen an und fra gen Sie nach den Maßnahmen, um ähnliche Fehler in Zukunft zu vermeiden • Vereinbaren Sie Feedback-Gespräche gensschaden-Haftpflichtversicherung. Eine Verjährung der Haftung beginnt mit Zugang des Nachforderungsbescheides (BGHUrteil vom 23.09.2004 – IX ZR 148/03). Schadensersatzansprüche gegenüber Ihrem Vertragspartner sollten Sie schriftlich anmelden. Im Gegensatz zum eigenen Mitarbeiter gibt es keine Beweislastumkehr. D.h. ein Steuerberater bzw. Dienstleister ist verpflichtet, nachzuweisen, dass ihn keine Schuld an dem verursachten Schaden trifft. Hierzu wird er die von Ihnen gemachten schriftlichen Angaben und den Schriftverkehr vorlegen. Bei mündlichen Absprachen steht oftmals Aussage gegen Aussage. Hans-Peter Schmidt Geschäftsführer der Lohnzentrum (LZ) GmbH & Co. KG Lo h n + Gehalt Spezial > August 2012