zenit überschritten

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zenit überschritten
w i rts c h a f t & p o l i t i k
Zenit überschritten
D i e Za h l d e s M o n ats
5,05
Billionen Yen an Stimulusgeldern pumpt
Japan in die eigene Volkswirtschaft.
Das zusätzliche Konjunkturpaket in
Höhe von umgerechnet rund 44 Milliarden Euro passierte Mitte November
das Unterhaus des japanischen Parlaments. Mit dem Nachtragshaushalt
soll ein weiterer Kursanstieg des Yen
verhindert und die Deflation bekämpft
werden. Jüngste Wirtschaftsdaten
hatten gezeigt, dass die Exporte und
die Industrieproduktion zurückgehen
und die Stimmung in den Unternehmen schlechter wird. Der Haushaltsplan muss noch im Oberhaus diskutiert werden, wo heftiger Widerstand
erwartet wird.
Während sich vor allem die europäischen Länder von Konjunkturprogrammen verabschieden und auf
einen Sparkurs einschwenken, greift
Japan nach wie vor auf das Schuldenmachen zurück. Die öffentliche Verschuldung ist auf 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angestiegen. Mit
den seit Beginn der Wirtschaftskrise
Ende 2008 nacheinander aufgelegten
Konjunkturprogrammen hat Japan vor
allem Hilfen für kleine und mittelständische Unternehmen vergeben und
den Absatz von Autos und Haushaltselektronik gefördert. Diese Programme
laufen aus oder werden zum Jahresende erheblich gekürzt. JM
Bruttoinlandsprodukt
(Veränderung gegenüber Vorjahresquartal in %)
6,0
4,0
1,7
2,0
0,6
0,0
-2,0
-2,0
-1,5
1,7
3,4
2,4
3,9
3,4
2,0
-5,9
-6,0
Wirtschaft nach dem Lehmann-Schock
geschuldet. Im Krisenjahr 2009 war die
japanische Wirtschaftsleistung um 5,2 Prozent eingebrochen.
Die starke Nachfrage aus Übersee, vor
allem aus China und den ASEAN-Staaten,
sowie Kaufanreize für Ökoprodukte wie
Hybridautos und stromsparende Kühlschränke oder Flachbildschirme sorgten
bis zum Spätsommer für boomende
Geschäfte. Doch damit hat die derzeitige
Hochkonjunktur womöglich ihren Zenit
überschritten. Schon im laufenden Quartal könnte die Wirtschaftsleistung stagnieren oder sogar schrumpfen. Wirtschaftsminister Banri Kaieda warnte vor einer
Verlangsamung der Produktion in Asien
und einem Einbruch beim Privatkonsum,
weil die öffentlichen Förderprogramme
insbesondere bei Autos ausgelaufen sind.
Für 2011 rechnet die OECD daher nur mit
einem BIP-Wachstum von 1,7 Prozent.
Auch vom Export sind derzeit kaum
Impulse zu erwarten. Zum einen schwächt
sich die Konjunktur im wichtigen Überseemarkt USA ab, zum anderen kämpfen
die Unternehmen mit dem teuren Yen. Vor
allem im Vergleich zur koreanischen Konkurrenz fürchten Japans Elektronik- und
Autokonzerne um ihre Wettbewerbsfähigkeit und verlagern Produktionsstätten
Konsumentenpreise
Arbeitslosenquote
(Veränderung gegenüber Vorjahresmonat in %)
1,5
1,0
1,2
1,2
0,9
1,0
1,3
1,3
0,2
0,2
0,5
-0,6
*-0,6
-0,9
-1,0
-5,1
-1,5
0,4
0,3
-0,7
-0,9
-0,9
Deutschland
I 2010
II 2010
III 2010
Schweiz
Quelle: economist.com
J A PA N M A R K T 7,7
7,7
7,6
7,6
5,2
5,3
5,2
5,1
4,0
3,9
3,8
3,8
Mai
Juni
7,5
7,5
5,0
5,1
3,6
3,6
7
5
4
-2,0
IV 2009
9
6
-4,8
III 2009
(in %)
8
1,1
0,5
-0,5
Japan
18 apans Firmenbosse blicken auf ein
er folgreiches G eschäf tsquar tal
zurück. Dabei stützen sich die Unternehmen nicht mehr allein auf den Export,
auch der Konsum zog zuletzt an. Dies
zeigt sich an den jüngsten Wirtschaftszahlen. Mitte November konnte die japanische Regierung überraschend starke
Quartalszahlen verkünden. Demnach
legte das Bruttoinlandsprodukt zwischen
Juli und September um 0,9 Prozent zu.
Das entsprach auf das Jahr hochgerechnet einer Wachstumsrate von 3,9 Prozent.
Vor allem die kräftige Nachfrage der privaten Verbraucher, lange die Achillesverse
der Konjunktur, trug zu der positiven Entwicklung bei.
