Prof. Dr. Louis Pahlow Sommersemester 2014 Vorlesung Zivilrecht
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Prof. Dr. Louis Pahlow Vorlesung Zivilrecht IIIc Sommersemester 2014 Lösungsskizze der Abschlussklausur Zivilrecht IIIc 1 Frage 1: Anspruch des B gegen A auf Zahlung des Werklohnes aus § 631 I BGB I. Anspruch entstanden Zunächst müsste der Anspruch des B gegen A auf Zahlung des Werklohnes entstanden sein. Voraussetzung hierfür ist ein gültiger Werkvertrag und die Fälligkeit der Vergütung. 1. Werkvertrag, § 631 I BGB U und B haben sich geeinigt, dass B für A 10 Reihenhäuser herstellt. Ein wirksamer Werkvertrag liegt damit vor (§ 631 I BGB). 2. Fälligkeit der Vergütung, § 641 BGB Weiter müsste die Vergütung fällig sein. Dazu müsste A das Werk abgenommen haben (§ 641 I 1 BGB). Hierzu finden sich im Sachverhalt keine Angaben, allerdings hat A die Häuser sodann weiterveräußert. Darin könnte eine konkludente Abnahme als im Wesentlichen vertragsgemäß gesehen werden. Jedenfalls aber liegt eine Abnahme nach § 641 II Nr. 1, 2 BGB vor, da die Erwerber die Häuser bezahlt und bezogen haben. Damit ist der Anspruch des B auf den Werklohn auch fällig. II. Anspruch erloschen. Es sind keine Gründe für das Erlöschen des Anspruchs des B auf Werklohn ersichtlich. III. Anspruch durchsetzbar Der Anspruch des B müsste auch durchsetzbar sein. 1. Leistungsverweigerungsrecht des § 641 III BGB Hier könnte jedoch das Leistungsverweigerungsrecht des § 641 III BGB in Betracht kommen. Hiernach könnte A die Zahlung eines Teils der Vergütung verweigern, sofern er eine Mängelbeseitigung beziehungsweise Nacherfüllung verlangen könnte, §§ 634 Nr. 1, 635 I BGB. Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen eines Sachmangels gemäß § 633 BGB bei Gefahrübergang. a. Vorliegen eines Sachmangels bei Gefahrübergang, § 633 BGB Nach § 633 II 1 BGB ist das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Vereinbart war eine Außenbeschichtung mittels einer Bitumendeckbeschichtung und Pordrainplatten, B verwendete aber Zementschlämme und Delta-MS-Folie. Damit weicht die tatsächliche Beschaffenheit von der vereinbarten Beschaffenheit ab. Hierauf hatte A Wert gelegt, ansonsten hätte er diese Beschichtung nicht eigens vereinbart. Folglich liegt ein Sachmangel vor (§ 633 II 1 BGB), sodass § 641 III BGB 1 Fall nach BGH, Urteil vom 1. August 2013, Az.: VII – ZR 75/11, NJW 2013, 3297, Besprechung von Schwab JuS 2014, 447. 1 Prof. Dr. Louis Pahlow Vorlesung Zivilrecht IIIc Sommersemester 2014 eingreift. Hiernach ist A berechtigt, dem Anspruch des B auf Zahlung des Werklohnes die doppelten Kosten für die Auswechslung der Außenbeschichtung entgegenzuhalten. b. Unter Umständen Eingreifen des § 242 BGB im vorliegenden Fall Problematisch könnte vorliegend sein, dass A bereits den vollen Kaufpreis von den Erwerbern erhalten hat. Zudem ist er diesen aufgrund der Verjährung auch nicht mehr zur Nacherfüllung oder sonstigen Mängelgewährleistung verpflichtet. Aufgrund eines möglichen ungerechtfertigten Vorteils des B könnte das Berufen auf § 641 III BGB gegen Treu und Glauben verstoßen, § 242 BGB. Jedoch ist hiergegen einzuwenden, dass der Subunternehmer B, der hier gerade mangelhaft geleistet hat, sich den vollen Werklohn durch mangelfreie Leistung erst verdienen muss, weshalb es zu keinem ungerechtfertigten Vorteil für den Unternehmer kommt. 