Auch im internationalen Vergleich
steht Japan damit gut da. In ihrer jüngsten Schätzung rechnet die OECD damit,
dass die japanische Wirtschaftsleistung im
Jahr 2010 real um 3,7 Prozent gewachsen
ist. Damit kommt Japan deutlich dynamischer aus der Krise als der Durchschnitt
der Industriestaaten (2,8 Prozent). Japan
stellt mit seinem Wachstum auch die USA
(2,7 Prozent) und die Länder der EuroZone mit schwachen 1,7 Prozent in den
Schatten. Nicht zu vergessen ist dabei
aber: Die kräftige Erholung ist vor allem
dem tiefen Fall der exportabhängigen
0,0
-7,2
II 2009
J
-1,0
-2,4
-4,0
-8,0
4,4
4,6
Die japanische Wirtschaft wuchs in diesem Jahr
deutlich schneller als andere Industrieländer.
Doch 2011 wird sich das Wachstum verlangsamen. Die Unternehmen sorgen sich aufgrund des
starken Yen um ihre Wettbewerbsfähigkeit und
investieren in neue Fabriken in Südostasien.
Mai
Japan
Quelle: economist.com
Dezember 2010
Juni
Juli
Deutschland
August September Oktober
Schweiz
3
Japan
Quelle: economist.com
Juli
Deutschland
August September Oktober
Schweiz
Entwicklung der Aktienmärkte
Nikkei 225
12.000
11.000
10.000
9.000
kt
.
No
v.
No
v.
p.
O
kt
.
Se
li
Au
g.
Quelle: yahoofinance.com
Dax 30
7.000
6.500
6.000
5.500
O
p.
Se
Au
g.
li
ni
Ju
Ju
M
ai
5.000
Quelle: yahoofinance.com
SMI
7.000
6.500
6.000
5.500
O
O
kt
.
Se
p.
Se
p.
No
v.
li
Au
g.
Au
g.
ni
Ju
Ju
li
5.000
ai
Unterhaus im November ein neues milliardenschweres Stimuluspaket (siehe Kasten links). Mit dem Geld sollen Beschäftigungs- und Sozialprogramme, Hilfen für
kleinere Unternehmen und Investitionen
in die Infrastruktur bezahlt, sowie ein
erneuter Kursanstieg des japanischen Yen
verhindert werden.
Auch die Notenbank versucht mit aller
Macht, die eigene Währung zu schwächen.
Im Oktober wurde der Leitzins praktisch
wieder auf Null gesenkt. Zudem kauft die
Bank of Japan ähnlich wie die US-Notenbank Fed im großen Stil Staatsanleihen,
um so mehr Geld in Umlauf zu bringen
und eine weitere Aufwertung des Yen zu
stoppen. Zwar gab die japanische Währung nach dem G20-Gipfel in Seoul Mitte
November im Vergleich zum US-Dollar
leicht nach, im Zuge des weltweiten
Abwertungswettlaufes aber verpufften
die Eingriffe im Devisenmarkt bisher weitgehend. Um die Abwanderung der Unternehmen langfristig zu stoppen, reichen
die bisherigen Maßnahmen jedenfalls
kaum aus. JM
M
zunehmend ins Ausland. Als wichtiges Ziel
für neue Investitionen haben die Firmen
Thailand ausgemacht. Toyota und Nissan
bauen dort ihre Kapazitäten kräftig aus
und nutzen das Land nicht nur als Exportbasis für Südostasien. Der Kompaktwagen Nissan March etwa wird von dort aus
seit Mai auch nach Europa und zurück
nach Japan verschifft. Toyota lässt in der
Nähe von Bangkok jetzt sogar sein HybridFlaggschiff Prius herstellen. Auch Mitsubishi, Suzuki und Bridgestone investieren
in Thailand in neue Fabriken.
Damit japanische Firmen wieder im
eigenen Land investieren, fordern Arbeitsgeberverbände die Regierung dazu auf,
die Investitionsbedingungen für Unternehmen zu verbessern. Noch aber lassen echte Reformen auf sich warten.
Die im internationalen Vergleich hohe
Unternehmenssteuer etwa wurde bisher
von der DPJ nicht gesenkt. Stattdessen
greift die Regierung, wie so oft in den
letzten zwei Jahrzehnten, auf schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme zurück.
Um die Abschwächung der heimischen
Konjunktur abzufedern, bewilligte das
Ju
M
1 Graue Wolken: Konjunkturaussichten verdüstern sich
Ju
ai
ni
8.000
Quelle: yahoofinance.com
Langfristige Zinsen
Entwicklung des japanischen Yen
(Staatsanleihen; Laufzeit 10 Jahre)
3,0
12.000
150
2,64
2,64
Dow Jones
2,66
2,63
2,34
2,12
130
11.000
2,0
1,35
1,12
1,00
10.000
91,31
87,68
90
85,60
80,24
83,04
84,51
84,21
84,03
81,88
84,13
70
Mai
Juni
Juli
August September Oktober
Juni
Juli
August September Oktober November
9.000
M
0,0
82,29
84,54
Japan
Quelle: economist.com
Deutschland
Schweiz
Euro
US-Dollar
Quelle: oanda.com
CHF
kt
.
1,07
0,91
109,86
110
110,48
No
v.
1,21
1,08
113,77
110,61
ni
1,0
1,40
111,49
Ju
1,15
111,33
Ju
1,32
1,50
ai
1,55
Quelle: yahoofinance.com
Dezember 2010
J A PA N M A R K T
19