2 Unabhängig davon ist es, ob der Unternehmer A einen wirtschaftlichen Nachteil erleidet oder nicht. Würde dem Unternehmer A diese Möglichkeit genommen, könnte er auch nicht den legitimen Druck auf Subunternehmer B ausüben, damit dieser mangelfrei erfüllt. Zudem aber kommt die verlangte Nacherfüllung hier nicht A, sondern dem Bauherren, das heißt den jeweiligen Erwerbern, zugute. Damit steht dem Eingreifen von § 641 III BGB die Regelung des § 242 BGB nicht im Weg. 3 IV. Ergebnis Der Anspruch des B auf Zahlung des Werklohnes besteht zwar, ist jedoch in Höhe der doppelten Auswechslungskosten der Außenbeschichtung derzeit nicht durchsetzbar. Frage 2: A. A gegen B auf Zahlung eines Vorschusses aus §§ 634 Nr. 2, 637 III BGB I. Anspruch entstanden 1. Schuldverhältnis Ein wirksamer Werkvertrag liegt vor (s.o.). 2. Sachmangel bei Gefahrübergang, § 633 Ein Sachmangel liegt bei Gefahrübergang vor, § 633 II 1 BGB (s.o.). 3. Fristsetzung Die von A laut Sachverhalt gesetzte Frist ist erfolglos abgelaufen. 4. Rechtsfolge Wie oben geprüft liegen die Voraussetzungen der Selbstvornahme vor. Daher kann A von B einen entsprechenden Vorschuss der Kosten nach § 637 III BGB verlangen. 2 So aber Schwenker NJW 2013, 3300. Vgl. hierzu BGH, NJW 2013, 3297 Rn. 19; ,BT-Drucks. 16/511, S. 16; vgl. auch BR-Drucks. 458/04, S. 11; OLG Nürnberg, BauR 2004, 516, 517; OLG Bamberg, BauR 2009, 113, 115; Halfmeier/ Leupertz, Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 641 Rn. 14; Messerschmidt in Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, § 641 BGB Rn. 269; Leinemann NJW 2008, 3745. 3748; a.A. Pause/Vogel in Kniffka, Bauvertragsrecht, § 641 Rn. 23; Busch in MüKo, BGB, § 641 Rn. 27. 3 2 Prof. Dr. Louis Pahlow Vorlesung Zivilrecht IIIc Sommersemester 2014 II. Anspruch erloschen/durchsetzbar Der Anspruch ist nicht erloschen und auch durchsetzbar. III. Ergebnis A steht gegen B ein Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses für die Kosten der Auswechslung aus §§ 634 Nr.2, 637 III BGB zu. B. A gegen B auf Zahlung von Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 634 Nr. 4, 280 I, III, 281 BGB I. Schuldverhältnis Ein wirksamer Werkvertrag liegt vor (s.o.). II. Sachmangel bei Gefahrübergang, § 633 Ein Sachmangel liegt bei Gefahrübergang vor, § 633 II 1 BGB (s.o.). III. Fristsetzung Die von A laut Sachverhalt gesetzte Frist ist erfolglos abgelaufen. IV. Schaden Problematisch könnte jedoch der Schaden sein. Ein Schaden könnte A dadurch entstanden sein, dass er aufgrund der fehlenden Nacherfüllung des A dazu gezwungen ist, die Außenbeschichtung auf eigene Kosten auszuwechseln. Dem könnte jedoch entgegengehalten werden, dass A aufgrund der Verjährung der Mängelansprüche der Erwerber hierzu gerade nicht verpflichtet ist. Eine wirtschaftliche Einbuße kann für den Unternehmer A zudem nur entstehen, soweit er von den Erwerbern in Anspruch genommen werden kann. 4 Die Situation ist hier auch eine andere als im Rahmen des § 637 III BGB, dessen Vorschuss gerade auf die Auswechslung gerichtet ist. 5 Mit dem Schadensersatz kann A jedoch frei verfahren, weshalb die Gefahr einer unberechtigten Bevorzugung des Unternehmers A in einem solchen Fall besteht. 6 Die Leistung des Subunternehmers aber ist darauf angelegt, dem Bauherren, hier den Erwerbern zugutekommen. Dagegen kann jedoch eingewendet werden, dass dem A in einem solchen Fall durch die mangelhafte Leistung unabhängig von den Rechten der Erwerber ein normativer Schaden entstanden sei. 7 Die Tatsache, dass A nicht mehr den Ansprüchen der Erwerber ausgesetzt ist, sei in einem Schuldverhältnis begründet, dass den Subunternehmer B nicht betreffe. 8 Daher 4 BGHZ 173, 83 Rn. 20 ff.; Faust JuS 2007, 1148; BGH, NJW 2007, 2697 Rn. 18 f.; im Ergebnis ebenso Schwenker NJW 2013, 3300. 5 Vgl. zu dieser Pflicht des Bestellers im Rahmen des Vorschusses BGH, NJW 2010, 1192 Rn. 13; ebenso BGH NJW 2013, 3297 Rn. 23. 6 BGH, NJW 2007, 2697 Rn. 13. 7 Schwab JuS 2014, 447, 449. 8 Peters/Jacoby, Staudinger, BGB, Eckpfeiler des Zivilrechts - Q. Werkvertrag Rn. 58. 3 Prof. Dr. Louis Pahlow Vorlesung Zivilrecht IIIc Sommersemester 2014 könne die Befreiung des A von der Gewährleistungspflicht nicht auf dessen Schaden angerechnet werden. 9 Dies überzeugt jedoch nicht, da dem Unternehmer A eben nur ein Schaden in Höhe der Auswechslungskosten entsteht, wenn er tatsächlich dazu verpflichtet ist, nachzubessern. Hier ist A gerade nicht dazu verpflichtet nachzubessern, im eigenen Interesse wird keine Auswechslung erfolgen, da A mit den Bauwerken nicht mehr in Berührung kommt. 10 Daher fehlt es hier am Schaden des A, weshalb ein Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 634 Nr. 4, 280 I, III, 281 BGB nicht vorliegt. C. A gegen B auf Minderung der Vergütung aus §§ 634 Nr. 3, 638, 323 I BGB I. Schuldverhältnis Ein wirksamer Werkvertrag liegt vor (s.o.). II. Sachmangel bei Gefahrübergang, § 633 Ein Sachmangel liegt bei Gefahrübergang vor, § 633 II 1 BGB (s.o.). III. Fristsetzung Die von A laut Sachverhalt gesetzte Frist ist erfolglos abgelaufen. IV. Ergebniskorrektur Problematisch könnte hier jedoch erneut sein, dass A gerade nicht mehr zur Mängelbeseitigung verpflichtet ist und daher durch die Minderung einen unbilligen Vorteil erlangen könnte. In diese Richtung hatte sich der BGH zuvor mit Verweis auf § 242 BGB entschieden. 11 Es sah in einem solchen Verhalten eine Widersprüchlichkeit, da der A ja gerade die volle Zahlung von den Erwerbern erhalten habe, trotzdem jedoch den Werklohn wegen desselben Mangels mindern wolle. Dieser früheren Argumentation ist jedoch mit der obigen Argumentation entgegenzusetzen, dass man den A nicht zwingen dürfe, ein mangelhaftes Werk zu bezahlen. 12 Im vorliegenden Fall hat der BGH daher für die Minderung festgestellt, dass diese nicht auf der Basis der Mängelbeseitigungskosten berechnet werden dürfe. 13 Das bedeutet, dass A zwar mindern kann, jedoch darf er hier nur den verminderten Marktwert der von B erbrachten Leistung ansetzen, nicht aber den Wert unter Abzug der Mängelbeseitigungskosten. Dies kann sich folgendermaßen auswirken: Sind die verwendeten Materialien zwar vertraglich abweichend, aber nicht von minderer Qualität, dann ist der Minderwert und damit auch der Minderungsbetrag gleich Null. Denn der Umstand, dass die Außenbeschichtung auszuwechseln wäre und somit auch die Kosten hierfür sind außer Acht zu lassen bei der Berechnung. 9 Schiemann NJW 2007, 3037. Schwab JuS 2014, 447, 449. 11 BGH NJW-RR 2011, 377, 378. 12 Kritisch dazu Retzlaff, jurisPR-BGH ZivilR 19/2013 Anm. 2. 13 BGH, NJW 2013, 3297 Rn. 24, 10 4